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19 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. VERSÄUMNISURTEIL
  4. IV ZR 124/06
  5. Verkündet am:
  6. 17. Januar 2007
  7. Heinekamp
  8. Justizhauptsekretär
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. ARB 94 § 5 (3) e); ARB 75 § 2 (3) b)
  18. Einseitige Unterwerfungen unter die sofortige Zwangsvollstreckung gemäß § 794
  19. Abs. 1 Nr. 5 ZPO (hier: zugunsten einer fondsfinanzierenden Bank) sind keine der
  20. Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitel i.S. der Risikoausschlüsse des § 5 (3) e)
  21. ARB 94 und des § 2 (3) b) ARB 75.
  22. BGH, Versäumnisurteil vom 17. Januar 2007 - IV ZR 124/06 - OLG Karlsruhe
  23. LG Mannheim
  24. -2-
  25. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
  26. Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2007
  27. für Recht erkannt:
  28. Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des
  29. Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 25. April 2006 wird
  30. auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  31. Von Rechts wegen
  32. Tatbestand:
  33. 1
  34. Der Kläger begehrt Deckungsschutz aus einer bei der Beklagten
  35. seit 1984 gehaltenen Familien-Rechtsschutzversicherung, für die zunächst die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung
  36. in der Fassung von 1975 (ARB 75) und ab 1998 die in der Fassung von
  37. 1994 (ARB 94) vereinbart wurden.
  38. 2
  39. Der Kläger beteiligte sich 1989 an der "F.
  40. GbR" mit einer Einlage in Höhe von
  41. 447.300 DM auf der Grundlage eines Treuhandvertrages mit der P.
  42. Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH. Am 25. Oktober 1990 gab
  43. die Treuhänderin gestützt auf die ihr im Treuhandvertrag erteilte umfassende Vollmacht namens des Klägers eine notariell beurkundete Erklärung zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gemäß
  44. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO über 447.369,29 € zugunsten der den Fonds fi-
  45. -3-
  46. nanzierenden Bank ab. Der Kläger hält - aufgrund der einschlägigen
  47. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit vergleichbarer Treuhandverträge einschließlich der darin enthaltenen Bevollmächtigung wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG - seine Unterwerfungserklärung für nichtig. Nach Einstellung der Darlehensrückzahlung
  48. durch die Fondsgesellschaft verweigerte die Bank mit Schreiben vom
  49. 13. Mai 2005 die vom Kläger verlangte Erklärung, sie werde die Zwangsvollstreckung aus der Unterwerfungsurkunde nicht betreiben. Der Kläger
  50. möchte gegen die Bank zur Vollstreckungsabwehr eine prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO erheben (vgl. BGH, Urteil vom
  51. 15. Februar 2005 - XI ZR 396/03 - ZIP 2005, 1361 unter II 1). Die Beklagte lehnt den dafür nachgesuchten Deckungsschutz ab unter Bezugnahme auf den Risikoausschluss in § 2 (3) b) ARB 75, der - soweit hier
  52. von Interesse - lautet:
  53. "(3) Der Versicherer trägt nicht
  54. b) die Kosten der Zwangsvollstreckung für … Anträge auf
  55. Vollstreckung oder Vollstreckungsabwehr …, soweit diese
  56. später als fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels gestellt werden;"
  57. 3
  58. Die Nachfolgeregelung des § 5 (3) e) ARB 94 lautet:
  59. "(3) Der Versicherer trägt nicht
  60. e) Kosten aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen,
  61. die später als fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels eingeleitet werden;"
  62. -4-
  63. 4
  64. Das Landgericht hat die Deckungsschutzklage wegen Ablaufs der
  65. Fünfjahresfrist des § 2 (3) b) ARB 75 seit Errichtung der Urkunde 1990
  66. abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter.
  67. Entscheidungsgründe:
  68. 5
  69. Die Revision hat keinen Erfolg.
  70. 6
  71. I. Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung § 5 (3) e) ARB
  72. 94 zugrunde, weil der Rechtsschutzfall erst eingetreten sei, als die Bank
  73. 2005 die Erklärung verweigert habe, von der vollstreckbaren Urkunde
  74. keinen Gebrauch zu machen. Bei Auslegung dieser Klausel gelangt es
  75. zu dem Ergebnis, dass der Risikoausschluss Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus Urkunden, in denen sich der Schuldner der sofortigen
  76. Zwangsvollstreckung unterwirft (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 ZPO), nicht erfasse, weil diese Vollstreckungstitel weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft fähig seien und daher die Frist von fünf Jahren bei ihnen nicht in Gang gesetzt werde. Der Wortlaut der Klausel bediene sich
  77. mit der Formulierung "… fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels …" der Begrifflichkeit der Rechtssprache, wodurch das Verständnis
  78. des Risikoausschlusses nach den Vorstellungen beider Vertragsseiten
  79. festgelegt werde. Eine über rechtskraftfähige Vollstreckungstitel hinausgehende Beschränkung des Versicherungsschutzes auch bei nicht
  80. rechtskraftfähigen Vollstreckungstiteln lasse sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen und dem mit dem Risikoausschluss verfolgten Zweck entnehmen. Rechtskraftfähige Vollstre-
  81. -5-
  82. ckungstitel unterschieden sich hinsichtlich der Rechtsverfolgung durch
  83. den Versicherungsnehmer wesentlich von vollstreckbaren Urkunden, denen keine gerichtliche Befassung mit den Anspruch betreffenden Einwendungen vorausgegangen sei, sondern regelmäßig eine einvernehmliche Wahrung beiderseitiger Interessen zugrunde liege. Einer Ausdehnung des Risikoausschlusses auf diese Titel stünden berechtigte Erwartungen des Versicherungsnehmers entgegen, umfassenden Rechtsschutz auch für langfristige Vertragsgestaltungen zugesagt bekommen
  84. zu haben, die die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung
  85. erforderten.
  86. 7
  87. II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
  88. 8
  89. Die Beklagte hat dem Kläger gemäß §§ 1, 4 (1) c) ARB 94 aus seiner Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz zu gewähren. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung unterliegt unstreitig dem vereinbarten Versicherungsschutz; sie fällt aber nicht unter den Risikoausschluss des § 5
  90. (3) e) ARB 94. Der Senat tritt der Auslegung des Berufungsgerichts bei,
  91. dass die streitgegenständliche einseitige Unterwerfungserklärung nicht
  92. zu den Vollstreckungstiteln gehört, für die bei der Übernahme von durch
  93. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgelösten Kosten eine zeitliche Begrenzung von fünf Jahren vereinbart worden ist.
  94. 9
  95. 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision zunächst gegen die Anwendung der ARB 94. Ihre Auffassung, der Rechtsschutzfall sei 1990 mit
  96. Errichtung der notariellen Urkunde eingetreten, trifft nicht zu.
  97. -6-
  98. 10
  99. Gemäß § 4 (1) c) ARB 94 wie auch gemäß § 14 (3) Satz 1 ARB 75
  100. gilt der Versicherungsfall dann als eingetreten, wenn einer der Beteiligten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften verstoßen hat oder
  101. verstoßen haben soll. Dabei genügt für den Verstoß jeder tatsächliche,
  102. objektiv feststellbare Vorgang, der den Keim eines Rechtskonflikts in
  103. sich trägt (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 106/04 - VersR
  104. 2005, 1684 unter I 3 b). Mit der notariellen Unterwerfungserklärung 1990
  105. ist ein solcher Verstoß der finanzierenden Bank gegenüber dem Kläger
  106. nicht verbunden.
  107. 11
  108. Die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung ist eine
  109. einseitige prozessuale, durch den Gläubiger nicht empfangsbedürftige
  110. Willenserklärung, deren Wirksamkeit grundsätzlich nur davon abhängt,
  111. dass sie mit Willen des Unterwerfenden in den Rechtsverkehr gebracht
  112. wird. Eine Beurkundung der Annahme ist nicht erforderlich. Fehlende
  113. Vollmacht zur Unterwerfung kann zudem später über eine Genehmigung
  114. oder gegebenenfalls über § 242 BGB ausgeglichen werden (vgl. statt aller Zöller/Stöber, ZPO 26. Aufl. § 794 Rdn. 29, 29a). Die - nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts - den Fonds lediglich finanzierende, nicht aber vertriebseingebundene Bank war an der Errichtung der Urkunde nicht beteiligt. Durch die bloße Entgegennahme der
  115. Unterwerfungsurkunde kann sie danach nicht gegen Rechtspflichten verstoßen haben. Das hält ihr auch der Kläger nicht vor. Etwas anderes
  116. vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen. Sie verkennt - wie bereits
  117. das Landgericht -, dass es hier für den Rechtsschutzfall auf einen objektiven Verstoß gegen Rechtspflichten ankommt, den der Versicherungsnehmer dem Geschäftspartner vorwirft (vgl. zuletzt ausführlich Senatsurteil vom 28. September 2005 aaO unter I 3 m.w.N.). Pflichtverletzungen
  118. anderer können dafür nicht herhalten. Es bleibt - wie vom Berufungsge-
  119. -7-
  120. richt richtig dargelegt - nach dem Klägervortrag lediglich die verweigerte
  121. Erklärung, aus der Urkunde nicht vollstrecken zu wollen. Das hätte die
  122. Bank - seiner Behauptung nach - nicht tun dürfen, weil ihr Rechte aus
  123. der Urkunde nicht zustünden. Andere Verstöße werden ihr nicht angelastet. Der Versicherungsfall, für den Rechtsschutz begehrt wird, ist mithin
  124. erst mit dem Ablehnungsschreiben vom 13. Mai 2005 eingetreten. Zu
  125. diesem Zeitpunkt galten bereits die ARB 94.
  126. 2. Die danach anzuwendende Risikoausschlussklausel des § 5 (3)
  127. 12
  128. e) ARB 94 betrifft auch die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung.
  129. Nach ihrem Wortlaut greift sie allgemein und umfassend bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Sie knüpft nicht bloß an Kosten der Zwangsvollstreckung an, sondern stellt auf die Kosten solcher Maßnahmen ab, zu
  130. denen auch Anträge im Rahmen einer Vollstreckungsabwehr gehören
  131. (vgl. Terbille/Bultmann, MAH Versicherungsrecht § 26 Rdn. 480). Der Risikoausschluss erfasst demgemäß - wie bereits die Vorgängerklausel
  132. des § 2 (3) b) ARB 75 - mit ausreichender Klarheit auch Vollstreckungsabwehrklagen jedenfalls, wenn über den Untergang oder die Nichtentstehung des titulierten Anspruchs oder des Titels selbst gestritten wird
  133. (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1991 - IV ZR 183/90 - VersR 1991, 919
  134. unter 1 b, c und 2; Terbille/Bultmann, aaO; Böhme, ARB 11. Aufl. § 2 (3)
  135. b)
  136. Rdn. 44;
  137. Prölss/Martin/Armbrüster,
  138. VVG
  139. 27. Aufl.
  140. §5
  141. ARB
  142. 94
  143. Rdn. 16).
  144. 13
  145. 3. Die Herausnahme der in Rede stehenden einseitigen Unterwerfungserklärung aus dem Anwendungsbereich des § 5 (3) e) ARB 94 beruht entgegen der Revision nicht auf einer unzulässigen einschränkenden Auslegung der Klausel, sondern ergibt sich aus den vom Berufungs-
  146. -8-
  147. gericht zutreffend angewandten, seit langem anerkannten Auslegungsgrundsätzen.
  148. 14
  149. a) Danach sind Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) so
  150. auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung
  151. des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es
  152. auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne
  153. versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine
  154. Interessen an (BGHZ 123, 83, 85). Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine
  155. Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist anzunehmen,
  156. dass auch die AVB darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von
  157. der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in
  158. Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der
  159. Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der
  160. Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (Senatsurteile vom 21. Mai 2003 - IV ZR 327/02 - VersR 2003, 1122
  161. unter 2 a; vom 8. Dezember 1999 - IV ZR 40/99 - VersR 2000, 311 unter
  162. II 4 b und vom 5. Juli 1995 - IV ZR 133/94 - VersR 1995, 951 unter 2 b).
  163. 15
  164. b) Mit den Formulierungen "Vollstreckungstitel" und "Rechtskraft"
  165. bedient sich der Verwender der Klausel Begriffen der Rechtssprache, bei
  166. denen der Versicherungsnehmer davon ausgeht, dass auch in den Versicherungsbedingungen der Inhalt gilt, der ihnen juristisch zugewiesen
  167. wird. Zu Recht hat daher das Berufungsgericht bei dem Verständnis dieses Risikoausschlusses mit seinem zeitlichen Bezug nur die Titel in den
  168. Blick genommen, die "formell rechtskräftig" werden können, um danach
  169. als Grundlage der Zwangsvollstreckung zu dienen, wie dies etwa bei Ur-
  170. -9-
  171. teilen gemäß §§ 704 Abs. 1, 705 ZPO der Fall ist. Dass die Begriffe in
  172. Einzelheiten zum Teil in Rechtsprechung und Rechtslehre umstritten sind
  173. (Thomas/Putzo, ZPO 26. Aufl. § 705 Rdn. 1), steht der ihnen zukommenden Bedeutung für die hier allein interessierende Abgrenzungsfrage,
  174. welche Vollstreckungstitel unter den Risikoausschluss fallen, nicht entgegen. Insoweit bestehen im Rechtsbereich bei der eindeutigen Festlegung auf nicht mehr anfechtbare Titel als Vollstreckungsgrundlage keine
  175. Unsicherheiten. Wenn die Revision aus dem Begriff "Vollstreckungstitel"
  176. allein auf einen weiteren, jedwede Titel und damit generell auch einseitige notarielle Urkunden erfassenden Geltungsbereich der Klausel schließen will, blendet sie den nach der unmissverständlichen Wortwahl bestehenden Zusammenhang mit dem Begriff "Rechtskraft" aus. Auch ihre
  177. zusätzliche Überlegung, dass die Reichweite der Klausel nicht zweifelhaft wäre, wenn der Zeitpunkt nicht an "Rechtskraft", sondern an
  178. "Rechtsverbindlichkeit" oder "Rechtswirksamkeit" knüpfte, ergibt nichts
  179. anderes. Ein unterschiedlicher Klauselwortlaut erforderte eine eigene,
  180. spezifisch darauf bezogene Auslegung, die nicht unbedingt auch für eine
  181. davon abweichende Fassung Aussagekräftiges enthalten muss.
  182. 16
  183. c) Die grundsätzliche Ausgrenzung nicht rechtskraftfähiger Vollstreckungstitel über die in der Klausel gewählte Rechtssprache wird über
  184. das allgemeine Sprachverständnis nicht in Zweifel gezogen. Der Rechtskraftbegriff ist gerade auch bezogen auf Vollstreckungstitel kein Bestandteil der Umgangssprache, die dem Versicherungsnehmer - auch
  185. nicht in Randbereichen - zudem noch eine anderweitige Bedeutung und
  186. Reichweite vermitteln könnte.
  187. 17
  188. d) Zu Unrecht wirft die Revision dem Berufungsgericht vor, es habe bei der Auslegung den erkennbaren Sinnzusammenhang und wirt-
  189. - 10 -
  190. schaftlichen Zweck der Klausel nicht ausreichend gewürdigt: Wenn die
  191. Regelung - so meint sie - im Kosteninteresse so genannte Altfälle vom
  192. Versicherungsschutz ausnehme, komme es nicht auf die "Qualität" des
  193. zu vollstreckenden Titels an, sondern darauf, wann dieser erwirkt wurde.
  194. 18
  195. Dem ist entgegenzuhalten:
  196. 19
  197. Die Fünfjahresfrist trägt einerseits der Tatsache Rechnung, dass
  198. nach Ablauf eines solchen Zeitraums erfahrungsgemäß noch selten Vollstreckungsversuche unternommen werden oder Erfolg versprechen, andererseits erspart sie dem Versicherer und damit der Versichertengemeinschaft Verwaltungskosten angesichts der sonst bestehenden Pflicht,
  199. die Unterlagen über alte Versicherungsfälle gegebenenfalls noch jahrelang aufzubewahren (Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung 7. Aufl.
  200. § 2 ARB 75 Rdn. 179; § 5 ARB 94 Rdn. 23). Die damit angesprochenen
  201. alten Versicherungsfälle befinden sich - für den Versicherungsnehmer
  202. aus dem Bedingungszusammenhang erkennbar - im Rahmen des übernommenen Rechtsschutzes mit den Maßnahmen der Zwangsvollstreckung bereits in der letzten Stufe der notwendigen Interessenwahrnehmung, für die insgesamt Kostenübernahme vereinbart wurde (vgl. Harbauer/Bauer, aaO § 2 ARB 75 Rdn. 177). Aus der Fassung der Klausel
  203. wird ihm deutlich, dass die Kostenerstattung in der Vollstreckungsphase
  204. aus Gründen einer Kosten-/Nutzenabwägung neben der zahlenmäßigen
  205. Beschränkung auf drei Vollstreckungsmaßnahmen gemäß § 5 (3) d) ARB
  206. 94 (entsprechend § 2 (3) b) Alt. 1 ARB 75) auch zeitlich eingeschränkt
  207. werden soll, und zwar auf fünf Jahre, seitdem der Titel über den unter
  208. Versicherungsschutz stehenden Anspruch unanfechtbar - also endgültig - erstritten worden ist.
  209. - 11 -
  210. 20
  211. Bei einseitigen Unterwerfungserklärungen der streitgegenständlichen Art gibt es einen vergleichbaren Verlauf mit einem entsprechenden,
  212. für den Beginn der Zwangsvollstreckung maßgeblichen Zeitpunkt nicht,
  213. der sich dem durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer erschließen könnte. So bildet die im Rahmen einer Vertragsgestaltung eingegangene einseitige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung noch keinen Rechtsschutzfall, mit der eine Frist
  214. für eine zeitliche Risikobegrenzung zu laufen beginnen könnte. Die mit
  215. Zeitablauf schwindenden Erfolgsaussichten bei der Zwangsvollstreckung
  216. und die Kosten langjähriger Aufbewahrung von Unterlagen über alte Versicherungsfälle spielen in diesem Vorstadium einer Auseinandersetzung
  217. ersichtlich (noch) keine Rolle. Auch nach Sinn und Zweck vermag der
  218. Versicherungsnehmer den Versicherungsbedingungen daher keinen ausreichenden Anhalt für eine zeitliche Begrenzung des Rechtsschutzes bei
  219. solchen nicht rechtskraftfähigen Vollstreckungstiteln zu entnehmen.
  220. 21
  221. e) Ihre Ausgrenzung beruht demzufolge auch nicht - wie die Revision meint - auf einer unzulässigen einengenden Klauselauslegung, sondern ihre Einbeziehung bedeutete im Gegenteil eine Ausdehnung, die
  222. sich dem Versicherungsnehmer aus der Regelung nicht erhellt. Ein solches Klauselverständnis verstieße gegen den anerkannten Auslegungsgrundsatz, dass Risikoausschlussklauseln eng und nicht weiter auszulegen sind, als es ihr Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Zwecks
  223. und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn das beachtenswerte
  224. Interesse des Versicherungsnehmers geht bei diesen Klauseln regelmäßig dahin, dass ihm der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird,
  225. als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet; Lücken im Versicherungsschutz muss er nur hinnehmen, wenn ihm die Klausel diese hinrei-
  226. - 12 -
  227. chend verdeutlichen (Senatsurteil vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98 VersR 1999, 748 unter 2 a und ständig).
  228. 22
  229. Aus diesen Gründen ist das Berufungsgericht auch zu Recht nicht
  230. der in der Literatur vertretenen Auffassung gefolgt, soweit sie eine Einbeziehung von nicht rechtskraftfähigen Vollstreckungstiteln in diesen Risikoausschluss für möglich hält, den Fristbeginn nach Sinn und wirtschaftlichem Zweck der Klausel dann ansetzt, wenn der festgestellte Anspruch materiell-rechtlich voll wirksam und damit vollstreckbar wird, und
  231. darüber im Streitfall zu einem Deckungsausschluss kommt (vgl. Böhme,
  232. aaO Rdn. 43; Terbille/Bultmann, aaO Rdn. 479; differenzierend Harbauer/Bauer, aaO § 2 ARB 75 Rdn. 179: Fristbeginn erst nach Eintritt des
  233. Versicherungsfalles; verneinend van Bühren/Bauer, Handbuch Versicherungsrecht 2. Aufl. § 12 Rdn. 231).
  234. 23
  235. f) Hätte der Versicherer Vollstreckungsstreitigkeiten vom Versicherungsschutz ausnehmen wollen, die fünf Jahre nach Errichtung einer notariellen Urkunde über die einseitige Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung entstehen, hätte er die Risikoausschlussklausel entsprechend
  236. deutlich formulieren müssen (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - IV
  237. ZR 318/02 - VersR 2003, 454 unter II 2 b). So muss es bei dem auch für
  238. einen solchen Rechtsschutzfall zugesagten umfassenden Deckungsschutz verbleiben. Das führt auch nicht, wie die Revision schließlich
  239. noch geltend macht, zu widersprüchlichen und aus Sicht des Versicherungsnehmers unverständlichen Ergebnissen je nachdem, ob der Versicherungsnehmer die Unterwerfungserklärung beim Fondsbeitritt innerhalb der Frist freiwillig abgebe und damit Rechtsschutz habe oder ob ihm
  240. gegenüber ein Vollstreckungstitel - bei verweigerter Unterwerfungserklärung - erst nach Fristablauf hätte gerichtlich durchgesetzt werden kön-
  241. - 13 -
  242. nen, er dann aber ohne Rechtsschutz dastehe. Diese Überlegung übersieht bereits, dass die Frist des Risikoausschlusses in der zweiten von
  243. der Revision gebildeten Fallvariante frühestens mit Rechtskraft des gerichtlich erstrittenen Titels zu laufen beginnen könnte, mithin auch dann
  244. Rechtsschutz bestünde.
  245. Terno
  246. Dr. Schlichting
  247. Felsch
  248. Wendt
  249. Dr. Franke
  250. Vorinstanzen:
  251. LG Mannheim, Entscheidung vom 25.11.2005 - 8 O 259/05 OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 25.04.2006 - 12 U 278/05 -