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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IV ZR 103/06
  4. vom
  5. 7. November 2007
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
  9. Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
  10. und den Richter Felsch
  11. am 7. November 2007
  12. beschlossen:
  13. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in
  14. dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20. März 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
  15. Streitwert: 296.403,27 €
  16. Gründe:
  17. 1
  18. 1. Will der Versicherer den ihm nach § 123 BGB obliegenden
  19. Nachweis führen, der Versicherungsnehmer habe bei Anbahnung des
  20. Versicherungsvertrages arglistig falsche Angaben gemacht, so trifft,
  21. wenn objektiv falsche Angaben vorliegen, nach ständiger Rechtsprechung den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast; er
  22. muss plausibel darlegen, wie und weshalb es zu den objektiv falschen
  23. Angaben gekommen ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. November 1970
  24. - IV ZR 1074/68 - VersR 1971, 142 unter III 3; OLG Frankfurt am Main
  25. r+s 2001, 401 f.; r+s 2003, 208 f.; VersR 1993, 568, 569; OLG Hamm r+s
  26. -3-
  27. 1990, 170; OLG München VersR 2000, 711, 712; OLG Oldenburg r+s
  28. 1988, 31, 32; OLG Saarbrücken VersR 2003, 890, 891).
  29. 2
  30. a) Die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob diese sekundäre Darlegungslast auch den Begünstigten einer
  31. Lebensversicherung nach dem Eintritt des Versicherungsfalles trifft, ist
  32. einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Es besteht insoweit kein
  33. Grund im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO, die Revision zuzulassen.
  34. 3
  35. aa) Der sekundären Darlegungslast des Versicherungsnehmers
  36. liegt zugrunde, dass er die Umstände offen legen muss, die sich in seiner Sphäre abgespielt haben, so dass der Versicherer sie nicht kennen
  37. und vortragen kann (BGH aaO); denn substantiierter Vortrag kann von
  38. einer Partei nicht gefordert werden, wenn nur der Gegner die wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu
  39. machen (vgl. dazu BGHZ 140, 156, 158 m.w.N.). Danach beantwortet
  40. sich auch, inwieweit sich die sekundäre Darlegungslast auf Dritte
  41. - darunter den Begünstigten einer Lebensversicherung - erstreckt. Das
  42. hängt allein davon ab, ob die Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen,
  43. den Dritten der Sphäre des Versicherungsnehmers zuzurechnen. Einer
  44. allgemein-abstrakten Klärung ist diese Frage nicht zugänglich. Sie hängt
  45. vielmehr von den konkreten Umständen des Verhältnisses zwischen Begünstigtem und Versicherungsnehmer im Einzelfall ab.
  46. 4
  47. bb) Hier hat die Klägerin allein die Vertragsverhandlungen im Auftrage ihres Ehemannes, des späteren Versicherungsnehmers, geführt.
  48. Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat sie auch selbst die Gesundheitsfragen im Antragsformular nach Rücksprache mit ihrem Ehemann
  49. für diesen beantwortet. Als Ehefrau stand sie dem Versicherungsnehmer
  50. -4-
  51. im Übrigen so nahe, dass sie nicht nur ausreichend Gelegenheit hatte,
  52. eigene Wahrnehmungen zum Gesundheitszustand ihres Mannes zu machen, sondern auch dazu, dass dieser Gesundheitszustand im Widerspruch zu den von ihr im Antragsformular gegebenen Antworten stand.
  53. Bei dieser Sachlage begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, sie mit
  54. Blick auf die sekundäre Darlegungslast des Versicherungsnehmers dessen Sphäre zuzuordnen.
  55. 5
  56. b) Es tritt hinzu, dass es hier auf die vorgenannte Rechtsfrage
  57. nicht ankommt. Wenngleich das Berufungsgericht ausführt, die Klägerin
  58. habe die falschen Angaben ihres Ehemannes nicht ausreichend erklärt,
  59. liegt darin keine Beweislastentscheidung. Vielmehr hat die Klägerin mehrere Gründe für die falschen Angaben im Antragsformular angeführt. So
  60. habe sie sich bei dem den Vertrag vermittelnden Sparkassenmitarbeiter
  61. mehrfach vergewissert, dass für den Abschluss der Risikolebensversicherung kein Attest über den aktuellen Gesundheitszustand ihres Mannes benötigt werde. Das habe sie und ihren Ehemann letztlich in der Auffassung bestärkt, es sei (mit Blick auf die seinerzeit noch bestehende
  62. Kapitallebensversicherung) keine erneute Gesundheitsprüfung erforderlich. Sie hat weiter geltend gemacht, die Benennung des Hausarztes im
  63. Fragebogen stehe der Annahme von Arglist entgegen, außerdem habe
  64. sich ihr Ehemann stets für gesund gehalten und seine diversen Beschwerden deshalb nicht als ein für den Vertragsabschluss bedeutsames
  65. Gesundheitsrisiko eingeschätzt.
  66. 6
  67. Das Berufungsgericht hat sich mit den genannten Argumenten befasst und sie letztlich als materiell nicht durchgreifend erachtet, um den
  68. Arglistvorwurf auszuräumen. Das ist der Sache nach aber keine Beweislastentscheidung, sondern die materielle Bewertung des Vortrages der
  69. -5-
  70. Klägerin. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als nicht ausreichend angesehen hat, bezieht sich das nach dem Zusammenhang der
  71. Urteilsgründe auf die materielle Prüfung der vorgetragenen Umstände.
  72. 7
  73. 2. Die Gehörsrüge kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Eine fehlerhafte Beratung durch einen Mitarbeiter der Sparkasse wäre nur dann
  74. entscheidungserheblich, wenn sich der beklagte Versicherer dessen Verhalten zurechnen lassen müsste. Das käme nur in Betracht, sollte der
  75. Sparkassenangestellte als Agent der Beklagten anzusehen sein (zum
  76. Beratungsverschulden des Agenten vgl. u.a. BGH, Urteil vom 13. April
  77. 2005 - IV ZR 86/04 - VersR 2005, 824 unter II 3 m.w.N.). Das hat die Beklagte in den Vorinstanzen bestritten. Wäre er lediglich als Versicherungsmakler aufgetreten, stünde er demgegenüber nach ständiger
  78. Rechtsprechung des Senats im Lager des Versicherungsnehmers (vgl.
  79. dazu BGH, Urteile vom 22. September 1999 - IV ZR 15/99 - VersR 1999,
  80. 1481 unter 2 b; vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 - NJW 1988, 60 unter II 1 a und b m.w.N.; BGHZ 94, 356, 358 f.), so dass die Klägerin
  81. Schadensersatzansprüche allenfalls aus dem Beratungsverhältnis mit
  82. der Sparkasse gegen diese oder aber - bei Vorliegen besonderer Umstände - allenfalls auch direkt gegen deren Angestellten geltend machen
  83. könnte.
  84. 8
  85. Eine Agentenstellung des Sparkassenangestellten hat die Klägerin
  86. indes nicht schlüssig dargelegt. Nach der Senatsrechtsprechung ist entscheidend, dass der Agent vom Versicherer mit dem Abschluss von Verträgen betraut sein muss (Urteile vom 22. September 1999 aaO unter 2
  87. c; vom 19. September 2001 - IV ZR 235/00 - VersR 2001, 1498 unter II;
  88. vgl. dazu auch BGHZ 102, 194, 197 f.). Es reicht dafür nicht aus, dass
  89. der Vermittler (oder sein Arbeitgeber) ein eigenes wirtschaftliches Inte-
  90. -6-
  91. resse an Vertragsabschlüssen mit einem bestimmten Versicherer hat. Insofern belegt auch der von der Klägerin behauptete Umstand, dass die
  92. Sparkasse aufgrund ihrer Beteiligung am Konzern, dem die Beklagte angehört, ein wirtschaftliches Interesse am geschäftlichen Erfolg der Beklagten habe, noch nicht, dass ihre Mitarbeiter von der Beklagten bevollmächtigt oder betraut wären, für diese Verträge abzuschließen oder
  93. zu vermitteln. Auch das Provisionsinteresse des Vermittlers genügt insoweit nicht (Senatsurteil vom 19. September 2001 aaO unter II 2).
  94. Schließlich ist auch der Betreuungshinweis in Vertragsunterlagen des
  95. Versicherers kein ausreichendes Indiz für eine Agentenstellung des benannten Vertragsbetreuers oder seiner Mitarbeiter (vgl. Senatsurteil vom
  96. 22. September 1999 aaO unter 2 c).
  97. -7-
  98. 9
  99. 3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2
  100. Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
  101. Terno
  102. Seiffert
  103. Dr. Kessal-Wulf
  104. Wendt
  105. Felsch
  106. Vorinstanzen:
  107. LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 25.08.2005 - 2 O 12238/04 OLG Nürnberg, Entscheidung vom 20.03.2006 - 8 U 2139/05 -