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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. III ZR 10/05
  5. Verkündet am:
  6. 15. Dezember 2005
  7. Kiefer
  8. Justizangestellter
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. GG Art. 4, 14 Bb; RhPfLJG § 20
  19. Der Eigentümer eines zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörenden
  20. Grundstücks kann die Errichtung eines Hochsitzes oder anderer jagdlicher
  21. Anlagen durch den Jagdpächter auf dieser Fläche nicht aus Gewissensgründen verbieten.
  22. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - III ZR 10/05 - LG Zweibrücken
  23. AG Pirmasens
  24. - 2 -
  25. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  26. vom 15. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die
  27. Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke
  28. für Recht erkannt:
  29. Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des
  30. Landgerichts Zweibrücken vom 30. November 2004 wird zurückgewiesen.
  31. Die Kläger haben die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
  32. Von Rechts wegen
  33. Tatbestand
  34. 1
  35. Die Kläger zu 2 bis 4 sind zu je 1/3 Miteigentümer mehrerer Grundstücke
  36. der Gemarkung N.
  37. im Amtsgerichtsbezirk Pirmasens; der Klägerin
  38. zu 1, ihrer Mutter, steht daran ein Nießbrauchsrecht zu. Die derzeit weder landnoch forstwirtschaftlich genutzten, am Waldrand gelegenen Flächen sind Teil
  39. eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks. Der während des Revisionsverfahrens
  40. verstorbene Beklagte, dessen Erben den Rechtsstreit fortführen (im Folgenden
  41. einheitlich = der Beklagte), war dessen Jagdpächter.
  42. 2
  43. Die Kläger, die als Veganer aus ethischen Gründen die Jagd auf Tiere
  44. gänzlich ablehnen, verlangen Beseitigung eines vom Beklagten auf einem die-
  45. - 3 -
  46. ser Grundstücke ohne ihre Einwilligung errichteten Hochsitzes. Der Beklagte
  47. fordert im Wege der Widerklage auf der Grundlage von § 20 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Landesjagdgesetzes (LJG) vom 5. Februar 1979 (GVBl. S. 23)
  48. Duldung des Hochsitzes sowie einer Anfütterungsstelle (Kirreinrichtung). Die
  49. Vorschrift lautet:
  50. "Der Jagdausübungsberechtigte darf auf land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken besondere Anlagen wie Futterplätze,
  51. Ansitze und Jagdhütten nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers errichten. Der Eigentümer muss zustimmen, wenn ihm
  52. die Duldung der Anlage zugemutet werden kann und er eine angemessene Entschädigung erhält …"
  53. 3
  54. Amtsgericht und Landgericht haben die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
  55. verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.
  56. Entscheidungsgründe
  57. 4
  58. Die Revision bleibt ohne Erfolg.
  59. I.
  60. 5
  61. Das Berufungsgericht (LG Zweibrücken, Jagdrechtliche Entscheidungen
  62. XII Nr. 104) verneint einen Anspruch der Kläger auf Beseitigung des Hochsitzes
  63. nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (bezüglich der Klägerin zu 1 i.V.m. § 1065
  64. BGB). Der Anspruch sei gemäß § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, da die
  65. Kläger auf der Grundlage von § 20 Abs. 1 LJG - sofern die Vorschrift überhaupt
  66. - 4 -
  67. bei nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken anwendbar sei jedenfalls verpflichtet seien, ihre Zustimmung zur Errichtung des Hochsitzes zu
  68. erteilen; über eine etwaige Entschädigung hätten dabei nicht die Zivilgerichte zu
  69. entscheiden. Eine Duldung der Anlage sei den Klägern auch zuzumuten. Deren
  70. Grundrechte aus Art. 14 GG und Art. 4 GG ständen nicht entgegen; auch die
  71. Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft verstoße nicht gegen das
  72. Grundgesetz. Ebenso wenig führe die in NJW 1999, 3695 veröffentlichte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dazu, das deutsche Jagdrecht als rechtswidrig anzusehen. Dementsprechend seien die Kläger
  73. darüber hinaus verpflichtet, entsprechend der Widerklage die auf ihrem Grundstück errichteten Jagdeinrichtungen zu dulden.
  74. II.
  75. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
  76. 6
  77. 7
  78. 1.
  79. Klage und Widerklage sind zulässig. Mit der Widerklage auf Duldung des
  80. Hochsitzes macht der Beklagte nicht lediglich das kontradiktorische Gegenteil
  81. des klageweisen verfolgten Beseitigungsanspruchs geltend, sondern er erhebt
  82. eine über den Streitgegenstand des Klagebegehrens hinausgehende eigene
  83. Leistungsklage, die ihm auch eine Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO ermöglichen soll.
  84. 8
  85. 2.
  86. Als Rechtsgrundlage für die Klage kommen mit dem Berufungsgericht
  87. nur § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB - seitens der Klägerin zu 1 als Nießbraucherin in
  88. Verbindung mit § 1065 BGB - oder § 823 BGB in Betracht. Eigentümer und
  89. Nießbraucher können die Ansprüche auf Beseitigung von Störungen des Eigen-
  90. - 5 -
  91. tums und des Nießbrauchs nebeneinander geltend machen (vgl. RGRK-Rothe,
  92. BGB, 12. Aufl., § 1065 Rn. 2, 4). Im Streitfall werden zwar beide Rechte durch
  93. den vom Beklagten errichteten Hochsitz beeinträchtigt. Ein Anspruch auf dessen Beseitigung scheitert aber nach der zutreffenden Auffassung des Landgerichts daran, dass die Kläger gemäß § 20 Abs. 1 LJG zur Duldung des Eingriffs
  94. verpflichtet sind (§ 1004 Abs. 2 BGB).
  95. 9
  96. a) Die zum revisiblen Landesrecht gehörende Bestimmung setzt in ihrer
  97. Bezugnahme auf den Jagdausübungsberechtigten sowie ihrem gesamten Regelungszusammenhang nach voraus, dass auf dem in Anspruch genommenen
  98. Grundstück ein nicht dem Grundstückseigentümer zustehendes Jagdausübungsrecht besteht.
  99. 10
  100. aa) Auf der Grundlage der einfachrechtlichen gesetzlichen Vorschriften
  101. ist dies hier nicht zu bezweifeln. Die streitigen Flächen der Kläger sind Teil eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks (§ 8 Abs. 1 BJagdG), deren Eigentümer
  102. nach § 9 Abs. 1 Satz 1 BJagdG, § 7 Abs. 1 Satz 1 LJG auch ohne oder gegen
  103. ihren Willen einer Jagdgenossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts
  104. angehören. Das Jagdausübungsrecht steht in diesem Fall der Jagdgenossenschaft zu (§ 8 Abs. 5 BJagdG), die die Jagd regelmäßig - wie hier - durch Verpachtung nutzt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 BJagdG).
  105. 11
  106. bb) Die Pflichtmitgliedschaft in einer derartigen Jagdgenossenschaft verstößt, wie das Bundesverwaltungsgericht kürzlich entschieden hat, nicht gegen
  107. höherrangiges Recht (Urteil vom 14. April 2005 - 3 C 31/04, in Kurzfassung veröffentlicht in Städte- und Gemeinderat 2005, 30). Der erkennende Senat folgt in
  108. allen Punkten den überzeugenden Gründen dieser Entscheidung und verweist
  109. ergänzend hierauf. Zusammengefasst gilt Folgendes:
  110. - 6 -
  111. 12
  112. (1) Die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention
  113. und ihrer Zusatzprotokolle sind in der deutschen Rechtsordnung aufgrund ihres
  114. Ranges in der Normenhierarchie wie Bundesgesetze kein unmittelbarer Prüfungsmaßstab. Sie beeinflussen jedoch die Auslegung der Grundrechte und die
  115. rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes. Der Konventionstext und die
  116. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - hier die
  117. Entscheidung vom 29. April 1999 in der Sache Chassagnou u.a. ./. Frankreich
  118. (NJW 1999, 3695) - dienen auf der Ebene des Verfassungsrechts insoweit als
  119. Auslegungshilfen (BVerfGE 111, 307, 315 ff. = NJW 2004, 3407, 3408 ff.; s.
  120. ferner BVerfG NJW 2005, 1765 f.; 2005, 2685, 2688).
  121. 13
  122. (2) Auch unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kollidieren die einschlägigen Vorschriften des Bundesjagdgesetzes nicht mit den Normen des
  123. Grundgesetzes. Insbesondere sind sie mit der Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1
  124. GG), die auch eine Lebensgestaltung in Übereinstimmung mit der eigenen Gewissensentscheidung gewährleistet (vgl. BVerfGE 108, 282, 297), vereinbar.
  125. Die Kläger werden nicht gezwungen, Tiere zu töten oder an einer Tötung durch
  126. Dritte mitzuwirken. Sie haben die Jagdausübung lediglich passiv hinzunehmen.
  127. Ein Eingriff in ihre eigene Lebensführung ist damit nicht verbunden, zumal auch
  128. eine anderweitige Nutzung des Grundstücks durch sie nicht in Rede steht. Für
  129. das von den Klägern der Sache nach angestrebte teilweise Jagdverbot gegenüber Dritten bietet Art. 4 Abs. 1 GG keine Handhabe.
  130. 14
  131. (3) § 8 Abs. 5 BJagdG, der das Jagdausübungsrecht von dem zum
  132. Grundeigentum gehörenden Jagdrecht abspaltet und der Jagdgenossenschaft
  133. überträgt, und § 9 BJagdG, der die Bildung von Jagdgenossenschaften regelt,
  134. verstoßen ferner nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Es
  135. - 7 -
  136. handelt sich um eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die
  137. nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dem Gesetzgeber obliegt. Die ihm dabei von der
  138. Verfassung gezogenen Grenzen werden nicht überschritten. Die streitige Regelung stellt einen sachgerechten und nicht unverhältnismäßigen Ausgleich zwischen den Nutzungsinteressen des Grundstückseigentümers und den berechtigten Interessen der Allgemeinheit her und ist darum durch Art. 14 Abs. 2 GG
  139. legitimiert; dabei genießt auch das Jagdausübungsrecht der Jagdgenossenschaft den Schutz des Art. 14 GG (Senatsurteile BGHZ 84, 261, 264; 132, 63,
  140. 65; 143, 321, 324). Eine Zersplitterung der Jagdrechte kann die Jagd empfindlich behindern. Jagd ist infolgedessen auf staatliche Ordnung und Aufsicht angewiesen. Die Bildung von Jagdgenossenschaften dient dazu, durch Schaffung
  141. ausreichend großer Jagdbezirke eine Ausübung von Jagd und Hege zu gewährleisten, die den in den § 1 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 BJagdG zum Ausdruck kommenden Zielen des Jagdrechts - Schutz vor Wildschäden, Gewährleistung eines artenreichen und gesunden Wildbestands, Wahrung der Belange von Naturschutz und Landschaftspflege - gerecht werden kann. Diese Ziele genügen
  142. einerseits dem Verfassungsauftrag zum Schutz natürlicher Lebensgrundlagen
  143. (Art. 20a GG), zum anderen werden sie - auch im Hinblick auf die Verhütung
  144. unzumutbarer Wildschäden - durch das Eigentumsrecht Dritter gerechtfertigt.
  145. Das neue Staatsziel des Tierschutzes in Art. 20a GG lässt die Berechtigung des
  146. Gesetzgebers zur Förderung einer gemeinwohlverträglichen Jagd und Hege
  147. unberührt; aus ihm können sich allenfalls Folgerungen für die Art und Weise der
  148. Jagdausübung ergeben. Dem Gesetzgeber kommt ein weiter Beurteilungsspielraum bei der Frage zu, inwieweit die Regelungen des Bundesjagdgesetzes geeignet und erforderlich sind, um die gesetzlichen Ziele zu erreichen. Diesen
  149. Spielraum hat die deutsche Gesetzgebung auch unter Berücksichtigung dessen, dass in anderen europäischen Ländern Vorschriften mit erheblich abweichenden Inhalten gelten mögen, nicht überschritten.
  150. - 8 -
  151. 15
  152. (4) Die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft verletzt
  153. schließlich weder - mit Rücksicht auf die Bildung von Eigenjagdbezirken bei größeren Grundstücken - den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch die
  154. in Art. 9 GG geschützte negative Vereinigungsfreiheit oder die allgemeine
  155. Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Die von den Klägern hiergegen angeführte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
  156. vom 29. April 1999 (NJW 1999, 3695), die unter anderem eine Verletzung der
  157. Vereinigungsfreiheit feststellt, wenn ein Grundeigentümer dazu gezwungen
  158. wird, einem Jagdverband beizutreten und diesem sein Jagdrecht zu übertragen,
  159. sofern er die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, betrifft die vom deutschen
  160. Jagdrecht wesentlich abweichende französische Rechtslage und ist deswegen
  161. auf den Streitfall nicht übertragbar (vgl. Dietlein, AgrarR 2000, 76, 77 ff.;
  162. v. Pückler, AgrarR 2001, 72, 74 ff.; Müller-Schallenberg/Förster, ZRP 2005,
  163. 230 ff.; anders Sailer, ZRP 2005, 88 ff.; ähnlich Ditscherlein, NuR 2005, 305,
  164. 307 ff.). Abgesehen davon, dass das deutsche Jagdrecht nicht wie das französische Gesetz allein oder auch nur vorrangig den Zweck verfolgt, einen demokratischen Zugang zur Jagd sicherzustellen, sondern durch Schaffung ausreichend großer Jagdbezirke eine Ausübung von Jagd und Hege zu gewährleisten, die den in den § 1 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 BJagdG bestimmten Zielen gerecht werden kann (oben 3), und diese Regelungen außerdem für das gesamte
  165. deutsche Staatsgebiet gelten, sind in Deutschland flächendeckend auch die
  166. Inhaber von Eigenjagdbezirken zur "Hege mit der Büchse" verpflichtet. Darüber
  167. hinaus steht bei gemeinschaftlichen Jagdbezirken dem Eigentümer nicht etwa
  168. ein eigenes Jagdausübungsrecht, das er vielleicht nicht in Anspruch nehmen
  169. will, sondern für den Verlust seines Jagdausübungsrechts ein angemessener
  170. Geldausgleich zu (§ 10 Abs. 3 Satz 2 BJagdG). Außerdem wird der Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG durch die Zwangsmitgliedschaft in einer - wie hier -
  171. - 9 -
  172. öffentlich-rechtlichen Körperschaft nicht berührt (BVerfG NVwZ 2002, 335, 336
  173. unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung). Die Jagdgenossenschaft
  174. wird in § 7 Abs. 1 Satz 1 LJG auch nicht nur formal als Körperschaft des öffentlichen Rechts bezeichnet; sie hat auch materiell betrachtet, insbesondere in
  175. Gestalt ihrer Satzungsbefugnis, öffentlich-rechtliche Befugnisse und dient legitimen öffentlichen Aufgaben. Eine freiwillige Selbstkoordination auf privatrechtlicher Basis wäre aus den im Zusammenhang mit Art. 14 GG angeführten Erwägungen nicht vergleichbar effektiv.
  176. 16
  177. b) Das Jagdausübungsrecht schließt grundsätzlich das Recht ein, im
  178. Jagdrevier auf fremdem Grund und Boden jagdliche Einrichtungen anzulegen
  179. (Leonhardt, Jagdrecht, Art. 36 BayJG Anm. 1; ähnlich Lehmann, Das Jagdrecht
  180. in Rheinland-Pfalz, Anm. zu § 20 S. 45). Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 LJG darf der
  181. Jagdausübungsberechtigte allerdings auf land- und forstwirtschaftlich genutzten
  182. Grundstücken besondere Anlagen wie Futterplätze und Ansitze nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers errichten. Mit dem Berufungsgericht
  183. mag offen bleiben, ob dies entsprechend auch für brachliegende Grundstücke
  184. wie die hier streitigen Flächen gilt, bei denen Kollisionen mit Nutzungsrechten
  185. des Grundeigentümers in der Regel nicht eintreten (ablehnend zu dem ebenso
  186. gefassten Art. 36 BayJG Leonhardt, aaO; ähnlich Rose, Jagdrecht in NordrheinWestfalen, § 28 LJG Erl. 2). Denn auch dann muss jedenfalls der Eigentümer
  187. des Grundstücks der Anlage zustimmen, wenn ihm die Duldung zugemutet
  188. werden kann und er eine angemessene Entschädigung erhält (§ 20 Abs. 1
  189. Satz 2 LJG). Die von der Revision im Umkehrschluss dem Wortlaut entnommene Auslegung, gerade bei der Inanspruchnahme von Brachland durch den
  190. Jagdausübungsberechtigten könne der Eigentümer im Gegensatz zur land- und
  191. forstwirtschaftlichen Nutzung seiner Flächen zu einer Zustimmung nicht gezwungen werden, wäre sinnwidrig.
  192. - 10 -
  193. 17
  194. c) Die Vorinstanzen haben unter Würdigung der tatsächlichen Umstände
  195. rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Errichtung eines Hochsitzes auf den nicht
  196. genutzten Parzellen den Klägern zugemutet werden kann. Soweit sich die Kläger demgegenüber erneut auf ihre Gewissensüberzeugung als Veganer und
  197. ihre Grundrechte aus Art. 2, 3, 4, 9 und 14 GG berufen, gelten die obigen Ausführungen zur Pflichtmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft entsprechend.
  198. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG liegt bei einer bloßen
  199. Verpflichtung der Kläger zur Duldung nicht vor; unter dem Gesichtspunkt des
  200. Eigentumsschutzes wird die Beeinträchtigung ihrer grundrechtlich geschützten
  201. Rechtspositionen durch Belange des Gemeinwohls gerechtfertigt. Auch ein
  202. Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht ersichtlich. Entschädigung für die Inanspruchnahme ihres Grundstücks nach § 20 Abs. 1
  203. Satz 2 LJG haben die Kläger nicht beansprucht.
  204. 18
  205. d) Seinen Anspruch auf Genehmigung des Hochsitzes kann der Beklagte
  206. dem Beseitigungsbegehren der Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB)
  207. entgegenhalten.
  208. - 11 -
  209. 19
  210. 3.
  211. Aus denselben Gründen ist auch die auf Duldung des Hochsitzes und
  212. der Fütterungseinrichtung gerichtete Widerklage des Beklagten begründet (§ 20
  213. Abs. 1 Satz 2 LJG).
  214. Schlick
  215. Wurm
  216. Dörr
  217. Kapsa
  218. Galke
  219. Vorinstanzen:
  220. AG Pirmasens, Entscheidung vom 26.05.2004 - 2 C 539/03 LG Zweibrücken, Entscheidung vom 30.11.2004 - 3 S 126/04 -