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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. III ZR 365/02
  4. vom
  5. 30. April 2003
  6. in dem Rechtsstreit
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. BNotO §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 23
  14. Der Notar kann sich gegen einen auf amtspflichtwidrige Auszahlung des Kaufpreises für ein Grundstück von seinem Anderkonto an die Mutter des Verkäufers gestützten Schadensersatzanspruch mit dem Einwand, der Anspruchsteller
  15. sei durch die Auszahlung von einer entsprechenden Verbindlichkeit gegenüber
  16. seiner Mutter - der der Kaufpreis im Innenverhältnis zugestanden habe - befreit
  17. worden, auch dann verteidigen, wenn es zur Klärung dieser Frage einer Beweisaufnahme bedarf (im Anschluß an BGH, Urteil vom 18. November 1999
  18. - IX ZR 153/98 - NJW 2000, 734, 736; Abgrenzung zu OLG Hamm OLG Report
  19. Hamm 1994, 121).
  20. BGH, Beschluß vom 30. April 2003 - III ZR 365/02 - OLG Hamburg
  21. LG Hamburg
  22. - 2 -
  23. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. April 2003 durch den
  24. Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dörr und Galke
  25. beschlossen:
  26. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 1. Zivilsenat, vom 27. September 2002 - 1 U 132/99 - wird
  27. zurückgewiesen.
  28. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
  29. Gegenstandswert: 85.639,71
  30. Gründe
  31. I.
  32. Der Kläger verkaufte durch von dem beklagten Notar beurkundeten Vertrag vom 14. Oktober 1997 ein Grundstück. Er verlangt vom Beklagten Schadensersatz, weil dieser amtspflichtwidrig den nach Abzug von Verbindlichkeiten
  33. auf dem Notaranderkonto verbliebenen restlichen Kaufpreis nicht an den Kläger, sondern an dessen (überschuldete) Mutter ausgezahlt hat. Der Beklagte
  34. wendet ein, dem Kläger sei kein Schaden entstanden, weil dieser durch die
  35. Auszahlung des restlichen Kaufpreises an seine Mutter von einer entsprechen-
  36. - 3 -
  37. den Verbindlichkeit gegenüber der Mutter befreit worden sei; im Innenverhältnis des Klägers zu seiner Mutter, die ihm den Grundbesitz im Jahre 1994 nur
  38. übertragen habe, um diesen dem Zugriff ihrer Gläubiger zu entziehen, habe
  39. nämlich der Mutter der Verkaufserlös zugestanden. Das Oberlandesgericht hat
  40. diesen Einwand nach einer Beweisaufnahme für - mit gewissen Abzügen durchgreifend erachtet und die Amtshaftungsklage überwiegend abgewiesen.
  41. II.
  42. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde des
  43. Klägers ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543
  44. Abs. 2 ZPO).
  45. Die Beschwerde hält die - nach ihrer Aufassung zu verneinende - Frage,
  46. ob der einen Grundstückskaufpreis amtspflichtwidrig vom Notaranderkonto an
  47. einen Dritten auskehrende Notar einwenden kann, dem Dritten habe gegenüber dem Geschädigten ein entsprechender Anspruch in gleicher Höhe zugestanden, für rechtsgrundsätzlich. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn der betreffende Fragenkreis ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  48. schon grundsätzlich geklärt: Zur Ermittlung des Schadens ist bei weisungswidriger Verwendung von Treuhandgeldern zu fragen, wie sich das Vermögen des
  49. Treugebers im Vergleich zum tatsächlichen Ablauf entwickelt hätte, wenn der
  50. Notar seine Amtspflicht entsprechend dem Treuhandauftrag erfüllt hätte. Hierbei ist es Sache des Geschädigten, einen streitigen Schaden sowie die Ur-
  51. - 4 -
  52. sächlichkeit der Amtspflichtverletzung für diesen Schaden nachzuweisen. Für
  53. die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Haftungsgrund und Schaden gelten dabei die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO und der Beweis des ersten Anscheins. Hat die Amtspflichtverletzung dem davon Betroffenen auch
  54. Vorteile gebracht, so sind diese im Rahmen der Differenzrechnung schadensmindernd zu berücksichtigen, wenn Vor- und Nachteile bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sind. Als anzurechnender Vorteil kommt danach insbesondere die Tilgung anderweitiger Verbindlichkeiten in Betracht. Falls diese Vorteilsausgleichung dem Zweck des Schadensersatzes entspricht, kann sich der Notar gegen einen auf weisungswidrige Auszahlung von seinem Anderkonto gestützten Schadensersatzanspruch mit dem
  55. Einwand verteidigen, er habe mit dem Auszahlungsbetrag eine anderweitige
  56. Verbindlichkeit des Auszahlungsberechtigten erfüllt. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Vorteilsausgleichung trägt
  57. der Ersatzpflichtige (BGH, Urteil vom 18. November 1999 - IX ZR 153/98 NJW 2000, 734, 736 m.w.Rspr.-Nachw.).
  58. Wenn das Berufungsgericht im Streitfall unter Anwendung dieser
  59. Grundsätze einen Schaden des Klägers (bis auf bestimmte, der Vorteilsausgleichung gegengerechnete Beträge) verneint hat, weil im Innenverhältnis zu
  60. seiner Mutter dieser der Erlös für den Verkauf des Grundstücks zustand, so ist
  61. dies nicht zu beanstanden. Soweit dem von der Beschwerde entgegengehaltenen, einen anderen Sachverhalt betreffenden Urteil des Oberlandesgerichts
  62. Hamm vom 2. Februar 1994 (OLG Report Hamm 1994, 121; zustimmend
  63. Arndt/Lerch/
  64. Sandkühler BNotO 5. Aufl. § 19 Rn. 122), zu entnehmen sein sollte, der Notar
  65. könne sich gegen einen auf weisungswidrige Auszahlung vom Notarander-
  66. - 5 -
  67. konto gestützten Schadensersatzanspruch in keinem Fall mit der Behauptung
  68. verteidigen, er habe mit dem Auszahlungsbetrag eine anderweitige Verbindlichkeit
  69. - 6 -
  70. des Hinterlegungsbeteiligten erfüllt, wenn diese Verbindlichkeit streitig oder
  71. zweifelhaft sei, stünde dies in dieser Allgemeinheit nicht im Einklang mit der
  72. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
  73. Rinne
  74. Streck
  75. Dörr
  76. Schlick
  77. Galke