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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. III ZR 274/05
  5. Verkündet am:
  6. 2. November 2006
  7. Kiefer
  8. Justizangestellter
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 677
  19. Stellt der Verkäufer eine Sicherheit für das Darlehen, durch das der
  20. Kaufpreis aufgebracht werden soll, führt er objektiv auch dann ein Geschäft des Käufers, wenn zur Rückzahlung des Darlehens ausschließlich ein Dritter verpflichtet ist.
  21. BGH, Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 274/05 - OLG Brandenburg
  22. LG Neuruppin
  23. - 2 -
  24. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  25. vom 2. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
  26. Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Dr. Herrmann
  27. für Recht erkannt:
  28. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats
  29. des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. November
  30. 2005 aufgehoben.
  31. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  32. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  33. Von Rechts wegen
  34. Tatbestand
  35. 1
  36. Der Kläger verkaufte dem Beklagten und einem weiteren Erwerber am
  37. 30. Juni 1994 einen Betriebsteil seines einzelkaufmännischen Unternehmens
  38. für 4.000.000 DM. Die Käufer brachten den erworbenen Betrieb in die von
  39. ihnen gegründete M.
  40. E.
  41. F.
  42. GmbH & Co. KG (im Folgenden: M.
  43. )
  44. ein, an der vorübergehend auch der Kläger beteiligt war. Da die Erwerber den
  45. Kaufpreis nicht vollständig aus Eigenmitteln bestreiten konnten, wurde er teilweise durch die Stadtsparkasse K.
  46. bruar 1995 mit der M.
  47. finanziert. Diese schloss am 13. Fe-
  48. als Darlehensnehmerin die erforderlichen Verträge.
  49. - 3 -
  50. Die vorgesehene Besicherung des Kredits mit einer Grundschuld, die der Miterwerber des Beklagten stellen sollte, scheiterte. Daraufhin erweiterte der Kläger den Zweck einer von ihm bereits zugunsten der Sparkasse bestellten
  51. Grundschuld auf "alle Forderungen aus der Firmenübernahme in Höhe von maximal DM 500.000,- gegen Firma M.
  52. und/oder Herrn W.
  53. 2
  54. K.
  55. B.
  56. E.
  57. F.
  58. GmbH & Co. KG
  59. [= der Beklagte]".
  60. Die Darlehen wurden notleidend. Die Sparkasse betrieb die Zwangsversteigerung des Grundstücks des Klägers. Zu deren Abwendung zahlte dieser
  61. an das Kreditinstitut 532.875 DM. Diesen Betrag finanzierte er mit einem Darlehen, das er von einer anderen Bank erhielt. Den an die Sparkasse entrichteten
  62. Betrag und die Aufwendungen für den von ihm aufgenommenen Kredit verlangt
  63. der Kläger von dem Beklagten ersetzt. Er macht geltend, mit seiner Zahlung
  64. habe er den Beklagten von dessen zum Zwecke der Kaufpreisfinanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten befreit.
  65. 3
  66. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom
  67. Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.
  68. Entscheidungsgründe
  69. 4
  70. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
  71. Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  72. - 4 -
  73. I.
  74. Dieses hat ausgeführt, ein Anspruch des Klägers aus § 683 BGB scheide
  75. 5
  76. aus, weil er nicht nachvollziehbar dargelegt habe, dass er mit seiner Zahlung an
  77. die Sparkasse auch eine gegen den Beklagten gerichtete Forderung getilgt habe. Insbesondere fehle es an der Benennung eines konkreten Kreditvertrags,
  78. den die Sparkasse mit dem Beklagten abgeschlossen habe und der durch die
  79. vom Kläger gestellte Grundschuld gesichert worden sei.
  80. II.
  81. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach dem derzeitigen
  82. 6
  83. Sach- und Streitstand kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein
  84. aus § 683 Satz 1 BGB folgender Anspruch des Klägers auf Ersatz seiner Aufwendungen, die er zur Befriedigung der von der Sparkasse geltend gemachten
  85. Forderung getätigt hat, nicht ausgeschlossen werden. Die Zahlung des Klägers
  86. an die Sparkasse erfolgte zumindest auch in Ausführung eines Geschäfts für
  87. den Beklagten.
  88. 7
  89. 1.
  90. Der Kläger leistete zur Abwendung der Zwangsvollstreckung in sein
  91. Grundstück aus der zwecks Besicherung des Finanzierungskredits bestellten
  92. Grundschuld. Die Gestellung von Sicherheiten für diesen Kredit war, sofern der
  93. Beklagte dem Kläger hierzu nicht ohnehin wenigstens konkludent einen Auftrag
  94. (§ 662 ff BGB) erteilt hatte, jedenfalls objektiv kein Geschäft, das ausschließlich
  95. in die Sphäre des Klägers fiel.
  96. - 5 -
  97. a) Nach dem beiderseitigen Sachvortrag scheidet die noch vom Landge-
  98. 8
  99. richt erwogene Möglichkeit aus, dass der Kläger mit seiner Leistung an das
  100. Kreditinstitut eine gegen ihn selbst gerichtete Darlehensforderung getilgt hat.
  101. Die Sparkasse forderte ihn mit Schreiben vom 21. November 1996 unter Kündigung der zu ihren Gunsten bestellten Grundschuld zur Zahlung in Höhe "des für
  102. die Kreditgewährung an die Firma M.
  103. E.
  104. F.
  105. GmbH & Co. KG als Si-
  106. cherheit dienenden erstrangigen Teilbetrags von 500.000,00 DM" auf. Aus den
  107. nachfolgenden Schreiben des Klägers an das Kreditinstitut vom 26. November
  108. 1996 und 13. Juni 2000 ergibt sich, dass er mit seiner Leistung dieser Forderung nachgekommen ist. In dem Betreff beider Schreiben, insbesondere auch in
  109. dem vom 13. Juni 2000, mit dem er der Sparkasse gegenüber den Eingang der
  110. Zahlung ankündigte, wird auf die M.
  111. Bezug genommen. Dementspre-
  112. chend verrechnete die Sparkasse die Leistung des Klägers als Tilgung der Verbindlichkeiten der M.
  113. (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 31. Januar
  114. 2005).
  115. 9
  116. b) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand zahlte der Kläger ferner
  117. nicht auf andere der M.
  118. gewährte Darlehen, sondern auf die der Finanzie-
  119. rung des Unternehmenskaufs dienenden Kreditverträge vom 13. Februar 1995.
  120. Das vom Kläger zur Verfügung gestellte Immobilienpfandrecht, aufgrund dessen die Sparkasse von ihm Zahlung verlangte, sollte nach der Grundschuldzweckerklärung Forderungen gegen die M.
  121. nur aus der "Firmenübernah-
  122. me" besichern.
  123. 10
  124. c) Die Gestellung der Grundschuld für das Finanzierungsdarlehen der
  125. Sparkasse K.
  126. war ein Geschäft, das objektiv zumindest auch in die Sphäre
  127. des Beklagten fiel, da das Darlehen dazu dienen sollte, den dem Kläger zustehenden Kaufpreis aufzubringen. Die Beschaffung der zur Tilgung der Kauf-
  128. - 6 -
  129. preisschuld erforderlichen Mittel oblag den Käufern und damit auch dem Beklagten.
  130. 11
  131. Der Beklagte ist selbst dann Geschäftsherr, wenn er gegenüber der
  132. Sparkasse nicht als Darlehensnehmer zur Rückzahlung dieser Kredite verpflichtet war, sondern lediglich die M.
  133. . Im Verhältnis zum Kläger oblag es dem
  134. Beklagten auch in diesem Fall, das Kreditinstitut zu sichern.
  135. 12
  136. Dies ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Unternehmenskaufvertrag. Nach § 3 Abs. 1 dieses Vertrags in Verbindung mit § 427
  137. BGB schuldete der Beklagte dem Kläger zusammen mit dem Miterwerber als
  138. Gesamtschuldner den Kaufpreis. Für dessen Begleichung hatten die Käufer
  139. und damit auch der Beklagte gegenüber dem Kläger einzustehen (§ 279 BGB
  140. i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Die Beschaffung der zur Tilgung der Kaufpreisforderung erforderlichen Mittel ist allein Sache und Risiko der Erwerber.
  141. Nehmen sie zu diesem Zweck selbst ein Darlehen auf, ist dessen Besicherung
  142. im Verhältnis zum Verkäufer allein ihre Angelegenheit. Gleiches gilt, wenn, wie
  143. hier zu unterstellen, nicht die Käufer selbst, sondern ein Dritter den Kredit aufnimmt. Auch dann fällt die Besicherung des Darlehens grundsätzlich nicht in die
  144. Sphäre des Verkäufers.
  145. 13
  146. Die Darlehensverträge vom 13. Februar 1995 zwischen der M.
  147. und
  148. der Sparkasse dienten dazu, die zur Tilgung der Kaufpreisforderung erforderlichen Mittel aufzubringen, mithin der Erfüllung der Verpflichtung des Beklagten
  149. gegenüber dem Kläger. Nach § 279 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist
  150. die Beschaffung und die Besicherung des Darlehens allein Sache des Beklagten als Käufer, nicht aber die des Klägers.
  151. - 7 -
  152. Hieran hat sich dadurch, dass dieser anstelle der Käufer zur Sicherung
  153. 14
  154. des Darlehens eine Grundschuld stellte, nichts geändert. Auch wenn der Kläger
  155. damit gegenüber dem Kreditinstitut das Ausfallrisiko teilweise mit übernahm,
  156. widerspräche es der Interessenlage, hieraus eine Verschiebung der aus dem
  157. Kaufvertrag folgenden Pflichten und Risiken im Innenverhältnis der Vertragsparteien herzuleiten. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass der Kläger als
  158. Sicherungsgeber lediglich vorübergehend anstatt des weiteren Erwerbers einspringen sollte, damit der Kaufvertrag vollzogen werden konnte. Bliebe der Kläger als Sicherungsgeber im Innenverhältnis zum Beklagten mit dem Wagnis
  159. belastet, dass der Darlehensnehmer M.
  160. seinen Verpflichtungen gegen-
  161. über der Sparkasse nicht nachkam, liefe dies jedoch auf eine Änderung der
  162. kaufvertraglichen Pflichten- und Risikoverteilung hinaus. Soweit der Kläger an
  163. das Kreditinstitut leistete, ohne vom Käufer Ersatz zu bekommen, verlöre er
  164. wirtschaftlich einen Teil des Kaufpreises. Diese Gefahr muss der Kläger im
  165. Verhältnis zum Beklagten nach dem Kaufvertrag jedoch nicht tragen. Der Beklagte blieb deshalb im Verhältnis zum Kläger verpflichtet, die Risiken der Besicherung der Sparkasse zu tragen.
  166. 15
  167. 2.
  168. Ein Anspruch aus § 683 Satz 1 BGB setzt weiter voraus, dass der Ge-
  169. schäftsführer das Geschäft auch subjektiv nicht (nur) als eigenes, sondern
  170. (auch) als fremdes führt, also in dem Bewusstsein und mit dem Willen, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln (Senatsurteil vom 23. September 1999 - III ZR 322/98 - NJW 2000, 72; BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003
  171. - X ZR 66/01 - NJW-RR 2004, 81, 82 jew. m.w.N.). Zugunsten des Klägers
  172. greift die Vermutung ein, dass er bei seiner Zahlung an die Sparkasse mit dem
  173. erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt hat. Bei objektiv fremden Geschäften, die schon ihrem Inhalt nach in einen fremden Rechts- und
  174. Interessenkreis eingreifen (z.B. Hilfe für einen Verletzten, BGHZ 33, 251, 254 ff;
  175. - 8 -
  176. 33, 251, 254 ff; Abwendung der von einem unbeleuchteten Fahrzeug drohenden Gefahren, BGHZ 43, 188, 191 f; Tilgung fremder Schulden, BGHZ 47, 370,
  177. 371; Veräußerung einer fremden Sache, RGZ 138, 45, 48 f), wird regelmäßig
  178. ein ausreichender Fremdgeschäftsführungswille vermutet (z.B.: Senat aaO;
  179. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003 aaO). Das gilt grundsätzlich auch für Geschäfte, die sowohl objektiv eigene als auch objektiv fremde sind (z.B.: Senat
  180. und X. Zivilsenat aaO). Aus den oben unter Nummer 1 c ausgeführten Gründen
  181. war die Zahlung des Klägers nicht nur ein eigenes, sondern auch ein objektiv
  182. fremdes Geschäft.
  183. - 9 -
  184. 16
  185. 3.
  186. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
  187. Satz 1 ZPO). Sie ist noch nicht zur Entscheidung reif, da insbesondere noch
  188. Feststellungen zu weiteren Einwendungen gegen den Anspruch des Klägers zu
  189. treffen sind.
  190. Schlick
  191. Wurm
  192. Dörr
  193. Kapsa
  194. Herrmann
  195. Vorinstanzen:
  196. LG Neuruppin, Entscheidung vom 17.02.2005 - 2 O 412/04 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 16.11.2005 - 13 U 48/05 -