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289 lines
17 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. III ZB 97/09
  4. vom
  5. 27. Januar 2011
  6. in dem Rechtsstreit
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. ja
  11. BGHR:
  12. ja
  13. ZPO § 91 Abs. 2 Satz 2
  14. Wird eine Gebietskörperschaft im bürgerlichen Rechtsstreit durch zwei jeweils
  15. unabhängigen Verfassungsorganen zuzuordnende Stellen vertreten (hier: Präsident des Bundesverfassungsgerichts und Generalbundesanwalt), kann sie im
  16. Obsiegensfall gleichwohl nur die Kosten eines Rechtsanwalts erstattet verlangen.
  17. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2011 - III ZB 97/09 - OLG Karlsruhe
  18. LG Karlsruhe
  19. - 2 -
  20. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2011 durch den
  21. Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr, Dr. Herrmann, Seiters und
  22. Tombrink
  23. beschlossen:
  24. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des
  25. 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. November 2009 wird zurückgewiesen.
  26. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu
  27. tragen.
  28. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf
  29. 4.051,95 € festgesetzt.
  30. Gründe:
  31. I.
  32. 1
  33. Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren um die Frage, ob
  34. die beklagte Bundesrepublik Deutschland die Erstattung der Kosten zweier Prozessbevollmächtigter verlangen kann. Die Klägerin hat die Beklagte in dem
  35. zugrunde liegenden Rechtsstreit auf Ersatz von Schäden in Anspruch genommen, die ihr, der Klägerin, durch - ihrer Ansicht nach - gemeinschaftsrechtswidrige Entscheidungen des Bundesgerichthofs und des Bundesverfassungsge-
  36. - 3 -
  37. richts in einem zuvor geführten Zivilprozess entstanden sein sollen. Das Landgericht hat die auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch gestützte Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
  38. 2
  39. Die Beklagte ist vor dem Landgericht sowohl durch den Präsidenten des
  40. Bundesverfassungsgerichts als auch den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof vertreten worden. Beide haben eigene Anwälte beauftragt, die für
  41. die Beklagte nach Abschluss der Instanz jeweils die Festsetzung ihrer Kosten
  42. beantragt haben.
  43. 3
  44. Das Landgericht hat beiden Kostenfestsetzungsanträgen entsprochen.
  45. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Oberlandesgericht, soweit
  46. hier noch von Interesse, jenen Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben,
  47. durch den die Klägerin verpflichtet worden ist, der durch den Präsidenten des
  48. Bundesverfassungsgerichts vertretenen Beklagten 4.051,95 € nebst Zinsen zu
  49. erstatten.
  50. 4
  51. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten. Sie meint, die besondere Stellung des Bundesverfassungsgerichts als selbständiges Verfassungsorgan neben der des Generalbundesanwalts als Vertreter des Bundes erfordere eine getrennte anwaltliche
  52. Vertretung, da es an einer übergeordneten Stelle fehle, die etwaige Meinungsverschiedenheiten betreffend die Prozessführung bindend entscheiden könne.
  53. Zudem sei einem einzigen Anwalt eine Prozessführung auch deshalb nicht zuzumuten gewesen, weil dieser entgegen § 43a Abs. 4 BRAO gezwungen gewesen wäre, widerstreitende Interessen zu vertreten, zumal den erhobenen Vorwürfen auf unterschiedliche Art zu begegnen gewesen sei.
  54. - 4 -
  55. II.
  56. 5
  57. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
  58. 6
  59. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden
  60. Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Zu den zu erstattenden
  61. Kosten gehören insbesondere die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des
  62. Rechtsanwalts der obsiegenden Partei (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO). § 91 Abs. 2
  63. Satz 2 ZPO bestimmt hierzu weiter, dass die Kosten mehrerer Anwälte nur insoweit zu erstatten sind, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste.
  64. Hiernach hat die Beklagte nur Anspruch auf Erstattung der Kosten eines
  65. Rechtsanwalts.
  66. 7
  67. 1.
  68. Zu Recht und von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandet ist das
  69. Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien nur ein
  70. Prozessrechtsverhältnis bestand, weil die Beklagte ungeachtet ihrer Vertretung
  71. durch zwei Stellen nur eine parteifähige Rechtspersönlichkeit ist, der Präsident
  72. des Bundesverfassungsgerichts und der Generalbundesanwalt mithin keine
  73. verschiedenen Parteien waren.
  74. 8
  75. 2.
  76. Die Voraussetzungen, unter denen die obsiegende Partei die Erstattung
  77. der Kosten für zwei Rechtsanwälte verlangen kann, sind nicht erfüllt. Die Rechtsprechung lässt zwar über den in § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorgesehenen Fall
  78. des Anwaltswechsels hinaus aus unterschiedlichen Gründen Ausnahmen zu
  79. (vgl. die Übersicht bei Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 91 Rn. 22 f; zur Unterbevollmächtigung siehe BGH, Beschlüsse vom 11. November 2003 - VI ZB
  80. - 5 -
  81. 41/03, NJW-RR 2004, 430 und vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, NJW
  82. 2003, 898, 899; zum Verkehrsanwalt siehe BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - IV ZB 11/04, NJW 2006, 301, 302; vgl. auch Henssler/Deckenbrock,
  83. MDR 2005, 1321, 1324 ff). Die zeitgleiche Beauftragung mehrerer Anwälte als
  84. Hauptbevollmächtigte durch eine Partei wird allerdings grundsätzlich als nicht
  85. notwendig beziehungsweise die Kostenerstattung für den zweiten Rechtsanwalt
  86. als durch § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO ausgeschlossen erachtet (z.B. Bork in Stein/
  87. Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rn. 141; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/
  88. Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 91 Rn. 133; Henssler/Deckenbrock, aaO
  89. S. 1324 jeweils mwN). Für eine Gebietskörperschaft gilt nichts anderes, auch
  90. wenn sie in einem Rechtsstreit aufgrund ihrer Vertretungsregelungen durch
  91. mehrere Stellen vertreten wird, so dass sie grundsätzlich nur die Kostenerstattung für einen Rechtsanwalt verlangen kann (so auch OLG Koblenz AnwBl
  92. 1988, 296; OLG Köln JurBüro 1980, 1083 ff und AnwBl 1968, 231, 232; OLG
  93. München MDR 1972, 790, 791; OLG Frankfurt JZ 1953, 731, 732; Zöller/
  94. Herget, ZPO, 28. Aufl., § 91 Rn. 13 Stichwort Behörde). Hieran ändert sich
  95. nichts, wenn die zur Vertretung berufenen Stellen getrennte Verfassungsorgane
  96. darstellen beziehungsweise unterschiedlichen Verfassungsorganen zuzuordnen
  97. sind (aA: OLG Hamburg JurBüro 1971, 263, 264, welches in der Konstellation,
  98. dass die Legislative und die Exekutive in Anspruch genommen wurden, der
  99. verklagten Gebietskörperschaft kostenmäßig die Rechte zweier Streitgenossen
  100. eingeräumt hat).
  101. 9
  102. a) aa) Richtig ist zwar, dass in derartigen Fällen eine gemeinsame Vertretungsbehörde oder eine übergeordnete Stelle, die die Vertretung koordinieren könnte, in der Regel nicht existiert. So verhält es sich auch im Streitfall. Der
  103. Bundesgerichtshof ist, soweit er nicht seine Rechtsprechungsaufgaben wahrnimmt, dem Verwaltungsgeschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz
  104. - 6 -
  105. zugeordnet. Nach Abschnitt A Nr. I Abs. 1 lit. b der Anordnung über die Vertretung des Bundes im Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz und über
  106. das Verfahren bei der Vertretung vom 25. April 1958 (BAnz 1958, 3) vertritt der
  107. Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof die Beklagte, wenn das Verfahren den Bundesgerichtshof betrifft. In gerichtlichen Verfahren, die das Bundesverfassungsgericht betreffen, vertritt demgegenüber dessen Präsident die Beklagte (§ 5 Abs. 1 GOBVerfG). Mangels einer entgegenstehenden Regelung ist
  108. jeder Vertreter der Beklagten zur alleinigen Prozessführung berechtigt. Da das
  109. Bundesverfassungsgericht ein eigenständiges Verfassungsorgan ist und der
  110. Generalbundesanwalt dem Verfassungsorgan Bundesregierung zuzuordnen ist,
  111. fehlt es an einer gemeinsamen (übergeordneten), zur Vertretung oder zu deren
  112. Koordinierung berufenen Stelle.
  113. 10
  114. bb) Das Fehlen einer solchen Stelle rechtfertigt es indessen nicht, die
  115. einzelnen zur Vertretung berufenen Ministerien, nachgeordneten Behörden beziehungsweise (Verfassungs-)Organe kostenrechtlich wie Streitgenossen zu
  116. behandeln. Prozesspartei bleibt allein die Bundesrepublik Deutschland. Sie wird
  117. durch die jeweiligen Behörden lediglich repräsentiert.
  118. 11
  119. Das im Prinzip von Treu und Glauben wurzelnde Gebot sparsamer Prozessführung gebietet es, dass der Prozessgegner kostenmäßig nicht durch den
  120. Umstand belastet wird, dass es an einer einheitlichen Vertretung der von ihm
  121. verklagten Gebietskörperschaft fehlt. Es würde den berechtigten Interessen des
  122. Bürgers widersprechen, wenn er im Einzelfall nur deshalb mit einer Vervielfältigung von Prozesskosten - und damit des Kostenrisikos - zu rechnen hätte, weil
  123. - 7 -
  124. die Differenzierung der staatlichen Aufgaben eine Mehrzahl von vertretungsberechtigten Stellen des Beklagten mit sich bringt (OLG München aaO; OLG Köln
  125. AnwBl 1968 aaO; Baur, Anm. zu OLG Frankfurt aaO S. 733).
  126. 12
  127. Sowohl der Umstand, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts
  128. durch mehrere Stellen vertreten werden kann, als auch die Tatsache, dass in
  129. bestimmten Konstellationen eine übergeordnete, die rechtlichen Interessen koordinierende Stelle fehlt, werden durch die verfassungsmäßige Organisation der
  130. Körperschaft bedingt. Das Risiko von Interessenkonflikten (z.B. aus wessen
  131. Einzelplan des Etats die geforderte Leistung im Unterliegensfall zu begleichen
  132. wäre) und Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Organen entspringt
  133. dieser internen Organisation und damit allein der Sphäre der Körperschaft. Deshalb kann diese Gefahr - insofern gilt im Zivilprozess nichts anderes als für juristische Personen des Privatrechts - in kostenmäßiger Hinsicht nicht auf den
  134. Prozessgegner übergewälzt werden. Etwaige interne Interessenkonflikte hat die
  135. juristische Person vielmehr selbst zu lösen und die Gefahr, dass dies nicht gelingt, in kostenmäßiger Hinsicht selbst zu tragen (OLG Köln JurBüro 1980 aaO;
  136. vgl. auch OLG München aaO; OLG Köln AnwBl 1968 aaO). Wäre dies anders,
  137. würde der Staat, der auf dem Gebiet des Zivilrechts dem Bürger gleichrangig
  138. gegenübersteht, unzulässig bevorzugt (OLG Köln AnwBl 1968 aaO). Das Recht
  139. jeder eine juristische Person vertretenden Stelle, sich eines eigenen Anwalts zu
  140. bedienen (§ 84 ZPO), um die Interessen ihres Geschäftsbereichs zu wahren,
  141. bleibt hiervon unberührt. Lediglich die zusätzlich entstehenden Kosten sind
  142. nicht vom Gegner zu erstatten.
  143. - 8 -
  144. 13
  145. b) Hieran ändert auch nichts, dass das Bundesverfassungsgericht ein
  146. selbständiges, im Grundgesetz eigens benanntes, oberstes Verfassungsorgan
  147. ist (BVerfGE 7, 1, 14), das auf der gleichen Stufe wie die Staatsorgane Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung steht (Statusdenkschrift, JöR NF 6, S. 110, 112). Richtig ist weiter, dass das Bundesverfassungsgericht ein Gerichtshof sui generis ist, der in wesentlichen Fragen von herausragender, auch politischer Bedeutung selbständig zu entscheiden hat (Statusdenkschrift, aaO S. 111 f, 120 ff), und dass aus dieser hervorgehobenen Organstellung nicht nur seine ausschließliche Zuständigkeit für die Erfüllung der
  148. ihm durch Art. 93 GG übertragenen Rechtsprechungsaufgaben auf dem Gebiet
  149. des Verfassungsrechts folgt. Vielmehr ist das Bundesverfassungsgericht auch
  150. in fiskalischen und Verwaltungsfragen unabhängig, so dass es einen eigenen
  151. Einzelplan im Bundeshaushalt sowie eine eigene Verwaltung hat und auch insoweit keinem Ministerium unterstellt ist (Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu,
  152. BVerfGG, Stand Juli 2007, § 1 Rn. 38 f; vgl. auch Umbach in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, Mitarbeiterkommentar, 2. Aufl., § 1 Rn. 8 ff).
  153. 14
  154. Aus der herausgehobenen und gegenüber anderen Verfassungsorganen
  155. unabhängigen Stellung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich, dass dieses
  156. in staatsorganisationsrechtlicher und protokollarischer Hinsicht nicht auf die
  157. gleiche Stufe gestellt werden kann wie ein weiteres, neben dem Bundesministerium der Justiz zur Vertretung der Beklagten berufenes anderes Bundesministerium. Es ist deshalb, soweit sein Geschäftsbereich betroffen ist, zu einer eigenständigen Vertretung der Beklagten berechtigt; insbesondere braucht es sich in
  158. der Führung eines Zivilprozesses nicht mit einer parallel zur Vertretung befugten Bundesbehörde abzustimmen oder dieser gar unterzuordnen. Es unterliegt
  159. daher keinem Zweifel, dass das Bundesverfassungsgericht ohne Rücksprache
  160. - 9 -
  161. oder Abstimmung mit dem Generalbundesanwalt berechtigt war, einen eigenen
  162. Rechtsanwalt zu beauftragen.
  163. 15
  164. Aus der Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts einerseits und
  165. der Bundesregierung andererseits folgt im Übrigen umgekehrt, dass auch das
  166. von dem Rechtsstreit in seinem Geschäftsbereich betroffene Bundesministerium beziehungsweise der zur Vertretung der Beklagten berufene Generalbundesanwalt die Prozessführung selbständig und unabhängig vom Bundesverfassungsgericht vornehmen konnte und insoweit auch einen eigenen Anwalt beauftragen durfte.
  167. 16
  168. Hieraus ergibt sich indessen entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht, dass sowohl die Kosten des vom Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts in einem bürgerlichen Rechtsstreit bestellten Prozessbevollmächtigten als auch diejenigen eines weiteren Rechtsanwalts, der von einem
  169. anderen Vertretungsorgan der Beklagten beauftragt wurde, von dem unterlegenen Gegner gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu erstatten wären. Die Selbständigkeit
  170. der Vertretungen der Beklagten durch den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und die andere Stelle - hier den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof - beruht auf der vom Grundgesetz vorgegebenen (Staats-)Organisation der Beklagten. Dass aus dieser für die beiden zur Vertretung berufenen
  171. Stellen die Möglichkeit folgt, sich jeweils eines eigenen Rechtsanwalts zu bedienen, ist somit der Sphäre der Beklagten zuzuordnen. In dieser Hinsicht besteht trotz der besonderen Stellung des Bundesverfassungsgerichts kein Unterschied zu den Fallgestaltungen, in denen zwei Ministerien oder ihnen nachgeordnete Behörden unabhängig voneinander die Beklagte vertreten. Das hieraus
  172. - 10 -
  173. folgende Risiko der Verdoppelung der außergerichtlichen Kosten hat aus den
  174. oben unter Buchstabe a ausgeführten Gründen im Zivilprozess, in dem sich der
  175. Bürger und die Beklagte gleichrangig gegenüber treten, aber allein letztere zu
  176. tragen.
  177. 17
  178. c) Unbeachtlich ist weiter, dass sich die Klage auf zwei verschiedene
  179. - vermeintliche - Amtspflichtverletzungen gestützt hat, welche die Klägerin den
  180. Richtern des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs vorgeworfen hat. Zwar hätte sich die Beklagte hinsichtlich der den Bundesverfassungsrichtern angelasteten Entscheidung anders verteidigen können als bezüglich des den Richtern des Bundesgerichtshofs vorgeworfenen Verstoßes gegen
  181. die Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften
  182. gemäß dem seinerzeit noch maßgeblichen Art. 234 Abs. 3 EGV. Das Bundesverfassungsgericht hätte sich darauf zurückziehen können, dass im Verfahren
  183. über die Verfassungsbeschwerde insoweit nur ein Willkür- beziehungsweise
  184. Evidenzmaßstab gelte (vgl. z.B. BVerfGE 82, 159, 194 ff; Beschluss vom
  185. 4. September 2008 - 2 BvR 1321/07, juris Rn. 10 f). Demgegenüber hätte für
  186. den Bundesgerichtshof - sofern im Vorprozess eine die Klägerin begünstigende
  187. Norm des materiellen Gemeinschaftsrechts verletzt worden wäre - ein "hinreichend qualifizierter" Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtliche Vorlagepflicht
  188. ausgereicht, um einen Staatshaftungsanspruch zu begründen (vgl. z.B. EuGH
  189. Slg. 2003 S. I-10239, 10310 f, Rn. 51, 52). Dieser möglicherweise etwas niedrigere Haftungsmaßstab mag eine in Nuancen andere Rechtsverteidigung erfordert haben als die für das Bundesverfassungsgericht notwendige.
  190. - 11 -
  191. 18
  192. Es ist aber schon nicht erkennbar, dass diese denkbaren Differenzierungen im prozessualen Vorbringen zu widersprüchlichen Positionen in der
  193. Rechtsverteidigung hätten führen können. Zudem haben die vom Präsidenten
  194. des Bundesverfassungsgerichts und vom Generalbundesanwalt beauftragten
  195. Rechtsanwälte im ersten Rechtszug im Wesentlichen gleich vorgetragen und im
  196. Schwerpunkt übereinstimmend auf den fehlenden Gemeinschaftsrechtsbezug
  197. des Ausgangsverfahrens hingewiesen. In derartigen Fällen, in denen feststeht,
  198. dass ein eigener Prozessbevollmächtigter zur interessengerechten Führung des
  199. Rechtsstreits nicht erforderlich ist, ist selbst bei Streitgenossen die Erstattungsfähigkeit der Kosten mehrerer Rechtsanwälte ausgeschlossen (BGH, Beschluss
  200. vom 20. Januar 2004 - VI ZB 76/03, NJW-RR 2004, 536; OLG Brandenburg,
  201. Beschluss vom 16. April 2008 - 6 W 167/07, juris Rn. 10; OLG Naumburg
  202. OLGR 2006, 196; vgl. auch BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06,
  203. NJW 2007, 2257 Rn. 20).
  204. 19
  205. Dessen ungeachtet könnten selbst vorhandene Interessengegensätze
  206. der Vertreter der Beklagten aus den oben unter Buchstabe a ausgeführten
  207. Gründen kostenmäßig nicht zu Lasten des Prozessgegners gehen.
  208. 20
  209. d) Schließlich verfängt auch der Hinweis der Rechtsbeschwerde auf
  210. § 43a Abs. 4 BRAO nicht. Es ist aus den zuvor ausgeführten Gründen schon
  211. nicht ersichtlich, dass der Rechtsverteidigung der Beklagten durch den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und den Generalbundesanwalt beim
  212. Bundesgerichtshof gegensätzliche Positionen oder widerstreitende Interessen
  213. zugrunde lagen oder dies auch nur zu besorgen war. Jedenfalls aber hat die
  214. - 12 -
  215. Beklagte das Risiko eines internen Interessengegensatzes kostenmäßig allein
  216. zu tragen.
  217. Schlick
  218. Dörr
  219. Seiters
  220. Herrmann
  221. Tombrink
  222. Vorinstanzen:
  223. LG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.07.2009 - 2 O 387/08 OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.11.2009 - 11 W 54/09 u. 11 W 55/09 -