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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. III ZB 94/02
  4. vom
  5. 24. April 2003
  6. in dem Rechtsstreit
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. ZPO § 519 Abs. 2 Nr. 1 n.F.
  14. Zu den Anforderungen an die Bezeichnung des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils in der Berufungsschrift.
  15. BGH, Beschluß vom 24. April 2003 - III ZB 94/02 - LG Darmstadt
  16. AG Groß-Gerau
  17. - 2 -
  18. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  19. Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr am 24. April
  20. 2003
  21. beschlossen:
  22. Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des
  23. Landgerichts Darmstadt, 24. Zivilkammer - Berufungskammer -,
  24. vom 27. September 2002 aufgehoben.
  25. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Berufung an
  26. das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens vorbehalten bleibt.
  27. Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren: 1.405,72
  28. Gründe
  29. I.
  30. Durch das am 16. Mai 2002 verkündete und ihr am 23. Mai 2002 zugestellte Urteil wurde die Beklagte verurteilt, an die klagende GmbH 2.749,35 DM
  31. (= 1.405,72
  32.  
  33. erichtlichen Kosten zu zahlen. Mit ei-
  34. nem am 21. Juni 2002 beim Berufungsgericht eingegangenen Telefax legte die
  35. - 3 -
  36. Beklagte Berufung ein. In der Berufungsschrift war der Name der berufungsbeklagten GmbH falsch geschrieben ("E...e..." statt richtig "E...i..."); außerdem
  37. fehlten die Anschrift, die Bezeichnung des Geschäftsführers und die Angabe
  38. der vorinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten. Ebenso fehlten das Verkündungs- und das Zustelldatum des angefochtenen Urteils. Eine Urteilsabschrift
  39. war nicht beigefügt. Das Aktenzeichen und die Bezeichnung des erstinstanzlichen Gerichts waren jedoch korrekt.
  40. Durch Beschluß vom 27. September 2002 hat das Landgericht die Berufung als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, die Berufungsschrift habe nicht die zur zweifelsfreien Identifizierung des angefochtenen
  41. Urteils erforderlichen Mindestangaben enthalten und auch aufgrund der sonstigen erkennbaren Umstände sei für das Gericht nicht innerhalb der am 24. Juni
  42. 2002 abgelaufenen Berufungsfrist zweifelsfrei feststellbar gewesen, welches
  43. Urteil angefochten werden sollte.
  44. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
  45. II.
  46. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Gesetzes statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1
  47. i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist auch im übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative ZPO).
  48. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
  49. - 4 -
  50. Die Mängel der Berufungsschrift führten weder für sich allein genommen
  51. noch in ihrer Gesamtheit zur Formunwirksamkeit der eingelegten Berufung.
  52. 1.
  53. Dies gilt - wie das Berufungsgericht selbst nicht verkennt - für den
  54. Schreibfehler und die fehlenden Angaben zu dem Geschäftsführer, der Anschrift und den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Berufungsbeklagten. Die zweifelsfreie Identifizierung des Rechtsmittelgegners wurde dadurch nicht in Frage gestellt (vgl. BGHZ 65, 114; s. ferner Zöller/Gummer,
  55. ZPO, 23. Aufl. 2002, § 519 Rn. 31 m.w.N.).
  56. 2.
  57. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war auch das ange-
  58. fochtene Urteil hinreichend bezeichnet. Die Berufungsschrift genügte damit
  59. dem Erfordernis des § 519 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
  60. a) Allerdings dürfen im Interesse der Rechtsklarheit an die Urteilsbezeichnung keine zu geringen Anforderungen gestellt werden. Es ist anerkannt,
  61. daß eine vollständige Bezeichnung die Angabe der Parteien, des Gerichts, das
  62. das angefochtene Urteil erlassen hat, des Verkündungsdatums und des Aktenzeichens erfordert. Nicht jede Ungenauigkeit, die eine Berufungsschrift bei einzelnen Angaben enthält, führt jedoch zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels.
  63. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben schaden nicht, wenn aufgrund der
  64. sonstigen erkennbaren Umstände für Gericht und Prozeßgegner nicht zweifelhaft bleibt, welches Urteil angefochten wird (BGH, Beschluß vom 25. Februar
  65. 1993 - VII ZB 22/92 = NJW 1993, 1719, 1720; Senatsurteil vom 11. Januar
  66. 2001 - III ZR 113/00 = NJW 2001, 1070). Ob ein solcher Fall gegeben ist,
  67. hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (Senatsurteil aaO).
  68. - 5 -
  69. b) Im vorliegenden Fall ermöglichten es die zutreffenden Angaben des
  70. erstinstanzlichen Gerichts und des Aktenzeichens dem Berufungsgericht ohne
  71. Schwierigkeiten, die Prozeßakten beizuziehen und aus diesen zweifelsfrei festzustellen, welches Urteil angefochten worden war. Die vom Berufungsgericht in
  72. Erwägung gezogene Möglichkeit, daß in ein und demselben Verfahren unter
  73. demselben Aktenzeichen mehrere Urteile zwischen den Parteien ergangen waren, war rein theoretischer Art und hat sich dementsprechend tatsächlich auch
  74. nicht verwirklicht.
  75. 3.
  76. Der angefochtene Beschluß kann daher keinen Bestand haben. Die
  77. Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
  78. Rinne
  79. Wurm
  80. Schlick
  81. Streck
  82. Dörr