Search on legal documents using Tensorflow and a web_actix web interface
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

311 lines
19 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 8/01
  5. Verkündet am:
  6. 31. März 2003
  7. Vondrasek
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. BGB § 737
  18. Ist das Verhalten der den Ausschluß eines Mitgesellschafters betreibenden Gesellschafter neben dem Verhalten des Auszuschließenden für die Zerstörung
  19. des gesellschaftsinternen Vertrauensverhältnisses ursächlich, kommt eine Ausschließung nur bei überwiegender Verursachung des Zerwürfnisses durch den
  20. Auszuschließenden in Betracht.
  21. BGH, Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 8/01 - OLG Nürnberg
  22. LG Nürnberg-Fürth
  23. -2-
  24. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
  25. und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Graf
  26. für Recht erkannt:
  27. Auf die Revision des Beklagten wird das Endurteil des
  28. 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten gegen die Feststellung des Landgerichts, er
  29. sei mit Wirkung vom 14. Dezember 1998 aus der Gesellschaft
  30. bürgerlichen Rechts der Parteien ausgeschlossen worden, zurückgewiesen worden ist.
  31. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil der
  32. 2. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3. Februar
  33. 2000 wie folgt abgeändert:
  34. Die Klage wird abgewiesen.
  35. Die Kosten des erstinstanzlichen und des Berufungsverfahrens
  36. haben die Kläger zu 75 % und der Beklagte zu 25 % zu tragen.
  37. Die Kosten der Revision haben die Kläger zu 85 % und der Beklagte zu 15 % zu tragen.
  38. Von Rechts wegen
  39. -3-
  40. Tatbestand:
  41. Die Parteien haben mit Vertrag vom 22. Juli 1993 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Betrieb einer radiologischen Gemeinschaftspraxis in
  42. F. gegründet, an der alle vier Ärzte als Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt sind. Die Praxis unterhält einen Standort für konventionelle Röntgendiagnostik, Computertomographie, Nuklearmedizin und Ultraschall, den die Kläger betreiben, und einen für Kernspintomographie, für dessen Betrieb der Beklagte
  43. zuständig ist.
  44. Nach § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages ist jeder Gesellschafter zur
  45. alleinigen Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Für
  46. den Abschluß langfristiger Verträge sowie für Investitionen über 10.000,00 DM
  47. ist jedoch nach § 8 Abs. 2 die Zustimmung sämtlicher Mitgesellschafter erforderlich. § 17 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages enthält eine Fortsetzungsklausel, wonach im Falle des Ausscheidens eines oder mehrerer Gesellschafter die
  48. Gesellschaft von den verbleibenden Gesellschaftern weitergeführt wird.
  49. Am 10. Juni 1994 schloß der Beklagte für die Gesellschaft mit Einverständnis der Kläger einen Kooperationsvertrag nebst Ergänzungsvereinbarung
  50. über die Durchführung kernspintomographischer Untersuchungen im Klinikum
  51. der Stadt F. mit einer Laufzeit von zunächst 15 Jahren. Hinsichtlich des Vergütungsanspruchs der Gesellschaft enthält § 6 des Kooperationsvertrages folgende Regelung:
  52. "1.Das Klinikum vergütet der Gemeinschaftspraxis für jede Untersuchung an stationären Patienten ... unabhängig von der Höhe der Kostentragung durch Dritte ... einen Betrag von 715.- DM ...
  53. ...
  54. -4-
  55. Das Klinikum beauftragt die Gemeinschaftspraxis im stationären Bereich mit der Durchführung von MRT-Untersuchungen im Rahmen
  56. medizinischer Notwendigkeit auf der Basis einer mit den Krankenkassen vereinbarten Untersuchungsmenge, mind. jedoch von
  57. 800 Kernspinuntersuchungen kalenderjährlich.
  58. 2. Die Gemeinschaftspraxis rechnet mit dem Klinikum ihre Leistungen
  59. gemäß Abs. 1 monatlich in prüffähiger Form ab, die Vergütung ist innerhalb von zwei Wochen nach Rechnungstellung zur Zahlung fällig."
  60. In der schriftlichen Ergänzungsvereinbarung heißt es unter Ziffer 1:
  61. "Die Vertragsparteien gehen bei Vertragsabschluß davon aus, daß mittelfristig 50% der anfallenden Kosten bis zum break-even-point durch
  62. das Krankenhaus aufgebracht werden.
  63. Insofern ist der in § 6 des Grundvertrages vereinbarte Mindestkostenrahmen von 800 Untersuchungen zu je 715.- DM entsprechend
  64. 572.000.- DM bei Unterschreitung der Untersuchungszahlen als ggf.
  65. anteilige Bereitstellungspauschale der Klinik anzusehen, die der Gemeinschaftspraxis kalenderjährlich mindestens bezahlt wird. Dieser
  66. Anteil deckt derzeit noch nicht 50% der laufenden Kosten."
  67. Von 1996 an kam es zwischen den Gesellschaftern zu Spannungen. So
  68. lehnten die Kläger im Januar 1996 die vom Beklagten gewünschte Übernahme
  69. der gesamten radiologischen Abteilung des Klinikums F. ab. Nachdem Mitte
  70. 1996 auch der Kläger zu 3 die Qualifikation zur Durchführung von Kernspinuntersuchungen erlangt hatte, beschlossen die Kläger am 4. September 1996 ohne Zustimmung des Beklagten eine "Rotation" der Arbeitsbereiche, nach der
  71. der Beklagte sein Tätigkeitsfeld innerhalb der Gesellschaft mit dem Kläger zu 3
  72. tauschen sollte. Die Umsetzung dieses Beschlusses wurde durch eine auf Antrag des Beklagten erlassene einstweilige Verfügung untersagt. Im Sommer
  73. 1997 schloß der Beklagte für die Gesellschaft mit dem Leiter des Klinikums der
  74. Stadt F. zwei separate, undatierte Zusatzvereinbarungen zum Kooperationsvertrag vom 10. Juni 1994, die der Klinikleiter später mit dem Datum des
  75. 28. März 1995 versah. Diese Zusatzvereinbarungen lauten:
  76. -5-
  77. "§ 6 Abs. 1 des Kooperationsvertrages vom 10.06.1994 wird im gegenseitigen Einvernehmen insoweit geändert, als die Abrechnung der aus
  78. dem stationären Bereich geleisteten Untersuchungen ab dem Kalenderjahr 1995 auf der Basis tatsächlich durch die Gemeinschaftspraxis
  79. geleisteter Untersuchungen erfolgt."
  80. "Das Klinikum F. erstattet der Gemeinschaftspraxis den Unterschiedsbetrag zwischen tatsächlich abgerechneten Kernspintomographien und
  81. maximal 800 Untersuchungen jährlich als Instandhaltungspauschale.
  82. Im übrigen bleiben alle weiteren Vertragspunkte unberührt."
  83. Von der Existenz dieser Zusatzvereinbarungen erfuhren die Kläger erst im
  84. Spätjahr 1998.
  85. Am 20./21. August 1997 beteiligten sich der Beklagte und die G.
  86. (G.) aus K. an einer vom Leiter des Klinikums initiierten "Zirkelüberweisung". In deren Rahmen überwies der Klinikleiter für das
  87. Klinikum einen Betrag von 320.000,00 DM an die G., die absprachegemäß
  88. 289.942,00 DM mit dem Betreff "Erstattungen 95/97" an die Ärztegesellschaft
  89. weiterleitete; der Beklagte überwies, wie mit dem Klinikleiter vereinbart, eben
  90. diesen Betrag unter dem Betreff "Erstattungen 95/97" wieder an das Klinikum
  91. zurück.
  92. Anläßlich einer Gesellschafterversammlung am 23. Dezember 1997 beschlossen die Kläger in Abwesenheit des Beklagten erneut die Rotation, d.h.
  93. den Tausch des Tätigkeitsfeldes des Klägers zu 3 mit demjenigen des Beklagten. Ferner entschieden sie, dem Beklagten keine Mehrvergütung für die von
  94. ihm behauptete Mehrarbeit zukommen zu lassen. Auch die Umsetzung des
  95. zweiten Rotationsbeschlusses wurde durch einstweilige Verfügung vom
  96. -6-
  97. 31. Dezember 1997, welche das Landgericht N. mit Urteil vom 20. März 1998
  98. bestätigte, verhindert.
  99. Am 19. März 1998 zeigte der Kläger zu 3 den Beklagten wegen des Verdachts der Untreue (Falschabrechnung gegenüber der Gesellschaft) an. Das
  100. daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde am 13. Dezember 2000 nach
  101. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Vorwurf der unkorrekten Abrechnung wurde
  102. von sämtlichen Klägern im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens am
  103. 15. April und 25. Juni 1998 wiederholt, die zugrundeliegende Behauptung vom
  104. Kläger zu 3 an Eides statt versichert. Das auf die Anzeige des Beklagten eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den Kläger zu 3 wegen falscher Verdächtigung wurde am 13. Dezember 2000 nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
  105. Am 26. März 1998 schlossen die Kläger den Beklagten erstmals aus der
  106. Gesellschaft aus, weil dieser sich mit der gewünschten Rotation nicht einverstanden zeigte, und ließen die Türschlösser zu den vom Beklagten genutzten
  107. Praxisräumen im Klinikum austauschen. Durch eine weitere einstweilige Verfügung vom 7. April 1998 erstritt sich der Beklagte den Zugang zu den Räumlichkeiten.
  108. Ende August 1998 wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen
  109. den Beklagten und den Leiter des Klinikums wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges eingeleitet und am 28. Dezember 1999 nach § 170 Abs. 2 StPO
  110. wieder eingestellt.
  111. In der Gesellschafterversammlung vom 14. Dezember 1998 beschlossen
  112. die Kläger den Ausschluß des Beklagten aus der Gesellschaft wegen des eigenmächtigen Abschlusses der auf den 28. März 1995 rückdatierten Ergän-
  113. -7-
  114. zungsvereinbarungen zum Kooperationsvertrag mit dem Klinikum F.. Der
  115. Beklagte beschloß hingegen seinerseits den Ausschluß der Kläger.
  116. Mit Klage und Widerklage haben die Parteien die Feststellung begehrt,
  117. daß der Beklagte bzw. die Kläger durch die jeweiligen Beschlüsse vom
  118. 14. Dezember 1998 aus der Gesellschaft ausgeschlossen seien. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen
  119. richtet sich die Revision des Beklagten, die der Senat nur angenommen hat,
  120. soweit der Beklagte die Abweisung der Klage begehrt.
  121. Entscheidungsgründe:
  122. Die Revision ist im Umfang der Annahme begründet und führt zur Abweisung auch der Klage.
  123. I. Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen des § 737 BGB für gegeben und sieht den wichtigen, in der Person des Beklagten liegenden Grund
  124. zur Ausschließung aus der Gesellschaft vornehmlich in dem als Pflichtenverstoß bewerteten Abschluß der auf den 28. März 1995 zurückdatierten Ergänzungsvereinbarungen ohne Unterrichtung und Zustimmung der Kläger. Der
  125. hierdurch zum Nachteil der Gesellschaft entstandene schlechte Eindruck sei
  126. durch die Beteiligung des Beklagten an der Zirkelüberweisung vom August
  127. 1997 weiter verstärkt worden. Dagegen sei den Klägern ein ihren Ausschluß
  128. rechtfertigendes Fehlverhalten nicht vorzuwerfen. Die Kläger hätten, als sie den
  129. Beklagten falscher interner Abrechnungen verdächtigten, nicht erkennen können, ob er sich korrekt verhalten habe. Es hätte dem Beklagten oblegen, für
  130. eine bessere Transparenz der Abrechnungen zu sorgen. Die Kläger hätten
  131. nach anwaltlicher Beratung der Auffassung sein dürfen, daß sie zur mehrheitli-
  132. -8-
  133. chen Fassung und Durchsetzung der Rotationsbeschlüsse berechtigt seien. Die
  134. Besitzstörung durch den von seiten der Kläger veranlaßten Austausch der
  135. Schlösser zu den Praxisräumen des Beklagten im April 1997 sei umgehend
  136. beseitigt worden. Insgesamt überwiege daher das gesellschaftswidrige Fehlverhalten des Beklagten und rechtfertige seine Ausschließung.
  137. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat bei seiner Gesamtabwägung anerkannte Rechtsgrundsätze außer Betracht gelassen.
  138. II. 1. Für die Frage der Ausschließung eines Gesellschafters nach § 737
  139. BGB kommt es - sofern, wie hier, eine Fortsetzungsklausel im Sinne des § 736
  140. BGB vereinbart ist - entscheidend darauf an, ob in der Person des auszuschließenden Gesellschafters ein zur Kündigung berechtigender Umstand im Sinne
  141. des § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB, mithin ein wichtiger Grund, vorliegt. Dies ist dann
  142. der Fall, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Auszuschließenden für
  143. die übrigen Gesellschafter unzumutbar ist (vgl. etwa Sen.Urt. v. 10. Juni 1965
  144. - II ZR 194/64, WM 1965, 1037). Eine Entscheidung hierüber erfordert eine
  145. umfassende Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer beiden Seiten gerecht werdenden Gesamtabwägung (st.
  146. Rspr., grundlegend BGHZ 4, 108, 111 zu § 142 HGB unter Bezugnahme auf die
  147. reichsgerichtliche Rechtsprechung sowie z.B. Sen.Urt. v. 7. November 1960
  148. - II ZR 216/59, WM 1961, 32, 33; 10. Juni 1965 aaO; 18. November 1974
  149. - II ZR 107/73, WM 1975, 329, 330/331; 10. Juni 1996 - II ZR 102/95, WM 1996,
  150. 1452). Dabei sind vor allem Art und Schwere des Fehlverhaltens des Auszuschließenden sowie auch ein etwaiges Fehlverhalten des den Ausschluß betreibenden Gesellschafters zu berücksichtigen (Senat, BGHZ 4, 108, 111 sowie
  151. Urt. v. 7. November 1960 aaO u. v. 10. Juni 1996 aaO). Die Ausschließung
  152. -9-
  153. kommt nur als "ultima ratio" in Betracht, nämlich wenn die Unzumutbarkeit nicht
  154. durch mildere Mittel - etwa durch vertragliche Änderungen oder Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis - beseitigt werden kann (BGHZ 4,
  155. 108, 110/111 sowie Sen.Urt. v. 26. Oktober 1970 - II ZR 4/69, WM 1971, 20, 22;
  156. v. 18. Oktober 1976 - II ZR 98/75, WM 1977, 500, 502/503).
  157. 2. a) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob das dem Beklagten von
  158. den Klägern vorgeworfene Verhalten, namentlich die eigenmächtige Unterzeichnung der beiden vom Leiter des Klinikums auf den 28. März 1995 rückdatierten Zusatzvereinbarungen, bei isolierter Betrachtung einen wichtigen Grund
  159. im Sinne des § 737 BGB darstellt.
  160. Zwar bezogen sich die Zusatzvereinbarungen auf den langfristigen, am
  161. 10. Juni 1994 mit dem Klinikum F. geschlossenen Vertrag, so daß diesbezüglich die Zustimmung der übrigen Gesellschafter gemäß § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich erforderlich gewesen ist. Andererseits haben
  162. diese beiden Vereinbarungen zusammen genommen keine inhaltliche Änderung des ursprünglichen Inhalts des Kooperationsvertrages (nebst ursprünglicher Ergänzungsvereinbarung) herbeigeführt. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung wurde hierdurch auch die Abrechnungsweise hinsichtlich der
  163. aufgrund der vereinbarten Mindestanzahl abzurechnenden Untersuchungen
  164. nicht verändert. Die monatliche Vergütungspflicht bezog sich auch nach § 6
  165. Abs. 2 des Vertrages vom 10. Juni 1994 lediglich auf die tatsächlich durchgeführten Untersuchungen im Sinne des § 6 Abs. 1. Nur im Falle einer - erst am
  166. Jahresende feststellbaren - Unterschreitung der jährlich angenommenen Mindestuntersuchungszahl sollte gemäß der Ergänzungsvereinbarung vom 10. Juni
  167. 1994 eine garantierte Differenzzahlung erfolgen.
  168. - 10 -
  169. Der Beklagte hätte aber seine Mitgesellschafter jedenfalls deshalb von
  170. dem Vorgang unterrichten müssen, weil die Undurchsichtigkeit des vereinbarten
  171. Abrechnungsverfahrens die Gefahr einer Diskreditierung der Gesellschaft in
  172. sich barg. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der späteren Mitwirkung an
  173. der vom Klinikleiter initiierten "Zirkelüberweisung", durch die im August 1997
  174. knapp 300.000,00 DM von der G. in K. an die Gesellschaft und von dieser
  175. wiederum an das Klinikum F. überwiesen wurden. Schon aufgrund des von
  176. ihm angegebenen Verwendungszwecks "Erstattungen 95/97" mußte dem Beklagten vor allem angesichts des ihm - nicht jedoch seinen Mitgesellschaftern bekannten Umstandes, daß kurz zuvor im Namen der Gesellschaft eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen worden war, die ab 1995 die Abrechnung auf
  177. Basis der tatsächlich durchgeführten Untersuchungen vorsah, klar sein, daß
  178. hierdurch leicht der schädliche Eindruck entstehen oder erweckt werden konnte, die Gesellschaft habe gegenüber der Stadt F. ab 1995 überhöht abgerechnet.
  179. Für die Entscheidung kann auch dahinstehen, ob die festgestellte Pflichtverletzung als so schwerwiegend bezeichnet werden kann, daß sie eine zukünftige Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Beklagten für die Kläger unzumutbar werden läßt. Zum einen ergab sich aus den Zusatzvereinbarungen, wie
  180. ausgeführt, kein unmittelbarer rechtlicher oder wirtschaftlicher Nachteil für die
  181. Gesellschaft. Zum anderen erscheint eine für die Frage der Zumutbarkeit einer
  182. künftigen Gesellschaftsfortführung maßgebliche Wiederholungsgefahr aufgrund
  183. der Einmaligkeit des Vorfalls eher gering (vgl. zur Verneinung des Ausschließungsgrundes trotz groben Verschuldens bei fehlender Wiederholungsgefahr
  184. Sen.Urt. v. 18. Oktober 1965 - II ZR 232/63, WM 1966, 29, 31). Überdies wäre
  185. auch an eine Entziehung der (alleinigen) Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nach §§ 712, 715 BGB als gegenüber der Ausschließung milderem
  186. - 11 -
  187. Mittel zu denken gewesen. Dies hätte sich vor allem im Hinblick auf die erheblichen beruflichen und wirtschaftlichen Folgen eines Ausschlusses für den Beklagten aufgedrängt, der nach dem im Laufe des Verfahrens von den Klägern
  188. erklärten Verzicht auf das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot zwar wieder als Radiologe im Raum F. hätte praktizieren können, jedoch sein bisheriges Tätigkeitsfeld (Kernspinuntersuchungen im Klinikbereich) völlig hätte aufgeben müssen.
  189. b) Jedenfalls aber waren die Kläger bei angemessener Gewichtung ihres
  190. eigenen zur Störung des internen Vertrauensverhältnisses beitragenden Fehlverhaltens bei der gebotenen Gesamtabwägung zum Ausschluß des Beklagten
  191. nicht berechtigt.
  192. Die Kläger hatten den Stein schon 1996 ins Rollen gebracht, indem sie
  193. am 4. September dieses Jahres in Abwesenheit des Beklagten beschlossen,
  194. daß dieser sein Tätigkeitsfeld (Kernspinuntersuchungen im Klinikum) mit dem
  195. des Klägers zu 3 (Röntgen und Ultraschall in den Räumen der Gemeinschaftspraxis) zu tauschen hat. Trotz gerichtlicher Untersagung der Umsetzung
  196. des als unwirksam eingestuften "Rotationsbeschlusses" beschlossen die Kläger
  197. am 23. Dezember 1997 in Abwesenheit des Beklagten erneut die Rotation, wogegen der Beklagte sich ein weiteres Mal erfolgreich zur Wehr setzte, zunächst
  198. mit einer durch Urteil vom 20. März 1998 bestätigten einstweiligen Verfügung.
  199. In Kenntnis der nunmehr zweimaligen, inhaltsgleichen richterlichen Beurteilung
  200. beschlossen die Kläger am 26. März 1998 erstmalig den Ausschluß des Beklagten, weil dieser der von ihnen gewünschten Rotation nicht zustimmte, und
  201. ließen im April 1998 sogar die Schlösser an den Türen der vom Beklagten genutzten Praxisräume im Klinikum austauschen. Den Zugang mußte sich der
  202. Beklagte mittels einer einstweiligen Verfügung erstreiten. Die Kläger können
  203. - 12 -
  204. sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, daß der zweite Rotationssowie der erste Ausschließungsbeschluß zeitlich nach der eigenmächtigen Unterzeichnung der Zusatzvereinbarungen durch den Beklagten gefaßt wurden.
  205. Die Beschlüsse waren keine Reaktion auf das Verhalten des Beklagten, da die
  206. Kläger hiervon erst 1998 erfuhren. Zu diesem Verhalten der Kläger, welches
  207. das Berufungsgericht unzutreffend als nicht gesellschaftswidrig einstuft, kommt
  208. weiter der von allen Klägern im Rahmen eines Eilverfahrens erhobene Vorwurf
  209. der Untreue, der sich in dem auf die Anzeige des Klägers zu 3 hin eingeleiteten
  210. Ermittlungsverfahren nicht bestätigt hat. Soweit das Berufungsgericht hierzu
  211. entschuldigend ausführt, der Beklagte hätte die Vorwürfe anhand seiner Unterlagen umgehend entkräften können, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr
  212. wären die Kläger es dem Beklagten schuldig gewesen, erst die Zahlungsvorgänge intern zu prüfen, ehe sie einen derart schwerwiegenden Vorwurf erhoben. Die Möglichkeit dazu hätten sie nach der Einstellungsverfügung der
  213. Staatsanwaltschaft
  214. N.
  215. vom
  216. 13. Dezember
  217. 2000
  218. im
  219. Verfahren
  220. durchaus gehabt.
  221. c) Wenngleich eine "Verschuldensaufrechnung" im Rahmen der Gesamtabwägung nicht stattfindet, kommt eine Ausschließung des Beklagten bei
  222. dieser Sachlage nicht in Betracht.
  223. Dabei kann dahinstehen, ob das Verhalten der Kläger "an sich", d.h. bei
  224. isolierter Betrachtungsweise, selbst einen wichtigen Ausschlußgrund darstellen
  225. würde. Auch wenn dies nicht der Fall wäre, käme eine Ausschließung nur bei
  226. - 13 -
  227. einer überwiegenden Verursachung des Zerwürfnisses durch den auszuschließenden Gesellschafter in Frage (Sen.Urt. v. 23. Februar 1981 - II ZR 229/79,
  228. ZIP 1981, 985, 988; v. 10. Juni 1991 - II ZR 234/89, NJW-RR 1991, 1249, 1251,
  229. v. 10. Juni 1996 aaO).
  230. Röhricht
  231. Goette
  232. Münke
  233. Kurzwelly
  234. Graf