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8.8 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. II ZR 374/13
  4. vom
  5. 23. September 2014
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 2014 durch
  9. den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe und die
  10. Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
  11. einstimmig beschlossen:
  12. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat
  13. beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil
  14. des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in
  15. Hamburg vom 17. Mai 2013 durch Beschluss nach § 552a
  16. ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.
  17. Streitwert: 300 €
  18. Gründe:
  19. 1
  20. Zulassungsgründe liegen nicht vor, die Revision hat auch keine Aussicht
  21. auf Erfolg.
  22. 2
  23. I. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder
  24. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Allein das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zu einer
  25. Frage, hier dazu, ob ein Kommanditist gegen den registerführenden Treuhandgesellschafter, mit dem er durch einen Verwaltungstreuhandvertrag verbunden
  26. -3-
  27. ist, einen Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschriften der Treugeber
  28. hat, begründet noch nicht deren Erforderlichkeit und ist daher kein Zulassungsgrund (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 57/08, NZI 2012,
  29. 81 Rn. 5). Im Übrigen ist die Frage, ob sich ein Auskunftsanspruch aus einem
  30. zweiseitigen Treuhandverhältnis ergibt, nicht entscheidungserheblich, da der
  31. Klägerin der Auskunftsanspruch gegen die Beklagte bereits aus ihrer gesellschafterlicher Verbundenheit iVm § 242 BGB zusteht (s. nachfolgend II).
  32. 3
  33. II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
  34. 4
  35. 1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte als registerführende Gesellschafterin aus gesellschaftsvertraglicher Verbundenheit ein Anspruch auf Mitteilung der Namen und Adressen der Treugeber zu (vgl. hierzu BGH, Urteil vom
  36. 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 48 mwN).
  37. 5
  38. a) Sowohl das Berufungsgericht als auch die Revision gehen allerdings
  39. zu Recht davon aus, dass die Treugeber weder unmittelbare Vertragspartner
  40. der Klägerin (zum Auskunftsanspruch vgl. BGH, Beschluss vom 21. September
  41. 2009 - II ZR 264/08, ZIP 2010, 27 Rn. 7 ff.) noch mit ihr durch eine Innengesellschaft verbunden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09,
  42. ZIP 2011, 322 Rn. 11 ff.) oder nach den Regelungen im Gesellschafts- und
  43. Treuhandvertrag - anders als in den Sachverhalten, die den Entscheidungen
  44. des Senats vom 5. Februar 2013 (II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 und
  45. II ZR 136/11, ZIP 2013, 619) zugrunde lagen - wie unmittelbare Mitgesellschafter der Klägerin zu behandeln sind (sog. qualifizierte Treuhand).
  46. 6
  47. b) Die Klägerin und die Beklagte sind jedoch beide unmittelbare Kommanditisten - die Klägerin ist als solche, nachdem sie sich zuvor nur als Treugeberin beteiligt hatte, seit dem 12. April 2006 im Handelsregister eingetragen -
  48. -4-
  49. und demgemäß durch den Gesellschaftsvertrag miteinander verbunden. Aufgrund dieser (gesellschafts-)vertraglichen Beziehung schulden sie sich in diesem Verhältnis gegenseitige Rücksichtnahme, die auch die Pflicht umfasst, die
  50. Ausübung von Gesellschafterrechten nicht zu be- oder zu verhindern. Daraus
  51. folgt hier die Pflicht der Beklagten zur Auskunftserteilung. Die Beklagte verfügt
  52. als nach dem Gesellschafts- und Treuhandvertrag registerführende Gesellschafterin über die Angaben zu den Treugebern, auf deren Kenntnis die Klägerin angewiesen ist, um ihr Gesellschafterrecht aus § 7 (2) des Gesellschaftsvertrags, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen, ausüben
  53. zu können. Eine andere Möglichkeit, an deren Namen und Anschriften zu gelangen und so das für das Einberufungsverlangen erforderliche Quorum zu erreichen, besteht für die Klägerin nicht. Ohne die Auskunftsverpflichtung hätte
  54. die Beklagte es mithin in der Hand, die Klägerin an der Ausübung ihres Mitgliedschaftsrechts auf Dauer und endgültig zu hindern.
  55. 7
  56. c) Das Fehlen einer unmittelbaren gesellschaftsvertraglichen Beziehung
  57. zwischen der Klägerin und den Treugebern begründet kein schützenswertes
  58. Anonymitätsinteresse der Treugeber und steht dem Auskunftsanspruch nicht
  59. entgegen. Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen ausgeführt hat
  60. (Urteile vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 28 und
  61. II ZR 136/11, ZIP 2013, 619 Rn. 29), hat der Gesellschafter einer Publikumspersonengesellschaft - wie auch ein GmbH-Gesellschafter - grundsätzlich gegen einen Mitgesellschafter, der seinen Gesellschaftsanteil treuhänderisch für
  62. einen Dritten hält, einen Anspruch darauf zu erfahren, wer dessen Treugeber
  63. ist.
  64. -5-
  65. 8
  66. d) Dieses Auskunftsrecht der Klägerin ist lediglich durch das Verbot der
  67. unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß
  68. § 226 BGB begrenzt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP
  69. 2011, 322 Rn. 22; Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131
  70. Rn. 12). Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Ausschlussgründe hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
  71. 9
  72. 2. Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Auskunft gemäß § 666 BGB auch aus dem nach der
  73. Eintragung der Klägerin als Direktkommanditistin als Verwaltungstreuhand fortbestehenden Treuhandverhältnis mit der Beklagten ergibt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat.
  74. 10
  75. a) Dabei ist ergänzend darauf abzustellen, dass es sich im vorliegenden
  76. Fall nur bei formaler Betrachtung um lediglich zweiseitige Treuhandverhältnisse
  77. zwischen der Beklagten und ihren jeweiligen Treugebern handelt. In der Sache
  78. sind diese vielmehr gesellschaftsvertraglich überlagert: So ist bereits die Begründung des jeweiligen Treuhandverhältnisses durch den Abschluss eines
  79. dreiseitigen Vertrags zwischen der Beklagten, dem einzelnen Treugeber und
  80. der Fondsgesellschaft erfolgt. Der Beitritt zur Fondsgesellschaft war einem Anleger nur als Treugeber möglich. Auch wenn die Treugeber hier nicht wie bei
  81. einer qualifizierten Treuhand einem unmittelbaren Gesellschafter in den Rechten und Pflichten gleichgestellt sind, so ist doch zwischen allen drei vertragschließenden Parteien des Treuhandvertrages vereinbart worden, dass die
  82. Treugeber hinsichtlich der Erträge wie Gesellschafter gestellt werden, § 6 (1)
  83. des Treuhandvertrages, und sie weiter einen Anspruch darauf haben, dass die
  84. Beklagte ihnen eine Vollmacht zur persönlichen Stimmrechtsausübung in der
  85. Gesellschafterversammlung erteilt, § 4 (2) des Treuhandvertrages. Ersichtlich
  86. -6-
  87. ist nur im Hinblick auf diese Möglichkeit der unmittelbaren Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung eine separate Treugeberversammlung nicht für erforderlich gehalten worden, § 4 (3) des Treuhandvertrages.
  88. 11
  89. b) Wegen dieser gesellschaftsvertraglichen Überlagerung ist es der Beklagten verwehrt sich darauf zu berufen, die Namen und Anschriften der anderen Treugeber seien von ihrer Auskunftspflicht gemäß § 666 BGB aus der Verwaltungstreuhand mit der Klägerin nicht umfasst, da sich der Treuhandvertrag
  90. auf Pflichten gegenüber der Klägerin aus dem zweiseitigen Treuhandverhältnis
  91. beschränke. Aus der Einbettung in das Gesellschaftsverhältnis folgt vielmehr
  92. die Pflicht der Beklagten jedem einzelnen Treugeber und Direktkommanditisten
  93. gegenüber, diesem die Ausübung seiner (Treugeber)Rechte zu ermöglichen,
  94. und sei es in der Form, eine gemeinsame Weisung mehrerer Treugeber an die
  95. Beklagte herbeizuführen, auf Grund derer diese die Einberufung einer Gesellschafterversammlung verlangen müsste. Dem einzelnen Vertragspartner der
  96. Beklagten, sei er Treugeber, sei er Kommanditist, ist diese Möglichkeit, eine
  97. Einberufung der Gesellschafterversammlung zu bewirken, aber nur dann eröffnet, wenn er mit den anderen Treugebern in Kontakt treten kann.
  98. 12
  99. c) Hier kommt noch hinzu, dass das von der Beklagten angeführte Anonymitätsinteresse der Treugeber auch deshalb nicht schützenswert ist, weil
  100. nach dem Fondsprospekt (S. 9, 43, 55), den alle Beitretenden als für sich verbindlich anerkannt haben, ohnehin beabsichtigt war, nach einer gewissen
  101. Übergangszeit aus steuerlichen Gründen sämtliche Treuhandverhältnisse aufzulösen und den Treugebern durch Eintragung ins Handelsregister die Stellung
  102. unmittelbarer Kommanditisten zu verschaffen. Dass dieses Vorhaben nicht bei
  103. allen umgesetzt worden ist, ändert nichts daran, dass die Treugeber von Anfang an damit rechnen mussten, dass sie unmittelbare Gesellschafter und dann
  104. -7-
  105. als Vertragspartner einander zur Mitteilung ihrer Namen und Anschriften verpflichtet sein würden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11,
  106. BGHZ 196, 131 Rn. 12 mwN).
  107. Bergmann
  108. Caliebe
  109. Born
  110. Drescher
  111. Sunder
  112. Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt
  113. worden.
  114. Vorinstanzen:
  115. LG Hamburg, Entscheidung vom 05.04.2012 - 330 O 299/11 OLG Hamburg, Entscheidung vom 17.05.2013 - 11 U 106/12 -