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8.4 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 231/98
  5. Verkündet am:
  6. 21. Februar 2000
  7. Vondrasek
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. nein
  16. ZPO § 240; KO § 146 Abs. 3
  17. -2-
  18. Zur Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Sachurteilsvoraussetzungen der
  19. Konkursfeststellungsklage, wenn er einen durch Eröffnung des Konkursverfahrens
  20. unterbrochenen Rechtsstreit gegen den Konkursverwalter des Schuldners aufnimmt.
  21. BGH, Urteil vom 21. Februar 2000 - II ZR 231/98 - OLG München
  22. LG München I
  23. -3-
  24. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  25. vom 21. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
  26. Richter Prof. Dr. Henze, Dr. Kurzwelly, Kraemer und die Richterin Münke
  27. für Recht erkannt:
  28. I.
  29. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des
  30. 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom
  31. 30. April 1998 teilweise im Kostenpunkt - Gerichtskosten
  32. und außergerichtliche Kosten des Beklagten sowie der
  33. unter den nachfolgenden Nummern aufgeführten Kläger und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Feststellung
  34. der Forderungen der Kläger zu 7, 45, 46, 53, 74, 85, 93,
  35. 110, 144 und 145 zur Konkurstabelle verurteilt worden ist.
  36. II.
  37. Im Hinblick auf die vorbezeichneten Kläger wird das Verfahren vor dem Berufungsgericht seit dem 5. Juli 1995 aufgehoben und das unterbrochene Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  38. III.
  39. Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte die Kosten der Kläger, mit Ausnahme der oben unter
  40. I. aufgezählten, die Kosten des Streithelfers, 62 % der Gerichtskosten und 69 % seiner eigenen außergerichtlichen
  41. Kosten. Die Kläger zu 7, 45, 46, 53, 74, 85, 93, 110, 144
  42. und 145 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die
  43. weiteren 38 % der Gerichtskosten tragen die Kläger zu 7
  44. -4-
  45. (6,8 %), zu 45 (2 %), zu 46 (2 %), zu 53 (1,3 %), zu 74
  46. (14 %), zu 85 gesamtschuldnerisch (2 %), zu 93 gesamtschuldnerisch (3,3 %), zu 110 (4 %), zu 144 (1,3 %) und zu
  47. 145 (1,3 %). Die weiteren 31 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Kläger zu 7 (5,5 %), zu 45
  48. (1,7 %), zu 46 (1,7 %), zu 53 (1,1 %), zu 74 (11 %), zu 85
  49. gesamtschuldnerisch (1,7 %), zu 93 gesamtschuldnerisch
  50. (2,8 %), zu 110 (3,3 %), zu 144 (1,1 %) und zu 145 (1,1 %).
  51. Von Rechts wegen
  52. Tatbestand:
  53. Die noch verbliebenen 76 Kläger (von ursprünglich mehr als 160) haben
  54. vom beklagten Konkursverwalter der M. AG (Gemeinschuldnerin) die Feststellung der von ihnen verfolgten Ansprüche auf Rückzahlung ihrer als stille Gesellschafter an die Gemeinschuldnerin gezahlten Einlagen zur Konkurstabelle
  55. begehrt. Das Landgericht hat die zunächst auf Zahlung lautenden und gegen
  56. die Gemeinschuldnerin gerichteten Hauptanträge der Kläger abgewiesen, die
  57. Gemeinschuldnerin aber auf die Hilfsanträge hin durch Teilurteil zur Erstellung
  58. einer Auseinandersetzungsbilanz verurteilt. Die Kläger haben gegen die Abweisung der Hauptanträge Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens – am 7. Juli 1995 – wurde das Anschlußkonkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet. Nachdem die Kläger das Verfahren
  59. gegen den Beklagten wieder aufgenommen haben, hat das Oberlandesgericht
  60. den auf Feststellung der Rückzahlungsforderungen zur Konkurstabelle umge-
  61. -5-
  62. stellten Hauptanträgen stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision des
  63. Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Der
  64. erkennende Senat hat die Revision lediglich im Hinblick auf die im Urteilstenor
  65. aufgeführten, nicht aber hinsichtlich der übrigen 64 Kläger zur Entscheidung
  66. angenommen.
  67. Entscheidungsgründe:
  68. Im Umfang der Annahme hat die Revision Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die im Urteilstenor bezeichneten Kläger haben das in der Berufungsinstanz gemäß § 240 ZPO unterbrochene Verfahren nicht in der durch das Gesetz gebotenen Weise aufgenommen.
  69. 1. Die Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits in Form einer Konkursfeststellungsklage gemäß § 146 Abs. 3 KO ist nur unter der Voraussetzung
  70. statthaft, daß die Klageforderung im Konkursverfahren angemeldet, geprüft und
  71. bestritten worden ist (BGH, Urt. v. 26. Juni 1953 - V ZR 71/52, LM § 146 KO Nr.
  72. 1; Urt. v. 15. Oktober 1953 – IV ZR 31/53, LM § 61 KO Nr. 2, 3; Urt. v.
  73. 8. November 1961 – VIII ZR 149/60, NJW 1962, 153, 154; Jaeger/Weber, Konkursordnung 8. Aufl. § 146 Rdn. 14; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze
  74. 17. Aufl. § 146 KO Anm. 2e; Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung 11. Aufl. § 146
  75. Rdn. 16e). Die im Urteilstenor bezeichneten Kläger mögen ihre Forderungen
  76. zwar zur Konkurstabelle angemeldet haben. Die Prüfung ihrer Forderungen
  77. durch den Beklagten ist jedoch nicht ausreichend dargelegt und nachgewiesen.
  78. a) Das Berufungsgericht hat zur Frage der ordnungsgemäßen Forderungsanmeldung keine Feststellungen getroffen. Der Beklagte hat erstmals im
  79. -6-
  80. Revisionsverfahren eine Forderungsanmeldung der vorbezeichneten Kläger in
  81. Abrede gestellt. Dieser Vortrag ist ungeachtet dessen zu beachten, daß er erst
  82. in der Revisionsinstanz gebracht wurde. Er betrifft eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung (vgl. BGHZ 85,
  83. 288, 290; 100, 217, 219; Musielak/Ball, ZPO 1999, § 561 Rdn. 8 m.w.N.). Die
  84. betreffenden Kläger haben nicht ausreichend dargelegt, daß die Voraussetzungen für die Aufnahme des Rechtsstreits ihrerseits vollständig erfüllt sind.
  85. Zwar hat die Revisionserwiderung anwaltliche Begleitschreiben an das Konkursgericht vom 18. und 25. September 1998 vorgelegt, aus denen eine Forderungsanmeldung auch dieser Kläger hervorgehen soll. Des weiteren hat sie
  86. mitgeteilt, daß sie davon ausgehe, der Beklagte habe inzwischen auch die
  87. Forderungen dieser Kläger geprüft und bestritten. Dies reicht jedoch zur Darlegung der Sachurteilsvoraussetzungen einer Konkursfeststellungsklage nicht
  88. aus. Hierfür sind vielmehr beglaubigte Auszüge aus der Konkurstabelle gemäß
  89. § 146 Abs. 1 Satz 2 KO vorzulegen, die dem Anmelder, dessen Forderung bestritten worden ist, vom Konkursgericht von Amts wegen erteilt werden, damit
  90. die Forderung gerichtlich verfolgt werden kann. Aus welchen Gründen solche
  91. Auszüge hier nicht vorgelegt wurden, ist dem Vortrag der Revisionserwiderung
  92. nicht zu entnehmen. Die Vorlage von Auszügen aus der Konkurstabelle kann
  93. auch nicht durch die Anregung an den Senat ersetzt werden, die Konkursakten
  94. beizuziehen. Die Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen der Konkursfeststellungsklage von Amts wegen ist nicht mit der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes gleichzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 20. Januar 1989 - V ZR 173/87,
  95. WM 1989, 834, 836; Musielak/Weth aaO, § 56 Rdn. 2). Auch im Bereich der
  96. Prozeßvoraussetzungen haben grundsätzlich die Parteien die Zulässigkeitsvoraussetzungen darzutun und die erforderlichen Nachweise zu beschaffen
  97. (Zöller/
  98. Vollkommer, ZPO 21. Aufl. § 56 Rdn. 4).
  99. -7-
  100. b) Eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Aufnahme des
  101. Rechtsstreits durch die Kläger wird entgegen den Ausführungen der Revisionserwiderung auch nicht dadurch entbehrlich, daß es sich um ein Massenverfahren handelt. Die Anmeldung einer Vielzahl paralleler Einzelforderungen
  102. und der Umstand, daß der beklagte Konkursverwalter voraussichtlich auch die
  103. bisher möglicherweise noch nicht angemeldeten Forderungen bestreiten würde, entbinden nicht von der vorherigen Anmeldung und Prüfung der Forderungen. Die Beachtung dieser Erfordernisse dient dem Interesse der Gesamtheit
  104. der Konkursgläubiger, denen das Prüfungsverfahren die Möglichkeit eröffnen
  105. soll, sich an der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Begründetheit der
  106. Forderung zu beteiligen. Aus diesem Grund ist das Erfordernis auch nicht etwa
  107. durch eine Vereinbarung zwischen Konkursverwalter und Kläger oder durch
  108. Rügeverzicht des Konkursverwalters abdingbar (BGH, Urt. v. 26. Juni 1953
  109. aaO, Bl. 45 li. Sp.). Das Interesse der Konkursgläubiger an der Durchführung
  110. eines ordnungsgemäßen Prüfungsverfahrens vor einer gerichtlichen Entscheidung besteht im Falle eines Massenverfahrens mit einer Vielzahl relativ gleich
  111. gelagerter Forderungen in gleichem Maße wie bei ”einzigartigen” Forderungen.
  112. -8-
  113. 2. Infolge des Fehlens einer rechtswirksamen Aufnahme befindet sich
  114. der Rechtsstreit weiterhin im Stadium der Unterbrechung gemäß § 240 ZPO. Er
  115. ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (BGH, Urt. v. 26. Juni
  116. 1953 aaO).
  117. Röhricht
  118. Henze
  119. Kraemer
  120. Kurzwelly
  121. Münke