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198 lines
10 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 202/00
  5. Verkündet am:
  6. 9. Dezember 2002
  7. Boppel
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom
  15. 9. Dezember
  16. 2002
  17. durch
  18. den
  19. Vorsitzenden
  20. Richter
  21. Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly
  22. und die Richterin Münke
  23. für Recht erkannt:
  24. Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des
  25. 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. Mai 2000
  26. im Kostenpunkt, soweit er nicht die Pflicht der Klägerin zur Tragung der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und 3 betrifft, und insoweit aufgehoben, als es der Beklagten zu 2 Werklohnansprüche für die Positionen 4.2 ("Bodenbehandlungsanlage
  27. vorhalten") und 4.3.1 ("Boden lösen und lagern") aberkennt.
  28. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  29. Von Rechts wegen
  30. Tatbestand:
  31. Die Parteien hatten sich 1989 zur Durchführung von Bodensanierungssowie Erd- und Tiefbauarbeiten beim Bau eines Teilstücks der Autobahn A 33
  32. -3-
  33. im
  34. Bereich
  35. Schloß
  36. H.
  37. zu
  38. einer
  39. sog.
  40. Dach-Arbeitsgemeinschaft
  41. (Dach-ARGE) zusammengeschlossen. Die ARGE erhielt den Auftrag. Die Parteien erbrachten ihre jeweiligen eigenständigen Leistungen als Nachunternehmer der ARGE. Nach Beendigung der Arbeiten kam es zwischen ihnen über die
  42. Aufteilung des der ARGE gezahlten Werklohns und des Kontoguthabens der
  43. ARGE zum vorliegenden, mit Klage und Widerklage geführten Rechtsstreit.
  44. Soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, streiten die Parteien
  45. darüber, ob der Beklagten für die Leistungskomplexe "Bodenbehandlungsanlage vorhalten" und "Boden lösen und lagern" ein Anteil an dem von dem Auftraggeber entsprechend seinem Vertrag mit der ARGE hierfür gezahlten Werklohn zusteht.
  46. Das Landgericht hat die für die Positionen 4.2 ("Bodenbehandlungsanlage vorhalten") und 4.3.1 ("Boden lösen und lagern") gezahlte Vergütung dem
  47. Gutachten des Sachverständigen T. folgend zwischen den Parteien im
  48. Verhältnis 76 % Klägerin und 24 % Beklagte geteilt. Das Berufungsgericht hat
  49. der Klägerin hinsichtlich beider Positionen jeweils das zugesprochen, was sie
  50. der ARGE berechnet hat. Die Differenz zu der der ARGE vom Auftraggeber für
  51. jene Positionen vertragsgemäß zu zahlenden (höheren) Vergütung hat es als
  52. Gewinn der ARGE behandelt und zwischen den Parteien hälftig geteilt. Mit ihrer
  53. Revision wendet sich die Beklagte u.a. gegen diese für sie ungünstige Aufteilung des Werklohns.
  54. Insoweit hat der Senat die Revision angenommen, im übrigen hat er sie
  55. nicht angenommen.
  56. -4-
  57. Entscheidungsgründe:
  58. Die Revision der Beklagten führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das
  59. Berufungsgericht.
  60. 1. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, daß sich ein Leistungsanteil
  61. der Beklagten hinsichtlich der Position "Bodenbehandlungsanlage vorhalten"
  62. nicht feststellen lasse. Der Sachverständige T. habe der Beklagten 24 %
  63. der Vergütung zugebilligt, ohne indes Feststellungen getroffen oder nähere
  64. Plausibilitätserwägungen dazu angestellt zu haben, ob die Beklagte insoweit
  65. überhaupt tätig gewesen sei.
  66. Die Revision rügt mit Recht, daß sich das Berufungsgericht damit, ohne
  67. insoweit eigene Sachkunde darzulegen, über die Auffassung des Sachverständigen T. hinweggesetzt hat, an der dieser bei seiner Anhörung in der Berufungsverhandlung ausweislich des darüber gefertigten Berichterstattervermerks festgehalten hat.
  68. Dem Sachverständigen zufolge war die der ARGE gezahlte Vergütung
  69. für das Einrichten wie das Vorhalten der Bodenbehandlungsanlage zwischen
  70. den Parteien nach dem Anteil aufzuteilen, der ihrem Anteil an der Durchführung
  71. der übrigen unter dem Titel 4 in Auftrag gegebenen Leistungen, 76 % Klägerin
  72. und 24 % Beklagte, entspricht. Er hat dieses - vom Berufungsgericht für die Position "Einrichtung der Anlage" auch akzeptierte - Vorgehen bei der Erläuterung
  73. seines Gutachtens vor dem Landgericht damit begründet, daß es bei derartigen
  74. Positionen nicht üblich sei, die Vergütung in aller Akribie danach zu verteilen,
  75. wer die einzelnen Arbeiten jeweils ausgeführt hat. Mit diesem Argument hat er
  76. -5-
  77. der - jedenfalls für die in Rede stehende Position des "Vorhaltens der Anlage"
  78. geltenden - Tatsache Rechnung getragen, daß es insoweit nicht um exakt nach
  79. Massen und Zeitaufwand zu erfassende Tätigkeiten ging, sondern um die laufende Überwachung der Gebrauchstüchtigkeit und Funktionstüchtigkeit der Anlage und ggf. die Beseitigung auftretender Mängel mit dem dafür vorgehaltenen
  80. Gerät. Es handelt sich bei dem Vorhalten der Anlage um eine pauschale Leistung, wie sich auch darin zeigt, daß sie pauschal angeboten und ebenso auch
  81. pauschal abgerechnet worden ist. Das Berufungsgericht hat weder dargetan,
  82. daß und weshalb gleichwohl eine Aufteilung, wie sie der Sachverständige für
  83. geboten erachtet hat, hier nicht in Betracht kommt, noch daß es insoweit über
  84. entsprechende eigene Sachkunde verfügt.
  85. Sein Vorwurf, der Sachverständige hätte Feststellungen treffen oder
  86. Plausibilitätsüberlegungen dazu anstellen müssen, ob die Beklagte überhaupt
  87. tätig geworden sei, geht fehl. Richtig ist zwar, daß die Beklagte keinen Anteil
  88. am Werklohn für das Vorhalten der Bodenbearbeitungsanlage zu beanspruchen
  89. hätte, sondern nur am ARGE Gewinn zu beteiligen wäre, wenn sie überhaupt
  90. keine als Vorhalten anzusehenden Leistungen erbracht hätte. Das ist jedoch
  91. nicht festgestellt und kann mit Rücksicht auf die Aussage des vom Berufungsgericht als Zeuge vernommenen Mitarbeiters K. der Klägerin auch kaum
  92. festgestellt werden. K. hat erklärt, die Beklagte habe die im Rahmen der
  93. Position 4.1 "Einrichten der Bodenbehandlungsanlage" von ihr angelegten
  94. Straßen während der Bodensanierung mit einem Radlader in Ordnung gehalten.
  95. 2. Das Berufungsgericht hat der Beklagten auch einen Vergütungsanteil
  96. für die Position "Boden lösen und lagern" mit der Begründung aberkannt, ein
  97. Leistungsanteil ihrerseits sei nicht erweislich. Den in der Berufungsverhandlung
  98. -6-
  99. vernommenen Zeugen P. und K. zufolge habe die Beklagte sich an
  100. den Arbeiten nicht beteiligt, der Sachverständige T. habe seine ursprünglich gegenteilige Auffassung revidiert und die Arbeiten allein der Klägerin zugeschrieben.
  101. Diese Ausführungen halten ebenfalls revisionsrechtlicher Prüfung nicht
  102. stand. Sie lassen, wie die Revision mit Recht beanstandet, außer acht, daß es
  103. einer Zeugenvernehmung in der Berufungsinstanz jedenfalls zum Grund einer
  104. Vergütungsforderung nicht bedurfte, weil Leistungen der Beklagten, die der Position 4.3.1 zuzurechnen sind, zwischen den Parteien bereits in erster Instanz
  105. unstreitig waren und von der Klägerin auch im Berufungsverfahren nicht wieder
  106. in Abrede gestellt worden sind. Sie verkennen zudem die Reichweite der Erklärung des Sachverständigen T. in der Berufungsverhandlung.
  107. In der mündlichen Verhandlung des Landgerichts vom 3. März 1999 haben die Parteien zur Position 4.3.1 unstreitig gestellt, daß die Klägerin den Boden aufgehoben, aufgeladen und gelagert hat, die Beklagte jedoch an der Aushubstelle die notwendigen, aber nicht ausgeschriebenen Planierarbeiten durchgeführt und die Böschung profiliert hat. Hierauf und auf die Erklärung des Sachverständigen T. im Termin vom 3. März 1999 gestützt, daß es auch insoweit bei dem von ihm in seinem Gutachten vom 31. August 1998 mit
  108. 4,20 DM/m2 für die Leistung der Beklagten als angemessen erachteten Quadratmeterpreis bleibe, hat das Landgericht der Beklagten eine Vergütung von
  109. 65.593,36 DM zugesprochen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin gemeint,
  110. die Beklagte habe den Einbau des Bodens vorgenommen, hierfür einen Preis
  111. von 4,20 DM/m2 allerdings für zu hoch gehalten, aber sie hat nicht bestritten,
  112. daß die Beklagte die Planier- und Böschungsarbeiten ausgeführt hat. Diese
  113. Arbeiten gehörten dem vom Berufungsgericht eingeholten Ergänzungsgutach-
  114. -7-
  115. ten des Sachverständigen vom 25. Januar 2000 zufolge zur Position 4.3.1.
  116. Nach dem Vorbringen der Klägerin konnte es in der Beweisaufnahme vor dem
  117. Berufungsgericht daher allenfalls noch um die Höhe des der Beklagten für die
  118. unstreitigen Arbeiten zustehenden Werklohns gehen, nicht aber um den Grund
  119. dieses Anspruchs.
  120. Daß die Zeugenaussagen einen Leistungsanteil der Beklagten nicht bestätigt haben, besagt auch nicht etwa, daß die Beklagte keine Planier- und Böschungsarbeiten ausgeführt hat. Denn die Zeugen haben sich nur zu den in der
  121. Positionsüberschrift genannten Tätigkeiten "Boden lösen, laden und lagern"
  122. geäußert, nicht zu an der Bodenentnahmestelle ausgeführten sonstigen Leistungen. Sie sind von den Beteiligten offensichtlich in dieser Hinsicht auch nicht
  123. befragt worden.
  124. Das Berufungsgericht mißversteht den Sachverständigen, wenn es annimmt, er habe auch die unstreitig zur Position 4.3.1 gehörenden Planier- und
  125. Böschungsarbeiten letztlich allein der Klägerin zugeschrieben. Dessen Äußerung in der Berufungsverhandlung, hinsichtlich der Position 4.3.1 sei er ursprünglich von einer Leistung der Beklagten ausgegangen, das habe sich jedoch nicht als richtig erwiesen, den Einbau des Bodens in die Zelte habe die
  126. Klägerin vorgenommen, bezieht sich offensichtlich gerade nicht auf die unstreitigen, von der Beklagten nach dem Lösen und Abfahren des kontaminierten
  127. Bodens an der Aushubstelle vorgenommenen Arbeiten, die das Auffüllen und
  128. Ausgleichen der entstandenen Senken betrafen.
  129. 3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es
  130. nach ergänzender Anhörung der Parteien über die Verteilung des Werklohns für
  131. die streitigen Positionen neu befindet und auf der sich dann ergebenden Basis
  132. -8-
  133. über Klage und Widerklage entscheidet. Es wird dabei auch zu berücksichtigen
  134. haben, daß die Beklagte für die Position 4.2 in erster Instanz selbst nur den
  135. über die der Klägerin gegen die ARGE zustehende Vergütung hinausgehenden
  136. Betrag von 225.000,00 DM für sich reklamierte, worauf die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung hingewiesen hat.
  137. Röhricht
  138. Henze
  139. Kurzwelly
  140. Goette
  141. Münke