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447 lines
18 KiB

  1. Berichtigt durch
  2. Beschluss vom 20.12.2016
  3. Vondrasek, Justizangestellte
  4. als Urkundsbeamtin
  5. der Geschäftsstelle
  6. BUNDESGERICHTSHOF
  7. IM NAMEN DES VOLKES
  8. VERSÄUMNISURTEIL
  9. II ZR 120/15
  10. Verkündet am:
  11. 20. September 2016
  12. Stoll
  13. Justizhauptsekretärin
  14. als Urkundsbeamtin
  15. der Geschäftsstelle
  16. in dem Rechtsstreit
  17. Nachschlagewerk:
  18. ja
  19. BGHZ:
  20. nein
  21. BGHR:
  22. ja
  23. HGB § 235
  24. Wird eine (hier: mehrgliedrige atypisch) stille Gesellschaft aufgelöst, sind die stillen
  25. Gesellschafter zur Rückzahlung der ihnen zugeflossenen gewinnunabhängigen Ausschüttungen an den Geschäftsinhaber verpflichtet, wenn dieser Rückzahlungsanspruch im Gesellschaftsvertrag geregelt ist.
  26. BGH, Urteil vom 20. September 2016 - II ZR 120/15 - LG Berlin
  27. AG Berlin-Spandau
  28. ECLI:DE:BGH:2016:200916UIIZR120.15.0
  29. -2-
  30. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  31. vom
  32. 20. September
  33. 2016
  34. durch
  35. den
  36. Richter
  37. am
  38. Bundesgerichtshof
  39. Prof. Dr. Strohn als Vorsitzenden, die Richterin Caliebe und die Richter
  40. Wöstmann, Born und Sunder
  41. für Recht erkannt:
  42. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 84 des Landgerichts Berlin vom 26. März 2015 aufgehoben.
  43. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Spandau, 4. Abt., vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
  44. Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
  45. Von Rechts wegen
  46. Tatbestand:
  47. 1
  48. Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 9. Dezember 2002
  49. an der A.
  50. AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte, eine
  51. GmbH & Co. KG, ist. Hierzu wählte er das Beteiligungsprogramm "Classic" mit
  52. einer Einmaleinlage in Höhe von 20.000 € zuzüglich eines Agios; beide Beträge
  53. hat er in vollem Umfang eingezahlt.
  54. -3-
  55. 2
  56. Der atypisch stille Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a.
  57. folgende Regelungen:
  58. "§ 4 Gesellschaftskapital, Konten des atypisch stillen Gesellschafters
  59. 2. Für jeden Gesellschafter wird bei dem Geschäftsinhaber für
  60. jede Einlage ein gesondertes Kapitalkonto geführt, das sich
  61. aus folgenden Unterkonten zusammensetzt:
  62.  dem Einlagekonto
  63.  dem Gewinn- und Verlustkonto
  64. sowie
  65.  dem Privatkonto.
  66. Das Einlagekonto, das Gewinn- und Verlustkonto sowie das
  67. Privatkonto sind jeweils zum 31. Dezember jeden Jahres
  68. miteinander zu verrechnen und ergeben zusammen das Kapitalkonto des Gesellschafters. …
  69. 3. Auf dem Einlagekonto werden die Einlagen des einzelnen
  70. Gesellschafters verbucht. Dieses Konto ist maßgeblich für
  71. die Gewinn- und Verlustbeteiligung des einzelnen Gesellschafters.
  72. 4. Auf dem Gewinn- und Verlustkonto werden die dem einzelnen Gesellschafter zugewiesenen Gewinn- und Verlustanteile gebucht.
  73. 5. Auf dem Privatkonto werden die Agioforderungen und Agiozahlungen sowie die Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) gemäß § 11 dieses Vertrags gebucht.
  74. §6
  75. Gesellschaftsbeschlüsse
  76. 3. Ist Gegenstand der Beschlussfassung
  77. g) die Auflösung der Gesellschaft
  78. -4-
  79. … so bedarf der Gesellschafterbeschluss einer Mehrheit von
  80. 75 % der abgegebenen Stimmen. …
  81. §9
  82. Beteiligung am Vermögen (Auseinandersetzungswert)
  83. 1. Die Gesellschafter erhalten im Falle ihres Ausscheidens
  84. oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen
  85. zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und
  86. dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Grundkapital des
  87. Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu
  88. dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten
  89. Wirtschaftsgüter (unter Berücksichtigung eines etwaigen
  90. Geschäftswerts). Die Einzelheiten ergeben sich aus den
  91. Regelungen in § 16 dieses Vertrags.
  92. 2. Weisen die gemäß § 4 dieses Vertrags geführten Konten
  93. des einzelnen Gesellschafters bei Ausscheiden auch unter
  94. Berücksichtigung der ihm zuzuordnenden stillen Reserven
  95. einen Negativsaldo aus, so ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, die gemäß § 11 erhaltenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) in Höhe des Negativsaldos an die Gesellschaft zurückzuzahlen.
  96. § 11 Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen)
  97. 1. Diejenigen Gesellschafter, die ihre Einlagen in Form einer
  98. Einmaleinlage erbringen, erhalten jährlich gewinnunabhängige Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zu Lasten
  99. ihres Privatkontos. Hierbei handelt es sich nicht um eine Garantieverzinsung.
  100. § 16 Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen
  101. Gesellschaft
  102. 1. Bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft steht den
  103. Gesellschaftern ein Abfindungsguthaben zu. Dieses errechnet sich nach Maßgabe des § 9 dieses Vertrags und den
  104. nachstehenden Buchstaben a) bis d) wie folgt:
  105. d) Übersteigen zum Auseinandersetzungsstichtag (vgl.
  106. Buchstabe e) dieses Paragraphen) die Verlustanteile und
  107. Entnahmen, welche die Gesellschafter während ihrer gesamten Gesellschaftszugehörigkeit erhalten haben, ihren
  108. eingezahlten Einlagebetrag (ohne Agio) zuzüglich der ih-
  109. -5-
  110. rem Gewinn- und Verlustkonto gutgeschriebenen Gewinnbeteiligungen, wird der sich insoweit ergebende negative Betrag im Falle des vertragsgemäßen Austritts der
  111. Gesellschafter zunächst mit ihrem Auseinandersetzungsanspruch gemäß Buchstabe b) bis zur Höhe des (anteiligen) Auseinandersetzungswerts verrechnet. Sollte danach bei Einmalanlegern ein negativer Betrag verbleiben,
  112. kann die Gesellschaft den ausstehenden Betrag maximal
  113. bis zur Höhe der empfangenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zurückfordern."
  114. 3
  115. In den Jahren 2003 bis 2005 erhielt der Beklagte vertragsgemäß gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 €.
  116. 4
  117. Am 11. Dezember 2009 beschlossen die stillen Gesellschafter im Umlaufverfahren mit der nach § 6 Nr. 3 g) GV erforderlichen Mehrheit, die stille
  118. Gesellschaft zum 15. Dezember 2009 zu "liquidieren". Per 31. Dezember 2009
  119. wies das Kapitalkonto des Beklagten - nach Verrechnung von Gewinngutschrift,
  120. Verlustbeteiligung, Einlage und Ausschüttungen - einen Negativsaldo in Höhe
  121. von 7.812,01 € auf, von dem die Klägerin den darin enthaltenden Ausschüttungsbetrag von 4.166,67 € gemäß § 16 Nr. 1 d) GV mit der Klage geltend
  122. macht.
  123. 5
  124. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat
  125. die Klage auf die Berufung hin abgewiesen und die - in der Berufungsinstanz
  126. hilfsweise begehrte - Feststellung, dass die Rückzahlungspflicht bei Vollbeendigung der atypisch stillen Gesellschaft bestehe, für unzulässig gehalten. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.
  127. -6-
  128. Entscheidungsgründe:
  129. 6
  130. Über die Revision ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im
  131. Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu
  132. entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen
  133. Prüfung
  134. des Antrags
  135. beruht
  136. (BGH,
  137. Urteil
  138. vom
  139. 4. April
  140. 1962
  141. - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
  142. 7
  143. Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen
  144. Entscheidung zur Wiederherstellung des klagezusprechenden Urteils des
  145. Amtsgerichts.
  146. 8
  147. I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
  148. 9
  149. Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich nicht aus § 9 Nr. 2 GV. Während
  150. § 9 Nr. 1 GV den Anteil des Gesellschafters behandele, den dieser im Falle seines Ausscheidens oder der Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalte, regele § 9 Nr. 2 GV die Pflicht zur Rückgewähr von Auszahlungen
  151. des ausscheidenden Gesellschafters. Die vorliegend beschlossene Liquidation
  152. der atypisch stillen Gesellschaft sei kein Ausscheiden in diesem Sinne.
  153. 10
  154. Der Anspruch könne auch nicht auf § 3 Nr. 1 GV gestützt werden, der die
  155. Einlagepflicht betreffe. Der Beklagte habe die von ihm gezeichnete Einmaleinlage unstreitig geleistet. Dass die gewinnunabhängigen Auszahlungen nach
  156. § 11 GV die erbrachte Einlage wieder verringerten, sei dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen. Mangels Rückstands mit der Einlageleistung ergebe
  157. sich ein Anspruch auch nicht aus § 236 Abs. 2 HGB, ohne dass es darauf ankomme, ob die Vorschrift auf die Liquidation der stillen Gesellschaft entsprechend anwendbar sei.
  158. -7-
  159. 11
  160. Auch § 16 Nr. 1 d) GV berechtige die Klägerin nicht zur Rückforderung
  161. der Ausschüttungen. In dieser Bestimmung gehe es um den Fall des "vertragsgemäßen Austritts" der Gesellschafter, der hier nicht eingetreten sei. Eine entsprechende Anwendung der Regelung auf den Fall der Liquidation komme nicht
  162. in Betracht. Es bestehe nämlich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem
  163. vertragsgemäßen Austritt eines stillen Gesellschafters aus dem fortbestehenden Unternehmen, dessen Bewertung zu Fortführungswerten erfolge, und der
  164. Liquidation der stillen Gesellschaft zur Abwendung der Insolvenz des Unternehmens.
  165. 12
  166. Offenbleiben könne, ob die Klageerweiterung in Form des Hilfsantrags in
  167. der Berufungsinstanz unzulässig sei. Denn jedenfalls sei die Hilfsfeststellungsklage als solche unzulässig.
  168. 13
  169. II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte ist
  170. gemäß § 9 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV zur Rückzahlung der gemäß
  171. § 11 Nr. 1 GV erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 € verpflichtet.
  172. 14
  173. 1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im
  174. Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st.
  175. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14,
  176. ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris
  177. Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags
  178. zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand
  179. von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH,
  180. Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14,
  181. - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berech-
  182. -8-
  183. nung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss
  184. vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen
  185. Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und
  186. § 9 GV richtet.
  187. 15
  188. Im Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 7, 14)
  189. hat der Senat insoweit ausgeführt:
  190. "…
  191. Die stille Gesellschaft ist durch den Beschluss der Gesellschafter
  192. vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 im
  193. Sinne des § 16 Nr. 1 GV beendet worden. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern nach § 16 Nr. 1 Satz 1
  194. GV ein Abfindungsguthaben zu, dessen Berechnung sich nach einem in § 16 und § 9 GV näher geregelten Auseinandersetzungswert bestimmt. …
  195. Die den stillen Gesellschaftern im Innenverhältnis wie Kommanditisten eingeräumten Rechte sind, soweit sie nach der Auflösung
  196. der stillen Gesellschaft nicht überhaupt entfallen sind, jedenfalls
  197. auf die Durchsetzung ihrer sich aufgrund der Auflösung der Gesellschaft ergebenden Ansprüche beschränkt. Hinsichtlich ihrer
  198. vermögensmäßigen Beteiligung an dem Unternehmen sind die stillen Gesellschafter nach Maßgabe von § 16 i.V.m. § 9 GV abzufinden."
  199. 16
  200. In den Beschlüssen vom 3. Februar 2015 (II ZR 52/14, II ZR 54/14,
  201. II ZR 77/14, II ZR 93/14, II ZR 103/14, jeweils juris Rn. 16) heißt es insoweit:
  202. "Hinsichtlich der Rückzahlungspflicht im Rahmen der Auseinandersetzung der atypischen stillen Gesellschaft oder des Ausscheidens eines atypischen stillen Gesellschafters ergibt sich aus § 13
  203. Abs. 1 Buchst. d (wortgleich mit: § 16 Nr. 1 Buchst. d), siehe LG
  204. Hamburg, Urteil vom 24. Januar 2013 - 328 O 370/11, juris Rn. 24
  205. - Vorinstanz zu II ZR 52/14) des im Prospekt abgedruckten Gesellschaftsvertrags, dass eine Rückzahlungspflicht an die Gesellschaft
  206. dann besteht, wenn die Entnahmen und Verlustanteile die Einlagesumme und Gewinnanteile und das ermittelte Abfindungsgutha-
  207. -9-
  208. ben übersteigen und eine Verrechnung nicht zur Deckung des negativen Kapitalkontos ausreicht. …"
  209. 17
  210. 2. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auslegung der Regelungen in §§ 9, 16 GV abzuweichen.
  211. 18
  212. a) § 16 GV verweist ausweislich seiner Überschrift sowie der Formulierung in Nr. 1 Satz 2 für jede Form der Beendigung der mehrgliedrigen atypisch
  213. stillen Gesellschaft auf § 9 GV sowie die "nachstehenden Buchstaben a) bis d)"
  214. als Maßstab für die Berechnung des Abfindungsguthabens der stillen Gesellschafter. Beendet wird die atypisch mehrgliedrige stille Gesellschaft (jedenfalls)
  215. durch den Beschluss der Gesellschafter, diese aufzulösen (BGH, Urteil vom
  216. 8. Dezember 2015 - II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 9 ff.). Hingegen wird die
  217. stille Gesellschaft durch den vertragsgemäßen Austritt eines Gesellschafters,
  218. wie aus § 15 Nr. 1 Abs. 4 GV folgt, nicht aufgelöst, sondern sie wird in diesem
  219. Fall fortgesetzt. Dies rechtfertigt es, in § 9 GV in Verbindung mit § 16 Nr. 1 d)
  220. GV ausdrücklich klarzustellen, dass die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen - auch - bei einem Austritt besteht.
  221. 19
  222. b) Die Regelung in § 16 Nr. 1 d) GV betreffend die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen trägt dem Umstand Rechnung,
  223. dass die stillen Gesellschafter bei der hier vorliegenden vertraglichen Konstruktion das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens des Geschäftsinhabers tragen.
  224. 20
  225. Angesichts des Verhältnisses des vom Geschäftsherrn eingelegten Kapitals von 500.000 € zur Höhe der stillen Einlagen in Höhe von 150 Mio. € und
  226. des Umstands, dass die stillen Gesellschafter einem Kommanditisten vergleichbare Mitwirkungsrechte haben, die ihnen weitreichende Befugnisse zur
  227. - 10 -
  228. Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Kommanditgesellschaft einräumen (§ 1 Nr. 2 und 4, § 6 Nr. 2 und 3 GV), haben die Einlagen
  229. der stillen Gesellschafter Eigenkapitalcharakter (vgl. nur BGH, Urteil vom
  230. 17. Dezember 1984 - II ZR 36/84, ZIP 1985, 347). Die stillen Gesellschafter treten gemäß § 10 Nr. 6 GV (u.a.) mit ihren Abfindungsansprüchen im Rang hinter
  231. die Erfüllung der Forderungen von Gläubigern des Geschäftsinhabers zurück.
  232. In der Insolvenz des Geschäftsinhabers stehen ihre Forderungen nach § 39
  233. Abs. 1 Nr. 5 InsO einem Gesellschafterdarlehen im Nachrang gleich (BGH,
  234. Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 24). Auszahlungen an sie können im Falle der Insolvenz des Geschäftsherrn anfechtbar sein
  235. (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 27;
  236. Haas/Vogel, NZI 2012, 875, 877; Mylich, WM 2013, 1010, 1013 f.).
  237. 21
  238. Für den Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft regelt § 16 Nr. 1 d)
  239. GV diese umfassend bestehende Pflicht der stillen Gesellschafter, die Schulden
  240. des Geschäftsinhabers, soweit sie auf das Unternehmen entfallen, an dem sie
  241. beteiligt sind, möglichst auszugleichen. Die stillen Gesellschafter sollen dem
  242. Geschäftsherrn die Schuldentilgung durch die Rückzahlung der Gelder ermöglichen, die sie nicht als Gewinn, sondern zu Lasten des Vermögens des Unternehmens erhalten haben. § 16 Nr. 1 d) GV stellt klar, dass diese Pflicht - schon
  243. aus Gründen der Gleichbehandlung - jeden stillen Gesellschafter trifft, der derartige Zahlungen aus dem Vermögen des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalten hat - unabhängig davon, ob die Beendigung der Gesellschafterstellung auf einer Kündigung des Gesellschafters, seiner Ausschließung oder
  244. auf der Auflösung der stillen Gesellschaft beruht. Ebenso verweist § 9 GV für
  245. jede Form des Ausscheidens eines stillen Gesellschafters auf die Einzelheiten
  246. der Berechnung nach § 16 GV, der ausweislich seiner Bezeichnung das "Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft" regelt.
  247. - 11 -
  248. 22
  249. c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass diese Auslegung der
  250. §§ 9, 16 Nr. 1 d) GV dem Verständnis einer Vielzahl von stillen Gesellschaftern
  251. entspricht, die sich an der Klägerin bzw. vergleichbaren Gesellschaften beteiligt
  252. haben. Diese haben ihre, dem Senat aus den bei ihm anhängigen Verfahren
  253. bekannten Prospekthaftungsansprüche u.a. darauf gestützt, dass sie über die
  254. sich nach ihrem Verständnis aus § 9 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV (bzw. wortgleichen
  255. Regelungen) ergebende Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen
  256. Auszahlungen im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden seien.
  257. 23
  258. III. Der Senat kann in der Sache abschließend selbst entscheiden (§ 563
  259. Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat durch Bezugnahme auf die Feststellungen des Amtsgerichts festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht des Beklagten nach § 16 Nr. 1 d), § 9 Nr. 2 GV - mit Ausnahme der
  260. von ihm rechtsfehlerhaft verneinten Anwendbarkeit auf den hier vorliegenden
  261. Fall des Ausscheidens infolge Beendigung der Gesellschaft - erfüllt sind. Der
  262. von der Klägerin gestellte Hilfsantrag ist damit gegenstandslos geworden.
  263. - 12 -
  264. IV. Rechtsbehelfsbelehrung:
  265. 26
  266. Gegen dieses Versäumnisurteil kann die säumige Partei innerhalb einer
  267. Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils beginnt,
  268. schriftlich Einspruch durch eine von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt
  269. unterzeichnete
  270. Einspruchsschrift
  271. beim
  272. Bundesgerichtshof,
  273. Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: 76125 Karlsruhe) einlegen.
  274. Strohn
  275. Caliebe
  276. Born
  277. Wöstmann
  278. Sunder
  279. Vorinstanzen:
  280. AG Berlin-Spandau, Entscheidung vom 22.05.2013 - 4 C 367/12 LG Berlin, Entscheidung vom 26.03.2015 - 84 S 76/13 -
  281. BUNDESGERICHTSHOF
  282. BESCHLUSS
  283. II ZR 120/15
  284. vom
  285. 20. Dezember 2016
  286. in dem Rechtsstreit
  287. ECLI:DE:BGH:2016:201216BIIZR120.15.0
  288. -2-
  289. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2016 durch den
  290. Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterin Caliebe und die Richter Wöstmann, Born
  291. und Sunder
  292. beschlossen:
  293. Das Versäumnisurteil vom 20. September 2016 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO im Tatbestand,
  294. Seite 2, Randnummer 1, wie folgt berichtigt:
  295. „Der
  296. Beklagte
  297. beteiligte
  298. sich
  299. mit
  300. 9. Dezember 2002 an der A.
  301. Beitrittserklärung
  302. vom
  303. AG, deren Rechtsnach-
  304. folgerin die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist.“
  305. Strohn
  306. Caliebe
  307. Born
  308. ECLI:DE:BGH:2016:201216BIIZR120.15.0
  309. Wöstmann
  310. Sunder