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33 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 91/13
  5. Verkündet am:
  6. 27. November 2014
  7. Bürk
  8. Amtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. STAYER
  19. MarkenG § 14 Abs. 3 Nr. 4, § 26 Abs. 1 und 4, §§ 49, 55
  20. a) Für die rechtserhaltende Benutzung einer Marke im Inland reicht die reine Durchfuhr im Ausland gekennzeichneter Ware durch Deutschland nicht aus. Dies gilt
  21. auch für eine international registrierte Marke.
  22. b) Die Kennzeichnung von Exportware im Inland kann für eine rechtserhaltende
  23. Benutzung genügen. Diese setzt nicht voraus, dass es sich bei dem im Ausland
  24. ansässigen Abnehmer um ein vom Markeninhaber unabhängiges Unternehmen
  25. handelt.
  26. c) Wird eine Marke rechtserhaltend für Waren benutzt, die unter zwei Oberbegriffe
  27. des Warenverzeichnisses fallen, ist der umfassendere Oberbegriff zu löschen.
  28. BGH, Urteil vom 27. November 2014 - I ZR 91/13 - OLG München
  29. LG München I
  30. -2-
  31. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher,
  32. die
  33. Richter
  34. Prof. Dr. Schaffert,
  35. Dr. Koch,
  36. Dr. Löffler
  37. und
  38. die
  39. Richterin
  40. Dr. Schwonke
  41. für Recht erkannt:
  42. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 6. Zivilsenat - vom 11. April 2013 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insoweit aufgehoben,
  43. als das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der eingetragenen
  44. Waren "outils" abgewiesen hat.
  45. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten gegen
  46. das Urteil des Landgerichts München I, 33. Zivilkammer, vom
  47. 10. Juli 2012 zurückgewiesen.
  48. Die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 11. April 2013 wird zurückgewiesen.
  49. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
  50. Von Rechts wegen
  51. -3-
  52. Tatbestand:
  53. 1
  54. Die Beklagte ist eine russische Herstellerin von handbetätigten Werkzeugen. Sie ist Inhaberin der IR-Marke "STAYER" Nr. 781 663, die über eine
  55. Priorität vom 29. Dezember 2001 verfügt und deren Schutz auf Deutschland
  56. erstreckt ist (Streitmarke). Die Streitmarke ist für Waren der Klassen 03, 08 und
  57. 16 wie folgt eingetragen:
  58. Klasse 03
  59. Produits de nettoyage; produits pour faire briller, préparations pour
  60. polir, produits de dégraissage, abrasifs, produits pour aiguiser
  61. abrasifs, émeri (termes incompréhensibles de l'avis du Bureau International - règle 13.2)b) du Règlement d'exécution commun),
  62. produits pour polir; papier émeri, toile émeri, pierre à adoucir, toile
  63. à polir; produits pour dérouiller.
  64. Klasse 08
  65. Outils, coutellerie, instruments à main pour abraser, affiloirs,
  66. meules à aiguiser à main, meules en émeri, limes à aiguilles,
  67. limes; mèches, tondeuses à gazon, fers à gaufrer; coffins, porteforets, perforateurs, outils à main actionnés manuellement; pistolets, coupoirs, découpoirs.
  68. Klasse 16
  69. Brosses, pinceaux, brosses pour peintres, brosses pour l'écriture,
  70. bâtons pour l'écriture (termes trop vagues de l'avis du Bureau International - règle 13.2)b) du Règlement d'exécution commun), rubans encreurs, rouleaux de peintres en bâtiment, coupe-papier,
  71. équerres à dessin, pellicules en matières plastiques, sacs (terme
  72. trop vague de l'avis du Bureau International - règle 13.2)b) du Règlement d'exécution commun), matières filtrantes (termes trop
  73. vagues de l'avis du Bureau International - règle 13.2)b) du Règlement d'exécution commun).
  74. 2
  75. Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe die Streitmarke in
  76. Deutschland nicht rechtserhaltend benutzt.
  77. -4-
  78. 3
  79. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, in die Schutzentziehung der Streitmarke in Deutschland einzuwilligen. Das Berufungsgericht
  80. hat das landgerichtliche Urteil insoweit abgeändert, als es von der Verurteilung
  81. der Beklagten die für die Klasse 08 eingetragenen Waren "outils" und "instruments à main pour abraser" ausgenommen hat.
  82. 4
  83. Dagegen richten sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin
  84. und die Anschlussrevision der Beklagten. Die Klägerin verfolgt mit ihrem
  85. Rechtsmittel, dessen Zurückweisung die Beklagte beantragt, die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Mit der Anschlussrevision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Anschlussrevision der Beklagten zurückzuweisen.
  86. Entscheidungsgründe:
  87. 5
  88. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Voraussetzungen für eine
  89. Schutzentziehung der Streitmarke wegen Verfalls gemäß § 49 Abs. 1, § 55
  90. Abs. 1, § 107 Abs. 1, § 112 Abs. 1, § 115 Abs. 2, § 124 MarkenG lägen überwiegend vor, weil die Beklagte die Streitmarke für einen Teil der eingetragenen
  91. Waren nicht rechtserhaltend im Sinne von § 26 MarkenG benutzt habe. Dazu
  92. hat es ausgeführt:
  93. 6
  94. Die Klägerin habe dargetan, dass sie über allgemein zugängliche Quellen eine Benutzung der Streitmarke in Deutschland nicht habe feststellen können. Die Beklagte habe demgegenüber nicht hinreichend dazu vorgetragen,
  95. dass sie über ihre Lizenznehmerin K.
  96. in Deutschland mit der Streitmarke
  97. gekennzeichnete Produkte des Warenverzeichnisses angeboten habe. Der Vor-
  98. -5-
  99. trag zum Angebot in den Verkaufsräumen der K.
  100. in L.
  101. sei erstin-
  102. stanzlich nicht ausreichend substantiiert gewesen. Mit dem neuen zweitinstanzlichen Vortrag hierzu sei die Beklagte ausgeschlossen. Der Abschluss des
  103. Rahmenvertrags zwischen der K.
  104. und der russischen I.
  105. Co. Ltd.
  106. belege keine rechtserhaltende Benutzung der Streitmarke in Deutschland. Die
  107. Verwendung einer Marke in internen Geschäftspapieren stelle keine ausreichende Markenverwendung dar. Soweit die Beklagte geltend gemacht habe,
  108. die K.
  109. führe von Deutschland aus Exporte von im Ausland mit der Streit-
  110. marke gekennzeichneten Waren durch, sei dies ohne weiteren Inlandsbezug
  111. zur Rechtserhaltung in Deutschland nicht geeignet. Die Beklagte könne sich
  112. allerdings mit Erfolg darauf berufen, dass im Inland mit der Streitmarke gekennzeichnete PU-Reibebretter, PU-Hollandbretter, Kardätschen und PU-Fummelbretter im Auftrag der K.
  113. durch ein deutsches Unternehmen hergestellt
  114. und durch ein Berliner Transportunternehmen nach Russland an ein Unternehmen zum Weitervertrieb in Russland ausgeliefert worden seien. Darin liege für
  115. die Waren "outils" und "instruments à main pour abraser" die rechtserhaltende
  116. Benutzung einer Exportmarke gemäß § 26 Abs. 4 MarkenG.
  117. 7
  118. II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Anschlussrevision der Beklagten ist nicht begründet (dazu II. 1.). Die Revision der Klägerin hat dagegen teilweise Erfolg. Sie führt unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels
  119. zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit darin die Klage hinsichtlich der eingetragenen Waren "outils" abgewiesen worden ist. In diesem Umfang war die
  120. Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende landgerichtliche Urteil zurückzuweisen (dazu II. 2.).
  121. 8
  122. 1. Die Anschlussrevision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme
  123. des Berufungsgerichts, die Beklagte sei mit Ausnahme der Warengruppen
  124. "outils" und "instruments à main pour abraser" gemäß § 49 Abs. 1, § 55 Abs. 1,
  125. -6-
  126. § 107 Abs. 1, § 112 Abs. 1, § 115 Abs. 2, § 124 MarkenG zur Einwilligung in die
  127. Schutzentziehung verpflichtet. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Streitmarke für die eingetragenen Waren in diesem Umfang im
  128. Inland nicht rechtserhaltend benutzt, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung
  129. stand.
  130. 9
  131. a) Einer IR-Marke wird auf Antrag wegen Verfalls der Schutz entzogen,
  132. wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren
  133. nach einem der in § 115 Abs. 2 MarkenG genannten Stichtage nicht gemäß
  134. § 26 MarkenG benutzt worden ist. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Benutzungsschonfrist am 3. Juli 2008 endete. Dagegen wenden
  135. sich Revision und Anschlussrevision nicht. Rechtsfehler sind insoweit auch
  136. nicht ersichtlich.
  137. 10
  138. b) Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Löschungsklage trifft den Kläger (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 167/05,
  139. GRUR 2009, 60 Rn. 19 = WRP 2008, 1544 - LOTTOCARD; vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 55 Rn. 28; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl.,
  140. § 55 Rn. 12). Den Beklagten einer Löschungsklage kann aber nach dem auch
  141. im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB
  142. eine prozessuale Erklärungspflicht treffen. Diese setzt voraus, dass der Löschungskläger keine genaue Kenntnis von den Umständen der Benutzung der
  143. Marke hat und auch nicht über die Möglichkeit verfügt, den Sachverhalt von
  144. sich aus aufzuklären (vgl. BGH, GRUR 2009, 60 Rn. 19 - LOTTOCARD; BGH,
  145. Urteil vom 25. April 2012 - I ZR 156/10, GRUR 2012, 1261 Rn. 11 = WRP 2012,
  146. 1533 - Orion). Dies hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde
  147. gelegt.
  148. -7-
  149. 11
  150. c) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich sämtlicher Waren der Klassen 03 und 16 und hinsichtlich der Waren der Klasse 08 bis auf zwei Warengruppen ("outils" und "instruments à main pour abraser") nicht genügt hat.
  151. 12
  152. aa) Ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision gegen die Annahme
  153. des Berufungsgerichts, die rechtserhaltende Benutzung der Streitmarke ergebe
  154. sich weder aus dem Produktkatalog aus dem Jahr 2001 noch aus der Preisliste
  155. aus dem Jahr 2010, die die Beklagte vorgelegt hat.
  156. 13
  157. (1) Eine rechtserhaltende Benutzung im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG
  158. setzt voraus, dass die Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie geschützt
  159. ist, verwendet wird, um für diese Produkte einen Absatzmarkt zu erschließen
  160. oder zu sichern (vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 2003 - C-40/01, Slg. 2003,
  161. I-2439 = GRUR 2003, 425 Rn. 43 - Ansul/Ajax; Urteil vom 15. Januar 2009
  162. - C-495/07, Slg. 2009, I-137 = GRUR 2009, 410 Rn. 18 - Silberquelle/Maselli;
  163. BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - I ZR 41/10, GRUR 2012, 180 Rn. 42 = WRP
  164. 2012, 980 - Werbegeschenke, mwN; BGH, GRUR 2012, 1261 Rn. 12 - Orion).
  165. Ob die Marke ernsthaft im Inland benutzt worden ist, ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung
  166. der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann. Dazu rechnen der Umfang
  167. und die Häufigkeit der Benutzung der Marke. Die Frage, ob eine Benutzung
  168. mengenmäßig hinreichend ist, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen,
  169. hängt somit von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeurteilung ab (vgl.
  170. EuGH, Urteil vom 13. September 2007 - C-234/06, Slg. 2007, I-7333 = GRUR
  171. 2008, 343 Rn. 72 f. - Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH, Urteil
  172. vom 31. Mai 2012 - I ZR 135/10, GRUR 2012, 832 Rn. 49 = WRP 2012, 940
  173. -8-
  174. - ZAPPA). Dabei müssen die Benutzungshandlungen einen Inlandsbezug aufweisen (vgl. BGH, GRUR 2012, 1261 Rn. 13 - Orion; Ströbele in Ströbele/
  175. Hacker aaO § 26 Rn. 221; Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, 2. Aufl.
  176. Rn. 1247; Schalk in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 26 MarkenG Rn. 68; zur Notwendigkeit der
  177. Benutzung einer Gemeinschaftsmarke in der Europäischen Union EuGH, Urteil
  178. vom 19. Dezember 2012 - C-149/11, GRUR 2013, 182 Rn. 38 - Leno Merken/
  179. Hagelkruis [ONEL/OMEL]). Für international registrierte Marken gelten keine
  180. anderen Maßstäbe (Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 26 Rn. 175; Schalk in
  181. Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 26 MarkenG Rn. 68).
  182. 14
  183. (2) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe schon
  184. nicht dargelegt, in welcher Auflagenhöhe der Katalog in Deutschland erschienen sei und wann und an wen er verteilt worden sei. In dem Produktkatalog
  185. seien die bildlich dargestellten Waren nicht mit der Streitmarke versehen, diese
  186. finde sich lediglich neben der Marke "K.
  187. " in der Kopfzeile der jeweili-
  188. gen Produktseite. Katalog und Preisliste seien außerdem in englischer Sprache
  189. abgefasst, so dass ein Vortrag der Beklagten zur Verwendung der Unterlagen
  190. in Deutschland erforderlich gewesen sei. Dafür spreche auch der Vermerk der
  191. Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer auf der Deckblatt-Innenseite
  192. der Preisliste, durch den bestätigt werde, dass die in der Preisliste aufgeführten
  193. Produkte zur Ausfuhr in die Russische Föderation bestimmt seien. Gegen diese
  194. Ausführungen wendet sich die Anschlussrevision ohne Erfolg.
  195. 15
  196. (3) Im Zusammenhang mit den Abbildungen von Waren in dem fraglichen Katalog braucht nicht entschieden zu werden, ob die Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, die dort abgebildeten Produkte seien nicht mit der Streitmarke versehen. Das Berufungsgericht ist jedenfalls zutreffend davon ausgegangen, die Beklagte hätte im Rahmen der sekundären Darlegungslast vortra-
  197. -9-
  198. gen müssen, weshalb dem englischsprachigen Katalog und der dazugehörigen
  199. englischsprachigen Preisliste mit dem Exportvermerk ein Inlandsbezug zu entnehmen sei. Weiter hat das Berufungsgericht zu Recht Angaben zur Auflagenhöhe des Katalogs und der Preisliste sowie zur Dauer und zu den angesprochenen Verkehrskreisen vermisst. Dass die Beklagte hierzu entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts Vortrag gehalten hätte, zeigt die Anschlussrevision nicht auf.
  200. 16
  201. bb) Die Anschlussrevision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht zweitinstanzliches Vorbringen der Beklagten zum Vertrieb
  202. von Produkten des Warenverzeichnisses in den Verkaufsräumen der K.
  203. L.
  204. in
  205. und damit zur rechtserhaltenden Benutzung der Streitmarke nach
  206. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen.
  207. 17
  208. (1) Ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO kann
  209. in einem erstmaligen substantiierten Vorbringen des Beklagten nach § 138
  210. Abs. 2 ZPO zu einem Vortrag des Klägers liegen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni
  211. 2004 - VI ZR 230/03, NJW 2004, 2828, 2830; Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO,
  212. 4. Aufl., § 531 Rn. 2). Ob ein in zweiter Instanz konkretisiertes Vorbringen neu
  213. ist, hängt davon ab, wie allgemein es in erster Instanz ausgefallen ist. Wenn es
  214. einen nur sehr allgemein gehaltenen Vortrag der ersten Instanz konkretisiert
  215. oder erstmals substantiiert, ist es neu. Dagegen liegt kein neues Vorbringen in
  216. diesem Sinne vor, wenn ein bereits schlüssiges oder erhebliches Vorbringen
  217. aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1991
  218. - VIII ZR 129/90, NJW-RR 1991, 1214, 1215; Urteil vom 26. Juni 2003
  219. - VII ZR 281/02, NJW-RR 2003, 1321, 1322; Urteil vom 8. Juni 2004
  220. - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245 Rn. 21).
  221. - 10 -
  222. 18
  223. (2) Das Berufungsgericht hat gemeint, das Landgericht habe zu Recht
  224. den Vortrag der Beklagten zu einer Vertriebstätigkeit der K.
  225. in L.
  226. nicht als ausreichend erachtet, um von einer rechtserhaltenden Benutzung der
  227. Streitmarke in Deutschland auszugehen. Die Beklagte habe erstinstanzlich lediglich vorgetragen, die K.
  228. habe mit der Streitmarke gekennzeichnete
  229. Produkte in ihren Verkaufsräumen in L.
  230. unterschiedlichen Kunden prä-
  231. sentiert. Die Beklagte sei zwar in der Berufungsinstanz durch die Schilderung
  232. der Aufnahme von Kontakten zu russischen Kaufinteressenten in den Ausstellungsräumen in L.
  233. ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen.
  234. Der ergänzende, erstmals in der zweiten Instanz vorgebrachte, von der Klägerin
  235. bestrittene Vortrag sei jedoch verspätet und mangels ausreichender Entschuldigung nicht mehr zu berücksichtigen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 3
  236. ZPO). Die Beklagte habe angesichts der Rüge der Klägerin, ihr Vortrag zur
  237. vermeintlich rechtserhaltenden Benutzung der Streitmarke in den Ausstellungsräumen der K.
  238. in L.
  239. sei nicht ausreichend, Veranlassung gehabt,
  240. ihren Vortrag bereits vor dem Landgericht zu ergänzen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
  241. 19
  242. (3) Die Beklagte hat in erster Instanz keinen konkreten Vortrag dazu gehalten, welche Anstrengungen ihre Lizenznehmerin unternommen hat, um in
  243. Deutschland Marktanteile für die durch die Streitmarke geschützten Waren zu
  244. gewinnen. Die Klägerin hat in erster Instanz gegenüber dem Vortrag der Beklagten zur Präsentation ihrer Waren in L.
  245. unter anderem beanstandet,
  246. dass sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht ergebe, welche Umsätze aufgrund solcher Besichtigungen und Begutachtungen erzielt worden seien. Normale Geschäfts- oder Verkaufszeiten für die Ausstellungsräume in L.
  247. gebe die Beklagte auf ihrer Internetseite nicht bekannt. Dies hat die Beklagte
  248. nicht zum Anlass genommen, in erster Instanz näher zu den erzielten Umsätzen, zu den umworbenen Kundenkreisen und zu den Werbemaßnahmen vorzu-
  249. - 11 -
  250. tragen. Ihr Vortrag war damit so allgemein gehalten, dass sich aus ihm kein
  251. schlüssiges Vorbringen für eine rechtserhaltende Benutzung ergab. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz hat das Berufungsgericht damit
  252. zu Recht als neu angesehen und nicht mehr zugelassen. Ob die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts zutreffend ist, die Beklagte habe mit ihrem zweitinstanzlichen Vorbringen ihrer sekundären Darlegungslast genügt, kann danach
  253. offenbleiben.
  254. 20
  255. cc) Die Anschlussrevision kann nicht mit ihrer Ansicht durchdringen, das
  256. Berufungsgericht habe zu Unrecht den Abschluss des Rahmenvertrages zwischen der K.
  257. und der russischen I.
  258. der nach dem Vortrag der Beklagten in L.
  259. Co. Ltd. vom 1. März 2010,
  260. abgeschlossen und später in
  261. Moskau mit Datum vom 30. April 2010 abgeändert und erneut unterzeichnet
  262. worden sei, nicht als Beleg für eine rechtserhaltende Benutzung der Streitmarke
  263. in Deutschland ausreichen lassen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts erweist sich jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.
  264. 21
  265. (1) Das Berufungsgericht hat seine Auffassung damit begründet, die
  266. Verwendung der Streitmarke in dem vorgelegten Rahmenvertrag sei keine ausreichende Markenverwendung. Bei dem Vertrag handele es sich um ein internes Geschäftspapier, wie die darin enthaltene Vertraulichkeitsklausel zeige.
  267. 22
  268. (2) Ob mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung eine
  269. rechtserhaltende Benutzung verneint werden kann, braucht nicht entschieden
  270. zu werden. Der Senat hat allerdings noch zu § 5 Abs. 7 WZG angenommen,
  271. dass eine rechtserhaltende Benutzung nicht vorliegt, wenn die Ware zu keiner
  272. Zeit mit dem Warenzeichen versehen, sondern das Zeichen lediglich im Schriftverkehr verwendet worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 1979
  273. - I ZB 24/77, BGHZ 75, 150, 154 - Contiflex). Ob daran in dieser Allgemeinheit
  274. - 12 -
  275. unter Geltung des Markengesetzes festzuhalten ist oder nicht die Verwendung
  276. der Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Ware, für die
  277. sie eingetragen ist, genügt (zu Letzterem BGH, Urteil vom 14. April 2011
  278. - I ZR 41/08, GRUR 2011, 623 Rn. 23 = WRP 2011, 886 - Peek & Cloppenburg II; Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 26 Rn. 35), kann offenbleiben.
  279. 23
  280. (3) Die Beklagte hat mit dem Rahmenvertrag nicht schlüssig vorgetragen, dass sie mit Waren, die mit der Streitmarke versehen sind, in nennenswertem Umfang Umsätze erzielt hat. Mit diesem Vertrag verkaufte die Lizenznehmerin K.
  281. der Beklagten an die I.
  282. Co. Ltd. Maler-, Putz-, Bauwerk-
  283. zeuge, Baumaterialien und diverse Handwerkszeuge, die in verschiedenen
  284. Ländern der Welt hergestellt werden. Das Sortiment der Ware, Menge und
  285. Stückpreise für jede Lieferung sollten in getrennten Frachtlisten festgelegt werden. Geliefert werden sollten Waren mit acht verschiedenen Logos, darunter
  286. auch mit der Streitmarke, und außerdem Waren ohne Logo. Aus einem solchen
  287. Vertrag allein lässt sich nicht ersehen, ob die Lizenznehmerin der Beklagten mit
  288. der Streitmarke versehene Waren der Klassen 03, 08 und 16 in einem Umfang
  289. veräußert hat, der die Annahme einer rechtserhaltenden Nutzung rechtfertigt.
  290. Der Vertrag lässt nicht erkennen, welche Waren von der Lizenznehmerin der
  291. Beklagten mit der Streitmarke versehen werden sollten und ob es sich dabei
  292. gerade um die Waren handelt, für die die Streitmarke Geltung beansprucht.
  293. Rechnungen ihrer Lizenznehmerin an die I.
  294. Co. Ltd. hat die Beklagte
  295. trotz einer entsprechenden Beanstandung der Klägerin nicht vorgelegt.
  296. 24
  297. dd) Ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision gegen die Annahme
  298. des Berufungsgerichts, die Ein- und Ausfuhr von im Ausland mit der Streitmarke
  299. gekennzeichneten Waren ohne weiteren Inlandsbezug stellten keine rechtserhaltende Benutzung in Deutschland dar.
  300. - 13 -
  301. 25
  302. (1) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine rechtserhaltende Nutzung der Streitmarke liege nicht darin, dass im Auftrag von K.
  303. bereits im
  304. Ausland mit der Streitmarke versehene Waren von einem Berliner Transportunternehmen von Deutschland aus nach Russland exportiert worden seien. Der
  305. Vorschrift des § 26 Abs. 4 MarkenG könne nicht entnommen werden, dass die
  306. im Ausland erfolgte Kennzeichnung der Ware mit einer Exportmarke ohne weiteren Inlandsbezug - wie etwa das Verbringen der gekennzeichneten Ware in
  307. den allgemeinen Geschäftsverkehr - für eine rechtserhaltende Benutzung in
  308. Deutschland ausreiche. Eine abweichende Beurteilung sei auch nicht deshalb
  309. angezeigt, weil der Verletzungstatbestand des § 14 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG in
  310. Bezug auf Exportmarken die Anbringung einer rechtsverletzenden Kennzeichnung im Inland nicht voraussetze. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
  311. 26
  312. (2) Gemäß § 26 Abs. 1 MarkenG muss die Marke im Inland ernsthaft benutzt worden sein. Nach der Vorschrift des § 26 Abs. 4 MarkenG gilt als Benutzung im Inland auch das Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im Inland, wenn die Waren ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt sind. Dies entspricht Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b
  313. MarkenRL. Danach gilt als Benutzung das Anbringen der Marke auf Waren
  314. oder deren Aufmachung in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich für
  315. den Export. Sonstige Verwendungsformen erfüllen den Tatbestand des § 26
  316. Abs. 4 MarkenG nicht (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 26 Rn. 238;
  317. Schalk in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 26 MarkenG Rn. 70). Deshalb reicht
  318. es nicht aus, wenn die Exportware nicht im Inland, sondern im Ausland gekennzeichnet worden ist, nach Deutschland transportiert und von dort ohne weiteren
  319. Inlandsbezug exportiert wird. Eine Durchfuhr mit der Marke gekennzeichneter
  320. Waren allein begründet keinen Inlandsbezug.
  321. - 14 -
  322. 27
  323. (3) Die Anschlussrevision hält dem ohne Erfolg entgegen, dies führe zu
  324. einem Wertungswiderspruch zu § 14 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG. Ein Dritter könnte
  325. eine mit der Streitmarke identische Marke im Inland eintragen und gemäß § 14
  326. Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 4 MarkenG die Benutzung der Exportmarke untersagen lassen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 26 Rn. 202; Sack, Festschrift
  327. Piper 1996, 603, 612 f., 614 ff.). Ein solcher Wertungswiderspruch besteht
  328. nicht.
  329. 28
  330. Werden Waren, die mit einer im Inland geschützten Marke versehen
  331. sind, im Zollverschlussverfahren durch Deutschland transportiert, kann der
  332. Markeninhaber dagegen nur vorgehen, wenn - beispielsweise durch Verkaufsangebote - ein Inverkehrbringen der Waren im Inland oder - im Falle einer
  333. Gemeinschaftsmarke - in der Europäischen Union droht. Die bloße Gefahr,
  334. dass die Waren nicht an ihrem Zielort ankommen und eventuell im Durchfuhrmitgliedstaat Deutschland unbefugt in den Verkehr gebracht werden, reicht
  335. nicht für die Annahme aus, dass wesentliche Funktionen der Marke in Deutschland beeinträchtigt werden (EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - C-115/02, Slg.
  336. 2003, I-12705 = GRUR Int. 2004, 39 Rn. 27 - Rioglass; EuGH, Urteil vom
  337. 9. November 2006 - C-281/05, Slg. 2006, I-10881 = GRUR 2007, 146 Rn. 23 ff.
  338. - Montex Holdings/Diesel; EuGH, GRUR Int. 2012, 134 Rn. 55 ff. - Philips und
  339. Nokia; BGH, Urteil vom 21. März 2007 - I ZR 246/02, GRUR 2007, 876 Rn. 18 =
  340. WRP 2007, 1185 - DIESEL II; BGH, Urteil vom 21. März 2007 - I ZR 66/04,
  341. GRUR 2007, 875 Rn. 12 = WRP 2007, 1184 - Durchfuhr von Originalware;
  342. BGH, Urteil vom 25. April 2012 - I ZR 235/10, GRUR 2012, 1263 Rn. 30 = WRP
  343. 2012, 1530 - Clinique happy). Es ist insoweit unerheblich, ob die durch
  344. Deutschland durchgeführten Waren für einen Mitgliedstaat der Europäischen
  345. Union oder einen Drittstaat bestimmt sind und ob in dem Bestimmungsstaat
  346. Markenschutz besteht oder nicht (vgl. BGH, GRUR 2007, 876 Rn. 18 - DIE-
  347. - 15 -
  348. SEL II; BGH, GRUR 2007, 875 Rn. 12 - Durchfuhr von Originalware; BGH,
  349. GRUR 2012, 1263 Rn. 30 - Clinique happy; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy
  350. aaO § 14 MarkenG Rn. 578 ff.; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 14
  351. Rn. 182 ff.).
  352. 29
  353. Eine reine Durchfuhr durch Deutschland kann daher im Zollverschlussverfahren erfolgen, ohne dass derjenige, der die Durchfuhr veranlasst, auf Markenschutz im Inland angewiesen ist. Nur im zollrechtlich freien Verkehr besteht
  354. die Gefahr, dass aus einer Marke gegen denjenigen vorgegangen werden kann,
  355. der Waren mit identischen oder ähnlichen Kennzeichen ins Inland ein- und ausführt. Dies rechtfertigt aber keine Gleichstellung der rechtserhaltenden Benutzung mit dem Tatbestand des § 14 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG. Dafür spricht die
  356. Zielsetzung des Benutzungszwangs, die Gesamtzahl der geschützten Marken
  357. und damit die Zahl möglicher Konflikte zwischen Marken gering zu halten (dazu
  358. Erwägungsgrund 9 der Markenrechtsrichtlinie). Dieses Ziel würde durch eine
  359. weitgehende Parallelität von rechtsverletzender und rechtserhaltender Benutzung verfehlt. Für eine Ausrichtung der rechtserhaltenden Benutzung am Tatbestand des § 14 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG besteht danach kein Anlass.
  360. 30
  361. 2. Die Revision der Klägerin hat teilweise Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Streitmarke für die Waren "outils" rechtserhaltend benutzt, hält den Angriffen der Revision nicht stand. Im Übrigen ist die
  362. Revision unbegründet.
  363. 31
  364. a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass PU-Reibebretter, PU-Hollandbretter, Kardätschen und PU-Fummelbretter im Auftrag der K.
  365. durch
  366. ein deutsches Unternehmen hergestellt und im Inland mit der Streitmarke gekennzeichnet worden seien. Diese Reibebretter seien durch ein Berliner Transportunternehmen nach Russland an den in den vorgelegten Rechnungs- und
  367. - 16 -
  368. Lieferunterlagen genannten Endabnehmer zum Weitervertrieb in Russland ausgeliefert worden. Das Berufungsgericht hat angenommen, damit werde eine
  369. ernsthafte Benutzung der Streitmarke für diese Waren ausreichend dargelegt.
  370. Bei ausschließlich für die Ausfuhr bestimmten Waren gelte nach § 26 Abs. 4
  371. MarkenG als hinreichende Benutzung bereits das im Inland vorgenommene
  372. Anbringen der Marke auf der Ware oder deren Verpackung.
  373. 32
  374. b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Streitmarke für verschiedene Reibebretter
  375. rechtserhaltend als Exportmarke nach § 26 Abs. 4 MarkenG benutzt.
  376. 33
  377. aa) Nach § 26 Abs. 4 MarkenG gilt als Benutzung im Inland auch das
  378. Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im
  379. Inland. Nach dieser Vorschrift ist bereits das inländische Kennzeichnen von Exportware eine inländische Markenbenutzung. Eine innerbetriebliche Kennzeichnung reicht aus. Nicht erforderlich ist, dass die Ware in Deutschland in den Verkehr gebracht wird (Bous, in: HK-MarkenR, 2. Aufl., § 26 Rn. 66; Ströbele in
  380. Ströbele/Hacker aaO § 26 Rn. 181 f.). Auf Modalitäten des Transports kommt
  381. es nicht an. Vielmehr genügt es, dass die Marke innerhalb Deutschlands auf
  382. der Ware angebracht wird. Weitere Anforderungen an eine inländische Markenbenutzung enthalten weder die Markenrechtsrichtlinie noch das Markengesetz.
  383. Auf die frühere Rechtsprechung zu Exportmarken unter Geltung des Warenzeichengesetzes (BGH, Urteil vom 28. November 1985 - I ZR 152/83, GRUR
  384. 1986, 538 - Ola; Urteil vom 18. Oktober 1990 - I ZR 292/88, BGHZ 112, 316
  385. - Silenta) kann nicht mehr zurückgegriffen werden (vgl. BPatG, Beschluss vom
  386. 19. Juli 2000 - 28 W (pat) 246/97 - PATURAGES/PATURAGE, juris Rn. 21).
  387. 34
  388. bb) Die vom Berufungsgericht festgestellte Kennzeichnung der PU-Reibebretter, PU-Hollandbretter, Kardätschen und PU-Fummelbretter im Inland
  389. - 17 -
  390. reicht für eine rechtserhaltende Benutzung aus. Anders als die Revision meint,
  391. ist deshalb der Vortrag der Klägerin unerheblich, dass es sich bei der Empfängerin der Warenlieferungen in Russland um eine mit der Beklagten verbundene
  392. Scheinfirma handele. Ein Rechtserhalt im Inland setzt nicht voraus, dass es
  393. sich bei dem im Ausland ansässigen Abnehmer der im Inland gekennzeichneten Waren um ein außenstehendes Unternehmen handelt.
  394. 35
  395. c) Die Revision hat dagegen Erfolg, soweit sie sich gegen die Annahme
  396. des Berufungsgerichts wendet, die Verwendung der Streitmarke für die fraglichen Reibebretter führe zu einer rechtserhaltenden Benutzung der Waren
  397. "outils".
  398. 36
  399. aa) In der Benutzung einer Marke für Waren, die unter einen Oberbegriff
  400. des Warenverzeichnisses fallen, kann zwar zugleich eine rechtserhaltende Benutzung dieser Marke für andere Waren liegen, die unter denselben Oberbegriff
  401. des Warenverzeichnisses fallen. In einer solchen Benutzung liegt jedoch regelmäßig keine rechtserhaltende Benutzung dieser Marke für Waren, die unter
  402. einen anderen Oberbegriff des Warenverzeichnisses fallen. Da die Oberbegriffe
  403. eines Warenverzeichnisses dem Zweck dienen, Waren mit unterschiedlichen
  404. Eigenschaften und Zweckbestimmungen zu erfassen, ist grundsätzlich davon
  405. auszugehen, dass die von verschiedenen Oberbegriffen eines Warenverzeichnisses erfassten Waren in ihren Eigenschaften und ihrer Zweckbestimmung
  406. nicht weitgehend übereinstimmen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012
  407. - I ZR 85/11, GRUR 2013, 833 Rn. 64 = WRP 2013, 1038 - Culinaria/Villa Culinaria). Wird die Ware, für die die Marke rechtserhaltend benutzt wird, von mehreren Oberbegriffen des Warenverzeichnisses erfasst, so ist im Löschungsklageverfahren wegen Verfalls nach §§ 49, 55 MarkenG einer der Oberbegriffe
  408. ersatzlos zu löschen (BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 66 - Culinaria/Villa Culinaria).
  409. - 18 -
  410. 37
  411. bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt. Es
  412. hat zu Unrecht die Auffassung vertreten, der Schutzentziehungsantrag müsse
  413. hinsichtlich beider Warengruppen abgewiesen werden, weil die Reibebretter
  414. sowohl unter die Ware "outils" als auch unter die Erzeugnisse "instruments à
  415. main pour abraser" fielen.
  416. 38
  417. (1) Die Revision wendet sich allerdings nicht gegen die Annahme des
  418. Berufungsgerichts, dass Reibebretter sowohl unter die beiden Begriffe "outils"
  419. (Werkzeuge) und "instruments à main pour abraser" (Schleifinstrumente/Handinstrumente) fallen. Dies lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
  420. 39
  421. (2) Bei einer solchen Sachlage sind jedoch nicht beide Oberbegriffe im
  422. Warenverzeichnis zu belassen. Vielmehr ist einer von beiden zu löschen. Die
  423. Frage, welcher der beiden Oberbegriffe zu löschen ist, ist aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise und unter Berücksichtigung des berechtigten
  424. Interesses des Zeicheninhabers, in seiner geschäftlichen Bewegungsfreiheit
  425. nicht ungebührlich eingeengt zu werden, zu beantworten. Danach ist es gerechtfertigt, im Warenverzeichnis über die benutzte konkrete Ware hinaus die
  426. Waren zu belassen, die nach Auffassung des Verkehrs gemeinhin als zum gleichen Warenbereich gehörend angesehen werden. Andererseits ist es nicht gerechtfertigt, einen Oberbegriff uneingeschränkt nur deshalb im Warenverzeichnis zu belassen, weil die tatsächlich benutzte Ware unter diesen (weiten) Oberbegriff fällt (BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 187/98, GRUR 2002, 59, 62 =
  427. WRP 2001, 1211 - ISCO; BGH, GRUR 2009, 60 Rn. 32 - LOTTOCARD).
  428. 40
  429. (3) Im Streitfall besteht die Besonderheit, dass der im Warenverzeichnis
  430. verwendete Oberbegriff "outils" Oberbegriff für mehrere weitere Warengruppen
  431. der Warenklasse 08 ist, für die die Streitmarke Geltung beansprucht. Dies betrifft nicht nur die Warengruppe der "instruments à main pour abraser" (Schlei-
  432. - 19 -
  433. finstrumente/Handinstrumente), sondern auch die Warengruppen "coutellerie"
  434. (Messerschmiedewaren), "affiloirs" (Wetzsteine), "meules à aiguiser à main"
  435. (Schleifscheiben/Handwerkzeuge), "meules en émeri" (Schmirgelschleifscheiben), "limes à aiguilles" (Nadelfeilen), "limes" (Feilen), "porte-forets" (Bohrhalter), "perforateurs" (Locher), "outils à main actionnés manuellement" (handbetätigte Werkzeuge), "coupoirs" (Schneidemesser) und "découpoirs" (Schneidwerkzeuge). Da die Beklagte eine rechtserhaltende Benutzung lediglich für Reibebretter nachgewiesen hat, das Berufungsgericht im Übrigen jedoch keine
  436. Feststellungen getroffen hat, die die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung der Streitmarke auch für weitere Werkzeuge rechtfertigen, ist es gerechtfertigt, den weiten Oberbegriff der Werkzeuge ("outils") aus dem Warenverzeichnis zu löschen und nur die engere Warengruppe der Schleifinstrumente
  437. ("instruments à main pour abraser") im Warenverzeichnis zu belassen. Anderenfalls käme der Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in die Löschung
  438. der Streitmarke hinsichtlich der übrigen, vorstehend aufgeführten und in Warenklasse 08 eingetragenen Werkzeuge im Ergebnis keine Wirkung zu, obwohl
  439. die Beklagte eine rechtserhaltende Benutzung der Streitmarke für diese Warengruppen nicht darlegen konnte.
  440. 41
  441. 3. Danach war auf die Revision die Klageabweisung bezogen auf die
  442. Waren "outils" aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil insoweit zurückzuweisen. Die weitergehende Revision
  443. und die Anschlussrevision waren zurückzuweisen.
  444. - 20 -
  445. 42
  446. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO.
  447. Büscher
  448. Koch
  449. RiBGH Prof. Dr. Schaffert ist in
  450. Urlaub und daher gehindert zu
  451. unterschreiben.
  452. Büscher
  453. Löffler
  454. Schwonke
  455. Vorinstanzen:
  456. LG München I, Entscheidung vom 10.07.2012 - 33 O 11518/11 OLG München, Entscheidung vom 11.04.2013 - 6 U 3293/12 -