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652 lines
35 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 43/05
  5. Verkündet am:
  6. 20. September 2007
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom 20. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
  15. die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Prof. Dr. Büscher und Dr. Schaffert
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats
  18. des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. Februar 2005 aufgehoben.
  19. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  20. über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  21. Von Rechts wegen
  22. -3-
  23. Tatbestand:
  24. Die Klägerin ist als Rechtsnachfolgerin der R.
  25. 1
  26. rung
  27. AG
  28. der
  29. M.
  30. Transportversicherer
  31. GmbH
  32. der
  33. in
  34. S.
  35. Bad
  36. GmbH
  37. Homburg
  38. und
  39. Versichein
  40. Rödermark,
  41. der
  42. D.
  43. AG in Karlsbad (im Weiteren: Versender). Sie nimmt die Beklagte,
  44. die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versender wegen Verlusts von Transportgut in den folgenden
  45. drei Fällen auf Schadensersatz in Anspruch:
  46. 2
  47. Schadensfall 1: Am 21. September 2000 beauftragte die S.
  48. GmbH die Beklagte mit der Beförderung eines Pakets von Berlin nach
  49. Rödermark. Das Paket erreichte den Empfänger nicht. Die Klägerin begehrt
  50. nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von
  51. 511,29 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 4.241,17 €. Dem Beförderungsvertrag lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten
  52. mit Stand von Februar 1998 zugrunde, die auszugsweise folgende Regelungen
  53. enthielten:
  54. "…
  55. 10. Haftung
  56. … In den Fällen, in denen das WA oder CMR-Abkommen nicht gelten,
  57. wird die Haftung von U. durch die vorliegenden Beförderungsbedingungen geregelt. U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte
  58. Schäden bis zu einer Höhe von … 1.000 DM pro Sendung in der Bundesrepublik Deutschland oder bis zu dem nach § 54 ADSp … ermittelten
  59. Erstattungsbetrag, je nachdem, welcher Betrag höher ist, es sei denn,
  60. der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert
  61. angegeben.
  62. -4-
  63. Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Werts der Sendung. … Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe,
  64. dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung
  65. nicht übersteigt.
  66. Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U. , seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen.
  67. …"
  68. 3
  69. Schadensfall 2: Am 24. September 2001 beauftragte die M.
  70. GmbH die Beklagte mit der Beförderung eines Pakets von Bad
  71. Homburg nach Harrislee. Das Paket erreichte den Empfänger nicht. Die Klägerin verlangt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe
  72. von 511,29 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 8.965,22 €. Dem Beförderungsvertrag lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten
  73. mit Stand von November 2000 zugrunde, die auszugsweise folgende Regelungen enthielten:
  74. "…
  75. 2.
  76. Serviceumfang
  77. Sofern keine besonderen Dienstleistungen vereinbart werden,
  78. beschränkt sich der von U. angebotene Service auf Abholung,
  79. Transport, Zollabfertigung (sofern zutreffend) und Zustellung der
  80. Sendung.
  81. Um die vom Versender gewünschte kurze Beförderungsdauer
  82. und das niedrige Beförderungsentgelt zu ermöglichen, werden
  83. die Sendungen im Rahmen einer Sammelbeförderung transportiert. Der Versender nimmt mit der Wahl der Beförderungsart in
  84. Kauf, dass aufgrund der Massenbeförderung nicht die gleiche
  85. Obhut wie bei einer Einzelbeförderung gewährleistet werden
  86. kann. Der Versender ist damit einverstanden, wenn eine Kontrolle des Transportweges, insbesondere durch Ein- und Ausgangs-
  87. -5-
  88. dokumentation, an den einzelnen Umschlagstellen innerhalb des
  89. U. -Systemes nicht durchgeführt wird. Soweit der Versender eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er
  90. die Beförderung als Wertpaket.
  91. 9.
  92. Haftung
  93. 9.2
  94. Gelten keine Abkommensbestimmungen oder sonstige zwingende nationale Gesetze, wird die Haftung ausschließlich durch diese Bedingungen geregelt.
  95. In Deutschland ist die Haftung für Verlust oder Beschädigung begrenzt auf nachgewiesene direkte Schäden bis maximal
  96. DM 1.000,00 pro Sendung oder 8,33 SZR für jedes Kilogramm, je
  97. nachdem, welcher Betrag höher ist. …
  98. Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der
  99. Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen
  100. ist, die U. , seine gesetzlichen Vertreter, oder Erfüllungsgehilfen
  101. vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, dass der
  102. Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen haben.
  103. 9.4
  104. Die Haftungsgrenze nach Ziffer 9.2 wird angehoben durch korrekte Deklaration eines höheren Wertes der Sendung auf dem
  105. Frachtbrief und durch Zahlung des in der "Tariftabelle und Serviceleistungen" aufgeführten Zuschlages auf den angegebenen
  106. Wert (Wertpaket). In keinem Fall dürfen die in Absatz 3 (a) (ii)
  107. festgesetzten Grenzen überschritten werden. Der Versender erklärt durch Unterlassung einer Wertdeklaration, dass sein Interesse an den Gütern die in Ziffer 9.2 genannte Grundhaftung nicht
  108. übersteigt.
  109. U. kann Wertzuschläge namens und im Auftrag des Versenders als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders an eine Versicherungsgesellschaft weitergeben. In diesem
  110. -6-
  111. Fall werden etwaige Ansprüche des Versenders auf Schadensersatz durch U. gestellt und im Namen der Versicherungsgesellschaft bezahlt. Die von U. für diese Zwecke eingesetzten Policen können bei der oben genannten Anschrift eingesehen werden.
  112. …"
  113. 4
  114. Schadensfall 3: Am 15. Mai 2002 beauftragte die D.
  115. AG die Beklagte mit dem Transport eines Paketes von Karlsbad nach
  116. Emmenbrücke in der Schweiz. Das Paket erreichte den Empfänger nicht. Die
  117. Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in
  118. Höhe von 510 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 14.775,68 €. Diesem
  119. Beförderungsvertrag lagen ebenfalls die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten mit Stand von November 2000 zugrunde.
  120. 5
  121. Alle Transportaufträge wurden im EDI-Verfahren abgewickelt. Dabei
  122. handelt es sich um ein EDV-gestütztes Verfahren, bei dem der Versender die
  123. zu befördernden Pakete mittels einer von der Beklagten zur Verfügung gestellten Software selbst im System erfassen kann. Dieses System teilt sodann jedem Paket eine Kontrollnummer zu und erstellt einen Aufkleber, den der Versender auf das Paket aufbringen kann. Die Versanddaten werden auf elektronischem Wege an die Beklagte übermittelt. Der Abholfahrer der Beklagten nimmt
  124. die Vielzahl der bereitgestellten und von dem Versender üblicherweise in einen
  125. sogenannten Feeder verladenen Pakete entgegen und quittiert die Gesamtzahl
  126. der übernommenen Pakete auf einem "Summery Manifest". Einen Abgleich
  127. zwischen der Versandliste und dem Inhalt des Feeders nimmt der Abholfahrer
  128. nicht vor.
  129. 6
  130. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe auch im Schadensfall 3
  131. das verlorengegangene Paket übernommen. Die in Verlust geratenen Pakete
  132. -7-
  133. hätten die in den Rechnungen aufgeführten Waren enthalten. Sie habe die Versender in Höhe der geltend gemachten Regressbeträge entschädigt. Die Beklagte müsse für die Warenverluste in voller Höhe haften, da die Pakete von
  134. ihren Mitarbeitern gestohlen worden seien.
  135. 7
  136. Die Klägerin hat beantragt,
  137. die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.982,07 € nebst Zinsen zu
  138. zahlen.
  139. 8
  140. Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und die Auffassung vertreten, sie hafte nicht wegen qualifizierten Verschuldens, weil sie mit
  141. den Versendern wirksam einen Verzicht auf Schnittstellenkontrollen vereinbart
  142. habe. Im Schadensfall 2 scheide die Annahme eines qualifizierten Verschuldens auch deshalb aus, weil der Verlust auf einen unverschuldeten Brand des
  143. Lkws während eines Transports zurückzuführen sei. Im Übrigen müsse sich die
  144. Klägerin ein haftungsausschließendes Mitverschulden der Versender wegen
  145. fehlender Wertdeklaration zurechnen lassen. Im Falle einer Wertdeklaration
  146. wären die Pakete sicherer befördert worden, was die Versender auch gewusst
  147. hätten.
  148. 9
  149. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten
  150. ist ohne Erfolg geblieben.
  151. 10
  152. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren
  153. Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
  154. -8-
  155. Entscheidungsgründe:
  156. I. Das Berufungsgericht hat eine unbeschränkte Haftung der Beklagten
  157. 11
  158. für den Verlust der Pakete nach §§ 425, 435 HGB (Schadensfälle 1 und 2) und
  159. Art. 17, 29 CMR (Schadensfall 3) angenommen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
  160. Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Die Ansprüche seien jedenfalls durch
  161. 12
  162. Überlassung der Schadensunterlagen konkludent von den Versendern an sie
  163. abgetreten worden. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz liege nicht
  164. vor.
  165. 13
  166. Die Beklagte hafte wegen qualifizierten Verschuldens unbeschränkt. In
  167. den Schadensfällen 1 und 3 ergebe sich dies schon daraus, dass die Beklagte
  168. dem von der Klägerin erhobenen Vorwurf eines Diebstahls durch Mitarbeiter der
  169. Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten sei. Außerdem weise die Betriebsorganisation der Beklagten schwerwiegende Mängel auf, da sie keine
  170. durchgehenden Schnittstellenkontrollen vorsehe. Einen Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen habe die Beklagte mit den Versendern jedenfalls nicht wirksam vereinbart. Im Schadensfall 2 habe die Beklagte nicht
  171. nachgewiesen, dass sich das fragliche Paket in der während des Transports
  172. ausgebrannten Wechselbrücke befunden habe. Der Inhalt dieses Containers
  173. sei nicht erfasst worden. Demgemäß könne die Beklagte die Übergabe des in
  174. Rede stehenden Pakets an ihren Subunternehmer nicht urkundlich belegen. Die
  175. vorgenommene Ausgangsscannung innerhalb des Umschlagslagers der Beklagten könne keinen Beweis dafür erbringen, dass das gescannte Paket tat-
  176. -9-
  177. sächlich dieses Umschlagslager verlassen habe. Die vorgenommene Scannung
  178. könne daher eine Ausgangskontrolle nicht ersetzen.
  179. Auch im Schadensfall 3 stehe fest, dass die Beklagte das Paket zur Be-
  180. 14
  181. förderung übernommen habe. Der Beweis sei durch die im EDI-Verfahren erstellte und vom Abholfahrer abgezeichnete Versandliste geführt, da die Beklagte nicht unverzüglich nach Eingang der Warensendung eine Differenz zwischen
  182. der übertragenen Versandliste und dem tatsächlichen Paketeingang reklamiert
  183. habe.
  184. 15
  185. Ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB wegen unterlassener
  186. Wertdeklaration falle den Versendern nicht zur Last. Es stehe nicht fest, dass
  187. die Beklagte die bei den Empfängern nicht angekommenen Pakete mit erhöhter
  188. Sicherheit befördert hätte, wenn sie als Wertpakete versandt worden wären. Die
  189. Beklagte habe nicht dargetan, wie Wertpakete im EDI-Verfahren mit erhöhter
  190. Beförderungssicherheit transportiert würden. Zudem seien die Versender nicht
  191. belehrt worden, wie sie im EDI-Verfahren hätten vorgehen müssen, um eine
  192. erhöhte Transportsicherheit zu erreichen. Ein Mitverschulden gemäß § 254
  193. Abs. 2 Satz 1 BGB wegen Unterlassens eines Hinweises auf einen außergewöhnlich hohen Schaden scheide ebenfalls aus, da dieser erst ab einem Paketwert von über 50.000 US-Dollar anzunehmen sei.
  194. 16
  195. II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
  196. Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann in den streitgegenständlichen Schadensfällen ein Mitverschulden der Versender in Betracht kommen.
  197. - 10 -
  198. 17
  199. 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin Inhaberin der geltend gemachten Schadensersatzansprüche ist. Dies
  200. folgt, wenn die Klägerin - wie sie behauptet - die Versender entschädigt hat, aus
  201. § 67 Abs. 1 VVG oder aber jedenfalls aus der zumindest konkludent erklärten
  202. Abtretung der Versender, die jeweils in der Überlassung sämtlicher Schadensunterlagen zu sehen ist. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
  203. durch den Transportversicherer verstößt - wie der Senat zeitlich nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat - selbst dann nicht gegen das
  204. Rechtsberatungsgesetz, wenn der Versicherer den Schaden seines Versicherungsnehmers noch nicht reguliert hat und deshalb aus abgetretenem Recht
  205. gegen den beklagten Spediteur/Frachtführer vorgeht (BGH, Urt. v. 1.12.2005
  206. - I ZR 85/04 Tz. 20, TranspR 2006, 166, 167).
  207. 18
  208. 2. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß die Voraussetzungen
  209. einer vertraglichen Haftung der Beklagten für die hier in Rede stehenden Verluste von Transportgut nach § 425 Abs. 1, § 429 Abs. 1 HGB (Schadensfälle 1
  210. und 2) und Art. 17 Abs. 1 CMR (Schadensfall 3) bejaht. Es ist dabei zutreffend
  211. und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Beklagte von den Versendern als Fixkostenspediteur i.S. von § 459 HGB beauftragt worden ist und ihre Haftung sich demgemäß grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB, Art. 17 ff.
  212. CMR) und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt.
  213. 19
  214. 3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht im Schadensfall 3 die Übergabe des bei dem Empfänger nicht angekommenen Pakets an die Beklagte für bewiesen erachtet hat.
  215. - 11 -
  216. 20
  217. Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurde der dem Schadensfall 3 zugrunde liegende Transport im EDI-Verfahren abgewickelt. Durch die Vereinbarung dieses Verfahrens haben die Versicherungsnehmerin der Klägerin als Versenderin und die Beklagte die Abrede
  218. getroffen, dass der Inhalt einer Versandliste für einen von dem Abholfahrer der
  219. Beklagten quittierten Feeder als bestätigt gilt, sofern die Beklagte dem nicht
  220. unverzüglich widerspricht. Denn der Versender kann - wie der Senat ebenfalls
  221. zeitlich nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat - nach Treu und
  222. Glauben (§ 242 BGB) davon ausgehen, dass der Spediteur/Frachtführer nach
  223. Öffnung des verplombten Behältnisses, in dem sich die Pakete befinden, die
  224. Richtigkeit der Versandliste unverzüglich überprüft und Beanstandungen dem
  225. Versender ebenfalls unverzüglich mitteilt. Unterbleibt eine solche Beanstandung, kann der Versender dies nach Sinn und Zweck des EDI-Verfahrens als
  226. Bestätigung der Versandliste ansehen, die damit die Wirkung einer Empfangsbestätigung erhält (BGH, Urt. v. 4.5.2005 - I ZR 235/02, TranspR 2005, 403,
  227. 404 = VersR 2006, 573). Die - wie bei einer Empfangsbestätigung - begründete
  228. Vermutung, dass die in der Versandliste aufgeführten Pakete in die Obhut der
  229. Beklagten gelangt sind, hat die Beklagte im Schadensfall 3 nicht widerlegt.
  230. 21
  231. 4. Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte schulde in den Schadensfällen 1 und 3
  232. gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB (Schadensfall 1), Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR
  233. (Schadensfall 3) Schadensersatz, ohne sich auf die im Gesetz und in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehenen Haftungsbeschränkungen
  234. berufen zu können, da sie die hier in Rede stehenden Warenverluste leichtfertig
  235. und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten
  236. werde, verursacht habe.
  237. - 12 -
  238. 22
  239. a) Das Berufungsgericht hat den Vorwurf des leichtfertigen Handelns
  240. (auch) darauf gestützt, dass eine Betriebsorganisation des Spediteurs/Frachtführers, die - wie im vorliegenden Fall - Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, den Vorwurf eines
  241. leichtfertigen Verhaltens rechtfertigt, weil es sich hierbei um elementare Vorkehrungen gegen den Verlust von Ware handelt.
  242. 23
  243. b) Diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie
  244. entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ
  245. 158, 322, 330 ff.; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401
  246. = VersR 2006, 570; BGH TranspR 2005, 403, 405 m.w.N.).
  247. 24
  248. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Versender
  249. nicht wirksam auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen verzichtet haben. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein solcher Verzicht
  250. nicht aus Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten
  251. (Stand November 2000). Dabei kann offenbleiben, ob sich die Regelung in Nr. 2
  252. der Beförderungsbedingungen der Beklagten lediglich auf die Dokumentation
  253. der Schnittstellenkontrollen bezieht oder ob sie sich auch auf die Durchführung
  254. der Kontrollen selbst erstreckt. Wie der Senat - ebenfalls zeitlich nach Verkündung des Berufungsurteils - entschieden hat, wäre die Klausel, wenn sie einen
  255. Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen selbst enthielte, gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB unwirksam. Denn nach dieser Vorschrift kann
  256. von der gesetzlichen Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB nur durch eine
  257. im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung abgewichen werden (BGH, Urt. v.
  258. 1.12.2005 - I ZR 108/04 Tz. 21 ff., TranspR 2006, 171, 173; Urt. v. 1.12.2005
  259. - I ZR 103/04, TranspR 2006, 169, 170 = NJW-RR 2006, 758 Tz. 18 ff.).
  260. - 13 -
  261. c) Da sich das qualifizierte Verschulden der Beklagten schon aus dem
  262. 25
  263. Fehlen von durchgehenden Schnittstellenkontrollen ergibt, kommt es in den
  264. Schadensfällen 1 und 3 nicht darauf an, ob - wie das Berufungsgericht angenommen hat - die Beklagte dem von der Klägerin erhobenen Vorwurf eines
  265. Diebstahls der abhandengekommenen Waren durch Mitarbeiter der Beklagten
  266. nicht substantiiert entgegengetreten ist. Ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG i.V. mit § 139 Abs. 1 ZPO - wie von der Revision gerügt - hätte sich nicht entscheidungserheblich ausgewirkt.
  267. 5. Die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts,
  268. 26
  269. auch im Schadensfall 2 hafte die Beklagte unbeschränkt, haben dagegen Erfolg.
  270. 27
  271. a) Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewusste Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB vorliegt, wird vom Revisionsgericht daraufhin nachgeprüft, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der bewussten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen Denkgesetze oder
  272. Erfahrungssätze vorliegen (BGHZ 158, 322, 327).
  273. 28
  274. b) Das Berufungsgericht ist bei seiner Annahme, der Beklagten sei auch
  275. im Schadensfall 2 ein qualifiziertes Verschulden anzulasten, davon ausgegangen, dass der Frachtführer den von ihm geschilderten Schadenshergang beweisen müsse. Im Streitfall habe die Beklagte nicht bewiesen, dass das beim
  276. Empfänger nicht angekommene Paket tatsächlich verbrannt sei. Es könne nicht
  277. ausgeschlossen werden, dass das Paket überhaupt nicht in den Container gelangt sei. Die Scannungen erbrächten nur den Nachweis, dass sich das Paket
  278. zu den angegebenen Zeitpunkten innerhalb des Umschlagslagers befunden
  279. habe. Selbst unter Zugrundelegung des üblichen Betriebsablaufs habe das Pa-
  280. - 14 -
  281. ket noch einen Laufweg von einer Minute zurücklegen müssen, bevor es am
  282. Container angekommen sei. Ob das Paket diesen Weg angetreten und den
  283. Container tatsächlich erreicht habe, bleibe ungewiss. Unter diesen Umständen
  284. sei davon auszugehen, dass die Beklagte nicht bewiesen habe, dass sich das
  285. beim Empfänger nicht angekommene Paket in der ausgebrannten Wechselbrücke befunden habe.
  286. 29
  287. c) Mit dieser Begründung kann ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB nicht angenommen werden.
  288. 30
  289. aa) Grundsätzlich ist der Anspruchsteller gehalten, die Voraussetzungen
  290. für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen
  291. oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu
  292. beweisen. Danach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der
  293. Frachtführer oder seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 469 = NJW
  294. 2003, 3626; Urt. v. 4.3.2004 - I ZR 200/01, TranspR 2004, 460, 461; Urt. v.
  295. 14.6.2006 - I ZR 136/03, TranspR 2006, 348 = VersR 2007, 273 Tz. 13). Die
  296. dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann - wovon
  297. auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist - jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten
  298. ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Insbesondere hat er substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er konkret aufgewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann daraus nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Ver-
  299. - 15 -
  300. schulden gerechtfertigt sein (BGHZ 127, 275, 283 ff.; 129, 345, 349 ff.; 145,
  301. 170, 183 ff.; BGH TranspR 2006, 348 = VersR 2007, 273 Tz. 13).
  302. 31
  303. bb) Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast insoweit nachgekommen, als sie die Organisationsmaßnahmen in ihrem Umschlagslager vor
  304. der Beladung des Containers im Einzelnen vorgetragen und das Ausbrennen
  305. des Containers während des Transports als Schadensursache dargelegt hat.
  306. Dem Berufungsgericht kann daher nicht in seiner Annahme beigetreten werden,
  307. auch im Schadensfall 2 müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte
  308. ihrer Einlassungsobliegenheit nicht genügen könne und sie daher auch diesen
  309. Paketverlust leichtfertig verursacht habe.
  310. 32
  311. cc) Soweit davon auszugehen ist, dass die Beklagte beim Umschlag von
  312. Transportgütern keine durchgängigen Ein- und Ausgangskontrollen durchführt,
  313. ist dies im Schadensfall 2 unerheblich, da das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, dass ein solcher Organisationsmangel an anderen Umschlagsplätzen
  314. für den Verlust des Pakets ursächlich gewesen ist. Es obliegt zwar grundsätzlich dem Frachtführer, sich im Falle eines groben Organisationsmangels in Bezug auf dessen fehlender Schadensursächlichkeit zu entlasten. Voraussetzung
  315. dafür ist jedoch, dass das zu beanstandende Verhalten als Schadensursache
  316. ernsthaft in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 122/99, TranspR
  317. 2002, 448 m.w.N.). Daran fehlt es hier jedoch. Das Berufungsgericht hat allein
  318. darauf abgestellt, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass das in Rede
  319. stehende Paket zwischen der Ausgangsscannung und dem Container verlorengegangen sei.
  320. 33
  321. dd) Danach kann das qualifizierte Verschulden der Beklagten weder mit
  322. einer Verletzung der Einlassungsobliegenheit noch mit dem Unterlassen von
  323. - 16 -
  324. durchgängigen Schnittstellenkontrollen begründet werden. Der Beklagten gereicht es auch nicht zum Nachteil, dass sie die von ihr geschilderte Schadensursache nicht bewiesen hat, da ihr insoweit keine Beweislast obliegt. Denn der
  325. Anspruchsteller muss, wenn der Spediteur/Frachtführer seiner Einlassungsobliegenheit - wie hier - genügt hat, die Voraussetzungen für eine unbeschränkte
  326. Haftung des Frachtführers darlegen und gegebenenfalls beweisen. Es kommt
  327. vielmehr darauf an, ob in dem fraglichen Umschlagslager grobe Organisationsmängel vorliegen. Die vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen
  328. rechtfertigen eine solche Annahme nicht.
  329. 34
  330. (1) Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es sich
  331. beim Umschlag von Transportgütern um einen besonders schadensanfälligen
  332. Bereich handelt, der deshalb so organisiert werden muss, dass in der Regel
  333. Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbestände frühzeitig
  334. festgehalten werden können. Denn ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrollen, die im Regelfall einen körperlichen Abgleich der papier- bzw. EDVmäßig erfassten Waren erfordern, kann ein verlässlicher Überblick über Lauf
  335. und Verbleib der in den einzelnen Umschlagsstationen ein- und abgehenden
  336. Güter nicht gewonnen werden mit der Folge, dass der Eintritt eines Schadens
  337. und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht
  338. eingegrenzt werden können (vgl. BGHZ 158, 322, 330 m.w.N.).
  339. 35
  340. (2) Für das Revisionsverfahren ist mangels gegenteiliger Feststellungen
  341. zugunsten der Beklagten davon auszugehen, dass die Ausgangsscannung in
  342. dem fraglichen Lager dergestalt platziert ist, dass sich ein Paket danach nur
  343. noch etwa eine Minute auf einem Förderband befindet, bevor es in den Container gelangt. Dies reicht für die Annahme eines bewusst leichtfertigen Organisationsverschuldens nicht aus. Das Berufungsgericht überspannt insoweit die An-
  344. - 17 -
  345. forderungen an die Organisation. Es ist nicht erforderlich, dass die Ausgangskontrolle unmittelbar vor der Containerbeladung erfolgt. Solange gewährleistet
  346. ist, dass das Paket in der Zeit nach der Ausgangsscannung nicht fehlgeleitet
  347. wird und keinem unbemerkten Zugriff unterliegt, ist die Kontrolle ausreichend,
  348. um im Verlustfall den Schadensort zu lokalisieren. Entsprechendes hat die Beklagte vorgetragen.
  349. 36
  350. 6. Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden der Versender
  351. nicht zurechnen lassen.
  352. 37
  353. a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der
  354. Mitverschuldenseinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S. von
  355. § 435 HGB (Art. 29 Abs. 1 CMR) zu berücksichtigen ist (vgl. BGH NJW 2003,
  356. 3626; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179 = NJW-RR
  357. 2004, 394).
  358. 38
  359. b) Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht in seiner Annahme beigetreten werden, ein Mitverschulden der Versender gemäß § 254 Abs. 1 BGB wegen
  360. Unterlassens einer Wertdeklaration komme nicht in Betracht, weil nicht festgestellt werden könne, dass die Beklagte Pakete bei zutreffender Wertangabe mit
  361. größerer Sorgfalt behandelt, also besonderen Sicherungen unterstellt hätte.
  362. 39
  363. aa) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen,
  364. dass ein Versender in einen gemäß § 425 Abs. 2 HGB (§ 254 Abs. 1 BGB) beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der
  365. Spediteur/Frachtführer die Pakete bei richtiger Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl vol-
  366. - 18 -
  367. len Schadensersatz verlangt (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2004,
  368. 399, 401).
  369. 40
  370. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Versender in den Schadensfällen 2 und 3 hätten aufgrund der Nr. 2 der Beförderungsbedingungen der Beklagten gewusst, dass nach der Betriebsorganisation der Beklagten bei Wertpaketen eine erhöhte Beförderungssicherheit gewährleistet werden solle.
  371. 41
  372. Es ist weiter davon auszugehen, dass es für ein zu berücksichtigendes
  373. Mitverschulden ausreichen kann, wenn der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Transporteur hätte erkennen müssen (vgl.
  374. BGH, Urt. v. 20.7.2006 - I ZR 9/05, TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28
  375. Tz. 25 m.w.N.). Im Schadensfall 1 hätte sich die Versenderin aus Nr. 10 der
  376. Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten die Kenntnis verschaffen
  377. können, dass bei einer Beförderung eines Pakets als Wertpaket bei der Beklagten weitergehende Kontrollen vorgesehen sind als bei nicht wertdeklarierten
  378. Paketen (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 284/02 Tz. 27, TranspR 2006, 202,
  379. 204 f.).
  380. 42
  381. bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vortrag der
  382. Beklagten, sie behandele wertdeklarierte Pakete sorgfältiger als nicht wertdeklarierte, nicht deshalb unerheblich, weil die verlorengegangenen Pakete jeweils im Wege des sogenannten EDI-Verfahrens versandt worden sind.
  383. 43
  384. (1) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht dargetan,
  385. auf welche Weise sie sicherstellt, dass Wertpakete auch in diesem Verfahren
  386. mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert werden.
  387. - 19 -
  388. 44
  389. (2) Mit dieser Begründung kann ein Mitverschulden der Versender wegen
  390. Unterlassens einer Wertdeklaration nicht verneint werden. Die von der Beklagten vorgetragenen zusätzlichen Kontrollen bei der Beförderung von Wertpaketen können allerdings nicht umgesetzt werden, wenn Kunden, die am EDIVerfahren teilnehmen, bei der Eingabe der Paketdaten zwar eine Wertdeklaration vornehmen, das wertdeklarierte Paket dann aber zusammen mit anderen
  391. Paketen in den Feeder geben. Zu Recht weist die Revision aber darauf hin,
  392. dass es offenkundig ist, dass eine gesonderte Behandlung von Wertpaketen im
  393. Falle einer separaten Übergabe an den Frachtführer möglich ist (vgl. BGH
  394. TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 31).
  395. 45
  396. Wenn - was mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts
  397. zugunsten der Beklagten zu unterstellen ist - die konkrete Ausgestaltung des
  398. Versandverfahrens dem Absender keinerlei Anhaltspunkte bietet, auf welche
  399. Weise wertdeklarierte Pakete einem besonders kontrollierten Transportsystem
  400. zugeführt werden, hat er selbst Maßnahmen zu ergreifen, um auf eine sorgfältigere Behandlung des wertdeklarierten Pakets aufmerksam zu machen (vgl.
  401. BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 31). Von einem schadensursächlichen Mitverschulden der Versender ist deshalb auszugehen, weil sie hätten erkennen können, dass eine sorgfältigere Behandlung durch die Beklagte
  402. nur gewährleistet ist, wenn wertdeklarierte Pakete nicht mit anderen Paketen in
  403. den Feeder gegeben, sondern dem Abholfahrer der Beklagten gesondert übergeben werden. Dass eine solche separate Übergabe an den Abholfahrer erforderlich ist, liegt angesichts der Ausgestaltung des vorliegend angewandten Verfahrens, das im beiderseitigen Interesse der Beschleunigung des Versands
  404. darauf angelegt ist, dass Paketkontrollen zunächst unterbleiben (vgl. BGH
  405. TranspR 2005, 403, 404), für einen ordentlichen und vernünftigen Versender
  406. auf der Hand (BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 32).
  407. - 20 -
  408. c) Mit Erfolg wendet sich die Revision in den Schadensfällen 2 und 3
  409. 46
  410. auch gegen die Verneinung eines Mitverschuldens der Versender wegen Unterlassens eines Hinweises auf die Gefahr eines besonders hohen Schadens
  411. (§ 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB).
  412. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein ungewöhnlich hoher
  413. 47
  414. Schaden nicht erst bei einem Paketwert oberhalb von 50.000 US-Dollar anzunehmen. Wie der Senat - ebenfalls zeitlich nach Verkündung des Berufungsurteils - entschieden hat, ist die Gefahr eines besonders hohen Schadens im Allgemeinen in solchen Fällen gegeben, in denen der Wert eines Pakets 5.000 €
  415. übersteigt, also etwa den zehnfachen Betrag der Haftungshöchstgrenze gemäß
  416. den Beförderungsbedingungen der Beklagten ausmacht (vgl. BGH, Urt. v.
  417. 1.12.2005 - I ZR 265/03, TranspR 2006, 208 = NJW-RR 2006, 1108 Tz. 20;
  418. BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 34). Ein ungewöhnlich hoher
  419. Schaden i.S. von § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ist danach in den Schadensfällen 2
  420. und 3 gegeben, da der Wert der Paketinhalte nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts jeweils mehr als 5.000 € betragen
  421. hat.
  422. 48
  423. Die Kausalität des Mitverschuldenseinwands nach § 254 Abs. 2 Satz 1
  424. BGB kann nur verneint werden, wenn der Transporteur trotz eines Hinweises
  425. auf den ungewöhnlichen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte (BGH TranspR 2006, 208 = NJW-RR 2006, 1108 Tz. 22). Dazu hat
  426. das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen.
  427. - 21 -
  428. 49
  429. III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten
  430. aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  431. über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
  432. 50
  433. 1. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht
  434. Feststellungen dazu zu treffen haben, ob durch die Organisation der Beklagten
  435. gewährleistet ist, dass nach der Ausgangsscannung die Pakete auch tatsächlich in den für einen Weitertransport bereitstehenden Container gelangen.
  436. Nachdem die Beklagte ihrer Einlassungsobliegenheit insoweit nachgekommen
  437. ist, ist es Sache der Klägerin, den Nachweis dafür zu erbringen, dass das Verhalten des Spediteurs/Frachtführers den strengen Verschuldensvorwurf rechtfertigt (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 469; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., § 435
  438. HGB Rdn. 21; zum Warschauer Abkommen vgl. BGHZ 145, 170, 185; zur Beweislastverteilung im Falle der sekundären Darlegungslast vgl. BGH, Urt. v.
  439. 3.5.2002 - V ZR 115/01, NJW-RR 2002, 1280; MünchKomm.ZPO/Peters,
  440. 2. Aufl., § 138 Rdn. 22; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 138 Rdn. 38).
  441. Sofern danach ein grobes Organisationsverschulden festgestellt wird, obliegt
  442. der Beklagten der Nachweis, dass das Paket tatsächlich verbrannt ist und es
  443. somit an der Kausalität des festgestellten Organisationsmangels fehlt.
  444. 51
  445. 2. Im Rahmen der Haftungsabwägung wegen eines Mitverschuldens der
  446. Versender, die grundsätzlich dem Tatrichter obliegt (vgl. BGHZ 149, 337, 355),
  447. wird zu beachten sein, dass die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen
  448. gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der Haftungsquote relevanten
  449. Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist
  450. auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten Be-
  451. - 22 -
  452. reichs veranlasst (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04 Tz. 30, TranspR 2006,
  453. 205, 207).
  454. Ferner ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von
  455. 52
  456. Bedeutung: Je höher der tatsächliche Wert des nicht wertdeklarierten Pakets
  457. ist, desto gewichtiger ist der in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende
  458. Schadensbeitrag. Dies gilt auch im Falle eines Mitverschuldens wegen Unterlassens des Hinweises auf die Gefahr eines besonders hohen Schadens (§ 254
  459. Abs. 2 BGB). Denn je höher der Wert der zu transportierenden Paketsendung
  460. ist, desto offensichtlicher ist es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Spediteur erfordert, und desto größer ist
  461. das in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Verschulden des Versenders gegen sich selbst (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04 Tz. 31, TranspR
  462. 2006, 205, 207). Hieraus folgt für den Streitfall, dass beispielsweise der Mitverschuldensanteil im Schadensfall 3 deutlich über dem im Schadensfall 1 liegen
  463. muss.
  464. 53
  465. Bei der Bemessung der Quote wird zudem zu berücksichtigen sein, dass
  466. auf Seiten der Beklagten ein qualifiziertes Verschulden vorliegt, so dass der
  467. Verschuldensanteil in der Regel höher zu gewichten ist. Nach den Umständen
  468. des Einzelfalls kann aber auch ein Mitverschuldensanteil von mehr als 50 % in
  469. Betracht kommen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 109/04, TranspR
  470. 2007, 405; anders noch Urt. v. 11.11.2004 - I ZR 120/02, TranspR 2006, 161,
  471. 165). Dies gilt vor allem in Fällen, in denen das Paket aufgrund der Beförderungsbedingungen der Beklagten von einem Transport ausgeschlossen ist
  472. (BGH, Urt. v. 15.2.2007 - I ZR 186/03, TranspR 2007, 164 Tz. 30; BGH
  473. TranspR 2007, 405). Eine höhere Quote als 50 % kann aber auch dann sachgerecht sein, wenn der Wert des Pakets - unabhängig vom Überschreiten einer
  474. - 23 -
  475. in den Beförderungsbedingungen gesetzten Wertgrenze - sehr deutlich über
  476. dem Betrag liegt, ab dem ein Hinweis auf einen ungewöhnlich hohen Schaden
  477. hätte erfolgen müssen. Dies kann bei den hier in Rede stehenden Schadensfällen nicht angenommen werden. Die Art und Weise der Abwägung der Mitverschuldensquote muss aber auch bei den vorliegenden geringeren Paketwerten
  478. im Blick haben, dass sie bei hohen Warenwerten nicht zu unangemessenen
  479. Ergebnissen führt.
  480. Bornkamm
  481. Pokrant
  482. RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg
  483. ist ausgeschieden und kann daher nicht unterschreiben.
  484. Bornkamm
  485. Büscher
  486. Schaffert
  487. Vorinstanzen:
  488. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.04.2004 - 31 O 3/03 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 02.02.2005 - I-18 U 122/04 -