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423 lines
25 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 207/00
  5. Verkündet am:
  6. 31. Oktober 2002
  7. Walz
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. BGHR:
  16. ja
  17. Dresdner Christstollen
  18. MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, § 30 Abs. 2 Nr. 2, § 97 Abs. 2, § 100 Abs. 1,
  19. § 101 Abs. 1, § 102 Abs. 2 Nr. 5, § 127
  20. a) Der Inhaber einer Kollektivmarke kann in entsprechender Anwendung des
  21. § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG die Rechte aus der Marke wegen eines Verstoßes eines Verbandsmitglieds gegen die in der Markensatzung geregelten
  22. Bedingungen für die Markenbenutzung geltend machen.
  23. b) Die in § 100 Abs. 1 MarkenG enthaltene Schutzschranke soll den rechtmäßigen Benutzern (§ 127 MarkenG) einer geographischen Herkunftsangabe
  24. unabhängig von ihrer Verbandsmitgliedschaft eine den guten Sitten nicht
  25. widersprechende Verwendung der geographischen Herkunftsangabe ermöglichen.
  26. c) Benutzt ein Verbandsmitglied eine über die reine geographische Herkunftsangabe weitere Elemente enthaltende Kollektivmarke, hat es sich an die in
  27. der Markensatzung angeführten Bedingungen für die Benutzung der Kollektivmarke zu halten.
  28. BGH, Urt. v. 31. Oktober 2002 - I ZR 207/00 - OLG Dresden
  29. LG Leipzig
  30. -2-
  31. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
  32. und die Richter Prof. Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
  33. für Recht erkannt:
  34. Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2000 im Kostenpunkt und im
  35. übrigen teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt gefaßt:
  36. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung
  37. des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Leipzig - 5. Zivilkammer - vom 18. Februar 2000 im
  38. Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen unter Beibehaltung der Strafandrohung im Unterlassungsausspruch abändernd neu gefaßt:
  39. Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr einen mit der Verbandsmarke des
  40. Schutzverbandes "Dresdner Stollen" und mit dessen Qualitätssiegel in Übereinstimmung mit der Satzung des
  41. Schutzverbandes gekennzeichneten Stollen zugleich mit
  42. "a. Confiserie" zu kennzeichnen und die so gekennzeichneten Stollen mit folgender Aufmachung in den Verkehr zu
  43. bringen:
  44. -3-
  45. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/3 und die
  46. Beklagten 2/3.
  47. Von Rechts wegen
  48. -4-
  49. Tatbestand:
  50. Der Kläger, der Schutzverband Dresdner Stollen, ist ein eingetragener
  51. Verein, dessen Verbandszweck in der Förderung der gewerblichen Interessen
  52. seiner Mitglieder im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb von
  53. Dresdner Stollen und in dem Schutz der Verbraucher von Stollen vor Irreführungen besteht. Der Kläger ist Inhaber der als Kollektivmarken für "Stollen" eingetragenen Wortmarke Nr. 39542517.4 "Dresdner Christstollen" und der Wort-/
  54. Bildmarke Nr. 29002511, welche das vom Verband benutzte Qualitätssiegel
  55. darstellt. Beide Marken sind in Kraft. Der Löschungsantrag des Beklagten zu 1,
  56. der damit begründet wurde, "Dresdner Stollen" sei als Gattungsbezeichnung für
  57. Backwaren freizuhalten, ist mit Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. Oktober 2000 zurückgewiesen worden.
  58. In der seit dem 23. Juli 1999 geltenden Fassung seiner Satzung gestattet
  59. der Kläger seinen Mitgliedern, ihre Stollen mit den Verbandsmarken "Dresdner
  60. Stollen" oder mit "Dresdner Christstollen" zu kennzeichnen. Weiter heißt es in
  61. der Satzung:
  62. § 3 Benutzung der Verbandsmarke
  63. (1) ...
  64. (3) Soweit es die Benutzungsform angeht, ist "Dresdner" stets Kennzeichenbestandteil, hingegen kann der Bestandteil "Stollen" ergänzt und modifiziert werden, das betrifft insbesondere solche ergänzenden Hinweise wie "Weihnachts-", "Christ-", aber auch Hinweise auf die besonderen Zutaten wie "Butter-", "Mandel-" oder "Rosinen-".
  65. ...
  66. (5) Die Verbandsmarke hat auf der sichtbaren Oberseite der Stollenverpackung
  67. als dominierendes Kennzeichen zu erscheinen soweit es die Schriftgröße und
  68. -5-
  69. farbliche Gestaltung betrifft. Das gilt auch für die in Abs. 3 genannten Variationen.
  70. § 4 Benutzung weiterer Kennzeichen
  71. (1) Jedes Verbandsmitglied ist verpflichtet, seinen Namen bzw. seine Firma auf
  72. mindestens einer sichtbaren Fläche der Verpackung anzubringen, wobei dies
  73. in der optischen Wirkung gegenüber der Verbandsmarke zurückgesetzt erfolgt.
  74. (2) Neben der Verbandsmarke und seinem Namen bzw. seiner Firma ist es jedem Verbandsmitglied gestattet, weitere Kennzeichen zu benutzen, wenn dadurch die optische Dominanz der Verbandsmarke nicht beeinträchtigt wird.
  75. Der Beklagte zu 1 ist Inhaber einer Bäckerei in der Umgebung von Dresden im Bereich des Schutzverbandes. Er ist Mitglied des klagenden Verbandes.
  76. Er stellt Stollen nach den vom Kläger festgelegten Rezepturen und Qualitätsmaßstäben her. Die Beklagte zu 2, eine GmbH mit Sitz in Schleswig-Holstein,
  77. handelt u.a. mit Back- und Konditorwaren, die sie unter der Marke "a. " bundesweit vertreibt. Sie hat die von dem Beklagten zu 1 hergestellten, verpackten
  78. und gelieferten Christstollen in der Weihnachtssaison 1999 in den Handel gebracht. Auf der Verpackung befinden sich die Bezeichnung "Original Dresdner
  79. Christstollen", das als Kollektivmarke geschützte Qualitätssiegel des Klägers
  80. und das Zeichen "a. Confiserie".
  81. Im Klageantrag ist die Oberseite der Verpackung mit aufgeklappter Vorderseite wiedergegeben.
  82. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die von den Beklagten für den Vertrieb verwandte Verpackung entspreche nicht den Vorgaben der Satzung. Neben der Benutzung der Kollektivmarke sei es verboten, Kennzeichen von
  83. Nichtmitgliedern anzubringen. Der Schutz der Kollektivmarke werde durch die
  84. Verwendung der Kennzeichen Dritter beeinträchtigt. Entgegen der Satzung do-
  85. -6-
  86. miniere nach dem Gesamteindruck auch nicht das Zeichen "Dresdner Christstollen" gegenüber der Bezeichnung "a. Confiserie" der Beklagten zu 2.
  87. Der Kläger hat beantragt,
  88. I.
  89. die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr einen mit
  90. der Verbandsmarke des Schutzverbandes "Dresdner Stollen"
  91. und mit dessen Qualitätssiegel in Übereinstimmung mit der
  92. Satzung des Schutzverbandes gekennzeichneten Stollen zugleich mit "a. Confiserie" zu kennzeichnen und die so gekennzeichneten Stollen in den Verkehr zu bringen, insbesondere in
  93. folgender Aufmachung:
  94. -7-
  95. II. 1. den Beklagten zu 1 zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu
  96. erteilen über die Anzahl und das Einzelgewicht der von ihm
  97. seit dem 1. September 1999 mit der unter I. beschriebenen
  98. Kennzeichnung an die Beklagte zu 2 bzw. in deren Auftrag
  99. an Dritte ausgelieferten Stollen, aufgegliedert nach Kalendermonaten;
  100. 2. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen, in welcher Anzahl und Einzelgewicht sie seit dem
  101. 1. September 1999 die im Klageantrag zu I. bezeichneten
  102. Stollen abverkauft hat;
  103. 3. die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger über die Abgabepreise der im Klageantrag zu I. bezeichneten Stollen Auskunft zu erteilen seit dem 1. September 1999, und zwar aufgegliedert nach Monaten;
  104. III. die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem aus den seit dem 1. September 1999 begangenen Handlungen gemäß Klageantrag zu I. bereits entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
  105. Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht,
  106. die von ihnen gewählte Verpackung verstoße nicht gegen die Satzung des Klägers. Die Anbringung der Kennzeichnung von Dritten, die nicht Mitglieder des
  107. Klägers seien, sei zulässig. Die Marke der Beklagten zu 2 dominiere nicht gegenüber der Kollektivmarke des Klägers.
  108. -8-
  109. Das Landgericht hat der Klage bis auf den Klageantrag zu II. 3. (Auskunft
  110. über die Abgabepreise) stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das
  111. Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
  112. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er unter Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts die Zurückweisung der Berufung der
  113. Beklagten erstrebt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
  114. Entscheidungsgründe:
  115. I. Das Berufungsgericht hat die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche für nicht begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
  116. Zwar sei der Kläger aktivlegitimiert. Als Inhaber einer Kollektivmarke
  117. könne er in analoger Anwendung des § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Ansprüche
  118. gegen seine Mitglieder geltend machen. Die gerichtliche Verfolgung der Ansprüche sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger zunächst vereinsinterne Sanktionen habe ergreifen müssen.
  119. Eine Markenverletzung, die Ansprüche nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5
  120. i.V. mit § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründen könne, sei jedoch nicht gegeben.
  121. Die Beklagten verstießen nicht gegen § 4 Abs. 2 der Satzung des Klägers. Die Vorschrift verbiete nicht die Verwendung von Drittmarken. Auch ein
  122. Verstoß gegen die nach § 4 der Satzung vorgesehene Dominanz der Kollektiv-
  123. -9-
  124. marke sei nicht gegeben. Diese werde durch den Aufdruck "a.
  125. Confiserie"
  126. nicht beeinträchtigt. Unerheblich sei es, daß der Beklagte zu 1 nach § 3 Abs. 5
  127. der Satzung verpflichtet sei, auf der Oberseite der Verpackung die Kollektivmarke des Klägers zu verwenden. Ein eventueller Verstoß hiergegen werde
  128. vom Kläger nicht gerügt und führe jedenfalls nicht zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der optischen Dominanz der Kollektivmarke. Da der Verbraucher
  129. von der Verpackung in aller Regel neben der "Oberseite" auch eine der beiden
  130. Stirnseiten sehe, werde die Verpackung von dem Schriftzug "Original Dresdner
  131. Christstollen" und dem Qualitätssiegel des Klägers dominiert. Um diese Dominanz zu beeinträchtigen, sei die Marke der Beklagten zu 2 zu klein und farblich
  132. zu wenig hervorstechend.
  133. Ansprüche aus §§ 1, 3 UWG bestünden nicht, da mit der Verwendung
  134. der angegriffenen Verpackung weder eine Täuschung über die geographische
  135. noch über die betriebliche Herkunft verursacht werde. Eine Rufausbeutung i.S.
  136. des § 1 UWG sei ebenfalls nicht gegeben. Der Beklagte zu 1 habe die Zeichen
  137. in Übereinstimmung mit der Satzung des Klägers verwendet. Da er die Kollektivmarke satzungsgemäß benutzt habe, seien die auf Markenrechte gestützten
  138. Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 2 erschöpft.
  139. II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
  140. teilweise Erfolg. Sie führen zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden
  141. landgerichtlichen Urteils soweit die Anträge sich auf die konkrete Verletzungsform beziehen. Im übrigen bleibt es bei der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Abweisung der Klage.
  142. 1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt.
  143. - 10 -
  144. a) Nach der Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der
  145. Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar
  146. umrissen sind, sich die Beklagten deshalb nicht erschöpfend verteidigen können und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber
  147. überlassen bleibt, was den Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v.
  148. 26.10.2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 454 = WRP 2001, 400 - TCMZentrum).
  149. b) Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag. Er ist zwar in mehrfacher Hinsicht auslegungsbedürftig. Der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis wird jedoch hinreichend deutlich. Der Kläger begehrt ein Verbot
  150. des Inverkehrbringens von Stollen, die sowohl mit den Kollektivmarken "Dresdner Christstollen" und "Qualitätssiegel" als auch mit dem Zeichen "a. Confiserie" gekennzeichnet sind, jedenfalls in der im Klageantrag wiedergegebenen
  151. konkreten Verletzungsform. Dies folgt aus dem Vorbringen des Klägers, auf das
  152. er die Klage stützt und das zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehen ist
  153. (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 115/99, GRUR 2002, 177, 179 = WRP 2001,
  154. 1182 - Jubiläumsschnäppchen, m.w.N.). Zwar führt der Kläger im Klageantrag
  155. nicht die Klagemarke "Dresdner Christstollen", sondern "Dresdner Stollen" an.
  156. Aus seinem Vorbringen ergibt sich jedoch zweifelsfrei, daß die Klage gegen die
  157. Verwendung der Kollektivmarken zugleich mit der Bezeichnung "a. Confiserie"
  158. der Beklagten zu 2 gerichtet ist. Dies zieht auch die Revisionserwiderung nicht
  159. in Zweifel.
  160. - 11 -
  161. Auch die Formulierung "in Übereinstimmung mit der Satzung des
  162. Schutzverbandes gekennzeichneten Stollen" macht den Unterlassungsantrag
  163. nicht unbestimmt. Das begehrte Verbot zielt, wie dem Vorbringen des Klägers
  164. unschwer zu entnehmen ist, gegen eine Kennzeichnung von Stollen mit dem
  165. Zeichen der Beklagten zu 2, wenn diese Stollen die der Satzung des Klägers
  166. unterfallenden Zeichen tragen.
  167. 2. Der Unterlassungsantrag ist allerdings nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5,
  168. § 97 Abs. 2 MarkenG nur insoweit begründet, als er sich gegen die konkrete
  169. Verletzungsform richtet, bei der die optische Dominanz der Kollektivmarke
  170. "Dresdner Christstollen" des Klägers gegenüber dem Zeichen der Beklagten
  171. zu 2 nicht gewährleistet ist. Der Kläger ist nicht berechtigt, jedwede Verwendung einer fremden Marke im Zusammenhang mit der Benutzung der Kollektivmarken zu untersagen. Allein die Verwendung einer fremden Marke - hier die
  172. Bezeichnung "a. " -, welche die nach der Satzung gebotene optische Dominanz
  173. der Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" beeinträchtigt, ist zu unterlassen.
  174. Dieses Verlangen kommt im Insbesondere-Antrag auf Unterlassung der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck. Der Kläger hat zur Begründung des
  175. Verbots das Charakteristische der Verletzung darin gesehen, daß die Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" gemeinsam mit dem Zeichen "a. Confiserie"
  176. verwendet wird. Die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform macht
  177. deutlich, daß Gegenstand des Klagebegehrens jedenfalls die Unterlassung des
  178. konkret
  179. beanstandeten
  180. Verhaltens ist
  181. (vgl.
  182. BGH,
  183. Urt.
  184. v.
  185. 16.11.2000
  186. - I ZR 186/98, GRUR 2001, 446, 447 = WRP 2001, 392 - 1-Pfennig-Farbbild).
  187. a) Das Berufungsgericht hat angenommen, § 4 Abs. 2 der Satzung des
  188. Klägers enthalte kein generelles Verbot, Kennzeichen von Dritten anzubringen,
  189. - 12 -
  190. die nicht Mitglieder des Klägers sind. Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
  191. Zutreffend ist das Berufungsgericht bei der Auslegung der Satzung davon ausgegangen, daß diese grundsätzlich objektiv aus sich heraus auszulegen
  192. ist, weil die Verfassung eines Verbandes wegen der wechselnden Mitglieder
  193. aus dem Empfängerhorizont verstanden werden muß (vgl. BGHZ 47, 172, 180;
  194. 106, 67, 71). Die Benutzungsregelung des § 4 Abs. 2 enthält keine Beschränkung der Benutzung auf Kennzeichen von Verbandsmitgliedern. Vielmehr wird
  195. jedem Verbandsmitglied die Verwendung weiterer Kennzeichen gestattet, wenn
  196. die optische Dominanz der Kollektivmarke nicht beeinträchtigt wird.
  197. Aus dem Regelungszusammenhang mit § 3 und § 4 Abs. 1 der Satzung
  198. folgt ebenfalls keine den Wortlaut einschränkende Auslegung. Weder den Benutzungsregelungen in § 3 der Satzung noch der Verpflichtung des Verbandsmitglieds, seinen Namen bzw. seine Firma auf der Verpackung anzubringen, ist
  199. ein Hinweis zu entnehmen, daß allein Kennzeichen der Mitglieder des Klägers
  200. angebracht werden dürfen.
  201. Entgegen der Ansicht der Revision läßt sich ein Verbot der Verwendung
  202. eines verbandsfremden Kennzeichens nicht allein aus dem Ziel der Verbandssatzung ableiten, einer Denaturierung der Kollektivmarke zum Gattungsbegriff
  203. entgegenzuwirken. Hierzu hätte es einer konkreten beschränkenden Regelung
  204. bedurft. Die vorliegende Satzung läßt auch nach Ansicht der Revision neben
  205. der Kollektivmarke jedenfalls die Benutzung weiterer Kennzeichen zu, wenn
  206. deren Inhaber ein Verbandsmitglied ist. Der von der Revision beschriebenen
  207. Gefahr der Denaturierung der Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" zu einem
  208. - 13 -
  209. Gattungsbegriff läßt sich jedoch durch eine unterschiedliche Behandlung der
  210. Zeichen von Mitgliedern und Nichtmitgliedern nicht begegnen.
  211. b) Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, § 97 Abs. 2 MarkenG gegen
  212. die Beklagten aufgrund eines Verstoßes gegen § 4 der Satzung auch deshalb
  213. nicht zu, weil die auf der Verpackung angebrachten Zeichen die Dominanz der
  214. Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" des Klägers nicht beeinträchtigten. Dem
  215. kann nicht beigetreten werden.
  216. aa) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß
  217. der Kläger zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegen die Beklagten aktivlegitimiert ist. Aus der Bestimmung des § 101 Abs. 1 MarkenG
  218. folgt, daß der Inhaber der Kollektivmarke grundsätzlich zur Geltendmachung
  219. von Verletzungsansprüchen im Außenverhältnis zu Dritten - hier zur Beklagten
  220. zu 2 - berechtigt ist (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 101 Rdn. 1; Ingerl/
  221. Rohnke, Markengesetz,
  222. § 101
  223. Rdn. 1;
  224. Althammer/Klaka,
  225. Markengesetz,
  226. 6. Aufl., § 101 Rdn. 1; v. Schultz/Gruber, Markenrecht, § 101 Rdn. 2).
  227. Im Verhältnis zum Beklagten zu 1 folgt die Aktivlegitimation des Klägers
  228. aus einer entsprechenden Anwendung des § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Nach
  229. dieser Vorschrift kann der Inhaber einer Marke die Rechte aus der Marke gegen
  230. den Lizenznehmer geltend machen, der die Marke in einer durch den Lizenzvertrag nicht genehmigten Form benutzt. Die Vorschrift ist entsprechend anwendbar auf den im Markengesetz nicht geregelten Fall des Verstoßes eines
  231. Verbandsmitglieds gegen die in der Markensatzung geregelten Bedingungen für
  232. die Markenbenutzung der Kollektivmarke, § 102 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG (Fezer
  233. aaO § 102 Rdn. 8).
  234. - 14 -
  235. bb) Die Beklagten sind nicht berechtigt, die Kollektivmarke des Klägers in
  236. der angegriffenen Aufmachung auf der Verpackung der Stollen anzubringen
  237. (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 97 Abs. 2 MarkenG).
  238. (1) Mit Recht wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, durch den Aufdruck des Zeichens der Beklagten zu 2 werde die
  239. optische Dominanz der Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" nicht beeinträchtigt.
  240. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, daß die Verbandsmarke
  241. "Dresdner Christstollen" großflächig in goldener Schrift auf der Vorder-, der
  242. Rück- und der Unterseite der Verpackung angebracht sei, während die Marke
  243. "a.
  244. Confiserie" auf den beiden Seitenteilen in untergeordneter Weise in Er-
  245. scheinung trete. Zwar sei auf der Ober-/Deckelseite neben einer Stadtansicht
  246. allein das Drittzeichen "a. Confiserie" aufgebracht. Dem Drittzeichen komme
  247. aufgrund seiner farblichen Gestaltung auch eine gewisse optische Wirkung zu.
  248. Dieses Zeichen trete aber bereits aufgrund seiner Größe (ca. 3 x 3 cm auf dem
  249. ca. 15 x 32 cm großen Deckel der Verpackung) kaum in Erscheinung. Da der
  250. Verbraucher von der Verpackung in aller Regel neben der Oberseite auch eine
  251. der beiden Stirnseiten sehe, werde die Verpackung von dem ca. 3 x 20 cm großen Schriftzug "Original Dresdner Christstollen" und dem Qualitätssiegel des
  252. Klägers (ca. 7 x 5 cm) dominiert. § 4 Abs. 2 der Satzung erlaube nicht nur das
  253. Anbringen völlig untergeordneter Zeichen. Um eine Dominanz der Kollektivmarke zu beeinträchtigen, sei die Marke der Beklagten zu 2 zu klein und farblich zu
  254. wenig hervorstechend.
  255. - 15 -
  256. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern.
  257. Das Berufungsgericht hat zu hohe Anforderungen an eine Beeinträchtigung der
  258. Dominanz der Kollektivmarke gestellt.
  259. Dominanz bedeutet nach dem Wortsinn "Vorherrschen" oder "Überlagern". Nach § 3 Abs. 5 und § 4 Abs. 2 der Satzung des Klägers müssen danach
  260. die weiteren auf der Verpackung angebrachten Kennzeichen so weit zurücktreten, daß die Kollektivmarke sämtliche übrigen Zeichen in ihrer optischen Wirkung überlagert. Dabei gibt die Satzung in § 3 Abs. 5 selbst einen Anhalt, wie
  261. die optische Dominanz der Kollektivmarke im Sinne der Regelung des § 4
  262. Abs. 2 herzustellen ist. Nach § 3 Abs. 5 hat die Kollektivmarke auf der sichtbaren Oberseite der Stollenverpackung als dominierendes Kennzeichen zu erscheinen, soweit es Schriftgröße und farbliche Gestaltung betrifft. Mit der Oberseite der Stollenverpackung ist die Oberseite des Deckelaufdrucks bezeichnet.
  263. Während ansonsten in der Satzung allgemein von Stollenverpackung (§ 3
  264. Abs. 6) oder der sichtbaren Fläche der Verpackung (§ 4 Abs. 1) die Rede ist,
  265. führt § 3 Abs. 5 ausdrücklich die Oberseite der Stollenverpackung auf und bezeichnet damit den Deckelaufdruck. Die Regelung des § 3 Abs. 5 der Satzung
  266. bezweckt damit ebenfalls, die Dominanz der Kollektivmarke sicherzustellen,
  267. indem sie auf der Oberseite der Verpackung und damit an hervorgehobener
  268. Stelle verwendet wird.
  269. Daran fehlt es vorliegend. Die von den Beklagten verwendete Verpakkung weist auf der Oberseite (Deckelaufdruck) die Kollektivmarke "Dresdner
  270. Christstollen" gar nicht auf. Auf dem Deckel der Verpackung ist vielmehr allein
  271. das Drittzeichen "a. Confiserie" angebracht, das als einziges Kennzeichen auf
  272. der Oberseite der Verpackung auch durch die Farbgestaltung deutlich hervortritt.
  273. - 16 -
  274. Die optische Dominanz der Kollektivmarke wird bei der beanstandeten
  275. Verpackung auch nicht durch die auf der Vorder- und Rückseite angebrachten
  276. Zeichen "Dresdner Christstollen" und "Qualitätssiegel" des Klägers hergestellt.
  277. Diesen stehen die auf den weiteren Seitenflächen angebrachten Kennzeichen
  278. der Beklagten zu 2 gegenüber.
  279. (2) Der Verstoß gegen die Benutzungsbedingungen der Markensatzung
  280. (§ 102 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG) läßt die Zustimmung des Klägers zur Verwendung der Kollektivmarken durch den Beklagten zu 1 entfallen. Dem Inhaber der
  281. Kollektivmarken stehen in diesem Fall ebenso wie dem Lizenzgeber die allgemeinen markenrechtlichen Ansprüche zu (vgl. Fezer aaO § 102 Rdn. 8 und 11).
  282. Dem steht die Bestimmung des § 100 Abs. 1 MarkenG im Streitfall nicht
  283. entgegen. Mit dieser Bestimmung wird Art. 15 Abs. 2 MarkenRL umgesetzt,
  284. wonach der den Mitgliedstaaten ermöglichte Schutz einer geographischen Herkunftsangabe als Kollektivmarke nicht einem Dritten entgegengehalten werden
  285. kann, der zur Benutzung der geographischen Herkunftsangabe berechtigt ist
  286. und dies in einer Weise tut, welche den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel nicht widerspricht. Den rechtmäßigen Benutzern (§ 127 MarkenG) der geographischen Herkunftsangabe soll - unabhängig davon, ob sie
  287. Mitglieder des Verbandes sind oder nicht - deren Benutzung nicht untersagt
  288. werden können, wenn die Benutzung den guten Sitten entspricht (vgl. Begr.
  289. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 109 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 103). Die Vorschrift erweitert die Schutzschranken, die sich allgemein
  290. für alle Markenarten aus § 23 MarkenG ergeben, im Falle der Eintragung einer
  291. geographischen Herkunftsangabe als Kollektivmarke. Bei frei wählbaren Zeichenelementen darf sich der rechtmäßige Benutzer der geographischen Her-
  292. - 17 -
  293. kunftsangabe hinsichtlich der Darstellungsform oder der Schreibweise der Kollektivmarke allerdings nicht unnötig annähern (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 109 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 103; Ingerl/Rohnke aaO § 100 Rdn. 5).
  294. Auf die Schutzschranke des § 100 Abs. 1 MarkenG kann der Beklagte
  295. zu 1 sich schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil er bei der Kennzeichnung
  296. der Stollen nicht nur die geographische Herkunftsangabe "Dresdner Christstollen" verwendet, sondern ebenfalls das als Kollektivmarke geschützte "Qualitätssiegel".
  297. Die Benutzung des "Qualitätssiegels" ist dem Beklagten zu 1 zwar nicht
  298. verwehrt, da er Mitglied des klagenden Verbandes ist. Das Verbandsmitglied
  299. hat sich aber bei der Benutzung der neben einer bloßen geographischen Herkunftsangabe weitere Elemente enthaltenden Kollektivmarke an die Markensatzung zu halten, die den Rahmen rechtlich zulässiger Benutzungshandlungen
  300. bestimmt. Der Beklagte zu 1 kann nicht das Benutzungsrecht an den Kollektivmarken in Anspruch nehmen und sich zugleich - der Satzung zuwider - so verhalten, als existiere der Schutz der Verbandsmarken nicht. Als berechtigter außenstehender Dritter i.S. des § 127 MarkenG könnte er markenrechtlich nicht
  301. gehindert werden, die geographische Herkunftsangabe zu verwenden und mit
  302. Zeichen Dritter zu versehen. Ob dabei die Grenzen des lauteren Verhaltens in
  303. Handel und Gewerbe eingehalten werden, bleibt eine Frage des Einzelfalls. Als
  304. (berechtigtem) Außenstehenden wäre es ihm aber in jedem Fall verwehrt, die
  305. Kollektivmarken "Dresdner Christstollen" und "Qualitätssiegel" zu benutzen, weil
  306. beide zusammen von der geographischen Herkunftsangabe abweichen.
  307. - 18 -
  308. (3) Der gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Unterlassungsanspruch ist
  309. nicht durch den Einwand der Erschöpfung i.S. von § 24 MarkenG ausgeschlossen. Der Kläger hat dem Inverkehrbringen der Stollen unter den in Rede stehenden Bezeichnungen nicht zugestimmt. Der Beklagte zu 1 ist zum Inverkehrbringen der Ware unter den Kollektivmarken nicht berechtigt, weil er die Benutzungshandlungen der Markensatzung nicht einhält.
  310. 3. Die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung stehen dem Kläger in dem vom Landgericht zuerkannten,
  311. auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Umfang nach § 14 Abs. 6, § 19
  312. Abs. 5 MarkenG i.V. mit § 242 BGB zu.
  313. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.
  314. Ullmann
  315. Starck
  316. Büscher
  317. Pokrant
  318. Schaffert