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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 174/11
  5. Verkündet am:
  6. 24. Januar 2013
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. Beschwer des Unterlassungsschuldners
  19. ZPO §§ 2, 3, 511 Abs. 2 Nr. 1, § 522 Abs. 1
  20. a) Die Beschwer des Schuldners eines zur Unterlassung verpflichtenden Urteils richtet sich danach, in welcher Weise sich das ausgesprochene Verbot zu seinem Nachteil auswirkt. Maßgebend sind die Nachteile, die dem
  21. Schuldner aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehen.
  22. b) Bei der Bestimmung der Beschwer des Unterlassungsschuldners ist nicht
  23. danach zu unterscheiden, ob die Parteien auch über das Bestehen einer
  24. Unterlassungspflicht streiten oder aber lediglich über bereits erfolgte Verstöße gegen eine unstreitig bestehende Unterlassungspflicht.
  25. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 174/11 - Kammergericht
  26. LG Berlin
  27. -2-
  28. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
  29. und die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler
  30. für Recht erkannt:
  31. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats
  32. des Kammergerichts vom 29. Juli 2011 aufgehoben.
  33. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  34. über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  35. Von Rechts wegen
  36. Tatbestand:
  37. 1
  38. Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Telefon- und Internetdienstleistungen. Die Beklagte nutzt für den Vertragsschluss mit Verbrauchern das sogenannte Postident-Spezialverfahren. Mit diesem Verfahren ermöglicht es die Deutsche Post AG einem Absender, im Rahmen der Postzustellung die Identität natürlicher Personen anhand eines gültigen Personalausweises bei der Unterschrift zu dem vom Absender definierten Zweck festzustellen.
  39. 2
  40. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe eine Kundin der Klägerin
  41. bei einem Akquiseanruf im Mai 2009 unter Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG,
  42. § 312c Abs. 1 und 2, § 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV (jetzt: Art. 246 § 1 EGBGB)
  43. nicht hinreichend über die Rechtswirkungen der nach dem Telefonat von der
  44. -3-
  45. Kundin im Wege des Postident-Verfahrens zu leistenden Unterschrift aufgeklärt.
  46. Die sodann auf der Grundlage eines deshalb rechtswidrig zustande gekommenen Vertrages über einen Telefontarif von der Klägerin verlangte Portierung des
  47. Anschlusses der Kundin sei als unlautere gezielte Behinderung gemäß §§ 3, 4
  48. Nr. 10 UWG anzusehen. Zudem habe die Beklagte bei der Klägerin trotz des
  49. inzwischen erfolgten Widerrufs des Vertrages durch die Kundin den irreführenden Eindruck erweckt, es bestehe ein rechtswirksamer Auftrag.
  50. 3
  51. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht,
  52. ihre Mitarbeiterin habe die Kundin hinreichend darüber aufgeklärt, dass mit der
  53. Unterschriftsleistung kein Empfang der Postident-Sendung eine auf den Abschluss eines Vertrages über das Produkt gerichtete Willenserklärung abgegeben werde. Ein Widerrufsschreiben der Kundin habe sie nicht rechtzeitig vor der
  54. Mitteilung der Kündigung und der Aufforderung zur Umstellung des Telefonanschlusses an die Klägerin erhalten.
  55. 4
  56. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß unter Androhung von
  57. Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,
  58. a) im Rahmen des Postident-Verfahrens der Deutschen Post AG Verträge über
  59. die Einrichtung eines Telefonanschlusses zugunsten von p.
  60. Empfängern zuzustellen und/oder zustellen zu lassen, die vor Ablieferung der jeweiligen Postident-Sendung nicht darüber aufgeklärt worden sind, dass mit der
  61. Unterschriftsleistung im Rahmen der Empfangnahme der Postident-Sendung
  62. eine Willenserklärung abgegeben wird, die auf den Abschluss eines entsprechenden Vertrages mit p.
  63. gerichtet ist;
  64. und/oder
  65. b) Mitteilungen über die Kündigung des Telefonanschlusses bei der D.
  66. AG und/oder diesbezügliche Portierungsaufträge an die D.
  67. AG weiterzuleiten und/oder weiterleiten zu lassen, die auf einem
  68. Vertrag mit p.
  69. basieren, der im Rahmen des Postident-Verfahrens mit
  70. der Deutschen Post AG zustande gekommen ist, wenn den hiervon betroffenen Kunden vor der Ablieferung der jeweiligen Postident-Sendung nicht mitgeteilt wurde, dass mit der Unterschriftsleistung im Rahmen der Empfangnahme der Postident-Sendung eine Willenserklärung abgegeben wird, die
  71. auf den Abschluss eines solchen Verfahrens mit p.
  72. gerichtet ist;
  73. -4-
  74. und/oder
  75. c) der D.
  76. AG mitzuteilen und/oder mitteilen zu lassen, dass
  77. ein Kunde seinen Telefonanschluss dort kündigen wolle und der Telefonanschluss in das von p.
  78. genutzte Netz portiert werden solle, wenn der
  79. betroffene Kunde seinen diesbezüglichen Auftrag wirksam widerrufen hat.
  80. 5
  81. Das Landgericht hat die Beklagte darüber hinaus zur Erstattung vorprozessual entstandener Abmahnkosten in Höhe von 1.780,20 € verurteilt; den
  82. Streitwert hat es auf 100.000 € festgesetzt. Die dagegen gerichtete Berufung
  83. der Beklagten hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Mit der vom
  84. Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt,
  85. verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
  86. Entscheidungsgründe:
  87. 6
  88. I. Das Berufungsgericht hat die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als
  89. unzulässig verworfen, weil der Wert der Beschwer 600 € nicht übersteige. Es
  90. hat dazu ausgeführt:
  91. 7
  92. Bei dem Streit der Parteien gehe es nicht um die Unterlassungspflichten
  93. selbst, sondern nur um die Frage, ob die Beklagte gegen diese Unterlassungspflichten verstoßen habe. So bringe die Beklagte gegen die Verurteilung nach
  94. den Anträgen zu a und b vor, sie habe hinreichend über die Rechtsverbindlichkeit der im Rahmen des Postident-Verfahrens zu leistenden Unterschrift der
  95. Kundin informiert. Im Hinblick auf den Antrag zu c mache sie geltend, ihr sei
  96. kein Widerruf der Kundin zugegangen. Ein Interesse der Beklagten, so zu handeln, wie es verboten worden sei, bestehe ersichtlich nicht und werde von der
  97. Berufung auch nicht behauptet. Werde aber nicht über die Unterlassungspflicht,
  98. sondern lediglich darüber gestritten, ob gegen eine solche Pflicht verstoßen
  99. worden sei, richte sich die Beschwer des Unterlassungsschuldners allenfalls
  100. -5-
  101. nach dem Aufwand und den Kosten, die diesem entstehen könnten, wenn er
  102. dem Unterlassungstitel nachkomme. Im Streitfall habe die Beklagte trotz eines
  103. entsprechenden Hinweises nicht dargelegt, dass Aufwand und Kosten insoweit
  104. 500 € übersteigen könnten. Ein bewertbarer Imageschaden sei durch die Verurteilung ebenfalls nicht entstanden.
  105. 8
  106. II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  107. 9
  108. 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der für die Statthaftigkeit der Berufung erforderliche Beschwerdewert sei nicht erreicht, hält der rechtlichen
  109. Nachprüfung nicht stand.
  110. 10
  111. a) Gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Berufung gegen ein Urteil, in
  112. dem das Gericht erster Instanz - wie im Streitfall - die Berufung nicht zugelassen hat, nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 €
  113. übersteigt. Nach § 2 ZPO in Verbindung mit § 3 ZPO wird der Wert des Beschwerdegegenstandes vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. Die
  114. Bewertung des Rechtsmittelinteresses kann vom Revisionsgericht nur darauf
  115. überprüft werden, ob das Berufungsgericht bei der seinem freien Ermessen gemäß §§ 2, 3 ZPO unterliegenden Wertfestsetzung die Ermessensgrenze überschritten oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom
  116. 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92, BGHZ 124, 313, 314 f. mwN). Bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstandes gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist auf
  117. das Interesse des Rechtsmittelführers abzustellen, seine erstinstanzliche Verurteilung zu beseitigen (BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 - I ZR 220/10, AfP
  118. 2011, 261 Rn. 2; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 511 Rn. 20). Die Beschwer
  119. des Schuldners eines zur Unterlassung verpflichtenden Urteils richtet sich da-
  120. -6-
  121. nach, in welcher Weise sich das ausgesprochene Verbot zu seinem Nachteil
  122. auswirkt (BGH, AfP 2011, 261 Rn. 4). Maßgebend sind die Nachteile, die dem
  123. Schuldner aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehen (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2009 - IX ZR 107/08, NJW-RR 2009, 549 Rn. 3; Zöller/
  124. Heßler aaO Vor § 511 Rn. 19b). Außer Betracht bleiben dabei die Nachteile, die
  125. nicht mit der Befolgung des Unterlassungsgebots, sondern mit einer Zuwiderhandlung - etwa durch die Festsetzung eines Ordnungsgeldes oder durch die
  126. Bestellung einer Sicherheit (§ 890 Abs. 1 und 3 ZPO) - verbunden sind (vgl.
  127. BGH, NJW-RR 2009, 549 Rn. 4).
  128. 11
  129. b) Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei bei der Bestimmung
  130. der Beschwer des zu einer Unterlassung verpflichteten Beklagten danach zu
  131. unterscheiden, ob die Parteien auch über das Bestehen einer Unterlassungspflicht stritten oder aber lediglich über bereits erfolgte Verstöße gegen eine solche Unterlassungspflicht. Stritten die Parteien nicht auch über die Unterlassungspflicht, gehe es nicht mehr um ein Interesse der Beklagten, so zu handeln, wie es verboten worden sei, sondern nur noch um den Aufwand und die
  132. Kosten, die die Beklagte zur Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung aufwenden müsse. Dem kann nicht zugestimmt werden.
  133. 12
  134. aa) Das Interesse des zur Unterlassung verurteilten Beklagten an einer
  135. Beseitigung der Verurteilung entspricht zwar nicht zwangsläufig, aber doch regelmäßig dem Interesse des Klägers an dieser Verurteilung. Denn das Interesse des Klägers an einer solchen Unterlassung ist pauschalierend und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang
  136. und Richtung der Verletzungshandlung sowie von subjektiven Umständen auf
  137. Seiten des Verletzers wie etwa dem Verschuldensgrad zu bewerten (BGH, AfP
  138. 2011, 261 Rn. 5 mwN).
  139. -7-
  140. 13
  141. bb) Mit diesen Grundsätzen steht die vom Berufungsgericht im Anschluss an eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (Beschluss vom
  142. 13. April 2011 - 11 U 236/10, juris; vgl. auch Ahrens/Berneke, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 40 Rn. 43) vertretene Ansicht, es sei danach zu
  143. unterscheiden, ob die Parteien auch über das Bestehen einer Unterlassungspflicht stritten oder aber nur über bereits erfolgte Verstöße gegen eine solche
  144. Unterlassungspflicht, nicht im Einklang.
  145. 14
  146. (1) Eine solche differenzierende Betrachtungsweise vermengt die Frage
  147. nach der Reichweite des vom erstinstanzlichen Gericht ausgesprochenen Unterlassungsgebots und der damit verbundenen Nachteile für den beklagten Unterlassungsschuldner mit der Frage, aus welchen Gründen das erstinstanzliche
  148. Urteil mit der Berufung angegriffen wird. Ihr steht entgegen, dass sich die
  149. Rechtsmittelbeschwer des Beklagten - anders als die Beschwer des Klägers nicht formell nach dem Umfang seines Prozessverhaltens richtet, sondern materiell danach, ob die Entscheidung seine Rechtsposition beeinträchtigt oder
  150. seinen Pflichtenkreis erweitert. Für die Beschwer des Beklagten reicht es danach aus, dass die angefochtene Entscheidung ihrem Inhalt nach für ihn nachteilig ist; es kommt nicht darauf an, in welcher Weise er zu dem Klagevorbringen Stellung genommen hat. So ist eine Berufung selbst dann statthaft, wenn
  151. der Beklagte den Klageanspruch anerkannt hat und gegen ihn Anerkenntnisurteil ergangen ist (BGH, Beschluss vom 15. Januar 1992 - XII ZB 135/91, NJW
  152. 1992, 1513, 1514 mwN; vgl. auch Zöller/Heßler aaO Vor § 511 Rn. 19a f.;
  153. Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 511 Rn. 20; Reichold in Thomas/Putzo, 33. Aufl.,
  154. Vor § 511 Rn. 19; Wieczorek/Gerken, ZPO, 3. Aufl., Vor § 511 Rn. 29; aA
  155. Rimmelspacher in MünchKomm.ZPO, 4. Aufl., Vorbem. zu §§ 511 ff. Rn. 17 f.).
  156. Die differenzierte Betrachtungsweise des Berufungsgerichts widerspricht auch
  157. dem allgemeinen Rechtsgedanken der „Waffengleichheit“ der Parteien im Prozess (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189,
  158. -8-
  159. 56 Rn. 11 - TÜV I). Während bei der Bestimmung der Rechtsmittelwertgrenze
  160. für den Kläger stets sein Interesse an der Verurteilung des Beklagten maßgebend ist, wäre der Beklagte zur Sicherstellung der Zulässigkeit seines Rechtsmittels gezwungen, immer auch das Bestehen einer Unterlassungspflicht als
  161. solche in Abrede zu stellen. Die Fälle, in denen dem Kläger und dem Beklagten
  162. je nachdem, wer unterliegt, unterschiedliche Rechtsmittelmöglichkeiten offenstehen, sind zwar - etwa bei auf Erteilung einer Auskunft gerichteten Klagen nicht völlig auszuschließen, sollten aber im Interesse der Waffengleichheit möglichst die Ausnahme bleiben.
  163. 15
  164. (2) Für die Frage der Beschwer im Sinne von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist
  165. mithin der Umfang des vom Schuldner zu erfüllenden Unterlassungsgebots,
  166. also die Einschränkung seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit, maßgebend.
  167. Die in dieser Einschränkung liegende Beschwer wird nicht dadurch geringer,
  168. dass sich der zur Unterlassung verurteilte Beklagte prozessual nur gegen die
  169. tatsächliche Erfüllung der Voraussetzungen einer zur Unterlassung verpflichtenden Anspruchsgrundlage wendet, also einen für die Begehungsgefahr erforderlichen Verletzungsfall bestreitet, statt - und sei es auch nur aus Gründen
  170. prozessualer Vorsicht - zusätzlich die Rechtsansicht zu vertreten, der vom Kläger behauptete Verletzungsfall erfülle nicht die Tatbestandsvoraussetzungen
  171. der in Rede stehenden Verbotsnorm.
  172. 16
  173. c) Nicht zutreffend ist zudem der tatsächliche Maßstab, den das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung bei der Wertfestsetzung gemäß §§ 2, 3 ZPO angelegt hat, um den von der Beklagten zur Einhaltung des Unterlassungsgebots zu treibenden Aufwand zu bestimmen.
  174. 17
  175. aa) Allerdings ist das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Bemessung des Interesses des Beklagten an
  176. -9-
  177. der Beseitigung der Verurteilung auch der Aufwand berücksichtigt werden kann,
  178. den der Beklagte betreiben muss, um die Einhaltung des tenorierten Verbots
  179. sicherzustellen. Dieser Aufwand ist allerdings nicht - wie das Berufungsgericht
  180. angenommen hat - anstelle des Interesses des Beklagten an der Beseitigung
  181. des Verbots maßgebend, sondern allenfalls für die Frage, ob die Beschwer des
  182. Beklagten das Interesse des Klägers an der Verurteilung übersteigt (vgl. BGH,
  183. AfP 2011, 261 Rn. 4, 6).
  184. 18
  185. bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, es reiche zur Einhaltung der
  186. Unterlassungsverpflichtung im Wesentlichen aus, das von der Beklagten beauftragte Vertriebsunternehmen mit einer „schlichten, ggf. auch kurz erläuternden
  187. Rundmail“ zu informieren, genügt den im Rahmen des § 890 Abs. 1 ZPO an die
  188. Information und Überwachung von Mitarbeitern und Beauftragten zu stellenden
  189. strengen Maßstäben nicht. Erforderlich ist zunächst, auf diese Personen durch
  190. Belehrungen und Anordnungen einzuwirken, auf die Nachteile aus einem Verstoß sowohl hinsichtlich des Dienstverhältnisses als auch der Zwangsvollstreckung deutlich hinzuweisen, Rückmeldungen anzuordnen und zu kontrollieren
  191. sowie Sanktionen für die Nichteinhaltung der Anordnung anzudrohen. Darüber
  192. hinaus müssen die Anordnung auch streng überwacht und gegebenenfalls angedrohte Sanktionen wie Kündigungen auch verhängt werden, um die Durchsetzung von Anordnungen sicherzustellen (vgl. OLG Hamburg, NJW-RR 1993,
  193. 1392; OLG Nürnberg, WRP 1999, 1184, 1185; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 26 bei Fn. 133 ff.; Fezer/
  194. Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rn. 392; Brüning in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl.,
  195. Vorb. zu § 12 Rn. 305 ff.; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 12
  196. Rn. 6.7; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 12 Rn. 243, jeweils
  197. mwN). Bereits die Sicherstellung der Belehrung über die Unterlassungspflicht,
  198. die Anordnung der Einhaltung des Verbots und die Überwachung dieser Maß-
  199. - 10 -
  200. nahmen wird in Unternehmen regelmäßig einen Aufwand verursachen, der
  201. 600 € übersteigt.
  202. 19
  203. cc) Im Streitfall kommt hinzu, dass die Beklagte im Hinblick auf den Unterlassungstenor zu 1 c ein Fristenmanagement entwickeln, einführen und überwachen muss, um sicherzustellen, dass ein Widerruf des Kunden unverzüglich
  204. erfasst, auf Wirksamkeit geprüft und in die weitere Abwicklung der Kündigung
  205. und Portierung des Telekom-Anschlusses eingebunden wird.
  206. 20
  207. 2. Da sich das angefochtene Urteil auch nicht aus anderen Gründen als
  208. richtig erweist (§ 561 ZPO), kann es keinen Bestand haben. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
  209. Bornkamm
  210. Büscher
  211. Kirchhoff
  212. Schaffert
  213. Löffler
  214. Vorinstanzen:
  215. LG Berlin, Entscheidung vom 09.06.2010 - 97 O 225/09 KG Berlin, Entscheidung vom 29.07.2011 - 5 U 117/10 -