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305 lines
18 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 123/12
  5. Verkündet am:
  6. 12. September 2013
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. DER NEUE
  19. PreisangabenVO § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 und 2; UWG § 5a Abs. 3 Nr. 3
  20. a) Ein Hinweis auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers in einer
  21. gemeinsamen Werbeanzeige von Kfz-Händlern stellt nur dann ein Angebot
  22. im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV dar, wenn die Ankündigung
  23. ihrem Inhalt nach so konkret gefasst ist, dass sie nach der Auffassung des
  24. Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus der Sicht der Kunden
  25. ohne weiteres zulässt (Fortführung von BGH, Urteil vom 23. Juni 1983
  26. - I ZR 75/81, GRUR 1983, 658 - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung).
  27. b) Der bis zum Jahr 2005 im Falle von Preisempfehlungen gemäß § 23 Abs. 1
  28. Nr. 1 GWB aF kartellrechtlich vorgeschriebene Begriff "unverbindlich empfohlener Preis" kennzeichnet die Unverbindlichkeit einer Preisempfehlung
  29. eindeutig. Eine in dieser Hinsicht bestehende Irreführung ist daher rechtlich
  30. nicht schutzwürdig.
  31. BGH, Urteil vom 12. September 2013 - I ZR 123/12 - OLG Köln
  32. LG Köln
  33. -2-
  34. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  35. vom
  36. 12. September
  37. 2013
  38. durch
  39. den
  40. Vorsitzenden
  41. Richter
  42. Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch
  43. und Dr. Löffler
  44. für Recht erkannt:
  45. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
  46. des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Mai 2012 aufgehoben.
  47. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer
  48. des Landgerichts Köln vom 1. Dezember 2011 abgeändert.
  49. Die Klage wird abgewiesen.
  50. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  51. Von Rechts wegen
  52. Tatbestand:
  53. 1
  54. Der Kläger ist der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe e.V.; er
  55. ist der Ansicht, bei der im Auftrag der beklagten fünf Kfz-Händler in einer regionalen Tageszeitung veröffentlichten Gemeinschaftsanzeige, die im nachfolgend
  56. wiedergegebenen Unterlassungsantrag des Klägers abgebildet ist, fehle die erforderliche Angabe des Endpreises.
  57. 2
  58. Der Kläger hat daher beantragt,
  59. die Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, wie nachstehend in Bezug auf einen PEUGEOT 308 Ur-
  60. -3-
  61. ban Move First Edition wiedergegeben für den Verkauf von Personenkraftwagen
  62. unter Preisangabe zu werben, ohne den Endpreis einschließlich Überführungskosten anzugeben:
  63. 3
  64. Darüber hinaus hat der Kläger von jedem beklagten Händler Abmahnkosten in Höhe von 106 € nebst Zinsen erstattet verlangt.
  65. 4
  66. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten
  67. ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, Urteil vom 25. Mai 2012 - 6 U 236/11, MD
  68. 2012, 1060).
  69. 5
  70. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der
  71. Kläger beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.
  72. Entscheidungsgründe:
  73. 6
  74. I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hätte der Endpreis des in der beanstandeten Werbeanzeige abgebildeten Sondermodells angegeben werden müssen; denn dieses Fahrzeug sei dort im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV
  75. angeboten worden. Zumindest liege eine den Beklagten zuzurechnende Preis-
  76. -4-
  77. werbung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 PAngV vor. Der Inhalt der Anzeige
  78. erschöpfe sich aus Sicht der angesprochenen allgemeinen Verbraucherkreise
  79. nicht in einer neutralen Information der werbenden Händler über eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers oder Importeurs, sondern erwecke den
  80. Eindruck, bei dem blickfangartig herausgestellten Betrag von 14.990 € für ein
  81. bestimmtes Fahrzeugmodell handele es sich um eine Preisangabe (auch) der
  82. Händler. Dieser Preis sei unstreitig kein alle Preisbestandteile einschließender
  83. Endpreis.
  84. 7
  85. II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der
  86. Klage. Das in der beanstandeten Werbeanzeige abgebildete Fahrzeugmodell
  87. wurde dort weder im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV angeboten noch
  88. unter Angabe von Preisen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 PAngV beworben.
  89. 8
  90. 1. Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Begriff des Anbietens von Waren gemäß § 1 Abs. 1
  91. Satz 1 Fall 1 PAngV jede gezielt auf den Absatz eines bestimmten Produkts gerichtete werbliche Ankündigung umfasst und damit dem Begriff der Aufforderung
  92. zum Kauf gemäß Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und dem Begriff des Angebots von Waren in § 5a Abs. 3 UWG
  93. entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - I ZR 50/07, GRUR 2010, 248
  94. Rn. 16 = WRP 2010, 370 - Kamerakauf im Internet; Köhler in Köhler/Bornkamm,
  95. UWG, 31. Aufl., § 1 PAngV Rn. 5). Mit Recht hat es auch angenommen, dass
  96. unter einer solchen gezielten Werbung jede Form der Werbung zu verstehen ist,
  97. durch die der Verbraucher so viel über das Produkt und dessen Preis erfährt,
  98. dass er sich für den Kauf entscheiden kann, ohne dass er durch die Art der
  99. kommerziellen Kommunikation schon die tatsächliche Möglichkeit zum Kauf er-
  100. -5-
  101. langt oder die Auswahl anderer Ausführungen des Produkts aufgegeben haben
  102. muss (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - C-122/10, Slg. 2011, I-3903 = GRUR
  103. 2011, 930 Rn. 28 f., 33 und 41 = WRP 2012, 189 - Konsumentombudsman/Ving
  104. Sverige; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rn. 30b).
  105. 9
  106. 2. Nicht zugestimmt werden kann jedoch der Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten böten das in der beanstandeten Anzeige mit der Angabe
  107. "€ 14.990,- für den PEUGEOT 308 Urban Move First Edition" beworbene Sondermodell in diesem Sinne an, obwohl der Kaufinteressent die individuellen Endpreise nach dem kleingedruckten Hinweis oberhalb der Händleradressen erst bei
  108. den werbenden Händlern erfahre und zudem wisse, dass Kraftfahrzeughändler
  109. an die Preisempfehlung des Herstellers oder Importeurs nicht gebunden seien
  110. und ihren Preis deshalb vielfach selbst bildeten.
  111. 10
  112. Diese Beurteilung lässt nicht erkennen, weshalb das Berufungsgericht eine hinreichende Information über den Preis des beworbenen Neufahrzeugs, die
  113. eine geschäftliche Entscheidung ermöglichte, bejaht hat, obwohl es sich bei dem
  114. in der Anzeige angegebenen Preis von 14.990 € erklärtermaßen lediglich um
  115. eine "unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers" handelte. In der vom Berufungsgericht für seinen Standpunkt angeführten Senatsentscheidung "Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung" hat es der Bundesgerichtshof bei
  116. einer gemeinsamen Werbeanzeige von Kfz-Händlern, wie sie auch im Streitfall
  117. gegeben ist, als entscheidend angesehen, dass die Ankündigung ihrem Inhalt
  118. nach so konkret gefasst ist, dass sie nach der Auffassung des Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus der Sicht der Kunden ohne weiteres zulässt
  119. (BGH, Urteil vom 23. Juni 1983 - I ZR 75/81, GRUR 1983, 658, 660 = WRP
  120. 1983, 556 - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung). Wenn man vom
  121. dort angelegten Maßstab ausgeht (vgl. aaO S. 660 li. Sp. Abs. 2), und weiter in
  122. Rechnung stellt, dass der Senat damals noch vom Leitbild des flüchtigen Ver-
  123. -6-
  124. brauchers ausgegangen ist (zur Rechtsentwicklung vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 1 UWG Rn. 29), und schließlich berücksichtigt, dass der
  125. Hersteller-Preisempfehlung vor mehr als dreißig Jahren noch ein ganz anderer
  126. Stellenwert zukam als heute, besteht kein Zweifel, dass die im Streitfall beanstandete Werbeanzeige keine die Annahme eines Angebots rechtfertigende hinreichend konkrete Ankündigung enthält. Es besteht insoweit auch kein Anlass,
  127. dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob die streitgegenständliche Werbeanzeige eine "Aufforderung zum
  128. Kauf" im Sinne von Art. 2 Buchst. i, Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG enthält. Der Gerichtshof hat im Urteil "Konsumentombudsman/Ving Sverige" ausdrücklich ausgeführt, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, im Einzelfall unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts sowie
  129. des verwendeten Kommunikationsmediums zu ermitteln, ob der Verbraucher hinreichend informiert ist, um das Produkt im Hinblick auf eine geschäftliche Entscheidung identifizieren und unterscheiden zu können (EuGH, GRUR 2011, 930
  130. Rn. 48 und 49).
  131. 11
  132. 3. Ebenfalls nicht zugestimmt werden kann der Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Anzeige enthalte zumindest eine Werbung unter Angabe des Preises im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 PAngV, weil sie den Eindruck erwecke, bei dem blickfangmäßig herausgestellten Betrag von 14.990 € für
  133. das beworbene Fahrzeug handele es sich (auch) um eine Preisangabe der jeweiligen Beklagten. Die vom Berufungsgericht insoweit vorgenommene Beurteilung
  134. des Sachverhalts widerspricht der Lebenserfahrung.
  135. 12
  136. a) Das Berufungsgericht hat seine Ansicht insbesondere mit der deutlichen Hervorhebung des Betrags und dem insoweit gegebenen Zusammenhang
  137. mit dem unmittelbar folgenden Hinweis auf die Fahrzeugpräsentation in einer
  138. Sonderschau bei den im unteren Teil der Anzeige aufgeführten Beklagten be-
  139. -7-
  140. gründet. Während die Erwähnung einer unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung in einem einheitlich gestalteten Fließtext für eine neutrale Information sprechen könne, lasse die blickfangmäßige Herausstellung im Streitfall darauf schließen, dass der angegebene Betrag zumindest ungefähr dem von den Beklagten
  141. bei der angekündigten Sonderschau für das Fahrzeug geforderten Preis entspreche. Es sei schon zweifelhaft, ob ein durchschnittlich aufmerksamer und verständiger Zeitungsleser die vergleichsweise unauffällige Fußnote 1 und deren Auflösung überhaupt wahrnehme. Jedenfalls aber kläre diese Fußnote die Verbraucher, die den blickfangmäßig angegebenen Preis als ungefähre Einzelpreisangabe der werbenden Händler verstünden, nicht unmissverständlich auf. Gerade
  142. wegen des im Fußnotentext folgenden Hinweises auf zusätzlich anfallende Überführungskosten liege es nahe, dass die Verbraucher die Herstellerpreisempfehlung ohne weiteres mit der Grundpreisangabe des jeweiligen Händlers gleichsetzten, die dieser zusammen mit den Überführungskosten in seine Berechnung
  143. des "genauen" Endpreises einbeziehen werde. Der Verbraucher rechne deshalb
  144. nicht damit, bei jedem Händler mit völlig eigenständig kalkulierten Preisen konfrontiert zu werden.
  145. 13
  146. Der Umstand, dass der Verbraucher beim Kauf von Neuwagen mit Rabatten der Autohäuser rechne, sei insoweit unerheblich. Bevor der Verbraucher individuelle Rabatte aushandeln könne, müsse er den vom Händler geforderten
  147. Preis kennen, an dem er sich zu orientieren habe. Wenn ein solcher Preis - wie
  148. im Streitfall - besonders hervorgehoben werde, werde der Händler von den Anforderungen der Preisangabenverordnung auch nicht durch einen am Blickfang
  149. nicht teilhabenden kleingedruckten Hinweis auf den bei ihm zu erfahrenden "individuellen Endpreis" entbunden.
  150. 14
  151. b) Diese Beurteilung stellt sich aus mehreren Gründen als nicht nachvollziehbar und auch erfahrungswidrig dar.
  152. -8-
  153. 15
  154. aa) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die "blickfangartige
  155. Herausstellung" des Preises von 14.990 € lasse darauf schließen, dass der angegebene Betrag zumindest ungefähr dem Preis entspreche, den die werbenden
  156. Händler bei der angekündigten Sonderschau für das Fahrzeug forderten, ist
  157. schon nicht klar, was das Berufungsgericht unter einer solchen "ungefähren Entsprechung" verstanden hat. Selbst wenn der Durchschnittsverbraucher annehmen sollte, der in der streitgegenständlichen Anzeige angegebene Betrag entspreche "ungefähr" dem letztlich vom Händler geforderten Betrag, rechtfertigte
  158. dies noch nicht den Schluss, dass er diesen Betrag als eine "verpflichtende händlerseitige Einzelpreisangabe" im Sinne der Senatsentscheidung "HerstellerPreisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung" ansähe (vgl. BGH, GRUR 1983, 658,
  159. 660 f.). Auch steht die Annahme des Berufungsgerichts, der Durchschnittsverbraucher werde annehmen, sämtliche in der Werbeanzeige aufgeführten Einzelhändler forderten ungefähr den angegebenen Preis, in Widerspruch zu der dort
  160. verwendeten Formulierung, wonach der “genaue Endpreis … bei ihrem PEUGEOT-Vertragshändler“ zu erfahren sei. Unter diesen Umständen erweist sich
  161. die Annahme des Berufungsgerichts, die in der streitgegenständlichen Anzeige
  162. aufgeführten zehn Händler wollten sich sämtlich mit der streitgegenständlichen
  163. Anzeige verpflichten, das abgebildete Fahrzeugmodell zu einem "Einheitspreis"
  164. von "ungefähr 14.990 €" zu verkaufen, als erfahrungswidrig (vgl. BGH, Urteil vom
  165. 23. Mai 1990 - I ZR 211/88, GRUR 1990, 1022, 1024 - Importeurwerbung).
  166. 16
  167. bb) Als nicht berechtigt stellen sich auch die vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel dar, ob ein durchschnittlich aufmerksamer und verständiger Leser
  168. der Anzeige die Hinweise in der dortigen Fußnote 1 überhaupt wahrnehmen wird.
  169. Die hochgestellte "1" hinter der in weißer Farbe auf schwarzem Grund stehenden
  170. Preisangabe ist ebenso ohne weiteres wahrnehmbar wie die zugehörige Auflösung, zumal diese ein Bestandteil des außer der Überschrift nur aus zwei Teilen
  171. bestehenden Anzeigentextes ist, der mitten in der Anzeige steht und daher be-
  172. -9-
  173. reits beim ersten Betrachten unübersehbar ins Auge fällt und mit einem Blick erfasst werden kann. Ebenfalls in der Mitte der Anzeige angebracht und auch im
  174. Übrigen gut erkennbar ist ferner der weitere Hinweis "Die individuellen Endpreise
  175. erfahren Sie bei Ihrem PEUGEOT-Vertragspartner". Wie der Senat bereits in
  176. dem im Jahr 1990 ergangenen Urteil "Importeurwerbung" entschieden hat, haben
  177. am Kauf eines Kraftfahrzeugs interessierte Kunden Kenntnis von der Unverbindlichkeit der Preisempfehlungen des Herstellers oder Importeurs und nehmen daher bei einer Werbeanzeige für Kraftfahrzeuge, die auf eine solche Preisempfehlung hinweist, nicht ohne weiteres an, dass der Händler einen entsprechenden
  178. Preis fordert; aus diesem Grund setzt die Feststellung, dass ein Hinweis auf eine
  179. unverbindliche Preisempfehlung nicht nur als Hinweis auf den vom Hersteller unverbindlich vorgeschlagenen Abgabepreis des beworbenen Kraftfahrzeugs, sondern auch als eigene Preisangabe des werbenden Händlers verstanden wird,
  180. über die Verwendung der unverbindlichen Preisempfehlung in der Werbung das
  181. Vorliegen weiterer Umstände voraus (BGH GRUR 1990, 1022, 1024
  182. - Importeurwerbung). An der Feststellung solcher weiteren Umstände fehlt es im
  183. Streitfall.
  184. 17
  185. Die "blickfangartige Herausstellung" des Preises von 14.990 €, auf die das
  186. Berufungsgericht in diesem Zusammenhang abgestellt hat, reicht für sich allein
  187. gesehen nicht aus; denn auch die Fußnote 1 hat am Blickfang teil und enthält
  188. den eindeutigen Hinweis, dass es sich bei diesem Preis lediglich um die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers handelt. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Verbraucher verstehe den anschließenden Hinweis, den genauen Endpreis erfahre er bei seinem PEUGEOT-Vertragspartner, dahin, dass
  189. sich der Endpreis aus der Herstellerpreisempfehlung und den Überführungskosten zusammensetze, widerspricht damit der Lebenserfahrung. Der Durchschnittsverbraucher weiß, dass der Endpreis bei Neufahrzeugen von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren wie insbesondere von der Art und der Anzahl der
  190. - 10 -
  191. vom Käufer gewählten Ausstattungsmerkmale des Fahrzeugs sowie dem zwischen den Vertragsparteien ausgehandelten Preisnachlass abhängt. In der beanstandeten Werbeanzeige wird dementsprechend auch darauf hingewiesen,
  192. dass die individuellen Endpreise bei den einzelnen werbenden Autohändlern erfragt werden können. Soweit das Berufungsgericht diesem Hinweis keine maßgebliche Bedeutung beigemessen hat, hat es unberücksichtigt gelassen, dass
  193. der Verbraucher die streitgegenständliche Preisangabe angesichts des erheblichen Preises, der für das beworbene Fahrzeug zu zahlen ist, mit situationsadäquat gesteigerter Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen wird (vgl. BGH, Urteil
  194. vom 20. Oktober 1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517
  195. - Orient-Teppichmuster; Urteil vom 19. April 2001 - I ZR 46/99, GRUR 2002, 81,
  196. 83 = WRP 2002, 81 - Anwalts- und Steuerkanzlei; GroßKomm.UWG/Lindacher,
  197. 2. Aufl., § 5 Rn. 87 mwN).
  198. 18
  199. cc) Das Berufungsgericht weist auch ohne Erfolg darauf hin, der Verbraucher könne individuelle Rabatte nur dann aushandeln, wenn er den vom Händler
  200. geforderten Preis kenne. Es berücksichtigt dabei nicht genügend, dass Autohändler dem Kunden erfahrungsgemäß vielfach bereits beim ersten Kontakt den
  201. Kauf eines bestimmten Neuwagens mit dem Argument als besonders günstig
  202. anbieten, der verlangte Preis liege um einen gewissen Betrag unter dem "normalerweise geforderten Listenpreis", das heißt unter der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, wohingegen darüber hinausgehende individuelle Rabatte
  203. erst im weiteren Verlauf der Verhandlungen ausgehandelt werden. Diese Praxis
  204. spricht zudem ebenfalls gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Durchschnittskunde werde die blickfangartige Herausstellung eines vom Hersteller unverbindlich empfohlenen Listenpreises in der Gemeinschaftsanzeige mehrerer
  205. Autohäuser als Einzelpreisangabe des jeweiligen Händlers auffassen. Der Verbraucher weiß erfahrungsgemäß, dass der Listenpreis in aller Regel nur eine
  206. - 11 -
  207. Orientierungshilfe darstellt. Er wird daher vor allem darauf achten, in welchem
  208. Umfang ein Autohändler von diesem Listenpreis Abschläge zu machen bereit ist.
  209. 19
  210. 4. Das angefochtene Urteil kann danach weder mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung noch - da in dieser Hinsicht keine anderen Maßstäbe gelten (vgl. oben Rn.8) - gemäß § 561 ZPO unter dem Gesichtspunkt einer
  211. Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG Bestand haben; es
  212. ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Für eine im Berufungsurteil weiterhin
  213. angesprochene aktive Irreführung über den Preis (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG)
  214. ist nichts ersichtlich und insbesondere auch vom Kläger nichts vorgetragen worden. Die Sache ist daher - im Sinne einer Klageabweisung - zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
  215. - 12 -
  216. 20
  217. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
  218. VRiBGH Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm
  219. hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.
  220. Pokrant
  221. Schaffert
  222. Pokrant
  223. Koch
  224. Vorinstanzen:
  225. LG Köln, Entscheidung vom 01.12.2011 - 31 O 379/11 OLG Köln, Entscheidung vom 25.05.2012 - 6 U 236/11 -
  226. Löffler