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143 lines
6.6 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. I ZB 7/14
  4. vom
  5. 11. Dezember 2014
  6. in der Rechtsbeschwerdesache
  7. -2-
  8. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2014
  9. durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher und die Richter Prof.
  10. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Feddersen
  11. beschlossen:
  12. Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des
  13. Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 14 - vom 7. Januar 2014
  14. aufgehoben, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.
  15. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das
  16. Beschwerdegericht zurückverwiesen.
  17. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht
  18. erhoben.
  19. Beschwerdewert: 465,70 €.
  20. Gründe:
  21. 1
  22. 1
  23. I. Das Amtsgericht hat die der Klägerin vom Beklagten nach einem Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts zu erstattenden Kosten gemäß § 104 ZPO auf
  24. 693,20 € nebst Zinsen festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten
  25. hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts
  26. abgeändert und die zu erstattenden Kosten auf 227,50 € nebst Zinsen herabgesetzt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde
  27. erstrebt die Klägerin die Festsetzung weiterer Prozesskosten in Höhe von
  28. 465,70 € nebst Zinsen.
  29. -3-
  30. 2
  31. 2
  32. II. Das Beschwerdegericht hat unter Hinweis auf einen Beschluss des
  33. Oberlandesgerichts Hamburg vom 4. September 2013 (K&R 2013, 810 = ZUMRD 2013, 639) ausgeführt, bei den Kosten des Verfahrens nach § 101 Abs. 9
  34. UrhG handele es sich jedenfalls dann nicht um nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO
  35. erstattungsfähige Kosten des nachfolgenden Rechtsstreits, wenn das Ergebnis
  36. des Verfahrens - wie hier - vor Klageerhebung für eine Abmahnung verwendet
  37. werde. Der Grundsatz, dass die Kosten eines Abmahnverfahrens keine notwendigen Kosten eines dem Abmahnverfahren nachfolgenden Rechtsstreits
  38. seien, gelte erst recht für den hier vorliegenden Fall, dass die Aufwendungen
  39. des Auskunftsverfahrens nicht der Vorbereitung eines Rechtsstreits, sondern
  40. der Vorbereitung einer dem Rechtsstreit vorausgehenden Abmahnung dienten.
  41. 3
  42. 3
  43. III. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO statthafte und auch
  44. sonst zulässige Rechtsbeschwerde der Klägerin ist begründet. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil er, wie die Klägerin mit Recht beanstandet,
  45. nicht ausreichend mit Gründen versehen ist.
  46. 4
  47. 4
  48. 1. Nach § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen hierzu, ist es zu einer
  49. rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Nach ständiger Rechtsprechung des
  50. Bundesgerichtshofs müssen daher Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen
  51. lassen. Wird diesen Anforderungen nicht genügt, ist der Beschluss nicht mit den
  52. nach dem Gesetz (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen und bereits aus diesem Grund aufzuheben (vgl. nur BGH, Beschluss
  53. vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4; Beschluss vom
  54. 27. August 2014 - XII ZB 266/13, MDR 2014, 1339 Rn. 7 und 9, jeweils mwN).
  55. -4-
  56. 5
  57. 5
  58. 2. So liegt es hier. Dem angefochtenen Beschluss ist zwar zu entnehmen, dass die Klägerin die Festsetzung der Kosten eines Auskunftsverfahrens
  59. nach § 101 Abs. 9 UrhG begehrt und die erteilte Auskunft vor Klageerhebung
  60. für eine Abmahnung verwendet wurde. Der angefochtene Beschluss gibt jedoch
  61. weder den Sachverhalt noch die Anträge der Klägerin wieder. Auch der Beschluss des Amtsgerichts, auf den das Beschwerdegericht im Übrigen auch
  62. nicht Bezug nimmt, enthält keine Sachdarstellung.
  63. 6
  64. 6
  65. IV. Danach ist der Beschluss des Beschwerdegerichts auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin aufzuheben, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG sind für das Rechtsbeschwerdeverfahren keine Gerichtskosten zu erheben.
  66. 7
  67. 7
  68. V. Für die erneute Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
  69. 8
  70. 8
  71. 1. Der Beklagte hat nach dem Anerkenntnisurteil die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei
  72. insbesondere die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur
  73. zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig
  74. waren. Zu den Prozesskosten rechnen nicht nur die durch die Einleitung und
  75. Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern auch diejenigen Kosten, die - wie etwa Kosten für Detektivermittlungen oder Testkäufe - der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen. Diese werden aus
  76. Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und
  77. können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2005 - I ZB 21/05, GRUR 2006, 439 Rn. 11 = WRP
  78. 2006, 237 - Geltendmachung der Abmahnkosten, mwN).
  79. 9
  80. 9
  81. 2. Der Bundesgerichtshof hat - nach Erlass des angegriffenen Beschlusses - auf die gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg vom
  82. -5-
  83. 4. September 2013 gerichtete Rechtsbeschwerde entschieden, dass die Kosten
  84. des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 Satz 1 UrhG gegen
  85. einen Internet-Provider auf Auskunft über den Inhaber einer IP-Adresse der
  86. Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits gegen die Person
  87. dienen, die für eine über diese IP-Adresse begangene Urheberrechtsverletzung
  88. verantwortlich ist; sie sind daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten,
  89. soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZB 71/13, GRUR 2014, 1239 Rn. 10 bis 13 =
  90. WRP 2014, 1468 - Deus Ex).
  91. 10
  92. 10
  93. Die Beschwerde rügt vergeblich, die geltend gemachten Kosten wären in
  94. derselben Höhe angefallen, wenn lediglich die dem Beklagten zugeteilten IPAdressen und nicht auch die anderen Personen zugeordneten IP-Adressen
  95. Gegenstand des Verfahrens nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG gewesen wären.
  96. Die Kosten des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 Satz 1
  97. UrhG gegen einen Internet-Provider auf Auskunft über die Inhaber mehrerer IPAdressen sind nur insoweit im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendige
  98. -6-
  99. Kosten eines nachfolgenden Rechtsstreits gegen eine Person, die für eine über
  100. eine dieser IP-Adressen begangene Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist,
  101. als sie anteilig auf diese Person entfallen (BGH, GRUR 2014, 1239 Rn. 14 bis
  102. 18 - Deus Ex).
  103. Büscher
  104. Schaffert
  105. Koch
  106. Kirchhoff
  107. Feddersen
  108. Vorinstanzen:
  109. AG Hamburg, Entscheidung vom 08.05.2013 - 35a C 415/12 LG Hamburg, Entscheidung vom 07.01.2014 - 314 T 68/13 -