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628 lines
40 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. I ZB 39/05
  4. Verkündet am:
  5. 13. Dezember 2007
  6. Führinger
  7. Justizangestellte
  8. als Urkundsbeamtin
  9. der Geschäftsstelle
  10. in der Rechtsbeschwerdesache
  11. betreffend die Marke Nr. 398 14 720
  12. Nachschlagewerk:
  13. BGHZ
  14. :
  15. BGHR
  16. :
  17. ja
  18. nein
  19. ja
  20. idw Informationsdienst Wissenschaft
  21. MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 26 Abs. 1 und 3, § 43 Abs. 1 und 2, § 48
  22. Besteht eine zusammengesetzte Marke aus einer Buchstabenfolge (hier: idw),
  23. die eine Abkürzung der weiteren Wortbestandteile (hier: Informationsdienst
  24. Wissenschaft) darstellt, kann die Verknüpfung zwischen der Buchstabenfolge
  25. und den Wortbestandteilen einer Neigung des Verkehrs, die Marke bei Benennungen auf die Buchstabenfolge zu verkürzen, insbesondere dann entgegenstehen, wenn die Buchstabenfolge dem Verkehr als Abkürzung nicht allgemein
  26. bekannt ist und auch keine Schwierigkeiten bestehen, sich die längeren Wortbestandteile einzuprägen.
  27. BGH, Beschl. v. 13. Dezember 2007 - I ZB 39/05 - Bundespatentgericht
  28. -2-
  29. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  30. vom 13. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
  31. die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff
  32. beschlossen:
  33. Auf die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers wird der am
  34. 8. März 2005 an Verkündungs Statt zugestellte Beschluss des
  35. 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts
  36. aufgehoben.
  37. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
  38. an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
  39. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 €
  40. festgesetzt.
  41. -3-
  42. Gründe:
  43. 1
  44. I. Für den Markeninhaber ist die am 16. März 1998 angemeldete Wortmarke Nr. 398 14 720
  45. am 16. September 1998 für die Waren und Dienstleistungen (für die kursiv gesetzten Waren und Dienstleistungen hat das Bundespatentgericht die Löschung
  46. angeordnet bzw. die Löschungsanordnung des Deutschen Patent- und Markenamts bestätigt)
  47. Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild,
  48. Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiedergabegeräte, telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger,
  49. insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogramme, Computerbetriebsprogramme; Computerperipheriegeräte; Telekommunikationsgeräte; Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit in
  50. Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren, Informationsbriefe und Zeitungen; Fotografien, Graphiken; Lehr- und
  51. Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Telekommunikation; Sammeln
  52. und Liefern von Nachrichten; Erstellen von Bildreportagen und Tonreportagen;
  53. Übermittlung von Nachrichten, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels
  54. Computer, elektronische Nachrichtenübermittlung; Übermittlung von Audiodateien, Bildschirmtextdienst, Fernschreibdienst, Fernsprechdienst; Vermietung
  55. von Geräten zur Nachrichtenübertragung; Presseagenturen, Sammeln und
  56. Liefern von Informationen aus Wissenschaft und Forschung; Sammeln und
  57. -4-
  58. Liefern von Pressemeldungen; Recherchieren, nutzerorientierte Auswahl und
  59. Übertragung von Informationen gegen Entgelt für Dritte; Produktion und Ausstrahlung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen; Erziehung und Ausbildung;
  60. Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Herausgabe und Veröffentlichung von Schulungsmaterial; Veranstaltung und Organisation von Schulungen; Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informationsangeboten im Internet; Organisation und Veranstaltung von Schulungen, Konferenzen und Kongressen; Zusammenstellung von Rundfunk- und
  61. Fernsehprogrammen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung,
  62. insbesondere Aktualisieren von Computer-Software und Design von Computer-Software; Computerberatungsdienste, Erstellen von Ton- und Bildreportagen; Vermietung von Computer-Software; Betrieb von Datenbanken; Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken; Dienstleistungen eines Graphikers;
  63. Dienstleistungen eines Redakteurs; Verwaltung von Urheberrechten; Bereitstellung von Recherchemöglichkeiten und Übermittlung von Informationen
  64. über Wissenschaft und Technologie sowie über Experten aus Wissenschaft
  65. und Forschung per Internet
  66. eingetragen worden. Die Eintragung ist am 15. Oktober 1998 veröffentlicht worden.
  67. 2
  68. Gegen die Eintragung hat der Widersprechende zu 1 aus seiner seit dem
  69. 26. Oktober 1984 als durchgesetzt eingetragenen Wortmarke Nr. 1 069 633
  70. IDW
  71. und seiner seit dem 1. September 1986 eingetragenen Wort-/Bildmarke
  72. Nr. 1 095 846
  73. -5-
  74. Widerspruch erhoben. Diese Widerspruchsmarken sind geschützt für die
  75. Dienstleistungen
  76. Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern des Zeicheninhabers, insbesondere über eine unabhängige, eigenverantwortliche und fachgerechte
  77. Berufsausübung im Rahmen einheitlicher Grundsätze; fachliche Beratung des
  78. Wirtschaftsprüfernachwuchses; Durchführung und fachliche, finanzielle und
  79. organisatorische Unterstützung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere
  80. von Lehrgängen, Seminaren, Kursen und Vorträgen, auch solche berufsbegleitender Fortbildung, Unterhaltung von Präsenzbibliotheken, Veröffentlichungen von fachlichen Verlautbarungen zu Grundsatzfragen auf dem Tätigkeitsgebiet eines Wirtschaftsprüfers und Erstattung von Stellungnahmen zu
  81. fachlichen und beruflichen Einzelfragen von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern; Erstattung von Gutachten in fachlichen und beruflichen Fragen von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen
  82. Mitgliedern, insbesondere auch gegenüber den gesetzgebenden Körperschaf-
  83. -6-
  84. ten von Bund und Ländern; wissenschaftliche und finanzielle Förderung von
  85. Hochschularbeiten und Bibliotheken auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Prüfungs- und Treuhandwesens; Abschluss von Gruppenversicherungs-Verträgen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie für außerordentliche Mitglieder.
  86. 3
  87. Die Widersprechende zu 2 hat Widerspruch erhoben aus ihrer seit dem
  88. 7. Oktober 1994 für die Waren und Dienstleistungen
  89. Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbinderartikel, nämlich Buchbindegarn, -leinen und andere textile Stoffe zum Buchbinden; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für
  90. Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel;
  91. Pinsel; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Text-, Ton- und Bildträger,
  92. ausgenommen unbelichtete Filme; Druckereierzeugnisse, nämlich Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Kataloge, Spiele; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate), soweit in Klasse 16 enthalten;
  93. Produktion von Text-, Ton- und Bildaufnahmen auf Text-, Ton- und Bildträgern; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften und Büchern; mit Programmen versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art
  94. eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789
  95. .
  96. 4
  97. Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat
  98. die Teillöschung der Marke beschlossen, und zwar aufgrund der Widersprüche
  99. aus den Marken Nr. 1 069 633 und 1 095 846 des Widersprechenden zu 1 für
  100. die Dienstleistungen
  101. Erziehung und Ausbildung; Veranstaltung und Organisation von Schulungen;
  102. Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informationsangeboten im Internet; Organisation und Veranstaltung von Schulungen,
  103. Konferenzen und Kongressen
  104. -7-
  105. sowie aufgrund des Widerspruchs aus der Marke Nr. 2 079 789 der Widersprechenden zu 2 für die Waren und Dienstleistungen
  106. Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren, Informationsbriefe und Zeitungen; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);
  107. Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informationsangeboten im Internet.
  108. 5
  109. Im Übrigen hat die Markenstelle die Widersprüche zurückgewiesen.
  110. 6
  111. Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten Beschwerde eingelegt.
  112. Der Markeninhaber hat ein neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vorgelegt, das hilfsweise der Entscheidung zugrunde gelegt werden soll und in
  113. dem er einen näher bezeichneten Teil der Waren und Dienstleistungen mit dem
  114. Zusatz "außerhalb des Bereichs der Wirtschafts- und Steuerberatung" versehen
  115. hat.
  116. 7
  117. Das Bundespatentgericht hat auf die Beschwerde des Widersprechenden zu 1 die gegenüber der Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts zusätzliche Teillöschung der Marke für die Waren und Dienstleistungen
  118. Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild,
  119. Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiedergabegeräte, telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger,
  120. insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogramme, Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren, Informationsbriefe und Zeitungen, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Sammeln und Liefern von Nachrichten; Sammeln und Liefern von Informationen aus Wissenschaft und Forschung; Recherchieren, nutzerorientierte
  121. Auswahl und Überarbeitung von Informationen gegen Entgelt für Dritte; Herausgabe und Veröffentlichung von Schulungsmaterial; Dienstleistungen eines
  122. Redakteurs; Bereitstellung von Recherchemöglichkeiten und Übermittlung von
  123. Informationen für Wissenschaft und Technologie sowie über Experten aus
  124. Wissenschaft und Forschung per Internet
  125. -8-
  126. angeordnet. Auf die Beschwerde der Widersprechenden zu 2 hat das Bundespatentgericht die zusätzliche Teillöschung der Marke für die Waren und Dienstleistungen
  127. Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild,
  128. Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiedergabegeräte, telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger,
  129. insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogramme, Computerbetriebsprogramme; Computerperipheriegeräte; Telekommunikationsgeräte; Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit in
  130. Klasse 16 enthalten; Telekommunikation; Sammeln und Liefern von Nachrichten, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, elektronische Nachrichtenübermittlung; Übermittlung von Audiodateien, Bildschirmtext, Fernschreibdienst, Fernsprechdienst; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere Aktualisieren von Computer-Software, Erstellen von
  131. Ton- und Bildreportagen; Betrieb von Datenbanken; Bereitstellung von Recherchemöglichkeiten und Übermittlung von Informationen über Wissenschaft
  132. und Technologie sowie über Experten aus Wissenschaft und Forschung per
  133. Internet
  134. beschlossen. Auf die Beschwerde des Markeninhabers hat das Bundespatentgericht den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts insoweit aufgehoben, als die Marke für die Dienstleistung "Erziehung" gelöscht worden ist. Die
  135. weitergehenden Beschwerden der Beteiligten hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen.
  136. 8
  137. Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit der (zugelassenen)
  138. Rechtsbeschwerde. Die Widersprechenden beantragen, die Rechtsbeschwerde
  139. zurückzuweisen.
  140. 9
  141. II. Das Bundespatentgericht hat die Widersprüche teilweise für begründet
  142. erachtet und sie im Übrigen zurückgewiesen. Dazu hat es ausgeführt:
  143. 10
  144. Zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken bestehe für einen Teil der Waren und Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslun-
  145. -9-
  146. gen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr
  147. seien nur diejenigen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken zu
  148. berücksichtigen, für die eine Benutzung während der nach § 43 Abs. 1
  149. MarkenG maßgeblichen Benutzungszeiträume von Oktober 1993 bis Oktober
  150. 1998 und von Juli 1999 bis Juli 2004 bei den Widerspruchsmarken
  151. Nr. 1 069 633 und 1 095 846 und während des Zeitraums vom 14. Juli 1999 bis
  152. 14. Juli 2004 bei der Widerspruchsmarke Nr. 2 079 789 glaubhaft gemacht worden sei. Dies sei für eine Reihe näher bezeichneter Waren und Dienstleistungen durch die eidesstattlichen Versicherungen der Organe der Widersprechenden und durch Vorlage von Unterlagen geschehen. Der Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung stehe nicht entgegen, dass häufig beschreibende Angaben im Zusammenhang mit den Widerspruchsmarken verwendet worden seien. Zwischen den Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke und den
  153. Waren und Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke geschützt und die
  154. Benutzung glaubhaft gemacht worden sei, bestehe teilweise Identität oder Ähnlichkeit.
  155. 11
  156. Bei der angegriffenen Marke sei der Bestandteil "Informationsdienst Wissenschaft" glatt beschreibend und werde bei der Benennung der Marke nicht
  157. mitverwendet. Die angegriffene Marke und die Wortmarke Nr. 1 069 633 stimmten klanglich überein. Innerhalb des Bereichs der Dienstleistungsidentität oder
  158. -ähnlichkeit bestehe bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und klanglicher Zeichenidentität Verwechslungsgefahr.
  159. 12
  160. Für die Wort-/Bildmarke Nr. 1 095 846 des Widersprechenden zu 1 lasse
  161. sich ebenfalls nicht ausschließen, dass auch diese Marke von einem erheblichen Teil des Verkehrs bei der Benennung auf "IDW" verkürzt werde. Der
  162. Wortbestandteil "INSTITUT DER WIRTSCHAFTSPRÜFER" sei als Firmenmarke nicht geeignet, die Marke mitzuprägen.
  163. - 10 -
  164. 13
  165. Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft, Ähnlichkeit der wechselseitigen Waren und Dienstleistungen und klanglicher Zeichenidentität bestehe Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Eine Verwechslungsgefahr sei unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens auch
  166. gegeben, soweit Teile des Verkehrs die Marke nicht verkürzten, sondern mit
  167. "INSTITUT DER WIRTSCHAFTSPRÜFER IDW" bezeichneten. Die kollidierenden Marken würden wegen Übereinstimmungen in den prägenden Bestandteilen irrig einem Unternehmen zugeordnet.
  168. 14
  169. Bei der angegriffenen Marke und der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 der
  170. Widersprechenden zu 2 seien die Wortbestandteile "Informationsdienst Wissenschaft" und "Verlag GmbH" glatt beschreibend und prägten den Gesamteindruck nicht mit. Es bestehe deshalb klangliche Zeichenidentität. Soweit von einer Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen zwischen dieser
  171. Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke auszugehen sei, liege bei
  172. durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und klanglicher
  173. Zeichenidentität eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor. Aber auch bei den
  174. Teilen des Verkehrs, die die Widerspruchsmarke mit "IDW Verlag GmbH" bezeichneten, könne die Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens nicht
  175. ausgeschlossen werden.
  176. 15
  177. III. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Markeninhabers hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur
  178. Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht.
  179. - 11 -
  180. 16
  181. 1. Widerspruch aus der Wortmarke Nr. 1 069 633 "IDW"
  182. 17
  183. Das Bundespatentgericht hat das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr
  184. i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den kollidierenden Marken für einen Teil der Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, bejaht. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  185. 18
  186. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die
  187. Frage, ob eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt
  188. ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände
  189. des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung
  190. zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen,
  191. dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Beschl. v.
  192. 11.5.2006 - I ZB 28/04, GRUR 2006, 859 Tz. 16 = WRP 2006, 1227 - Malteserkreuz; BGHZ 171, 89 Tz. 33 - Pralinenform).
  193. 19
  194. b) Das Bundespatentgericht hat eine Ähnlichkeit zwischen denjenigen
  195. Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke, die von der Löschungsanordnung erfasst werden, und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke,
  196. deren Benutzung glaubhaft gemacht worden ist, rechtsfehlerfrei bejaht.
  197. 20
  198. aa) Der Markeninhaber hat die Einrede mangelnder Benutzung i.S. von
  199. § 43 Abs. 1 MarkenG erhoben. Bei der Entscheidung dürfen deshalb nur diejenigen Waren oder Dienstleistungen der Widerspruchsmarke berücksichtigt werden, für die der Widersprechende zu 1 eine Benutzung glaubhaft gemacht hat
  200. - 12 -
  201. (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Maßgeblich für die Frage der Benutzung in zeitlicher Hinsicht sind vorliegend nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Fünfjahreszeitraum vor Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am
  202. 15. Oktober 1998 und nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG der weitere Fünfjahreszeitraum vor der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am
  203. 14. Juli 2004 (vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.1998 - I ZB 9/96, GRUR 1998, 938,
  204. 939 f. = WRP 1998, 993 - DRAGON; Beschl. v. 10.11.1999 - I ZB 53/98, GRUR
  205. 2000, 510 = WRP 2000, 541 - Contura; Beschl. v. 15.9.2005 - I ZB 10/03,
  206. GRUR 2006, 150 Tz. 8 = WRP 2006, 241 - NORMA).
  207. 21
  208. bb) Das Bundespatentgericht ist für diese Zeiträume zu Recht von der
  209. Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Wortmarke "IDW"
  210. ausgegangen. Es hat angenommen, dass die Benutzung der Widerspruchsmarke "IDW" für den Zeitraum von Oktober 1993 bis Oktober 1998 durch die
  211. eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers K. des Widersprechenden
  212. zu 1 vom 17. Dezember 1999 und die Anlagen 2 bis 9, 11, 15 und 18 und für
  213. den Zeitraum vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004 durch die eidesstattliche Versicherung des Vorstandssprechers Prof. Dr. N. vom 10. Februar 2004 nebst
  214. Anlagen glaubhaft gemacht worden ist.
  215. 22
  216. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg
  217. mit der Begründung, aus den eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezember 1999 und 10. Februar 2004 folge nicht, welche der verschiedenen Widerspruchsmarken benutzt worden seien. Aus den beigefügten Anlagen ergebe
  218. sich kein einheitliches Bild einer ernsthaften Benutzung.
  219. 23
  220. (1) Eine Unterscheidung zwischen den Widerspruchsmarken ist vorliegend allerdings erforderlich.
  221. - 13 -
  222. 24
  223. Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke i.S. von § 26 Abs. 1
  224. MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Waren oder Dienstleistungen verwendet wird, für die sie eingetragen ist. Wird die
  225. Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine
  226. rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur vor, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das
  227. ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade
  228. bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der
  229. eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt, in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (BGH, Beschl. v. 20.1.2005 - I ZB 31/03, GRUR 2005, 515
  230. = WRP 2005, 620 - FERROSIL; Urt. v. 8.2.2007 - I ZR 71/04, GRUR 2007, 592
  231. Tz. 12 = WRP 2007, 958 - bodo Blue Night). Diese Beurteilung ist grundsätzlich
  232. dem Tatrichter vorbehalten. In der Rechtsbeschwerdeinstanz ist sie nur eingeschränkt überprüfbar. Feststellungen dazu, dass der Verkehr die Wortmarke
  233. Nr. 1 069 633 und die Wort-/Bildmarken Nr. 1 095 846 und Nr. 2 079 789 als ein
  234. und dasselbe Zeichen ansieht, hat das Bundespatentgericht nicht getroffen.
  235. Dazu müsste der Verkehr den in den Wort-/Bildmarken gegenüber dem Markenwort "IDW" der Wortmarke Nr. 1 069 633 hinzugefügten Wortbestandteilen
  236. und den weiteren Bildbestandteilen keine eigene maßgebende kennzeichnende
  237. Wirkung beimessen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, GRUR
  238. 2002, 167, 168 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud; GRUR 2005, 515 - FERROSIL).
  239. Für eine derartige Annahme ist vorliegend nichts ersichtlich.
  240. 25
  241. Die Benutzung der für Waren und Dienstleistungen eingetragenen Marke
  242. wirkt zudem nur dann rechtserhaltend, wenn sie deren Hauptfunktion entspricht,
  243. dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, die Waren und Dienstleistungen von Waren oder
  244. Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Eine rechtserhaltende Benutzung i.S. von § 26 MarkenG liegt dementsprechend nicht vor, wenn das Zei-
  245. - 14 -
  246. chen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen Verwendung findet (BGH,
  247. Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 253/00, GRUR 2003, 428, 430 = WRP 2003, 647 - BIG
  248. BERTHA; Urt. v. 21.7.2005 - I ZR 293/02, GRUR 2005, 1047, 1049 = WRP
  249. 2005, 1527 - OTTO).
  250. 26
  251. (2) Die erforderliche Unterscheidung zwischen den einzelnen Widerspruchsmarken hat das Bundespatentgericht getroffen. Es ist auch zutreffend
  252. davon ausgegangen, dass durch die eidesstattlichen Versicherungen vom
  253. 17. Dezember 1999 und 10. Februar 2004 und die beigefügten Anlagen eine
  254. rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke "IDW" i.S. von § 26 MarkenG für
  255. folgende Dienstleistungen glaubhaft gemacht worden ist:
  256. Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern des Zeicheninhabers, insbesondere über eine unabhängige, eigenverantwortliche und fachgerechte
  257. Berufsausübung im Rahmen einheitlicher Grundsätze; fachliche Beratung des
  258. Wirtschaftsprüfernachwuchses; Durchführung und fachliche, finanzielle und
  259. organisatorische Unterstützung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere
  260. von Lehrgängen, Seminaren, Kursen und Vorträgen, auch solche berufsbegleitender Fortbildung, Veröffentlichungen von fachlichen Verlautbarungen zu
  261. Grundsatzfragen auf dem Tätigkeitsgebiet eines Wirtschaftsprüfers und Erstattung von Stellungnahmen zu fachlichen und beruflichen Einzelfragen von
  262. Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern; Erstattung von Gutachten in fachlichen und beruflichen
  263. Fragen von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie
  264. von außerordentlichen Mitgliedern, insbesondere auch gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften von Bund und Ländern.
  265. 27
  266. In den eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezember 1999 und
  267. 10. Februar 2004 wird zwar zwischen den Widerspruchsmarken nicht im Einzelnen unterschieden. Vielmehr ist in der eidesstattlichen Versicherung vom
  268. 17. Dezember 1999 nur allgemein von der Widerspruchsmarke die Rede. Auf
  269. welche Widerspruchsmarke sich die Angaben in dieser eidesstattlichen Versicherung beziehen, wird jedoch durch die beigefügten Anlagen hinreichend deutlich, auf die sich das Bundespatentgericht bezogen hat. Aufgrund der Angaben
  270. in der eidesstattlichen Versicherung vom 17. Dezember 1999 und der Anlagen
  271. - 15 -
  272. (Anl. 2 bis 9, 11, 15 und 18) ist das Bundespatentgericht zu Recht davon ausgegangen, dass eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke "IDW" von
  273. dem Widersprechenden zu 1 im Zeitraum vom 15. Oktober 1993 bis 15. Oktober 1998 glaubhaft gemacht worden ist. Entsprechendes gilt für den Zeitraum
  274. vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004, für den das Bundespatentgericht zutreffend
  275. angenommen hat, die rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke "IDW" i.S.
  276. von § 26 MarkenG sei durch die eidesstattliche Versicherung vom 10. Februar
  277. 2004 und die beigefügten Anlagen glaubhaft gemacht.
  278. 28
  279. cc) Ebenso wenig ist aus Rechtsgründen zu beanstanden, dass das Bundespatentgericht eine Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke "IDW", für die es eine rechtserhaltende Benutzung festgestellt
  280. hat, und den zu löschenden Waren und Dienstleistungen der angegriffenen
  281. Marke bejaht hat.
  282. 29
  283. (1) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen
  284. sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen
  285. den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere
  286. die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung
  287. sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende
  288. Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter
  289. ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der
  290. Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der
  291. Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist. Dabei gibt es
  292. eine absolute Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit, die auch bei Identität
  293. der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren
  294. - 16 -
  295. Marke ausgeglichen werden kann (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - C-39/97, Slg.
  296. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922 Tz. 15 - Canon; BGH, Beschl. v. 28.9.2006
  297. - I ZB 100/05, GRUR 2007, 321 Tz. 20 = WRP 2007, 321 - COHIBA).
  298. 30
  299. (2) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass zwischen den Waren und Dienstleistungen, für die die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist, und den Dienstleistungen "Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern; Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen; Veröffentlichung
  300. von Verlautbarungen, Unterhaltung von Präsenzbibliotheken" jedenfalls Ähnlichkeit gegeben ist.
  301. 31
  302. Gegen diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung macht die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg geltend, das Bundespatentgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, es gehe jeweils um Aus- oder Fortbildung. Sie rügt, das Bundespatentgericht habe zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass sich die durch die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen an eine hoch spezialisierte Zielgruppe richteten, während die Waren und
  303. Dienstleistungen der angegriffenen Marke ein allgemeines Publikum mit erhöhtem Bildungsstand ansprächen. Das hat das Bundespatentgericht ebenfalls
  304. seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Es hat zu Recht angenommen, dass die
  305. wechselseitigen Dienstleistungen dem Bereich Wissenschaft und Forschung
  306. zuzurechnen sind und der größere Kreis der durch die Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke angesprochenen Verkehrskreise die Annahme
  307. einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit nicht hindere.
  308. 32
  309. (3) Schließlich steht der vom Bundespatentgericht angenommenen Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen auch nicht der Umstand entgegen,
  310. dass der Markeninhaber ein neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vorgelegt hat, das der Entscheidung hilfsweise zugrunde gelegt werden soll und in
  311. - 17 -
  312. dem er einen Teil der Waren und Dienstleistungen mit dem Zusatz "Außerhalb
  313. des Bereichs der Wirtschafts- und Steuerberatung" versehen hat. Die teilweise
  314. Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der angegriffenen Marke um den Bereich der "Wirtschafts- und Steuerberatung" stellt einen
  315. Teilverzicht auf die angegriffene Marke i.S. von § 48 MarkenG dar. Dieser Teilverzicht ist schon deshalb unwirksam, weil die Verzichtserklärung, die ohne
  316. weiteres zum vollständigen oder teilweisen Erlöschen der Marke führt (vgl.
  317. BGH, Beschl. v. 19.10.2000 - I ZB 62/98, GRUR 2001, 337, 338 = WRP 2001,
  318. 408 - EASYPRESS), nicht bedingt abgegeben werden kann (Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 48 Rdn. 7; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 48 Rdn. 6),
  319. wie dies vorliegend geschehen ist.
  320. 33
  321. c) Zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass die
  322. als verkehrsdurchgesetztes Zeichen eingetragene Widerspruchsmarke "IDW"
  323. mangels entgegenstehender Anhaltspunkte über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt (vgl. BGHZ 171, 89 Tz. 35 - Pralinenform).
  324. 34
  325. d) Nicht frei von Rechtsfehlern ist allerdings die Annahme des Bundespatentgerichts, es liege klangliche Zeichenidentität zwischen den kollidierenden
  326. Marken vor. Mit der gebotenen Sicherheit sei nicht auszuschließen, dass die
  327. angegriffene Marke auf "idw" verkürzt werde.
  328. 35
  329. Das Abstellen auf die Zeichenidentität in klanglicher Hinsicht ist allerdings aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des
  330. Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Bundesgerichtshofs
  331. ist nicht auszuschließen, dass allein die klangliche Zeichenähnlichkeit der Marken eine Verwechslungsgefahr begründen kann (EuGH, Urt. v. 22.6.1999
  332. - C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Tz. 27 f. = WRP 1999,
  333. - 18 -
  334. 806 - Lloyd; Urt. v. 23.3.2006 - C-206/04, Slg. 2006, I-2717 = GRUR 2006, 413
  335. Tz. 21 - ZIRH/SIR; BGHZ 139, 340, 347 - Lions).
  336. 36
  337. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang
  338. geltend, der klanglichen Zeichenähnlichkeit komme für die Annahme einer Verwechslungsgefahr vorliegend keine Bedeutung zu. Nähere Darlegungen, warum die klangliche Zeichenähnlichkeit ausnahmsweise außer Betracht bleiben
  339. soll, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Allein der Hinweis der Rechtsbeschwerde, der Widersprechende zu 1 kommuniziere mit seinen Mitgliedern zum
  340. weitaus überwiegenden Teil in schriftlicher Form, rechtfertigt nicht die vollständige Außerachtlassung der klanglichen Zeichenähnlichkeit.
  341. 37
  342. Das Bundespatentgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, der
  343. Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde ausschließlich durch "idw" geprägt. Zwar kann der Gesamteindruck einer mehrgliedrigen Marke durch einzelne Wortbestandteile geprägt werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings,
  344. dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den
  345. Gesamteindruck einer Marke nicht mitbestimmen. Anders als das Bundespatentgericht angenommen hat, genügt dazu aber nicht, dass nur nicht ausgeschlossen werden kann, der Verkehr werde die angegriffene Marke auf "idw"
  346. verkürzen und den weiteren Wortbestandteil "Informationsdienst Wissenschaft"
  347. weglassen. Auch ein Bestandteil, der eine beschreibende Angabe enthält, kann
  348. zum Gesamteindruck beitragen (BGH, Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 223/01, GRUR
  349. 2004, 783, 785 = WRP 2004, 1043 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).
  350. Ob dies der Fall ist, muss der Tatrichter im Rahmen der Beurteilung des Gesamteindrucks feststellen. Daran fehlt es vorliegend. Dafür, dass der Verkehr
  351. die angegriffene Marke nicht auf "idw" verkürzt, spricht, dass die Buchstabenfolge - anders als bei einer Phantasiebezeichnung - die Abkürzung der weiteren
  352. Wortbestandteile "Informationsdienst Wissenschaft" der zusammengesetzten
  353. - 19 -
  354. Marke darstellt. Der sachliche Bezug der Buchstabenfolge zu den weiteren
  355. Wortbestandteilen kann einer Neigung des Verkehrs zur Verkürzung entgegenstehen. Etwas anderes könnte sich dann ergeben, wenn der Verkehr Schwierigkeiten hat, sich die längeren Wortbestandteile einzuprägen, und deshalb dazu neigt, die Bezeichnung in einer die Merkbarkeit und Ansprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen (BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 139/99, GRUR
  356. 2002, 626, 628 = WRP 2002, 705 - IMS), oder wenn die Buchstabenfolge "idw"
  357. dem Verkehr als Abkürzung für die weiteren Angaben "Informationsdienst Wissenschaft" allgemein bekannt ist. Entsprechendes hat das Bundespatentgericht
  358. aber nicht festgestellt; hierfür ist auch nach dem Parteivortrag nichts ersichtlich.
  359. 38
  360. 2. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke Nr. 1 095 846
  361. 39
  362. Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, dass zwischen der Widerspruchsmarke Nr. 1 095 846 und der angegriffenen Marke im Hinblick auf einen
  363. Teil der Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9
  364. Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht, hält nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
  365. 40
  366. a) Zu Recht hat das Bundespatentgericht eine Ähnlichkeit zwischen den
  367. von der Anordnung der Löschung erfassten Waren und Dienstleistungen der
  368. angegriffenen Marke und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke bejaht,
  369. deren Benutzung glaubhaft gemacht worden ist.
  370. 41
  371. aa) Der Markeninhaber hat auch im Hinblick auf diese Widerspruchsmarke die Einrede mangelnder Benutzung erhoben. Das Bundespatentgericht ist
  372. jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass der Widersprechende zu 1 die
  373. rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 26 MarkenG aufgrund der eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezember 1999 und 10. Fe-
  374. - 20 -
  375. bruar 2004 und den vom Bundespatentgericht zu diesen eidesstattlichen Versicherungen in Bezug genommenen Anlagen glaubhaft gemacht hat. Hierzu wird
  376. auf die Ausführungen unter III 1 b aa und bb Bezug genommen, die entsprechend gelten. Aus den Anlagen zu den eidesstattlichen Versicherungen, auf die
  377. das Bundespatentgericht zur Begründung der Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung dieser Widerspruchsmarke verwiesen hat, folgt eine Benutzung der Widerspruchsmarke entweder in der eingetragenen Form oder in
  378. einer Form, in der die zwei Rechtecke nicht grau, sondern hell unterlegt sind
  379. und die den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke i.S. von § 26
  380. Abs. 3 MarkenG nicht verändert. Dies reicht für die Glaubhaftmachung einer
  381. ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke i.S. von § 26 MarkenG aus.
  382. 42
  383. bb) Zur Ähnlichkeit der von der angegriffenen Marke erfassten Waren
  384. und Dienstleistungen mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gelten
  385. die Ausführungen unter III 1 b cc entsprechend.
  386. 43
  387. b) Das Bundespatentgericht ist zutreffend von einer durchschnittlichen
  388. Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Dagegen erinnern
  389. die Beteiligten nichts.
  390. 44
  391. c) Nicht frei von Rechtsfehlern sind aber die Ausführungen des Bundespatentgerichts zur Zeichenähnlichkeit.
  392. 45
  393. Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, es bestehe klangliche
  394. Zeichenidentität, weil nicht mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen sei,
  395. dass der Verkehr die Vergleichsmarken bei ihrer Benennung auf "IDW" verkürze. Dass dies nicht auszuschließen ist, reicht - wie oben unter III 1 d dargelegt für die Annahme einer Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke
  396. und der komplexen Wort-/Bildmarke allein durch "IDW" nicht aus.
  397. - 21 -
  398. 46
  399. Das Bundespatentgericht hat weiter angenommen, diejenigen Teile des
  400. Verkehrs, die die Widerspruchsmarke bei der mündlichen Wiedergabe mit
  401. "INSTITUT DER WIRTSCHAFTSPRÜFER IDW" bezeichneten, würden zwar
  402. die Unterschiede zwischen den Marken erkennen, bei der Widerspruchsmarke
  403. in "IDW" aber einen Stammbestandteil sehen und die kollidierenden Marken
  404. einem Unternehmen zuordnen.
  405. 47
  406. Zu Recht macht die Rechtsbeschwerde dagegen geltend, das Bundespatentgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Verkehr Anlass
  407. habe, in dem aus verschiedenen Wort- und Bildbestandteilen zusammengesetzten Zeichen "IDW" den Stamm einer Zeichenserie zu sehen (vgl. hierzu
  408. EuGH, Urt. v. 13.9.2007 - C-234/06, GRUR Int. 2007, 1009 Tz. 63 f. = MarkenR
  409. 2007, 427 - Bainbridge; BGH, Urt. v. 22.11.2001 - I ZR 111/99, GRUR 2002,
  410. 542, 544 = WRP 2002, 534 - BIG; Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007,
  411. 1066 Tz. 45 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit).
  412. 48
  413. 3. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 IDW Verlag
  414. 49
  415. Das Bundespatentgericht hat weiterhin angenommen, dass zwischen der
  416. Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 der Widersprechenden zu 2 und der angegriffenen Marke Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
  417. Auch dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis mit Erfolg.
  418. 50
  419. a) Zutreffend ist das Bundespatentgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Widersprechende zu 2 eine rechtserhaltende Benutzung der
  420. Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 glaubhaft gemacht hat. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 15. Oktober 1998 war
  421. die am 7. Oktober 1994 eingetragene Widerspruchsmarke noch keine fünf Jah-
  422. - 22 -
  423. re eingetragen. Maßgeblich für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung ist
  424. im Streitfall daher nicht § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, sondern ausschließlich
  425. der Fünfjahreszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG vom 14. Juli 1999 bis
  426. 14. Juli 2004. Für diesen Zeitraum hat die Widersprechende zu 2 eine rechtserhaltende Benutzung für eine Reihe vom Bundespatentgericht näher bezeichneter Waren und Dienstleistungen aufgrund der eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers von B. vom 23. Juni 2000 und der vom Bundespatentgericht in Bezug genommenen Anlagen glaubhaft gemacht. Dagegen wendet sich
  427. die Rechtsbeschwerde, soweit die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden
  428. Benutzung hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen
  429. Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Text-, Ton- und Bildträger, ausgenommen unbelichtete Filme;
  430. Produktion von Text-, Ton- und Bildaufnahmen auf Text-, Ton- und Bildträgern; Veröffentlichung und Herausgabe von mit Programmen versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art
  431. in Rede steht. Das Bundespatentgericht konnte jedoch zu Recht aufgrund der in
  432. Bezug genommenen Anlagen 25 und 26 von einer rechtserheblichen Benutzung für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ausgehen. Den
  433. zahlreichen Daten auf den angeführten Anlagen ist auch ein hinreichender Bezug zu dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum zu entnehmen. Die Vielzahl der
  434. vorgelegten Anlagen und die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom
  435. 23. Juni 2000, die sich auch auf den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum beziehen, belegen, dass die Widerspruchsmarke von der Widersprechenden zu 2
  436. ernsthaft benutzt worden ist. Schließlich hat die Widersprechende zu 2 die Widerspruchsmarke auch in der mit der Eintragung identischen Form oder in einer
  437. Weise benutzt, die den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert.
  438. 51
  439. b) Zutreffend hat das Bundespatentgericht auch eine Identität oder Ähnlichkeit der kollidierenden Marken für einen Teil der Waren und Dienstleistun-
  440. - 23 -
  441. gen bejaht. Die Feststellung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
  442. liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist sie nur darauf überprüfbar, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen
  443. Lebenserfahrung geurteilt hat und ob das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird (BGH GRUR 2007, 1066 Tz. 23 - Kinderzeit).
  444. 52
  445. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen für Druckereierzeugnisse zum Themengebiet
  446. "Wirtschaftsrecht" benutzt werden und die Widersprechende zu 2 ihre Abnehmerkreise bei Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsjuristen findet. Die Eintragung
  447. der Widerspruchsmarke ist für die Waren und Dienstleistungen nicht beschränkt
  448. auf Produkte und Dienstleistungen mit wirtschaftsrechtlichem Inhalt erfolgt. Die
  449. Widerspruchsmarke ist für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen
  450. rechtserhaltend benutzt worden, ohne dass es auf den jeweiligen thematischen
  451. Inhalt der Druckerzeugnisse (z.B. Wirtschaftsrecht) ankommt.
  452. 53
  453. c) Zutreffend ist das Bundespatentgericht auch von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen.
  454. 54
  455. d) Nicht frei von Rechtsfehlern ist allerdings die Annahme des Bundespatentgerichts, die Kollisionsmarken seien sich so ähnlich, dass zwischen ihnen
  456. eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe.
  457. 55
  458. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass das Bundespatentgericht
  459. nicht ausschließlich auf eine visuelle Zeichenähnlichkeit abgestellt und eine
  460. klangliche Zeichenähnlichkeit in die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein-
  461. - 24 -
  462. bezogen hat (hierzu Abschn. III 1 d). Die Rechtsbeschwerde zeigt auch insoweit
  463. nichts dafür auf, dass mündliche Markenbenennungen auf den in Rede stehenden Waren- und Dienstleistungssektoren keine Rolle spielen.
  464. 56
  465. Das Bundespatentgericht hat jedoch bei der Prüfung der Ähnlichkeit der
  466. Widerspruchsmarke mit der angegriffenen Marke rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass die Angabe "Informationsdienst Wissenschaft" bei der angegriffenen Marke zum Gesamteindruck beitragen könnte (hierzu Abschn. III 1 d). Es
  467. hat deshalb den Gesamteindruck der kollidierenden Marken und die Zeichenähnlichkeit nicht rechtsfehlerfrei bestimmt.
  468. Bornkamm
  469. Pokrant
  470. Bergmann
  471. Büscher
  472. Kirchhoff
  473. Vorinstanz:
  474. Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.03.2005 - 32 W(pat) 79/02 -