Search on legal documents using Tensorflow and a web_actix web interface
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

1140 lines
61 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. EnVR 88/10
  4. Verkündet am:
  5. 9. Oktober 2012
  6. Bürk
  7. Justizhauptsekretärin
  8. als Urkundsbeamtin
  9. der Geschäftsstelle
  10. in der energiewirtschaftlichen Verwaltungssache
  11. Nachschlagewerk:
  12. BGHZ:
  13. BGHR:
  14. ja
  15. nein
  16. ja
  17. SWM Infrastruktur GmbH
  18. ARegV § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 13
  19. Netzanschlusskostenbeiträge sind auch nach der bis zum 8. September 2010 geltenden Fassung von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 ARegV (in entsprechender Anwendung der
  20. Vorschrift) als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile anzusehen.
  21. ARegV § 13 Abs. 3
  22. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur, beim Effizienzvergleich Einrichtungen im
  23. Bereich der Höchstspannung und das Verhältnis zwischen der Anzahl von Zählpunkten
  24. und der Anzahl von Anschlusspunkten nicht als Vergleichsparameter heranzuziehen,
  25. ist nicht ermessensfehlerhaft.
  26. ARegV § 15 Abs. 1
  27. Macht der Netzbetreiber Mehrkosten geltend, weil er eine bestimmte Leistung
  28. - zum Beispiel Einrichtung und Betrieb von Zählpunkten - in überdurchschnittlich hohem Maße erbringen müsse, genügt es zum Nachweis dieser Kosten nicht, diese allein
  29. anhand der Zahl der Leistungseinheiten und der für eine Leistungseinheit durchschnittlich anfallenden Kosten zu berechnen. Der Netzbetreiber muss vielmehr darlegen und
  30. unter Beweis stellen, in welchem Umfang die Kosten gerade dadurch angestiegen
  31. sind, dass die Leistung in höherem Maße zu erbringen ist, als dies dem Durchschnitt
  32. entspricht.
  33. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - EnVR 88/10 - OLG Düsseldorf
  34. -2Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  35. vom
  36. 19. Juni
  37. 2012
  38. durch
  39. den
  40. Präsidenten
  41. des
  42. Bundesgerichtshofs
  43. Prof. Dr. Tolksdorf und die Richter Dr. Raum, Dr. Strohn, Dr. Grüneberg und
  44. Dr. Bacher
  45. beschlossen:
  46. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der am 21. Juli 2010
  47. verkündete Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts
  48. Düsseldorf aufgehoben.
  49. Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 3. Februar 2009 aufgehoben. Die Bundesnetzagentur wird verpflichtet, die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
  50. Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
  51. Von den Kosten und Auslagen des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Betroffene fünf Sechstel und die
  52. Bundesnetzagentur ein Sechstel.
  53. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 89 Millionen
  54. Euro festgesetzt.
  55. -3-
  56. Gründe:
  57. 1
  58. I.
  59. Die Betroffene betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz. Mit Schreiben
  60. vom 2. September 2008 eröffnete die Bundesnetzagentur gegen sie von Amts
  61. wegen das Verfahren zur Festlegung der Erlösobergrenzen für die Jahre 2009
  62. bis 2013. Die Betroffene beantragte unter anderem die Einbeziehung eines
  63. pauschalierten Investitionszuschlags und eines Erweiterungsfaktors sowie die
  64. Anpassung der Erlösobergrenze wegen Vorliegens einer nicht zumutbaren Härte im Hinblick auf gestiegene Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie.
  65. 2
  66. Mit Beschluss vom 3. Februar 2009 legte die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen niedriger als von der Betroffenen begehrt fest. Sie legte hierbei
  67. einen Effizienzwert von 92,3 % zugrunde. Bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus nach § 6 ARegV nahm sie Kürzungen bei den Kosten für Verlustenergie, beim Zinssatz für Fremdkapital, beim zu berücksichtigenden Eigenkapital,
  68. bei den für die Abschreibungen herangezogenen Indexreihen und bei der kalkulatorischen Gewerbesteuer vor. Bei den dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten
  69. ließ sie Netzanschlusskostenbeiträge und Kosten für Verlustenergie außer Betracht. Einen pauschalierten Investitionszuschlag gemäß § 25 ARegV gewährte
  70. sie nur in geringerer Höhe als beantragt. Abweichend vom Begehren der Betroffenen stellte sie in die Berechnung ferner den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor nach § 9 ARegV ein. Die Anträge auf Berücksichtigung eines Erweiterungsfaktors im Sinne von § 10 ARegV und auf Anerkennung eines Härtefalls im Sinne von § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV lehnte sie ab.
  71. 3
  72. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Betroffene mit der vom
  73. Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie ihr Begehren
  74. aus der Beschwerdeinstanz in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Bundesnetzagentur tritt dem Rechtsmittel entgegen.
  75. -4II.
  76. 4
  77. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat nur zu einem Teil Erfolg. Im
  78. Übrigen ist sie unbegründet.
  79. 5
  80. 1.
  81. 6
  82. Teilweise begründet ist die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich gegen die
  83. Bestimmung des Ausgangsniveaus
  84. Bestimmung des Ausgangsniveaus für die Bestimmung der Erlösobergrenzen
  85. gemäß § 6 ARegV wendet.
  86. 7
  87. a)
  88. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, nach § 6 Abs. 2 ARegV sei
  89. für die erste Regulierungsperiode das Ergebnis der Kostenprüfung der letzten
  90. Genehmigung der Netzentgelte heranzuziehen. Für eine Anpassung an spätere
  91. Entwicklungen sei kein Raum. Deshalb könnten weder die tatsächlichen Beschaffungskosten für Verlustenergie für das Jahr 2007 noch Plankosten für die
  92. Jahre 2008 oder 2009 berücksichtigt werden. Eine Anpassung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der weitere Kostenpositionen hätten
  93. berücksichtigt werden müssen, und die Heranziehung anderer Preisindizes
  94. seien ebenfalls nicht möglich. Die Bundesnetzagentur sei auch nicht verpflichtet
  95. gewesen, die kalkulatorische Gewerbesteuer mit Blick auf die von ihr zu Gunsten der Betroffenen vorgenommene Anpassung der Eigenkapitalverzinsung zu
  96. aktualisieren.
  97. 8
  98. b)
  99. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nur teilweise
  100. stand.
  101. 9
  102. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus nach § 6 Abs. 2 ARegV - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung und
  103. Anwendung der Stromnetzentgeltverordnung zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2010 - EnVR 48/10, RdE 2011, 308 Rn. 7 ff. - EnBW Regional AG). Das Ergebnis der letzten Kostenprüfung darf nicht übernommen
  104. werden, soweit es zu dieser Rechtsprechung in Widerspruch steht.
  105. -510
  106. Ein Widerspruch in diesem Sinne setzt allerdings voraus, dass der Netzbetreiber im Entgeltgenehmigungsverfahren Kostenpositionen geltend gemacht
  107. hat, deren Anerkennung die Regulierungsbehörde zu Unrecht abgelehnt hat.
  108. Soweit der Netzbetreiber bestimmte Kostenpositionen im Entgeltgenehmigungsverfahren nicht geltend gemacht hat, muss er sich daran auch im Zusammenhang mit § 6 Abs. 2 ARegV festhalten lassen (BGH, Beschluss vom
  109. 31. Januar 2012 - EnVR 16/10, RdE 2012, 203 Rn. 13 - Gemeindewerke Schutterwald).
  110. 11
  111. Die Möglichkeit, das nach § 6 Abs. 2 ARegV heranzuziehende Ergebnis
  112. der letzten Kostenprüfung in einzelnen Punkten an nachträglich ergangene
  113. Rechtsprechung anzupassen, führt nicht dazu, dass der Netzbetreiber seine der
  114. letzten Entgeltgenehmigung zugrunde gelegte Kalkulation an beliebigen Stellen
  115. nachträglich korrigieren darf. Die Anpassung an die höchstrichterliche Rechtsprechung dient lediglich dazu, für die Festlegung der Erlösobergrenzen von
  116. denjenigen Kosten auszugehen, die sich bei Berücksichtigung dieser Rechtsprechung auf der Grundlage des für die Entgeltgenehmigung maßgeblichen
  117. Sachverhalts ergeben hätten. Hierbei können Kosten, die der Netzbetreiber
  118. damals nicht geltend gemacht hat, keine Berücksichtigung finden. Aus welchen
  119. Gründen von der Geltendmachung der Kosten abgesehen wurde, ist unerheblich.
  120. -6-
  121. 12
  122. aa) Demnach ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Bundesnetzagentur keine Plankosten für Verlustenergie berücksichtigt hat.
  123. 13
  124. Zwar konnten nach der Rechtsprechung des Senats bei der Genehmigung
  125. der Netzentgelte auf der Grundlage von § 23a EnWG die Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie bei gesicherten Erkenntnissen auch mit Planwerten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 StromNEV in Ansatz gebracht
  126. werden (BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 36/07, RdE 2008, 337
  127. Rn. 9 ff. - Stadtwerke Trier). Die Betroffene hat im letzten Entgeltgenehmigungsverfahren aber keine Plankosten für Verlustenergie geltend gemacht.
  128. Deshalb ist es ihr auch im vorliegenden Zusammenhang verwehrt, die Berücksichtigung solcher Kosten zu verlangen.
  129. 14
  130. bb) Entsprechendes gilt für den Risikozuschlag bei den Fremdkapitalzinsen.
  131. 15
  132. Ein solcher Zuschlag hätte zwar berücksichtigt werden müssen (hierzu
  133. BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 42/07, WuW/E DE-R 2395
  134. Rn. 54 ff. - Rheinhessische Energie). Die Betroffene hat diese Kostenposition
  135. im Entgeltgenehmigungsverfahren jedoch nicht geltend gemacht.
  136. 16
  137. cc)
  138. Hinsichtlich der geleisteten Anzahlungen und Kosten für Anlagen im
  139. Bau (hierzu BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 39/07, RdE 2008, 323
  140. Rn. 32 ff. - Vattenfall) wird die Bundesnetzagentur nach der Zurückverweisung
  141. den Sachverhalt weiter aufzuklären haben. Auf der Grundlage der bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Betroffene diese Kostenposition im Entgeltgenehmigungsverfahren
  142. in hinreichender Weise geltend gemacht hat.
  143. 17
  144. Die Berücksichtigung solcher Kosten ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Betroffene im Entgeltgenehmigungsverfahren in der Aufstellung
  145. -7des kalkulatorischen Eigenkapitals entsprechend den damaligen Vorgaben der
  146. Bundesnetzagentur keine entsprechende Position ausgewiesen hat. Es würde
  147. vielmehr ausreichen, wenn die Betroffene in ihrer zusammen mit dem Antrag
  148. auf Genehmigung der Netzentgelte eingereichten Bilanz zum 31. Dezember
  149. 2006 für geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau einen entsprechenden
  150. Betrag ausgewiesen hätte. Aus diesem Umstand hätte die Bundesnetzagentur
  151. bei zutreffender rechtlicher Beurteilung folgern können und müssen, dass diese
  152. Position auch beim kalkulatorischen Eigenkapital zu berücksichtigen ist. Die
  153. Betroffene war nicht gehalten, den Betrag in weitere Formulare, Aufstellungen
  154. oder sonstige Anlagen zum Entgeltgenehmigungsantrag zu übernehmen, weil
  155. dort ohnehin keine entsprechende Rubrik vorgesehen war.
  156. 18
  157. Ob die Betroffene die Kostenposition im Entgeltgenehmigungsverfahren in
  158. der genannten Weise geltend gemacht hat, ist weder den Feststellungen des
  159. Beschwerdegerichts noch den vorliegenden Verfahrensakten zu entnehmen.
  160. Die Bundesnetzagentur hat nach der Zurückverweisung Gelegenheit, die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts nachzuholen.
  161. 19
  162. dd) Anzupassen ist die kalkulatorische Gewerbesteuer im Hinblick auf
  163. die von der Bundesnetzagentur vorgenommenen Änderungen bei der Eigenkapitalverzinsung wegen der Neufestlegung der Zinssätze vom 7. Juli 2008.
  164. 20
  165. Wie der Senat bereits entschieden hat, folgt aus der in § 8 StromNEV vorgeschriebenen Anbindung der kalkulatorischen Gewerbesteuer an die Bemessungsgrundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung, dass bei einer
  166. Veränderung der Bemessungsgrundlage auch die Gewerbesteuer anzupassen
  167. ist. Aus § 7 Abs. 6 StromNEV ergibt sich entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur nichts anderes (BGH RdE 2012, 203 Rn. 10 - Gemeindewerke
  168. Schutterwald).
  169. 21
  170. Ob die Betroffene eine entsprechende Anpassung bereits im - vor der
  171. Neufestlegung der Zinssätze abgeschlossenen - Entgeltgenehmigungsverfah-
  172. -8ren beantragt hat, ist unerheblich. Die Anpassung der kalkulatorischen Gewerbesteuer ergibt sich als rechnerische Folge aus der Änderung der Bemessungsgrundlage und bedarf, anders als die oben behandelten Kostenpositionen,
  173. keines zusätzlichen tatsächlichen Vorbringens seitens des Netzbetreibers.
  174. 22
  175. ee) Soweit die Betroffene geltend macht, die bei der Berechnung der Tagesneuwerte zugrunde gelegten Preisindizes seien fehlerhaft, wird die Bundesnetzagentur Gelegenheit haben, dieses Vorbringen bei der ohnehin gebotenen
  176. Neubescheidung zu berücksichtigen.
  177. 23
  178. 2.
  179. 24
  180. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Einordnung
  181. Netzanschlusskostenbeiträge
  182. der Erlöse aus Netzanschlusskostenbeiträgen als dauerhaft nicht beeinflussbar.
  183. 25
  184. a)
  185. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Regelung in § 11 Abs. 2
  186. Satz 1 Nr. 13 ARegV in der bis 8. September 2010 geltenden Fassung, nach
  187. deren Wortlaut nur Erlöse aus der Auflösung von Baukostenzuschüssen nach
  188. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StromNEV, nicht aber Erlöse aus der Auflösung von
  189. Netzanschlusskostenbeiträgen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StromNEV als
  190. dauerhaft nicht beeinflussbar gelten, weise eine planwidrige Lücke auf. Der
  191. Verordnungsgeber habe versehentlich nicht berücksichtigt, dass die Erwägungen, die zur Einfügung von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 ARegV geführt hätten, für
  192. Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge gleichermaßen gälten.
  193. Die dadurch entstandene Regelungslücke sei durch entsprechende Anwendung
  194. der Vorschrift auf Netzanschlusskostenbeiträge zu schließen.
  195. 26
  196. 27
  197. b)
  198. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.
  199. -9Eine unmittelbare Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 ARegV a.F.
  200. auf Netzanschlusskostenbeiträge ist zwar angesichts des klaren Wortlauts der
  201. Vorschrift ausgeschlossen. Aus der Entstehungsgeschichte und aus dem Sinn
  202. und Zweck der Vorschrift ergibt sich aber, dass eine planwidrige Regelungslücke besteht, die durch entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Netzanschlusskostenbeiträge zu schließen ist.
  203. 28
  204. Die auf Vorschlag des Bundesrats eingefügte Vorschrift in § 11 Abs. 2
  205. Satz 1 Nr. 13 ARegV dient dem Zweck, Verzerrungen im Effizienzvergleich
  206. auszuschließen (BR-Drucks. 417/07 (Beschluss), S. 5). Solche Verzerrungen
  207. würden entstehen, wenn die Erlöse, die ein Netzbetreiber aus Baukostenzuschüssen erhält, zu einer Reduzierung der in den Effizienzvergleich einbezogenen Netzkosten führen würden. Dann würden sich für einen Netzbetreiber, der
  208. Baukostenzuschüsse erhebt, geringere Kosten und damit ein höherer Effizienzwert ergeben als für einen Netzbetreiber, der unter ansonsten gleichen
  209. Rahmenbedingungen keine oder geringere Zuschüsse erhebt. Dies erschiene
  210. inkonsequent. In beiden Konstellationen entstehen die gleichen Kosten. Unterschiede bestehen nur hinsichtlich der Art und Weise, in der die Kosten auf die
  211. Nutzer umgelegt werden. Diese Unterschiede begründen keinen erkennbaren
  212. Effizienzvorteil.
  213. 29
  214. Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, ist die vom Verordnungsgeber erlassene Regelung lückenhaft, weil dieselbe Erwägung auch für
  215. Netzkostenanschlussbeiträge greift. Solche Beiträge, die gemäß § 9 der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) für die Herstellung eines Netzanschlusses verlangt werden können, unterscheiden sich von den nach § 11 NAV zulässigen Zuschüssen zu den Baukosten für örtliche Verteileranlagen nur insoweit,
  216. als sie unmittelbar einem einzelnen Anschluss zugeordnet werden können.
  217. Schon im Anwendungsbereich der Niederspannungsanschlussverordnung wird
  218. dieser Unterschied dadurch teilweise eingeebnet, dass gemäß § 9 Abs. 1
  219. Satz 2 NAV auch die Kosten des Netzanschlusses pauschal berechnet werden
  220. dürfen. Die danach verbleibenden Unterschiede sind für den Effizienzvergleich
  221. - 10 nach § 12 ff. ARegV unerheblich. In beiden Fällen werden Kosten für bestimmte
  222. Netzeinrichtungen nicht reduziert, sondern lediglich in besonderer Weise auf die
  223. Nutzer umgelegt. Angesichts dessen ist das vom Verordnungsgeber mit § 11
  224. Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 ARegV verfolgte Ziel, eine Verzerrung des Effizienzvergleichs zu vermeiden, durch die alleinige Einbeziehung der Baukostenzuschüsse nicht zu erreichen. Darin hat das Beschwerdegericht zu Recht eine planwidrige Regelungslücke gesehen.
  225. 30
  226. Diese Lücke ist durch entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 1
  227. Nr. 13 ARegV zu schließen. Werden beide Erlösarten als nicht dauerhaft beeinflussbar behandelt, so kann das vom Verordnungsgeber angestrebte Ziel erreicht werden. Dann ist es für den Effizienzvergleich nämlich unerheblich, ob
  228. und in welchem Umfang ein Netzbetreiber solche Zuschüsse erhoben hat. Dies
  229. entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift.
  230. 31
  231. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch den Umstand, dass in der seit dem
  232. 9. September 2010 geltenden Fassung von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 ARegV
  233. Netzkostenanschlussbeiträge ausdrücklich mit aufgeführt sind. In den Materialien zu der einschlägigen Änderungsverordnung wird ausgeführt, sowohl bei
  234. Netzanschlusskostenbeiträgen als auch bei Baukostenzuschüssen handle es
  235. sich um Kostenbeiträge von Netzkunden zum Netzbetrieb, so dass nur eine
  236. Gleichbehandlung
  237. dieser
  238. beiden
  239. Erlöspositionen
  240. sinnvoll
  241. sei
  242. (BR-
  243. Drucks. 312/10 (Beschluss), S. 20).
  244. 32
  245. 3.
  246. 33
  247. Effizienzwert
  248. Teilweise begründet ist die Rechtsbeschwerde, soweit die Betroffene sich
  249. gegen die Ermittlung des Effizienzwerts wendet.
  250. - 11 34
  251. a)
  252. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war die Bundes-
  253. netzagentur allerdings nicht gehalten, bei der Ermittlung des Effizienzwerts weitere Vergleichsparameter heranzuziehen.
  254. 35
  255. aa) Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Länge von Kabeln und
  256. Freileitungen, die mit Höchstspannung betrieben würden, könne keine Berücksichtigung finden. Die Betroffene sei Verteilernetzbetreiberin. Die Elektrizitätsverteilung umfasse nach der Definition in § 3 Nr. 37 EnWG nur die Spannungsebenen der Nieder-, Mittel- und Hochspannung. Die Höchstspannungsebene
  257. diene alleine der Übertragung im Sinne von § 3 Nr. 32 EnWG. Für die Betreiber
  258. von Übertragungsnetzen sei in § 22 Abs. 1 ARegV ein gesonderter Effizienzvergleich vorgesehen. Zudem sei der Betroffenen durch die Vorgehensweise
  259. der Bundesnetzagentur, die die auf die Kostenstellen "Höchstspannung" und
  260. "Umspannung Höchstspannung/Hochspannung" entfallenden Kostenanteile im
  261. Effizienzvergleich nicht berücksichtigt, gleichwohl aber den Erlösgrenzen hinzugerechnet habe, kein Nachteil, sondern sogar ein Vorteil durch einen verbesserten Effizienzwert entstanden.
  262. 36
  263. Das Verhältnis zwischen der Anzahl der Anschlusspunkte und der Anzahl
  264. der nachgelagerten Zählpunkte dürfe schon nach § 13 Abs. 3 Satz 2 und 3
  265. ARegV nicht als Vergleichsparameter herangezogen werden. Die Anzahl der
  266. Zählpunkte werde durch den vom Verordnungsgeber zwingend vorgegebenen
  267. Vergleichsparameter "Anschlusspunkte" zumindest teilweise abgebildet. Die
  268. zusätzliche Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Zähl- und Anschlusspunkten würde diesen Parameter in seiner Wirkung zumindest teilweise wiederholen.
  269. 37
  270. bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis
  271. stand.
  272. - 12 38
  273. (1)
  274. Bei der Auswahl der relevanten Vergleichsparameter sind die Vor-
  275. gaben der Anreizregulierungsverordnung zu berücksichtigen. Nach § 13 Abs. 4
  276. ARegV hat die Regulierungsbehörde in der ersten und zweiten Regulierungsperiode die dort genannten vier Vergleichsparameter zwingend zu verwenden.
  277. Dazu gehören die von der Betroffenen verlangten Parameter nicht.
  278. 39
  279. (2)
  280. Darüber hinaus können weitere Parameter nach Maßgabe des § 13
  281. Abs. 3 ARegV verwendet werden. Entsprechend § 13 Abs. 3 Satz 4 ARegV gehören dazu die Jahresarbeit und die dezentralen Erzeugungsanlagen in Stromversorgungsnetzen, insbesondere die Anzahl und Leistung von Anlagen zur
  282. Erzeugung von Strom aus Wind- und solarer Strahlungsenergie. Auch dazu
  283. zählen die von der Betroffenen geforderten Parameter nicht.
  284. 40
  285. (3)
  286. Die Bundesnetzagentur hat in Ausübung des ihr nach § 13 Abs. 4
  287. Satz 2 ARegV zustehenden Ermessens für die erste Regulierungsperiode insgesamt elf Vergleichsparameter festgelegt. Dabei musste sie im Vorfeld aus
  288. einer großen Anzahl theoretisch möglicher Kombinationen diejenigen Vergleichsparameter ermitteln, die in Kombination zur Erreichung der in § 13
  289. Abs. 3 ARegV bestimmten Ziele sinnvoll sind (vgl. hierzu Bericht der Bundesnetzagentur zur Einführung der Anreizregulierung, S. 64 f., 204 ff.). Danach
  290. müssen die Parameter geeignet sein, die Belastbarkeit des Effizienzvergleichs
  291. zu stützen. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn sie messbar oder
  292. mengenmäßig erfassbar, nicht durch Entscheidungen des Netzbetreibers bestimmbar und nicht in ihrer Wirkung ganz oder teilweise wiederholend sind.
  293. 41
  294. Zur Ermittlung der Vergleichsparameter hat die Bundesnetzagentur bei
  295. den
  296. Stromverteilernetzbetreibern
  297. auf
  298. Grundlage
  299. der
  300. Festlegung
  301. vom
  302. 20. November 2007 (ABl. Bundesnetzagentur Nr. 23/2007, S. 4645 ff.) eine
  303. Strukturdatenabfrage durchgeführt. Am 16. Juni 2008 wurden die Wirtschaftsund Verbrauchervertreter gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 ARegV zur Ausgestaltung
  304. - 13 der in Anlage 3 zu § 12 ARegV aufgeführten Methoden zur Effizienzwertermittlung angehört. Des Weiteren wurden gemäß § 13 Abs. 3 Satz 10 ARegV die
  305. Parameter für die Effizienzvergleiche der Verteilernetzbetreiber Strom bzw. Gas
  306. nach § 12 Abs. 1 sowie § 13 Abs. 3 und 4 ARegV dargestellt und die Wirtschafts- und Verbrauchervertreter hierzu angehört. Darüber hinaus sind bei der
  307. Bundesnetzagentur insgesamt 21 Stellungnahmen eingegangen. Die Ergebnisse wurden in dem von der Bundesnetzagentur in Auftrag gegebenen Gutachten
  308. "Verteilernetzbetreiber (Strom) - Ergebnisdokumentation zur Bestimmung der
  309. Effizienzwerte"
  310. vom
  311. 14. November
  312. 2008
  313. (abrufbar
  314. unter
  315. http://www.bundesnetzagentur.de) zusammengefasst.
  316. 42
  317. Nach diesen Maßgaben hat die Bundesnetzagentur ermessensfehlerfrei
  318. davon abgesehen, die von der Betroffenen geforderten weiteren Parameter zu
  319. berücksichtigen.
  320. 43
  321. (a)
  322. Dies gilt zum einen für Leitungen und sonstige Einrichtungen im Be-
  323. reich der Höchstspannung - dem die Beteiligten übereinstimmend Nennspannungen oberhalb des für die Hochspannung gebräuchlichen Werts von 110
  324. Kilovolt zuordnen.
  325. 44
  326. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob aus dem Zusammenspiel der Definitionen in § 3 Nr. 37 EnWG, wonach als Verteilung nur der Transport von Elektrizität mit hoher, mittlerer oder niederer Spannung anzusehen ist, und in § 3
  327. Nr. 32 EnWG, wonach der Transport von Elektrizität über ein Höchstspannungs- oder Hochspannungsverbundnetz als Übertragung anzusehen ist,
  328. zu folgern ist, dass Höchstspannungsnetze auch dann als Übertragungsnetze
  329. anzusehen sind, wenn sie nicht Teil eines Verbundnetzes sind, oder ob insoweit
  330. eine Regelungslücke vorliegt. Die Bundesnetzagentur durfte von der Berücksichtigung von Einrichtungen aus dem Bereich der Höchstspannung beim Effizienzvergleich für die Betreiber von Verteilernetzen jedenfalls ohne Ermessensfehler im Hinblick darauf absehen, dass dieser Parameter allenfalls in geringem
  331. Maß geeignet wäre, die strukturelle Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wie dies
  332. - 14 § 13 Abs. 3 Satz 8 ARegV vorgibt, der auch im Rahmen der Ermessensausübung nach § 13 Abs. 4 Satz 2 ARegV zu berücksichtigen ist.
  333. 45
  334. Der Betrieb von Einrichtungen aus dem Bereich der Höchstspannung in
  335. einem Verteilernetz stellt nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts, die
  336. auch die Betroffene nicht in Zweifel zieht, eine Ausnahme dar. Die Kosten für
  337. Höchstspannungsnetze, die bezogen auf die Leitungslänge nach dem Vorbringen der Betroffenen erheblich über denjenigen für Hochspannungsnetze liegen,
  338. stellen für die Betreiber von Verteilernetzen üblicherweise vorgelagerte Netzkosten dar. Diese gelten gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 4 ARegV als dauerhaft nicht
  339. beeinflussbar und bleiben deshalb gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 ARegV bei der
  340. Durchführung des Effizienzvergleichs unberücksichtigt. Mit der Einbeziehung
  341. von Einrichtungen aus dem Bereich der Höchstspannung in den Effizienzvergleich würde mithin ein Vergleichsparameter berücksichtigt, der nur in Ausnahmefällen Bedeutung erlangt. Damit würde das in § 13 Abs. 3 Satz 8 ARegV
  342. vorgegebene Ziel, die strukturelle Vergleichbarkeit möglichst weitgehend zu
  343. gewährleisten, allenfalls rudimentär erreicht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht
  344. ermessensfehlerhaft, wenn die Bundesnetzagentur von der Berücksichtigung
  345. dieses Parameters abgesehen und die Kosten für Einrichtungen aus dem Bereich der Höchstspannung beim Effizienzvergleich unberücksichtigt gelassen
  346. hat.
  347. 46
  348. Der Umstand, dass die Leitungslänge nach § 13 Abs. 4 Nr. 2a ARegV in
  349. der ersten und der zweiten Regulierungsperiode zwingend als Vergleichsparameter heranzuziehen ist, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Dieser
  350. Regelung ist zwar zu entnehmen, dass die Leitungslänge zu berücksichtigen
  351. ist, nicht aber, in welcher Weise dies zu geschehen hat und wie die für den
  352. Vergleich relevante Länge zu ermitteln und zu bewerten ist. Sie lässt Raum dafür, zwischen unterschiedlichen Arten von Leitungen zu differenzieren, wenn
  353. sich die dafür erforderlichen Kosten typischerweise erheblich unterscheiden.
  354. Deshalb ist nicht zu beanstanden, dass die Bundesnetzagentur mehrere Unterkategorien bildet und, wie das Beschwerdegericht näher dargelegt hat, zwi-
  355. - 15 schen mehreren Spannungsbereichen (Nieder-, Mittel- und Hochspannung)
  356. sowie zwischen Freileitungen und (zur Erdverlegung geeigneten) Kabeln differenziert. Im Hinblick auf die Vorgabe, die strukturelle Vergleichbarkeit möglichst
  357. weitgehend zu gewährleisten, ist es auch unter diesem Gesichtspunkt nicht ermessensfehlerhaft, Leitungen, die mit Höchstspannung betrieben werden, beim
  358. Effizienzvergleich unberücksichtigt zu lassen.
  359. 47
  360. (b)
  361. Die Bundesnetzagentur hat auch ohne Ermessensfehler davon ab-
  362. gesehen, das Verhältnis zwischen der Anzahl von Zählpunkten und der Anzahl
  363. von Anschlusspunkten als Vergleichsparameter heranzuziehen.
  364. 48
  365. Im Rahmen der Strukturdatenabfrage gemäß der Festlegung vom 20. November 2007 wurde - neben der Anzahl der Anschlusspunkte - auch die Anzahl
  366. der Zählpunkte abgefragt. In dem oben genannten Gutachten ist hierzu ausgeführt, durch das Hinzufügen von Zählpunkten trete keine systematische Verbesserung derjenigen Unternehmen ein, die einen besonders hohen Wert bei
  367. der Kennzahl "Zählpunkte pro Anschlusspunkt" aufwiesen. Zur Begründung
  368. wird unter anderem auf den sinkenden Durchschnitt der Effizienz hingewiesen
  369. (S. 88 ff. des Gutachtens).
  370. 49
  371. Auf der Grundlage des Gutachtens und unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 13 Abs. 3 Sätze 2 und 3 ARegV hat die Bundesnetzagentur den
  372. von der Betroffenen präferierten Parameter "Verhältnis zwischen Anzahl der
  373. Zählpunkte und Anzahl der Anschlusspunkte" als Vergleichsparameter nicht
  374. herangezogen. Dies ist frei von Ermessensfehlern. Die Bundesnetzagentur
  375. durfte von einer Einbeziehung dieses Parameters bereits deshalb absehen, weil
  376. er zumindest teilweise wiederholend ist.
  377. 50
  378. Der in § 13 Abs. 4 Satz 1 AregV zwingend vorgegebene Parameter "Anzahl der Anschlusspunkte" und der von der Betroffenen geforderte weitere Parameter "Verhältnis zwischen Anzahl der Zählpunkte und Anzahl der Anschlusspunkte" haben eine teilweise wiederholende Wirkung. Die beiden Para-
  379. - 16 meter bilden Leistungen ab, die eng miteinander zusammenhängen. Mit zunehmender Anzahl der Anschlusspunkte steigt in der Regel auch die Anzahl der
  380. Zählpunkte. Die zusätzliche Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der
  381. Anzahl der Zählpunkte und der Anzahl der Anschlusspunkte wäre zwar geeignet, besonderen Anforderungen, wie sie häufig in städtisch geprägten Gebieten
  382. auftreten, ergänzend Rechnung zu tragen. Dennoch wäre mit ihr wegen des
  383. engen sachlichen Zusammenhangs beider Parameter jedenfalls eine teilweise
  384. wiederholende Wirkung verbunden.
  385. 51
  386. Dies hat allerdings nicht zwingend zur Folge, dass die Berücksichtigung
  387. solcher Parameter unzulässig ist. So wird mit der Fläche des versorgten Gebiets häufig auch die Leitungslänge ansteigen. Dennoch hat sich der Verordnungsgeber - auf Anregung des Bundesrats - dafür entschieden, beide Parameter zu berücksichtigen, weil auch die Leitungslänge häufig durch exogene Faktoren bestimmt wird (vgl. BR-Drucks. 417/07 (Beschluss), S. 10) und eine größere Leitungslänge bei gleicher Fläche in der Regel mit höheren Kosten verbunden ist. Angesichts dessen erscheint es nicht schlechthin ausgeschlossen,
  388. neben der Anzahl der Anschlusspunkte auch die Anzahl der Zählpunkte oder
  389. das Verhältnis zwischen Zähl- und Anschlusspunkten zu berücksichtigen.
  390. 52
  391. Der Verordnungsgeber hat sich in § 13 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AregV jedoch
  392. dazu entschlossen, lediglich die Anzahl der Anschlusspunkte als zwingend zu
  393. verwendenden Vergleichsparameter vorzugeben. Angesichts dieser Grundentscheidung ist es nicht ermessenfehlerhaft, das Verhältnis zwischen Zähl- und
  394. Anschlusspunkten im Hinblick auf die teilweise wiederholende Wirkung dieses
  395. Parameters nicht in den Effizienzvergleich einzubeziehen.
  396. 53
  397. Die Betroffene hat nicht dargelegt, dass - entgegen den Ergebnissen des
  398. von der Bundesnetzagentur eingeholten Gutachtens und insbesondere unter
  399. Berücksichtigung der zumindest teilweise wiederholenden Wirkung des von ihr
  400. geforderten Parameters - durch das Hinzufügen der Zählpunkte eine systemati-
  401. - 17 sche Verbesserung derjenigen Unternehmen eintritt, die einen besonders hohen Wert bei der Kennzahl Zählpunkte pro Anschlusspunkte aufweisen.
  402. 54
  403. b)
  404. Nur teilweise zutreffend sind die Ausführungen des Beschwerde-
  405. gerichts hinsichtlich der Verpflichtung der Bundesnetzagentur zur Bereinigung
  406. des Effizienzwerts gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 AregV.
  407. 55
  408. aa) Das Beschwerdegericht hat offengelassen, ob die von der Betroffenen angeführten Gesichtspunkte eine Besonderheit im Sinne der genannten
  409. Vorschrift darstellen. Eine Bereinigung des Effizienzwerts sei jedenfalls deshalb
  410. ausgeschlossen, weil die Betroffene nicht nachgewiesen habe, dass diese Umstände zu einer Erhöhung der relevanten Kosten um mindestens drei Prozent
  411. geführt hätten. Zur Führung des in § 15 Abs. 1 Satz 1 AregV vorgeschriebenen
  412. Nachweises sei erforderlich, dass die Mehrkosten nach den gleichen Maßstäben berechnet würden wie die Ausgangskostenbasis. Dem sei die Betroffene
  413. nicht nachgekommen. Insbesondere habe sie keine Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen gemäß § 6 StromNEV und der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung gemäß § 7 StromNEV vorgenommen.
  414. 56
  415. bb) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in einem
  416. entscheidungserheblichen Punkt nicht stand.
  417. 57
  418. (1)
  419. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts sind die im Netz
  420. der Betroffenen vorhandenen Leitungen und sonstigen Einrichtungen im Bereich der Höchstspannung im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV zu
  421. berücksichtigen.
  422. 58
  423. (a)
  424. Der Betrieb dieser Einrichtungen gehört nach dem der rechtlichen
  425. Beurteilung im Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt
  426. zur Versorgungsaufgabe im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV.
  427. - 18 59
  428. Zur Versorgungsaufgabe im Sinne der genannten Vorschrift gehören alle
  429. Anforderungen, die an den Netzbetreiber von außen herangetragen werden und
  430. denen er sich nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand entziehen kann. Dies
  431. sind nicht nur die in § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 ARegV ausdrücklich aufgeführten Parameter, also die Fläche des versorgten Gebiets, die Anzahl der Anschlusspunkte und die Jahreshöchstlast, sondern auch alle anderen Rahmenbedingungen, mit denen sich der Netzbetreiber beim Betrieb des Netzes konfrontiert sieht und auf die er keinen unmittelbaren Einfluss hat.
  432. 60
  433. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur kann aus Wortlaut und
  434. Systematik der Anreizregulierungsverordnung kein engeres Verständnis hergeleitet werden. Zwar können nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV nur Besonderheiten
  435. der Versorgungsaufgabe zu einer Bereinigung des Effizienzwerts führen, während die für den Effizienzvergleich relevanten Vergleichsparameter sich nach
  436. § 13 Abs. 3 Satz 1 ARegV neben der Versorgungsaufgabe auch auf Gebietseigenschaften beziehen können. Daraus ergibt sich jedoch keine strenge begriffliche Trennung zwischen gebietsbezogenen und sonstigen Anforderungen.
  437. Auch nach der Definition in § 10 Abs. 2 ARegV stellt die Fläche des versorgten
  438. Gebiets einen Teil der Versorgungsaufgabe dar. Die Aufzählung in § 10 Abs. 2
  439. Satz 2 ARegV betrifft nicht die Frage, was zur Versorgungsaufgabe gehört,
  440. sondern nur die Frage, wann eine nachhaltige Änderung der Versorgungsaufgabe anzunehmen ist, die nach § 10 Abs. 1 ARegV zur Anwendung eines Erweiterungsfaktors führt. Diese Aufzählung ist ohnehin nicht abschließend, sondern kann gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ARegV von der Regulierungsbehörde ergänzt werden. Schließlich ist auch der Verordnungsgeber davon ausgegangen, dass eine Bereinigung des Effizienzwerts auch bei Besonderheiten des
  441. Versorgungsgebiets möglich ist (BR-Drucks. 417/07, S. 59).
  442. 61
  443. Danach kann auch der Betrieb von Einrichtungen aus dem Bereich der
  444. Höchstspannung einen Teil der Versorgungsaufgabe im Sinne von § 15 Abs. 1
  445. Satz 1 ARegV darstellen. Voraussetzung dafür ist, dass der Netzbetreiber aufgrund von Vorgaben des Betreibers des vorgelagerten Netzes gezwungen ist,
  446. - 19 solche Einrichtungen zu betreiben. Einen solchen Sachverhalt hat die Betroffene in der Beschwerdeinstanz hinsichtlich der von ihr betriebenen Einrichtungen
  447. - einer 69,61 km langen Freileitung sowie einer installierten dezentralen Erzeugungsleistung aus der Umspannung von Höchst- in Hochspannung in Höhe von
  448. 400.000 kVA - vorgetragen. Dieses Vorbringen ist mangels abweichender Feststellungen des Beschwerdegerichts im vorliegenden Verfahrensstadium als zutreffend zu unterstellen.
  449. 62
  450. (b)
  451. Aus dem Vorbringen der Betroffenen ergibt sich ferner, wie oben be-
  452. reits näher aufgezeigt wurde, dass es sich insoweit um eine für Verteilernetze
  453. untypische Besonderheit handelt, die in den für den Effizienzvergleich herangezogenen Vergleichsparametern nicht berücksichtigt wird.
  454. 63
  455. (c)
  456. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat die Betroffene
  457. hinreichend dargelegt, dass der Betrieb dieser Einrichtungen zu Mehrkosten
  458. führt, die die nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ARegV ermittelten Kosten um mindestens drei Prozent erhöhen.
  459. 64
  460. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Ausführungen in dem Schreiben
  461. der Betroffenen vom 14. November 2008 (Anlage Bf 11), auf das die Betroffene
  462. in ihrer Beschwerdebegründung Bezug genommen hat und in dem die Mehrkosten ohne nähere Erläuterung mit 6,364 Millionen Euro angegeben werden,
  463. ausreichend sind. Die Betroffene hat in der Beschwerdebegründung ergänzend
  464. geltend gemacht, die relevanten Kosten seien der Bundesnetzagentur aus dem
  465. letzten Netzentgeltgenehmigungsverfahren ohnehin bekannt. Dieses Vorbringen wird bestätigt durch die auf den Ausführungen der Bundesnetzagentur beruhenden Feststellungen des Beschwerdegerichts, wonach die Bundesnetzagentur die Kostenbasis für den Effizienzvergleich um die auf die Kostenstellen
  466. "Höchstspannung" und "Umspannung Höchstspannung/Hochspannung" entfallenden Kostenanteile bereinigt und diese Kostenanteile mit 29.705.963 Euro
  467. beziffert hat. Beide Werte liegen oberhalb der Schwelle von drei Prozent der
  468. - 20 relevanten Gesamtkosten, die nach den nicht angegriffenen Feststellungen des
  469. Beschwerdegerichts bei 5.015.599 Euro liegt.
  470. 65
  471. Vor diesem Hintergrund ist die Betroffene nicht gehalten, weitere Einzelheiten zu den Mehrkosten für Einrichtungen im Bereich der Höchstspannung
  472. vorzutragen. Die Bundesnetzagentur ist vielmehr gehalten, die von ihr ohnehin
  473. ermittelten Kosten für diese Einrichtungen den fiktiven Kosten gegenüberzustellen, die ohne die in Rede stehende Besonderheit der Versorgungsaufgabe entstehen würden.
  474. 66
  475. (d)
  476. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur reicht es zur Be-
  477. reinigung des Effizienzwerts gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV nicht aus, die
  478. Kosten für Einrichtungen im Bereich der Höchstspannung beim Effizienzvergleich unberücksichtigt zu lassen. Diese Korrektur führt zwar dazu, dass der
  479. Effizienzwert höher ist, als er bei Berücksichtigung dieser Kosten wäre. Diese
  480. Berechnungsmethode trägt den nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV zu berücksichtigenden Besonderheiten jedoch nicht in dem gebotenen Umfang Rechnung.
  481. Sie hat zur Folge, dass die aufgrund der übrigen Kosten ermittelte Effizienzvorgabe auch für Einrichtungen im Bereich der Höchstspannung maßgeblich ist.
  482. Dies wird den Anforderungen aus § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV nicht gerecht.
  483. 67
  484. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV ist den dort genannten Besonderheiten
  485. der Versorgungsaufgabe durch einen Aufschlag auf den nach allgemeinen Vorschriften ermittelten Effizienzwert Rechnung zu tragen. Daraus ergibt sich zwar
  486. keine bestimmte Berechnungsmethode. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift muss der Aufschlag jedoch angemessen sein (BR-Drucks. 417/07,
  487. S. 59), also den Besonderheiten der Versorgungsaufgabe hinsichtlich aller wesentlichen Gesichtspunkte angemessen Rechnung tragen.
  488. 68
  489. Zu den danach zu berücksichtigenden Gesichtspunkten gehören nicht nur
  490. die aufgrund der Besonderheiten entstehenden Mehrkosten, sondern auch die
  491. Effizienz, mit der die zusätzlichen Aufgaben erledigt werden. Hierbei kann
  492. - 21 schon im Hinblick darauf, dass es sich um Aufgaben handelt, die nur ausnahmsweise zu bewältigen sind, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass auch hinsichtlich dieser Aufgaben dasselbe Potential zur Effizienzsteigerung besteht, das bei der Betrachtung der übrigen Aufgaben zutage getreten ist. Effizienzvorgaben für diesen Bereich sind vielmehr nur dann angemessen, wenn sich im Einzelfall aus konkreten, von der Bundesnetzagentur
  493. festzustellenden Tatsachen ergibt, dass der Netzbetreiber auch insoweit ineffizient arbeitet. Sofern dies nicht festgestellt werden kann, ist hinsichtlich der
  494. Mehrkosten für nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV zu berücksichtigende Besonderheiten der Versorgungsaufgabe ein Effizienzwert von 100 Prozent anzusetzen. Letzteres würde im Ergebnis dazu führen, dass die Kosten für Einrichtungen im Bereich der Höchstspannung wie dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten
  495. behandelt würden und damit den Kosten für vorgelagerte Netze gleichgestellt
  496. wären - was schon im Hinblick darauf folgerichtig erscheint, dass Einrichtungen
  497. im Bereich der Höchstspannung typischerweise nur in Übertragungsnetzen zum
  498. Einsatz kommen.
  499. 69
  500. (2)
  501. Das von der Betroffenen geltend gemachte Verhältnis zwischen der
  502. Anzahl der Zählpunkte und der Anzahl der Anschlusspunkte führt hingegen
  503. nicht zu einer Bereinigung des Effizienzwerts.
  504. 70
  505. (a)
  506. Die Anzahl der Zählpunkte beeinflusst allerdings, wie auch die Bun-
  507. desnetzagentur nicht verkennt, den Umfang der Versorgungsaufgabe.
  508. 71
  509. Sie ist ähnlich wie die in § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ARegV ausdrücklich genannte Anzahl der Anschlusspunkte in der Regel durch Kundenanforderungen
  510. vorgegeben und vom Netzbetreiber allenfalls in begrenztem Umfang beeinflussbar. Dass nach § 10 Abs. 2 Satz 2 ARegV nur eine Änderung der Anzahl
  511. der Anschlusspunkte, nicht aber eine Änderung der Anzahl der Zählpunkte zur
  512. Anwendung eines Erweiterungsfaktors führen kann, führt im vorliegenden Zusammenhang zu keiner abweichenden Beurteilung. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1
  513. ARegV kann jede Besonderheit der Versorgungsaufgabe zu einer Bereinigung
  514. - 22 des Effizienzwerts führen, sofern auch die anderen in dieser Vorschrift aufgestellten Voraussetzungen gegeben sind.
  515. 72
  516. (b)
  517. Eine über dem Durchschnitt liegende Anzahl von Zählpunkten kann
  518. auch eine nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV relevante Besonderheit darstellen.
  519. 73
  520. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur können weder aus dem
  521. Wortlaut der Vorschrift noch aus deren Charakter als Ausnahmevorschrift qualitative Anforderungen an die Art der Abweichung hergeleitet werden. Zwar entspricht es dem Willen des Verordnungsgebers, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV
  522. nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommt (vgl. BR-Drucks. 417/07, S. 60;
  523. BR-Drucks. 417/07 (Beschluss), S. 11 f.). Dies wird aber schon durch die Anforderung sichergestellt, dass die Besonderheit zu einer Erhöhung der relevanten Kosten um mindestens drei Prozent führt. Liegt ein solcher Umstand vor,
  524. entspricht es der Zielsetzung der §§ 13 bis 15 ARegV, den Effizienzwert zu bereinigen und dem Netzbetreiber damit die Möglichkeit zu geben, die ihm auferlegten Effizienzvorgaben einzuhalten und zu übertreffen - unabhängig davon,
  525. ob die Ursachen der Kostenerhöhung schon ihrer Art nach nur bei einzelnen
  526. Netzbetreibern auftreten - wie zum Beispiel die in den Materialien zu § 15
  527. ARegV erwähnten Fälle des Wegfalls von Großabnehmern oder der Notwendigkeit von Stadtumbaumaßnahmen wegen Bevölkerungsrückgangs (BRDrucks. 417/07, S. 59) - oder ob es - wie bei der Einrichtung und dem Betrieb
  528. von Zählpunkten - um eine Aufgabe geht, die sich grundsätzlich jedem Netzbetreiber stellt, mit der einzelne Netzbetreiber aber in außergewöhnlich großem
  529. Umfang konfrontiert sind.
  530. 74
  531. (c)
  532. Rechtsfehlerfrei ist das Beschwerdegericht jedoch zu dem Ergebnis
  533. gelangt, dass die Betroffene eine Erhöhung der relevanten Kosten um mindestens drei Prozent nicht dargelegt hat.
  534. 75
  535. Durch das Erfordernis einer Erhöhung der nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2
  536. ARegV ermittelten Kosten um mindestens drei Prozent soll gewährleistet wer-
  537. - 23 den, dass die Prüfung struktureller Besonderheiten grundsätzlich nur in wirtschaftlich bedeutsamen Einzelfällen den allgemeinen Effizienzvergleich nach
  538. den §§ 12 bis 14 ARegV ergänzt (BR-Drucks. 417/07, S. 60). Um dem Ausnahmecharakter der Vorschrift Rechnung zu tragen, wurde der dafür maßgebliche Schwellenwert im Laufe des Normsetzungsverfahrens von einem auf drei
  539. Prozent erhöht. Ausschlaggebend dafür war die Erwägung, dass grundsätzlich
  540. bei jedem Netzbetreiber mit Besonderheiten der Versorgungsaufgabe zu rechnen ist, die teils kostenerhöhend, teils kostenreduzierend wirken und sich deshalb häufig ausgleichen werden. Eine Bereinigung soll nur in Ausnahmefällen
  541. erfolgen, d.h. wenn Besonderheiten bestehen, die deutlich höhere Kosten zur
  542. Folge haben (BR-Drucks. 417/07 (Beschluss), S. 11 f.).
  543. 76
  544. Daraus ergibt sich, dass Mehrkosten nur insoweit berücksichtigt werden
  545. können, als sie durch die in Rede stehende Besonderheit der Versorgungsaufgabe verursacht werden. Besteht die Besonderheit darin, dass eine mit Kosten
  546. verbundene Leistung - hier die Einrichtung und der Betrieb von Zählpunkten überdurchschnittlich häufig erbracht werden muss, genügt es deshalb nicht, die
  547. Mehrkosten allein anhand der Zahl der Leistungseinheiten und der für eine
  548. Leistungseinheit durchschnittlich anfallenden Kosten zu berechnen.
  549. 77
  550. Das Vorbringen der Betroffenen, die lediglich die Differenz zwischen der
  551. Anzahl der in ihrem Netz vorhandenen Zählpunkte und der theoretischen Anzahl, die sich bei einem durchschnittlichen Verhältnis zwischen Anschluss- und
  552. Zählpunkten ergäbe, ermittelt und mit dem im letzten Entgeltgenehmigungsverfahren genehmigten Preis für Messung, Messstellenbetrieb und Abrechnung
  553. mulitpliziert hat, genügt deshalb zum Nachweis der in § 15 Abs. 1 Satz 1
  554. ARegV normierten Voraussetzungen nicht. Die Betroffene hätte vielmehr darlegen und unter Beweis stellen müssen, in welchem Umfang die Kosten für die
  555. Zählpunkte gerade dadurch angestiegen sind, dass pro Anschlusspunkt mehr
  556. Zählpunkte vorhanden sind, als dies dem Durchschnitt entspricht. Der Ansatz
  557. der genehmigten Preise ist dafür selbst dann ungeeignet, wenn diese die
  558. durchschnittlichen Kosten eines Zählpunktes widerspiegeln. Aus dieser Be-
  559. - 24 rechnungsweise ergibt sich nämlich nicht, ob die Kosten eines Zählpunktes an
  560. einem Anschlusspunkt, dem weitere Zählpunkte zugeordnet sind, diesen durchschnittlichen Kosten entsprechen oder ob sie - zum Beispiel im Hinblick auf die
  561. mit der Zuordnung zu einem gemeinsamen Anschlusspunkt zu erwartende
  562. räumliche Nähe der Zählpunkte oder wegen anderer Besonderheiten - deutlich
  563. geringer sind. Erforderlich wäre daher ein Nachweis der Mehrkosten, die gerade dadurch entstehen, dass die Anzahl von Zählpunkten pro Anschlusspunkt
  564. über dem Durchschnitt liegt. Dies hat das Beschwerdegericht zutreffend erkannt.
  565. 78
  566. (d)
  567. Die Bundesnetzagentur war nicht gehalten, die entstandenen Mehr-
  568. kosten von Amts wegen zu ermitteln.
  569. 79
  570. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV kommt eine Bereinigung des Effizienzwerts nur dann in Betracht, wenn der Netzbetreiber nachweist, dass die dort
  571. genannten Voraussetzungen vorliegen. Die der Regulierungsbehörde grundsätzlich obliegende Pflicht zur Ermittlung von Amts wegen, die sich gemäß § 27
  572. Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ARegV auch auf die erforderlichen Tatsachen zur Ermittlung
  573. der bereinigten Effizienzwerte bezieht, ist insoweit eingeschränkt. Die Regulierungsbehörde ist deshalb grundsätzlich nicht gehalten, den Sachverhalt nach
  574. Besonderheiten zu erforschen, die zur Bereinigung des Effizienzwerts führen
  575. können. Vielmehr obliegt es dem Netzbetreiber, solche Besonderheiten aufzuzeigen und erforderlichenfalls nachzuweisen. Die Regulierungsbehörde hat
  576. aber relevantes Vorbingen des Netzbetreibers zu berücksichtigen, diesen bei
  577. Bedarf zu Ergänzungen desselben zu veranlassen und für die Beurteilung zusätzlich erforderliche Tatsachen - zum Beispiel Daten anderer Netzbetreiber,
  578. soweit diese für die Beurteilung relevant sind - gegebenenfalls von Amts wegen
  579. zu ermitteln.
  580. 80
  581. Im Streitfall lag es damit an der Betroffenen, die relevanten Kosten darzulegen und unter Beweis zu stellen. Dies ist auch nach dem vom Beschwerde-
  582. - 25 gericht erteilten Hinweis nicht geschehen. Das Beschwerdegericht hat das
  583. Rechtsmittel insoweit deshalb zu Recht als unbegründet angesehen.
  584. 81
  585. (e)
  586. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt insoweit auch
  587. keine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG vor.
  588. 82
  589. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich aus dem Hinweis des Beschwerdegerichts vom 9. März 2010, wonach die Betroffene eine Kostenerhöhung um mindestens drei Prozent nicht nachgewiesen habe, hinreichend deutlich ergab, dass anstelle von durchschnittlichen Kosten die aufgrund der Besonderheit der Versorgungsaufgabe entstandenen Mehrkosten darzulegen sind.
  590. Die Rechtsbeschwerde zeigt jedenfalls nicht auf, dass die Betroffene diese
  591. Mehrkosten dargelegt hätte, wenn das Berufungsgericht einen Hinweis dieses
  592. Inhalts erteilt hätte.
  593. 83
  594. (3)
  595. Die erhöhten Tiefbaukosten, die nach dem Vorbringen der Betroffe-
  596. nen daraus resultieren, dass ein Teil der Trassen mehr als 20 Kabel enthält und
  597. dass der Aushub aufgrund einer entsprechenden Vorgabe der Stadt während
  598. der Bauarbeiten vorübergehend auszulagern ist, können nicht zu einer Bereinigung des Effizienzwerts führen, weil die Erhöhung weniger als drei Prozent der
  599. nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV relevanten Kosten ausmacht.
  600. 84
  601. Dass der Erhöhungsbetrag zusammen mit den Mehrkosten, die sich aus
  602. anderen Besonderheiten der Versorgungsaufgabe ergeben, oberhalb der maßgeblichen Schwelle liegt, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Wie
  603. bereits dargelegt beruht § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV auf der Erwägung, dass
  604. nicht jede Besonderheit zu einer Bereinigung des Effizienzwerts führen soll,
  605. zumal es neben Besonderheiten, die zu einer Kostenerhöhung führen, regelmäßig auch besondere Umstände geben wird, die eine Kostenverringerung zur
  606. Folge haben. Deshalb sollen nur solche Besonderheiten Berücksichtigung finden, die deutlich höhere Kosten zur Folge haben (BR-Drucks. 417/07 (Beschluss), S. 12). Mit dieser Zielsetzung ist es nicht vereinbar, die Auswirkungen
  607. - 26 einzelner Abweichungen, die zu einer unterhalb des Schwellenwerts liegenden
  608. Kostenerhöhung führen, aufzusummieren und eine Bereinigung bereits dann
  609. vorzunehmen, wenn die Summe dieser Erhöhungsbeträge oberhalb des
  610. Schwellenwertes liegt. Bei dieser Vorgehensweise blieben die - nach der nicht
  611. zu beanstandenden Einschätzung des Verordnungsgebers regelmäßig zu erwartenden - Besonderheiten, die zu einer Verringerung der relevanten Kosten
  612. führen, außer Betracht. Dies stünde in Widerspruch zu Sinn und Zweck des
  613. § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV.
  614. 85
  615. 4.
  616. Pauschalierter Investitionszuschlag
  617. 86
  618. Soweit die Betroffene die Berechnung des pauschalierten Investitionszuschlags gemäß § 25 ARegV beanstandet, hat die Rechtsbeschwerde nur hinsichtlich des angesetzten Zinssatzes für die Verzinsung des Eigenkapitals Erfolg.
  619. 87
  620. a)
  621. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, bei der Ermittlung der Kapi-
  622. talkosten gemäß § 25 Abs. 2 ARegV sei der Eigenkapitalzinssatz für Neuanlagen nach den bis zum 6. Juli 2008 geltenden Vorschriften zu bemessen. Dies
  623. ergebe sich aus der Verweisung auf § 14 Abs. 2 Satz 5 ARegV. Entgegen der
  624. Auffassung der Betroffenen sei der pauschalierte Investitionszuschlag nicht
  625. jährlich zu kumulieren. Schon aus dem Wortlaut der Verordnung ergebe sich,
  626. dass der Zuschlag in jedem Kalenderjahr nur ein Prozent der maßgeblichen
  627. Kapitalkosten betrage. Aus Sinn und Zweck der Vorschrift sei nichts Gegenteiliges herzuleiten.
  628. 88
  629. 89
  630. b)
  631. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
  632. - 27 aa) Als Eigenkapitalzinssatz für Neuanlagen ist entgegen der Auffassung
  633. des Beschwerdegerichts der in der Festlegung der Bundesnetzagentur vom
  634. 7. Juli 2008 bestimmte (höhere) Wert von 9,29 % heranzuziehen.
  635. 90
  636. Wie der Senat bereits entschieden und näher begründet hat, ist der maßgebliche Zinssatz nach der zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses der Regulierungsbehörde geltenden Rechtslage zu bemessen (BGH,
  637. RdE 2011, 308 Rn. 27 ff. - EnBW Regional AG). Dies ist hier die Festlegung
  638. vom 7. Juli 2008.
  639. 91
  640. bb) Zu Recht hat das Beschwerdegericht hingegen eine jährliche Kumulierung des Zuschlags (mit der Folge, dass er im zweiten Jahr der Regulierungsperiode auf 2 % der maßgeblichen Kapitalkosten, im dritten Jahr auf 3 %
  641. usw. festzulegen wäre) abgelehnt.
  642. 92
  643. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Kumulierung dieser Art weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck von § 25 ARegV vereinbar
  644. (BGH, RdE 2011, 308 Rn. 30 ff. - EnBW Regional AG).
  645. 93
  646. 5.
  647. 94
  648. Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor
  649. Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht den Ansatz des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors nach § 9 ARegV als rechtmäßig angesehen.
  650. 95
  651. a)
  652. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist allerdings die
  653. Regelung in § 9 Abs. 1 ARegV von der Ermächtigungsgrundlage in § 21a
  654. EnWG in der ursprünglichen, bis zum 29. Dezember 2011 geltenden Gesetzesfassung nicht vollständig gedeckt.
  655. 96
  656. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 28. Juni 2011 (RdE 2011, 308
  657. Rn. 36 ff. - EnBW Regional AG) näher ausgeführt hat, ermächtigt § 21a Abs. 6
  658. Satz 1 Nr. 2 EnWG in Verbindung mit § 21a Abs. 6 Satz 2 Nr. 5 EnWG in dieser
  659. - 28 Fassung nur dazu, eine von der Entwicklung der Verbraucherpreise abweichende Entwicklung der netzwirtschaftlichen Einstandspreise, nicht aber einen
  660. generellen gesamtwirtschaftlichen oder netzwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt zu berücksichtigen.
  661. 97
  662. b)
  663. Diesen Mangel hat der Gesetzgeber jedoch, wie der Senat ebenfalls
  664. bereits entschieden und näher begründet hat, durch die am 30. Dezember 2011
  665. in Kraft getretene Änderung von § 21a Abs. 4 Satz 7 und Abs. 6 Satz 2 Nr. 5
  666. EnWG sowie den Neuerlass von § 9 ARegV behoben. Diese Neuregelung gilt
  667. rückwirkend zum 1. Januar 2009 und damit für die gesamte erste Regulierungsperiode (BGH, RdE 2012, 203 Rn. 17 ff. - Gemeindewerke Schutterwald).
  668. 98
  669. Die von der Betroffenen gegen eine rückwirkende Anwendung vorgebrachten Argumente führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Der Senat verkennt nicht, dass einzelne Gesichtspunkte dafür sprechen könnten, die
  670. geänderten Regelungen erst für den Zeitraum nach Verkündung der Änderungsregelung anzuwenden. Auch vor diesem Hintergrund ist die Neuregelung
  671. jedoch aus den vom Senat in seiner Entscheidung vom 31. Januar 2012 angeführten Gründen im Ergebnis dahin auszulegen, dass sie rückwirkend gilt.
  672. 99
  673. 6.
  674. 100
  675. Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit die Betroffene die Berücksichti-
  676. Erweiterungsfaktor
  677. gung eines Erweiterungsfaktors für das erste Jahr der Regulierungsperiode begehrt.
  678. 101
  679. a)
  680. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, für das erste Jahr der Regu-
  681. lierungsperiode komme die Berücksichtigung eines Erweiterungsfaktors nach
  682. Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung in § 10 ARegV nicht
  683. in Betracht.
  684. 102
  685. b)
  686. Dies hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis nicht stand.
  687. - 29 103
  688. Nach der Rechtsprechung des Senats ist § 10 Abs. 1 ARegV in der zu beurteilenden Konstellation zwar nicht unmittelbar, wohl aber entsprechend anzuwenden (BGH, RdE 2011, 308 Rn. 52 ff. - EnBW Regional AG). Die Bundesnetzagentur hätte deshalb dem Vorbringen der Betroffenen, wonach die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift für das Jahr 2009 erfüllt sind, nachgehen müssen. Dies wird sie nachzuholen haben.
  689. 104
  690. 7.
  691. Kosten für Verlustenergie
  692. 105
  693. Ohne Erfolg bleibt die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich gegen die Behandlung der Kosten für Verlustenergie wendet.
  694. 106
  695. a)
  696. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, bei den Kosten für Verlust-
  697. energie handle es sich nicht um dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten im Sinne
  698. von § 11 Abs. 2 Satz 1 ARegV. Sie unterlägen deshalb den Effizienzvorgaben
  699. und seien nicht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 ARegV anzupassen.
  700. Die Kosten für Verlustenergie gälten auch nicht aufgrund einer Verfahrensregulierung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 ARegV als dauerhaft nicht beeinflussbar.
  701. Hierzu fehle es bereits an einer entsprechenden förmlichen Festlegung. Unabhängig davon genüge die freiwillige Selbstverpflichtung der Betroffenen nicht
  702. den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Verfahrensregulierung. Bei
  703. dem vorgeschlagenen Verfahrensmodell könnten die Kosten in verschiedener
  704. Hinsicht noch beeinflusst werden. Die Betroffene wende sich schließlich ohne
  705. Erfolg dagegen, dass die Beschlusskammer die gestiegenen Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie nicht als Härtefall anerkannt habe. Die Betroffene
  706. müsse zunächst die Anpassung der individuellen Effizienzvorgabe gemäß § 16
  707. Abs. 2 ARegV anstreben. Nur wenn und soweit dies nicht ausreiche, komme
  708. nachrangig eine Anpassung nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV in Betracht.
  709. Für ein Begehren nach § 16 Abs. 2 ARegV habe die Betroffene noch nichts
  710. vorgetragen. Die Bundesnetzagentur sei deshalb nicht gehalten gewesen, die
  711. Voraussetzungen dieser Vorschrift im Einzelnen zu prüfen. Dass aus dem ge-
  712. - 30 stellten Härtefallantrag ersichtlich gewesen sei, dass eine Kostendeckung mit
  713. den festgelegten Erlösobergrenzen unmöglich sei, lasse sich dem Vorbringen
  714. der Betroffenen nicht entnehmen.
  715. 107
  716. b)
  717. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
  718. 108
  719. aa) Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Kosten für Verlustenergie
  720. nicht den dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteilen zugeordnet.
  721. 109
  722. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei den Kosten für
  723. die Beschaffung von Verlustenergie nicht schon ihrer Natur nach um dauerhaft
  724. nicht beeinflussbare Kostenanteile (BGH, RdE 2011, 308 Rn. 77 - EnBW Regional AG). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gelten diese Kosten
  725. im vorliegenden Fall auch nicht gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 ARegV aufgrund einer Verfahrensregulierung als dauerhaft nicht beeinflussbar. Wie der Senat bereits entschieden hat, stellt die von der Betroffenen übernommene freiwillige
  726. Selbstverpflichtung keine wirksame Verfahrensregulierung dar, weil sie von
  727. zwingenden Vorgaben der Festlegung der Bundesnetzagentur vom 21. Oktober
  728. 2008 (BK6-08-006) abweicht (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2011 - EnVR 27/10,
  729. RdE 2011, 420 Rn. 24 ff. - Freiwillige Selbstverpflichtung).
  730. 110
  731. bb) Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht den Antrag der Betroffenen auf Anpassung der Erlösobergrenze gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
  732. ARegV wegen einer nicht zumutbaren Härte als unbegründet angesehen.
  733. 111
  734. (1)
  735. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist die Anwen-
  736. dung von § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV allerdings nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Betroffene nicht auf eine individuelle Anpassung der Effizienzvorgabe gemäß § 16 Abs. 2 ARegV hingewirkt hat.
  737. 112
  738. Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt die Anwendung der allgemeinen Regelung in § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV stets in Betracht, wenn eine
  739. unzumutbare Härte auf Ursachen beruht, die von anderen Regelungen, die wie
  740. - 31 § 16 ARegV nur einzelne Teilaspekte betreffen, nicht erfasst werden. Zwar darf
  741. die Anwendung der Härtefallregelung nicht zu einer allgemeinen Billigkeitskontrolle der sich aus den einzelnen Vorschriften der Anreizregulierungsverordnung
  742. ergebenden Erlösobergrenzen führen. Der Eintritt eines unvorhersehbaren Ereignisses ist deshalb zu verneinen, wenn der betreffende Umstand durch speziellere Anpassungs- und Korrekturregelungen abschließend geregelt oder dem
  743. Risikobereich des Netzbetreibers zugewiesen ist. Letzteres ist bei einem unvorhergesehenen Anstieg der Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie indes
  744. nicht der Fall (BGH, RdE 2011, 308 Rn. 70 ff. - EnBW Regional AG).
  745. 113
  746. (2)
  747. Mangels abweichender tatrichterlicher Feststellungen ist der Vortrag
  748. der Betroffenen, die Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie seien innerhalb eines Jahres um rund 40% gestiegen, in der Rechtsbeschwerdeinstanz als
  749. zutreffend zu unterstellen. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur
  750. kann eine Kostensteigerung dieses Umfangs ein unvorhersehbares Ereignis im
  751. Sinne von § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV darstellen.
  752. 114
  753. Der Senat hat bereits mehrfach Kostensteigerungen in der Größenordnung von 50% oder 100% als unvorhersehbares Ereignis angesehen (BGH,
  754. RdE 2011, 308 Rn. 75 - EnBW Regional AG; Beschluss vom 18. Oktober 2011
  755. - EnVR 13/10, N&R 2012, 94 Rn. 35 - PVU Energienetze GmbH; BGH, RdE
  756. 2012, 203 Rn. 41 - Gemeindewerke Schutterwald). Die hier vorgetragene Steigerung liegt mit rund 40% zwar niedriger. Dennoch liegt sie auffällig über den
  757. Steigerungsraten, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, insbesondere
  758. der allgemeinen Teuerung zu erwarten wären. In der Rechtsbeschwerdeinstanz
  759. ist deshalb zugunsten der Betroffenen zu unterstellen, dass es sich um ein unvorhersehbares Ereignis handelt.
  760. 115
  761. (3)
  762. Das Beschwerdegericht hat jedoch das Begehren der Betroffenen im
  763. Ergebnis zu Recht als unbegründet angesehen, weil die Betroffene nicht dargelegt hat, dass der Anstieg der Kosten für sie zu einer unzumutbaren Härte
  764. geführt hat.
  765. - 32 116
  766. Nach der Rechtsprechung des Senats darf zur Beantwortung der Frage,
  767. ob für den Netzbetreiber durch den Eintritt des unvorhersehbaren Ereignisses
  768. eine nicht zumutbare Härte entstanden ist, nicht nur die gestiegene einzelne
  769. Kostenposition in den Blick genommen werden. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung der Kosten- und Vermögenssituation des Netzbetreibers anzustellen
  770. Die Unzumutbarkeit setzt voraus, dass die Entgeltbildung nach den Maßgaben
  771. der Anreizregulierungsverordnung zu einem für den Netzbetreiber wirtschaftlich
  772. untragbaren Ergebnis führt. Insbesondere muss dem Netzbetreiber eine angemessene und wettbewerbsfähige Verzinsung seines Eigenkapitals verbleiben.
  773. Eine "gesetzlich garantierte" Eigenkapitalverzinsung in einer bestimmten Höhe
  774. wird damit nicht gefordert. Treten die Kostensteigerungen von vornherein nur
  775. für einen begrenzten Zeitraum auf, ist dem Netzbetreiber eher zuzumuten, vorübergehend eine geringere Verzinsung seines Eigenkapitals hinzunehmen, als
  776. dies bei dauerhaften, für einen erheblichen Teil der Regulierungsperiode zu
  777. erwartenden Kostensteigerungen der Fall ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen,
  778. ob der Netzbetreiber die durch eine einzelne Kostensteigerung verursachte Gesamtbelastung seiner Kosten- und Vermögenssituation durch wirtschaftlich vertretbare Rationalisierungsmaßnahmen zumindest teilweise auffangen kann. Der
  779. Netzbetreiber hat daher - bezogen auf das gesamte Netz - darzulegen, wie sich
  780. die gestiegenen Kosten unter Berücksichtigung aller sonstiger Veränderungen
  781. in der Kosten- und Vermögenssituation auf die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung auswirken. Insoweit wird die Amtsaufklärungspflicht der Regulierungsbehörde (§ 68 Abs. 1 EnWG, § 27 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 ARegV) durch die Mitwirkungslast des Netzbetreibers begrenzt, dem es obliegt, bei der Ermittlung des
  782. Sachverhalts mitzuhelfen und insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und
  783. Beweismittel anzugeben (BGH, RdE 2011, 308 Rn. 86 ff. - EnBW Regional
  784. AG).
  785. 117
  786. Im vorliegenden Verfahren hat die Betroffene lediglich einen Anstieg der
  787. Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie in den Jahren 2007 und 2008
  788. geltend gemacht. Zu ihrer sonstigen Kosten- und Vermögenssituation hat sie
  789. nicht vorgetragen.
  790. - 33 118
  791. Die angefochtenen Entscheidungen bedürfen auch nicht deshalb der Aufhebung, um der Betroffenen insoweit Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu
  792. geben. Die Betroffene hatte spätestens nach dem vom Beschwerdegericht mit
  793. Beschluss vom 9. März 2010 erteilten Hinweis Anlass zu einer entsprechenden
  794. Ergänzung ihres Vortrags. Das Beschwerdegericht hat zwar auch in dem Hinweisbeschluss § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV schon deshalb für nicht anwendbar bezeichnet, weil die Möglichkeit einer Anpassung der Effizienzvorgabe nach
  795. § 16 Abs. 2 ARegV vorrangig sei. Auch nach dieser Vorschrift ist aber erforderlich, dass die Betroffene umfassend zu ihrer Kosten- und Vermögenssituation
  796. vorträgt. Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass die Betroffene ihren Vortrag im Hinblick darauf ergänzt hat. Sie erhebt auch keine Verfahrensrüge, mit
  797. der eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes durch das Beschwerdegericht geltend gemacht und aufgezeigt wird, welche konkreten Ermittlungen das
  798. Beschwerdegericht unterlassen haben soll und zu welchem Ergebnis diese geführt hätten.
  799. 119
  800. III.
  801. Der Senat verweist die Sache nicht an das Beschwerdegericht zu-
  802. rück. Die noch offenen Fragen können durch die Bundesnetzagentur in dem
  803. neu eröffneten Verwaltungsverfahren entschieden werden. Für die Neubescheidung ist der rechtliche Rahmen durch die Entscheidung des Senats
  804. vorgegeben.
  805. 120
  806. IV.
  807. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 EnWG.
  808. Tolksdorf
  809. Raum
  810. Grüneberg
  811. Strohn
  812. Bacher
  813. Vorinstanz:
  814. OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.07.2010 - VI-3 Kart 184/09 -