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11 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. BLw 27/04
  4. vom
  5. 5. November 2004
  6. in der Landwirtschaftssache
  7. betreffend Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
  8. -2-
  9. Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 5. November
  10. 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
  11. Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen Richter Kees
  12. und Andreae
  13. beschlossen:
  14. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Senats für
  15. Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom
  16. 25. Februar 2004 wird auf Kosten der Antragstellerin, die der Antragsgegnerin auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
  17. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 34.073,46 €.
  18. Gründe:
  19. I.
  20. Die Antragstellerin ist Erbin ihres 1995 verstorbenen Ehemannes (im
  21. folgenden: Erblasser). Der Erblasser war Mitglied der LPG (Typ III) "V.
  22. We.
  23. "
  24. . Im Zuge der Trennung von Tier- und Pflanzenproduktion wur-
  25. den die in der Pflanzenproduktion tätigen Genossen, darunter der Erblasser,
  26. Mitglieder der LPG (P) W.
  27. .
  28. -3-
  29. Die LPG (P) W.
  30. faßte am 7. Juni 1991 einen mit "Teilungsplan"
  31. überschriebenen Beschluß, der dahin ging, daß "durch Teilung" der Wirtschaftsbereich "der ehemaligen Abteilung We.
  32. einschließlich Gemü-
  33. seproduktion abgespalten" wurde. Daraus sollte die "vorläufige LPG (P)
  34. We.
  35. " entstehen. Die Wirtschaftstätigkeit der LPG (P) W.
  36. heißt es weiter - "reduziert sich auf die Territorialbereiche W.
  37. Th.
  38. - so
  39. und
  40. ... und besteht im reduzierten Umfang fort". Es wurde ferner u.a. gere-
  41. gelt, welche Vermögensteile "auf das neue Unternehmen" übergehen und welche in der LPG (P) W.
  42. verbleiben sollten. In bezug auf die LPG-
  43. Mitglieder heißt es, daß "beide aus der Teilung hervorgehenden Genossenschaften" ihren Mitgliedern die gleichen Mitgliedschaftsrechte gewährten, wie
  44. sie nach Statut und Betriebsordnung der LPG (P) W.
  45. Erblasser sollte fortan der LPG (P) We.
  46. geregelt sind. Der
  47. angehören.
  48. Dem "Teilungsbeschluß" war eine Vereinbarung der Vorstände der LPG
  49. (P) W.
  50. und der LPG (T) We.
  51. daß "nach vollzogener Teilung der LPG (P) W.
  52. des herausgeteilten Bereiches Feldbau We.
  53. (P) We.
  54. , mit der LPG (T) We.
  55. vorausgegangen des Inhalts,
  56. ein Zusammenschluß
  57. ", also der späteren LPG
  58. zur LPG We.
  59. er-
  60. folgen sollte, in der Tier- und Pflanzenproduktion wieder vereint waren.
  61. Entsprechend verfuhr man in der Folgezeit. Am 3. Juli 1991 wurden sowohl die "LPG (P) We.
  62. " als auch die "LPG (P) W.
  63. " in das
  64. LPG-Register eingetragen. Beide Eintragungen nehmen auf den Vollversammlungsbeschluß vom 7. Juni 1991 der (noch ungeteilten) LPG (P) W.
  65. zug.
  66. Be-
  67. -4-
  68. Im weiteren Verlauf schloß sich die LPG (P) We.
  69. (T) We.
  70. We.
  71. mit der LPG
  72. zusammen und wandelte sich in die Agrargenossenschaft
  73. e.G. um. Die LPG (P) W.
  74. beschloß am 12. Juli 1991 ihre
  75. Liquidation zum 31. Dezember 1991.
  76. Gegen diese in Liquidation befindliche LPG richtet sich der geltend gemachte Abfindungsanspruch der Antragstellerin, die die Auffassung vertritt, die
  77. Teilung sei unwirksam, so daß ihr Rechtsvorgänger Mitglied der Antragsgegnerin geblieben sei. Sie meint, ihr stehe aus ererbtem Recht insgesamt ein Abfindungsanspruch von 34.073,46 € zu, und hat beantragt festzustellen, daß sie
  78. in dieser Höhe am Liquidationserlös der Antragsgegnerin zu beteiligen sei. Das
  79. Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Oberlandesgericht
  80. hat ihn abgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt sie die
  81. Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts. Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
  82. II.
  83. 1. Das Beschwerdegericht meint, Abfindungsansprüche stünden der Antragstellerin allenfalls gegen die Rechtsnachfolgerin der LPG (P) We.
  84. zu, deren Mitglied der Erblasser infolge der gesellschaftsrechtlichen Veränderungen geworden sei. Es legt den Beschluß der Mitgliederversammlung der
  85. LPG (P) W.
  86. vom 3. Juni 1991 dahin aus, daß eine Teilung im Sinne des
  87. § 4 LwAnpG/1990 vereinbart gewesen sei, die trotz etwaiger Mängel im einzelnen nach § 37 Abs. 2 LwAnpG/1990 bzw. § 34 Abs. 3 LwAnpG/1991 mit der
  88. Eintragung in der LPG-Register wirksam geworden sei. Der Umstand, daß das
  89. -5-
  90. Landwirtschaftsanpassungsgesetz an sich nur eine Teilung zur Neugründung
  91. von eingetragenen Genossenschaften, Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften ermöglicht habe, stehe jedenfalls im konkreten Fall der Begründung von zwei Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften nicht entgegen, weil die Teilung von Anfang an den Zweck gehabt habe, eine der daraus
  92. entstehenden neuen Genossenschaften der Pflanzenproduktion mit einer anderen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft der Tierproduktion zusammenzuschließen und diese dann in eine Gesellschaft neuen Rechts umzuwandeln. Eine solche Konstellation sei in § 22 LwAnpG/1990 angelegt und daher zulässig.
  93. 2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde
  94. stand.
  95. a) Der Beschluß der Mitgliederversammlung der LPG (P) W.
  96. vom
  97. 3. Juni 1991 ist ein privatautonomes Rechtsgeschäft eigener Art (vgl. BGHZ
  98. 65, 93, 96 f.; für das Aktienrecht siehe etwa Hüffer, AktG, 6, Aufl., § 133
  99. Rdn. 3 f.), dessen Auslegung Sache des Tatrichters ist, die vom Revisionsbzw. Rechtsbeschwedegericht nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. BGH,
  100. Urt. v. 2. Dezember 1994, V ZR 23/94, WM 1995, 434, 436; Senat, BGHZ 132,
  101. 353, 357), nämlich dahin, ob wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde, ob die Interessenlage hinreichend berücksichtigt wurde und ob ansonsten die anerkannten Auslegungsgrundsätze beachtet und nicht gegen Erfahrungssätze und gegen die Denkgesetze verstoßen wurde (siehe nur Senat,
  102. Beschl. v. 16. April 2004, BLw 7/04, RdL 2004, 209, 210). Gemessen daran ist
  103. die Auslegung, die das Berufungsgericht vorgenommen hat, rechtsfehlerfrei
  104. und für den Senat folglich bindend. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, die
  105. -6-
  106. Auslegung des Beschlusses ergebe, daß es sich nicht um eine Teilung und
  107. Gründung zweier neuer Gesellschaften gehandelt habe, sondern um eine vom
  108. Gesetz nicht vorgesehene Abspaltung, setzt sie nur ihr Verständnis an die Stelle der tatrichterlichen Wertung aller für die Auslegung maßgeblichen Umstände, zeigt aber keinen materiellen Fehler auf. Das Beschwerdegericht hat sich
  109. mit allen gegen sein Auslegungsergebnis sprechenden Indizien auseinandergesetzt. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ergibt sich ein Auslegungsfehler nicht daraus, daß es die Anmeldung der LPG (P) We.
  110. durch den
  111. Vorstand nicht als Indiz für eine bloße Abspaltung dieser LPG von der Antragsgegnerin gewertet hat. Die Beschwerde verkennt dabei nämlich zweierlei.
  112. Zum einen läßt das spätere Ereignis der Anmeldung nur begrenzt Rückschlüsse auf den Inhalt des zeitlich vorher liegenden Beschlusses zu. Denn als die
  113. Anmeldung erfolgte, war die Willensbildung, die zu dem Beschluß geführt hat,
  114. abgeschlossen. Nachträgliche Ereignisse können für einen abgeschlossenen
  115. Willensprozeß aber allenfalls indizielle Bedeutung in dem Sinne haben, daß es
  116. nicht fern liegt, daß der spätere Akt Ausdruck der vorher abgeschlossenen Willensbildung ist. Vorstellbar ist dies im konkreten Fall, zwingend indes nicht.
  117. Zum anderen übersieht die Beschwerde, daß es nicht nur zur Eintragung der
  118. LPG (P) We.
  119. in das LPG-Register gekommen ist, sondern auch zu
  120. einer Neueintragung der Antragsgegnerin. Dies läßt vermuten, daß der Vorstand gerade nicht - wie die Beschwerde meint - nur den Antrag auf Eintragung
  121. der LPG (P) We.
  122. gestellt hat, sondern auch auf Eintragung der An-
  123. tragsgegnerin. Jedenfalls durfte das Beschwerdegericht aus der (Neu-) Eintragung beider Genossenschaften darauf schließen, daß eine Teilung und Neugründung zweier Gesellschaften im Sinne des § 4 LwAnpG/1990 gewollt war
  124. und nicht lediglich eine Abspaltung der LPG (P) We.
  125. gen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft.
  126. von der bisheri-
  127. -7-
  128. b) Daß etwaige Gründungsmängel durch die jeweiligen Eintragungen
  129. der entstandenen Gesellschaften in das LPG-Register nach § 37 Abs. 2
  130. LwAnpG/1990 geheilt worden sind, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senat, BGHZ 137, 134, 140; BGH, Urt. v. 7. Juni 1999,
  131. II ZR 285/98, AgrarR 2000, 132, 133) und wird von der Rechtsbeschwerde
  132. auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt.
  133. c) Rechtsfehlerfrei ist schließlich auch die Annahme des Beschwerdegerichts, daß jedenfalls bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation eine Teilung in zwei landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften zulässig war.
  134. Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz schließt eine Abwicklung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in der Weise, daß zunächst durch
  135. Teilung und/oder Zusammenschluß neue Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften entstehen, nicht generell aus. Nach § 14 LwAnpG/1990 können Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften nämlich unter Auflösung
  136. ohne Abwicklung im Wege der Bildung einer neuen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft zusammengeschlossen werden, auf die das Vermögen jeder der sich vereinigenden Genossenschaften als Ganzes gegen Gewährung der Mitgliedschaft der übernehmenden Genossenschaft an die Mitglieder der übertragenden Genossenschaft übergeht. Ein solcher Zusammenschluß kann auch in einem Zuge zusammen mit einer Teilung einzelner beteiligter Genossenschaften gem. §§ 4 ff. LwAnpG/1990 erfolgen, § 22 Abs. 2
  137. LwAnpG/1990 (BGH, Urt. v. 7. Juni 1999, II ZR 258/98, AgrarR 2000, 132,
  138. 133). Von diesen rechtlichen Möglichkeiten haben die beteiligten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zwar nicht ganz ohne Modifikation,
  139. in der Sache jedoch vergleichbar Gebrauch gemacht. Entscheidend ist dabei,
  140. -8-
  141. daß - wie das Beschwerdegericht zutreffend hervorhebt - von Anfang an ein
  142. Zusammenschluß der durch Teilung hervorgegangenen LPG (P) We.
  143. mit der LPG (T) We.
  144. geplant war, mithin ein Ergebnis erzielt
  145. werden sollte und wurde, das der Regelung des § 22 Abs. 1 LwAnpG/1990 entspricht. Daß diesem Zusammenschluß eine Teilung in zwei Landwirtschaftliche
  146. Produktionsgenossenschaften vorausging, schließt die Norm nicht aus, wenn
  147. auch diese gestufte Vorgehensweise nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Es ist
  148. jedenfalls nichts dafür ersichtlich, allein daran die Bildung der LPG (P)
  149. We.
  150. und, darauf beruhend, die der LPG We.
  151. scheitern zu
  152. lassen.
  153. Die Folge ist, daß der Erblasser Mitglied der wirksam entstandenen LPG
  154. (P) We.
  155. geworden ist, so daß die Antragstellerin etwaige Ansprüche
  156. gegen diese Genossenschaft bzw. ihre Rechtsnachfolgerin richten muß. Die
  157. Antragsgegnerin ist demgegenüber nicht passiv legitimiert.
  158. -9-
  159. III.
  160. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
  161. Wenzel
  162. Krüger
  163. Lemke