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5.2 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. AnwZ (B) 90/08
  4. vom
  5. 9. November 2009
  6. in dem Verfahren
  7. wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
  8. -2-
  9. Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
  10. des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, den Richter Dr. Ernemann, die
  11. Richterin Roggenbuck und die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Prof.
  12. Dr. Quaas nach mündlicher Verhandlung
  13. am 9. November 2009
  14. beschlossen:
  15. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
  16. des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofes des Landes NordrheinWestfalen vom 11. April 2008 wird zurückgewiesen.
  17. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
  18. der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
  19. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
  20. 50.000 € festgesetzt.
  21. Gründe:
  22. I.
  23. 1
  24. Der Antragsteller ist seit 1988 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit
  25. Bescheid vom 23. November 2007 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des
  26. Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtli-
  27. -3-
  28. che Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen
  29. Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt.
  30. II.
  31. 2
  32. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO a.F., § 215
  33. Abs. 3 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
  34. 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-
  35. 3
  36. schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist,
  37. es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet
  38. sind.
  39. 4
  40. a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht
  41. ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
  42. Beweisanzeichen hierfür sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose
  43. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur
  44. Senat, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102;
  45. Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126).
  46. Zum Zeitpunkt des Widerrufs waren gegen den Antragsteller Forderungen in
  47. einer Gesamthöhe von mehr als 100.000 € vollstreckbar. Insoweit wird auf die
  48. dem Widerrufsbescheid beigefügte Forderungsaufstellung der Antragsgegnerin
  49. Bezug genommen. Das Finanzamt E.
  50. hatte wegen Steuerrückständen
  51. des Antragstellers und seiner Ehefrau Sicherungshypotheken über 56.474,95 €
  52. und 20.975,89 € auf deren Grundbesitz eintragen lassen. Dem zuständigen Gerichtsvollzieher lagen sieben Vollstreckungsaufträge über zusammen rund
  53. 16.000 € vor, darunter eine Forderung des Vermieters Dr. S.
  54. über
  55. -4-
  56. 7.588,91 € und des Rechtsanwaltsversorgungswerks über 5.510,51 €. Die Forderung des Versorgungswerks war zum Zeitpunkt des Widerrufs auf
  57. 14.560,95 € angewachsen, außerdem schuldete der Antragsteller der Antragsgegnerin 2.000 € aus zwei gegen ihn festgesetzten Zwangsgeldern zu je
  58. 1.000 €. Den Aufforderungen der Antragsgegnerin, hierzu sowie zu seinen Vermögensverhältnissen im Übrigen Stellung zu nehmen, war er nicht nachgekommen. Die Antragsgegnerin ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass
  59. sich der Antragsteller in Vermögensverfall befand.
  60. b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die In-
  61. 5
  62. teressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer
  63. derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger.
  64. 6
  65. 2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen
  66. Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), ist nicht gegeben.
  67. 7
  68. a) Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht nachgewiesen.
  69. 8
  70. Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde nicht begründet und auch
  71. keine Aufstellung seiner Einkünfte und Verbindlichkeiten vorgelegt. Für eine
  72. Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse liegen auch sonst keine Anhaltspunkte vor. Im Gegenteil: Nach einer von der Antragsgegnerin zu den Akten
  73. gereichten Zusammenstellung hat er zwar einige Verbindlichkeiten ganz oder
  74. teilweise zurückgeführt; nach ihr sind gegen ihn im Laufe des Beschwerdeverfahrens aber auch vier Haftbefehle ergangen. Der Beschwerdeführer ist diesen
  75. Angaben nicht entgegengetreten.
  76. -5-
  77. 9
  78. b) Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen
  79. der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind.
  80. Dagegen spricht, dass der Beschwerdeführer durch rechtskräftiges Urteil vom
  81. 24. Juni 2009 wegen Untreue - Vorenthalten von Mandantengeldern - zu einer
  82. Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden ist.
  83. 10
  84. 3. Der Senat konnte in der Besetzung nach § 106 Abs. 2 BRAO entscheiden (Senatsbeschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, für
  85. BGHZ vorgesehen).
  86. 11
  87. 4. Da der ordnungsgemäß geladene Antragsteller sein Ausbleiben im
  88. Termin nicht entschuldigt hat, konnte der Senat mündlich verhandeln und entscheiden.
  89. Tolksdorf
  90. Ernemann
  91. Stüer
  92. Roggenbuck
  93. Quaas
  94. Vorinstanz:
  95. AGH Hamm, Entscheidung vom 11.04.2008 - 1 ZU 115/07 -