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5.6 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. AnwSt(R) 16/03
  5. vom
  6. 28. Juni 2004
  7. in dem anwaltsgerichtlichen Verfahren
  8. gegen
  9. Verteidiger: Rechtsanwalt
  10. -2-
  11. Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat in der Sitzung vom
  12. 28. Juni 2004, an der teilgenommen haben:
  13. Präsident des Bundesgerichtshofes
  14. Professor Dr. Hirsch
  15. als Vorsitzender
  16. und der Richter am Bundesgerichtshof
  17. Basdorf,
  18. die Richterin am Bundesgerichtshof
  19. Dr. Otten,
  20. der Richter am Bundesgerichtshof
  21. Dr. Ernemann,
  22. sowie der Rechtsanwalt Dr. Wüllrich,
  23. die Rechtsanwältin Dr. Hauger,
  24. der Rechtsanwalt Dr. Frey,
  25. Bundesanwalt
  26. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  27. Rechtsanwalt
  28. als Verteidiger,
  29. Justizamtsinspektor
  30. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
  31. für Recht erkannt:
  32. -3-
  33. -4-
  34. Die Revision des Rechtsanwalts gegen das Urteil des 1. Senats
  35. des Saarländischen Anwaltsgerichtshofs vom 29. Oktober 2003
  36. wird verworfen.
  37. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
  38. Damit erledigt sich die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts
  39. gegen die Anordnung des vorläufigen Berufsverbots.
  40. Von Rechts wegen
  41. Gründe:
  42. Das Anwaltsgericht im Bezirk der Rechtsanwaltskammer des S.
  43. hat den Rechtsanwalt zweier Verstöße gegen die anwaltlichen Berufspflichten
  44. für schuldig befunden und ihn aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen.
  45. Seine dagegen gerichtete Berufung hat der
  46. Anwaltsgerichtshof
  47. verworfen und gegen ihn ein Berufs- und Vertretungsverbot verhängt. Dagegen
  48. wendet sich der Rechtsanwalt mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision
  49. und mit der gegen das Berufs- und Vertretungsverbot gerichteten sofortigen
  50. Beschwerde.
  51. -5-
  52. I.
  53. Der Anwaltsgerichtshof hat folgendes festgestellt:
  54. Der erstmals 1966 zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Rechtsanwalt
  55. wurde nach zahlreichen anwaltsgerichtlichen Verurteilungen 1981 aus der
  56. Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen. Im März 1988 wurde er erneut zur
  57. Rechtsanwaltschaft zugelassen. 1991 wurde er von dem Zeugen K.
  58. manda-
  59. tiert. Dieser hatte auf einem Tankstellengelände mit seinem Fahrzeug ein anderes Fahrzeug beschädigt und beabsichtigte, diesen Schaden mit einer falschen Sachverhaltschilderung bei seiner Privathaftpflichtversicherung geltend
  60. zu machen. Der Rechtsanwalt war darüber informiert und unterstützte den
  61. Zeugen bei seinem Vorhaben. Er erkannte als Prozeßbevollmächtigter des
  62. Zeugen den mit der falschen Sachverhaltsschilderung von dem Geschädigten
  63. geltend gemachten Schaden an und erhob sodann Klage gegen die Privathaftpflichtversicherung des Zeugen. Zuvor hatte er von der Rechtsschutzversicherung des Zeugen Deckungsschutz für diese Klage erhalten, nachdem er auch
  64. insoweit zunächst Klage erhoben hatte. 1994 kündigte der Rechtsanwalt das
  65. Mandat, nachdem es zu Differenzen mit dem Zeugen gekommen war, u. a.
  66. auch, weil dem Zeugen Bedenken wegen seiner falschen Angaben gekommen
  67. waren. Der Zeuge wurde in der Folge wegen Betrugs und versuchten Betrugs,
  68. der Rechtsanwalt wegen Beihilfe zu diesen Taten verurteilt. Auf die Berufung
  69. des Rechtsanwalts wurde das Verfahren gegen ihn in zweiter Instanz nach
  70. § 153 a StPO eingestellt.
  71. In einem weiteren Fall aus dem Jahr 2000 hatte der Rechtsanwalt nach
  72. Kündigung des Mandatsverhältnisses durch seine Mandantin mehrfache
  73. -6-
  74. Schreiben des neuen Bevollmächtigten mit der Bitte um Herausgabe der Handakten wie auch ein Herausgabeverlangen der Rechtsanwaltskammer nicht beantwortet und die Handakten erst herausgegeben, nachdem gegen ihn Klage
  75. erhoben und Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt war.
  76. II.
  77. Die Überprüfung des Urteils zum Schuldspruch und die ihm zugrunde
  78. liegende Beweiswürdigung weisen keine Rechtsfehler zum Nachteil des
  79. Rechtsanwalts auf. Solche werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
  80. Soweit die Revision sich gegen die angeordnete Maßnahme - Ausschließung aus der Anwaltschaft - wendet, deckt sie keinen Rechtsfehler auf.
  81. Die Zumessung der anwaltsgerichtlichen Maßnahme ist grundsätzlich Sache
  82. des Tatrichters. Hier wie im Strafverfahren ist es allein seine Aufgabe, auf der
  83. Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von
  84. der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entund belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander
  85. abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Zwecke verstoßen oder wenn sich die verhängte Maßnahme von ihrer Bestimmung, gerechter
  86. Schuldausgleich zu sein und das rechtsuchende Publikum vor weiteren Gefahren zu schützen, soweit löst, daß sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter
  87. eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle
  88. ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muß das Revisionsgericht die vom Tatrichter vorgenommene Bewertung hinnehmen (BGHSt 29, 319, 320; BGHR
  89. StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 1).
  90. -7-
  91. Der Anwaltsgerichtshof ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Verfehlung des Rechtsanwalts vor dem Hintergrund zu sehen ist, daß er bereits
  92. einmal
  93. aus
  94. der
  95. Anwaltschaft
  96. wegen
  97. berufsrechtlicher
  98. Verfehlungen
  99. ausgeschlossen werden mußte, daß er auch in der Zeit seit seiner
  100. Wiederzulassung erneut zweimal - 1997 und 1998 - mit anwaltsgerichtlichen
  101. Maßnahmen (Verweis und Geldbuße) belegt werden mußte und die erneute
  102. Verfehlung nicht nur zur eigenen strafrechtlichen Verstrickung, sondern auch
  103. zu der seines Mandanten geführt hat. Unter diesen Umständen ist der Schluß
  104. des Anwaltsgerichtshofs, trotz der seit diesem Vorfall verstrichenen Zeit sei das
  105. Berufsverbot auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt zum Schutz der Allgemeinheit
  106. erforderlich, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
  107. Hirsch
  108. Basdorf
  109. Wüllrich
  110. Otten
  111. Frey
  112. Ernemann
  113. Hauger