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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 5 StR 584/17
  5. vom
  6. 7. Februar 2018
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
  10. Menge u.a.
  11. ECLI:DE:BGH:2018:070218U5STR584.17.0
  12. -2-
  13. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Februar 2018, an der teilgenommen haben:
  14. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
  15. die Richter am Bundesgerichtshof
  16. Prof. Dr. Sander,
  17. Prof. Dr. König,
  18. Dr. Berger,
  19. Prof. Dr. Mosbacher
  20. als beisitzende Richter,
  21. Bundesanwalt
  22. – in der Verhandlung –
  23. Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  24. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  25. Rechtsanwalt
  26. als Verteidiger,
  27. Justizangestellte
  28. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  29. – bei der Verkündung –
  30. -3-
  31. für Recht erkannt:
  32. 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
  33. Landgerichts Saarbrücken vom 17. August 2017 im Ausspruch über die für die Tat II. 5. der Urteilsgründe verhängte
  34. Strafe und über die Gesamtstrafe aufgehoben.
  35. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  36. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  37. - Von Rechts wegen -
  38. Gründe:
  39. 1
  40. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Wohnungseinbruchdiebstahl (Tat II.5.) sowie in vier Fällen wegen Handeltreibens
  41. mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (Taten
  42. II.1. bis 4.) zu einer zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und 850 EUR eingezogen. Die auf die
  43. Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft greift zu Ungunsten des
  44. -4-
  45. Angeklagten allein die Strafzumessung an. Sie hat – insofern vom Generalbundesanwalt vertreten – nur im tenorierten Umfang Erfolg.
  46. 2
  47. 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte von
  48. März bis September 2016 in vier Fällen Amphetamin (einmal 30 g mit 2,1 g
  49. Amphetaminbase, dreimal 50 g mit jeweils 3,5 g Amphetaminbase), das er teils
  50. verkaufte, teils gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin konsumierte.
  51. 3
  52. Darüber hinaus (Tat II.5.) stieg der Angeklagte am 4. September 2016
  53. durch ein Fenster in die Wohnung seines Lieferanten ein und nahm 255 g Amphetamin (19 g Amphetaminbase) mit sich, um es zu verkaufen und durch den
  54. Erlös unter anderem seine Lebensgefährtin vor einer Ersatzfreiheitsstrafe zu
  55. bewahren. Als er zwei Tage später auf dem Weg zu Abnehmern war, befand
  56. sich in seinem Rucksack neben dem Amphetamin ein Messer mit einhändig
  57. feststellbarer Klinge, das er gegebenenfalls zur Selbstverteidigung einsetzen
  58. wollte. Der Rucksack wurde nebst Inhalt durch die Polizei sichergestellt.
  59. 4
  60. Der mehrfach (auch einschlägig) vorbestrafte Angeklagte handelte in allen Fällen gewerbsmäßig. Er war bereits im Ermittlungsverfahren umfassend
  61. geständig und hat hierbei seinen Amphetaminlieferanten benannt.
  62. 5
  63. 2. Das Landgericht hat deshalb die Voraussetzungen des § 31 BtMG bejaht. Es hat die Tat II.5. unter Heranziehung dieses vertypten Milderungsgrundes als minder schweren Fall des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet (§ 30a Abs. 3 BtMG) und – bei
  64. Annahme auch eines minder schweren Falls gemäß § 29a Abs. 2 BtMG und
  65. nach Verneinung der Regelwirkung des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG – mit der
  66. Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sanktioniert. Auch für die übrigen Taten hat es diese Regelwirkung mit Blick auf die vom Angeklagten ge-
  67. -5-
  68. leistete Aufklärungshilfe als widerlegt angesehen und die Freiheitsstrafen von
  69. sechs (Tat II.1.) sowie jeweils acht Monaten (Taten II. 2. bis 4.) dem Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG entnommen.
  70. 6
  71. 3. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Strafaussprüche beschränkt. Sie führt zur Aufhebung der für die Tat II.5. festgesetzten Strafe sowie der Gesamtstrafe.
  72. 7
  73. a) Hinsichtlich der Tat II.5. hat das Landgericht seine Strafrahmenwahl
  74. nicht hinreichend begründet. Es ist nicht erkennbar, dass es bei diesem Zumessungsschritt in Betracht gezogen hat, den für bewaffnetes Handeltreiben
  75. mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorgesehenen Normalstrafrahmen (§ 30a Abs. 1 und 2 BtMG) gemäß § 31 BtMG nach § 49 Abs. 1 StGB mit
  76. der Folge einer Mindestfreiheitsstrafe von zwei Jahren zu mildern. Hierzu wäre
  77. das Tatgericht jedoch verpflichtet gewesen. Denn kommen im konkreten Fall
  78. mehrere Strafrahmen in Frage, so müssen die Urteilsgründe regelmäßig ersehen lassen, dass sich das Tatgericht der unterschiedlichen Möglichkeiten bewusst war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2008 – 4 StR 387/08,
  79. NStZ-RR 2009, 9; vom 4. Juni 2015 – 5 StR 201/15, BGHR StGB § 50 Mehrfachmilderung 4) und weswegen es sich für die angewendete entschieden hat
  80. (Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 933).
  81. Ein sogenannter Evidenzfall, in dem einer der in Betracht zu ziehenden Strafrahmen derart fernliegt, dass es ausnahmsweise seiner Erörterung nicht bedarf,
  82. ist schon angesichts der Vorstrafen des Angeklagten und des tateinheitlich verwirklichten Wohnungseinbruchdiebstahls nicht gegeben.
  83. 8
  84. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass das Landgericht den
  85. nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30a Abs. 1 und 2 BtMG
  86. zugrunde gelegt hätte, wäre es sich dessen bewusst gewesen, und mithin zu
  87. -6-
  88. einer höheren Freiheitsstrafe gelangt wäre. Denn es besteht keine Verpflichtung, von mehreren möglichen den für den Angeklagten jeweils günstigeren
  89. Strafrahmen anzuwenden (BGH, aaO, mwN).
  90. 9
  91. b) In Bezug auf die Taten II.1. bis 4. besteht ein vergleichbares Begründungsdefizit, weil das Landgericht wegen der vom Angeklagten geleisteten Aufklärungshilfe die Regelwirkung des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG verneint und
  92. den Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG angewendet hat, ohne eine Milderung
  93. des für den besonders schweren Fall angedrohten Strafrahmens über § 49
  94. Abs. 1 StGB auch nur zu erwägen. Mit dem Generalbundesanwalt vermag der
  95. Senat aber insofern auszuschließen, dass die festgesetzten Strafen anders,
  96. namentlich höher ausgefallen wären, wäre das Landgericht von der dann dreimonatigen Mindestfreiheitsstrafe ausgegangen.
  97. 10
  98. c) Der Wegfall der für die Tat II.5. verhängten Einsatzstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Die jeweils zugrundeliegenden Feststellungen können bestehen bleiben, da die Strafen lediglich wegen eines Erörterungsmangels aufgehoben werden.
  99. Mutzbauer
  100. Sander
  101. Berger
  102. König
  103. Mosbacher