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  1. 5 StR 537/06
  2. BUNDESGERICHTSHOF
  3. BESCHLUSS
  4. vom 23. Mai 2007
  5. in der Strafsache
  6. gegen
  7. wegen Vergewaltigung u. a.
  8. -2-
  9. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2007
  10. beschlossen:
  11. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  12. Landgerichts Berlin vom 16. März 2006 nach § 349
  13. Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen
  14. Feststellungen aufgehoben.
  15. 2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2
  16. StPO verworfen.
  17. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  18. Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  19. G r ü n d e
  20. 1
  21. Das Landgericht Berlin hat den Angeklagten am 16. März 2006 wegen
  22. Vergewaltigung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, in einem Fall in Tateinheit mit (vorsätzlicher) Körperverletzung und Nötigung und in einem Fall in Tateinheit mit (vorsätzlicher)
  23. Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
  24. sechs Jahren verurteilt. Die mit Sach- und Verfahrensrügen geführte Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg und ist im
  25. Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
  26. -3-
  27. 2
  28. Die Strafzumessung des Landgerichts begegnet im Blick auf die nicht
  29. ausreichende Berücksichtigung einer Verletzung der Rechte des Angeklagten aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK durchgreifenden Bedenken.
  30. 3
  31. Hierzu ist festgestellt, dass die erste Beschuldigtenvernehmung des
  32. Angeklagten am 13. Juni 2001 erfolgte, am 16. Oktober 2003 Anklage erhoben wurde und die Strafkammer wegen anderweitiger Belastung die Hauptverhandlung jedoch erst am 28. Oktober 2004 begann. Zur Strafzumessung
  33. führt das Landgericht sodann aus, dass die „dargestellte überlange Verfahrensdauer im hiesigen Strafverfahren, für die der Angeklagte nicht verantwortlich war,“ zu einem – numerisch benannten – Abschlag (drei, fünf und
  34. vier Monate) bei den an sich verwirkten Einzelstrafen geführt habe. „Unter
  35. Beachtung des Abschlages“ ist die Gesamtfreiheitsstrafe auf sechs Jahre
  36. festgesetzt worden.
  37. 4
  38. Die Revision beanstandet mit der Verfahrensrüge – womit sie allerdings das weitergehende Ziel der Verfahrenseinstellung verfolgt – zu Recht,
  39. dass die seit der Eröffnung des Tatvorwurfs eingetretene Verfahrensverzögerung nicht in ausreichendem Maße bei der Strafzumessung berücksichtigt
  40. worden ist.
  41. 5
  42. Zwar ist das Tatgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch des Angeklagten auf eine gerichtliche Entscheidung innerhalb einer
  43. angemessenen Frist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verletzt worden ist und
  44. dies als Strafmilderungsgrund neben dem strafmildernden Gesichtspunkt der
  45. Belastung des Angeklagten durch den Zeitablauf zwischen Tat und Aburteilung tritt (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 5). Jedoch
  46. lassen die Ausführungen und die Bemessung des kompensatorischen Abschlags besorgen, dass nur die Verfahrensverzögerung seit Eingang der Akten bei dem Landgericht abgegolten werden sollte. Diese beansprucht bereits für sich genommen erhebliches Gewicht, da in dem Zeitraum von einem
  47. Jahr zwischen Eingang der Akten und Beginn der Hauptverhandlung das
  48. -4-
  49. Verfahren auch nicht in anderer Weise gefördert worden ist und sich auch
  50. keine sehr stringente Terminierung anschloss. Unerörtert bleibt, ob nicht bereits im Ermittlungsverfahren eine der Justiz zuzurechnende Verfahrensverzögerung eingetreten ist. Schon nach den Urteilsausführungen besteht hierzu dringender Anlass, denn daraus ergibt sich, dass zwischen der Beschuldigtenvernehmung und der Anklageerhebung über zwei Jahre liegen. Jedenfalls aber der umfassende Tatsachenvortrag der Revision legt eine rechtsstaatswidrige Verzögerung in diesem Verfahrensstadium außerordentlich
  51. nahe. Danach wäre das Verfahren in einem Maße verzögert worden, das
  52. zwar aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinesfalls – wie von der Revision erstrebt – zur Einstellung des Verfahrens führen kann (vgl. hierzu BGHSt 46, 159; BVerfG – Kammer –
  53. StV 1993, 352), dem aber die vom Landgericht vorgenommene Kompensation nicht in ausreichendem Umfang gerecht würde.
  54. 6
  55. Dieser Mangel muss zur Aufhebung der Einzelstrafen und des Gesamtstrafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen führen.
  56. Basdorf
  57. Häger
  58. Brause
  59. Gerhardt
  60. Schaal