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  1. 5 StR 372/04
  2. BUNDESGERICHTSHOF
  3. IM NAMEN DES VOLKES
  4. URTEIL
  5. vom 11. November 2004
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen besonders schweren Raubes u. a.
  9. -2-
  10. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. November 2004, an der teilgenommen haben:
  11. Vorsitzende Richterin Harms,
  12. Richter Häger,
  13. Richter Dr. Raum,
  14. Richter Dr. Brause,
  15. Richter Schaal
  16. als beisitzende Richter,
  17. Bundesanwalt
  18. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  19. Rechtsanwalt S
  20. als Verteidiger,
  21. Rechtsanwalt W
  22. als Vertreter des Nebenklägers,
  23. Justizangestellte
  24. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  25. -3-
  26. für Recht erkannt:
  27. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
  28. Landgerichts Berlin vom 26. Februar 2004 wird verworfen.
  29. Die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der
  30. Staatskasse zur Last.
  31. – Von Rechts wegen –
  32. Gründe
  33. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders) schweren
  34. Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen erhobene,
  35. wirksam auf das Strafmaß beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die
  36. vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, bleibt erfolglos.
  37. 1. Das Landgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
  38. Am Abend des 23. Juni 2003 verabredeten der Angeklagte, der Mitangeklagte K
  39. , der gesondert Verfolgte Wl
  40. unter ihren Vornamen M
  41. Wohnung des
  42. Wa
  43. und B
  44. und zwei lediglich
  45. bekannte junge Männer, in der
  46. unter Gewaltanwendung Haschisch und andere
  47. mitnehmenswerte Gegenstände zu entwenden. Der Angeklagte Sz
  48. klingelte in Begleitung des M
  49. Wa
  50. vergeblich nach Geld. Sz
  51. an der Wohnungstür und fragte
  52. drängte Wa
  53. in den Woh-
  54. -4-
  55. nungsflur und schlug ihm kräftig mit der Faust in das Gesicht. Auf die Hilferufe Wa
  56. s eilte dessen Freund Sc
  57. herbei, der von M
  58. im Wohnzim-
  59. mer unter Androhung von Schlägen gezwungen wurde, sich mit dem Kopf
  60. nach unten auf den Boden zu legen. Der Angeklagte brachte Wa
  61. mit ei-
  62. nem weiteren Faustschlag und einem wuchtigen Tritt zu Boden und trat gegen den Kopf des Wa
  63. . Der Geschädigte schrie vor Schmerzen und verlor
  64. kurzzeitig das Bewußtsein. Die Täter schleiften Wa
  65. ins Wohnzimmer und
  66. suchten in der ganzen Wohnung nach Geld. Entweder der Angeklagte
  67. Sz
  68. oder M
  69. nahmen Sc
  70. sich. Der Angeklagte Sz
  71. s Mobiltelefon und Geldbörse an
  72. verließ dann die Wohnung und begab
  73. sich zu den vor dem Wohnhaus wartenden weiteren Mittätern. Das Landgericht hat zugunsten des Angeklagten Sz
  74. und M
  75. den bereits schwer verletzten Wa
  76. angenommen, daß B
  77. erneut angriffen und
  78. den Großteil der später in der Wohnung des Angeklagten Sz
  79. verteil-
  80. ten erheblichen Beute – vier Mobiltelefone, 1200 € Bargeld, Schmuck, Münzen, zwei Geldbörsen und Papiere, elektronisches Spielzeug und eine ECKarte – an sich nahmen. Wa
  81. erlitt unter anderem Frakturen des Joch-
  82. beins, des Ober- und Unterkiefers, ein Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades
  83. und mußte den Verlust eines Zahnes hinnehmen. Nach mehreren Operationen fällt ihm das Sprechen immer noch schwer; die linke Seite seines Gesichts ist betäubt. Er leidet ständig unter Schmerzen und ist schwach, gebrechlich und durch die Tat gezeichnet.
  84. 2. Das Landgericht hat diesen Sachverhalt hinsichtlich der Beteiligung des Angeklagten Sz
  85. als (besonders) schweren Raub nach
  86. § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB gewürdigt und die Strafe dem Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB entnommen. Zwar sprächen das brutale,
  87. zielgerichtete Vorgehen des bewährungsbrüchigen Angeklagten und die erheblichen mit noch andauernden physischen und psychischen Beeinträchtigungen verbundenen Verletzungen gegen die Annahme eines minder
  88. schweren Falles. Einen solchen hat das Landgericht letztlich aber für gege-
  89. -5-
  90. ben erachtet, weil der Angeklagte an der Erlangung der Raubbeute nicht sicher persönlich mitwirkte, an ihr nur in geringem Umfang partizipierte, sich
  91. teilgeständig eingelassen und sich beim Geschädigten entschuldigt hat.
  92. Schließlich hat das Landgericht die schwierigen Bedingungen für die kindliche und jugendliche Entwicklung des Angeklagten in Polen, die lange Untersuchungshaft, seine alkoholische Enthemmung und den Umstand gewürdigt,
  93. daß letztlich keine konkrete Lebensgefahr für den Geschädigten bestand.
  94. 3. Die gegen die Strafzumessung des Landgerichts erhobenen Einwendungen der Revision bleiben erfolglos. Die vom Landgericht vorgenommene Bestimmung des Strafrahmens und die Bemessung der Strafe halten
  95. rechtlicher Prüfung noch stand.
  96. Die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob ein minder
  97. schwerer Fall vorliegt, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine
  98. Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der
  99. Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen
  100. hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen
  101. und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimißt, ist im wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.;
  102. vgl. BGHSt 3, 179; 24, 268; BGHR § 177 Abs. 5 Strafrahmenwahl 2 m.w.N.).
  103. Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst vornehmen,
  104. sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein
  105. Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; BGH StV 2002, 20;
  106. BGH, Urt. vom 20. April 2004 – 5 StR 87/04). Das ist hier nicht der Fall.
  107. Soweit die Revision mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung des
  108. Landgerichts einen größeren Schuldumfang geltend macht und damit auf
  109. andere Feststellungen abhebt, kann sie damit nicht gehört werden, weil die
  110. Überprüfung im Revisionsverfahren mit der Sachrüge auf die im Urteil getroffenen Feststellungen beschränkt ist (vgl. BGHSt 35, 238, 241). Durch die
  111. wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auf den Strafausspruch kann die
  112. -6-
  113. Beschwerdeführerin auch den Schuldspruch unter dem Gesichtspunkt einer
  114. fehlenden Erörterung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht mehr angreifen (vgl.
  115. BGHSt 29, 359, 364). Allerdings ist der Revision zuzugeben, daß die mildernde Wertung des Landgerichts, es habe keine konkrete Lebensgefahr für
  116. den Geschädigten bestanden, Bedenken begegnet. Die Verursachung einer
  117. Todesgefahr begründet nach § 250 Abs. 2 Nr. 3b StGB eine weitere Qualifikation. Der Gesetzgeber hält somit diese Variante eines Raubes im Vergleich
  118. zu den Taten, in denen das Opfer nicht in Todesgefahr geriet, für besonders
  119. strafwürdig. Damit ist aber umgekehrt impliziert, daß eine Raubtat, der lediglich ein Qualifikationsmerkmal fehlt, allein aus diesem Grund nicht als besonders mild bewertet werden darf. Des weiteren wird die zur Milderung herangezogene Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe lange Untersuchungshaft hinnehmen müssen, von den Feststellungen nicht getragen. Der
  120. Angeklagte hat seit 24. Juli 2003, dem Tag seiner Festnahme, – infolge der
  121. Vollstreckung anderweit verhängter Haftstrafen – lediglich etwas über zwei
  122. Monate Untersuchungshaft verbüßt, die grundsätzlich nicht strafmildernd zu
  123. berücksichtigen ist (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 20). Die dem
  124. Angeklagten im Hinblick auf die als Überhaft notierte Untersuchungshaft
  125. möglicherweise nicht gewährten Vergünstigungen als Strafgefangener können kein solch nachteiliges Gewicht entfalten, wie es ausnahmsweise eine
  126. allein von der Vollstreckung der Untersuchungshaft herrührende besondere
  127. Beeindruckung eines Angeklagten darstellt (vgl. BGHR aaO).
  128. Diese Erwägungen begründen vorliegend aber noch keinen Rechtsfehler. Das Landgericht hat bei der Bestimmung des Strafrahmens in erster
  129. Linie auf den geringeren Tatbeitrag des Angeklagten für das Raubgeschehen
  130. abgehoben und die Verantwortung des Angeklagten für die massive und folgenschwere Körperverletzung betont. Es hat unter „besonderer Würdigung
  131. der brutalen Vorgehensweise im Wohnungsflur und damit eines für den Geschädigten besonders geschützten Bereiches“ (UA S. 24) zu einer insgesamt
  132. angemessenen, auch dem Normalstrafrahmen des besonders schweren
  133. Raubes zu entnehmenden Sanktion gefunden. Die häufig nur floskelhaft oder
  134. -7-
  135. unreflektiert erwogene „lange Untersuchungshaft“ hat vorliegend die verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten ersichtlich nicht
  136. zugunsten des Angeklagten beeinflußt.
  137. Harms
  138. Brause
  139. Häger
  140. Raum
  141. Schaal