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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 53/04
  4. vom
  5. 30. März 2004
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer u.a.
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerinnen am 30. März 2004
  11. gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
  12. 1.
  13. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
  14. Landgerichts Stuttgart vom 11. September 2003 - auch
  15. soweit es den Mitangeklagten G.
  16. betrifft, aufge-
  17. hoben
  18. a)
  19. im Schuldspruch, soweit die Angeklagten im Fall
  20. II. 2. der Urteilsgründe wegen räuberischen Angriffs
  21. auf Kraftfahrer in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung - der Mitangeklagte G.
  22. in
  23. weiterer Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne
  24. Fahrerlaubnis - verurteilt worden sind,
  25. b)
  26. 2.
  27. in den Strafaussprüchen.
  28. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
  29. Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  30. 3.
  31. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
  32. Gründe:
  33. Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung,
  34. -3-
  35. schwerer räuberischer Erpressung sowie versuchten Diebstahls - die Angeklagte A. unter Einbeziehung eines früheren Urteils - zu einer Jugendstrafe
  36. von jeweils drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Den Angeklagten G.
  37. ,
  38. der keine Revision eingelegt hat, hat es wegen räuberischen Angriffs auf
  39. Kraftfahrer in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie wegen versuchten Diebstahls zu einer
  40. Jugendstrafe von zwei Jahren unter Vorbehalt der Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten A. und
  41. K.
  42. mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen
  43. und materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben auf die Sachrüge den
  44. aus der Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg, der gemäß § 357 StGB auch
  45. auf den Mitangeklagten G.
  46. zu erstrecken ist. Im übrigen hat die Überprü-
  47. fung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen weiteren
  48. Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
  49. Die Verurteilung der Angeklagten und des Mitangeklagten G.
  50. wegen
  51. der
  52. Tat
  53. zum
  54. Nachteil
  55. der
  56. Geschädigten
  57. T.
  58. kann
  59. nicht bestehen bleiben. Der Generalbundesanwalt hat in seinen Antragsschriften vom 12. Februar 2004 hierzu ausgeführt:
  60. "Die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes als Straftat gemäß § 316 a StGB begegnet rechtlichen Bedenken. Nach der
  61. geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die eine enger am Schutzzweck und den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des § 316 a StGB orientierte Auslegung der Vorschrift für geboten hält (BGH, Urteil vom 20. November 2003 4 StR 150/03), setzt der Tatbestand des § 316 a StGB nach
  62. seinem Wortlaut eine zeitliche Verknüpfung zwischen tauglichem Tatopfer und tatbestandsmäßiger Angriffshandlung dergestalt voraus, dass im Tatzeitpunkt, das heißt bei Verüben
  63. -4-
  64. des Angriffs, das Tatopfer (noch) 'Führer' oder 'Mitfahrer' eines Kraftfahrzeugs ist. Daran könnte es hier fehlen. Führer
  65. eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 316 a StGB ist nur, wer
  66. das Kraftfahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeugs
  67. und/oder der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt
  68. ist. Das ist regelmäßig nicht mehr der Fall, wenn das Fahrzeug aus anderen als verkehrsbedingten Gründen anhält und
  69. der Fahrer den Motor ausstellt. Ob die hier geschädigte Zeugin bei Verüben des Angriffs in dem genannten Sinne 'Führer'
  70. ihres (nicht verkehrsbedingt haltenden) Fahrzeuges war, sie bei noch laufendem Fahrzeugmotor - in einer Weise mit der
  71. Beherrschung ihres Kraftfahrzeuges und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt war, dass sie gerade deshalb leichter Opfer eines räuberischen Angriffs war,
  72. und ob die Angeklagte und ihre Mittäter die möglicherweise
  73. hierin liegenden 'besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs' für ihre Taten ausgenutzt haben, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Entsprechende Feststellungen müssen daher nachgeholt werden. Die getroffenen
  74. Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können bestehen
  75. bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich.
  76. Die rechtliche Würdigung des Falles II. 2. als schwere räuberische Erpressung ist dagegen rechtsfehlerfrei. Der Schuldspruch ist allerdings wegen der Einheitlichkeit der Tat insoweit insgesamt aufzuheben (Meyer-Goßner StPO 46. Aufl.
  77. § 353 Rdnr. 7)."
  78. Dem stimmt der Senat zu (vgl. Senatsbeschluß vom 27. November 2003
  79. - 4 StR 311/03).
  80. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 2. der Urteilsgründe zieht hier
  81. entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts die Aufhebung der
  82. Strafaussprüche nach sich. Denn das Landgericht hat den Umstand, daß die
  83. Angeklagten in diesem Fall jeweils zwei schwere Delikte verwirklicht haben,
  84. -5-
  85. ausdrücklich als straferschwerend berücksichtigt. Der Senat kann deshalb nicht
  86. ausschließen, daß der Tatrichter ohne die Verurteilung wegen räuberischen
  87. Angriffs auf Kraftfahrer auf niedrigere Jugendstrafen erkannt hätte.
  88. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
  89. Für die vom Tatbestand des § 316 a StGB vorausgesetzte Ausnutzung
  90. der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs genügt allein der Umstand,
  91. daß "die Geschädigte wegen der beengten Verhältnisse im Pkw ... in ihrer
  92. Verteidigungsfähigkeit stark eingeschränkt war" (UA 20), nicht (vgl. BGH NStZ
  93. 1996, 389 f.; Senatsbeschluß vom 11. Februar 2003 - 4 StR 522/02). Gleiches
  94. gilt auch für die Abgelegenheit des Überfallorts. Denn ebenso wie die Beengtheit, die dem Fahrzeug immanent ist, ist auch die Abgelegenheit des Überfallorts keine spezifische Eigenschaft des Kraftfahrzeugverkehrs (Senatsurteil
  95. vom 20. November 2003 - 4 StR 150/03, NJW 2004, 786, 788, zum Abdruck in
  96. BGHSt bestimmt).
  97. Falls die nunmehr entscheidende Jugendkammer das Vorliegen der
  98. Tatbestandsvoraussetzungen des § 316 a StGB nach der geänderten Rechtsprechung des Senats nicht mehr bejahen könnte, kommt nach den getroffenen
  99. Feststellungen jedenfalls eine tateinheitliche Verurteilung wegen Verabredung
  100. zu diesem Verbrechen gemäß § 30 Abs. 2 StGB in Betracht. Im übrigen ist der
  101. neue Tatrichter nicht gehindert, bei der Bemessung der Strafen strafschärfend
  102. zu werten, daß die Angeklagten planmäßig die Bereitschaft des Tatopfers, sie
  103. -6-
  104. als Anhalter in ihrem Pkw mitzunehmen, ausnutzten und sie die Geschädigte in
  105. eine Lage brachten, in der für sie Hilfe nicht zu erwarten war.
  106. Tepperwien
  107. Maatz
  108. Athing
  109. Ernemann
  110. Sost-Scheible