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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 20/08
  4. vom
  5. 6. Mai 2008
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen schwerer Brandstiftung u. a.
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag bzw. nach Anhörung
  11. des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am
  12. 6. Mai 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  13. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 10. September 2007
  14. a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
  15. der schweren Brandstiftung in zwei Fällen und der versuchten schweren Brandstiftung in drei Fällen schuldig
  16. ist;
  17. b) im Strafausspruch in den Fällen II. 1 und 2, im Gesamtstrafenausspruch und im Maßregelausspruch mit den
  18. Feststellungen aufgehoben.
  19. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  20. Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  21. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
  22. Gründe:
  23. 1
  24. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung in
  25. vier Fällen und versuchter schwerer Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte
  26. -3-
  27. mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts
  28. rügt. Das Rechtsmittel hat nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen
  29. Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  30. 2
  31. 1. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 7. Februar
  32. 2008 unter anderem ausgeführt:
  33. "Die Annahme der Kammer, der Angeklagte habe die Wohnhäuser in
  34. den Fällen II. 1, 2 und 4 des Urteils teilweise zerstört, begegnet …
  35. durchgreifenden Bedenken. 'Teilweises Zerstören' setzt - ausgerichtet
  36. am Schutzzweck des § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB - bei einer Brandlegung
  37. in einem Mehrfamilienhaus voraus, dass (zumindest) ein zum selbständigen Gebrauch bestimmter Teil des Wohngebäudes, d. h. eine zum
  38. Wohnen bestimmte, abgeschlossene 'Untereinheit', durch die Brandlegung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist. Hierfür genügt es
  39. nicht, dass lediglich das Mobiliar zerstört wurde. Erforderlich ist vielmehr,
  40. dass für den 'verständigen' Wohnungsinhaber die Wohnung wegen der
  41. Brandlegungsfolgen für eine beträchtliche Zeit - und nicht nur für Stunden oder einen Tag - nicht mehr benutzbar ist (Senat, Urt. v. 12.09.2002
  42. - 4 StR 165/02, BGHR StGB § 306 Zerstörung 2; Fischer, StGB, 55. Aufl.
  43. 2008, § 306a Rn. 3 sowie § 306 Rn. 16 jeweils m.w.N.), wobei dies auch
  44. Folge einer starken Verrußung sein kann (BGH, Beschl. v. 05.12.2001 3 StR 422/01 = StV 2002, 145; s.a. Senat, a.a.O., m.w.N.).
  45. Hieran gemessen tragen allein die Feststellungen zu II. 5 des Urteils eine
  46. Strafbarkeit gemäß § 306a StGB wegen teilweisen Zerstörens einer als
  47. Wohnung dienenden Räumlichkeit. Denn insoweit ist dem Urteil zu entnehmen, dass die oberen Wohnungen in den betroffenen Häusern infolge des starken Rußabklatsches zeitweise unbewohnbar waren (UA S.
  48. 23, erster Absatz a.E.).
  49. Bezüglich II. 1 des Urteils dagegen hat die Kammer lediglich festgestellt,
  50. dass der Angeklagte einen im Hausflur abgestellten Knautschsessel in
  51. Brand setzte, weitere in der Nähe abgestellte Möbelstücke Feuer fingen
  52. und starker Rauch u.a. in zwei Wohnungen im vierten Obergeschoss
  53. eindrang (UA S. 18, zweiter Absatz). Ob es darin auch zu Verrußungen
  54. gekommen ist, teilt das Urteil nicht mit. Die Feststellung, es habe sich an
  55. den Wänden im zweiten, dritten und vierten Obergeschoss sowie an der
  56. Decke des Treppenhauses deutlicher Rußabklatsch niedergeschlagen
  57. (UA S. 18, zweiter Absatz), ist insoweit nicht aussagekräftig, weil sie sich
  58. -4-
  59. - wie auch die verursachten Ablösungen von Putz und Beschädigungen
  60. von Kabelbefestigungen - offensichtlich allein auf den Flur, nicht dagegen
  61. auf einen zu Wohnzwecken genutzten Bereich des Hauses bezieht.
  62. Auch die Ausführungen zu Fall II. 2 des Urteils - Beschädigungen der
  63. Flurwand in unmittelbarer Nähe des Brandherdes, Verrußung der Flurwand und der Flurdecke, Einrußung eines auf dem Flur abgestellten
  64. Schreibtisches sowie mit Löschwasser benetzter Fußboden im gesamten
  65. Treppenhaus (UA S. 20, erster Absatz) - belegen nicht die teilweise Zerstörung eines zu Wohnzwecken genutzten Teilbereichs des Mehrfamilienhauses.
  66. Das Gleiche gilt bezüglich II. 4 des Urteils: ausweislich der Feststellungen wurde der Flur- und Treppenhausbereich an Wänden, Decken und
  67. Boden des zweiten und dritten Stockwerks sowie im Dachgeschoss stark
  68. mit Rußabklatsch belegt (UA S. 21, zweiter Absatz). Dies allein aber
  69. lässt - auch unter Berücksichtigung des erheblichen Sachschadens - keinen Rückschluss auf die Beeinträchtigung des Wohnzwecks des Mehrfamilienhauses zu. Jedoch wird der Schuldspruch insoweit noch im Hinblick auf die Tatbestandsalternative des Inbrandsetzens im Sinne von §
  70. 306a Absatz 1 StGB getragen. …
  71. Der Schuldspruch ist daher in den Fällen II. 1 und 2 des Urteils dahingehend abzuändern, dass der Angeklagte lediglich wie im Fall II. 3 wegen
  72. versuchter schwerer Brandstiftung schuldig ist. Angesichts der umfassenden Ausführungen der Kammer zu den verursachten Beschädigungen ist es auszuschließen, dass weitergehende Feststellungen zu Brandschäden getroffen werden können, die die Annahme einer vollendeten
  73. Tat zu tragen vermögen.
  74. Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II. 1 und 2 des Urteils hat
  75. die Aufhebung der jeweiligen Einzelstrafen und der darauf beruhenden
  76. Gesamtstrafe zur Folge. Sie lässt jedoch die weiteren Einzelstrafen unberührt. Soweit die Kammer im Fall II. 4 des Urteils über das Inbrandsetzen hinaus rechtsfehlerhaft auch ein teilweises Zerstören des Wohnobjektes angenommen hat, hat sie dies nicht strafschärfend gewertet. Mit
  77. der Erwägung, der Angeklagte habe Schäden verursacht, ´die das für eine teilweise Zerstörung des Brandobjektes erforderliche Maß erheblich
  78. übersteigen´ (UA S. 36, dritter Absatz), hat die Kammer offensichtlich
  79. den erheblichen Sachschaden - zu Recht - strafschärfend berücksichtigt."
  80. -5-
  81. 3
  82. Dem schließt sich der Senat an. Obwohl die Einzelstrafen in den Fällen
  83. II. 1 und 2 und die Gesamtstrafe nicht überhöht erscheinen, hebt der Senat die
  84. Strafen antragsgemäß auf, weil nicht auszuschließen ist, dass sie bei rechtsfehlerfreier Beurteilung der Schuldsprüche in den Fällen II. 1 und 2 niedriger festgesetzt worden wären.
  85. 4
  86. 2. Auch der Maßregelausspruch kann nicht bestehen bleiben. Zwar hat
  87. das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte den Hang hat,
  88. alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, die abgeurteilten Taten
  89. auf den Hang zurückzuführen sind und die Gefahr besteht, dass der Angeklagte
  90. infolge des Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Zur Erfolgsaussicht einer Unterbringung (§ 64 Satz 2 StGB) äußert sich die Strafkammer jedoch nicht. Eine solche versteht sich hier nicht von selbst, weil der
  91. Angeklagte wiederholt "vergebliche Entgiftungsversuche" durchgeführt hat (UA
  92. 6, 8, 9 f., 11, 12, 38) und er schließlich keinen Arzt mehr fand, der ihn zur "Entgiftung" einweisen wollte (UA 12). In der neuen Hauptverhandlung werden daher durch die - sachverständig beratene - Strafkammer auch Feststellungen zur
  93. -6-
  94. Frage der hinreichend konkreten Erfolgsaussicht der Unterbringungsanordnung
  95. zu treffen sein (vgl. hierzu BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 7, 8).
  96. Frau VRi'inBGH Dr. Tepperwien
  97. ist urlaubsbedingt verhindert
  98. zu unterschreiben
  99. Maatz
  100. Kuckein
  101. Maatz
  102. Athing
  103. Sost-Scheible