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258 lines
8.3 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 566/16
  4. vom
  5. 4. Juli 2017
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. 1.
  9. 2.
  10. 3.
  11. wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
  12. ECLI:DE:BGH:2017:040717B4STR566.16.0
  13. -2-
  14. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 4. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und
  15. 4 StPO beschlossen:
  16. 1. Auf die Revisionen der Angeklagten D.
  17. M.
  18. , T.
  19. und
  20. wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden
  21. vom 22. April 2016 im Schuldspruch wie folgt geändert:
  22. a) Der Angeklagte D.
  23. ist des schweren Banden-
  24. diebstahls in sechs vollendeten und sechs versuchten
  25. Fällen, des Wohnungseinbruchsdiebstahls in neun vollendeten und elf versuchten Fällen sowie des Diebstahls
  26. in einem Fall schuldig.
  27. b) Der Angeklagte T.
  28. ist des schweren Bandendieb-
  29. stahls in fünf vollendeten und zwei versuchten Fällen,
  30. des versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls in acht
  31. Fällen sowie des Diebstahls in einem Fall schuldig.
  32. c) Der Angeklagte M.
  33. ist des schweren Banden-
  34. diebstahls in vier vollendeten und zwei versuchten Fällen
  35. schuldig.
  36. Die gegen den Angeklagten D.
  37. in den Fällen II.9,
  38. II.27 und II.28 und die gegen die Angeklagten T.
  39. M.
  40. und
  41. in den Fällen II.27 und II.28 der Urteilsgründe
  42. verhängten Einzelstrafen entfallen.
  43. 2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden
  44. verworfen.
  45. -3-
  46. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
  47. zu tragen.
  48. Gründe:
  49. 1
  50. Das Landgericht hat den Angeklagten D.
  51. wegen schweren Ban-
  52. dendiebstahls in sechs vollendeten und acht versuchten Fällen, Wohnungseinbruchsdiebstahls in neun vollendeten und zwölf versuchten Fällen und wegen
  53. Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Gegen
  54. den Angeklagten T.
  55. hat es wegen schweren Bandendiebstahls in fünf
  56. vollendeten und vier versuchten Fällen, versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls in acht Fällen sowie wegen Diebstahls eine Gesamtfreiheitsstrafe von
  57. sechs Jahren und neun Monaten und gegen den Angeklagten M.
  58. we-
  59. gen schweren Bandendiebstahls in vier vollendeten und vier versuchten Fällen
  60. eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt. Die
  61. auf die Sachrüge, beim Angeklagten D.
  62. auch auf Verfahrensrügen ge-
  63. stützten Revisionen der Angeklagten führen zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und dem Wegfall von drei (Angeklagter D.
  64. ) bzw. zwei (Angeklagte T.
  65. und M.
  66. ) Einzelstrafen;
  67. im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  68. 2
  69. 1. Die Annahme real konkurrierender Taten in den Fällen II.9 und II.10
  70. sowie II.26 bis II.28 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
  71. -4-
  72. 3
  73. a) Nach den Feststellungen fuhren der Angeklagte D.
  74. Mitangeklagte G.
  75. am 2. Januar 2015 nach R.
  76. und der
  77. , um dort Woh-
  78. nungseinbrüche zu begehen (Fälle II.9 und II.10 der Urteilsgründe). In der Folge
  79. drang G.
  80. durch eine mittels Herausdrehens des Schließzylinders ge-
  81. öffnete Tür in eine Wohnung im 8. Stock eines Mehrfamilienhauses ein, während der Angeklagte D.
  82. in seinem Pkw in Sichtweite zum Tatort wartete
  83. und die Umgebung beobachtete, um seinen Mittäter gegebenenfalls per Mobilfunk zu warnen. Nachdem G.
  84. in der Wohnung keine stehlenswerten
  85. Gegenstände gefunden hatte, drang er wiederum nach Herausdrehen des
  86. Schließzylinders in die gegenüberliegende Wohnung ein und entwendete dort
  87. verschiedene Gegenstände, während der Angeklagte D.
  88. weiterhin aus
  89. seinem Fahrzeug die Umgebung absicherte. Am 13. Februar 2015 fuhren die
  90. Angeklagten D.
  91. , T.
  92. und M.
  93. nach L.
  94. , um entspre-
  95. chend einer vorherigen Übereinkunft (weitere) Wohnungseinbruchsdiebstähle
  96. zu begehen (Fälle II.26 bis II.28 der Urteilsgründe). Zumindest einer der Angeklagten versuchte in Umsetzung des gemeinsamen Tatplans nacheinander die
  97. Hauseingangstüren der Mehrfamilienhäuser S.
  98. straße 9, 11 und 13 auf-
  99. zuhebeln, was in allen Fällen misslang. Nähere Feststellungen dazu, wer aus
  100. der Tätergruppe versuchte, in die Häuser einzudringen und wer die Umgebung
  101. absicherte, hat das Landgericht nicht zu treffen vermocht.
  102. 4
  103. b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist
  104. die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle
  105. oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so
  106. sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als
  107. tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen
  108. -5-
  109. Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der
  110. Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52
  111. Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die
  112. einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschlüsse vom
  113. 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146; vom 30. Juli 2013
  114. – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641); vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, NStZ 2014,
  115. 702; vom 28. März 2017 – 4 StR 82/17).
  116. 5
  117. c) In den Fällen II.9 und II.10 der Urteilsgründe hat die Strafkammer eine
  118. individuelle, nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten
  119. D.
  120. nicht festgestellt. Sein Tatbeitrag erschöpfte sich nach der Sachver-
  121. haltsdarstellung im angefochtenen Urteil vielmehr darin, seinen Tatgenossen
  122. mit dem Pkw zum Tatort zu fahren und die Umgebung abzusichern. Dass der
  123. Angeklagte D.
  124. während beider Wohnungseinbrüche telefonischen Kon-
  125. takt zum Angeklagten G.
  126. hielt und diesem konkrete Sicherheitshin-
  127. weise während beider Einbrüche gab, ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen. Die Fälle II.9 und II.10 sind daher für den Angeklagten D.
  128. konkurrenzrechtlich zu einer tateinheitlichen Tat des Wohnungseinbruchsdiebstahls zusammenzufassen.
  129. 6
  130. d) Da das Landgericht in den Fällen II.26 bis II.28 der Urteilsgründe die
  131. einzelnen Tatbeiträge nicht genauer feststellen konnte, ist nach dem Zweifelssatz zugunsten jedes Angeklagten davon auszugehen, dass er nicht selbst versucht hat, die Eingangstüren der drei Häuser zu öffnen, sondern an den von
  132. -6-
  133. seinen Mittätern ausgeführten Einbruchsversuchen durch das Absichern der
  134. Umgebung übergreifend mitgewirkt hat. Damit hat jeder der Angeklagten in Bezug auf diese drei Taten keinen individuellen, sondern nur einen einheitlichen
  135. Tatbeitrag erbracht, so dass insoweit (gleichartige) Tateinheit gemäß § 52
  136. Abs. 1 StGB gegeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR
  137. 191/14, NStZ 2014, 702).
  138. 7
  139. 2. Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit entsprechend ab (vgl. BGH,
  140. Urteil vom 27. Juni 1996 – 4 StR 166/96, NStZ 1996, 493, 494). § 265 StPO
  141. steht dem nicht entgegen, da die Angeklagten sich nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
  142. 8
  143. Infolge der Schuldspruchänderung entfällt beim Angeklagten D.
  144. die Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe im Fall II.9 der Urteilsgründe
  145. wegen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls. Bei allen drei Angeklagten
  146. entfallen in den Fällen II.27 und II.28 der Urteilsgründe jeweils zwei Freiheitsstrafen von einem Jahr und fünf Monaten (D.
  147. (T.
  148. und M.
  149. ) bzw. einem Jahr
  150. ). Einer Aufhebung der Gesamtstrafen bedarf es nicht.
  151. Die bloße Korrektur des Konkurrenzverhältnisses hat keine Verringerung des
  152. Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge (BGH, Urteil
  153. vom 20. Februar 2014 – 3 StR 178/13, StraFo 2014, 298, 299; Urteil vom
  154. 5. Juni 2013 – 2 StR 537/12, Rn. 12; Beschluss vom 30. Juli 2013 – 4 StR
  155. 29/13, NStZ 2013, 641; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11,
  156. wistra 2012, 146, 147; Beschluss vom 7. Januar 2011 – 4 StR 409/10, insofern
  157. nicht abgedruckt in NStZ 2011, 281, 282). Der Senat schließt deshalb aus, dass
  158. -7-
  159. das Landgericht vor dem Hintergrund der verbleibenden Einzelstrafen auf niedrigere Gesamtfreiheitsstrafen erkannt hätte.
  160. Sost-Scheible
  161. Roggenbuck
  162. Franke
  163. Cierniak
  164. Bender