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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 368/13
  4. vom
  5. 22. Oktober 2013
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22. Oktober 2013 gemäß § 349
  11. Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
  12. 1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 9. April 2013 wird mit der Maßgabe
  13. als unbegründet verworfen, dass für die Tat II. 6 der Urteilsgründe eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt wird.
  14. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die
  15. insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die dem Neben- und Adhäsionskläger
  16. im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen
  17. zu tragen.
  18. Gründe:
  19. 1
  20. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „6-fachen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von
  21. Schutzbefohlenen sowie des 2-fachen sexuellen Missbrauchs von Kindern in
  22. Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen“ zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen; von weiteren Tatvorwürfen hat es ihn freigesprochen. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen
  23. Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungs-
  24. -3-
  25. formel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des
  26. § 349 Abs. 2 StPO.
  27. 2
  28. 1. Im Fall II. 6 der Urteilsgründe begegnet die Zumessung der Einzelfreiheitsstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In diesem Fall hat das Landgericht den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern
  29. gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von
  30. Schutzbefohlenen gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von
  31. zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt; einen minder schweren Fall nach
  32. § 176a Abs. 4 Halbs. 2 StGB hat es in diesem wie auch in allen anderen Fällen
  33. des § 176a Abs. 2 StGB verneint.
  34. 3
  35. Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt:
  36. „Die Verhängung der Einzelstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten bei der
  37. Tat II. 6. der Urteilsgründe kann allerdings keinen Bestand haben. Die
  38. ergänzend zu dieser Tat aufgeführten Strafzumessungskriterien (Durchführung von Oral- und Analverkehr, erhebliche Schmerzen des Nebenklägers, Weinen des Nebenklägers veranlasste den Angeklagten nicht
  39. zur Beendigung des Verkehrs), die dieser Tat ein überdurchschnittliches
  40. Gewicht zukommen lassen soll (UA, S. 24), sind nicht durch die Feststellungen gedeckt. Die Jugendschutzkammer hat hier die Feststellungen zu
  41. verschiedenen Einzeltaten vermengt. Der Angeklagte hat zwar bei der
  42. Tat II. 6. - wie aber auch bei der Tat II. 5. - am Nebenkläger Oral- und
  43. Analverkehr verübt, jedoch hat die Kammer bei dieser Tat nicht die erheblichen Schmerzen, die auch nachfolgend beim Stuhlgang anhielten,
  44. und ein Weinen des Nebenklägers bei der Tatausübung festgestellt. Diese Feststellungen betreffen die Tat II. 4., bei der es aber nur zu Anal- und
  45. nicht zu Oralverkehr kam.“
  46. 4
  47. In Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts reduziert der Senat die Einzelfreiheitsstrafe im Fall II. 6 der Urteilsgründe auf zwei
  48. Jahre. Dies entspricht den – rechtsfehlerfrei zugemessenen – Einzelstrafen, die
  49. -4-
  50. das Landgericht in dem in jeder Hinsicht parallel liegenden Fall II. 5 der Urteilsgründe sowie auch in dem wegen der festgestellten Umstände und Folgen der
  51. Tat (Weinen und länger andauernde Schmerzen) schwerer wiegenden Tat unter II. 4 der Urteilsgründe verhängt hat.
  52. 5
  53. 2. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist die Adhäsionsentscheidung rechtsfehlerfrei ergangen. Das Landgericht hat den Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 6.000 € verurteilt.
  54. 6
  55. a) Der Adhäsionskläger hat den hierauf gerichteten Zahlungsantrag nicht
  56. verspätet angebracht (§ 404 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der Vertreter des Adhäsionsklägers hatte den Leistungsantrag, der zuvor nicht außerhalb der Hauptverhandlung zugestellt oder in ihr bereits verlesen worden war, im Termin vom
  57. 9. April 2013 zunächst erst nach dem Schlussvortrag der Vertreterin der
  58. Staatsanwaltschaft gestellt. Nach den weiteren Schlussvorträgen und dem letzten Wort des Angeklagten wurde „nochmals in die Beweisaufnahme eingetreten“ und diese sodann wieder geschlossen. Anschließend wiederholten die Verfahrensbeteiligten ihre zuvor gestellten Anträge. Gemäß § 404 Abs. 1 Satz 1
  59. StPO kann der Adhäsionsantrag nach Beginn der Schlussvorträge, die dem den
  60. Rechtszug abschließenden Urteil vorausgehen, nicht mehr gestellt werden; diese Präklusion greift jedoch nicht ein, wenn das Gericht erneut in die Beweisaufnahme eingetreten ist (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 404 Rn. 4); es ist stets
  61. auf den Beginn der letzten Schlussvorträge abzustellen (Hilger in LöweRosenberg, StPO, 26. Aufl., § 404 Rn. 4). Danach ist der Adhäsionsantrag hier
  62. noch rechtzeitig angebracht worden; der Zweck der Regelung in § 404 Abs. 1
  63. Satz 1 StPO, dass der Staatsanwalt Gelegenheit haben muss, zu dem geltend
  64. gemachten vermögensrechtlichen Anspruch des Verletzten Stellung zu beziehen (BGH, Beschlüsse vom 9. August 1988 – 4 StR 342/88, BGHR StPO § 404
  65. -5-
  66. Abs. 1 Antragstellung 1, und 9. September 2008 – 1 StR 449/08, NStZ 2009,
  67. 566, 567), ist auch in der hier gegebenen Fallgestaltung erfüllt.
  68. 7
  69. b) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Generalbundesanwalts,
  70. dass der Adhäsionsantrag nicht den Anforderungen des § 404 Abs. 1 Satz 2
  71. StPO genügt. Nach dieser Vorschrift muss der Adhäsionsantrag unter anderem
  72. den Gegenstand und den Grund des geltend gemachten Anspruchs bestimmt
  73. bezeichnen (vgl. dazu Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 404 Rn. 1
  74. mwN). Unter den hier gegebenen Umständen reichte dazu jedoch die im Antrag
  75. vom 12. Februar 2013 erfolgte Bezugnahme auf die in der Anklageschrift erhobenen Tatvorwürfe aus (vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. August 2013
  76. – 4 StR 281/13). Der der Anklage zugrunde liegende Sachverhalt ist einfach
  77. und überschaubar. In allen Fällen richteten sich die Vorwürfe ausschließlich
  78. gegen den Angeklagten; Tatopfer war in allen Fällen der Adhäsionskläger.
  79. 8
  80. c) Der Senat kann über die Revision des Angeklagten durch Beschluss
  81. nach § 349 Abs. 2 und 4 StPO befinden, obwohl der Generalbundesanwalt die
  82. Aufhebung des angefochtenen Urteils im Adhäsionsausspruch beantragt hat.
  83. Kann das Revisionsgericht über den strafrechtlichen Teil des Urteils im Beschlussverfahren entscheiden, so kann es hierbei auch über das Rechtsmittel
  84. gegen die Zubilligung einer Entschädigung des Verletzten ohne Bindung an den
  85. Antrag des Generalbundesanwalts mitbefinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom
  86. 8. Juli 2009 – 2 StR 239/09, NStZ-RR 2009, 382, und 18. November 2011
  87. – 1 StR 475/11).
  88. 9
  89. 3. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
  90. -6-
  91. 10
  92. Die Herabsetzung der Einzelstrafe im Fall II. 6 der Urteilsgründe auf zwei
  93. Jahre nötigt nicht zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. In
  94. Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt schließt der Senat – auch im
  95. Blick auf die weiter verhängten Einzelstrafen (fünfmal zwei Jahre und zweimal
  96. sechs Monate Freiheitsstrafe) – aus, dass das Landgericht, hätte es auch im
  97. Fall II. 6 eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, eine noch mildere Gesamtstrafe festgesetzt hätte.
  98. Sost-Scheible
  99. Cierniak
  100. Mutzbauer
  101. Franke
  102. Bender