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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 340/00
  4. vom
  5. 26. Oktober 2000
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Vollrausches
  9. - 2 -
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 26. Oktober 2000
  11. gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  12. 1.
  13. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  14. Landgerichts Hof vom 27. April 2000
  15. a)
  16. im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des vorsätzlichen Vollrausches in drei Fällen und der vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr
  17. schuldig ist;
  18. b)
  19. 2.
  20. im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
  21. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
  22. Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
  23. des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des
  24. Landgerichts zurückverwiesen.
  25. 3.
  26. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
  27. Gründe:
  28. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Vollrausches
  29. in vier Fällen und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in
  30. einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und eine Sperrfrist von zwei
  31. Jahren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis bestimmt.
  32. - 3 -
  33. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und
  34. materiellen Rechts beanstandet, hat teilweise Erfolg.
  35. 1. Zum Schuldspruch rügt der Beschwerdeführer zu Recht, daß ihn das
  36. Landgericht in den Fällen II 1 und 2 der Urteilsgründe wegen rechtlich selbständiger Taten des Vollrausches verurteilt hat. Hat der Täter nämlich – wie der
  37. Angeklagte in den genannten Fällen - mehrere rechtswidrige Taten in demselben Rauschzustand begangen, so ist nur ein Vergehen des § 323a gegeben
  38. (BGHSt 13, 225; BGHR § 323a Abs. 1 Konkurrenzen 4).
  39. Der Rechtsfehler führt zur Änderung des Schuldspruchs. Darüber hinaus
  40. hat dessen Überprüfung aufgrund des Revisionsvorbringens keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
  41. 2. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand.
  42. a) Die in den Fällen II 1 und 2 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen unterliegen schon deswegen der Aufhebung, weil der Angeklagte durch
  43. sein Verhalten in diesen Fällen – entsprechend dem geänderten Schuldspruch - nur eine Tat begangen hat.
  44. b) Bei der Zumessung der Einzelstrafen (von zwei Jahren drei Monaten
  45. und einem Jahr sechs Monaten) für die beiden weiteren Fälle des Vollrausches
  46. (II 3 und 5 der Urteilsgründe) hat sich das Landgericht ersichtlich (im Falle II 3:
  47. ausdrücklich) entscheidend von der “erheblichen kriminellen Energie” leiten
  48. lassen, mit welcher der Angeklagte bei den Rauschtaten – es handelt sich um
  49. Diebstähle, bei denen er beträchtlichen Sachschaden angerichtet und eine
  50. Beute von etwa 5.400,-- DM bzw. 1.200 DM erzielt hat - vorgegangen ist. Das
  51. hält unter den hier gegebenen Umständen revisionsrechtlicher Überprüfung
  52. nicht stand:
  53. - 4 -
  54. Allerdings handelt es sich bei tatbezogenen Merkmalen der im Vollrausch begangenen Tat (wie etwa deren Art, Umfang, Schwere und Gefährlichkeit oder Auswirkungen) um Folgen des unter Strafe gestellten Sichberauschens, mithin um Anzeichen für den Gefährlichkeitsgrad des Rausches. Dementsprechend können diese Umstände – anders als die Motive und die Gesinnung, die zu der im Rausch begangenen Tat geführt haben – grundsätzlich
  55. straferschwerend herangezogen werden (vgl. BGHR StGB § 323a Abs. 2 Strafzumessung 6 m.w.N.). Andererseits sind der strafschärfenden Berücksichtigung rauschtatbezogener Umstände mit Blick auf den Strafgrund des § 323a
  56. StGB dadurch Grenzen gesetzt, daß Gegenstand des Schuldvorwurfs nicht die
  57. im Rausch begangenen Taten, sondern das fahrlässige oder – hier – vorsätzliche Sichberauschen ist (vgl. BGHR StGB § 323a Abs. 2 Strafzumessung 1).
  58. Die Höhe der in den Fällen II 3 und 5 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen läßt – unter Berücksichtigung aller vom Landgericht angestellten
  59. Strafzumessungserwägungen - besorgen, daß es sich dieser Grenzen nicht
  60. hinreichend bewußt war und dem vom Angeklagten angerichteten Sachschaden sowie der Nachhaltigkeit, mit welcher er seine Diebstahlsabsicht umgesetzt hat, eine Bedeutung zugemessen hat, die diesen Umständen nicht zukommen darf, soll nicht der Schuldvorwurf des Sichberauschens gegen den eines Diebstahls ausgetauscht werden oder über die Maßen in den Hintergrund
  61. geraten.
  62. c) Wegen des engen Zusammenhangs aller abgeurteilten Taten ist nicht
  63. auszuschließen, daß die Höhe der Einzelstrafen, die das Landgericht für die
  64. Taten II 1 bis 3 und II 5 verhängt hat, auch die Strafzumessung wegen der
  65. Trunkenheitsfahrt im Fall II 4 beeinflußt hat. Deshalb ist die Aufhebung auch
  66. auf die für dieses Vergehen verhängte Einzelstrafe zu erstrecken.
  67. - 5 -
  68. 3. Die dargestellten Mängel des Urteils berühren die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht. Diese, insbesondere die Feststellungen zu den
  69. §§ 20 und 21 StGB, können daher bestehen bleiben, wie auch die Maßregelanordnungen, die ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen läßt, Bestand haben.
  70. Der neue Tatrichter wird die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe mithin
  71. auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen, die er nur durch widerspruchsfrei hinzutretende ergänzen kann, neu zu bemessen haben. Dabei wird
  72. er auch Gelegenheit haben, der Frage nachzugehen, ob der Angeklagte – wie
  73. die Revision mit allerdings nicht begründeten Verfahrens- und Sachrügen geltend macht – wegen etwa reduzierter Lebenserwartung besonders strafempfindlich ist und seine Taten deshalb durch geringere als die sonst schuldangemessenen Strafen geahndet werden können (vgl. BGH StV 1987, 101; 90, 259;
  74. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 7, 13).
  75. Meyer-Goßner
  76. Tolksdorf
  77. 
  78.   
  79. Athing
  80.