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7.3 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 270/10
  4. vom
  5. 20. Juli 2010
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. 1.
  9. 2.
  10. wegen Vergewaltigung u.a.
  11. -2-
  12. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 20. Juli 2010 gemäß § 206a Abs. 1,
  13. § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  14. 1.
  15. Auf die Revision des Angeklagten B.
  16. wird das Urteil
  17. des Landgerichts Mönchengladbach vom 26. Januar
  18. 2010, soweit es ihn betrifft,
  19. a)
  20. aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in vier Fällen verurteilt worden ist; insoweit wird das Verfahren eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten
  21. des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des
  22. Angeklagten der Staatskasse zur Last;
  23. b)
  24. im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung, der sexuellen Nötigung, der gefährlichen Körperverletzung und der Körperverletzung
  25. schuldig ist, und
  26. c)
  27. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben im
  28. Strafausspruch hinsichtlich der Einzelstrafe für die
  29. Tat II. 1. b) und der Gesamtstrafe sowie im Maßregelausspruch; die Maßregel entfällt.
  30. 2.
  31. Auf die Revision der Angeklagten Y.
  32. wird das Urteil
  33. des Landgerichts Mönchengladbach vom 26. Januar
  34. 2010, soweit es sie betrifft,
  35. -3-
  36. a)
  37. im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte im Fall II. 1. b) der Urteilsgründe der sexuellen Nötigung schuldig ist,
  38. b)
  39. im Ausspruch über die Einzelstrafe für die Tat
  40. II. 1. b) der Urteilsgründe und im Gesamtstrafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
  41. 3.
  42. Im Umfang der Aufhebung der Strafaussprüche wird die
  43. Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
  44. über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine
  45. andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  46. 4.
  47. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
  48. Gründe:
  49. Das Landgericht hat den Angeklagten B.
  50. 1
  51. wegen Vergewaltigung in
  52. zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung, wegen gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung und vorsätzlicher Trunkenheit im
  53. Verkehr in vier Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einem Strafbefehl zu
  54. der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten und die Angeklagte Y.
  55. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit
  56. mit Körperverletzung, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es
  57. hat angeordnet, dass von den verhängten Gesamtfreiheitsstrafen bei dem Angeklagten B.
  58. sechs Monate und bei der Angeklagten Y.
  59. vier Monate als
  60. vollstreckt gelten, und des Weiteren die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem
  61. Angeklagten B.
  62. vor Ablauf von vier Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen.
  63. -4-
  64. Hiergegen richten sich die jeweils mit der Sachrüge begründeten Revisionen
  65. der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349
  66. Abs. 2 StPO.
  67. 1. Soweit der Angeklagte B.
  68. 2
  69. wegen vorsätzlicher Trunkenheit im
  70. Verkehr in vier Fällen verurteilt worden ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.
  71. 3
  72. Die abgeurteilten Trunkenheitsfahrten beging der Angeklagte im Mai,
  73. September und Oktober 2005 sowie im Februar 2006. Der Lauf der dreijährigen
  74. Frist des § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB für die Verfolgungsverjährung wurde jeweils
  75. durch die Anklageerhebungen zum Amtsgericht am 14. November 2005,
  76. 27. März und 7. April 2006 sowie für die Tat vom Mai 2005 darüber hinaus
  77. durch den Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts vom 21. März 2006 unterbrochen. Weitere Unterbrechungshandlungen erfolgten in den jeweils dem Landgericht zur Übernahme vorgelegten Verfahren nicht, so dass die Verjährungsfrist
  78. des § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB bezüglich sämtlicher Taten zum Zeitpunkt der Verbindung der Verfahren mit dem beim Landgericht anhängigen Verfahren am 17.
  79. September 2009 bereits abgelaufen war. Prozesshandlungen, welche - wie die
  80. Beauftragung eines Sachverständigen zur Klärung der Verhandlungsfähigkeit
  81. des Angeklagten B.
  82. am 9. Januar 2007 - vor der Verbindung in dem beim
  83. Landgericht anhängigen Strafverfahren vorgenommen wurden, konnten hinsichtlich der Taten der Trunkenheit im Verkehr keine verjährungsunterbrechende Wirkung entfalten, weil sie in einem anderen getrennt geführten Verfahren
  84. erfolgten (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 1992 - 3 StR 110/92, StV
  85. -5-
  86. 1993, 71; Schmid in LK 12. Aufl. § 78 c Rdn. 2) und zudem andere prozessuale
  87. Taten betrafen (vgl. Schmid aaO Rdn. 15 m.w.N.).
  88. 4
  89. Die Teileinstellung des Verfahrens hat die Aufhebung des Maßregelausspruchs zur Folge und führt, da die Anordnung einer Sperre für die Erteilung der
  90. Fahrerlaubnis nach § 69 a StGB wegen der von der Einstellung nicht berührten
  91. Taten des Angeklagten aus Rechtsgründen nicht in Betracht kommt, zum Entfallen der Maßregel.
  92. 5
  93. 2. Der Schuldspruch gegen die Angeklagten wegen Vergewaltigung im
  94. Fall II. 1. b) der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben.
  95. 6
  96. Nach den Urteilsfeststellungen zwangen die Angeklagten das Tatopfer
  97. mit Schlägen dazu, an einem Dritten den Oralverkehr auszuführen. Zur Verwirklichung des Regelbeispiels des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB ist aber erforderlich, dass der Täter die als Vergewaltigung zu qualifizierende sexuelle Handlung entweder selbst am Opfer vornimmt oder vom Opfer an sich vornehmen
  98. lässt (BGH, Urteil vom 22. April 1999 - 4 StR 3/99, NStZ 1999, 452; vgl. Fischer
  99. StGB 57. Aufl. § 177 Rdn. 72). Dass die Angeklagten die gewaltsame Nötigung
  100. zum Oralverkehr gemeinschaftlich begingen und damit das Regelbeispiel des
  101. § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB erfüllten, vermag einen Schuldspruch wegen
  102. Vergewaltigung nicht zu tragen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2009
  103. - 4 StR 531/08, NStZ-RR 2009, 278).
  104. 7
  105. Die Angeklagten haben sich im Fall II. 1. b) der Urteilsgründe damit jeweils der sexuellen Nötigung schuldig gemacht. Die Schuldspruchänderung
  106. kann der Senat selbst vornehmen; § 265 StPO steht nicht entgegen.
  107. -6-
  108. 8
  109. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der für die Tat
  110. II. 1. b) der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und - neben der Teileinstellung des Verfahrens gegen den Angeklagten B.
  111. - zur Aufhebung der Ge-
  112. samtstrafenaussprüche. Die Strafkammer, die auch bei der Bemessung der
  113. Einzelstrafen für die zutreffend als Vergewaltigung gewertete Tat II. 1. a) der
  114. Urteilsgründe die Erfüllung beider Regelbeispiele des § 177 Abs. 2 Satz 2 StGB
  115. zu Lasten der Angeklagten herangezogen hat, hat bei der Bestimmung der gegen den Angeklagten B.
  116. zu verhängenden Einzelstrafe für die Tat II. 1. b)
  117. der Urteilsgründe ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt, dass beide Regelbeispiele nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 StGB verwirklicht seien. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass sich die fehlerhafte Annahme des Regelbeispiels des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB im Rahmen der Strafzumessung zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt hat. Das gilt angesichts der in
  118. gleicher Höhe festgesetzten Einzelstrafe auch für die Angeklagte Y.
  119. , obgleich
  120. der unzutreffend als verwirklicht angesehene Regelfall des § 177 Abs. 2 Satz 2
  121. Nr. 1 StGB in den sie betreffenden Urteilsausführungen zur Bemessung der
  122. Einzelstrafe nicht ausdrücklich angeführt wird.
  123. Ernemann
  124. Solin-Stojanović
  125. Mutzbauer
  126. Roggenbuck
  127. Bender