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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 224/11
  4. vom
  5. 15. Juni 2011
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen falscher uneidlicher Aussage u.a.
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 15. Juni 2011 gemäß § 349 Abs. 4
  11. StPO einstimmig beschlossen:
  12. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stendal vom 28. Januar 2011 im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
  13. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
  14. auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
  15. Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  16. Gründe:
  17. 1
  18. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften, wegen fremdnützigen Verschaffens des Besitzes an kinderpornografischen Schriften sowie wegen falscher uneidlicher Aussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat ferner
  19. bestimmt, dass von dieser Strafe drei Monate als vollstreckt gelten. Die dagegen gerichtete, wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision
  20. des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat Erfolg.
  21. 2
  22. 1. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II. 3 der Urteilsgründe wegen fremdnützigen Verschaffens des Besitzes von kinderpornografischen
  23. Schriften verurteilt hat, kann der Strafausspruch schon deshalb nicht bestehen
  24. bleiben, weil sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob durch die Einlassung des Angeklagten zu diesem Tatvorwurf bereits im Ermittlungsverfahren
  25. -3-
  26. ein wesentlicher Aufklärungserfolg eingetreten ist, der eine Strafmilderung gemäß § 46b Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB ermöglicht hätte.
  27. 3
  28. a) Das Landgericht hat insoweit ausgeführt, der Angeklagte habe sich
  29. bereits im Ermittlungsverfahren im Wesentlichen geständig eingelassen; sein
  30. kooperatives Verhalten habe maßgeblichen Anteil an der Sicherstellung weiterer kinderpornografischer Schriften im Landeskrankenhaus Uchtspringe und an
  31. der Ermittlung bislang unbekannter Täter gehabt. Die Strafkammer hat diese
  32. Aufklärungshilfe zwar bei der Strafrahmenwahl als auch im Rahmen der konkreten Strafzumessung berücksichtigt, eine Strafrahmenverschiebung nach
  33. §§ 46b Abs. 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB jedoch unerörtert gelassen. Anlass zu einer solchen Erörterung besteht auch dann, wenn der Täter Taten offenbart, an
  34. denen er selbst nicht beteiligt war (Fischer, StGB 58. Aufl., § 46b Rn. 13a).
  35. 4
  36. b) Dieser Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung der insoweit verhängten
  37. Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Der Senat kann nicht sicher
  38. ausschließen, dass das Landgericht eine geringere Einzelstrafe verhängt hätte,
  39. wenn es die Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit des § 46b Abs. 1 Nr. 1
  40. StGB festgestellt und von der Milderungsmöglichkeit des § 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht hätte.
  41. 5
  42. 2. Soweit der Angeklagte im Fall II. 4 der Urteilsgründe wegen falscher
  43. uneidlicher Aussage verurteilt worden ist, begegnet der Strafausspruch ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
  44. 6
  45. a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte nach Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht sowie über die
  46. Wahrheitspflicht als Zeuge in der Hauptverhandlung gegen den gesondert verfolgten Hartmut K.
  47. am 30. April 2009 vor dem Landgericht Stendal
  48. ausgesagt, von diesem eine DVD mit kinderpornografischem Inhalt erhalten zu
  49. -4-
  50. haben, um diese gegen ein Entgelt von 20 Euro über den Zeugen Tobias O.
  51. an den Zeugen Peter W.
  52. weiterzuleiten, der sich ebenfalls im Maßregel-
  53. vollzug des Landeskrankenhauses Uchtspringe befand. Tatsächlich hatte der
  54. Angeklagte die auf der DVD befindlichen Dateien nicht erst im November 2008,
  55. sondern bereits im Juni/Juli 2008 von dem gesondert verfolgten Hartmut
  56. K.
  57. auf einer SD-Karte zur Weiterleitung an den Zeugen W.
  58. erhal-
  59. ten, der dem Angeklagten jedoch mitgeteilt hatte, diese Karte sei für ihn nicht
  60. lesbar. Daraufhin hatte der Angeklagte die auf der Karte befindlichen Daten auf
  61. seinen DVD-Festplattenrecorder kopiert, eine DVD gebrannt und sodann diese
  62. an W.
  63. 7
  64. weitergeleitet.
  65. b) Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen bestand Anlass zur Prü-
  66. fung eines Aussagenotstandes i.S.d. § 157 Abs. 1 Satz 1 StGB und einer eventuellen Strafmilderung gemäß § 49 Abs. 2 StGB.
  67. 8
  68. Ungeachtet der konkurrenzrechtlichen Beurteilung des strafbaren Verhaltens des Angeklagten hätte sich dieser bei wahrheitsgemäßer Aussage jedenfalls einer Straftat mit einem höheren Unrechtsgehalt bezichtigt, nämlich
  69. neben der Verschaffung von Fremdbesitz zusätzlich der eigenhändigen Herstellung eines Datenträgers mit kinderpornografischem Inhalt durch Anfertigung
  70. einer Kopie (vgl. dazu MünchKommStGB/Hörnle § 184b Rn. 16). Ferner hätte
  71. der Angeklagte die Einziehung seines DVD-Festplattenrecorders befürchten
  72. müssen (§ 74 Abs. 1 StGB). Ein Aussagenotstand im Sinne von § 157 Abs. 1
  73. StGB ist auch dann zu prüfen, wenn die Beweisperson, wie im vorliegenden
  74. Fall der Angeklagte, ein Aussage- bzw. Auskunftsverweigerungsrecht hatte
  75. (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 1993 - 4 StR 702/93, StV 1995, 250).
  76. -5-
  77. 9
  78. 3. Der Senat hebt zugleich die im Fall II. 2 verhängte Einzelstrafe von
  79. sechs Monaten auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, die Strafe
  80. insgesamt neu zuzumessen.
  81. Mutzbauer
  82. Roggenbuck
  83. Franke
  84. Cierniak
  85. Quentin