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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 125/06
  4. vom
  5. 25. April 2006
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen schwerer räuberischer Erpressung
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. April 2006 gemäß
  11. § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
  12. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 1. Dezember 2005 im Strafausspruch aufgehoben.
  13. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  14. Gründe:
  15. 1
  16. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt.
  17. Es hat das Vorliegen eines minder schweren Falles verneint und die Strafe der
  18. Vorschrift des § 250 Abs. 1 StGB entnommen. Gegen dieses Urteil wendet sich
  19. der Angeklagte mit seiner auf den Strafausspruch beschränkten Revision, mit
  20. der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
  21. I.
  22. 2
  23. Nach den Feststellungen wollte der Angeklagte seine finanzielle Situation
  24. durch die Begehung eines Banküberfalls verbessern. Er wartete zunächst, bis
  25. verschiedene Kunden die ihm für einen Überfall günstig erscheinende Bankfiliale verlassen hatten. Sodann betrat er, abgesehen von einer Schirmmütze un-
  26. -3-
  27. maskiert, die Bank und bedrohte die Kassiererin mit einer ungeladenen Pistole
  28. des Fabrikats Crvena Zastava - Kal. 9 mm -, wobei er die Waffe in Bauchhöhe
  29. der Frau hielt. Unter dem Eindruck der Bedrohung händigte ihm die Kassiererin,
  30. die befürchtete, durch einen Bauchschuss würde ihr eine äußerst qualvolle und
  31. wahrscheinlich letztendlich tödliche Verletzung zugefügt werden, insgesamt
  32. 9.750 Euro aus. Anhand der von der Überwachungskamera gefertigten Lichtbilder konnte der Angeklagte alsbald identifiziert und etwa einen Monat nach der
  33. Tat festgenommen werden.
  34. II.
  35. 3
  36. Der Strafausspruch hat keinen Bestand, weil dessen Begründung
  37. Rechtsfehler aufweist, die sich nicht ausschließbar auf die Höhe der erkannten
  38. Strafe ausgewirkt haben können.
  39. 4
  40. 1. Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Landgericht "die erhebliche kriminelle Energie", die bei der Vorbereitung der Tat zum Ausdruck gekommen sei, strafschärfend berücksichtigt hat. Eine solche ist - worauf auch der
  41. Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift hingewiesen hat - durch die Feststellungen nicht belegt.
  42. 5
  43. 2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet auch die Erwägung
  44. der Strafkammer, der Angeklagte habe sich ein früheres Strafverfahren, das
  45. erst etwa ein halbes Jahr vor der Tat nach mehrjähriger Dauer mit einem Freispruch beendet worden war, nicht zur Warnung dienen lassen. In jenem Verfahren war der Angeklagte vom Vorwurf der versuchten Vergewaltigung einer
  46. Prostituierten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen worden, nachdem eine
  47. -4-
  48. zunächst erfolgte Verurteilung auf seine Sprungrevision aufgehoben worden
  49. war.
  50. 6
  51. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein
  52. früheres Strafverfahren eine bei der Strafzumessung berücksichtigungstaugliche Warnfunktion auch dann entfalten, wenn es mit einer Einstellung nach
  53. § 170 Abs. 2, §§ 153 ff. oder § 260 Abs. 3 StPO oder - wie hier - gar mit einem
  54. Freispruch geendet hat (vgl. BGHSt 25, 64 m.w.N.; BGH MDR 1954, 151; MDR
  55. 1979, 635 m.w.N.; StV 1991, 64; NStZ-RR 2005, 72; vgl. auch Gribbohm in LK
  56. 11. Aufl. § 46 Rdn. 158, 165, 166; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 46 Rdn. 41;
  57. Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. Rdn. 367). Dies wird damit begründet, dass auch ein Verfahren, welches nicht mit einer Bestrafung endet,
  58. dem Täter die Folgen strafbaren Verhaltens vor Augen führe. Sein Handlungsunrecht wiege deswegen schwerer, wenn er trotz dieser Warnung eine Straftat
  59. begeht (vgl. BGHSt 25, 64 m.w.N.; ablehnend OLG Köln NJW 1960, 449; kritisch Franke in MK-StGB § 46 Rdn. 43).
  60. 7
  61. Dies erscheint im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2
  62. MRK bedenklich. Hinzu kommt, dass das Verfahren im vorliegenden Fall einen
  63. völlig anders gearteten Schuldvorwurf betraf.
  64. 8
  65. 3. Entgegen der Ansicht der Revision und des Generalbundesanwalts
  66. liegt dagegen ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3
  67. StGB nicht vor. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die
  68. Tatsache der Verwendung einer echten, wenn auch ungeladenen Schusswaffe,
  69. die im Urteil als schwere und große Pistole beschrieben wird, die schon optisch
  70. auf Grund ihrer Maße einen besonders bedrohlichen Eindruck macht, und die
  71. dadurch verursachten Folgen für das Opfer strafschärfend berücksichtigt hat
  72. -5-
  73. (vgl. BGHSt 44, 103, 106; BGH NJW 1998, 3130, 3131). Für die Tatbestandsvariante des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB reicht es aus, dass der Täter ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch
  74. Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden. Der Angeklagte hat das Tatmittel nicht nur bei sich geführt, sondern auch zur Drohung
  75. verwendet; zudem handelte es sich um ein Tatmittel, von dem auf Grund seiner
  76. Beschaffenheit ein besonderes Drohpotential ausging.
  77. III.
  78. 9
  79. Die zu II. 1 und 2 aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des
  80. Strafausspruchs. Zwar liegt die Annahme eines minder schweren Falles nach
  81. § 250 Abs. 3 StGB angesichts der Straferschwerungsgründe und des gesamten
  82. Tatbildes eher fern; der Senat vermag aber nicht sicher auszuschließen, dass
  83. sich die fehlerhaften Erwägungen auf die Höhe der erkannten Strafe ausgewirkt
  84. haben.
  85. Tepperwien
  86. Maatz
  87. Solin-Stojanović
  88. Kuckein
  89. Sost-Scheible