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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 3 StR 87/04
  4. vom
  5. 1. April 2004
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Vergewaltigung u. a.
  9. -2-
  10. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 1. April 2004 gemäß § 349 Abs. 4
  11. StPO einstimmig beschlossen:
  12. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 8. Dezember 2003 mit den Feststellungen
  13. aufgehoben.
  14. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
  15. über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
  16. des Landgerichts zurückverwiesen.
  17. Gründe:
  18. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Vergewaltigung in Tateinheit mit Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter 14 Jahren sowie wegen versuchter Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter
  19. 14 Jahren und wegen Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter
  20. 14 Jahren in 3 Fällen unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts BerlinTiergarten vom 26.01.2001" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren
  21. und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Außerdem beanstandet er das Verfahren.
  22. Das Rechtsmittel hat mit der Rüge der Verletzung von § 52 Abs. 3 StPO
  23. Erfolg.
  24. -3-
  25. Der Beschwerdeführer beanstandet zu Recht, daß das Landgericht die
  26. drei Tatopfer vernommen hat, ohne sie gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 StPO über
  27. ihr Zeugnisverweigerungsrecht zu belehren. Als Töchter der damaligen Ehefrau des Angeklagten sind sie mit dem Angeklagten entgegen der Auffassung
  28. der Strafkammer ("nicht verwandt und nicht verschwägert") - auch nach Beendigung der Ehe - in gerader Linie verschwägert (§ 1590 BGB) und daher nach
  29. § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt.
  30. Auf dem Rechtsfehler kann das angefochtene Urteil beruhen:
  31. Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten vornehmlich auf die Angaben der Stieftöchter gestützt. Ein Beruhen
  32. des Urteils auf dem Unterbleiben der gebotenen Belehrung kann - entgegen
  33. der Auffassung des Generalbundesanwalts - auch nicht mit der Überlegung
  34. ausgeschlossen werden, die Zeuginnen hätten auch nach ordnungsgemäßer
  35. Belehrung über ihr Zeugnisverweigerungsrecht ausgesagt (vgl. BGHR StPO §
  36. 52 Abs. 3 Satz 1 Verletzung 3). Insbesondere sind Anhaltspunkte dafür, daß
  37. den Zeuginnen ihr Zeugnisverweigerungsrecht in der Hauptverhandlung vor
  38. dem Landgericht trotz fehlender Belehrung ohnehin bekannt gewesen ist, nicht
  39. ersichtlich. Eine ermittlungsrichterliche Vernehmung der Zeuginnen nach ordnungsgemäßer Belehrung, aus der sich eine solche Kenntnis ergeben könnte,
  40. war nicht vorausgegangen. Der Umstand, daß die Zeuginnen bei der Polizei
  41. nach ordnungsgemäßer Belehrung ausgesagt haben, läßt weder den Schluß
  42. zu, daß ihnen ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses auch in der Hauptverhandlung bekannt war, noch rechtfertigt er die Annahme, daß sie nach einer
  43. Belehrung erneut zur Aussage bereit gewesen wären.
  44. -4-
  45. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung. In ihr wird der Tatrichter
  46. auch Gelegenheit haben, die vor dem Hintergrund der familiären Situation des
  47. Angeklagten für die Beweiswürdigung möglicherweise nicht unerheblichen näheren Umstände der Aufdeckung der Taten sowie die Entstehungsgeschichte
  48. der Aussagen festzustellen und im Urteil mitzuteilen. Das aufgehobene Urteil
  49. gibt im übrigen Anlaß zu dem Hinweis, daß die Urteilsformel gemäß § 260
  50. Abs. 3 StPO die rechtliche Bezeichnung der Tat anzugeben hat und daß bei
  51. der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StPO keine früheren
  52. Urteile, sondern "Strafen" einbezogen werden.
  53. Tolksdorf
  54. Die Richter am Bundesgerichtshof
  55. Pfister
  56. Dr. Miebach und Becker sind infolge
  57. Urlaubs an der Unterzeichnung gehindert.
  58. Tolksdorf
  59. Winkler