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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 3 StR 517/18
  4. vom
  5. 11. Dezember 2018
  6. in dem Sicherungsverfahren
  7. gegen
  8. ECLI:DE:BGH:2018:111218B3STR517.18.0
  9. -2-
  10. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Dezember 2018
  11. gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
  12. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 22. Juni 2018 mit den Feststellungen
  13. aufgehoben.
  14. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
  15. auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
  16. Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  17. Gründe:
  18. 1
  19. Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen
  20. wendet sich der Beschuldigte mit seiner Revision, die er auf die nicht näher
  21. ausgeführte Rüge der Verletzung formellen Rechts stützt und mit der er die Verletzung materiellen Rechts beanstandet. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge
  22. Erfolg.
  23. 2
  24. I. Nach den Urteilsfeststellungen leidet der Beschuldigte seit Jahren an
  25. einer psychotischen Störung aus dem Formenkreis der Schizophrenie (ICD-10:
  26. F20.0); zudem ist er von Cannabinoiden und Amphetaminen abhängig. Deswegen war er unfähig, das Unrecht seiner Taten einzusehen. Im Zustand der
  27. Schuldunfähigkeit beging der Beschuldigte im Zeitraum von Dezember 2016 bis
  28. 12. Februar 2017 mehrere strafbare Handlungen; vor allem brach er in eine
  29. -3-
  30. Wohnung seines Vermieters R.
  31. und in eine Berufsschule sowie zweimal
  32. in Wohnwagen ein und entwendete Gegenstände. Der Beschuldigte fühlte sich
  33. von R.
  34. wegen der Miethöhe übervorteilt. Er beleidigte R.
  35. und Po-
  36. lizeibeamte. In einem Fall zündete der Beschuldigte in der Wohnung seines
  37. Vermieters mit einem Feuerzeug eine Gardine, eine Fahne sowie Heu im Kaninchenstall aus Wut an, um das Wohngebäude niederzubrennen, das er für
  38. heruntergekommen und nicht mehr sanierungsfähig hielt. Dabei wusste er,
  39. "dass das eine schlimme Straftat sei".
  40. 3
  41. II. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat zwar eingangs der Sachverhaltsfeststellungen vor den Einzeltaten
  42. ausgeführt, dass der Beschuldigte aufgrund seiner psychotischen Störung
  43. schuldunfähig (§ 20 StGB) war und infolge dieser krankhaften seelischen Störung die Anlasstaten beging. Indes hat es dies bei den Einzelfällen weder zum
  44. Eingangsmerkmal des § 20 StGB noch zum symptomatischen Zusammenhang
  45. mit Tatsachen belegt:
  46. 4
  47. Bereits die eigene Einschätzung der gewichtigsten Tat, der versuchten
  48. schweren Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 1, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB), durch
  49. den Beschuldigten als "schlimme Straftat" lässt sich nicht mit der vom Landgericht angenommenen Unrechtseinsicht vereinbaren. Wenn es dem Beschuldigten tatsächlich an der Fähigkeit, das Unrecht der versuchten Brandstiftung einzusehen, gefehlt hätte, wäre eine solche Erkenntnis jedenfalls nicht ohne weitere Begründung erklärlich.
  50. 5
  51. Im Übrigen hat das Landgericht Beweggründe wie insbesondere Wut
  52. über das Erhöhen der Miete festgestellt, die nicht auf wahnhaftes Erleben und
  53. -4-
  54. ein dadurch motiviertes Handeln schließen lassen. Der Generalbundesanwalt
  55. hat hierzu zutreffend ausgeführt:
  56. "1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß
  57. § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht,
  58. dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung der in
  59. § 20 StGB
  60. genannten
  61. Eingangsmerkmale
  62. schuldunfähig
  63. (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und die
  64. Tatbegehung hierauf beruht. Der erforderliche symptomatische Zusammenhang besteht, wenn der festgestellte, für die Schuldfähigkeit bedeutsame Zustand des Täters für die Anlasstat kausal geworden ist, wobei Mitursächlichkeit genügt (BGH NStZ-RR 2017,
  65. 272, 273; BGH, Beschluss vom 30. August 2018 - 4 StR 296/18 -,
  66. juris Rn. 5). In den Urteilsgründen ist dazulegen, wie sich die festgestellte psychische Störung in der jeweiligen Tatsituation auf die
  67. Einsicht- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum
  68. die Anlasstaten auf den entsprechenden Zustand zurückzuführen
  69. sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 30. August 2018
  70. - 4 StR 296/18 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 30. Mai 2018
  71. - 1 StR 36/18 -, juris Rn. 20, jeweils mwN).
  72. 2. Diesen Darlegungsanforderungen wird das Urteil des Landgerichts
  73. nicht gerecht.
  74. a) Die (Einbruchs-)Diebstahls- und Beleidigungstaten sind im
  75. Grundsatz Delikte der allgemeinen Kriminalität, bei denen auch
  76. im Falle einer Psychose die Annahme einer aufgehobenen oder
  77. erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht unbedingt auf der
  78. Hand liegt. Wie vorliegend etwa das Entwenden von Batterien,
  79. DVDs, eines Fernglases, einer Kabeltrommel oder des Buches
  80. 'Kamasutra' mit einem (nicht näher ausgeführten) Wahnerleben
  81. in Verbindung stehen soll, erschließt sich nicht ohne nähere Erörterung. Dies gilt bzgl. Fallakte 2b Fall 6 (UA S. 8) selbst im
  82. Hinblick darauf, dass der Beschuldigte befürchtet haben soll zu
  83. 'explodieren', falls er zu Hause festgenommen werde. Auch insoweit fehlt es an Ausführungen dazu, weshalb der Beschuldigte
  84. nicht erkannt haben soll, dass das Einsteigen in einen fremden
  85. Wohnwagen Unrecht ist.
  86. -5-
  87. Gleiches gilt für den Diebstahl aus seiner Berufsschule (Fallakte 1, Fall 4 [UA S. 11]). Selbst die nicht näher belegte Feststellung, der Beschuldigte habe die wahnhafte Idee gehabt, Missstände zu offenbaren, würde nicht erklären, weshalb es dem
  88. Beschuldigten erlaubt sein sollte, Bargeld, Getränke und Essen
  89. zu stehlen.
  90. b) Im Zusammenhang mit dem (versuchten) Inbrandsetzen der
  91. Wohnung seines Vermieters ist ein kausaler Zusammenhang mit
  92. der psychischen Erkrankung des Beschuldigten ebenfalls nicht
  93. belegt. Selbst wenn der Beschuldigte Wahnvorstellungen auch
  94. im Hinblick auf seinen Vermieter (Spionage und Nachstellen von
  95. Fotographien [UA S. 17]) entwickelt haben sollte, läge ein entsprechender Zusammenhang nicht auf der Hand. Die Strafkammer hat zur Motivation des Beschuldigten festgestellt, er sei zum
  96. einen wütend auf seinen Vermieter und zum anderen der Auffassung gewesen, das Haus sei heruntergekommen und nicht zu
  97. sanieren (UA S. 9, 12). Dass diese Motivation indessen krankheitsbedingt sein soll, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, zumal die Kammer die Angaben des Beschuldigten
  98. zum Grund für seine Wut, sein Vermieter habe absprachewidrig
  99. statt 250 Euro plötzlich 350 Euro Miete verlangt (UA S. 12), weder für widerlegt erachtet noch überhaupt erkennbar geprüft hat.
  100. Vielmehr wurden die Angaben des Beschuldigten zu seiner Motivation für nachvollziehbar und glaubhaft befunden (UA S. 12)."
  101. -6-
  102. 6
  103. III. Die Frage der Unterbringung bedarf deshalb der erneuten Prüfung
  104. und Entscheidung.
  105. Schäfer
  106. RiBGH Gericke
  107. befindet sich im
  108. Urlaub und ist
  109. deshalb gehindert
  110. zu unterschreiben.
  111. Schäfer
  112. Hoch
  113. RiBGH Dr. Tiemann
  114. ist erkrankt und deshalb gehindert zu
  115. unterschreiben.
  116. Schäfer
  117. Leplow