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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 3 StR 401/08
  4. vom
  5. 21. Oktober 2008
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen versuchten Mordes u. a.
  9. -2-
  10. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. Oktober 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
  11. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 9. Juni 2008 mit den Feststellungen
  12. aufgehoben.
  13. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
  14. auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
  15. Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  16. Gründe:
  17. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in
  18. 1
  19. Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von
  20. acht Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge
  21. Erfolg.
  22. 2
  23. 1. Die Ablehnung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch
  24. des Mordes hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Annahme des
  25. Landgerichts, es liege ein beendeter Versuch des Tötungsdelikts vor, beruht auf einer unzureichenden Würdigung der festgestellten Tatsachen.
  26. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom
  27. 25. September 2008 ausgeführt:
  28. "Ohne ausdrückliche Erörterung ist das Landgericht zu der
  29. Auffassung gelangt, dass der Angeklagte, als er von dem
  30. Geschädigten abließ, davon ausging, alles Erforderliche getan zu haben, um den Tötungserfolg herbeizuführen, dass
  31. -3-
  32. mithin ein beendeter Versuch vorlag, von dem der Angeklagte nicht durch bloßes Aufgeben der Tat strafbefreiend
  33. zurücktreten konnte. Denn die Kammer lehnt einen Rücktritt
  34. unter Bezugnahme auf die für beendete Versuche geltende
  35. Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB mit der Begründung
  36. ab, dass es bereits an einem ernsthaften und von Rettungswillen getragenen Bemühen des Angeklagten fehle,
  37. den Tod des erkennbar schwer verletzten Opfers zu verhindern.
  38. Diese Annahme der Kammer vom Vorliegen eines beendeten Versuchs begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der BGH hat zwar wiederholt ausgeführt, dass in Fällen, in denen bereits eine konkrete Gefährdung des Opfers
  39. eingetreten ist, grundsätzlich ein beendeter Versuch vorliegt, da es bei gefährlichen Gewalthandlungen und vom
  40. Täter wahrgenommenen schweren Verletzungen auf der
  41. Hand liegt, dass er die lebensgefährliche Wirkung und die
  42. Möglichkeit des Erfolgseintritts kennt (BGH NStZ 1997, 593;
  43. BGHSt 39, 221, 231). Das gilt aber nicht für Fälle, in denen
  44. mehrere Handlungsabschnitte vorliegen und die Wahrnehmung des Täters nur für den ersten Handlungsabschnitt
  45. festgestellt ist (BGH NStZ a.a.O.). Denn für die Beurteilung,
  46. ob bei gefährlichen Gewalthandlungen und schweren Verletzungen gegebenenfalls auch ein strafbefreiender Rücktritt vom - unbeendeten - Versuch in Betracht kommt,
  47. kommt es grundsätzlich - worauf die Revision zutreffend
  48. hinweist - auf die Vorstellung des Täters nach der letzten
  49. Ausführungshandlung an (BGH NStZ a.a.O; BGHR StGB
  50. § 24 I 1 Versuch, unbeendeter 32). Dazu aber hat die
  51. Kammer keine Feststellungen getroffen. In den Urteilsgründen wird lediglich mitgeteilt, dass der Angeklagte während
  52. der von hinten mit dem Hammer gegen den Kopf des Opfers geführten Schläge dessen Tod billigend in Kauf nahm.
  53. Die Frage, ob der Angeklagte aber auch nach den weiteren
  54. Hammerschlägen auf das sodann am Boden liegende Opfer noch immer die Vorstellung hatte, dieses sei lebensgefährlich verletzt, wird von der Kammer nicht erörtert, obwohl
  55. die getroffenen Feststellungen dazu drängten, denn zu diesem Zeitpunkt war der am Boden liegende Geschädigte
  56. noch - vom Angeklagten wahrgenommen - zu körperlichen
  57. Reaktionen fähig, da er die Schläge abzuwehren versuchte
  58. -4-
  59. und in der Lage war, laut um Hilfe zu schreien. Dies sind
  60. Umstände, die geeignet sein können, die ursprüngliche
  61. Vorstellung des Angeklagten zu erschüttern, mit den von
  62. hinten geführten Schlägen auf den Kopf des Opfers bereits
  63. alles zur Erreichung des gewollten Erfolges getan zu haben
  64. (vgl. BGH 3 StR 220/08, Beschl. vom 8. Juli 2008). Die
  65. Feststellungen lassen es vielmehr als möglich erscheinen,
  66. dass der Angeklagte infolge des von ihm beobachteten
  67. Verhaltens des Geschädigten nicht mehr davon ausging,
  68. diesen tödlich verletzt zu haben. Dafür sprechen auch die
  69. weiteren Schläge auf das am Boden liegende Opfer, da
  70. diese, hätte der Angeklagte bereits endgültig geglaubt, mit
  71. den von hinten gegen den Kopf geführten Hammerschlägen
  72. alles für den Todeseintritt Erforderliche getan zu haben,
  73. nicht mehr erforderlich gewesen wären. Zudem hätte die
  74. Kammer sich damit auseinandersetzen müssen, ob nicht
  75. die Aufgabe des Plans, im Hotel nach Geld zu suchen, gegen eine Vorstellung des Angeklagten, alles für den Todeseintritt des Geschädigten getan zu haben, spricht."
  76. 3
  77. 2. Der neue Tatrichter wird auch die Voraussetzungen einer Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Überfalls (§ 224 Abs. 1 Nr. 3
  78. StGB) näher darlegen müssen. Die bisher getroffenen Feststellungen und
  79. -5-
  80. die Begründung: "indem er auf sein ahnungsloses Opfer von hinten mit
  81. einem Hammer eingeschlagen hat" tragen die Annahme dieses Qualifikationsmerkmals nicht. Ein plötzlicher Angriff von hinten und das bloße Ausnutzen des Überraschungsmoments reichen nach ständiger Rechtsprechung allein nicht aus, vielmehr ist der Überfall nur dann hinterlistig, wenn
  82. sich die Absicht des Täters, die Verteidigungsmöglichkeit zu erschweren,
  83. äußerlich manifestiert, wenn der Täter also planmäßig seine Verletzungsabsicht verbirgt (vgl. BGH NStZ 2005, 40; Fischer, StGB 55. Auf. § 224
  84. Rdn. 10 m. w. N.).
  85. Becker
  86. Miebach
  87. Hubert
  88. Pfister
  89. Schäfer