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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 3 StR 313/05
  4. vom
  5. 15. September 2005
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen schweren Raubes u. a.
  9. -2-
  10. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. a und 2. auf dessen Antrag - am
  11. 15. September 2005 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
  12. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 11. April 2005
  13. a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Worte "und wegen Diebstahls in zwei Fällen" entfallen;
  14. b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in
  15. einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
  16. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  17. Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  18. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  19. Gründe:
  20. Das Landgericht hat den Angeklagten im ersten Urteilskomplex wegen
  21. eines Falles des schweren Raubes verurteilt, jedoch den Urteilstenor dahin
  22. gefasst, dass dieser wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher
  23. Körperverletzung "und wegen Diebstahls in zwei Fällen" unter Einbeziehung
  24. der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Kiel vom 22. April 2003 und unter
  25. Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheits-
  26. -3-
  27. strafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt wird. Im zweiten Urteilskomplex hat es gegen ihn wegen Körperverletzung in drei Fällen eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt. Hiergegen richtet sich die auf
  28. die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem
  29. aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  30. 1. Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und zum Strafausspruch
  31. keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat hat
  32. den Schuldspruch lediglich dahin neu gefasst, dass die Worte "und wegen
  33. Diebstahls in zwei Fällen" entfallen. Denn bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB werden nur die Strafen, nicht das frühere Urteil einbezogen; im früheren Urteil abgeurteilte Straftaten erscheinen im neuen Urteilstenor nicht.
  34. 2. Das angefochtene Urteil weist jedoch insofern einen sachlichrechtlichen Mangel auf, als das Landgericht die Prüfung einer Unterbringung
  35. des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterlassen hat, obwohl sich dies aufdrängte.
  36. Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumierte der Angeklagte
  37. bereits im Alter von zwölf Jahren Alkohol, später auch Haschisch, Heroin, Kokain und Tabletten. Die beiden dem Urteil des Amtsgerichts Kiel vom 22. April
  38. 2003 zugrunde liegenden Diebstähle beging der Angeklagte, um seine Drogensucht zu finanzieren. Zur verfahrensgegenständlichen Raubtat entschloss
  39. er sich, um sich von der Beute Drogen oder Alkohol kaufen zu können. Zum
  40. Tatzeitpunkt litt er unter leichten Entzugserscheinungen.
  41. -4-
  42. Bei dieser Sachlage hätte das Landgericht prüfen und entscheiden müssen, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer
  43. Entziehungsanstalt gegeben sind. Nach § 64 Abs. 1 StGB muss diese Maßregel angeordnet werden, wenn der Täter den Hang hat, berauschende Mittel im
  44. Übermaß zu sich zu nehmen, er wegen einer auf seinen Hang zurückgehenden
  45. rechtswidrigen Tat verurteilt wird und die Gefahr besteht, dass er in Zukunft
  46. infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen darf die Anordnung nur unterbleiben, wenn keine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht (vgl.
  47. BVerfGE 91, 1 ff.). Zu all dem verhält sich das angefochtene Urteil nicht. Erwägungen zu § 64 StGB waren auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Strafkammer von uneingeschränkter Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen
  48. ist. Für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt kommt es nicht darauf
  49. an, dass verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB besteht (vgl. BGHR
  50. StGB § 64 Abs. 1 Hang 2; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 64 Rdn. 11).
  51. Die Frage der Unterbringung nach § 64 StGB bedarf daher unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) der Prüfung und Entscheidung
  52. durch einen neuen Tatrichter. Dem steht nicht entgegen, dass allein der Angeklagte Revision eingelegt hat. Im übrigen hat der Beschwerdeführer die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff
  53. ausgenommen.
  54. -5-
  55. Die Teilaufhebung berührt den Strafausspruch nicht. Der Senat schließt
  56. aus, dass das Landgericht bei Anordnung der Maßregel eine geringere Strafe
  57. gegen den erheblich vorbestraften Angeklagten verhängt hätte.
  58. Winkler
  59. Miebach
  60. Becker
  61. von Lienen
  62. Hubert