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121 lines
4.8 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 3 StR 239/09
  4. vom
  5. 14. Juli 2009
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
  9. -2-
  10. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 14. Juli
  11. 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
  12. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 15. Dezember 2008 im Schuldspruch dahin
  13. geändert, dass der Angeklagte in den Fällen II. 10. und 12. der
  14. Urteilsgründe jeweils nur wegen sexuellen Missbrauchs von
  15. Kindern verurteilt wird.
  16. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  17. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
  18. die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
  19. Gründe:
  20. 1
  21. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von
  22. Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 13
  23. Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das
  24. Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das
  25. Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
  26. 2
  27. 1. In den Fällen II. 10. und 12. der Urteilsgründe entfällt die Verurteilung
  28. wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen.
  29. -3-
  30. In diesen Fällen forderte der Angeklagte jeweils eine Freundin seiner
  31. 3
  32. Stieftochter L.
  33. auf, seinen Penis anzufassen, was das Kind auch tat. Seine
  34. Stieftochter L. beobachtete den Vorgang, was ihn zusätzlich erregte.
  35. Aufgrund dieses Sachverhalts hat sich der Angeklagte nicht gemäß
  36. 4
  37. § 174 Abs. 2 Nr. 1, § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB wegen sexuellen Missbrauchs von
  38. Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen zum
  39. Nachteil seiner Stieftochter L. strafbar gemacht. Diese Vorschriften betreffen
  40. - wie ein Vergleich mit den Grundtatbeständen (§ 174 Abs. 1 und § 176 Abs. 1
  41. StGB) zeigt, nach denen sich strafbar macht, wer sexuelle Handlungen an einem Kind bzw. einem Schutzbefohlenen vornimmt oder an sich von einem Kind
  42. bzw. einem Schutzbefohlenen vornehmen lässt - sexuelle Handlungen ohne
  43. Körperkontakt zu dem Kind, die der Täter entweder an sich selbst oder an einem Dritten vornimmt. Nicht strafbar ist demnach, wer vor dem Kind sexuelle
  44. Handlungen eines Dritten passiv an sich vornehmen lässt (Renzikowski in LK
  45. 12. Aufl. § 176 Rdn. 31). Es verbleibt daher in diesen Fällen bei der Verurteilung des Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zum Nachteil
  46. der Freundinnen seiner Stieftochter. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert.
  47. 2. In den Fällen II. 5. bis 9., 11. und 13. der Urteilsgründe nahm L.
  48. 5
  49. ebenfalls sexuelle Handlungen an dem Angeklagten vor einem anderen Kind
  50. vor; im Fall 5. handelte es sich um den Stiefsohn M.
  51. Fällen 6., 7., 11. und 13. um L.
  52. um L.
  53. s Freundin Li.
  54. des Angeklagten, in den
  55. sowie in den Fällen 8. und 9.
  56. s Freundin Le.. Soweit das Landgericht diese Taten jeweils auch als
  57. sexuellen Missbrauch von Kindern nach § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB und im Fall 5.
  58. zusätzlich als sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß § 174 Abs. 2
  59. Nr. 1 StGB zum Nachteil der Kinder M.
  60. , Li.
  61. und Le. gewertet hat, ist dies
  62. -4-
  63. aus den unter 1. dargelegten Gründen ebenfalls rechtsfehlerhaft. Jedoch hat
  64. das Landgericht in diesen Fällen im Schuldspruch nicht zum Ausdruck gebracht, dass sich die Taten nach seiner Rechtsauffassung jeweils gegen zwei
  65. Tatopfer richteten. Einer Änderung des Schuldspruchs bedarf es daher insoweit
  66. nicht.
  67. 6
  68. 3. Jedoch können trotz der aufgezeigten Rechtsfehler die für die Fälle
  69. II. 5. bis 13. der Urteilsgründe verhängten Freiheitsstrafen von einem Jahr und
  70. sechs Monaten (Fall II. 11.), einem Jahr (Fälle II. 5. bis 9.) und zehn Monaten
  71. (Fälle II. 10., 12. und 13.) bestehen bleiben. Das Landgericht hat die Strafen
  72. jeweils dem Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB entnommen und bei der Strafzumessung rechtsfehlerfrei u. a. zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er
  73. gezielt das Vertrauen, die Naivität und die Neugier der Kinder ausgenutzt hat.
  74. Soweit es straferschwerend berücksichtigt hat, dass durch die Taten insgesamt
  75. vier Opfer betroffen sind und die Freundinnen L.
  76. s pädophile Handlungen
  77. entweder selbst erdulden oder aber mit anschauen mussten, hat es ersichtlich
  78. auf die vom Angeklagten geschaffene beschämende Situation abgestellt, nicht
  79. aber auf die insoweit tatsächlich nicht begangenen Straftaten gemäß § 176
  80. -5-
  81. Abs. 4 Nr. 1, § 174 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Unter diesen Umständen kann der Senat
  82. ausschließen, dass das Landgericht mildere Strafen verhängt hätte, wenn es
  83. die Taten zutreffend rechtlich gewürdigt hätte.
  84. Becker
  85. Pfister
  86. Hubert
  87. von Lienen
  88. Mayer