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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 2 StR 539/14
  4. vom
  5. 26. März 2015
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen versuchter schwerer Körperverletzung u.a.
  9. -2-
  10. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. März 2015 gemäß § 349 Abs. 2
  11. und 4 StPO beschlossen:
  12. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Fulda vom 9. September 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht von der Strafaussetzung zur Bewährung abgesehen hat.
  13. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  14. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
  15. Gründe:
  16. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer Kör1
  17. perverletzung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die
  18. Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus
  19. der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
  20. I.
  21. Nach den Feststellungen des Landgerichts wohnte der 20 Jahre alte
  22. 2
  23. Angeklagte zur Tatzeit bei seiner Mutter, während sein Vater ein eigenes Haus
  24. -3-
  25. bewohnte. Der Angeklagte litt an einer Persönlichkeitsstörung mit dissozialen
  26. und schizoiden Anteilen sowie einer Störung des Sozialverhaltens. Am
  27. 23. Dezember 2013 stritt er sich während einer Autofahrt mit seinem Vater um
  28. die Auszahlung von Kindergeld. Der Vater gab ihm zu verstehen, dass er sich
  29. aus den finanziellen Angelegenheiten der Eltern herauszuhalten habe. Dies
  30. empfand der Angeklagte als Demütigung. Er beschloss sich zu rächen. Dazu
  31. bastelte er sich ein Messer, packte eine Sprühdose mit Raumspray, eine
  32. Zeltstange, einen Wischlappen, ein Feuerzeug, Essig-Essenz und eine chlorhaltige Reinigungsflüssigkeit sowie eine leere Flasche zusammen, nahm außerdem in einem Rucksack eine Matte, einen Schlafsack, eine Wolldecke, eine
  33. Thermoskanne, Lebensmittel und Bekleidungsstücke mit und begab sich zum
  34. Haus des Vaters. Dort mischte er Essig-Essenz und Chlorreiniger in der Flasche zusammen, so dass Chloroform entstehen sollte. Damit wollte er seinen
  35. ihm körperlich überlegenen Vater im Schlaf betäuben, um ihm anschließend mit
  36. dem Messer so die Unterschenkel zu zerschneiden, dass er nicht mehr gehen
  37. könne. Dadurch sollte der Vater arbeitsunfähig werden.
  38. Gegen 03.15 Uhr am 31. Dezember 2013 verschaffte sich der Ange3
  39. klagte, der sich maskiert und einen Spanngurt um eine Hand geschlungen hatte, Zutritt zum Haus des Vaters und begab sich zu dessen Schlafzimmer. Sein
  40. Versuch, den schlafenden Vater mit dem flüssigkeitsgetränkten Wischlappen zu
  41. betäuben, schlug fehl. Den anschließenden Angriff des Angeklagten mit dem
  42. Raumspray, das er direkt in das Gesicht des Vaters sprühte und anschließend
  43. mit einem Feuerzeug zu entzünden versuchte, konnte der inzwischen wach
  44. gewordene Vater abwehren, indem er die Bettdecke vor sein Gesicht hielt.
  45. Nach einem Gerangel, bei dem der Vater eine Schürfwunde davontrug, konnte
  46. dieser den Angeklagten überwältigen.
  47. -4-
  48. 4
  49. Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte sei bei der Begehung der Tat in seiner Steuerungsfähigkeit nicht erheblich beeinträchtigt gewesen. Die schizoide Persönlichkeitsstörung habe sich darauf nicht ausgewirkt.
  50. II.
  51. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne von § 349
  52. 5
  53. Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und die verhängte Jugendstrafe richtet. Jedoch begegnet die Versagung der Strafaussetzung zur
  54. Bewährung durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
  55. Das Landgericht hat ausgeführt, eine "Phase des Wohlverhaltens" habe
  56. 6
  57. der Angeklagte durch die Tat beendet. Angesichts der komplexen Persönlichkeitsproblematik sei von einer ungünstigen Legalprognose auszugehen. Befinde er sich in Freiheit, so sei mit Körperverletzungsdelikten, aber auch mit sexuell aggressiven Verhaltensweisen zu rechnen. Frühere Übergriffe seien vor allem durch Gewalt- und Sexualfantasien verursacht worden. Es sei zu befürchten, dass es künftig zu ähnlichen, vor allem sexuell getönten oder sadistischen
  58. Handlungen gegenüber Frauen, kommen werde.
  59. Diese Ausführungen sind nicht nachzuvollziehen, weil das Landgericht
  60. 7
  61. die früheren Übergriffe nicht beschrieben und die Annahme von Gewalt- und
  62. Sexualfantasien sowie deren Inhalt nicht erläutert hat. Zwei Strafverfahren wegen Körperverletzung und Beleidigung sind nach § 45 JGG beziehungsweise
  63. § 47 JGG ohne förmliche Sanktion beendet worden. Feststellungen zu den dort
  64. zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen hat das Landgericht nicht getroffen. Ein Verfahren wegen Verbreitung pornographischer Schriften ist gemäß
  65. § 154 Abs. 1 StPO vorläufig eingestellt worden. Auch zu dessen Gegenstand
  66. hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Die Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen, die sich möglicherweise auf diese Vorfälle be-
  67. -5-
  68. ziehen, hat die Jugendkammer im Urteil nicht erläutert. Danach kann der Senat
  69. nicht prüfen, ob aus dem bisherigen Verhalten des nicht vorbestraften Angeklagten der behauptete Grund zur Annahme der Wahrscheinlichkeit künftiger
  70. Gewalthandlungen rechtsfehlerfrei angenommen wurde.
  71. RiBGH Dr. Appl ist
  72. an der Unterschriftsleistung gehindert.
  73. Krehl
  74. Krehl
  75. Ott
  76. Eschelbach
  77. Zeng