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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 2 StR 487/00
  5. vom
  6. 7. Februar 2001
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.
  10. -2-
  11. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Februar
  12. 2001, an der teilgenommen haben:
  13. Richter am Bundesgerichtshof
  14. Dr. Bode
  15. als Vorsitzender,
  16. die Richter am Bundesgerichtshof
  17. Detter,
  18. Rothfuß,
  19. Prof. Dr. Fischer
  20. und die Richterin am Bundesgerichtshof
  21. Elf
  22. als beisitzende Richter,
  23. Bundesanwalt
  24. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  25. Rechtsanwalt
  26. als Verteidiger,
  27. die Nebenklägerin J.
  28. P.
  29. ihre gesetzliche Vertreterin S.
  30. und
  31. P.
  32. persönlich,
  33. Justizangestellte
  34. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  35. für Recht erkannt:
  36. -3-
  37. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 2. März 2000 wird verworfen.
  38. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch
  39. erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse
  40. auferlegt.
  41. Von Rechts wegen
  42. Gründe:
  43. I.
  44. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen sowie wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in weiteren sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung dieser
  45. Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
  46. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die
  47. wirksam auf den Strafausspruch beschränkt wurde. Mit der Sachrüge wird die
  48. Strafzumessung als zu Gunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft angegriffen.
  49. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
  50. -4-
  51. II.
  52. Anlaß zur Erörterung gibt nur der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
  53. Der Tatrichter hat bei der Gesamtstrafenbildung ausgeführt:
  54. "Unter nochmaliger zusammenfassender Würdigung aller Taten und der
  55. Täterpersönlichkeit hält die Kammer somit eine Erhöhung der Einsatzstrafe um
  56. die Hälfte der Summe der weiteren Einzelstrafen für angemessen. Dies ergäbe
  57. eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat (richtig: zwei
  58. Jahre und drei Monate). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in Fällen, in denen die Strafe nur geringfügig über der Bewährungsgrenze liegt, besonders zu prüfen, ob eine Bewährung in Betracht käme und,
  59. wenn dies der Fall ist, ob eine Absenkung der Gesamtstrafe bis auf zwei Jahre
  60. verantwortet werden kann". Nach Erörterung der Voraussetzungen der Absätze
  61. 1 und 2 des § 56 StGB kommt die Kammer zu dem Ergebnis: "Angesichts des
  62. Umstandes, daß die von der Kammer für angemessen erachtete Gesamtstrafe
  63. nur einen Monat (richtig: drei Monate) über der Grenze liegt, die noch eine Bewährung zuläßt, erscheint es verantwortbar, die Gesamtstrafe noch weiter abzusenken, um dem Angeklagten eine Bewährungsmöglichkeit einräumen zu
  64. können. Aus diesen Erwägungen heraus hat die Kammer letztlich auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren erkannt und diese zur Bewährung ausgesetzt."
  65. Diese Überlegungen sind rechtlich zu beanstanden.
  66. Es ist unzulässig die Gesamtstrafe auf Grund einer Rechenformel zu bilden. Insbesondere ist es rechtsfehlerhaft die Gesamtstrafe durch Erhöhung der
  67. Einsatzstrafe um die Hälfte der Summe der übrigen Einzelstrafen zu berechnen
  68. -5-
  69. (vgl. u.a. G. Schäfer, Praxis der Strafzumessung 2. Aufl. 1995 Rdn. 501). Jeder
  70. Schematismus ist der Gesamtstrafenbildung fremd (vgl. Stree in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 54 Rdn. 17 m.w.N.). Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 3
  71. StGB sind vielmehr bei der Gesamtstrafenbildung die Person des Täters und
  72. die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen. Bei der zusammenfassenden Würdigung kommt es nicht so sehr auf die Summe der Einzelstrafen, sondern auf die angemessene Erhöhung der Einsatzstrafe unter Berücksichtigung der Person des Täters und seiner Taten an. Hierbei kann die Erhöhung der Einsatzstrafe niedriger ausfallen, wenn zwischen den einzelnen Taten
  73. ein enger zeitlicher, sachlicher und situativer Zusammenhang besteht.
  74. Das Landgericht ist bei seinen Überlegungen zur Gesamtstrafenbildung
  75. demgemäß rechtlich bedenklich von einer unzulässigen (im übrigen auch rechnerisch fehlerhaften) Rechenformel ausgegangen.
  76. Der Senat schließt im vorliegenden Fall jedoch aus, daß die konkret
  77. verhängte Strafe auf den bedenklichen Ausgangsüberlegungen des Tatrichters
  78. beruht. Die letztlich verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren wurde
  79. gerade nicht berechnet, sondern ist das Ergebnis einer umfassenden sachgerechten Gesamtwürdigung von Täterpersönlichkeit und den einzelnen Straftaten (§ 54 Abs. 1 Satz 3 StGB). Hierbei durfte gemäß § 46 Abs. 1 StGB den
  80. Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, Gewicht zukommen.
  81. Der Tatrichter wollte hier auch keineswegs eine unterhalb der Schuldangemessenheit liegende Strafe verhängen. Die Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit machen vielmehr deutlich, daß die vom Tatrichter vorläufig für angemessen erachtete Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat nur ein
  82. gedanklicher Zwischenschritt zur Findung der letztlich konkret für tat- und
  83. -6-
  84. schuldangemessen erachteten Strafe war. Die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe
  85. liegt innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums. Sowohl die Einzelstrafen als auch die Gesamtstrafe haben sich (noch) nicht nach unten von
  86. ihrer Bestimmung gelöst, gerechter Schuldausgleich zu sein.
  87. Durchgreifende Rechtsfehler des angefochtenen Urteils zum Nachteil
  88. des Angeklagten - was gemäß § 301 StPO zu berücksichtigen ist - hat die
  89. Überprüfung durch den Senat nicht ergeben.
  90. Bode
  91. Detter
  92. Fischer
  93. Rothfuß
  94. Elf