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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. 2 StR 225/02
  3. BESCHLUSS
  4. vom
  5. 17. Juli 2002
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen schweren Raubs u. a.
  9. -2-
  10. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2002 gemäß § 349 Abs. 4
  11. StPO beschlossen:
  12. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 4. März 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
  13. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
  14. über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
  15. des Landgerichts zurückverwiesen.
  16. Gründe:
  17. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs
  18. Jahren verurteilt. Die Sachbeschwerde des Angeklagten führt zur Aufhebung
  19. des Urteils. Die Annahme des Landgerichts, dieser habe sich des vollendeten
  20. schweren Raubs schuldig gemacht, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand:
  21. Nach den Feststellungen drang der Angeklagte in die Wohnung der
  22. Zeugin R. ein, um gewaltsam an deren Schmuck und Geld zu gelangen. Er bedrohte sie mit einem ca. 15 cm langen Sprungmesser und drückte es ihr mit der
  23. stumpfen Seite an den Hals. Als sie erklärte, sie habe weder Schmuck noch
  24. Geld, wollte er ihr ein Schlafmittel einflößen. Da dies mißlang, drückte er der
  25. am Boden liegenden Frau zweimal ein Kissen fest auf das Gesicht, anschließend fesselte er sie. In ihrer Todesangst erklärte sie dem Angeklagten dann,
  26. -3-
  27. das Geld befände sich im Keller, den Schlüssel dafür verwahre eine Nachbarin.
  28. Daraufhin ließ der Angeklagte die Zeugin aus der Wohnung gehen und verfolgte sie bis in die Nähe der Wohnung der Nachbarin W. Diese ließ das Tatopfer ein und alarmierte die Polizei. Während des Tatgeschehens oder unmittelbar, nachdem die Geschädigte die Wohnung verlassen hatte, entnahm
  29. der Angeklagte ca. 80 DM aus einem Geldbeutel und ca. 400 DM aus einer
  30. Mappe.
  31. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen vollendeten schweren Raubs nicht. Aus ihnen läßt sich nicht ausreichend entnehmen, daß der
  32. Angeklagte Gewalt als Mittel zur Wegnahme des Geldes angewendet hat.
  33. Der Tatbestand des Raubs setzt voraus, daß der Täter zum Zweck der
  34. Wegnahme Gewalt gegen eine Person anwendet oder mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht. Nicht ausreichend ist, daß die Wegnahme der
  35. Gewalt zeitlich nachfolgt, ohne daß eine finale Verknüpfung besteht. Eine solche Verknüpfung kann in Betracht kommen, wenn die zuvor ausgeübte Gewalt
  36. als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung fortwirkt. Erfolgt die Wegnahme dagegen nur "gelegentlich" der Nötigungshandlung oder folgt sie der
  37. Nötigung nur zeitlich nach, ohne daß eine finale Verknüpfung besteht, kommt
  38. ein Schuldspruch wegen vollendeten Raubs nicht in Betracht (vgl. BGH NStZ
  39. 1999, 510; NStZ-RR 1997, 298; BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 3, 5 und 7;
  40. BGH, Beschl. vom 17. Januar 1995 - 4 StR 738/94 - und vom 20. Juni 2001 - 3
  41. StR 176/01).
  42. Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht auszuschließen, daß der
  43. Angeklagte das Geld erst wegnahm, als das Tatopfer die Wohnung bereits
  44. -4-
  45. verlassen hatte. Daß in diesem Zeitpunkt die Gewalteinwirkung fortgewirkt hat,
  46. belegen die Urteilsgründe nicht, zumal es dem Willen der Zeugin R. entsprach,
  47. die Wohnung zu verlassen. Das Landgericht hat auch nicht festgestellt, daß
  48. der Angeklagte die Zeugin R. zum Verlassen der Wohnung gezwungen hat, um
  49. das Geld an sich nehmen zu können. Der ursprünglich geplante Raub von
  50. Schmuck und Geld war vielmehr nach der Flucht des Tatopfers gescheitert.
  51. Neben dem somit nur versuchten schweren Raub kann die Wegnahmehandlung nur noch als Diebstahl bewertet werden.
  52. Die Verurteilung wegen vollendeten schweren Raubs kann daher keinen Bestand haben. Das führt auch zur Aufhebung des an sich rechtsfehlerfreien Schuldspruchs wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung. Da nicht ausgeschlossen erscheint, daß weitere Feststellungen getroffen werden können, kommt eine Umstellung des Schuldspruchs nicht in Betracht; die Sache bedarf insgesamt erneuter Verhandlung und Entscheidung.
  53. Vors. Richterin am BGH
  54. Detter
  55. Dr. Rissing-van Saan
  56. und Richterin am BGH Elf
  57. sind wegen Urlaubs
  58. an der Unterschrift verhindert.
  59. Detter
  60. Otten
  61. Bode