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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 1 StR 439/18
  4. vom
  5. 13. September 2018
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
  9. ECLI:DE:BGH:2018:130918B1STR439.18.0
  10. -2-
  11. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 1.b), 2. und 3. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 13. September 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog
  12. StPO beschlossen:
  13. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  14. Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 9. April 2018 aufgehoben,
  15. a) im Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen,
  16. soweit der Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von
  17. Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit
  18. mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden
  19. ist;
  20. b) soweit die Verwaltungsbehörde angewiesen worden ist,
  21. dem Angeklagten vor Ablauf von zwei Jahren ab Rechtskraft des vorgenannten Urteils keine neue Fahrerlaubnis
  22. zu erteilen und
  23. c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
  24. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  25. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
  26. -3-
  27. Gründe:
  28. 1
  29. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln sowie vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis
  30. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und
  31. bestimmt, dass die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten vor Ablauf von
  32. zwei Jahren ab Rechtskraft des Urteils keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen.
  33. 2
  34. Die gegen seine Verurteilung gerichtete und auf die Beanstandung der
  35. Verletzung materiellen Rechts (unter Ausnahme der Nichtanwendung des
  36. § 64 StGB) gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem
  37. aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO);
  38. im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  39. 3
  40. 1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils
  41. hat hinsichtlich der Schuldsprüche wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln sowie vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und der insoweit
  42. verhängten Einzelfreiheitsstrafen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Lediglich die Anordnung der Sperrfrist kann nicht bestehen
  43. bleiben. Dagegen hält der Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten
  44. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  45. -4-
  46. 4
  47. a) Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf folgende
  48. Feststellungen gestützt:
  49. „Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im März 2015 kaufte und
  50. übernahm die anderweitig Verurteilte
  51. S.
  52. an einem nicht
  53. näher bekannten Ort in der Tschechischen Republik 100 Gramm
  54. Methamphetamin, um dieses gewinnbringend weiterzuverkaufen.
  55. Sie und der Angeklagte, der wusste, dass das Betäubungsmittel gewinnbringend weiterverkauft werden sollte und dies zumindest billigend in
  56. Kauf nahm, brachten das Rauschgift sodann gemeinsam über die
  57. tschechisch-deutsche Grenze auf das Gebiet der Bundesrepublik
  58. Deutschland und weiter nach N.
  59. .
  60. Von dem Rauschgift verkaufte und übergab
  61. S.
  62. anschließend eine Teilmenge an die anderweitig Verurteilten
  63. P.
  64. und
  65. E.
  66. in deren Wohnung... . Das Methamphetamin hatte
  67. einen Wirkstoffgehalt von mindestens 60 % Methamphetaminbase.“
  68. 5
  69. b) Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen unerlaubter
  70. Einfuhr von Betäubungsmitteln nicht; sie sind zum objektiven Tatbestand unzureichend. Es fehlen Angaben zur konkreten Tathandlung des Angeklagten. Es
  71. wird bereits nicht erkennbar, wie (mit welchem Fahrzeug, mit der Bahn oder
  72. auch zu Fuß) das Methamphetamin über die Grenze verbracht worden ist und
  73. worin genau der Tatbeitrag des Angeklagten bestand. Die Feststellung des
  74. konkreten Tatbeitrags des Angeklagten ist erforderlich, um dem Revisionsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob sich der Angeklagte als Mittäter oder als
  75. Gehilfe an der Einfuhr beteiligt hat oder seine Handlungen die Grenze zur
  76. Strafbarkeit nicht überschritten haben. So ist das bloße Dabeisein und die
  77. Kenntnis von einem Rauschgifttransport ohne einen objektiv fördernden Beitrag
  78. -5-
  79. nicht als Beihilfe zu werten (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 5. Juli 2018
  80. – 1 StR 42/18 Rn. 9 mwN, NStZ-RR 2018, 286); eine psychische Beihilfe
  81. wiederum bedarf der Feststellungen, inwieweit der Gehilfe hierdurch den
  82. Tatentschluss des Haupttäters bestärkt oder ihn bei der Tatausführung unterstützt hat, indem er ihm durch seine Anwesenheit ein Gefühl der Sicherheit bei
  83. der Tatausführung verschafft hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 2018
  84. – 1 StR 42/18 Rn. 9 mwN, NStZ-RR 2018, 286 und vom 11. November 2008
  85. – 4 StR 434/08 Rn. 4, NStZ-RR 2009, 121).
  86. 6
  87. Der Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in
  88. nicht geringer Menge hat daher auf der Grundlage der ungenügenden Feststellungen keinen Bestand. Dies führt auch zur Aufhebung der Verurteilung wegen
  89. tateinheitlich begangener Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der zugehörigen Einzelstrafe und
  90. der Gesamtfreiheitsstrafe. Der Senat hebt die Feststellungen insoweit insgesamt auf.
  91. 7
  92. 2. Die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung ist im
  93. Urteil gemäß § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO zu begründen. Soll gegen den Angeklagten wegen einer nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB enthaltenen Straftat
  94. eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet werden
  95. (§ 69a Abs. 1 Satz 1 StGB), so ist die Vornahme einer Gesamtwürdigung der
  96. Tatumstände und der Täterpersönlichkeit durch den Tatrichter zum Beleg der
  97. fehlenden Eignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderlich. Der erforderliche Umfang der Darlegung ist hierbei einzelfallabhängig.
  98. Zwar liegt es bei typischen Verkehrsdelikten, zu denen Fahren ohne Fahrerlaubnis zählt, nicht fern, dass der Täter zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet und daher eine isolierte Sperrfrist anzuordnen ist (BGH, Beschlüsse vom
  99. -6-
  100. 19. Juni 2018 – 2 StR 211/18, juris Rn. 7 mwN und vom 17. Dezember 2014
  101. – 3 StR 487/14, juris Rn. 3, NStZ-RR 2015, 123; Urteil vom 5. September 2006
  102. – 1 StR 107/06, NStZ-RR 2007, 40). Eine auf den Einzelfall bezogene Begründung macht dies indes nicht entbehrlich. Zudem bedarf es bei der Bemessung
  103. der Sperrfrist der Darlegung der Prognoseentscheidung zur Dauer der voraussichtlichen Ungeeignetheit des Täters (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2018
  104. – 2 StR 211/18, juris Rn. 7 und vom 22. Oktober 2002 – 4 StR 339/02, NZV
  105. 2003, 46).
  106. 8
  107. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Die Strafkammer hat ihre Überlegungen zur Anordnung der Maßregel sowie zur Dauer
  108. der isolierten Sperrfrist nicht dargelegt. Mangels jeglicher Ausführung zur Begründung des Maßregelausspruchs ist nicht nachvollziehbar, welche Kriterien
  109. für die Strafkammer bei der Anordnung der isolierten Sperrfrist und der Bestimmung ihrer Länge leitend gewesen sind. Dies erschließt sich auch nicht aus
  110. dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, auch wenn die rechtskräftigen
  111. Verurteilungen des Angeklagten wegen vorsätzlichem Fahren trotz Fahrverbots
  112. und fahrlässigem Fahren ohne Fahrerlaubnis für dessen charakterlichen Eignungsmangel sprechen.
  113. -7-
  114. 9
  115. Die zugehörigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Die neu zur
  116. Entscheidung berufene Strafkammer ist allerdings nicht gehindert, weitere
  117. Feststellungen zu treffen, sofern sie den bereits bestehenden nicht widersprechen.
  118. Raum
  119. Jäger
  120. Cirener
  121. Bellay
  122. Fischer