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157 lines
5.0 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 1 StR 398/11
  4. vom
  5. 21. September 2011
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Betruges
  9. -2-
  10. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. September 2011 beschlossen:
  11. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 23. Februar 2011 im Ausspruch über die
  12. Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe
  13. nach § 460, § 462 StPO zu treffen ist.
  14. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  15. 3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt
  16. dem für das Nachverfahren gemäß § 460, § 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.
  17. Gründe:
  18. 1
  19. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 20 Fällen unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr aus einer Vorverurteilung durch das Amtsgericht Augsburg vom 20. November 2007 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
  20. 2
  21. 1. Die gegen die Verurteilung gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge
  22. gestützte Revision des Angeklagten ist hinsichtlich des Schuldspruchs und der
  23. Einzelstrafen unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
  24. 3
  25. 2. Jedoch hält die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe revisionsrechtlicher
  26. Überprüfung nicht stand (§ 349 Abs. 4 StPO).
  27. -3-
  28. 4
  29. a) Das Landgericht hat nicht erörtert, ob die gegen den Angeklagten
  30. durch das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2007 verhängte Geldstrafe, rechtskräftig seit dem 20. Juli 2007, bereits erledigt ist. Wäre dies nicht
  31. der Fall, würde das amtsgerichtliche Urteil eine Zäsurwirkung entfalten mit der
  32. Folge, dass aus dieser Vorverurteilung und den Einzelstrafen bezüglich der
  33. Taten zum Nachteil der Geschädigten A.
  34. , B.
  35. und S.
  36. , die
  37. schon vor der Rechtskraft der Vorverurteilung beendet waren (Beendigungszeitpunkt bezüglich A.
  38. S.
  39. am 31. Dezember 2006 und bezüglich B.
  40. und
  41. am 30. April 2007 [UA S. 8]), eine gesonderte Gesamtstrafe zu
  42. bilden gewesen wäre. Wäre dagegen die Geldstrafe bereits vollständig vollstreckt, würde das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2007 keine
  43. Zäsurwirkung mehr entfalten und käme für eine Gesamtstrafenbildung hier
  44. nicht mehr in Betracht. Schon aufgrund dieses Erörterungsmangels kann die
  45. Gesamtstrafenbildung daher keinen Bestand haben.
  46. 5
  47. b) Das Landgericht hat bei der Gesamtstrafenbildung weiterhin nicht die
  48. Zäsurwirkung der einbezogenen Vorverurteilung durch das Amtsgericht Augsburg vom 20. Juli 2007 berücksichtigt.
  49. 6
  50. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausführt, kommt eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 StGB
  51. nur dann in Betracht, wenn die neu abzuurteilenden Taten vor der Rechtskraft
  52. der früheren Verurteilung begangen worden sind. Die neuen Taten müssen
  53. beendet sein. Ihre Vollendung allein reicht nicht aus (Fischer, StGB, 58. Aufl.,
  54. § 55 Rn. 5 u. 7 mwN).
  55. 7
  56. Dies hat das Landgericht nicht beachtet. Nach den Feststellungen wurde die einbezogene, bislang nicht erledigte Vorverurteilung vom 20. Juli 2007
  57. durch die Verwerfung der hiergegen eingelegten Berufung erst mit Urteil vom
  58. -4-
  59. 11. Juli 2008 rechtskräftig. Ein Teil der im vorliegenden Verfahren abgeurteilten Taten, nämlich diejenigen zum Nachteil der Geschädigten G.
  60. K.
  61. , Dr. Kr.
  62. , M.
  63. , Sc.
  64. und Sch.
  65. , H.
  66. ,
  67. , sind allerdings erst nach
  68. dem Eintritt der Rechtskraft der einbezogenen Vorverurteilung beendet worden
  69. (Beendigungszeitpunkt bezüglich H.
  70. G.
  71. am 15. August 2008, bezüglich
  72. am 31. August 2008 und bezüglich der übrigen genannten Personen
  73. am 31. Juli 2008 [UA S. 9 und 10]). Insoweit entfaltet die einbezogene unerledigte Verurteilung eine Zäsurwirkung, mit der Folge, dass insoweit keine Gesamtstrafenlage nach § 55 Abs. 1 StGB bestand. Das Landgericht hätte daher
  74. (mindestens) zwei Gesamtstrafen bilden müssen, eine aus den Einzelstrafen
  75. für die oben genannten Taten, die erst nach Rechtskraft der Vorverurteilung
  76. beendet waren, und eine weitere aus den Einzelstrafen für die übrigen Taten,
  77. die vor diesem Zeitpunkt lagen. Lediglich in letztere Gesamtstrafe wäre die
  78. Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 20. November 2007
  79. einzubeziehen gewesen.
  80. 8
  81. c) Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass der Angeklagte durch
  82. die rechtsfehlerhafte Gesamtstrafenbildung beschwert ist. Die Gesamtstrafe
  83. war daher aufzuheben.
  84. 9
  85. 3. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 354
  86. Abs. 1b S. 1 StPO zu entscheiden. Mit der abschließenden Sachentscheidung
  87. ist auch über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden (BGH, Beschluss vom
  88. 9. November 2004 - 4 StR 426/04).
  89. 10
  90. 4. Der Senat weist auf Folgendes hin:
  91. 11
  92. Für den Fall, dass die Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts
  93. Augsburg vom 2. Juli 2007 bereits vollständig vollstreckt ist, wird der neue
  94. -5-
  95. Tatrichter diesen Umstand im Wege des Härteausgleichs bei der Straffestsetzung zu berücksichtigen haben (BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - 5 StR
  96. 301/11).
  97. Nack
  98. Wahl
  99. Graf
  100. RiBGH Prof. Dr. Sander ist
  101. urlaubsabwesend und deshalb
  102. an der Unterschrift gehindert.
  103. Jäger
  104. Nack