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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 1 StR 199/00
  4. vom
  5. 28. Juni 2000
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen versuchten Mordes u.a.
  9. -2-
  10. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juni 2000 gemäß § 349
  11. Abs. 2 StPO beschlossen:
  12. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
  13. Ulm (Donau) vom 7. Februar 2000 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß der Angeklagte auch einer tateinheitlich
  14. mit dem versuchten Mord begangenen gefährlichen Körperverletzung schuldig ist.
  15. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
  16. dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
  17. Gründe:
  18. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit versuchtem Mord zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
  19. neun Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der
  20. Revision.
  21. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat
  22. keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
  23. 1. Zur Sachrüge bemerkt der Senat:
  24. a) Die Beweiserwägungen, die der Feststellung bedingten Tötungsvorsatzes zugrundeliegen, werden den angesichts der hohen Hemmschwelle ge-
  25. -3-
  26. genüber einer Tötung in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  27. (vgl. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 30 m.w.Nachw.) gestellten
  28. strengen Anforderungen gerecht. Das Landgericht hat unter Berücksichtigung
  29. der Persönlichkeitsstruktur und der psychischen Verfassung des Angeklagten
  30. aus der Art und Weise der Tatausführung sowie der objektiv erkennbaren Gefährlichkeit der Tathandlung nachvollziehbar geschlossen, daß es der Angeklagte billigend in Kauf genommen hat, sein Opfer durch den Messerstich zu
  31. töten. Seine Erwägungen lassen nicht besorgen, daß wesentliche, sich aufdrängende oder doch naheliegende Gesichtspunkte, die den Tötungsvorsatz in
  32. Frage stellen könnten, außer Betracht geblieben sind.
  33. b) Das Landgericht ist auch rechtsfehlerfrei vom Vorliegen niedriger Beweggründe im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB ausgegangen.
  34. Dieses Mordmerkmal, das auf Grund einer Gesamtwürdigung zu beurteilen ist, welche die Umstände der Tat, die Lebensverhältnisse des Täters und
  35. seine Persönlichkeit einschließen muß, liegt vor, wenn das Motiv der Tötung
  36. nach allgemeiner sittlicher Würdigung auf tiefster Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist (BGHSt 3, 132 f.; 35, 116, 127; BGHR StGB § 211
  37. niedriger Beweggrund 22 und 23).
  38. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die Tat aus Haß gegen die
  39. Familie des Geschädigten und Wut wegen der berechtigten Abwehrversuche
  40. des Geschädigten gegen die tätlichen Angriffe begangen. Die Tat stellte eine
  41. bloße Bestrafungsaktion an einem Menschen dar, der an den Spannungen
  42. zwischen den beiden Familien nicht einmal unmittelbar beteiligt war.
  43. -4-
  44. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, daß der Angeklagte auf
  45. Grund seiner Herkunft aus einem fremden Kulturkreis besonderen Ehrvorstellungen unterliegt (BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 29).
  46. 2. Das Landgericht hat allerdings unberücksichtigt gelassen, daß sich
  47. der Angeklagte nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit
  48. dem versuchten Mord tateinheitlich auch einer weiteren gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat (vgl. BGH NStZ 1999, 30). Der Senat ändert
  49. den Schuldspruch entsprechend. Das Verschlechterungsverbot gemäß § 358
  50. Abs. 2 StPO wird durch die Schuldspruchergänzung nicht verletzt, dieses
  51. schließt das Risiko einer Verschärfung des Schuldspruchs nicht aus (vgl. Kukkein in KK 4. Aufl. § 358 StPO Rdn. 18). § 265 StPO steht nicht entgegen, weil
  52. sich der Angeklagte gegen den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung
  53. nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
  54. Schäfer
  55. Maul
  56. Schluckebier
  57. Nack
  58. Kolz