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1 year ago
  1. Nachschlagewerk: ja
  2. BGHSt
  3. : nein
  4. StGB § 211 Abs. 2
  5. Wer aus terroristischen Motiven gezielt an der politischen
  6. Auseinandersetzung unbeteiligte Dritte durch einen
  7. Sprengstoffanschlag tötet, handelt aus niedrigen Beweggründen (Sprengstoffanschlag auf die Berliner Diskothek
  8. "La Belle" im Jahre 1986).
  9. BGH, Urteil vom 24. Juni 2004
  10. - LG Berlin
  11. 5 StR 306/03 -
  12. 5 StR 306/03
  13. BUNDESGERICHTSHOF
  14. IM NAMEN DES VOLKES
  15. URTEIL
  16. vom 24. Juni 2004
  17. in der Strafsache
  18. gegen
  19. 1.
  20. 2.
  21. 3.
  22. 4.
  23. 5.
  24. wegen Mordes u. a.
  25. -2-
  26. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 15. und 24. Juni 2004, an der teilgenommen haben:
  27. Vorsitzende Richterin Harms,
  28. Richter Basdorf,
  29. Richterin Dr. Gerhardt,
  30. Richter Dr. Raum,
  31. Richter Schaal
  32. als beisitzende Richter,
  33. Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof K
  34. Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  35. ,
  36. F
  37. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  38. Rechtsanwalt Ko
  39. Rechtsanwalt
  40. ,
  41. L
  42. als Verteidiger des Angeklagten C
  43. Rechtsanwalt P
  44. ,
  45. ,
  46. Rechtsanwalt Ka
  47. als Verteidiger des Angeklagten A
  48. Rechtsanwältin
  49. G
  50. C
  51. ,
  52. ,
  53. Rechtsanwältin Kr
  54. als Verteidigerinnen der Angeklagten V
  55. C
  56. ,
  57. -3-
  58. Rechtsanwalt
  59. Kl
  60. Rechtsanwalt Li
  61. ,
  62. ,
  63. Rechtsanwalt R
  64. als Verteidiger des Angeklagten E
  65. Rechtsanwalt S
  66. ,
  67. ,
  68. Rechtsanwältin W
  69. als Verteidiger der Angeklagten H
  70. Rechtsanwältin B
  71. ,
  72. Rechtsanwalt D
  73. ,
  74. Rechtsanwalt Eh
  75. ,
  76. Rechtsanwalt Fo
  77. ,
  78. Rechtsanwalt Fr
  79. ,
  80. Rechtsanwalt Ga
  81. ,
  82. Rechtsanwalt Gr
  83. Rechtsanwalt
  84. ,
  85. Groe
  86. ,
  87. Rechtsanwalt Gro ,
  88. Rechtsanwalt Hi
  89. Rechtsanwalt Ho
  90. ,
  91. ,
  92. Rechtsanwalt Kar
  93. Rechtsanwalt Kö
  94. ,
  95. ,
  96. Rechtsanwalt La ,
  97. Rechtsanwältin Le
  98. ,
  99. Rechtsanwalt Lei
  100. Rechtsanwalt M
  101. ,
  102. ,
  103. Rechtsanwalt Mü
  104. Rechtsanwalt N
  105. ,
  106. ,
  107. Rechtsanwältin
  108. Rechtsanwalt Plö
  109. Pl
  110. ,
  111. ,
  112. ,
  113. -4-
  114. Rechtsanwalt Ro
  115. ,
  116. Rechtsanwalt Sc
  117. ,
  118. Rechtsanwalt Sch
  119. ,
  120. Rechtsanwalt Schu
  121. ,
  122. Rechtsanwältin Se
  123. ,
  124. Rechtsanwalt Wa
  125. ,
  126. Rechtsanwalt We
  127. ,
  128. Rechtsanwältin Wo
  129. ,
  130. Rechtsanwalt Wol
  131. ,
  132. Rechtsanwalt Wr
  133. als Vertreter der Nebenkläger,
  134. Justizangestellte Re
  135. ,
  136. Justizangestellte Wah
  137. als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
  138. am 24. Juni 2004 für Recht erkannt:
  139. -5-
  140. Die Revisionen
  141. 1. der Staatsanwaltschaft,
  142. 2. der beschwerdeführenden Nebenkläger Ba
  143. , Br
  144. , Ed
  145. , El
  146. Laub , Mar
  147. M
  148. St
  149. , Fre
  150. , Mas
  151. N
  152. , No
  153. , Gra
  154. , Mc C
  155. ,
  156. Nu
  157. , Be
  158. , Kan
  159. , Mö
  160. , Pf
  161. ,
  162. ,I
  163. und
  164. , Red
  165. und
  166. sowie
  167. 3. der Angeklagten V
  168. C
  169. ,A
  170. C
  171. ,C
  172. und E
  173. gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. November 2001 werden verworfen.
  174. Die Angeklagten V
  175. E
  176. C
  177. ,A C
  178. ,C
  179. und
  180. tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel und die den nicht
  181. beschwerdeführenden Nebenklägern dadurch entstandenen
  182. notwendigen Auslagen. Die Staatskasse trägt die Kosten der
  183. Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten durch diese Rechtsmittel entstandenen notwendigen
  184. Auslagen. Die beschwerdeführenden Nebenkläger tragen die
  185. Kosten ihrer Rechtsmittel. Der Nebenkläger Br
  186. durch sein Rechtsmittel der Angeklagten H
  187. nen notwendigen Auslagen.
  188. – Von Rechts wegen –
  189. trägt die
  190. entstande-
  191. -6-
  192. Gründe
  193. Das Landgericht hat die Angeklagte V
  194. C
  195. wegen (gemein-
  196. schaftlich begangenen) dreifachen Mordes in Tateinheit mit 104fachem versuchten Mord und vorsätzlicher Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion
  197. sowie die Angeklagten A C
  198. ,C
  199. und E
  200. wegen Beihilfe hierzu
  201. zu Freiheitsstrafen zwischen 12 und 14 Jahren verurteilt; die Angeklagte
  202. H
  203. hat es freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren
  204. – auch mit Verfahrensrügen begründeten – Revisionen in der Sache dagegen, daß die Angeklagten A
  205. C
  206. ,C
  207. und E
  208. nicht wegen mittäter-
  209. schaftlicher Beteiligung an der Tat verurteilt worden sind, daß der Angeklagten V
  210. C
  211. eine erhebliche Verminderung ihrer Steuerungsfähigkeit
  212. strafmildernd zugute gehalten und bei keinem der Angeklagten das weitere
  213. Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe angenommen worden ist; die
  214. Staatsanwaltschaft erstrebt letztlich eine Verurteilung dieser vier Angeklagten
  215. zu lebenslangen Freiheitsstrafen. Die Nebenkläger wenden sich mit unterschiedlichen Anträgen ebenfalls gegen die unterbliebene mittäterschaftliche
  216. Verurteilung. Ferner wird von einem Nebenkläger der Freispruch der Angeklagten H
  217. angefochten. Auch die verurteilten Angeklagten haben Revisi-
  218. onen eingelegt.
  219. Alle Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
  220. A.
  221. Sachverhalt
  222. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestanden seit Januar
  223. 1986 wachsende Spannungen zwischen den USA und Libyen. Etwa Mitte
  224. März 1986 beauftragten libysche Dienststellen das in Ost-Berlin gelegene
  225. „Libysche Volksbüro“ (die für die DDR zuständige libysche Auslandsvertretung, im folgenden: LVB), in Deutschland Anschläge gegen amerikanische
  226. Einrichtungen zu begehen.
  227. -7-
  228. Zunächst wurde im LVB geplant, einen amerikanischen Bus, der täglich – mit amerikanischen Soldaten besetzt – zwischen West- und Ost-Berlin
  229. verkehrte, auf Ost-Berliner Gebiet mit Waffen anzugreifen. Der Angeklagte
  230. C
  231. war Mitglied der palästinensischen Terrororganisation PFLP-GC und
  232. am LVB als sogenannter technischer Mitarbeiter akkreditiert. Er wurde in diese Planung mit eingebunden; sein Diplomatenfahrzeug sollte bei dem Anschlag eingesetzt werden. Der Angeklagte E
  233. hielt sich 1985 und 1986 in
  234. Ost-Berlin auf. Er war Angestellter des libyschen Propagandaministeriums
  235. sowie Mitglied sogenannter Revolutionskomitees. Er hatte häufiger Kontakt
  236. zum LVB und lernte dabei den Angeklagten C
  237. kennen. Ohne selbst in
  238. den Anschlagsplan eingebunden zu sein, wußte er davon und unternahm
  239. nichts dagegen. Der Angeklagte A
  240. C
  241. lebte seit 1976 in West-Berlin. Er
  242. wurde 1982 vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) als informeller Mitarbeiter (IM) angeworben und hatte die Aufgabe, insbesondere über Araber in West-Berlin Informationen zu beschaffen. Über seine Treffen
  243. mit den Angeklagten C
  244. und E
  245. , auch über geplante Aktionen gegen A-
  246. merikaner, berichtete er seinem Führungsoffizier. Vermutlich wegen der daraufhin vom MfS veranlaßten Überwachungsmaßnahmen wurde der Plan,
  247. einen Anschlag auf den amerikanischen Bus in Ost-Berlin zu verüben, aufgegeben.
  248. Spätestens am 19. März 1986 wurde stattdessen der Plan entwickelt,
  249. denselben Bus in West-Berlin mit Waffen anzugreifen. Zur Vorbereitung einer
  250. solchen Tat transportierte der Angeklagte C
  251. gemeinsam mit einem im
  252. LVB tätigen diplomatischen Kurier Pistolen und Handgranaten von Ost- nach
  253. West-Berlin. Die Angeklagten C
  254. ,A C
  255. und E
  256. nahmen an ei-
  257. nem Gespräch über Einzelheiten des geplanten Anschlags teil. Wegen der
  258. Weigerung des hieran beteiligten, der PFLP-GC nahestehenden A
  259. J
  260. ,
  261. an der Tat mitzuwirken, wurde auch dieser Plan im LVB nicht weiter verfolgt.
  262. Die Angelegenheit fand durch den Rücktransport der Waffen einen tatsächlichen Abschluß.
  263. -8-
  264. Zwischen dem 20. und 25. März 1986 sahen sich die Angeklagten
  265. E
  266. und A
  267. M
  268. C
  269. gemeinsam mit dem der PFLP-GC nahestehenden I
  270. in West-Berlin befindliche amerikanische Einrichtungen an, um auf-
  271. zuklären, ob sie für einen Anschlag in Betracht kamen. Diese Objekte wurden jedoch von den im LVB tätigen Diplomaten A
  272. E
  273. K
  274. und A
  275. als potentielle Anschlagsziele verworfen.
  276. Den
  277. weiteren
  278. Geschehensablauf
  279. zwischen
  280. dem
  281. 25.
  282. und
  283. 30. März 1986 konnte das Landgericht nur teilweise aufklären. Von Personen
  284. aus dem Umfeld des LVB wurde gezielt nach von Amerikanern besuchten
  285. Diskotheken in West-Berlin gesucht. Am 29. März 1986 teilte der Angeklagte
  286. A C
  287. seinem Führungsoffizier die Namen von drei Diskotheken mit, die
  288. in die engere Wahl gezogen wurden. Spätestens am 30. März 1986 übergab
  289. der Angeklagte A
  290. V
  291. C
  292. C
  293. dem Angeklagten E
  294. einen von der Angeklagten
  295. geschriebenen Zettel mit den Namen und Anschriften dieser
  296. drei Diskotheken. Der Hintergrund der Entstehung dieses Zettels konnte
  297. nicht aufgeklärt werden. Bei der Einreise des Angeklagten E
  298. am
  299. 30. März 1986 von West- nach Ost-Berlin entdeckten Kontrollorgane der
  300. DDR den Zettel und fertigten eine Fotokopie, die an das MfS weitergeleitet
  301. wurde. Der Angeklagte E
  302. A K
  303. übergab danach den Zettel an den Diplomaten
  304. . Im LVB wurde die Diskothek „La Belle“ als Anschlagsziel festge-
  305. legt. Das Landgericht hat zu Gunsten aller Angeklagten nicht ausgeschlossen, daß diese an der Festlegung des Anschlagsziels nicht beteiligt waren.
  306. Spätestens zwischen dem 30. März und dem 4. April 1986 erfuhren
  307. die Angeklagten E
  308. und C
  309. , daß im LVB entschieden worden war, ei-
  310. nen Bombenanschlag auf die Diskothek „La Belle“ zu verüben. Unter Verwendung von 1.500 Gramm Plastiksprengstoff, den das LVB bereitstellte,
  311. sollte in der in Berlin-Kreuzberg gelegenen Wohnung der Angeklagten V
  312. C
  313. in Anwesenheit der Angeklagten V
  314. Bombe gebaut werden; V
  315. C
  316. und A
  317. C
  318. eine
  319. sollte veranlaßt werden, diese Bom-
  320. be in die Diskothek zu bringen und dort zu zünden.
  321. -9-
  322. Die Angeklagten E
  323. und C
  324. entschlossen sich vor dem Hinter-
  325. grund der Auseinandersetzungen zwischen den USA und Libyen, sich an
  326. diesem Anschlag zu beteiligen und letztlich den USA Schaden zuzufügen;
  327. der Angeklagte E
  328. hoffte hierdurch auch, seine Chancen für eine Akkredi-
  329. tierung am LVB zu erhöhen. Die Motive der Angeklagten V
  330. benso wie der Angeklagte A
  331. C
  332. C
  333. , die e-
  334. als IM für das MfS tätig war, ihre
  335. Wohnung zur Verfügung zu stellen und den Anschlag auszuführen, sind unklar geblieben. Auch beim Angeklagten A
  336. C
  337. hat sich die Strafkammer
  338. keine sichere Überzeugung von dessen Tatmotiv verschaffen können.
  339. Am 4. April 1986 übernahm die Ehefrau des Angeklagten C
  340. im
  341. LVB den Sprengstoff und überbrachte ihn der Angeklagten V
  342. C
  343. Am selben Abend wurde in der Wohnung der Angeklagten V
  344. C
  345. .
  346. mit dem Sprengstoff und einer Zündvorrichtung eine Bombe zusammengesetzt. In der Wohnung befanden sich zu diesem Zeitpunkt die Angeklagten
  347. V
  348. und A C
  349. ,C
  350. und E
  351. , eine Schwester der Angeklagten V
  352. sowie die Freigesprochene H
  353. C
  354. . Eine aktive Beteiligung
  355. der Angeklagten an der Zusammensetzung der Bombe hat die Strafkammer
  356. bei keinem Angeklagten festzustellen vermocht. Wer von den Angeklagten
  357. die Bombe zusammensetzte und wer die Angeklagte V
  358. C
  359. in die
  360. Funktionsweise der Bombe einwies, konnte nicht festgestellt werden. Vor
  361. dem Hintergrund divergierender Angaben der Angeklagten E
  362. ist zugunsten eines jeden der Angeklagten E
  363. ,C
  364. und A
  365. und A
  366. C
  367. C
  368. davon ausgegangen worden, daß jeweils die beiden anderen die Bombe zusammensetzten.
  369. Zwischen 22.00 und 23.00 Uhr verließen die Angeklagten E
  370. und A
  371. C
  372. ,C
  373. die Wohnung. Auf Nachfrage der Angeklagten V
  374. C
  375. erklärte sich ihre Schwester bereit, mit in die Diskothek „La Belle“ zu gehen, wobei diese möglicherweise lediglich davon ausging, zu einem „normalen“ Diskothekenbesuch aufgefordert zu werden. Die Angeklagte V
  376. C
  377. transportierte die Bombe in einer Tasche zur Diskothek, aktivierte
  378. - 10 -
  379. den Zeitzünder und verließ mit ihrer Schwester die Diskothek, in der sich über 200 Menschen aufhielten. Gegen 1.45 Uhr des 5. April 1986 explodierte
  380. die Bombe. Drei Menschen starben an ihren durch die Explosion verursachten schweren Verletzungen. Zahlreiche weitere Besucher sowie Angestellte
  381. des Lokals erlitten Verletzungen unterschiedlichen Grades.
  382. B.
  383. Revisionen der Staatsanwaltschaft
  384. I. Verfahrensrügen
  385. 1. Mit zwei Verfahrensrügen beanstandet die Beschwerdeführerin eine
  386. Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO), weil das
  387. Landgericht die im Ermittlungsverfahren gemachten Aussagen des Angeklagten E
  388. nicht verwertet hat.
  389. a) Sie macht zunächst geltend, das Landgericht habe hinsichtlich dieser Aussagen zu Unrecht ein Verwertungsverbot gemäß § 136a Abs. 3 StPO
  390. bejaht. Dazu trägt sie vor:
  391. Der Angeklagte E
  392. habe bei einer Vernehmung in der deutschen
  393. Botschaft auf Malta vom 10. September 1996 und bei vier Folgevernehmungen in Deutschland zwischen Oktober und Dezember 1996 geständige Angaben gemacht. Die Strafkammer habe diese Angaben des Angeklagten aus
  394. dem Ermittlungsverfahren zu Unrecht nicht verwertet. Entgegen ihrer Auffassung sei in dem rechtlichen Hinweis, den die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten E
  395. vor dessen erster Vernehmung gegeben habe, keine Täuschung
  396. im Sinne von § 136a StPO zu sehen. Auf der fehlerhaften Annahme eines
  397. Verwertungsverbotes beruhe das angefochtene Urteil auch: Hätte das Landgericht die Angaben des Angeklagten E
  398. berücksichtigt, hätte es zumindest
  399. - 11 -
  400. die Angeklagten C
  401. und A
  402. C
  403. nicht nur wegen Beihilfe zum Mord,
  404. sondern wegen gemeinschaftlicher Tatbegehung verurteilen müssen.
  405. Nach Auffassung des Tatrichters ist der Angeklagte E
  406. dadurch ge-
  407. täuscht worden, daß in ihm der irrige Eindruck erweckt wurde, geständige
  408. Angaben würden sich unabhängig von dem Gewicht des eingeräumten Tatbeitrags bei einer Verurteilung mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich strafmildernd für ihn auswirken. Dies sei geschehen, obwohl der Angeklagte E
  409. zum damaligen Zeitpunkt des mehrfachen mittäterschaftlichen Mordes beschuldigt wurde und bei Mord lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen ist,
  410. ohne daß wegen eines Geständnisses diese Strafe gemildert werden kann.
  411. Der Aussage des für den entsprechenden Hinweis an den Angeklagten E
  412. verantwortlichen Oberstaatsanwalts in der Hauptverhandlung, er habe das
  413. Geständnis als Anhaltspunkt für eine Prüfung der Schwere der Schuld nach
  414. § 57a StGB angesehen, ist die Strafkammer nicht gefolgt.
  415. b) Die Rüge ist nicht ordnungsgemäß erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2
  416. StPO).
  417. Der Beschwerdeführer, der eine Verletzung des Verfahrensrechts
  418. geltend machen will, muß die den Mangel begründenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, daß das Revisionsgericht allein aufgrund der
  419. Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die
  420. behaupteten Tatsachen bewiesen werden (BGHSt 3, 213, 214; 21, 334, 340;
  421. 29, 203; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Befangenheitsrüge 1, Beweisantragsrecht 2, Beweiswürdigung 3, letztes Wort 1, 3 und Verwertungsverbot 5;
  422. st. Rspr.).
  423. Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft hier nicht. Das Landgericht hat bei seiner in den Urteilsgründen
  424. vorgenommenen Beweiswürdigung zum Inhalt des Gesprächs im Hotel einen
  425. Vermerk des Oberstaatsanwalts vom 3. Dezember 1996 herangezogen, wo-
  426. - 12 -
  427. nach „der Angeklagte E
  428. für seine Tat mit vier bis sieben Jahren Freiheits-
  429. strafe zu rechnen“ habe (UA S. 198). Ohne vollständige Kenntnis dieses
  430. Vermerks, den die Revision nicht mitteilt, kann der Senat nicht prüfen, ob es
  431. sich bei dem rechtlichen Hinweis an den Angeklagten E
  432. um eine Täu-
  433. schung des Angeklagten oder allenfalls um eine doppeldeutige Erklärung
  434. gehandelt hat.
  435. c) Demnach kommt es auf die weitere erhobene Beanstandung, daß
  436. im Urteil die im Ermittlungsverfahren gemachten Aussagen des Angeklagten
  437. E
  438. auch wegen eines Verstoßes gegen die Benachrichtigungspflicht des
  439. § 168c Abs. 5 Satz 1 StPO als unverwertbar behandelt werden, nicht mehr
  440. an. Die Rüge kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil das Landgericht
  441. für diese Aussagen die Annahme eines nach § 136a Abs. 3 StPO bestehenden Verwertungsverbots bejaht hat, das von der Revision nicht wirksam angefochten worden ist.
  442. 2. Soweit die Beschwerdeführerin mit der Aufklärungsrüge (§ 244
  443. Abs. 2 StPO) die unterbliebene Vernehmung der Zeugen He
  444. v
  445. und Ga-
  446. rügt, kann sie keinen Erfolg haben. Das Landgericht hat die Ableh-
  447. nung des zugehörigen Beweisantrags rechtsfehlerfrei auf § 244 Abs. 5
  448. Satz 2 StPO gestützt. Nach dieser Bestimmung kann ein Beweisantrag auf
  449. Vernehmung eines Auslandszeugen abgelehnt werden, wenn dessen Vernehmung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung
  450. der Wahrheit nicht erforderlich ist, ohne daß die Erreichbarkeit dieses Zeugen geprüft werden müßte (BGHSt 40, 60, 62; Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl.
  451. § 244 StPO Rdn. 43 f.).
  452. Es ist schon zweifelhaft, ob der Revisionsvortrag der Staatsanwaltschaft vollständig ist (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Es fehlt nämlich an jeglichen näheren Angaben zum aktenmäßig erfaßten Hintergrund für die benannten Zeugen, dessen Kenntnis für die Beurteilung nach § 244 Abs. 5
  453. - 13 -
  454. Satz 2 i. V. m. Abs. 2 StPO wesentlich wäre. Jedenfalls ist die Rüge unbegründet.
  455. Bei der Beurteilung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO darf der Tatrichter
  456. das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme zugrunde legen. Mit Rücksicht
  457. hierauf hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei dargelegt, daß selbst dann,
  458. wenn die Zeugen die behaupteten Tatsachen bekundet hätten, aufgrund der
  459. zu den Beweisthemen bereits durchgeführten Beweisaufnahme keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten gewesen wären, die ihre Überzeugung hätten
  460. beeinflussen können. Im Hinblick auf das prahlerische Verhalten des Angeklagten C
  461. ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß die
  462. Strafkammer aus dessen behaupteten Angaben gegenüber dem Zeugen He
  463. nicht auf einen Täterwillen schließen wollte. Daß der Angeklagte
  464. C
  465. Anschläge mit dem Diplomaten A
  466. K
  467. gemeinsam plante, war
  468. entgegen dem Revisionsvorbringen nicht Gegenstand des Beweisantrags.
  469. 3. Ohne Erfolg bleibt auch die Aufklärungsrüge, mit der sich die Revision dagegen wendet, daß der Tatrichter nicht gemäß § 251 Abs. 2 Satz 2
  470. bzw. § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO die 1991 erfolgte polizeiliche Beschuldigtenvernehmung und die 1993 stattgefundene richterliche Zeugenvernehmung
  471. des ausländischen Zeugen A
  472. verlesen hat. Die Beschwerdeführerin teilt
  473. schon nicht mit, aufgrund welcher Umstände die Strafkammer nach Ablauf
  474. von fast acht Jahren davon hätte ausgehen müssen, daß die tatsächlichen
  475. Grundlagen für eine Verlesung, auf die sich die Beschwerdeführerin berief,
  476. noch fortbestanden. Auch brauchte der Tatrichter aus den unter Beweis gestellten Tatsachen nicht den von der Beschwerdeführerin gewünschten
  477. Schluß auf einen Täterwillen des Angeklagten C
  478. zu ziehen.
  479. II. Sachrüge
  480. Ohne durchgreifenden Erfolg beanstanden die – insoweit vom Generalbundesanwalt vertretenen – Revisionen der Staatsanwaltschaft mit der
  481. - 14 -
  482. Sachrüge, das Landgericht hätte die Angeklagten C
  483. E
  484. ,A
  485. C
  486. als Mittäter bestrafen müssen, im Falle der Angeklagten V
  487. und
  488. C
  489. nicht eine erhebliche Verminderung ihrer Steuerungsfähigkeit im Sinne des
  490. § 21 StGB zugrunde legen dürfen und bei allen vier Angeklagten das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe bejahen müssen.
  491. 1. Angeklagte C
  492. ,A C
  493. und E
  494. a) Soweit sich die Staatsanwaltschaft zum Nachteil dieser Angeklagten mit dem Ziel höherer Bestrafung gegen deren Verurteilung nur wegen
  495. Beihilfe zum Mord wendet, hat sie keinen Erfolg.
  496. aa) Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will,
  497. sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt
  498. dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Ob ein Beteiligter
  499. ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die
  500. von seiner Vorstellung umfaßt sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen.
  501. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür sind der Grad des eigenen Interesses am
  502. Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so daß Durchführung und Ausgang der Tat
  503. maßgeblich von seinem Willen abhängen (BGHSt 37, 289, 291; BGH StV
  504. 1998, 540 m.w.N.). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter
  505. für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Läßt
  506. das angefochtene Urteil erkennen, daß der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das
  507. gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH StV 1998, 540 m.w.N.).
  508. bb) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hätte es
  509. womöglich näher gelegen, die Angeklagten als Mittäter und nicht als bloße
  510. - 15 -
  511. Gehilfen anzusehen. Der Senat muß jedoch berücksichtigen, daß das Landgericht bei der gegebenen ungewöhnlich schwierigen und teilweise kargen
  512. Beweislage für sich rechtsfehlerfrei zum unmittelbaren Tatgeschehen grundsätzlich nur Mindestfeststellungen, die durch Tatsachen oder übereinstimmende Angaben mehrerer Angeklagter getragen werden, der Beweiswürdigung zugrunde gelegt hat. Zudem sind die Angeklagten nicht die Drahtzieher
  513. und eigentlichen Initiatoren des Sprengstoffanschlags; dessen Ziel wurde im
  514. LVB festgelegt, das auch den bei der Tat verwendeten Sprengstoff lieferte.
  515. Deshalb ist unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kriterien die
  516. Entscheidung des Landgerichts, die Angeklagten C
  517. E
  518. ,A
  519. C
  520. und
  521. seien Gehilfen und nicht Mittäter gewesen, aus revisionsrechtlicher Sicht
  522. hinzunehmen. Das Landgericht hat darauf abgestellt, daß keiner dieser Angeklagten am Transport der Bombe in die Diskothek und an der Auslösung
  523. des Zündmechanismus beteiligt oder auch nur anwesend war, als die Angeklagte V
  524. C
  525. in der Diskothek die Zündung auslöste. Das Landge-
  526. richt hat weiter bedacht, daß die im LVB tätigen leitenden Mitarbeiter – die
  527. beide auch dem libyschen Geheimdienst angehörten – die „Federführung
  528. hinsichtlich aller Überlegungen und Planungsschritte“ innehatten (UA S. 351,
  529. 359, 364).
  530. Die Strafkammer konnte sich hinsichtlich der Feststellungen zur unmittelbaren Vorbereitung und Durchführung des Anschlags nur auf die Einlassungen der Angeklagten E
  531. und A
  532. C
  533. sowie zum Ablauf des Zu-
  534. sammentreffens in der Wohnung am 4. April 1986 zusätzlich auf die Angaben der Angeklagten V
  535. C
  536. stützen. Andere Beweismittel, insbe-
  537. sondere die Vernehmung von Zeugen, waren unergiebig. Die Einlassungen
  538. der Angeklagten A C
  539. und E
  540. zur Planung von Anschlägen gegen a-
  541. merikanische Einrichtungen im März 1986 sowie zur Vorbereitung des konkreten Bombenanschlags wichen erheblich voneinander ab. Der Tatrichter
  542. hat sich auch nach Auseinandersetzung mit sämtlichen Einzelheiten beider
  543. Einlassungen und ihrer umfassenden Würdigung nicht in der Lage gesehen,
  544. - 16 -
  545. eine der beiden Einlassungen als zuverlässiger im Vergleich zur anderen
  546. Einlassung anzusehen. Daher ist das Landgericht den Angaben, soweit sie
  547. Belastungen anderer zum Gegenstand haben, mit großer Sorgfalt begegnet
  548. und hat letztlich seine Feststellungen auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ dieser Einlassungen gestützt, soweit nicht durch weitere Beweismittel
  549. eine Einlassung eines Angeklagten zur Überzeugung des Landgerichts bestätigt wurde. Deshalb konnten an vielen Stellen die Einlassungen der Angeklagten zwar nicht als Grundlage für sichere Feststellungen dienen, andererseits aber auch nicht zur Überzeugung der Strafkammer widerlegt werden,
  550. so daß insoweit nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ von der jeweils günstigeren Variante für den einzelnen Angeklagten ausgegangen wurde.
  551. Im Hinblick auf einen Anschlag auf einen amerikanischen Bus konnte
  552. die Strafkammer nur feststellen, daß die Angeklagten in nicht näher zu ermittelnder Weise an letztlich abgebrochenen Planungen beteiligt waren. Hinsichtlich des Anschlags auf die Diskothek konnte ebenfalls nicht festgestellt
  553. werden, daß die Angeklagten an der Planung und Vorbereitung beteiligt waren. Nach den Urteilsgründen ist davon auszugehen, daß die Angeklagten
  554. C
  555. und E
  556. aus dem LVB lediglich angewiesen wurden, in der Wohnung
  557. durch ihre Anwesenheit die Realisierung des Tatplans zu unterstützen, daß
  558. sie auch nur diese Rolle einnehmen wollten und daß dem Angeklagten A
  559. C
  560. erst nach Betreten der Wohnung der konkrete Tatplan bekannt wur-
  561. de. Über die Anwesenheit in der Wohnung und die dadurch für die anderen
  562. Beteiligten zum Ausdruck gebrachte Billigung und Unterstützung des Vorhabens hinaus konnten keine weiteren Tatbeiträge der Angeklagten festgestellt
  563. werden. Zugunsten eines jeden einzelnen hat die Strafkammer ohne
  564. Rechtsfehler unterstellt, daß er am Bau der Bombe nicht aktiv mitgewirkt hat.
  565. Zwar hat der Tatrichter bei seiner Abwägung nicht ausdrücklich erörtert, daß alle drei Angeklagte an einer Zusammenkunft mit A
  566. J
  567. , der
  568. für eine Beteiligung an dem beabsichtigten Anschlag auf einen amerikanischen Bus vorgesehen war, teilgenommen haben. Entgegen der Auffassung
  569. - 17 -
  570. der Revision ist dieser Umstand jedoch nicht aussagekräftig im Hinblick auf
  571. eine mögliche Mittäterschaft der Angeklagten. Es konnte nicht festgestellt
  572. werden, welche Rolle die Angeklagten bei diesem Gespräch spielten und
  573. welche Aufgaben ihnen bei dem geplanten Anschlag zukommen sollten.
  574. Auch sonst liegen keine Umstände vor, die den Tatrichter an einer
  575. Bewertung der Tatbeiträge der Angeklagten als Beihilfe hindern mußten. Insbesondere ergeben diese sich nicht notwendig aus den Feststellungen zur
  576. Art ihrer Anbindung an das LVB und zu ihren sonstigen Aktivitäten. Daß danach eine abweichende tatrichterliche Wertung – insbesondere bei den Angeklagten E
  577. und C
  578. , auch angesichts ihrer festgestellten politischen
  579. Motivation – durchaus möglich gewesen wäre, begründet noch keinen Anlaß
  580. zu einem Eingreifen durch das Revisionsgericht.
  581. b) Das Landgericht hat die Tat rechtsfehlerfrei als heimtückisch und
  582. mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen Mord beurteilt. Der Tatrichter hat
  583. aber das Vorliegen des weiteren Mordmerkmals einer Tötung aus niedrigen
  584. Beweggründen verneint, weil „das politische Motiv ... dieses Mordmerkmal
  585. (nicht) ausfüllen“ könne, „zumal hierbei dem Bewertungspluralismus Rechnung zu tragen“ sei (UA S. 356, 357). Diese Wertung ist unzutreffend und
  586. wird zu Recht von der Staatsanwaltschaft, der sich etliche Nebenkläger angeschlossen haben, beanstandet. Zudem lassen die Ausführungen des
  587. Landgerichts besorgen, daß es die Voraussetzungen für die Annahme einer
  588. Beihilfe zum Mord aus niedrigen Beweggründen verkannt hat.
  589. Wegen Beihilfe zum Mord aus niedrigen Beweggründen können die
  590. Angeklagten dann verurteilt werden, wenn V
  591. C
  592. oder deren Mit-
  593. täter – die libyschen Drahtzieher und eigentlichen Initiatoren des Sprengstoffanschlags – aus niedrigen Beweggründen gehandelt haben und sie
  594. selbst als Gehilfen ihre Tatbeiträge entweder ebenfalls aus niedrigen Beweggründen oder in Kenntnis der niedrigen Beweggründe der Mittäter er-
  595. - 18 -
  596. bracht haben (st. Rspr., vgl. BGH NStZ 1996, 384, 385 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen vor.
  597. Wer aus terroristischen Motiven gezielt an der politischen Auseinandersetzung unbeteiligte Dritte durch einen Sprengstoffanschlag tötet, handelt
  598. aus niedrigen Beweggründen. Solches trifft ersichtlich für die maßgeblichen
  599. libyschen Hinterleute dieses Anschlags wie auch für die Angeklagten C
  600. A C
  601. und E
  602. ,
  603. selbst zu.
  604. Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat „niedrig“ sind, also nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, mithin in
  605. deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und
  606. deshalb als besonders verachtenswert erscheinen, hat aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des
  607. Täters maßgeblichen Faktoren zu erfolgen (vgl. BGHSt 35, 116, 127; BGH
  608. StV 1996, 211, 212). Die hierzu von der Strafkammer festgestellten Umstände lassen die Wertung des Beweggrundes als „niedrig“ durch den Senat zu.
  609. Die zufällige, unterschiedslose und deshalb willkürliche Auswahl von unbeteiligten Menschen als Opfer rechtfertigt die Einstufung der Motivation als
  610. „niedrig“ (vgl. BGHSt 47, 128, 132 m.w.N.; Jähnke in LK 11. Aufl. § 211
  611. Rdn. 27; Schneider in MünchKomm-StGB § 211 Rdn. 79, 85). Das „Startbahn-West-Urteil“ des Bundesgerichtshofs (NStZ 1993, 341; ablehnend dazu
  612. Jähnke und Schneider aaO) steht dieser Wertung nicht entgegen, weil der
  613. dortige Einzelfall sowohl in der Tatmotivation als auch in der Auswahl der
  614. Opfer wesentliche Besonderheiten aufwies; im vorliegenden Fall waren die
  615. Opfer völlig unbeteiligt. Zudem ist der regelmäßig verheerend wirkende unkontrollierbare Einsatz von Bomben oder Minen von vornherein eklatant
  616. menschenverachtend (vgl. BGHSt 40, 218, 232; 44, 204, 209; v. Selle
  617. NJW 2000, 992, 996).
  618. Auf die Herkunft der Angeklagten aus dem Libanon bzw. aus Libyen,
  619. wo der Sprengstoffanschlag auf die Diskothek möglicherweise aus politischer
  620. - 19 -
  621. Verblendung und weitgehender Indoktrination von manchen gebilligt worden
  622. sein mag, kann es bei der Gesamtwürdigung, ob das Tötungsmotiv als niedrig einzuschätzen ist, nicht ankommen. Der Maßstab für die Bewertung eines
  623. Beweggrundes ist grundsätzlich den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft
  624. der Bundesrepublik Deutschland und nicht den Anschauungen einer Volksgruppe, die die sittlichen und rechtlichen Werte dieser Rechtsgemeinschaft
  625. nicht anerkennt, zu entnehmen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Niedrige Beweggründe 41; BGH NJW 2004, 1466 – zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt – m.w.N.).
  626. c) Die Annahme einer Beihilfe zum Mord auch aus niedrigen Beweggründen bei den Angeklagten C
  627. ,A
  628. C
  629. sowie E
  630. und die damit
  631. verbundene Abweichung von der Rechtsauffassung des Tatrichters führt hier
  632. nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß bei zutreffender Bejahung eines
  633. Mordmerkmals die fehlerhafte Verneinung eines weiteren Mordmerkmals den
  634. Bestand des Schuldspruchs jedenfalls dann nicht gefährdet, wenn hinsichtlich des fehlerhaft behandelten Mordmerkmals weitere tatrichterliche Feststellungen – so wie hier – nicht erforderlich sind (vgl. BGHR StPO § 353
  635. Abs. 1 Teilaufhebung 1). Der Senat schließt zudem aus, daß der jetzt erfolgten Bejahung des zusätzlichen Mordmerkmals niedriger Beweggründe,
  636. dessen Tenorierung es nicht bedarf, Auswirkungen auf die Strafaussprüche
  637. zukämen; diese können bestehen bleiben. Die Strafen sind untereinander
  638. sachgerecht differenziert und bewegen sich im oberen Bereich des zutreffend bestimmten Strafrahmens. Das schreckliche Tatbild ist vom Landgericht, für das die numerische Zahl der Mordmerkmale nicht strafentscheidend
  639. war, berücksichtigt worden. Vor dem Hintergrund der nach § 211 Abs. 1
  640. StGB i. V. m. § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB für Beihilfe zum Mord bestehenden Obergrenze von 15 Jahren Freiheitsstrafe kommt hinzu, daß auf
  641. den inzwischen nochmals beträchtlich verlängerten zeitlichen Abstand zur
  642. - 20 -
  643. Tat strafmildernd Bedacht zu nehmen wäre (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2
  644. Verfahrensverzögerung 13).
  645. 2. Angeklagte V
  646. C
  647. a) Das Landgericht hat bei der Angeklagten eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund der Auswirkungen einer depressiven
  648. Erkrankung in Verbindung mit einer histrionischen Persönlichkeitsstörung für
  649. nicht ausgeschlossen erachtet, obgleich der in der Hauptverhandlung gehörte psychiatrische Sachverständige
  650. Krö
  651. davon ausging, daß
  652. die Begutachtung keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine verminderte
  653. Schuldfähigkeit erbracht hätte.
  654. aa) Die Anwendung des § 21 StGB begegnet keinen durchgreifenden
  655. rechtlichen Bedenken.
  656. Das Landgericht ist zwar im Ergebnis nicht dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen gefolgt. Dies war aber auch von Rechts wegen nicht geboten, weil der gerichtlich bestellte Sachverständige dem Richter
  657. für die Prüfung der Tatsachenfrage, ob eine krankhafte seelische Störung der
  658. Angeklagten zur Tatzeit vorgelegen hat, nur die von ihm ermittelten Befundtatsachen mitteilen und Sachkunde vermitteln soll, ihn aber nicht von der
  659. Verantwortung für die Entscheidung der aufgeworfenen Fragen entbinden
  660. kann (vgl. BGHSt 8, 113, 117 f.; BGH GA 1962, 116). Bei der Prüfung der
  661. Erheblichkeit einer Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des §
  662. 21 StGB handelt es sich um eine Rechtsfrage (BGHSt 8, 113, 124; Jähnke in
  663. LK 11. Aufl. § 21 Rdn. 8 ff. m.w.N.), die der Tatrichter ausschließlich in eigener Verantwortung beantworten muß (BGHR StGB § 21 Sachverständiger
  664. 11). Weder bezüglich der Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorliegen
  665. einer krankhaften seelischen Störung noch seiner rechtlichen Bewertung,
  666. daß diese die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten erheblich im Sinne des §
  667. 21 StGB beeinträchtigt habe, sind letztlich Rechtsfehler zu erkennen.
  668. - 21 -
  669. Der Sachverständige hat zwar nicht sicher feststellen, aber auch nicht
  670. ausschließen können, daß die Angeklagte zur Tatzeit an einer mittelschweren Depression im Sinne der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
  671. herausgegebenen internationalen Klassifikation (ICD-10 F33) litt, die als
  672. krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB anzusehen ist. Die
  673. Strafkammer hat sich nach eigener Prüfung dieser Sichtweise angeschlossen.
  674. Darüber hinaus hat sie erneut nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“
  675. nicht ausschließen können, daß die Angeklagte aufgrund der Auswirkungen
  676. einer möglicherweise im Abklingen befindlichen depressiven Phase nur erheblich vermindert in der Lage gewesen sein könnte, nach ihrer Unrechtseinsicht zu handeln. Der Sachverständige hat hierzu hervorgehoben, daß die für
  677. Depressionen typischen Krankheitssymptome wie die Unfähigkeit, einfache
  678. Aufgaben des Alltags zu bewältigen, verminderte Konzentration und geringes
  679. Selbstwertgefühl in der Regel zur Folge haben bzw. vermuten lassen, daß
  680. Depressionen die Bereitschaft zur Begehung von Straftaten eher hemmen
  681. als fördern. Sollte die Angeklagte sich zur Tatzeit in einer depressiven Phase
  682. befunden haben und dennoch in der Lage gewesen sein, gezielt den Anschlag zu verüben, sei dies aus seiner Sicht allenfalls denkbar, wenn sie diese Tat trotz, nicht aber aufgrund der Depression begangen hätte. Das Landgericht hat sodann mit dem Sachverständigen anhand einschlägiger psychiatrischer Fachliteratur die bestehenden Unsicherheiten bei der vorzunehmenden Bewertung erörtert. Dabei hat sich der Sachverständige gegen eine
  683. darin vertretene Sichtweise gewandt, daß durch eine Depression eine „Auflockerung der Gesamtpersönlichkeit“ hervorgerufen werden könne. Er hat aber
  684. auch eingeräumt, daß es grundsätzlich Fallkonstellationen gäbe, bei denen
  685. Depressionen zur Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters führen
  686. könnten. In der forensischen Psychiatrie sei bis heute nicht abschließend
  687. geklärt, welche Auswirkungen Depressionen in der abklingenden Phase auf
  688. das Verhalten von Straftätern hätten.
  689. - 22 -
  690. Vor diesem Hintergrund hat die Strafkammer nicht auszuschließen
  691. vermocht, daß einerseits die Angeklagte aufgrund des Abklingens der
  692. Krankheitssymptome überhaupt in der Lage war, die Tat auszuführen, andererseits aber durch die Krankheit bei ihr Kontrollmechanismen noch so außer Kraft gesetzt waren, daß sie nur erheblich vermindert in der Lage war,
  693. entsprechend ihrer Unrechtseinsicht zu handeln. Dabei waren zwei Besonderheiten ausschlaggebend. Zum einen hat der Sachverständige zusätzlich
  694. eine histrionische Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.4) diagnostiziert, die
  695. sich durch starkes Angewiesensein auf Bewunderung, durch theatralische
  696. Verhaltensweisen in Verbindung mit dieser Geltungsssucht sowie durch Affekte zum Überziehen und Sichinszenieren auszeichnet und nach vertretbarer Auffassung des Landgerichts im Zusammenwirken mit der abklingenden
  697. Depression das Hemmungsvermögen der Angeklagten verstärkt beeinträchtigt haben kann. Zum anderen konnten weder der Sachverständige noch das
  698. Landgericht trotz mehrjähriger Hauptverhandlung das Motiv der Angeklagten,
  699. vor 15 Jahren einen derartigen Bombenanschlag zu begehen, sicher aufklären. Der Klärung des Tatmotivs kommt aber auch nach den Darlegungen des
  700. Sachverständigen eine wesentliche Bedeutung bei der Einschätzung der
  701. Schuldfähigkeit eines Täters zu. Für den Tatrichter ist es hiernach denkbar,
  702. daß bei der hier nicht ausgeschlossenen Konstellation einer ausklingenden
  703. Depression mit histrionischer Komponente die Angeklagte mit etwa folgender
  704. Vorstellung handelte: „Mir ist sowieso alles egal, aber zumindest wird die
  705. ganze Welt über mich reden“ (UA S. 339). Das Landgericht selbst sieht seine
  706. Zweifel auf den Unsicherheiten gegründet, die von dem Sachverständigen
  707. bei der Bewertung des Falles selbst benannt worden sind und von ihm auch
  708. nach Auseinandersetzung mit der einbezogenen psychiatrischen Fachliteratur nicht ausgeräumt werden konnten.
  709. bb) Die tatrichterliche Wertung ist namentlich vor dem Hintergrund erheblicher Einflußnahme Dritter auf den Entschluß der Angeklagten zur Tat-
  710. - 23 -
  711. begehung vertretbar. Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände
  712. bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.
  713. Zu Unrecht vermißt die Revision konkrete Anknüpfungstatsachen dafür, daß sich die Angeklagte in einer mittelschweren Depression befunden
  714. haben könnte. Die Strafkammer hat zutreffend ausgeführt, daß den Einlassungen der Angeklagten E
  715. wicht
  716. zukommt
  717. (vgl.
  718. und A
  719. auch
  720. C
  721. BGH,
  722. insoweit nur geringeres GeBeschluß
  723. vom
  724. 31. März 2004
  725. – 5 StR 351/03), und in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen dargelegt, es sei nicht ungewöhnlich, daß Menschen, die zu Depressionen neigen,
  726. nach Jahren nicht mehr in der Lage seien, ihre psychische Verfassung auf
  727. einen bestimmten viele Jahre zurückliegenden Zeitpunkt zu beschreiben. Für
  728. Frühsommer 1985 und Dezember 1986 sind zumindest mittelschwere Depressionen ebenso belegt wie in einem ärztlichen Attest aus dem Jahre 1994
  729. (UA S. 33, 150, 329). Berichten des MfS über Treffen mit der Angeklagten
  730. brauchte der Tatrichter aus Rechtsgründen nicht zu entnehmen, daß lediglich
  731. zu den beiden darin genannten Zeitpunkten depressive Phasen bestanden
  732. haben.
  733. Daß die Angeklagte nach ihrer Einlassung nicht allein zur Diskothek
  734. gehen wollte und auf ihre Schwester einwirkte, sie zu begleiten, steht der
  735. Annahme einer schweren depressiven Phase nicht entgegen. Die Fähigkeit,
  736. planvoll vorzugehen, wird hierdurch nicht etwa völlig ausgeschlossen.
  737. Der Senat besorgt auch nicht, die Strafkammer könne bei der Prüfung
  738. eines Motivs der Angeklagten übersehen haben, daß diese zur Tatzeit arbeitslos war und vom Angeklagten A
  739. C
  740. keine finanzielle Unterstüt-
  741. zung erhalten hatte. Der Tatrichter hat sich mit einem Motiv aus finanziellen
  742. oder sonstigen materiellen Gründen ausführlich und rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt (UA S. 296 – 298).
  743. b) Soweit das Landgericht hinsichtlich der Angeklagten V
  744. C
  745. das Vorliegen des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe nicht an-
  746. - 24 -
  747. genommen hat, unterliegt das im Hinblick auf die nicht ausgeschlossene erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit dieser Angeklagten keinen
  748. gleichermaßen durchgreifenden Bedenken wie bei den drei anderen Angeklagten (vgl. zum Vorliegen der subjektiven Erfordernisse des Mordmerkmals
  749. der niedrigen Beweggründe BGH NJW 2004, 1466 – zur Veröffentlichung in
  750. BGHSt bestimmt – m.w.N.). Da sie Mittäterin ist, kommt es sie betreffend
  751. darauf an, ob sie selbst niedrige Beweggründe hatte. Nach den Feststellungen des Landgerichts handelte die Angeklagte V
  752. C
  753. im wesentli-
  754. chen motivlos und ihr Handeln war – jedenfalls nicht ausschließbar – von
  755. depressiven Phasen bestimmt, die jedoch nicht ihre Fähigkeit zum planvollen
  756. Handeln ausschlossen. Aufgrund dieser Disposition läßt sich aus den Urteilsgründen nicht sicher ableiten, ob bei der Angeklagten auch die subjektiven Erfordernisse des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe erfüllt
  757. sind. Dies nötigt indes nicht zu einer Zurückverweisung der Sache. Aus denselben Gründen wie bei den drei anderen Angeklagten wäre auch bei der
  758. Angeklagten V
  759. C
  760. eine Auswirkung auf den Schuld- oder Straf-
  761. ausspruch zu verneinen.
  762. C.
  763. Revisionen der Nebenkläger
  764. I. Revisionen des Nebenklägers Br
  765. 1. Die Zulässigkeit der gegen die wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes verurteilten Angeklagten V
  766. C
  767. gerichteten Revision
  768. scheitert an § 400 Abs. 1 StPO. Der Nebenkläger könnte mit seiner Revision,
  769. da das Landgericht das Tötungsdelikt als Mord beurteilt hat, hinsichtlich dieses Nebenklagedelikts nur eine andere Rechtsfolge der Tat erreichen; mit
  770. diesem Ziel kann er das Urteil nicht anfechten (vgl. BGHR StPO § 400 Abs. 1
  771. Zulässigkeit 12).
  772. - 25 -
  773. 2. Die den Freispruch der Angeklagten H
  774. betreffende Revision
  775. bleibt erfolglos.
  776. a) Die Verfahrensrüge greift nicht durch. Die Ablehnung des Hilfsbeweisantrags in den Urteilsgründen als bedeutungslos ist aus Rechtsgründen
  777. nicht zu beanstanden. Der Tatrichter darf eine mögliche Indiztatsache dann
  778. als bedeutungslos ansehen, wenn sie selbst für den Fall des Erwiesenseins
  779. die Entscheidung nicht beeinflussen könnte, weil das Gericht in seiner freien
  780. Beweiswürdigung einen möglichen, wenn auch nicht zwingenden Schluß aus
  781. der Tatsache nicht ziehen will (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 2, 4 und 23 m.w.N.).
  782. b) Die Sachrüge ist unbegründet.
  783. Die Beweiswürdigung ist frei von Rechtsfehlern und verstößt insbesondere nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze. Daß eine abweichende
  784. tatgerichtliche Wertung möglich gewesen wäre, vielleicht sogar näher gelegen hätte, berechtigt das Revisionsgericht noch nicht zum Eingreifen.
  785. 3. Auch den gegen die Angeklagten C
  786. ,A
  787. C
  788. und E
  789. ge-
  790. richteten Revisionen bleibt ein Erfolg versagt.
  791. a) Die Verfahrensrügen, die sich gegen die Nichtverurteilung der Angeklagten C
  792. ,A
  793. C
  794. und E
  795. als Mittäter richten, gehen fehl.
  796. Die Behauptungen der Revision, die am 274. Hauptverhandlungstag
  797. gestellten Hilfsbeweisanträge seien nicht beschieden worden, ist falsch. Im
  798. Urteil sind diese Anträge als bloßer Wiederholungsantrag bzw. wegen eigener Sachkunde des Gerichts zurückgewiesen worden (UA S. 202 ff., 238).
  799. b) Soweit sich die Sachrüge gegen die Nichtverurteilung des Angeklagten C
  800. als Mittäter richtet, ist sie unbegründet (vgl. die Ausführungen
  801. zur Sachrüge der Staatsanwaltschaft und unten II. a.E.).
  802. - 26 -
  803. Die Revision des Nebenklägers ist dagegen unzulässig, soweit mit ihr
  804. als weiteres Anfechtungsziel die Bejahung des zusätzlichen Mordmerkmals
  805. der sonst niedrigen Beweggründe erstrebt wird. Die Annahme eines weiteren
  806. Mordmerkmals würde sich allenfalls auf den Rechtsfolgenausspruch auswirken können. Nach § 400 Abs. 1 StPO kann der Nebenkläger ein Urteil aber
  807. nicht mit dem Ziel anfechten, daß eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt
  808. wird (vgl. BGH NJW 1999, 2449).
  809. 4. Soweit das Gericht nach § 405 Satz 2 StPO davon abgesehen hat,
  810. über den Antrag auf Schmerzensgeld im Adhäsionsverfahren zu entscheiden, ist die Rüge bereits deshalb unzulässig, weil dem Antragsteller insoweit
  811. ein Rechtsmittel nicht zusteht (§ 406a Abs. 1 StPO).
  812. II. Revisionen der weiteren beschwerdeführenden Nebenkläger
  813. Die Revisionen der Nebenkläger Ba
  814. Frei
  815. und M
  816. , Gra , Kan , Laub , Mar
  817. N
  818. , No ,
  819. Nu
  820. , Be
  821. , Ed
  822. , El
  823. , Mas
  824. , Mc C
  825. , Mö
  826. , Pf
  827. , Red und St
  828. ,
  829. ,I
  830. sind unbegründet, soweit sie sich gegen die Nichtverurteilung der
  831. Angeklagten C
  832. ,A C
  833. und E
  834. wegen mittäterschaftlich begange-
  835. nen Mordes wenden, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die
  836. Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Nebenkläger ergeben hat.
  837. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Sachrüge der Staatsanwaltschaft Bezug genommen.
  838. Der Senat verkennt nicht, daß insbesondere aus der Perspektive der
  839. teilweise erheblich verletzten und schwer betroffenen Opfer die Verhängung
  840. nur zeitiger Freiheitsstrafen – die der schwierigen Beweis- und Rechtslage
  841. geschuldet ist – nicht leicht nachzuvollziehen sein mag. Dies gilt umso mehr,
  842. als eine andere Entscheidung des Landgerichts gleichermaßen vertretbar zu
  843. begründen und damit aus revisionsrechtlicher Sicht ebenfalls hinzunehmen
  844. - 27 -
  845. gewesen wäre. Bei allem ist aber auch zu bedenken, daß nicht die eigentlichen Haupttäter – libysche Drahtzieher und Hintermänner – vor Gericht
  846. standen.
  847. D.
  848. Revisionen der Angeklagten
  849. I. Revision des Angeklagten C
  850. 1. Im Zusammenhang mit der Festsetzung des Umrechnungsmaßstabs für die im Libanon vollzogene Auslieferungshaft und der Bestimmung
  851. ihrer anrechnungsfähigen Dauer ist ein Verstoß gegen § 261 StPO nicht zu
  852. erkennen. Die eingeholte Stellungnahme des Auswärtigen Amtes zu den
  853. Haftverhältnissen im Libanon steht entgegen der Behauptung der Revision
  854. im Einklang mit den Wertungen des Landgerichts. Die Feststellung einer vom
  855. Angeklagten im Libanon bis Januar 1994 verbüßten Freiheitsstrafe kann
  856. durch die Zeugenaussage eines Ermittlungsbeamten, gegebenenfalls auf
  857. Vorhalt einer aktenkundigen Mitteilung aus dem Libanon, in die Hauptverhandlung eingeführt worden sein.
  858. 2. Die Überprüfung des Urteils auf die allgemeine Sachrüge ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
  859. II. Revision des Angeklagten A
  860. C
  861. Die Überprüfung des Urteils auf die allgemeine Sachrüge ergibt keinen
  862. Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten.
  863. III. Revision der Angeklagten V
  864. C
  865. - 28 -
  866. 1. Die Revision beanstandet im Ergebnis ohne Erfolg die Verletzung
  867. von § 136 Abs. 1 Satz 1 und § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO, weil die Angeklagte
  868. vor ihrer Aussage bei der Staatsanwaltschaft nicht ordnungsgemäß informiert
  869. und belehrt worden sei; daraus folge ein Beweisverwertungsverbot.
  870. Das Landgericht hat – zutreffend – die Auffassung vertreten, daß der
  871. vernehmende Oberstaatsanwalt verpflichtet gewesen wäre, die Angeklagte
  872. zu Beginn der Vernehmung über die Tatsache der erfolgten Anklageerhebung und den aktuellen Umfang des Tatvorwurfs in der Anklageschrift zu
  873. unterrichten. Im Ergebnis mit Recht hat die Strafkammer aber ein Verwertungsverbot verneint. Über ihr Schweigerecht war die Angeklagte informiert.
  874. Jenseits davon lag ein relevantes Informationsdefizit nicht vor. Durch den
  875. Haftbefehl war für die Angeklagte erkennbar, daß sich der Tatvorwurf zusätzlich zu der Tötung von drei Menschen auch auf weitere Opfer erstrecken
  876. würde; die Tat insoweit rechtlich als versuchten Mord zu würdigen, lag angesichts der nicht beherrschbaren Sprengstoffexplosion nahe.
  877. 2. Die Überprüfung des Urteils auf die weitere Verfahrensrüge und die
  878. erhobene Sachrüge ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten.
  879. IV. Revision des Angeklagten E
  880. Die Angriffe gegen die Strafzumessung, die die Revision mit der Sachrüge vorbringt, können keinen Erfolg haben.
  881. 1. Der sachlichrechtlichen Nachprüfung hält stand, daß der Tatrichter
  882. den Umstand, daß der Angeklagte „schon vor dem Anschlag längere Zeit in
  883. Vorbereitungshandlungen involviert war“ (UA S. 377), straferschwerend berücksichtigt hat. Die Stärke des Tatwillens (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) kann
  884. sich auch aus Tatvorbereitungen ergeben. Für eine rechtsfehlerhafte Anlastung eines Verhaltens, in dem ein strafbefreiender Rücktritt des Angeklagten
  885. - 29 -
  886. zu finden wäre, ist bei den vorliegenden Sachverhaltsfeststellungen nichts
  887. ersichtlich.
  888. 2. Irgendwelche tragfähigen Anhaltspunkte für einen Ansatz, die Bestrafung des Beschwerdeführers sei im Vergleich zu derjenigen des Angeklagten A
  889. C
  890. rechtsfehlerhaft zu hoch bemessen worden (vgl. hierzu
  891. Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 46 Rdn. 25a), bestehen nicht.
  892. Harms
  893. Basdorf
  894. Raum
  895. Gerhardt
  896. Schaal