Search on legal documents using Tensorflow and a web_actix web interface
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

80 lines
3.7 KiB

1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 184/04
  4. vom
  5. 22. Juli 2004
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22. Juli 2004 gemäß § 349 Abs. 2
  11. und 4 StPO beschlossen:
  12. 1.
  13. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  14. Landgerichts Stralsund vom 19. Januar 2004 im Schuldspruch dahin geändert, daß in den Fällen II 1 und 2 der
  15. Urteilsgründe die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen entfällt.
  16. 2.
  17. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
  18. 3.
  19. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und
  20. die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
  21. Gründe:
  22. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen in
  23. zwei Fällen (Fälle II 1 und 2), sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in
  24. Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten in zwei Fällen (Fälle II 3 und 4)
  25. und Beischlafs zwischen Verwandten (Fall II 5) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
  26. von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner
  27. Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das
  28. Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich
  29. -3-
  30. der Fälle II 1 und 2; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
  31. StPO.
  32. 1. In den Fällen II 1 und 2 der Urteilsgründe bedarf der Schuldspruch
  33. der Änderung dahin, daß der Angeklagte jeweils nur des sexuellen Mißbrauchs
  34. eines Kindes schuldig ist. Die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten
  35. sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) muß
  36. entfallen, weil insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Verjährungsfrist für § 174 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB).
  37. Die erste verjährungsunterbrechende Handlung (Erlaß eines Haftbefehls) erfolgte am 29. April 2003, so daß die Verstöße gegen § 174 StGB in den Fällen
  38. II 1 und 2 (Tatzeiten: Dezember 1995 bis zum 25. März 1997) verjährt sind.
  39. Daß diese Vorwürfe jeweils mit dem nichtverjährten sexuellen Mißbrauch eines
  40. Kindes in Tateinheit stehen, steht der Annahme von Verjährung nicht entgegen; denn die Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem Zusammentreffen
  41. für jede Gesetzesverletzung gesondert (vgl. BGH NStZ 1990, 80, 81; StV 1990,
  42. 404, 405; BGH, Beschluß vom 7. April 2004 – 2 StR 4/04; Tröndle/Fischer,
  43. StGB 52. Aufl. § 78a Rdn. 5 m.w.N.). Durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007), durch den bestimmt ist, daß
  44. nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB nunmehr auch bei Straftaten nach § 174 StGB
  45. die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht, hat
  46. sich an dieser Rechtslage für den vorliegenden Fall nichts geändert, weil zum
  47. Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. April 2004) bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten war (vgl. hierzu den Senatsbeschluß vom 24. Juni
  48. 2004 - 4 StR 165/04).
  49. -4-
  50. 2. Trotz der Änderung des Schuldspruchs können die in den Fällen II 1
  51. und 2 des Urteils festgesetzten Einzelstrafen bestehen bleiben; denn der Senat
  52. kann aufgrund der Strafzumessungserwägungen des Landgerichts, bei denen
  53. sich die tateinheitliche Verwirklichung des § 174 StGB nicht strafbestimmend
  54. zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, ausschließen, daß der Tatrichter auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn er die Verfolgungsverjährung beachtet hätte.
  55. Maatz
  56. Kuckein
  57. Ernemann
  58. Athing
  59. Sost-Scheible