You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.
 
 

44673 lines
2.6 MiB

Vahlen Studienreihe Jura
Köbler · Juristisches Wörterbuch 2004/14
Gelöscht: 3
Juristisches Wörterbuch
Rechtsdeutsch für jedermann
Das deutsche Recht
in einem Band
aus einer Hand
auf neuem Stand
von
Dr. Gerhard Köbler
o. Professor
12., neubearbeitete Auflage
Verlag Franz Vahlen München
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Köbler, Gerhard:
Juristisches Wörterbuch /
von Gerhard Köbler. – 12., neubearb. Aufl. – München : Vahlen, 2003
(Vahlen-Studienreihe Jura)
ISBN 3-8006NE: HST
ISBN 3 8006
© 2003 Verlag Franz Vahlen GmbH, München
Satz und Druck: Wagner GmbH, Nördlingen
Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem
Papier (hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff)
Vorwort
Juristen haben eine besondere, von der allgemeinen Sprache verschiedene Fachsprache. Sie zu
verstehen, ist nicht immer leicht. Sie zu beherrschen vermag nur, wer sie sich zu eigen macht.
Die Vermittlung ihres Fachwortschatzes ist ein wesentliches Ziel der juristischen Ausbildung.
Angesichts des beständigen rechtlichen Wandels kann sie immer nur auf Zeit gelingen. Deswegen
ist lebenslanges Lernen erforderlich.
Dazu will das vorliegende Buch beitragen, indem es den Kernrechtswortschatz Deutschlands
laufend als einfache Einheit zusammenfasst. Diesen Grundbestand versieht es mit gleichmäßiger
transparenter Struktur. Leicht lesbar wird das Ergebnis seit vielen Jahren jedermann zur Verfügung
gestellt.
Ausgangspunkt der Bearbeitung ist das einzelne Rechtswort. Es erhält seinen festen Platz im Buch
durch dessen strikt alphabetische Ordnung. Mit der jeweiligen Rechtswirklichkeit wird es durch
seine wichtigsten gesetzlichen Fundstellen verknüpft.
Als erstes wird jedes Rechtswort auf seinen Inhalt (was ist das?) befragt. Dafür wird durchgehend
die logische Möglichkeit genutzt, das besondere Kennzeichnende (einer als unbekannt angesehenen
Art z. B. Quadrat) durch das Allgemeine (einer als bekannt angesehenen Gattung z. B. Rechteck)
und das (als bekannt angesehene) Besondere (der als unbekannt angesehenen Art z. B. mit gleich
langen Seiten) innerhalb des Allgemeinen (der als bekannt angesehenen Gattung z. B. Rechteck)
verständlich zu machen. Deshalb wird etwa zur Beantwortung der Frage: „was ist ein
Abkömmling?“ zwischen dem als unbekannt angesehenen zu Definierenden (Abkömmling) und
dem aus zwei als bekannt behandelten Teilen bestehenden Definierenden (Gattung, Sondermerkmal
der Art innerhalb der Gattung) eine umkehrbare Gleichung (a = g*, g* = a) hergestellt.
Innerhalb dieser (nur bei überzeugender Definition wirklich umkehrbaren) Gleichung (z. B.
Abkömmling = Verwandter absteigender Linie bzw. Verwandter absteigender Linie =
Abkömmling) kann das zu Definierende (z. B. Abkömmling) logischerweise nicht auch innerhalb
des zweiteiligen Definierenden (z. B. Verwandter absteigender Linie) verwendet werden, darf also
nicht zugleich links und rechts des Gleichheitszeichens stehen. Das zweiteilige Definierende (z. B.
Verwandter absteigender Linie) ist wegen der bei ihm vorausgesetzten Bekanntheit (der Gattung z.
B. Verwandter und des besonderen Merkmals der Art innerhalb der Gattung z. B. absteigender
Linie) logischerweise verständlicher als das auf Grund seiner (angenommenen bzw.
verhältnismäßigen) Unbekanntheit (der Art) zu Definierende (z. B. Abkömmling). Die gesamte
Definition hat logischerweise Platz in einem einzigen (kurzen und klaren), wesensmäßig durch das
unabdingbare Gleichheitszeichen bestimmten Satz (z. B. Abkömmling = Verwandter absteigender
Linie, Auslieferung = zwangsweise Verbringung eines Menschen ins Ausland auf Ersuchen eines
ausländischen Staats zwecks Strafverfolgung oder Strafvollstreckung, Gaststätte = Unternehmen
zur gewerbsmäßigen Bewirtung oder Beherbergung von Menschen, Pflichtteil = unentziehbare
Mindestbeteiligung naher enterbter Angehöriger am Nachlass eines Erblassers, Urkunde =
allgemein oder für Eingeweihte verständliche, den Aussteller erkennen lassende und zum Beweis
einer rechtlich erheblichen Tatsache geeignete und bestimmte verkörperte Gedankenerklärung).
Wer weiß, was der Abkömmling, die Auslieferung, die Gaststätte, der Pflichtteil oder die Urkunde
ist, hat es bei der Zuordnung des wirklichen Lebens zu rechtlichen Regeln (Rechtsanwendung)
leicht. Er muss beispielsweise nur prüfen, ob der ihm in einem Erbfall genannte einzelne Mensch (z.
B. Hans) ein Verwandter des Erblassers ist und der absteigenden Linie angehört. Kann er dies
gleichsetzend bejahen, hat er den Betreffenden für jedermann nachvollziehbar und damit
überzeugend als Abkömmling erwiesen, der vielleicht Erbe vieler Millionen eines Erblassers ist.
Voraussetzung dafür ist nur noch, dass der Rechtssatz: der Abkömmling (Tatbestand) ist Erbe
(Rechtsfolge) besteht. Gilt nämlich (juristisch) der Rechtssatz bzw. (logisch) das (erste) Urteil T
(Tatbestand) = R (Rechtsfolge) bzw. A = E (Abkömmling = Erbe), hat der Rechtsanwender bereits
einen Obersatz, zu dem das (logisch zweite) Urteil S (Sachverhalt) = T (Tatbestand) bzw. H = A
(Hans = Abkömmling) als Untersatz hinzutritt. Damit ist (als drittes Urteil) der Schlusssatz S = R
bzw. H = E (Hans = Erbe) logisch unausweichlich.
Der wegen dieser methodischen Zusammenhänge für den zum logischen Vorgehen verpflichteten
Rechtsanwender grundlegend wichtigen Definition jedes Stichworts folgt im einzelnen
Wörterbuchartikel zwecks weiterer Orientierung im Gesamtzusammenhang des Rechtsganzen
regelmäßig die sachliche Vernetzung des Stichworts mit seiner übergeordneten Sacheinheit
(Gattung), von der es nur eine besondere Art bildet, und zu seinen eigenen untergeordneten
Sacheinheiten (Arten bzw. Unterarten), für die es die allgemeinere Gattung darstellt. Darüber
hinaus wird auch sonst alles sachlich Wissenswerte angerissen, so dass durch den dem Stichwort
folgenden Sachtext das Rechtswörterbuch von selbst auch Sachwörterbuch wird. Lebensnahe
Beispiele (z. B. für Anstalt, Falschbeurkundung, Kausalität, Tatbestandsirrtum oder Verbalinjurie)
erleichtern dabei das Verständnis ebenso wie die häufige Aufnahme des dem besonderen
Rechtswort als Ausgangspunkt vielfach vorausliegenden allgemeinen Worts der Grundsprache
(z. B. aktiv, Finanz, Karte, Stück, Zustand).
Dem (definierten) Stichwort und dem (vernetzenden) Sachtext folgt als dritte erweiternde
Informationsschicht die beliebige eigene Vertiefung erlaubende Literatur. Für sie bietet schon die
Angabe der das Stichwort verwendenden Gesetzesstelle(n) einen einfachen Kurzhinweis auf
allgemeine systematische Standardwerke, die aus Platzgründen von der zwölften Auflage an
grundsätzlich nur (noch) zusammenfassend am Ende des Bandes im Volltitel aufgelistet werden
können. Daneben ist für zahlreiche Artikel auch spezielles aktuelles Schrifttum aufgeführt, so dass
das Wörterbuch zugleich eine preiswerte handliche Bibliographie der wichtigsten und neuesten
Werke der juristischen Gegenwartsliteratur darstellt.
Wer seinen Inhalt weiß, hat die im Wissen enthaltene Macht. Wer die dahinter stehende
Denkstruktur erlernt, erlangt zusätzliches eigenes Können. Wer Wissen und Können vereint,
meistert überall das Leben.
Die neue Auflage bringt das aktuelle Sachinformation und methodische Denkschulung zu
selbverständlicher, kostengünstiger Einheit verbindende Buch in Stichwörtern, Sachtexten und
Literaturhinweisen wieder auf den neuesten Stand von Gesetzgebung, Rechtsprechung und
Wissenschaft.
Durch die dabei vorgenommenen Verdichtungen wird der Inhalt des Werks zugleich verkürzt und
vermehrt. Gleichwohl bleibt es ein systematisch strukturiertes Kompaktnachschlagewerk aus einer
Hand, das für jedermann ohne große Mühe die gesamte Welt des deutschen Rechts eröffnet. Vom
Englischen, Französischen, Italienischen, Spanischen, Russischen, Polnischen, Türkischen und
Chinesischen her bzw. für das Englische, Französische, Italienische, Spanische, Russische,
Polnische, Türkische und Chinesische wird der Rechtsstandort Deutschland innovierend und
globalisierend erschlossen durch meine im Zentrum integrativer europäischer Legistik erarbeiteten
Taschenbücher internationaler Lexikographie Rechtsenglisch (5. A. 2001), Rechtsfranzösisch (3. A.
2001), Rechtsitalienisch (1996), Rechtsspanisch (1997), Rechtsrussisch (2001), Rechtspolnisch
(2001), Rechtstürkisch (2002) und Rechtschinesisch (2002), von der Sprachgeschichte her durch
mein Etymologisches Rechtswörterbuch (1995, UTB 1888) und von der Sachgeschichte her durch
mein nach gleichen didaktischen Gesichtspunkten geschaffenes Lexikon der europäischen
Rechtsgeschichte (C. H. Beck 1997).
Für trotz vieler Bemühungen vorhandene Ungenauigkeiten, Schwächen und Lücken bitte ich den
einsichtigen Leser mit dem Hinweis auf nobody is perfect um freundliche Nachsicht. Er möge
bedenken, dass die Gesamtheit des Rechts vollständig und fehlerfrei zu erfassen dem Einzelnen
angesichts der tiefgreifenden, sich täglich wandelnden Verrechtlichung allen menschlichen Lebens
kaum wirklich möglich ist. Er kann sich deshalb um die Allgemeinheit dadurch verdient machen,
dass er mich unmittelbar auf Lücken und Fehler hinweist.
Für grundlegende Unterstützung der ersten Anfänge sehr zu danken habe ich Andrea Höhne und
Bernhard Cromm, für einfache freundliche Förderung inmitten leistungsfeindlichster, von Inzucht,
Betrug und Korruption geprägter Gegebenheiten Eva Tiefenbrunner, Leander Loacker, Judith
Köbler, Silvia Inselsbacher und Alexandra Larcher. Möge die gemeinsame Anstrengung das Recht
tatsächlich fördern und das Unrecht wirklich mindern. Vielleicht bessert sich dadurch die Welt.
Zu erreichen bis ich am leichtesten über gerhard.koebler@uibk.ac.at. Viele meiner Arbeiten lassen
sich ohne Schranken überall und jederzeit im Internet einsehen unter http://www.gerhardkoebler.de.
Dort biete ich seit dem 1. Januar 2000 unter jusnews täglich neue juristische Kompaktnachrichten
(mit durchsuchbarem Nachrichtenarchiv), unter juslinks interessante elektronische Verbindungen in
alle Welt, unter wer war wer zahlreiche Biographien führender Juristen, unter Bibliographie
internationalen europäischen Rechts (bier) viele Hinweise auf europarechtliche Literatur und unter
fernkernlernkurs erste Ansätze einfacher systematischer Verortung.
Ich lade mit dem kleinen Juristischen Wörterbuch und seinen internationalen und intertemporalen
Geschwistern jedermann ein, mit mir leicht und locker in aller Welt nach Wahrheit, Freiheit und
Gerechtigkeit zu streben. Ich freue mich über jeden, der mir durch Nutzung oder Förderung zur
Seite stehen will. Ich danke allen herzlich im Voraus.
In veritate libertas! Ceterum censeo corruptionem esse delendam! Faustus felixque veridicus!
Gießen, Ulm, Tübingen, im Dezember 2002
Gerhard Köbler
Feldfunktion geändert
Feldfunktion geändert
Abkürzungsverzeichnis
* Vgl. Kirchner, H./Butz, C., Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. A. 2003; Kirchner, H.,
Abkürzungen für Juristen, 2. A. 1993; Sokoll, A., Handbuch der Abkürzungen, Bd. 1 ff. 1992 ff;
World dictionary of legal abbreviations (Lbl.), hg. v. Kavass, I. u. a., Bd. 1 f. 1997; Handbuch der
Abkürzungen, 2001
Umlaute sind unter den nicht umgelauteten Selbstlauten eingeordnet. Die neue Rechtschreibung ist
für das neue Jahrtausend zugrunde gelegt.
AbfG (BGBl 1986, 1410) s. KrW/AbfG Sartorius 299
AbgG Abgeordnetengesetz (BGBl 1996, 326 NF) Sartorius 48
ABl Amtsblatt
AbzG Abzahlungsgesetz (RGBl 1894, 450)
AcP Archiv für civilistische Praxis
Adj. Adjektiv
AEG Allgemeines Eisenbahngesetz (BGBl 1993, 2378, 2396, ber 2439) Sartorius 962
AFG Arbeitsförderungsgesetz s. SGB III
AG
Amtsgericht, Ausführungsgesetz
AGB-Gesetz Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGBl
2000, 946 NF) Schönfelder Erg.bd. 26
AktG Aktiengesetz (BGBl 1965, 1089) Schönfelder 51
ALR Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten
AMG Arzneimittelgesetz (BGBl 1961, 533)
AnfG Anfechtungsgesetz (BGBl 1994, 2911 NF) Schönfelder 111
AO
Abgabenordnung (BGBl 2002, 3866 NF)
ArbGG
Arbeitsgerichtsgesetz (BGBl 1979, 853 NF, ber 1036) Schönfelder 83
ArbZG Arbeitszeitgesetz (BGBl 1994, 1170)
ArchBürgR Archiv für Bürgerliches Recht
AsylVfG
Asylverfahrensgesetz (BGBl 1993, 1361 NF) Sartorius 567
AtG Atomgesetz (BGBl 1985, 1565 NF) Sartorius 835
AuslG Ausländergesetz (BGBl 1990, 1354) Sartorius 565
AVG Angestelltenversicherungsgesetz (BGBl 1953, 857, 861)
AVO Ausführungsverordnung
BAFöG
Bundesausbildungsförderungsgesetz (BGBl 1983, 645 NF) Sartorius 420
BAG Bundesarbeitsgericht
BannmeilenG Bannmeilengesetz (BGBl 1955, 504) Sartorius 433
BAnz Bundesanzeiger
BÄO Bundesärzteordnung (BGBl 1987, 1218)
BauGB
Baugesetzbuch (BGBl 1997, 2141 NF) Sartorius 300
BauNVO
Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (BGBl 1990, 132 NF)
Sartorius 311
BayAGGVG Bayerisches Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes
BayVBl
Bayerische Verwaltungsblätter
BayVerf
Verfassung des Freistaats Bayern
BayVfGHG Bayerisches Gesetz über den Verfassungsgerichtshof
BB
Betriebsberater
BBahnG
Bundesbahngesetz (BGBl 1951, 955)
BBankG
Gesetz über die deutsche Bundesbank (BGBl 1992, 1782 NF) Sartorius 855
BBauG
Bundesbaugesetz (BGBl 1960, 341) s. BauGB
BBergG
Bundesberggesetz (BGBl 1980, 1310)
BBesG Bundesbesoldungsgesetz (BGBl 2002, 3020 NF) Sartorius 230
BBG Bundesbeamtengesetz (BGBl 1999, 675 NF) Sartorius 160
BBiG Berufsbildungsgesetz (BGBl 1969, 1112)
BBodSchG Bundesbodenschutzgesetz (BGBl 1998, 502)
BDG Bundesdisziplinargesetz (BGBl 2001, 1510) Sartorius 220
BDSG Bundesdatenschutzgesetz (BGBl 2003, 66 NF) Sartorius 245
BeamtVG
Beamtenversorgungsgesetz (BGBl 1994, 3858 NF) Sartorius 155
BENeuglG
Bundeseisenbahnneugliederungsgesetz (BGBl 1993, 2378, ber 1994, 2439) Sartorius
963
ber
berichtigt
BerHG Beratungshilfegesetz (BGBl 1980, 689) Sartorius Erg.bd. 98b
BErzGG
Bundeserziehungsgeldgesetz (BGBl 2004, 206 NF)
BetrVG
Betriebsverfassungsgesetz (BGBl 2001, 2518 NF) Schönfelder Erg.bd. 82
BeurkG
Beurkundungsgesetz (BGBl 1969, 1513) Schönfelder 23
BFH Bundesfinanzhof
BFStrG
Bundesfernstraßengesetz (BGBl 2003, 286 NF) Sartorius 932
BGB Bürgerliches Gesetzbuch (RGBl 1896, 195, BGBl 2002, 42 NF) Schönfelder 20
BGBl Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
BGSG Bundesgrenzschutzgesetz (BGBl 1994, 2978 NF) Sartorius 90
BHO Bundeshaushaltsordnung (BGBl 1969, 1284) Sartorius 700
BJagdG
Bundesjagdgesetz (BGBl 1976, 2849 NF) Sartorius 890
BImSchG
Bundesimmisionsschutzgesetz (BGBl 2002, 3830 NF) Sartorius 296
BKAG Bundeskriminalamtgesetz (BGBl 1997, 1650) Sartorius 450
BKGG Bundeskindergeldgesetz (BGBl 2002, 6 NF)
BLG Bundesleistungsgesetz (BGBl 1961, 665 NF)
BLV Bundeslaufbahnverordnung (BGBl 1990, 449 NF) Sartorius 180
BMietG
Bundesmietengesetz (BGBl 1982, 1106)
BMinG
Bundesministergesetz (BGBl 1971, 1166) Sartorius 45
BNatSchG
Bundesnaturschutzgesetz (BGBl 1998, 2994 NF) Sartorius 880
BNotO Bundesnotarordnung (BGBl 1961, 98) Schönfelder Erg.bd. 98a
BORA Berufsordnung für Rechtsanwälte (BRAK-Mitteilungen 1996, 241)
BörsenG
Börsengesetz (BGBl 1996, 1030 NF)
BPersVG
Bundespersonalvertretungsgesetz (BGBl 1974, 693) Sartorius 240
BPolBG
Bundespolizeibeamtengesetz (BGBl 1976, 1357 NF) Sartorius 200
BRAGO
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BGBl 1957, 907) Schönfelder 117
BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung (BGBl 1959, 565) Schönfelder Erg.bd. 98
BRHG Bundesrechnungshofgesetz (BGBl 1985, 1445) Sartorius 705
BRRG Beamtenrechtsrahmengesetz (BGBl 1999, 654 NF) Sartorius 150
BSG Bundessozialgericht
BSHG Bundessozialhilfegesetz (BGBl 1994, 646 NF, ber 2975) Sartorius 410
BSpkG Gesetz über die Bausparkassen (BGBl 1972, 465)
BStatG Bundesstatistikgesetz (BGBl 1987, 462)
BTG Betreuungsgesetz (BGBl 1990, 2002)
BtMG Betäubungsmittelgesetz (BGBl 1994, 358 NF) Sartorius 275
BundeswaldG Bundeswaldgesetz (BGBl 1975, 1037) Sartorius 875
BUrlG Bundesurlaubsgesetz (BGBl 1963, 2) Schönfelder Erg.bd. 80b
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGG
Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (BGBl 1993, 1473 NF) Sartorius 40
BVerfSchG Bundesverfassungsschutzgesetz (BGBl 1990, 2954) Sartorius 80
BVFG Bundesvertriebenengesetz (BGBl 1971, 1565, ber 1807, NF)
BVG Bundesversorgungsgesetz (BGBl 1994, 3858)
BWO Bundeswahlordnung (BGBl 1994, 495 NF)
BWG Bundeswahlgesetz (BGBl 1993, 1288 NF, ber 1594) Sartorius 30
BZRG Bundeszentralregistergesetz (BGBl 1984, 1229, NF, ber 1985, 195) Schönfelder 92
ChemG
Chemikaliengesetz (BGBl 2002, 2090 NF)
DAG Deutsche Angestelltengewerkschaft
DepotG
Depotgesetz (BGBl 1995, 34 NF) Schönfelder 59
DÖV Die öffentliche Verwaltung
DRiG Deutsches Richtergesetz (BGBl 1972, 713 NF) Schönfelder Erg.bd. 97
DRiZ Deutsche Richterzeitung
DVBl Deutsche Verwaltungsblätter
DVO Durchführungsverordnung
EA
Vertrag über die Europäische Atomgemeinschaft
EBO Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BGBl 1967, II 1563)
EFZG Entgeltfortzahlungsgesetz (BGBl 1994, 1014, 1065) Schönfelder Erg.bd. 80
EG
Einführungsgesetz, Europäische Gemeinschaft, Vertrag über die Europäische Gemeinschaft
EGAktG
Einführungsgesetz zum Aktiengesetz (BGBl 1965, 1185) Schönfelder 51a
EGBGB
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGBl 1994, 2494 NF)
Schönfelder 21
EGGVG
Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz (RGBl 1877, 77) Schönfelder 95a
EGHGB
Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch (RGBl 1897, 437) Schönfelder 50a
EGStGB
Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (BGBl 1974, 469 NF) Schönfelder 85a
EGStPO
Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung (RGBl 1877, 346) Schönfelder 90a
EGV Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft
EGZPO
Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (RGBl 1877, 244) Schönfelder 101
EhrRiEG
Gesetz über die Berufsausübung der ehrenamtlichen Richter (BGBl 1969, 1753 NF)
Schönfelder 118
EinzelhG
Gesetz über die Berufsausübung im Einzelhandel (BGBl 1957, 1121)
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention s. MRK
engl. englisch
EnWG Energiewirtschaftsgesetz (BGBl 1998, 730) Sartorius 830
ErbbauVO
Verordnung über das Erbbaurecht (RGBl 1919, 72, ber 122) Schönfelder 41
ErbStG
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (BGBl 1997, 418 NF)
EStG Einkommensteuergesetz (BGBl 2002, 4210 NF)
EU
Vertrag über die Europäische Union
EuGH Europäischer Gerichtshof
EuGVÜ
Europäisches Gerichtstands- und Vollstreckungsübereinkommen
EUV Vertrag zur Gründung der Europäischen Union
EuWG Europawahlgesetz (BGBl 1994, 423 NF)
EVO Eisenbahn-Verkehrsordnung (RGBl 1938, II 663)
EWGVVertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft s. EGV
FAG Gesetz über die Fernmeldeanlagen (BGBl 1989, 1455 NF) Sartorius 925
FamRZ
Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht. Zeitschrift für das gesamte
Familienrecht
FernAbsG
Gesetz über Fernabsatzverträge (BGBl 2000, 897) Schönfelder Erg.bd. 29
FGG Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (RGBl 1898, 771 NF)
Schönfelder 112
FGO Finanzgerichtsordnung (BGBl 2001, 442 NF)
FlHG Fleischhygienegesetz (BGBl 2004, 1242 NF) Sartorius 281
FlurbG
Flurbereinigungsgesetz (BGBl 1976, 546 NF) Sartorius 860
franz. französisch
FreihEntzG Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (BGBl 1956, 599)
Sartorius 617
FStrG s. BFStrG
FVG Finanzverwaltungsgesetz (BGBl 1971, 1426 NF)
GA
Goldtammers Archiv
GaststättenG Gaststättengesetz (BGBl 1998, 3418 NF) Sartorius 810
GBO Grundbuchordnung (BGBl 1994, 1114 NF) Schönfelder 114
GBV Grundbuchverfügung (BGBl 1995, 115 NF)
GebrMG
Gebrauchsmustergesetz (BGBl 1986, 1455 NF)
GenG Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (BGBl 1994, 2202 NF)
Schönfelder 53
GenTG
Gentechnikgesetz (BGBl 1993, 2066 NF) Sartorius 270
GeschmMG Geschmacksmustergesetz (RGBl 1876, 11) Schönfelder 69
GeschOBT Geschäftsordnung des Bundestags (BGBl 1980, 1237 NF)
GewO Gewerbeordnung (BGBl 1999, 202 NF) Sartorius 800
GewStDV
Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (BGBl 1986, 207 NF)
GewStG
Gewerbesteuergesetz (BGBl 2002, 4167NF)
GFlHG
Geflügelfleischhygienegesetz (BGBl 1996, 991)
GG
Grundgesetz (BGBl 1949, 1) Sartorius 1, Schönfelder Erg.bd. 1
GKG Gerichtskostengesetz (BGBl 1975, 3047 NF) Schönfelder 115
GleichberG Gleichberechtigungsgesetz (BGBl 1957, 609) Schönfelder 45b
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (RGBl 1892, 477)
Schönfelder 52
GO
Geschäftsordnung
GOBT Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags (BGBl 1980, 1237 NF) Sartorius 35
griech. griechisch
GRMG
Geschäftsraummietengesetz (BGBl 1952, 338)
GrStG Grundsteuergesetz (BGBl 1973, 965)
GrdstVG
Grundstückverkehrsgesetz (BGBl 1961, 1091, ber 1652, 2000) Schönfelder 40
GSG Gerätesicherheitsgesetz (BGBl 2001, 866 NF) Sartorius 803
GPSG Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (BGBl 2004, 2)
GüKG Güterkraftverkehrsgesetz (BGBl 1993, 1839 NF, ber 1992) Sartorius 952
GVG Gerichtsverfassungsgesetz (BGBl 1975, 1077 NF) Schönfelder 95
GvKostG
Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher (BGBl 2001, 623) Schönfelder 123
GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (BGBl 1998, 2546 NF) Schönfelder 74
HandwO
Handwerksordnung (BGBl 1998, 3074 NF) Sartorius 815
HausratsV
Hausratsverordnung (RGBl 1944, 256) Schönfelder 44
HaustürWG Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften (BGBl 2000, 957 NF) Schönfelder
Erg.bd.24a
HArbGHeimarbeitsgesetz (BGBl 1951, 191)
HGB Handelsgesetzbuch (RGBl 1897, 219) Schönfelder 50
HGrG Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (BGBl 1969,
1273) Sartorius 699
HinterlO
Hinterlegungsordnung (RGBl 1937, 285) Schönfelder 121
HPflG Haftpflichtgesetz (BGBl 1978, 145 NF) Schönfelder 33
HRG Hochschulrahmengesetz (BGBl 1999, 18 NF) Sartorius 500
HSOG Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung
IHKG Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (BGBl
1965, 920) Sartorius 818
InsO Insolvenzordnung (BGBl 1994, 2866)
ital. italienisch
JBeitrO
Justizbeitreibungsordnung (RGBl 1937, 298) Schönfelder 122
JGG Jugendgerichtsgesetz (BGBl 1974, 3427 NF) Schönfelder 89
JR
Juristische Rundschau
Jura Jura. Juristische Ausbildung
JurA Juristische Analysen
JuS
Juristische Schulung
JuSchG
Jugendschutzgesetz (BGBl 2002, 2730) Sartorius 400
JVKostO
Verordnung über Kosten im Bereich der Justizverwaltung (RGBl 1940, 357)
Schönfelder 120
JWG Gesetz für Jugendwohlfahrt (BGBl 1977, 633, 795 NF)
JZ
Juristenzeitung
KAGG
Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (BGBl 1998, 2726 NF)
KDVNK
Kriegsdienstverweigerungsneuordnungsgesetz (BGBl 1983, 203) Sartorius 626
KJHG Kinder- und Jugendhilfegesetz s. SGB VIII
KO
Konkursordnung (RGBl 1898, 612 NF) Schönfelder 110
KostO Kostenordnung (BGBl 1957, 960 NF) Schönfelder 119
KR
Kontrollrat
KRG Kontrollratsgesetz
KraftStG
Kraftfahrzeugsteuergesetz (BGBl 2002, 3818 NF)
KrW/AbfG Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (BGBl 1994, 2705) Sartorius 298
KS
Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und StahlKSchG
Kündigungsschutzgesetz (BGBl 1969, 1317 NF) Schönfelder 84
KStG Körperschaftsteuergesetz (BGBl 2002, 4144 NF)
KunstUrhG Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste (RGBl 1907, 7)
Schönfelder 67
KVO Kraftverkehrsordnung
für
den
Güterfernverkehr
mit
Kraftfahrzeugen
(Beförderungsbedingungen) (BAnz 1958, 249)
KWG Gesetz über das Kreditwesen (BGBl 1998, 2776 NF) Sartorius 856
LadschlG
Gesetz über den Ladenschluss (BGBl 1956, 875) Sartorius 805
LAG Lastenausgleichsgesetz (BGBl 1993, 845 NF)
lat.
lateinisch
LG
Landgericht
LGVÜ Luganer Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen
LmBG Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (BGBl 1993, 1169 NF) Sartorius 280
LohnFG
Lohnfortzahlungsgesetz (BGBl 1969, 946) s. EFZG
LPachtVG
Landpachtverkehrsgesetz (BGBl 1985, 2075) Schönfelder 39
LPG Landpachtgesetz (BGBl 1952, 343)
LuftVG
Luftverkehrsgesetz (BGBl 1999, 550 NF)
MarkenG
Markengesetz (BGBl 1994, 3082, ber 1995, 156) Schönfelder 72
MbstG Mitbestimmungsgesetz (BGBl 1976, 1153)
MDR Monatsschrift für Deutsches Recht
MHG Gesetz zur Regelung der Miethöhe (BGBl 1974, 3603, 3604) Schönfelder Erg.bd. 30b
MRK Europäische Konvention der Menschenrechte (BGBl 1992, 685)
MRRG
Melderechtsrahmengesetz (BGBl 2002, 1342 NF) Sartorius 256
MuSchutzG Mutterschutzgesetz (BGBl 2002, 2318 NF) Sartorius 171, Schönfelder Erg.bd. 79
NB
Neubekanntmachung
NEhelG
Gesetz über die rechtliche Stellung nichtehelicher Kinder (BGBl 1969, 1243)
Schönfelder 49
NF
Neufassung
NJW Neue Juristische Wochenschrift
OLG Oberlandesgericht
OVG Oberverwaltungsgericht
OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (BGBl 1987, 602 NF) Schönfelder 94
PachtkredG Pachtkreditgesetz (BGBl 1951, 494) Schönfelder 42
ParlStG
Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre (BGBl
1974, 1538) Sartorius 47
PartGG
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (BGBl 1994, 1774) Schönfelder 50b
ParteiG
Parteiengesetz (BGBl 1994, 149 NF) Sartorius 58
PassG Gesetz über das Passwesen (BGBl 1986, 537) Sartorius 250
PatG Patentgesetz (BGBl 1981, 1 NF)
PAuswG
Gesetz über Personalausweise (BGBl 1986, 548 NF) Sartorius 255
PBefG Personenbeförderungsgesetz (BGBl 1990, 1690 NF) Sartorius 950
PflegeVG
Pflegeversicherungsgesetz (BGBl 1994, 1014)
PflSchG
Pflanzenschutzgesetz (BGBl 1986, 1505) Sartorius 863
PflVG Pflichtversicherungsgesetz (BGBl 1998, 971 NF) Schönfelder 63
PostG Gesetz über das Postwesen (BGBl 1989, 1449 NF) Sartorius 910
PostVerfG
Postverfassungsgesetz (BGBl 1989, 1026)
PostUmwG Postumwandlungsgesetz (BGBl 1994, 2325) Sartorius 900
PostVerwG Postverwaltungsgesetz (BGBl 1953, 676)
PrABG
Allgemeines Berggesetz für die Preußischen Staaten
ProdHaftG
Produkthaftungsgesetz (BGBl 1989, 2198) Schönfelder 27
ProdSG
Produktsicherheitsgesetz (BGBl 1997, 934)
PrPVG Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz
PStG Personenstandsgesetz (BGBl 1957, 1125 NB) Sartorius 260, Schönfelder 113
RAFachBezG Gesetz über Fachanwaltsbezeichnungen (BGBl 1992, 369)
RaumOrdG s. ROG
RBerG Rechtsberatungsgesetz (RGBl 1935, 1478) Schönfelder Erg.bd. 99
RelKErzG
Gesetz über die religiöse Kindererziehung (RGBl 1921, 939)
RGBl Reichsgesetzblatt
RHeimstG
Reichsheimstättengesetz (RGBl 1920)
RHGG Reichshaftpflichtgesetz, jetzt Haftpflichtgesetz
ROG Raumordnungsgesetz (BGBl 1997, 2902 NF) Sartorius 340
RPfleger
Der Deutsche Rechtspfleger
RPflG Rechtspflegergesetz (BGBl 1969, 2069) Schönfelder 96
RSprEinhG Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten
Gerichtshöfe des Bunds (BGBl 1968, 661) Schönfelder 95b
RVO Reichsversicherungsordnung (RGBl 1924, 779 NF)
ScheckG
Scheckgesetz (RGBl 1933, 597) Schönfelder 56
SchiffsRG
Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (BGBl 1993,
2182 NF)
SchuVVO
Schuldnerverzeichnisverordnung (BGBl 1994, 3822) Schönfelder 102
SchutzBerG Schutzbereichsgesetz (BGBl 1956, 899)
SchwbG
Schwerbehindertengesetz s. SGB IX
SeemG Seemannsgesetz (BGBl 1957, 713)
SG
Soldatengesetz (BGBl 2001, 232 NF)
SGB Sozialgesetzbuch (I [Allgemeiner Teil] BGBl 1975, 3015, [Sartorius 408], III
[Arbeitsförderung] BGBl 1997, 594, IV [Sozialversicherung – Gemeinsame Vorschriften] BGBl
1976, 3845, V [Krankenversicherung] BGBl 1988, 2477 (2482), VI [Rentenversicherung] BGBl
2002, 754 NF, VII [Unfallversicherung] BGBl 1996, 1254, VIII [Kinder- und Jugendhilfe] BGBl
1998, 3546 NF [Schönfelder 46], IX [Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen] BGBl
2001, 1046, X [Verwaltungsverfahren] BGBl 2001, 130 NF, [Sartorius 409], XI [Soziale
Pflegeversicherung] BGBl 1994, 1014, XII [Sozialhilfe] BGBl 2003, 3022)
SGG Sozialgerichtsgesetz (BGBl 1975, 2535 NF)
SHG Gesetz über die Haftpflicht der Eisenbahnen und Straßenbahnen für Sachschaden (BGBl
1976, 3281, 3311)
span. spanisch
SprengG
Sprengstoffgesetz (BGBl 2002, 3518NF) Sartorius 822
StAG Staatsangehörigkeitsgesetz (BGBl 1999, 1618) Sartorius 15
StAnpG
Steueranpassungsgesetz (BGBl 1934, 925)
StBauFG
Städtebauförderungsgesetz (BGBl 1971, 1125)
StBerG
Steuerberatungsgesetz (BGBl 1975, 2735)
StGB Strafgesetzbuch (BGBl 1998, 3322 NF) Schönfelder 85
StPO Strafprozessordnung (BGBl 1987, 1084, ber 1319 NF) Schönfelder 90
StrEG Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (BGBl 1971, 157)
Schönfelder 93
StVG Straßenverkehrsgesetz (BGBl 2003, 310 NF) Schönfelder 35
StVO Straßenverkehrsordnung (BGBl 1970, 1565 NB, ber 1971, 38) Schönfelder 35a
StVollzG
Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe (BGBl 1976, 581 NF, ber 2088, 1977,
436) Schönfelder 91
StVZO Straßenverkehrszulassungsordnung (BGBl 1988, 1793 NB) Schönfelder 35b
SVG Soldatenversorgungsgesetz (BGBl 2002, 1258 NF)
TierSchG
Tierschutzgesetz (BGBl 1998, 1105 NF) Sartorius 873
TierSG Tierseuchengesetz (BGBl 2001, 506 NF) Sartorius 870
TKG Telekommunikationsgesetz (BGBl 1996, 1120)
TVG Tarifvertragsgesetz (BGBl 1969, 1323 NF) Schönfelder Erg.bd. 81
ÜG
Überweisungsgesetz (BGBl 1999,1642)
UIG Umweltinformationsgesetz (BGBl 2001, 2218 NF) Sartorius 294
UmweltHG Umwelthaftungsgesetz (BGBl 1990, 2634) Schönfelder 28
UmwG
Umwandlungsgesetz (BGBl 1994, 3210 NB, ber 1995, 428) Schönfelder 52a
UnedMetG Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen (RGBl 1926)
UrhG Urheberrechtsgesetz (BGBl 1965, 1273) Schönfelder 65
UStG Umsatzsteuergesetz (BGBl 1999, 1270 NF)
UVPG Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (BGBl 2001, 2350 NF) Sartorius 295
UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (RGBl 1909, 499) Schönfelder 73
UZwG Gesetz über den unmittelbaren Zwang (BGBl 1961, 165) Sartorius 115
VAG Versicherungsaufsichtsgesetz (BGBl 1993, 2 NF)
VAHRG
Versorgungsausgleichshärtenregelungsgesetz (BGBl 1983, 105) Schönfelder 48a
VbF Verordnung über brennbare Flüssigkeiten
VerbrKrG
Verbraucherkreditgesetz (BGBl 2000, 940 NF) Schönfelder 24
VereinsG
Vereinsgesetz (BGBl 1964, 593) Sartorius 425
VerglO
Vergleichsordnung (RGBl 1935, 321, ber 356) Schönfelder 109
VerlG Gesetz über das Verlagsrecht (RGBl 1901, 217) Schönfelder 66
VersammlG Versammlungsgesetz (BGBl 1978, 1790 NF) Sartorius 435
VerschG
Verschollenheitsgesetz (BGBl 1951, 63 NF) Schönfelder Erg.bd. 45
VfSchutzG s. BVerfSchG
VGH Verwaltungsgerichtshof
VO
Verordnung
VStG Vermögensteuergesetz (BGBl 1990, 2467 NF)
VVG Gesetz über den Versicherungsvertrag (RGBl 1908, 263) Schönfelder 62
VwGO Verwaltungsgerichtsordnung (BGBl 1991, 686 NF) Sartorius 600
VwKostG
Verwaltungskostengesetz (BGBl 1970, 821) Sartorius 120
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz (BGBl 2003, 102 NF) Sartorius 100
VwVG Verwaltungsvollstreckungsgesetz (BGBl 1953, 157) Sartorius 112
VwZG Verwaltungszustellungsgesetz (BGBl 1952, 379) Sartorius 110
WaffG Waffengesetz (BGBl 1976, 432 NF) Sartorius 820
WährG
Währungsgesetz (WiGBl 1948 Beilage 5 S. 1)
WaStrG
Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen (BGBl
1990, 1818 NF) Sartorius 971
WEG Wohnungseigentumsgesetz (BGBl 1951, 175, ber 209) Schönfelder 37
WertV Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken
(BGBl 1988, 2209) Sartorius 310
WG Wechselgesetz (RGBl 1933, 399) Schönfelder 54
WHG Wasserhaushaltsgesetz (BGBl 2002, 3245 NF) Sartorius 845
WiStG Wirtschaftsstrafgesetz (BGBl 1975, 1313 NF) Schönfelder 88
WoBauG
Wohnungsbaugesetz II (BGBl 1994, 2137 NF) Sartorius 355
WoBindG
Wohnungsbindungsgesetz (BGBl 2001, 2404 NF) Sartorius 387
WoGG
Wohngeldgesetz (BGBl 2002, 474 NF) Sartorius 385
WoVermittG Wohnungsvermittlungsgesetz (BGBl 1971, 1745, 1747) Schönfelder 31
WPflG Wehrpflichtgesetz (BGBl 2002, 954 NF) Sartorius 620
WRV Weimarer Reichsverfassung (RGBl 1919, 1383)
WStG Wehrstrafgesetz (BGBl 1974, 1213 NF)
WZG Warenzeichengesetz (BGBl 1968, 29 NF)
ZDG Zivildienstgesetz (BGBl 1994, 2811 NF) Sartorius 625
ZeuP Zeitschrift für europäisches Privatrecht
ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht
ZPO Zivilprozessordnung (BGBl 1950, 533 NF) Schönfelder 100
ZRG Zeitschrift für Rechtsgeschichte
ZSchG Gesetz über den Zivilschutz (BGBl 1976, 2109 NF) Sartorius 680, s. ZSG
ZSEG Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (BGBl 1969, 1756)
Schönfelder 116
ZSG Zivilschutzgesetz (BGBl 1997, 726)
ZStW Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft
ZVG Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (RGBl 1898, 713 NF)
Schönfelder 108
ZZP Zeitschrift für Zivilprozess
A
A. A. (lat. [M.] Aulus Agerius) ist die abstrakte Abkürzung für den
Kläger im römischen Formularprozess.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Abänderungsklage (§§ 323 ZPO) ist die auf Abänderung einer
Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden
Leistungen (z. B. →Unterhalt) gerichtete, bei einer wesentlichen
Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse (z. B.
Lebenshaltungskosten) zulässige Klage. Sie ist eine dem Gläubiger
und dem Schuldner mögliche →Gestaltungsklage. Das auf sie
erfolgende Urteil beseitigt die Wirkungen der inneren →Rechtskraft
des früheren →Urteils für die Zeit nach ihrer Erhebung. Für den
Unterhalt Minderjähriger sind nach den §§ 645ff. vereinfachte
Verfahren statthaft.
Lit.: Braun, J., Grundfragen der Abänderungsklage, 1994; Graba, H., Die Abänderung von
Unterhaltstiteln, 2. A. 2000
Abandon (§ 27 GmbHG, § 501 HGB) ist die Preisgabe des
→Gesellschaftsanteils (oder Schiffsparts) zwecks Haftungsbefreiung.
Dazu ist bei einzelnen Gesellschaften der Gesellschafter unter
bestimmten Voraussetzungen berechtigt, um künftige, in ihrer Höhe
nicht übersehbare Beiträge (→Nachschüsse) vermeiden zu können.
Den A. gibt es auch im Versicherungsrecht.
Abberufung (F.) Entzug einer Stellung oder eines Amts
Abbruch der Schwangerschaft →Schwangerschaft
abdingbar (Adj.) vertraglich abänderbar →dispositives Recht
Aberratio (F.) ictus ([lat.] Abirrung des Stoßes) ist der Eintritt des
Handlungserfolgs an einem andern als dem nach dem Täterplan
angegriffenen Objekt (T schießt auf A und trifft B). Die a. i. ist eine
Frage der Zurechnung eines Erfolgs im Rahmen eines →Irrtums im
Bereich der →Kausalität. Das Verhalten wird als (erfolglos
gebliebener) →Versuch der geplanten Tat (z. B. Mordversuch [an A])
und eventuell fahrlässige Verwirklichung des eingetretenen Erfolgs
(z. B. fahrlässige Körperverletzung [des B]) behandelt und
dementsprechend bestraft. Sie ist zu unterscheiden vom →error in
obiecto.
Lit.: Koriath, H., Einige Gedanken zur aberratio ictus, JuS 1997, 901; Grotendiek, S., Strafbarkeit
des Täters, 2000
Abfall (§ 3 Krw-/AbfG) ist die bewegliche Sache, deren sich der
Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss (z. B.
Altreifen, Bauschutt). Die Behandlung von A. erfolgt seit 1996 nach
dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Danach ist A. in erster
Linie zu vermeiden und in zweiter Linie stofflich zu verwerten oder
zur Gewinnung von Energie zu nutzen (§ 4 Krw-/AbfG). Zu
unterscheiden sind Abfälle zur Verwertung und Abfälle zur
Beseitigung. Vorrang hat die Verwertung vor der Beseitigung.
Kennzeichnungspflicht, Rücknahmepflicht und Pfandpflicht von
Verpackungen können durch Verordnung festgelegt werden. Der
unerlaubte Umgang mit gefährlichen Abfällen (§ 326 StGB) wird mit
Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die
Behandlung besonderer Abfälle ist in Sondergesetzen geregelt (z. B.
Tierkörperbeseitigung, Atomabfall, Kampfmittel).
Lit.: Hoesel, G., Recht der Abfallbeseitigung des Bundes und der Länder (Lbl.), 1972ff.;
Abfallrecht, 8. A. 2003; Jarass, H./Ruchay, D./Weidemann, C., Kreislaufwirtschafts- und
Abfallgesetz (Lbl.), 13. A. 2003; Stengler, E., Die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen,
2000; Giesberts, L./Posser, H., Grundfragen des gemeinschaftlichen und deutschen Abfallrechts,
2001
Abfallentsorgung (§ 3 VII Krw-/AbfG) ist die Verwertung und
Beseitigung von Abfall.
Lit.: Jarass, ./Ruchay, D./Weidemann, C., Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (Lbl.), 12. A.
2003
Abfindung ist die für die Aufgabe (Verzicht) eines Rechts evtl. auch
einer Aussicht – meist in Geld – gewährte einmalige Gegenleistung
(z. B. bei Unterhaltsverzicht, Erbverzicht, Rentenverzicht,
Ruhegehaltsverzicht oder bei Ausscheiden aus einem Dienstverhältnis
oder einer Gesellschaft). Der Anspruch auf A. ist in seinen
Voraussetzungen und in seinem Umfang verschiedentlich besonders
gesetzlich geregelt. Im Übrigen unterliegt er der →Vertragsfreiheit.
Für die A. eines Aktionärs ist dabei grundsätzlich nicht ein einzelner
Stichtag, sondern der Durchschnittskurs der letzten drei Monate
maßgebend. Ein Arbeitgeber kann einem Arbeitgeber eine A.
anbieten, falls der Arbeitnehmer sich nicht gegen eine
betriebsdedingte Kündigung mit Kündigungsschutzklage wehrt.
Lit.: Bengelsdorf, P., Aufhebungsvertrag und Abfindungsvereinbarungen, 3. A. 1999; Rumke, H. u.
a., Aufhebungsverträge und Abfindungen, 2001; Hülsmann, C., Abfindungsklauseln, NJW 2002,
1673; Richter, B., Die Abfindung ausscheidender Gesellschafter, 2002; Giesen, R. u. a., Fallstricke
des neuen gesetzlichen Abfindungsanspruchs, NJW 2004, 185
Abfindungsguthaben ist das die →Abfindung betreffende Guthaben
des Abzufindenden beim Abfindenden. Im Gesellschaftsrecht (§ 738
BGB) ist A. der Wert des Gesellschaftsanteils eines ausscheidenden
Gesellschafters im Zeitpunkt des Ausscheidens (bzw. der
Klageerhebung). Der Anspruch des ausscheidenden Gesellschafters
gegen die verbleibenden Gesellschafter auf das A. gleicht den Verlust
der gesamthänderischen Berechtigung am →Gesellschaftsvermögen
aus, die den verbleibenden Gesellschaftern anwächst.
Lit.: Schuhmann, H., Abfindung von Gesellschaftern, 1996
Abgabe ist die kraft öffentlichen Rechts in Geld zu entrichtende
öffentliche Last zur Finanzierung der staatlichen Tätigkeit. Sie ist
entweder →Steuer, Zoll, →Gebühr, →Beitrag oder nichtfiskalische
A. bzw. Sonderabgabe. Die nichtfiskalische A. ist eine Geldleistung,
die allein der Wirtschaftslenkung oder sonstigen nichtfiskalischen
Zwecken dient (z. B. Investitionsabgabe, Lastenausgleichsabgabe).
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht; Kirchhof, F., Grundriss des Steuer- und Abgabenrechts, 2. A. 2001
Abgabenordnung (AO) ist das das Recht der →Abgaben allgemein
ordnende Gesetz (des Reichs bzw. Bundes). Die A. regelt in ihren
neun Teilen vor allem das Steuerschuldrecht, das
Steuerverfahrensrecht und das Steuerstrafrecht. Sie ist Grundlage des
gesamten Steuerrechts und befasst sich nicht mit der einzelnen Steuer
und ihrer Höhe.
Lit.: AO/FG, 27. A. 2003; Klein, F., Abgabenordnung, 8. A. 2003; Tipke, K./Kruse, H.,
Abgabenordnung; Jakob, W., Abgabenordnung, 3. A. 2001; Sikorski, R./Wüstenhöfer, U.,
Abgabenordnung, 5. A. 1999; Kühn, R./Hofmann, R., Abgabenordnung 17. A. 1995; Helmschrott,
H./Schaeberle, J., Abgabenordnung, 9. A. 1997; Ax, R./Große, T./Melchior, J., Abgabenordnung
und Finanzgerichtsordnung, 17. A. 2001; Eigendorf, M., Abgabenordnung, 8. A. 1997;
Lammerding, J., Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 13. A. 1997; Kussmann, M.,
Vollstreckung nach der Abgabenordnung, 6. A. 2000; AO-Handbuch 2003, 2003; Abgabenordnung,
hg. v. Pahlke, A./Koenig, U., 2004
Abgabenüberhebung →Gebührenüberhebung
abgeleiteter Eigentumserwerb →Eigentumserwerb, abgeleiteter
Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB) ist der Kauf oder Verkauf
einer Stimme für eine Wahl oder Abstimmung in einer
Volksvertretung.
Lit.: Heisz, J., Die Abgeordnetenbestechung, 1998
Abgeordneter (Art. 38 GG) ist das Mitglied eines Parlaments
(→Bundestag, →Landtag, nicht Kreistag, nicht Stadtrat, nicht
Gemeinderat). Der Abgeordnete wird vom Volk als dessen Vertreter
auf Zeit gewählt (nicht abberufbar) und ist nur seinem Gewissen
unterworfen. Ihm kommen →Indemnität und →Immunität zu. Er
erhält eine Aufwandsentschädigung (→Diäten). Für den
Abgeordneten des Bundestags gilt das Abgeordnetengesetz, für
Abgeordnete der Landtage Landesrecht.
Lit.: Braun, W./Jantsch, M./Klante, E., Abgeordnetengesetz, 2001
Abgeschlossen ist durch erkennbare Merkmale zu einer eigenen
Einheit gemacht. Ein Raum ist a. (§ 123 StGB), wenn er baulich
abgegrenzt ist. Das widerrechtliche Eindringen in einen
abgeschlossenen, zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmten
Raum ist →Hausfriedensbruch.
Abhandenkommen (§ 935 I BGB) ist das Verlieren des
unmittelbaren →Besitzes einer Sache ohne Willen des Besitzers (z. B.
durch Verlieren einer Sache, durch Diebstahl, durch Zwang oder
durch Zueignung seitens des →Besitzdieners). An abhanden
gekommenen Sachen ist gutgläubiger, abgeleiteter →Erwerb vom
Nichtberechtigten ausgeschlossen. Dies gilt nicht für →Geld,
→Inhaberpapiere und im Wege öffentlicher Versteigerung veräußerte
Sachen (§ 935 II BGB).
Lit.: Hübner, H., Der Rechtsverlust im Mobiliarsachenrecht, 1955; Dünkel, H., Öffentliche
Versteigerung und gutgläubiger Erwerb, 1970
Abhilfe (§§ 72 VwGO, 572 ZPO) ist die Abänderung einer
→Entscheidung durch die entscheidende →Behörde bzw. das
entscheidende Gericht auf Grund eines Antrags (z. B. Beschwerde,
Erinnerung, Widerspruch, Einspruch) bei Begründetheit. Sie ist eine
nur in bestimmten Fällen zulässige neue Sachentscheidung. Sie macht
eine Überprüfung durch die dafür zuständige nächsthöhere Behörde
überflüssig.
Abhören ist das heimliche Überwachen der sprachlichen Äußerungen
eines Menschen. Das A. ist grundsätzlich verboten und vielfach
strafbar. Das A. zu Zwecken der Strafverfolgung ist in engen Grenzen
zulässig (vgl. § 100a StPO, nicht bei Steuerstraftaten, deswegen dort
auch keine Verwertung der durch A. erlangten Erkenntnisse).
Abkommen ist die Vereinbarung vor allem im Völkerrecht, im
Verfassungsrecht und im Verwaltungsrecht. →Vertrag
Abkömmling ist der →Verwandte eines Menschen in absteigender
Linie (z. B. Kind, Enkel). Er hat grundsätzlich ein gesetzliches
→Erbrecht, einen Anspruch auf →Unterhalt und besondere Rechte
im Steuerrecht.
Lit.: Bausch, H., Der Begriff des Abkömmlings in Gesetz und rechtsgeschäftlicher Praxis, FamRZ
1980, 413
Abkürzung ist eine kurze Fassung einer an sich längeren
Gegebeneheit.
Lit.: Kirchner, H./Butz, C., Abkürzungsverzeichnis der
Rechtssprache, 5. A. 2003
Ablass ist im katholischen →Kirchenrecht die auch vor Gott
verbindliche Befreiung von zeitlichen Sündenstrafen. Der A. setzt
Beichte, Kommunion und Gebet voraus. Im Mittelalter konnte der A.
auch durch Geldzahlung für kirchliche Zwecke erlangt werden.
Lit.: Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht, hg. v. Campenhausen, A. Frhr. v., Bd. 1 1999
Ablehnung ist die Zurückweisung eines Verhaltens oder eines
Menschen. Im Verfahrensrecht ist A. die Zurückweisung einer
bestimmten Gerichtsperson hinsichtlich ihrer Mitwirkung in einem
Verfahren (z. B. →Richter §§ 42ff. ZPO, 24ff. StPO, 54 VwGO,
→Sachverständige, →Schiedsrichter, →Schöffen, →Dolmetscher,
→Urkundsbeamter, nicht Staatsanwalt, für Amtspersonen im
Verwaltungsverfahren vgl. § 21 VwVfG). Die(se) A. erfordert
entweder gesetzliche Ausschlussgründe oder die begründete
Besorgnis der →Befangenheit sowie einen Ablehnungsantrag
(Ablehnungsgesuch, Selbstablehnung möglich), über den das
(restliche) Gericht entscheidet. Daneben sind A. eines Antrags, einer
Leistung, einer Vormundschaft, eines Verwaltungsakts u. a. möglich.
Lit.: Bleutge, P., Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, 2. A. 1999; Schneider, E.,
Befangenheitsablehnung im Zivilprozess, 2. A. 2001
Ablieferung ist die Leistung eines Gegenstands durch eine Person an
eine Person, insbesondere die von Übereignungswillen begleitete
Verschaffung des unmittelbaren Besitzes des Ersteigerers durch den
Gerichtsvollzieher (§§ 815ff. ZPO). Sie erfolgt nach dem Zuschlag
und nur gegen Barzahlung. Sie verschafft kraft hoheitlicher Gewalt
Eigentum.
Ablösung ist die Beseitigung der Gebundenheit.
Ablösungsgesetzgebung ist die Gesetzgebung des 19. Jh.s zur
Ablösung feudaler Rechte (Bodenbefreiung).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Ablösungsrecht (§ 268 I 1 BGB) ist das Recht eines Dritten, an
Stelle des Schuldners den Gläubiger zu befriedigen. Es steht dem
Dritten zu, wenn der Gläubiger die →Zwangsvollstreckung in einen
dem Schuldner gehörigen Gegenstand betreibt und dadurch ein Recht
des Dritten gefährdet. Seine Ausübung führt zum Übergang der
Forderung des bisherigen Gläubigers mit allen Nebenrechten gegen
den Schuldner auf den Dritten (gesetzlicher Forderungsübergang),
kann aber nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht
werden.
Abmahnung ist die Aufforderung zur Änderung eines unerwünschten
Verhaltens. Die A. findet sich im Arbeitsrecht, Mietrecht und
Wettbewerbsrecht. Sie muss vielfach einer →Kündigung vorausgehen
(anders bei wichtigem Grund).
Lit.: Hauer, U., Die Abmahnung im Arbeitsverhältnis, 1990; Wilke, D./Jungeblut, D., Abmahnung,
Schutzschrift und Unterlassungserklärung im gewerblichen Rechtsschutz, 2. A. 1995; Bahr, M.,
Missbrauch der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung im Bereich des Internet, 2003
Abmahnverein ist der auf den Zweck →Abmahnung (unlauteren
→Wettbewerbs) gerichtete →Verein.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Abnahme ist einerseits die Verringerung einer Menge und
andererseits die Entgegennahme der Leistung durch den Gläubiger
eines Kaufvertrags oder Werkvertrags. Beim →Kauf ist die A. der
Leistung nur →Nebenpflicht (§ 433 II BGB), beim →Werkvertrag
→Gegenseitigkeitspflicht (§ 640 I BGB). Hier setzt sie grundsätzlich
körperliche Entgegennahme und allgemeine Billigung voraus.
Lit.: Thode, R./Quack, F., Abnahme und Gewährleistung im Bauvertrag, 1999; Christmann, H., Die
Neubewertung der Abnahme, Diss. jur. Würzburg 1999; Brügmann, K. u. a., Abnahmeanspruch
nach Kündigung von Bauverträgen, NJW 2003, 2121
Abnahmeverzug → Gläubigerverzug
Abolition (F.) Vergehenmachung, Niederschlagung eines
Strafverfahrens (durch Gesetz), →Amnestie
Abordnung ist einerseits die Gruppe entsandter Menschen und
andererseits (§ 27 BBG) die bei Bestehen eines dienstlichen
Bedürfnisses zulässige vorübergehende Zuweisung eines →Beamten
an eine andere Dienststelle unter Beibehaltung der dienstrechtlichen
Zuordnung zur früheren Dientstelle. Sie bedarf dann, wenn sie A. zu
einem andern Dienstherrn ist, der Zustimmung des Beamten. Sie ist
von der →Versetzung zu trennen. Sie ist →Verwaltungsakt (str.). Für
Richter vgl. § 37 DRiG.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
abortus (lat. [M.]) Fehlgeburt
Absatz ist einerseits der Teil eines Paragraphen, andererseits der
Vertrieb einer Leistung.
Abschiebung (§§ 49ff. AuslG) ist die Entfernung eines →Ausländers
aus dem Bundesgebiet unter Anwendung unmittelbaren Zwangs. Sie
ist Vollzug der →Ausweisung. Voraussetzungen und Verfahren
dieses Verwaltungsakts sind im Ausländergesetz näher geregelt. Auf
Grund des Asylrechts darf die A. nur erfolgen bei Verurteilungen
nach Erwachsenenstrafrecht, bei Fehlen der Gefahr unmenschlicher
Behandlung im Rückkehrstaat und bei Rückfallgefahr. Solange die A.
aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist, ist eine
Duldung notwendig. Diese ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die
Identität des Betroffenen nicht klärbar ist.
Lit.: Brühl, R., Ausweisung und Abschiebung nach dem neuen Ausländergesetz als
Klausurproblem, JuS 1991, 314; Renner, G., Ausländerrecht in Deutschland, 7. A. 1999
Abschluss ist allgemein die Beendigung eines Verhaltens oder die
Begrenzung eines Gegenstands. A. eines Vertrags ist das Bewirken
einer Bindung der Vertragsparteien durch →Willenserklärung an
einen vereinbarten Vertragsinhalt. A. im Handelsrecht ist der
Jahresabschluss bzw. die Jahresabschlussrechnung.
Lit.: Schildbach, T., Der Konzernabschluss, 6. A. 2001
Abschlussfreiheit ist die Freiheit einer Person, selbst darüber zu
entscheiden, ob, wo, wann, wie und mit wem sie welche vertragliche
Bindung eingehen will. Sie ist ein Teil der →Vertragsfreiheit. Sie ist
ausgeschlossen für öffentliche Versorgungsträger (z. B. § 6
EnergiewirtschaftsG, vgl. § 5 II PflVersG, § 26 II GWB) und Inhaber
von Monopolstellungen (→Abschlusszwang).
Lit.: Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht
Abschlussprüfung ist einerseits die letzte mehrerer Prüfungen und
andererseits (§ 316 HGB) die Prüfung des Jahresabschlusses einer
nicht kleinen Kapitalgesellschaft (§ 267 HGB) durch einen
Abschlussprüfer.
Lit.: Niemann, W., Jahresabschlussprüfung, 2002
Abschlussverfügung ist die den Abschluss der →Ermittlungen
bildende →Verfügung der →Staatsanwaltschaft.
Lit.: Brunner, R., Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft, 7. A. 2003; Wolters, G./Gubitz, M.,
Die staatsanwaltschaftliche Abschlussverfügung, JuS 1999, 378
Abschlussvertreter ist der zum Abschluss eines Rechtsgeschäfts
bevollmächtigte →Vertreter.
Lit.: Brox, Allgemeiner Teil
Abschlussvollmacht ist die zum →Abschluss eines →Vertrags
ermächtigende →Vollmacht.
Lit.: Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil
Abschlusszwang (Kontrahierungszwang) ist der Zwang, mit einem
andern die von diesem gewünschte vertragliche Bindung einzugehen.
Der A. steht im Gegensatz zur →Abschlussfreiheit. Der A. ist nur auf
Grund eines Gesetzes oder des Rechtsstaatsprinzips zulässig (z. B.
Monopolstellung für wichtiges Gut).
Lit.: Vykydal, S., Der kartellrechtliche Kontrahierungszwang, 1996
Abschöpfung ist die Maßnahme eines →Staats, durch die der Preis
einer eingeführten Ware auf einen gesetzlich festgeschriebenen Stand
gebracht wird (z. B. bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der
→Europäischen Union durch die Bundesfinanzbehörden zwecks
Angleichung des niedrigeren Weltmarktpreises an den höheren
Binnenmarktpreis). Gesichert wird die A. durch Handelslizenzen und
die hierfür zu stellenden Sicherheitsleistungen. In Deutschland wird
die A. wie Zoll behandelt.
Abschreckung ist die Einwirkung auf einen bisherigen Zustand oder
Verlauf durch ein Gegenmittel zwecks Beeinflussung des Zustands
oder Verlaufs. Im Strafrecht ist A. ein die Verhütung von Straftaten
anstrebender →Strafzweck (relative →Straftheorie), wobei die
Strafdrohung bzw. die Strafe einen möglichen Täter vor Straftaten
zurückschrecken lassen soll. Die Zulässigkeit dieses Strafzwecks ist
umstritten.
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil; Roxin, C., Sinn und Grenze staatlicher Strafe, JuS
1966, 377
Abschreibung ist die Herabsetzung des Buchwerts eines
Vermögensgegenstands in der →Bilanz entsprechend dessen
(durchschnittlichem) Wertverlust (im Laufe der Zeit) (§ 253 HGB).
Die planmäßige A. wird so bemessen, dass die Güter am Ende ihrer
voraussichtlichen Gebrauchsdauer ganz abgeschrieben sind d. h. in
der Bilanz nicht mehr als Wert (auf der Aktivseite) erscheinen. Sie
erfolgt meist linear (z. B. 5 Jahre lang jährlich gleichbleibend 20%)
oder degressiv (von Jahr zu Jahr fallende Prozentsätze) und entweder
auf der Aktivseite oder auf der Passivseite (Wertberichtigung) der
Bilanz. Das Steuerrecht verwendet A. vor allem für die Absetzung für
Abnutzung (Teilung der Anschaffungskosten und Herstellungskosten
durch die Zahl der Jahre der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer).
Im Sachenrecht bedeutet daneben A. eines Grundstücksteils die
Verselbständigung eines Grundstückteils auf einem neuen
Grundbuchblatt.
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht
Abschreibungsgesellschaft ist die auf Verlusterzielung durch
→Abschreibung gerichtete →Gesellschaft
(Verlustzuweisungsgesellschaft § 2b EStG). Sie ist regelmäßig GmbH
& Co KG. Steuerlich werden Verlustzuweisungen von ohne
Gewinnerzielungsabsicht tätigen Abschreibungsgesellschaften nicht
anerkannt (§ 15 II EStG).
Absetzung (§ 7 EStG) ist im Steuerrecht die Verteilung der Kosten
eines Guts auf seine durchschnittliche Nutzungsdauer. Die
betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wird durch die Absetzung für
Abnutzung-Liste des Bundesfinanzministers festgelegt.
Geringwertige Wirtschaftsgüter im Wert von (ohne Vorsteuerbetrag)
weniger als 410 Euro können im Jahr der Anschaffung oder
Herstellung voll abgesetzt werden. In Betracht kommt im Übrigen
lineare oder degressive A. (→Abschreibung). Unterschieden wird bei
der A. zwischen beweglichen Gütern und Gebäuden.
Lit.: Stöcker, E., Dammbruch bei der steuerlichen Absetzbarkeit, NJW 2004, 249
Absicht ist der gerade auf den Erfolg als Ziel gerichtete →Wille des
Täters (z. B. § 242 StGB →Zueignungsabsicht [in der A., die Sache
sich oder einem Dritten zuzueignen]). Die A. ist die gesteigerte Form
des unbedingten →Vorsatzes. Im Gegensatz zu diesem muss der
Täter den Erfolg nicht bloß notwendigerweise wollen, sondern gerade
als sein besonderes Ziel anstreben. Die A. ist als subjektives
→Tatbestandsmerkmal i. e. S. Bestandteil bestimmter Tatbestände.
Der beabsichtigte →Erfolg (z. B. Zueignung) braucht nicht bei allen
Tatbeständen auch erreicht zu werden (sog. überschießende
→Innentendenz).
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil; Oehler, D., Neue strafrechtliche Probleme des
Absichtsbegriffs, NJW 1966, 1633
Absichtsprovokation ist die absichtliche Herbeiführung der Situation
(Provokation) der →Notwehr durch den Angegriffenen, um unter
dem Deckmantel der Notwehr den Angreifer zu verletzen. Sie führt
zur Einschränkung der Notwehrrechte. Sie kann eine Straftat
darstellen.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Roxin, C., Die provozierte Notwehrlage, ZStW 87 (1975),
541
absolut (Adj.) abgelöst, unbeschränkt
absolute Fahruntüchtigkeit →Fahruntüchtigkeit, absolute
absolute Mehrheit →Mehrheit, absolute
absolute Straftheorie →Straftheorie, absolute
absoluter Revisionsgrund →Revisionsgrund, absoluter
absolutes Fixgeschäft →Fixgeschäft, absolutes
absolutes Recht →Recht, absolutes
Absolutio (F.) ab actione (lat., Entbindung von dem Klaganspruch)
ist im gemeinen Recht die Abweisung einer Klage aus materiellen
Gründen.
Absolutio (F.) ab instantia (lat., Entbindung von dem Verfahren) ist
im gemeinen Recht die Abweisung einer Klage aus formellen
Gründen.
Absolutismus ist die Regierungsform, bei welcher der Inhaber der
Herrschaftsgewalt (z. B. Monarch oder andere Gewalthaber [z. B.
Oligarchen]) den Untertanen gegenüber unbeschränkte (absolute)
Macht hat. Der aufgeklärte A. ist der durch den Herrscher infolge
vernünftiger Einsicht freiwillig beschränkte A. (2. H. des 18. Jh.s, z.
B. Friedrich der Große, Joseph II.). Der historische A. des 17. und 18.
Jh.s verschwindet seit der französischen Revolution von 1789.
Lit.: Absolutismus, hg. v. Hinrichs, E., 1985
Absonderung (§ 49 InsO) ist in der Insolvenz die vorrangige
Verwendung eines Gegenstands der →Insolvenzmasse zur
gesonderten Befriedigung eines Gläubigers. Sie setzt ein besonderes
dingliches Recht dieses Gläubigers voraus (§§ 49ff. InsO). Nach § 50
InsO sind Gläubiger, die an einem Gegenstand der →Insolvenzmasse
ein rechtsgeschäftliches →Pfandrecht, ein durch Pfändung erlangtes
Pfandrecht oder ein gesetzliches Pfandrecht haben, zur abgesonderten
Befriedigung aus dem Pfandgegenstand berechtigt. Ihnen stehen
Sicherungseigentümer, Sicherungsgläubiger,
zurückbehaltungsberechtigte Gläubiger sowie Bund, Länder,
Gemeinden und Gemeindeverbände, soweit ihnen zollpflichtige und
steuerpflichtige Sachen nach gesetzlichen Vorschriften als Sicherheit
für öffentliche Abgaben dienen, gleich (§ 51 InsO). Beachte § 166
InsO. Der zur Befriedigung des absonderungsberechtigten Gläubigers
nicht erforderliche Teil des Verwertungserlöses dient der
Befriedigung aller Insolvenzgläubiger.
Lit.: Aus- und Absonderungsrechte in der Insolvenz, hg. v. Andersen u. a., 1999; Häcker, R.,
Abgesonderte Befriedigung aus Rechten, 2001
Absorption (F.) Aufsaugung
Absorptionsprinzip (§ 52 II StGB) ist der Grundsatz zur
Bestimmung der →Strafe bei →Tateinheit, bei dem die Strafe nach
dem Gesetz bestimmt wird, das die schwerste Strafe androht. Danach
scheiden die absorbierten Gesetze als Grundlage der Bestrafung aus.
Die Strafe darf aber nicht milder sein, als die andern Gesetze, deren
Strafandrohung nach dem A. absorbiert wird, es zulassen.
Absorptionstheorie →Vertrag, gemischter
Absprache ist allgemein die sprachliche Verbindung zwischen zwei
Menschen, insbesondere die Vereinbarung zwischen Beteiligten. A.
zwischen Beteiligten des Strafverfahrens (z. B. Staatsanwalt, Gericht,
Angeklagtem) ist zulässig. Sie muss aber offengelegt werden.
Lit.: Landau, H./Eschelbach, R., Absprachen zur strafrechtlichen
Hauptverhandlung, NJW 1999, 321; Herrmann, J., Rechtliche
Strukturen für Absprachen, JuS 1999, 1162
Abstammung (§§ 159lff. BGB) ist die (natürliche) Herkunft eines
→Kindes von bestimmten Eltern d. h. von einer bestimmten Mutter
und einem bestimmten Vater. Die A. ist ein familienrechtliches
Rechtsverhältnis. Das Kind hat ein Recht darauf, seine A. zu erfahren.
(Für alle vor dem 1. 7. 1998 geborenen Kinder gelten die bis dahin
geltenden Vorschriften fort, Art. 224 § 1 EGBGB.)
Abstand ist die Entfernung zwischen Gegebenheiten. Im
Straßenverkehr (§ 4 StVO) muss der Fahrzeugführer die
Geschwindigkeit so einrichten, dass er hinter einem vorausfahrenden
Fahrzeug rechtzeitig anhalten kann. Im Baurecht ist bei offener
Bauweise vor den Außenflächen von Gebäuden der im Einzelnen von
Bauordnungen und Bebauungsplänen festgelegte A. einzuhalten.
Abstimmung ist die Willensbildung einer Personenmehrheit durch
Abgabe der Stimmen der Beteiligten. Die A. kann mündlich oder
schriftlich sein, offen oder geheim, namentlich oder nicht namentlich.
Das jeweils anzuwendende Verfahren ist im Einzelnen beispielsweise
in der Verfassung, in Gesetzen (z. B. §§ 192ff. GVG),
Geschäftsordnungen (z. B. Geschäftsordnung des Bundestags) oder
Satzungen geregelt. Es entscheidet grundsätzlich die jeweilige
erforderliche →Mehrheit (z. B. absolute Mehrheit, relative Mehrheit).
Unter bestimmten Voraussetzungen kann namentliche A. verlangt
werden (z. B. §§ 52f. GOBT). Stimmengleichheit bedeutet
Ablehnung. →Quorum
abstrakte Normenkontrolle →Normenkontrolle, abstrakte
abstraktes Gefährdungsdelikt →Gefährdungsdelikt, abstraktes
Abstraktion (F.) Abziehung (des Allgemeinen von besonderen
Merkmalen)
Abstraktionsprinzip ist das Prinzip, dass Verpflichtungsgeschäft und
Erfüllungsgeschäft in ihrem Bestand voneinander unabhängig sind.
Das Erfüllungsgeschäft (z. B. Übereignung, Abtretung) ist trotz eines
Mangels (z. B. Formmangel) des →Verpflichtungsgeschäfts (z. B.
Sachkauf, Forderungskauf) (grundsätzlich) wirksam. Die
Rückabwicklung des gültigen Erfüllungsgeschäfts trotz unwirksamen
Verpflichtungsgeschäfts hat evtl. über die ungerechtfertigte
→Bereicherung zu erfolgen. Das A. ist eine Eigentümlichkeit des
modernen deutschen Privatrechts im Gegensatz zum älteren
deutschen Privatrecht wie zum ausländischen Privatrecht.
Lit.: Jauernig, O., Trennungsprinzip und Abstraktionsprinzip, JuS 1994, 721; Stadler, A.,
Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, 1996
Abt (aus aramäisch abba [M.] Vater) ist der Leiter eines geistlichen
Ordensinstituts, insbesondere der Leiter einer rechtlich selbständigen
Niederlassung (z. B. eines Klosters).
Abtreibung ist im Strafrecht die ältere Bezeichnung für den
→Schwangerschaftsabbruch (§ 218 StGB).
Lit.: Beckmann, R., Abtreibung in der Diskussion, 3. A. 1998
Abtretung (Zession, § 398 BGB) ist die – grundsätzlich zulässige –
Übertragung einer →Forderung von einem (bisherigen) →Gläubiger
(Zedenten) auf einen andern (Gläubiger) (Zessionar). Die A. ist ein
Fall der Parteiänderung im Schuldrecht. Sie ist ein abstraktes
→Verfügungsgeschäft (Erfüllungsgeschäft) und von dem meist
zugrundeliegenden →Verpflichtungsgeschäft (z. B. Forderungskauf)
streng zu trennen. Sie erfolgt durch (grundsätzlich formlosen)
→Vertrag zwischen Altgläubiger und Neugläubiger (ohne
Beteiligung des Schuldners), doch kann der neue Gläubiger die
Ausstellung einer öffentlich beglaubigten Urkunde über die A.
verlangen (§ 403 BGB). Die A. ist stille A., wenn der Altgläubiger
nach außen hin zunächst noch Gläubiger bleibt, zur Einziehung
ermächtigt sein soll und die Benachrichtigung des Schuldners
ausgeschlossen wird. Besondere Fälle sind →Vorausabtretung,
→Blankozession, →Globalzession, →Inkassozession und
→Sicherungszession. Mit der A. tritt hinsichtlich der Forderung –
nicht des gesamten Schuldverhältnisses – und gewisser Nebenrechte
der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers (§§ 398 S.
2, 401 BGB). Der Schuldner wird durch besondere
Schuldnerschutzvorschriften (§§ 404ff. BGB) geschützt. Nach § 354a
HGB können Geldforderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften
sowie Forderungen gegen juristische Personen des öffentlichen
Rechts ungeachtet eines rechtsgeschäftlichen Abtretungsverbots
wirksam abgetreten werden, wenn auch der Schuldner mit befreiender
Wirkung an den bisherigen Gläubiger leisten kann. Das Recht der
Abtretung gilt nach § 412 BGB auch für den gesetzlichen
Forderungsübergang
Lit.: Die Forderungsabtretung, hg. v. Hadding, W., 1999; Ahcin, C./Armbrüster, C., Grundfälle zum
Zessionsrecht, JuS 2000, 450
Abtretungsverbot (§ 399 BGB) ist die rechtsgeschäftliche
Vereinbarung oder gesetzliche Bestimmung der Nichtabtretbarkeit
einer →Forderung.
Lit.: Wagner, E., Vertragliche Abtretungsverbote, 1994 (Diss.)
Abwasser ist das durch Schadstoffe verunreinigte Wasser. Das
Einleiten von A. in ein →Gewässer ist grundsätzlich
erlaubnispflichtig und abgabenpflichtig. Bauliche Anlagen dürfen nur
errichtet werden, wenn die einwandfreie Beseitigung des dort
anfallenden Abwassers gesichert ist.
Lit.: Nisipeanu, P., Abwasserrecht, 1991; Berendes, K., Das Abwasserabgabengesetz, 3. A. 1995;
Nisipeanu, P., Abwasserabgabenrecht, 1997; Köhler, H., Abwasserabgabengesetz, 1999; Sieder,
F./Zeitler, H./Dahme, H., Wasserhaushaltsgesetz und Abwasserabgabengesetz (Lbl.), 23. A. 2002
Abwehr von Gefahren →Gefahr
abweichendes Verhalten →Verhalten, abweichendes
ab Werk (Leistung) vom Sitz des Lieferanten aus (→Holschuld)
Abwerbung ist die Werbung um einen Partner eines Wettbewerbers.
Sie kann unlauterer Wettbewerb sein. Unzulässig ist beispielsweise
das auf A. gerichtete Telefongespräch mit einem Arbeitnehmer unter
Verwendung der Telefonvermittlung des Wettbewerbers.
Lit.: Gibbert, I., Rechtsschutz gegen sittenwidrige Abwerbungen,
1998; Bettin, E., Unlautere Abwerbung, 1999
Abwertung ist die Herabsetzung eines Werts, insbesondere des
Außenwerts einer Währung im Verhältnis zum Wert des Golds oder
anderer Währungen durch Änderung des Wechselkurses.
Lit.: Fischer, R., Bankrecht, 3. A. 2000
Abwesender ist die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem
bestimmten andern Ort aufhaltende Person. Im Privatrecht wird eine
empfangsbedürftige →Willenserklärung gegenüber einem
Abwesenden (nicht mit der Abgabe der Erklärung, sondern) erst mit
ihrem →Zugang wirksam (§ 130 I 1 BGB). Einem volljährigen
Abwesenden, dessen Aufenthalt unbekannt ist oder der an der
Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten
verhindert ist, kann ein Pfleger bestellt werden (§ 1911 BGB).
Außerdem sind Urteil oder Verfahren gegen einen Abwesenden
möglich (§§ 330ff. ZPO, →Versäumnisurteil).
Abwesenheitspflegschaft →Abwesender, →Pflegschaft
Abwesenheitsverfahren (§§ 276ff. StPO) ist im Strafprozessrecht
das ausnahmsweise zulässige besondere Verfahren gegen einen
Menschen, dessen Aufenthalt unbekannt ist oder der sich im Ausland
aufhält und dessen Gestellung vor das zuständige Gericht
unausführbar oder unangemessen erscheint. Es dient nur der
Beweissicherung. Eine →Hauptverhandlung kann nicht stattfinden (§
285 I StPO).
Lit.: Oppe, W. Das Abwesenheitsverfahren in der Strafprozessreform, ZRP 1972, 56
Abwicklung →Liquidation
Abzahlung ist die Zahlung einer Schuld in Teilbeträgen.
Abzahlungskauf (§§ 1ff. AbzG) war der →Kauf beweglicher
Sachen, bei dem der Kaufpreis in – mindestens zwei – Teilzahlungen
(Raten) entrichtet werden sollte. Das für den A. geltende
Abzahlungsgesetz ist zum 1. 1. 1991 durch das auf die EG-Richtlinie
87/102/EWG vom 22. 12. 1986 zurückgehende
→Verbraucherkreditgesetz ersetzt worden.
Lit.: Ostler, F./Weidner, O., Abzahlungsgesetz, 6. A. 1971; Marschall von Bieberstein, Der
finanzierte Abzahlungskauf, 1980
Acht ist im mittelalterlichen deutschen Recht die als Unrechtsfolge
mögliche allgemeine Verfolgung, bei der der Geächtete (z. B. Martin
Luther) von jedermann straflos getötet werden konnte.
Lit.: Eichmann, E., Acht und Bann im Reichsrecht des Mittelalters, 1909; Landes, D., Das
Achtverfahren vor dem Reichshofrat, 1964 (Diss.)
Actio (lat. [F.] Klaganspruch) ist im römischen →Recht die
Klagemöglichkeit. Die a. bezeichnet das Mittel, das dem Träger eines
subjektiven →Rechts zur Verwirklichung und Durchsetzung dieses
Rechts zur Verfügung steht. Ohne Bestehen einer a. kann ein Recht
nicht durchgesetzt werden. Die a. hat sowohl materiellprivatrechtliche wie auch formell-zivilprozessrechtliche Züge. Sie
kann mit einem Unrechtsvorwurf verbunden gegen eine Person
gerichtet sein (a. in personam) oder sachverfolgend auf eine Sache (a.
in rem). Ihre bekanntesten Einzelfälle sind: a. de dolo (Klaganspruch
wegen Arglist) für arglistige Schädigung (vgl. § 826 BGB), a. de in
rem verso (Klaganspruch auf das in eine Sache Gewandte) für
Rückerstattungsansprüche gegenüber einem Gewalthaber bei
Geschäften Gewaltunterworfener, a. iniuriarum (Klaganspruch wegen
Unrecht) für jede Art der Persönlichkeitsverletzung (vgl. § 823 BGB),
a. legis Aquiliae (Klaganspruch aus dem aquilischen Gesetz) für
Schäden an Sachen (und Sklaven) (vgl. § 823 I BGB), a. negatoria
(verneinender Klaganspruch) für die Abwehr von →Störungen durch
den Eigentümer (vgl. § 1004 BGB), a. pro socio (Klaganspruch für
den Gesellschafter) für den Ausgleich unter Gesellschaftern (nach
Beendigung der Gesellschaft), a. Publiciana (publizianischer
Klaganspruch) für die Herausgabe des Besitzes gegenüber einem
schlechter zum Besitz Berechtigten (vgl. § 1007 BGB), a. quanti
minoris (Klaganspruch um wieviel geringer) für die →Minderung des
Kaufpreises bei Sachmängeln (vgl. § 441 BGB) sowie a. redhibitoria
(bis 2002 bestehender Wandlungsklaganspruch) für die →Wandlung
des Kaufes bei Sachmängeln (vgl. § 462 a. F. BGB).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
actio (F.) illicita in causa (lat., unerlaubtes Handeln in der
Verursachung) →Notwehrprovokation
Lit.: Kühl, K., Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. A. 2002
Actio (F.) libera in causa ([lat.] freies Handeln in der Verursachung)
ist das Verhalten des Täters in willensfreiem Zustand, das die spätere
Begehung einer bestimmten Straftat in einem Zustand auslöst, in dem
er nicht mehr verantwortlich handeln kann (z. B. Täter betrinkt sich,
um in diesem Zustand die Tat leichter begehen zu können [Vorsatz]
oder obwohl er damit rechnen hätte müssen [Fahrlässigkeit], dass er
in diesem Zustand eine bestimmte Straftat begehen werde). Der Täter
hat die bestimmte Tat vorausgesehen oder hätte sie voraussehen
müssen. Er ist daher aus der begangenen Straftat (z. B. vorsätzliche
Körperverletzung, fahrlässige Tötung) strafbar (anders Strafbarkeit
wegen Herbeiführung der Schuldunfähigkeit bei Vollrausch § 323a
StGB). Die a. l. i. c. ist auf Tätigkeitsdelikte im Straßenverkehr (z. B.
Fahren ohne Führerschein) im Gegensatz zu Erfolgsdelikten im
Straßenverkehr (z. B. fahrlässige Tötung) nicht anwendbar (BGH,
NJW 1997, 138), weil Trinken an sich nicht strafbar ist (aber
Bestrafung wegen Vollrauschs möglich).
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil; Stühler, H., Die actio libera in causa, 1999
Actio (F.) pro socio ([lat.] Handeln für den Gesellschafter) ist die
Geltendmachung eines Anspruchs der →Gesellschaft (sog.
Sozialanspruch) gegen einen andern Gesellschafter aus dem
Gesellschaftsverhältnis durch einen einzelnen oder mehrere einzelne
Gesellschafter (z. B. Anspruch auf Beitragsleistung). Der
Gesellschafter kann aber nicht Leistung an sich, sondern nur an die
Gesamtheit der Gesellschafter verlangen. Die moderne a. p. s. ist von
der a. p. s. des römischen Rechts zu unterscheiden.
Lit.: Eisenhardt, Gesellschaftsrecht; Hadding, W., Actio pro socio, 1966
Actus (M.) contrarius ([lat.] Gegenhandlung) ist die
Rechtshandlung, die das Gegenteil einer andern Rechtshandlung
bewirkt (z. B. Erlassvertrag einer Schuld im Verhältnis zu ihrer meist
ebenfalls durch Vertrag erfolgenden Begründung).
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Adäquanz (F.) Angemessenheit
Adäquanztheorie ist die auf →Adäquanz abstellende Theorie zur
Bestimmung der rechtlich beachtlichen →Kausalität eines Verhaltens
für einen Erfolg. Adäquat (kausal) ist ein (kausales) Ereignis, das
allgemein – und damit nicht nur unter ganz eigenartigen
ungewöhnlichen Verhältnissen – geeignet ist, den entsprechenden
Erfolg herbeizuführen (z. B. mangelhafte Isolierung einer Gasleitung
– Vergiftung eines Menschen, Anbringen eines färbenden
Sicherungsetiketts [Colortags] an einem zu verkaufenden
Kleidungsstück – Farbflecken auf andern Gegenständen des Käufers).
Die A. gilt vor allem im Privatrecht (→unerlaubte Handlung). Sie
steht im Gegensatz zur →Äquivalenztheorie. Sie grenzt
Schadensersatzansprüche ein.
Lit.: Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht
Adel ist der in der mittelalterlichen und neuzeitlichen deutschen und
europäischen Gesellschaft führende →Stand. Er ist teils Geburtsadel
und teils Dienstadel, teils Uradel und teils Briefadel und scheidet sich
in hohen und niedern A. Die Vorrechte des Adels sind durch Art. 109
III WRV aufgehoben, doch sind vor dem 14. 8. 1919 erworbene
Adelsprädikate Teile des Namens (Familiennamens), so dass ihr
Weglassen Namensänderung ist. Für Ausländer ist das Recht ihres
Heimatstaats entscheidend, doch ist Rückgewinnung eines verlorenen
ausländischen Adelstitels durch Namensänderung möglich (§ 3a
Namensänderungsgesetz). Unbefugtes Führen eines Adelstitels ist
ordnungswidrig (§ 111 OWiG).
Lit.: Dumoulin, K., Die Adelsbezeichnung, 1997; Köbler, G., Lexikon der europäischen
Rechtsgeschichte, 1997
Adhäsion (F.) Aneinanderhaften
Adhäsionsverfahren (§§ 403ff. StPO) ist das durch die
Strafprozessordnung ermöglichte, tatsächlich selten durchgeführte
Verfahren, (im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit) einen aus der
Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch statt im
→Zivilprozess anhangsweise im wegen der Straftat (ohnehin)
anhängigen →Strafprozess geltend zu machen. Im Fall der
strafrechtlichen Verurteilung kann im Strafurteil dem
zivilprozessualen Anspruch stattgegeben werden. Der Strafrichter
kann diese Entscheidung aber aus bestimmten Gründen ablehnen (§
405 StPO), wogegen es kein Rechtsmittel gibt.
Lit.: Klaus, T., Neuere Beiträge zur Lehre vom Adhäsionsprozess, 2000
Ädil ist der das Gebäudewesen überwachende Amtsträger
(Tempelvorsteher, Marktaufseher) des römischen Rechts, auf dessen
Tätigkeit u. a. Wandlungsklaganspruch und Minderungsklaganspruch
zurückgehen (→actio).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Administration (F.) Verwaltung
Administrativenteignung →Enteignung
Adoption (F.) →Annahme als Kind
Lit.: Oberloskamp, H., Wir werden Adoptiv- oder Pflegeeltern, 4. A. 2000; Adoption, hg. v. Paulitz,
H., 2000; Scharp, D., Die Auswirkungen internationaler Regelungen, 2000
Adressat einer Äußerung (z. B. einer →Norm) ist die Person, an die
sie sich wendet. Im Verwaltungsrecht ist A. (Inhaltsadressat im
Gegensatz zum bloßen Bekanntgabeadressaten) einer →Regelung die
Person, deren Verhalten durch die angeordnete Rechtsfolge
beeinflusst werden soll. Im Privatrecht ist A. einer
→Willenserklärung die Person, an die sie gerichtet ist.
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil
Adresse ist die Gesamtheit der Angaben, über die eine Person erreichbar ist (meist Land,
Ort, Straße, Hausnummer). Im Verfahrensrecht hat der Rechtsanwalt durch geeignete
Maßnahmen zu sichern, dass seine Mitarbeiter die für ein Gericht bestimmten Sendungen
mit der vollständigen A. versehen. Im Verbraucherkreditrecht genügt es, wenn der
Unternehmer ein Postfach benennt, an das ein Widerruf gesendet werden kann.
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO
Advokat ist eine ältere, in der Schweiz und in romanischen Ländern
gültige Bezeichnung für →Rechtsanwalt.
Affekt ist die heftige, meist mit Veränderungen der Körpervorgänge
verbundene Gemütsbewegung (z. B. Wut). Der A. kann vor allem im
Strafrecht in besonderen Fällen →Schuldunfähigkeit begründen (§ 20
StGB, str.). Im Übrigen kann er strafmildernd berücksichtigt werden.
Lit.: Affektdelikte, hg. v. Saß, H., 1993
Affektion (F.) Gunst
Affektionsinteresse →Liebhaberinteresse
Affidavit ([lat.] er hat geschworen) ist (die durch Einsatz der Treue
verstärkte Bekräftigung und) im internationalen Wertpapierrecht ein
besonderes Mittel der Glaubhaftmachung.
Lit.: Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere
affirmativ (Adj.) bestätigend, positiv
Afrika ist der im Süden Europas gelegene Kontinent. A. ist auf
zahlreiche, aus den im Laufe der Neuzeit eingerichteten Kolonien vor
allem Frankreichs, Englands, Portugals, Belgiens und Deutschlands
erwachsene Staaten aufgeteilt. Die Rechte dieser Staaten sind vielfach
vom Recht der früheren Kolonialstaaten geprägt.
Lit.: Bryde, B., Afrikanische Rechtssysteme, JuS 1982, 8; David, R./Grasmann, G., Einführung in
die großen Rechtssysteme, 2. A. 1988; Hazdra, P., Afrikanisches Gewohnheitsrecht, 1999;
Maluwa, T., International law in post-colonial Africa, 1999; Kleines Afrika-Lexikon, hg. v.
Hofmeier, R. u. a., 2004
Agende (F.) Gottesdienstregelung
Agent (M.) provocateur (franz., Scheinanstifter) ist ein Mensch, der
– meist zum Zweck der Überführung – einen andern Menschen zu
einer Straftat veranlassen (provozieren) will, deren Erfolg aber nicht
eintreten soll. Dem a. p. fehlt der →Vorsatz des Anstifters, weil er es
nur zum →Versuch kommen lassen will. Er bleibt deshalb straffrei
(str.). Führt der andere die Tat aus, so ist nach der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Verurteilung
ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens. Zum
Ausgleich hierfür ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs
eine Strafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens
auszusprechen.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Küper, W., Der agent provocateur im Strafrecht, GA 1974,
321
aggressiv (Adj.) angreifend
aggressiver Notstand →Notstand, aggressiver
Agnat ist der von demselben Familienvater über Männer
abstammende Familienangehörige (z. B. eheliches Kind, eheliches
Kind des Sohnes, eheliches Kind des Sohnessohnes usw.). Gegensatz
des Agnaten ist der →Kognat. Dem Agnaten kommen im römischen
und germanisch-frühmittelalterlichen Recht wohl besondere
Vorrechte zu.
Lit.: Mitteis/Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte
Agrarrecht →Landwirtschaftsrecht
Lit.: Turner, G., Agrarrecht, 2. A. 1998; Grimm, C., Agrarrecht, 1995; Both von Maercken zu
Geerath, J. v., Agrarunternehmensrecht, 2000
Agrément (N.) ist die Zustimmung des Empfangsstaats zur
Ernennung des Leiters einer diplomatischen Vertretung eines
Entsendestaats.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Aids (ne. [N.] acquired immune deficiency syndrome, erworbenes
Immundefektsyndrom) ist die 1980 entdeckte, durch Viren
übertragbare Störung der zellulären Immunabwehr. Aids ist seitens
des Kranken nicht meldepflichtig. Wer als Aids-Kranker einen andern
Menschen ansteckt, kann strafbar sein.
Lit.: Böckmann, A., Die rechtliche Problematik von HIV und Aids, 2001
Akademie ist die nicht besonders geschützte Bezeichnung für eine
Bildungseinrichtung (z. B. 1459 Academia Platonica in Florenz). A.
der Wissenschaft ist die – meist staatlich betreute – Vereinigung von
Gelehrten zur Pflege und Förderung der Wissenschaft z. B. in
Göttingen, München, Berlin, Leipzig, Heidelberg, Mainz und
Düsseldorf. Die Zahl der Mitglieder ist durch Satzung festgelegt,
wobei die Ergänzung durch Zuwahl erfolgt.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
akademisch (Adj.) gelehrt
akademischer Grad →Grad
Akklamation (F.) Zustimmung durch Zuruf (z. B. auch Beifall) ohne
Stimmenauszählung
Akkord (M.) Übereinstimmung
Akkordlohn ist der nach dem erzielten Arbeitsergebnis bemessene
→Lohn, der einen besonderen Anreiz zu hoher Arbeitsleistung bieten
will. Er kann auf eine einzelne Person oder eine Gruppe bezogen
werden (Einzelakkord, Gruppenakkord). Meist wird neben dem A. ein
→Zeitlohn als Mindestlohn vereinbart.
Lit.: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch
Akkreditierung ist im →Völkerrecht die mit Entgegennahme des
→Beglaubigungsschreibens durch die zuständige Stelle des
Empfangsstaats (z. B. nach Art. 59 I S. 3 GG des Bundespräsidenten
Deutschlands) vollzogene Anerkennung eines Menschen als
→Gesandter.
Akkreditiv ([N.] Beglaubigung) ist im Handelsrecht der →Vertrag,
durch den sich der Käufer einer Ware verpflichtet, eine bestimmte
Bank zu veranlassen, die Kaufpreissumme an den Verkäufer bereits
nach Prüfung und Aushändigung der Dokumente zu zahlen. Meist ist
das A. eine →Anweisung. Nach Bestätigung durch die Bank wirkt
das A. als →Schuldversprechen.
Lit.: Wolsing, H., Das übertragbare Dokumenten-Akkreditiv, 1998
Akkusation (F.) Anklage
Akkusationsprozess (Anklageprozess) ist der durch die Anklage (lat.
accusatio) des Verletzten gegen den Verletzenden eingeleitete (Straf-)
Prozess. Er wird seit dem Mittelalter durch den von Amts wegen
betriebenen →Inquisitionsprozess abgelöst. Sein Überrest ist die
→Privatklage (§§ 374ff. StPO).
Lit.: Grebing, G., Abschaffung oder Reform der Privatklage, GA 1984, 1
Akte ([lat.] acta [N. Pl.] Geschehenes) ist die Gesamtheit der
bezüglich einer Angelegenheit angefallenen Schriftstücke, vor allem
einer Behörde.
Lit.: Pape, G., Grundregeln für die systematische Bearbeitung zivilrechtlicher Akten, JuS 1993,
758; Dresenkamp, K., JA-Zivilakte, 1999
Akteneinsicht ist die Einsicht in die (von der Behörde angelegten)
Akten. Hierzu gehört auch die Erteilung von Ausfertigungen,
Anzeigen und Abschriften. Das Recht auf A. ist eine Ausprägung des
Grundsatzes auf rechtliches →Gehör (Art. 103 GG). Nach den
Verfahrensgesetzen steht es den Beteiligten in unterschiedlicher
Weise zu (§§ 299 ZPO, 147 StPO [nur für Verteidiger, nicht für
Beschuldigte], 100 VwGO, 34 FGG, 29 VwVfG, 90 BBG). Ein
Kernbereich interner Vorgänge einer Regierung ist auch einem
Parlamentsausschuss verschlossen. Der Beschuldigte eines
Steuerverfahrens hat kein Recht auf A. gegenüber dem Finanzamt.
Einen Anspruch auf Einsicht in Akten eines Arzts oder
Krankenhauses hat auch der behandelte Kranke.
Lit.: Spaetgens, M., Das strafprozessuale Akteneinsichtsrecht, 2000; Cho, S., Die Akteneinsicht für
den Verletzten, Diss. jur. Univ. Berlin (HU) 2001; Keller, D., Die Akteneinsicht Dritter zu
Forschungszwecken, NJW 2004, 413
Aktenlage ist der allein aus den Akten hervorgehende Sachstand
einer Angelegenheit. →Entscheidung nach A.
Aktenvermerk ist der meist für spätere Beweiszwecke oder als Gedächtnisstütze zu den Akten
gebrachte schriftliche Vermerk über einen Vorgang oder sonstigen Sachverhalt.
Lit.: Gross, D., Praktische Hinweise zur Abfassung interner Aktenvermerke, JuS 1994, 594
Aktenversendung ist im spätmittelalterlichen und neuzeitlichen
deutschen Recht (bis 1879) die (rechtsstaatlichen Grundsätzen
widersprechende) Versendung von Gerichtsakten an rechtliche
Autoritäten (z. B. Juristenfakultäten) zur Beurteilung.
Lit.: Lorenz, S., Aktenversendung und Hexenprozess, Diss. jur. 1982
Aktenvortrag ist der Vortrag des Inhalts einer →Akte mit
anschließendem Verfahrensvorschlag (im Rahmen einer juristischen
Staatsprüfung oder einer praktischen Tätigkeit).
Lit.: Kropil, K., Der Aktenvortrag im Assessorexamen (CD), 1996; Hnida, K., Der sozialrechtliche
Aktenvortrag, JuS 1998, 60; Pagenkopf, M./Pagenkopf, O., Der Aktenvortrag im Assessorexamen,
1999; Hartz, N. v./Streiter, F., Mündliche Prüfung und Aktenvortrag im Assessorexamen, JuS 2001,
790
Aktenzeichen ist das zum Zweck der Unterscheidung und
Auffindung einer →Akte zugeteilte Kennzeichen. Es besteht meist
aus einer abkürzenden Verbindung von Buchstaben und Zahlen. (Eine
Übersicht über in der Gegenwart gängige gerichtliche Aktenzeichen
findet sich z. B. bei Schönfelder, Deutsche Gesetze, Anhang I.)
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht
Aktie ist der (ziffernmäßige) Teil des →Grundkapitals einer
→Aktiengesellschaft (Gesellschaftsanteil), die Summe der durch
Übernahme eines Teils des Grundkapitals erworbenen Rechte und
Pflichten des Aktionärs (→Mitgliedschaft) und zugleich die Urkunde,
welche die durch Übernahme eines Teils des Grundkapitals
erworbene Mitgliedschaft verbrieft (→Wertpapier). Die A. kann
Namensaktie oder Inhaberaktie (§ 10 AktG), Vorzugsaktie (Aktie mit
Vorrecht) oder Stammaktie (Aktie ohne Vorrecht) (§ 11 AktG) sowie
Nennbetragsaktie bzw. (Nennwertaktie) oder (nennwertlose)
→Stückaktie (→Quotenaktie) (§ 8 AktG) sein. Mindestnennbetrag
der Nennbetragsaktie ist ein Euro (§ 8 II 1 AktG). Höhere
Aktiennennbeträge müssen auf volle Euro lauten (§ 8 II 4 AktG). Die
A. ist unteilbar. Sie darf nicht unter ihrem Wert, aber u. U. ohne
Stimmrecht ausgegeben werden (§ 12 I 2 AktG).
Lit.: Hüffer, U., Aktiengesetz, 5. A. 2002; Leithaus, R., Die Regelungen des Erwerbs eigener
Aktien, 2000
Aktienanleihe ist die →Inhaberschuldverschreibung mit dem Recht
des Anleiheausgebers, die Anleihe entweder zum Nennwert in Geld
oder in Form einer bestimmten Anzahl von Aktien einer bestimmten
Aktiengesellschaft zurückzuzahlen.
Aktienbuch (§ 67 AktG) ist das von der Namensaktien ausgebenden
Aktiengesellschaft zu führende Buch, in das der Inhaber der Aktie
nach Namen, Wohnort und Beruf einzutragen ist.
Lit.: Hüffer, U., Aktiengesetz, 5. A. 2002
Aktiengesellschaft ist die →Gesellschaft mit eigener
Rechtspersönlichkeit (→Verein, →juristische Person), die ein in
→Aktien zerlegtes →Grundkapital hat und für deren
Verbindlichkeiten den Gläubigern nur das →Gesellschaftsvermögen
haftet (§ 1 AktG). Ihr Recht ist im →Aktiengesetz geregelt. Die A.
gilt stets als →Handelsgesellschaft (§ 3 AktG). Sie ist
→Kapitalgesellschaft. An der Festlegung des Gesellschaftsvertrags
(Satzung) müssen sich (seit 1994 nur noch) mindestens eine oder
mehrere Personen beteiligen, welche die Aktien gegen Einlagen
übernehmen (§ 2 AktG). Der Mindestnennbetrag des Grundkapitals
ist 50 000 Euro (§ 7 AktG). Die Firma der A. muss die Bezeichnung
A. oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung
enthalten (§ 4 AktG). Die →Satzung muss bestimmte
Mindesterfordernisse erfüllen (§ 23 AktG). Mit Feststellung der
Satzung und Aufbringung des Grundkapitals durch Verpflichtung zur
Zahlung der Einlagen auf die Aktien ist die A. errichtet
(Gründungsvereinigung, Voraktiengesellschaft, § 29 AktG). Die A.
entsteht mit der Eintragung in das →Handelsregister (§ 41 I 1 AktG),
die grundsätzlich bestehende Gründungsmängel heilt. Organe der
Aktiengesellschaft sind →Vorstand, →Aufsichtsrat und
→Hauptversammlung (§§ 76ff. AktG). Die A. endet vor allem durch
Beschluss der Hauptversammlung, Eröffnung des
Insolvenzverfahrens (→ Insolvenz), Ablehnung der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens mangels Masse oder →Fusion, doch besteht die
A. bis zur Beendigung der Abwicklung fort. (Zwischen 1990 und
2000 stieg die Zahl der Aktiengesellschaften in Deutschland von rund
2000 auf rund 10000).
Lit.: Henn, G., Handbuch des Aktienrechts, 7. A. 2002; Wahlers, H., Die Satzung der kleinen
Aktiengesellschaft, 3. A. 2003; Seibert, U./Kiem, R., Handbuch der kleinen Aktiengesellschaft, 4.
A. 2000; Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, hg. v. Hoffmann-Becking, M., 2. A.
1999; Horstig v./Jaschinski/Ossola-Haring, Die kleine AG, 2002, Ek, R., Aktiengesellschaften,
2002; Hölters, W./Deilmann, B./Buchta, J., Die kleine Aktiengesellschaft, 2. A. 2002;
Balser/Bokelmann/Ott/Piorreck, Die Aktiengesellschaft, 4. A. 2002; Being public, hg. v. Sommer,
H., 2002; Die Aktiengesellschaft bei Unternehmenskauf und Restrukturierung, hg. v. Picot,
G./Mentz, A./Seydel, E., 2003; Rittweger, S., Leitfaden Mini-Job, Ich-AG und Familien-AG, 2003;
Jäger, A., Aktiengesellschaft, 2004
Aktiengesetz ist das das Recht der Aktiengesellschaft erstmals
außerhalb des Handelsgesetzbuchs regelnde Einzelgesetz (1937).
Lit.: Aktiengesetz, GmbH-Gesetz, 36. A. 2003; Münchener Kommentar Aktiengesetz, hg. v. Kropff,
B./Semler, J., Bd. 1f. 2. A. 2000; Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. A., Bd. 1ff.; Hüffer, U.,
Aktiengesetz, 5. A. 2002
Aktienrecht ist das Recht der →Aktie. →Aktiengesellschaft,
→Aktiengesetz
Lit.: Henn, G., Handbuch des Aktienrechts, 7. A. 2002; Henze, H., Aktienrecht, 4. A. 2000; Ulmer,
P., Aktienrecht im Wandel, AcP 202 (2002), 143; Beck’sches Formularbuch Aktienrecht, hg. v.
Lorz, R. u. a., 2004; Münchener Anwaltshandbuch Aktienrecht, hg. v. Schüppen, M. u. a., 2004
Aktionär ist der Gesellschafter einer →Aktiengesellschaft. Er hat
Pflichten (z. B. Einlagepflicht) und Rechte (z. B. Dividende,
Stimmrecht). Er haftet für Schulden der Aktiengesellschaft nicht
persönlich, sondern nur mittelbar über seine (dem Vermögen der
Aktiengesellschaft zugehörige) Beteiligung an der Aktiengesellschaft.
Lit.: Kindler, P., Der Aktionär in der Informationsgesellschaft, NJW 2001, 1678
Aktionärsklage (F.) ist die Klage des Aktionärs (z. B. Klage wegen
eines Mangels eines Beschlusses der Hauptversammlung).
Lit.: Bayer, W., Aktionärsklagen, NJW 2000, 2609
Aktionensystem ist das System des römischen Rechts für die
Ordnung der Verwirklichungsmöglichkeiten subjektiver Rechte, das
für die Durchsetzung eines Rechts eine besondere →actio
(Klaganspruch) erfordert (z. B. actio legis Aquiliae).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
aktiv (Adj.) tätig, handelnd
Aktiva (N. Pl.) sind die Vermögensteile eines Unternehmens, die auf
der (links geführten) Aktivseite der →Bilanz ausgewiesen werden
(→Anlagevermögen z. B. Grundstücke,→Umlaufvermögen z. B.
Erzeugnisse). →Passiva
Lit.: Canaris, Handelsrecht
Aktivlegitimation ist im Prozessrecht die →Klagebefugnis (aktive
Sachbefugnis z. B. des Verkäufers beim Kaufpreisanspruch). Fehlt
die A. (z. B. ist der Kläger nicht der Verkäufer), so ist die Klage
unbegründet. Die A. ist zu unterscheiden von der
→Prozessführungsbefugnis sowie der →Passivlegitimation.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Aktivvertretung ist die auf der Seite des Erklärenden stattfindende
Vertretung.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
aktuell (Adj.) zeitgemäß, gegenwärtig
aktuelles Unrechtsbewusstsein →Unrechtsbewusstsein, aktuelles
Akzept (Annahme) ist im Wechselrecht die Annahmeerklärung des
Bezogenen (Angewiesenen) (meist auf der Vorderseite des Wechsels
links quer durch Unterschrift). Das A. ist eine formbedürftige
→Willenserklärung. Es bewirkt die Verpflichtung des Annehmenden,
den →Wechsel bei Verfall (Fälligkeit) zu bezahlen (Art. 28 I WG).
akzessorisch (Adj.) hinzutretend, zusätzlich, nebensächlich
Akzessorietät ist die Abhängigkeit eines rechtlichen Umstands von
einem andern rechtlichen Umstand. Im Schuldrecht besteht A.
beispielsweise zwischen Hauptschuld und →Bürgschaftsschuld (die
Bürgschaftsschuld kann nicht ohne Hauptschuld bestehen), im
Sachenrecht zwischen Schuld und →Pfandrecht (das Pfandrecht
entsteht nicht ohne Schuld und erlischt mit der Schuld). Im Strafrecht
spricht man von A. zwischen Tat und →Teilnahme, da es eine
Teilnahme ohne Haupttat nicht gibt. Limitiert (eingeschränkt) ist
diese A. insofern, als die Strafbarkeit eines Teilnehmers (außer sog.
natürlichem Vorsatz) nur Rechtswidrigkeit der Haupttat, nicht auch
Schuld des Haupttäters erfordert.
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil
akzidentiell (Adj.) zufällig, zusätzlich, nebensächlich
Akzise (F.) Abgabe
Albanien ist der zwischen Adria, Jugoslawien, Makedonien und
Griechenland liegende südosteuropäische Staat.
Lit.: Lamaj, A., Die rechtliche Absicherung, 1997
aleatorisch (Adj.) würflerisch, vom Zufall abhängig
alias (lat. [Adv.]) anders
Alibi (lat. [Adv.] anderswo) ist der Nachweis, dass der Beschuldigte
sich zur Tatzeit an einem andern Ort als dem Tatort aufgehalten hat
und deshalb nicht der Täter sein kann.
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht
Alimentation (F.) Ernährung, Unterhalt
Alimentationstheorie ist die Ansicht über den Grund des
→Dienstbezugs, die seinen Zweck in der Alimentation des Beamten
sieht statt im Entgelt für eine Leistung.
Alimente ([N. Pl.] Nahrungsmittel) sind im älteren Sprachgebrauch
die Unterhaltszahlungen insbesondere des Vaters für das
(nichteheliche) Kind.
Aliud (lat. [N.] anderes) ist der nicht der vereinbarten →Gattung
angehörende Gegenstand. Nach § 434 III BGB steht es einem
Sachmangel gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache liefert.
Das (genehmigungsfähige) a. kann vom Gläubiger als →Erfüllung
angenommen werden.
Lit.: Lorenz, S., Aliud, peius und indebitum im neuen Kaufrecht, JuS
2003, 36
Alkohol (M.) Antimon, Kohlenwasserstoffderivat
Lit.: Schnarr, K., Alkohol als Strafmilderungsgrund, 2001;
Kornhuber, H., Alkohol, 2001; Alkohol und Schuldfähigkeit, hg. v.
Schneider, F./Frister, H., 2002
Alkoholdelikt →Blutalkohol
allgemein (Adj.) üblich, selbverständlich, nicht durch besondere
Umstände gekennzeichnet
allgemeine Geschäftsbedingungen →Geschäftsbedingung,
allgemeine
allgemeine Gütergemeinschaft →Gütergemeinschaft
allgemeine Handlungsfreiheit →Handlungsfreiheit, allgemeine
allgemeine Lebenserfahrung →Lebenserfahrung, allgemeine
allgemeine Staatslehre →Staatslehre, allgemeine
allgemeine Wahl →Wahl
allgemeiner Rechtsgrundsatz →Rechtsgrundsatz, allgemeiner
allgemeiner Studentenausschuss →Studentenausschuss,
allgemeiner
allgemeiner Teil →Teil, allgemeiner
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) ist das seit 1. 1.
1812 in Österreich geltende, naturrechtliche Gesetzbuch des
Privatrechts (→Kodifikation).
Lit.: Rummel, P., Kommentar zum ABGB, Bd. 1f. 3. A. 2001f.
Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch (ADHGB) ist das
(mangels [zentral]staatlicher Gesetzgebungszuständigkeit nur) in
gemeinsamen Verhandlungen inhaltlich abgesprochene, ab 1861
durch Einzelgesetze der Bundesstaaten des Deutschen Bundes
(einschließlich Österreichs) in Kraft gesetzte Handelsgesetzbuch, das
1871 im Deutschen Reich (ohne Österreich) als Reichsgesetz
übernommen und zum 1. 1. 1900 durch das (1938 auf Österreich
erstreckte) Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897 ersetzt wurde.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
allgemeines Gesetz →Gesetz, allgemeines
allgemeines Gewaltverhältnis →Gewaltverhältnis, allgemeines
Allgemeines Landrecht (ALR) ist das 1794 in Preußen in Kraft
gesetzte und u. a. bis zum Bürgerlichen Gesetzbuch (1900) geltende,
naturrechtliche Gesetzbuch des aufgeklärten Preußen (ca. 19 000
Paragraphen), das insbesondere in seiner Bestimmung der
→Aufopferung (§§ 74, 75 Einl. ALR) und der Aufgaben der
→Polizei (II, 17 § 10 ALR) auch über seine Geltungsdauer hinaus
fortgewirkt hat.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Allgemeines Landrecht, hg. v. Hattenhauer, H./Bernert, G.,
3. A. 1996
Allgemeinverbindlichkeit ist die Verbindlichkeit einer Bestimmung
für alle. Im Arbeitsrecht ist die auf Antrag einer Tarifvertragspartei
unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Erklärung der A. durch
den Bundesarbeitsminister und den Tarifausschuss der
Tarifvertragsparteien die Anordnung, durch welche die normativen
Bestimmungen eines →Tarifvertrags über die Mitglieder der
Tarifvertragsparteien hinaus auf weitere Personen erstreckt werden (§
5 IV TVG). Sie wird als →Rechtsverordnung oder als
→Verwaltungsakt angesehen.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Hofbauer, H., Der
Rechtscharakter der Tarifverträge und der Allgemeinverbindlichkeitserklärung, 1974
Allgemeinverfügung (§ 35 S. 2 VwVfG) ist der →Verwaltungsakt,
der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder
bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche
Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit
betrifft (z. B. Sperrung einer bestimmten Straße wegen Bauarbeiten,
Verkehrszeichen). Im Gegensatz zur →Rechtsnorm betrifft die A.
einen besonderen Sachverhalt. Im Gegensatz zu andern
Verwaltungsakten ist sie auch durch allgemeine Umstände
gekennzeichnet.
Allgemeinwohl ist das Interesse des Ganzen der menschlichen
Gesellschaft (öffentliches →Interesse). Zu Gunsten des
Allgemeinwohls können Eingriffe in die Rechte des Einzelnen
vorgenommen werden. Die von der Verwaltung dabei zu ergreifenden
Maßnahmen hängen vom Einzelfall ab.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Allmende ([mhd.] almende) ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen
deutschen Recht die einem Verband oder einer sonstigen
Personenmehrheit ([ahd.] ala, allen) zur gemeinsamen Nutzung
gemeinschaftlich ([ahd.] gimeinida) zustehende, unter
liberalistischem Einfluss seit dem 19. Jh. vielfach privatisierte
Wirtschaftsfläche (z. B. Weide, Wald, Alm).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
alliiert (Adj.) verbündet
Allod ist im mittelalterlichen deutschen Recht das keinen zusätzlichen
Beschränkungen unterliegende Familiengut (Volleigentum etwa im
Gegensatz zum Lehen).
Lit.: Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte
Allodifikation ist im (mittelalterlichen und) neuzeitlichen deutschen
Recht die Umwandlung von bestimmten Beschränkungen
unterliegendem Gut (z. B. Lehen) in keiner zusätzlichen
Beschränkung unterliegendes Familiengut, später auch
Individualeigentum.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Allonge (F.) Anhang (z. B. an Wechsel)
Allzuständigkeit der →Gemeinde (Art. 28 II GG) ist das Recht, alle
Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze
in eigener Verantwortung zu regeln. Die A. begründet eine
gesetzliche Vermutung zugunsten der →Zuständigkeit der Gemeinde.
Eine Verletzung des Rechts der A. durch Gesetz kann von der
Gemeinde mit der →Verfassungsbeschwerde angegriffen werden
(Art. 93 I Nr. 4b GG).
alma mater (lat. [F.]) Nährmutter, Universität
Altenteil →Altenteilsrecht
Altenteilsrecht (vgl. § 96 EGBGB) ist der Inbegriff von Nutzungen
und Leistungen aus oder auf einem →Grundstück zum Zweck der
Versorgung des Berechtigten (Altenteilers), der vor allem in der
Landwirtschaft Bedeutung hat (entweder →Reallast oder persönliche,
grundbuchlich abgesicherte →Forderung.)
Lit.: Schäfer, A., Übernahme und Altenteil, 1994 (Diss.)
Alter (N.) →Lebensalter
alter ego (lat. [M.] anderes ich) →Prokura
alternativ (Adj.) wechselnd, andere
alternative Kausalität →Kausalität, alternative
alternativer Vorsatz →Vorsatz, alternativer
Alternativobligation →Wahlschuld
Altersgrenze ist allgemein die durch ein bestimmtes Alter festgelegte
Begrenzung (z. B. im Verwaltungsrecht das Lebensalter, bei dessen
Erreichung ein →Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand tritt, vgl.
§ 25 BRRG, vollendetes 65. Lebensjahr). →Ruhestand, Lebensalter
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Altershilfe für Landwirte (seit 1995 Alterssicherung der Landwirte)
Lit.: Noell, K./Kirchner, R., Die Altershilfe für Landwirte, 10. A. 1984
Alterspräsident ist der einem Gremium wegen des höchsten
Lebensalters aller Mitglieder vorsitzende Mensch, der vielfach die
konstituierende Sitzung leitet.
Lit.: Klopp, H., Das Amt des Alterspräsidenten, 2000
Altersrente ist die bei Erreichung der gesetzlichen →Altersgrenzen
(Vollendung des 65. Lebensjahres, evtl. des 60., 62., 63.) – auf Antrag
– zu gewährende Versicherungsleistung (→Rente) der
→Rentenversicherung (§ 35 SGB VI).
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Pelikan, W., Altersvorsorge, 2002
Altersteilzeit ist die im Alter auf einen Teil der Arbeitszeit
beschränkte Arbeit (seit 1. 8. 1996, für den öffentlichen Dienst seit 1.
8. 1998). Ein infolge A. bei einem unterhaltspflichtigen Ehegatten
vermindertes Einkommen stellt zumindest bei beengten
wirtschaftlichen Verhältnissen keinen rechtlich anerkennenswerten
Grund für eine Kürzung des Ehegattenunterhaltsanspruchs dar.
Lit.: Frühpensionierung und Altersteilzeit, hg. v. Andresen, B., 3. A. 2003; Rittweger, S./Petri,
U./Schweikert, S., Altersteilzeit, 2. A. 2002; Spieß, W., Altersteilzeit im öffentlichen Dienst, 2. A.
1999; Görgens, R., Altersteilzeit, 2000; Köster, H./Pogge, B., Frühverrentung, Altersteilzeit,
Arbeitslosengeld, 4. A. 2002; Andresen, B., Frühpensionierung und Altersteilzeit, 2003
Altersversorgung ist allgemein die (nicht aus eigenem Vermögen
bestrittene) Versorgung im Alter (→Altersrente). Betriebliche A. ist
die zusätzliche, durch den Arbeitgeber über die Verbraucher freiwillig
finanzierte A. eines Arbeitnehmers (Betriebsrentengesetz).
Lit.: Bundesversorgungsgesetz Soldatenversorgungsgesetz (Lbl.), 46. A. 2003; Ahrend, P./Förster,
W., Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 9. A. 2003; Höfer, R., Gesetz zur
Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Lbl.), 5. A. 2000; Kemper, K./Kisters-Kölkes, M.,
Betriebliche Altersversorgung, 2. A. 1999; Gilbert, H./Hesse, G., Die Versorgung der Angestellten
und Arbeiter des öffentlichen Dienstes (Lbl.), 36. A. 2002; Gérard, W./Göbel, H., Staatliche
Förderung der Altersvorsorge und Vermögensbildung (Lbl.), 10. A. 2001; Furtmayr, H., Das neue
Altersvermögensgesetz, 2002; Pelikan, W., Altersvorsorge, 2002; Reichel, C./Heger, H.,
Betriebliche Altersversorgung, 2003; Blomeyer, W./Otto, K., Gesetz zur Verbesserung der
betrieblichen Altersversorgung, 3. A. 2003
Ältestenrat (§ 6 GeschOBT) ist das eine bestimmte Zahl von
erfahrenen Mitgliedern vereinende Organ der Geschäftsführung des
→Parlaments. Es besteht aus dem Bundestagspräsidenten, seinen
Stellvertretern und weiteren Mitgliedern. Es unterstützt den
Präsidenten bei der Geschäftsführung (z. B. Festlegung des
Arbeitsplans).
Lit.: Maibaum, A., Der Ältestenrat, 1986
ambulant (Adj.) wandernd, nicht ortsgebunden
Amendment (engl. [N.]) Verbesserung, Zusatz
Amerika →Vereinigte Staaten von Amerika
Amnestie ist der durch →Gesetz ausgesprochene Gnadenerweis für
eine unbestimmte Zahl rechtskräftig verhängter, aber noch nicht
vollstreckter Strafen. Die A. ist meistens näher eingeschränkt durch
Stichtage, bestimmte Straftaten und Strafhöhen. Sie ist vielfach mit
einer Niederschlagung (Abolition) entsprechender noch anhängiger
Verfahren verbunden.
Lit.: Süß, F., Studien zur Amnestiegesetzgebung, 2001; Joecks, W./Randt, K., Steueramnestie
2004/2005, 2004
Amortisation (Ertötung) ist die langzeitliche →Tilgung einer
→Schuld, in bestimmten Einzelfällen die sonstige Beseitigung eines
Rechts. Im Gesellschaftsrecht ist A. die Einziehung einer →Aktie
oder eines →Geschäftsanteils an einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung, im Wertpapierrecht die →Kraftloserklärung eines abhanden
gekommenen oder vernichteten Wertpapiers im
→Aufgebotsverfahren. Daneben heißt A. auch der Erwerb von
Grundstücken durch die Kirche, weil diese grundsätzlich eine
Wiederveräußerung verbietet, die Grundstücke also in sog. tote Hand
geraten.
Lit.: Hueck, Gesellschaftsrecht
Amsterdamer Vertrag ist der nach dem Tagungsort benannte, am 1.
5. 1999 in Kraft getretene Abänderungsvertrag der Europäischen
Gemeinschaft (Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Europäischen
Union). Er nummeriert die bisherigen Vertragswerke neu, stärkt die
Rechte des Europäischen Parlaments, ermöglicht eine begrenzte
Erweiterung des Mehrheitsprinzips im Europäischen Ministerrat,
vergemeinschaftet Teile der Innenpolitik und Rechtspolitik und baut
die außenpolitische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit aus.
Fortgeführt wird die Entwicklung durch die Beschlüsse von Nizza
(Dezember 2000).
Lit.: Rechtsfragen in der Anwendung des Amsterdamer Vertrages, hg.
v. Hummer, W., 2001
Amt ist im Verwaltungsrecht die kleinste Organisationseinheit. Das
A. ist organisationsrechtlich die konkrete Amtsstelle eines Menschen,
zu der eine Aufgabe und eine Zuständigkeit gehören.
Beamtenrechtlich bedeutet es eine abstrakte Dienststellung, die sich
aus dem Haushaltsplan und dem Besoldungsgesetz ergibt. Außerdem
kann es eine →Behörde bezeichnen. Öffentliches A. ist ein A., dessen
Träger Organ der Staatsgewalt ist.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
amtlich (Adj.) ein Amt betreffend, besonders glaubwürdig
amtliches Wertzeichen →Wertzeichen, amtliches
Amtmann ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen deutschen Recht
der Leiter der Verwaltung eines Amtsbezirks eines Landesherrn, im
modernen Verwaltungsrecht ein →Beamter des gehobenen Dienstes.
Lit.: Agena, K., Der Amtmann, Diss. jur. Göttingen 1973
Amtsanmaßung (§ 132 StGB) ist die unbefugte Befassung mit der
Ausübung eines öffentlichen →Amts (z. B. Auftreten als Hauptmann
von Köpenick) oder die unbefugte Vornahme einer Handlung, die nur
kraft eines öffentlichen Amts vorgenommen werden darf (z. B.
Beschlagnahme).
Amtsanwalt (§ 142 GVG) ist der →Beamte der →Staatsanwaltschaft bei einem →Amtsgericht, der
nicht zum Richteramt befähigt zu sein braucht (z. B. Beamter des gehobenen Dienstes,
Rechtsreferendar, 1999 in Deutschland 877 Amtsanwälte).
Lit.: Franz, T., Der Amtsanwalt, JuS 1998, 670
Amtsarzt (vgl. § 42 I BBG) ist im Verwaltungsrecht der beamtete
Arzt der staatlichen Gesundheitsverwaltung, der nach verschiedenen
Rechtsvorschriften für die amtliche Begutachtung des
Gesundheitszustands eines Menschen zuständig ist.
Lit.: Scharphuis, I., Die mündliche Amtsarztprüfung, 2000
Amtsbetrieb (Offizialbetrieb) ist der Verfahrensgrundsatz, nach dem
die Einleitung und Fortführung eines →Prozesses von Amts wegen
erfolgt. A. herrscht beispielsweise im Strafprozess. Den Gegensatz
zum A. bildet der →Parteibetrieb mit dem →Verfügungsgrundsatz.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Amtsblatt ist das zur öffentlichen Bekanntmachung amtlicher
Mitteilungen bestimmte Veröffentlichungsmittel eines Hoheitsträgers
(z. B. Ministerium, Gemeinde, Landkreis), in dem vielfach auch
nichtamtliche Teile einschließlich von Anzeigen möglich sind.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Amtsdelikt ist das →Delikt, dessen Täter ein Amtsträger ist (§§
331ff. StGB, Straftaten im Amt). Ein echtes A. kann nur von einem
→Amtsträger verwirklicht werden (z. B. →Rechtsbeugung § 339
StGB, Sonderdelikt), doch kann ein Nichtamtsträger Anstifter oder
Gehilfe sein. Das unechte A. ist eine Straftat, – die zwar von
jedermann begangen werden kann, – bei der (aber) die Begehung
durch einen Amtsträger mit erhöhter Strafe bedroht ist (z. B.
Körperverletzung im Amt § 340 StGB, beachte § 28 II StGB).
Lit.: Rohlff, A., Die Täter der Amtsdelikte, 1995
Amtsermittlungsgrundsatz →Untersuchungsgrundsatz
Amtsfähigkeit (§ 45 StGB) ist die Fähigkeit, ein öffentliches Amt zu
bekleiden und ein Recht aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. Sie
steht grundsätzlich jedermann zu. Sie geht als →Nebenfolge einer
Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr für
bis zu 5 Jahren verloren und kann in weiteren Fällen aberkannt
werden.
Amtsgericht (§§ 12, 22ff. GVG) ist das unterste Gericht der
ordentlichen →Gerichtsbarkeit. Ihm stehen →Einzelrichter vor (§ 22
GVG). Einen Teil seiner Entscheidungen trifft es durch Rechtspfleger
und Urkundsbeamte. Es ist zuständig für unbedeutendere Zivilsachen
und Strafsachen (§§ 23ff. GVG, z. B. bürgerlichrechtliche
Streitigkeiten mit einem →Streitwert bis 5000 Euro). Bei dem A. sind
u. a. eingerichtet →Familiengericht, →Grundbuchamt,
→Insolvenzgericht, →Nachlassgericht, →Registergericht,
→Versteigerungsgericht, →Vollstreckungsgericht,
→Vormundschaftsgericht. Ihm übergeordnet ist das →Landgericht.
In Strafsachen ist das A. zuständig, wenn nicht das Landgericht oder
das Oberlandesgericht zuständig ist, nicht im Einzelfall eine höhere
Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des
Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der
Sicherungsverwahrung zu erwarten ist oder nicht die
Staatsanwaltschaft Anklage beim Landgericht erhebt (§ 24 GVG).
Amtshaftung ist die Haftung für eine Schädigung in Zusammenhang
mit einer Ausübung eines →Amts (→Amtspflichtverletzung).
→Staatshaftung
Lit.: Ossenbühl, F., Staatshaftungsrecht, 5. A. 1998; Tremml, B./Karger, M., Der
Amtshaftungsprozess, 1998; Sandkühler, G., Amtshaftung, 1998; Beilage zu NJW 2002, Heft 14
Amtshilfe (§ 4 VwVfG) ist die ergänzende Hilfe, die eine →Behörde
einer andern auf Ersuchen leistet. Sie ist insbesondere dann zulässig,
wenn eine Behörde aus rechtlichen oder sachlichen Gründen die
Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann. Alle Behörden des
Bundes und der Länder sind zur gegenseitigen A. verpflichtet (Art. 35
I GG). A. liegt nicht vor, wenn die ersuchte Behörde zur
entsprechenden Handlung ohnehin verpflichtet ist. A. gibt es im
Ansatz auch in der Europäischen Union (Finanzbehörden,
Arbeitnehmerentsendung).
Lit.: Schlink, B., Die Amtshilfe, 1982
Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB) ist die vorsätzliche oder
fahrlässige Verletzung einer einem →Beamten einem Dritten
gegenüber obliegenden Amtspflicht (z. B. →Aufsichtspflicht des
Lehrers über Schulkinder). Sie ist eine unerlaubte →Handlung. Nach
§ 839 I 1 BGB hat der beamtenrechtliche Beamte grundsätzlich den
aus dieser unerlaubten Handlung einem Dritten entstehenden Schaden
zu ersetzen. Nach Art. 34 GG tritt aber bei hoheitlichem Handeln des
Beamten der →Staat – teilweise subsidiär, vgl. § 839 I 2 BGB, der
aber im Straßenverkehr nicht mehr anwendbar ist – an die Stelle
sowohl des beamtenrechtlichen wie auch jedes sonstigen
haftungsrechtlichen Beamten (z. B. bei Schäden aus unsorgfältiger
Verwahrung einer mit Billigung des Dienstherrn nach Dienstschluss
nach Hause mitgenommenen und dort unsorgfältig verwahrten
Dienstwaffe eines Polizisten, bei Anklageerhebung eines
Staatsanwalts ohne greifbare positive Hinweise auf eine mögliche
Täterschaft, bei Vollzugslockerung eines Gewalttäters ohne
sorgfältige Untersuchung, bei Schäden durch einen
Zivildienstleistenden). Bei nichthoheitlichem Handeln haftet der Staat
nur nach den §§ 31, 89, 278, 831 BGB. Besonderheiten gelten für
→Richter (§ 839 II BGB, →Richterprivileg). →Staatshaftung
Lit.: Ossenbühl, F., Staatshaftungsrecht, 5. A. 1998
Amtsrecht ist im römischen Recht das von den Amtsträgern (z. B.
Prätor, Ädil) geschaffene Recht ([lat.] ius honorarium, ius
praetorium).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Amtsträger (§ 11 I Nr. 2 StGB) ist, wer nach deutschem Recht
→Beamter oder →Richter ist, in einem sonstigen öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis steht (z. B. Minister, Notar) oder sonst
dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren
Auftrag Aufgaben der öffentlichen →Verwaltung wahrzunehmen (z.
B. ein freiberuflicher Bauingenieur, der auf Grund eines
Rahmenvertrags sämtliche Bauangelegenheiten eines städtischen
Krankenhauses zu betreuen hat). A. ist insbesondere in verschiedenen
Straftatbeständen Tatbestandsmerkmal. Gleichgestellt sind seit 1999
für Bestechung auch Amtsträger und Richter der Europäischen Union
oder eines andern Mitgliedstaats der Europäischen Union.
Lit.: Heinrich, B., Der Amtsträgerbegriff, 2001
Amtsvergehen →Amtsdelikt
Amtsverschwiegenheit ist die Pflicht des →Amtsträgers, über die
ihm bei seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen
Angelegenheiten →Verschwiegenheit zu bewahren (§ 61 BBG). Der
Beamte darf ohne Genehmigung des Dienstvorgesetzten über solche
Angelegenheiten weder aussagen noch Erklärungen abgeben.
Andernfalls verletzt er eine Dienstpflicht.
Amtsvormundschaft ist die →Vormundschaft des →Jugendamts
über einen Menschen. Sie tritt nur noch ausnahmsweise ein, wenn ein
Kind nicht verheirateter Eltern eines Vormunds bedarf oder eine als
Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden ist (§§ 1791c,
1791b BGB). Die A. ist befreite Vormundschaft.
Amtswalter ist der Inhaber eines →Amts. Er steht in einem
beamtenrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Verhältnis zu seinem
Dienstherrn und in einem organisationsrechtlichen Verhältnis zu
einem Verwaltungsträger.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht
Analogie (Übereinstimmung) ist die zielgerichtete Übertragung der
→Rechtsfolge eines geregelten (ersten) →Tatbestands auf einen mit
diesem wertungsmäßig gleichen (übereinstimmenden), aber
ungeregelten (zweiten) Tatbestand (außerhalb der Gesetzgebung) (z.
B. Anwendung der Vorschriften über den Tatbestand Eigentum auf
den Tatbestand Anwartschaft). Die A. beginnt jenseits der
→Auslegung und steht in Gegensatz zur →Reduktion. Sie setzt eine
→Lücke der Rechtsordnung (Nichtregelung oder nicht überzeugende
Regelung des zweiten Tatbestands) und eine so weit reichende
Ähnlichkeit (→Gleichheit) zweier Tatbestände voraus, dass es
ungerecht wäre, die Rechtsfolge des einen Tatbestands nicht auf den
andern Tatbestand anzuwenden. Sie wird im Hinblick auf die analog
angewendete(n) Bestimmung(en) in →Gesetzesanalogie (zu einer
Bestimmung) und →Rechtsanalogie (zu mehreren Bestimmungen)
unterteilt. Im Strafrecht ist A. zu Lasten eines Menschen unzulässig
(vgl. § 1 StGB).
Lit.: Larenz, Methodenlehre; Köbler, Jurist
Analogieschluss ist der Schluss von der wertungsmäßigen Gleichheit
mindestens zweier Tatbestände auf die gerechtigkeitshalber
notwendige Gleichheit der Rechtsfolgen dieser Tatbestände.
Lit.: Zippelius, R., Methodenlehre, 8. A. 2003
Analogieverbot (vgl. z. B. § 1 StGB) ist das Verbot für alle im
Strafverfahren beteiligten staatlichen Stellen, →Analogie eines
Strafgesetzes zu Ungunsten des Handelnden vorzunehmen.
Lit.: Yi, S., Wortlautgrenze, 1992
Anarchie (F.) Herrschaftslosigkeit
Lit.: Meusel, E., Der Anarchismus, 1999
Anathema (griech. [N.] Gottgeweihtes, durch Verfluchung
erfolgende Auslieferung an Gottes Zorn) ist (untechnisch) der
kirchliche Bann.
Anatozismus (Aufhäufung) ist das Nehmen von →Zinseszins. Nach
248 I BGB ist eine im voraus getroffene Vereinbarung, dass fällige
→Zinsen wieder Zinsen tragen sollen, grundsätzlich nichtig. Dies gilt
nicht für Sparkassen, Kreditanstalten und Inhaber von
Bankgeschäften (§ 248 II BGB).
Anderkonto ist das Bankkonto, das eine Person im eigenen Namen
und mit eigener →Verfügungsbefugnis für eine andere Person
unterhält. Das A. ist ein Fall von →Treuhand. Es setzt grundsätzlich
ein berechtigtes Interesse voraus, wobei Rechtsanwälte und Notare
für einlaufende Mandantengelder kraft →Standesrechts ein A. führen
müssen.
Lit.: Kawohl, V., Notaranderkonto, 1995
Änderung des rechtlichen Gesichtspunkts →Veränderung des
rechtlichen Gesichtspunkts
Änderungskündigung ist insbesondere im Arbeitsrecht die
→Kündigung unter der Bedingung, dass der Vertragspartner sich
nicht mit veränderten Vertragsbestimmungen einverstanden erklärt.
Stimmt der Gekündigte dem veränderten Vertragsinhalt zu, so wird
das Vertragsverhältnis mit geändertem Inhalt fortgesetzt. Stimmt er
nicht zu, endet es.
Lit.: Berkowsky, W., Die betriebsbedingte Änderungskündigung, 2000
Androhung ist die Inaussichtstellung eines bestimmten, für den
betroffenen Empfänger nachteiligen Verhaltens. Die vorherige A. ist
in vielen Fällen Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des späteren
tatsächlichen Verhaltens (z. B. § 1234 BGB, Androhung des
Pfandverkaufs, Abmahnung). Die A. bestimmter →Straftaten in
bestimmter Weise ist im Strafrecht eine eigene Straftat der Störung
des öffentlichen Friedens (§ 126 StGB).
Aneignung (§ 958 I BGB) ist im Sachenrecht der Erwerb des
→Eigentums an einer herrenlosen (eigentümerlosen) beweglichen
→Sache durch – rechtmäßige – Besitznahme als →Eigenbesitzer. Bei
eigentümerlosen Grundstücken erlangt der ausschließlich
aneignungsberechtigte →Fiskus des betreffenden Bundesstaats das
Eigentum statt durch (A. bzw.) Besitznahme durch →Eintragung als
→Eigentümer in das →Grundbuch (§ 928 II 2 BGB). Die A. ist
→Realakt (str.). Die Besitznahme ist nicht rechtmäßig, wenn sie
gegen ein Gesetz (z. B. Bundesnaturschutzgesetz) oder ein
Aneignungsrecht eines andern (z. B. des Jagdberechtigten) verstößt.
Anerbe ist im bäuerlichen →Erbrecht der Erbe, der allein unter
Abfindung der übrigen an sich (als gesetzliche Erben) Berechtigten
den landwirtschaftlichen Betrieb erbt. Diese besondere –
landesrechtliche – Gestaltung des Erbrechts (→Höferecht,
Höfeordnung) weicht vom Allgemeinen Erbrecht ab. Sie soll das
bäuerliche Gut vor Zersplitterung bzw. Überschuldung bewahren.
Lit.: Kroeschell, K., Deutsches Agrarrecht, 1983
Anerkenntnis ist im Privatrecht – bezüglich des Neubeginns der
→Verjährung (§ 212 BGB) – das rein tatsächliche Verhalten des
Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein
des Bestehens des Anspruchs unzweideutig ergibt (z. B.
Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung). Im
Zivilverfahrensrecht ist es die Erklärung des Beklagten an das Gericht
(reine →Prozesshandlung, str.), dass der vom Kläger
geltendgemachte prozessuale →Anspruch besteht (vgl. § 307 ZPO),
woraufhin auf Antrag des Klägers ein →Anerkenntnisurteil ergeht.
→Schuldanerkenntnis
Lit.: Fischer, F., Anerkenntnisse im materiellen Recht und im Prozessrecht, JuS 1999, 998
Anerkenntnisurteil (§ 307 ZPO) ist das →Urteil, das nach Bejahung
der Zulässigkeit der Klage auf Antrag des Klägers ohne Sachprüfung
auf Grund des →Anerkenntnisses des Beklagten ergeht.
Lit.: Wolf, M., Das Anerkenntnis im Prozessrecht, 1969
Anerkennung ist die deklaratorische Erklärung eines →Staats, dass
er einen andern als Völkerrechtssubjekt anerkennen und behandeln
will. Sie ist vielfach rein politisch bestimmt. Früher wurden A. de
facto und A. de jure unterschieden. →Vaterschaftsanerkennung
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Anfang der Ausführung ist der Zeitpunkt, an dem aus einer in der
Regel straflosen →Vorbereitungshandlung mindestens der →Versuch
einer →Straftat wird. Der A. d. A. liegt vor, wenn der Täter nach
seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar zur Verwirklichung des
Tatbestands ansetzt (§ 22 StGB, z. B. Abtasten von Kleidungsstücken
nach geeigneten Objekten seitens des Taschendiebs). Wann dies der
Fall ist, entscheidet im Strafverfahren das Gericht.
Lit.: Meyer, D., Abgrenzung der Vorbereitung vom Versuch einer Straftat, JuS 1977, 19
anfänglich (Adj.) schon am Anfang vorhanden
anfängliche Unmöglichkeit →Unmöglichkeit, anfängliche
Anfechtbarkeit ist die rückwirkende Beseitigbarkeit der
Rechtsfolgen eines Verhaltens wie z. B. der Rechtsfolgen eines in
bestimmter Weise mangelhaften Rechtsgeschäfts durch
→Willenserklärung (→Anfechtung) des Anfechtungsberechtigten
gegenüber dem Anfechtungsgegner (§§ 142ff. BGB).
Lit.: Grigoleit, H., Abstraktion und Willensmängel, AcP 199 (1999)
Anfechtung ist die nachträgliche Beseitigung bestimmter
Rechtsfolgen eines Verhaltens auf Grund der Erklärung oder eines
sonstigen Vorgehens eines Betroffenen. Insbesondere kann im
Privatrecht eine →Willenserklärung wegen – gewisser Fälle des –
einseitigen →Irrtums, falscher Übermittlung, arglistiger →Täuschung
oder widerrechtlicher →Drohung angefochten werden (§§ 119, 120,
123 BGB). Diese A. erfolgt durch – fristgerechte – formlose
Anfechtungserklärung (einseitiges Rechtsgeschäft) gegenüber dem
Anfechtungsgegner (§ 143 I BGB). Sie bewirkt, dass das anfechtbare
Rechtsgeschäft grundsätzlich als von Anfang an (ex tunc) nichtig
anzusehen ist (, anders z. B. bei fehlerhaftem Gesellschaftsvertrag und
andern Rückabwicklungsschwierigkeiten bereitenden
Schuldverhältnissen). Ausgeschlossen ist die A. nach Ablauf von
zehn Jahren (§§ 121 II, 124 III BGB). Abweichend von den
allgemeinen Vorschriften geregelt sind die A. der letztwilligen
Verfügung (§§ 2078ff. BGB, Berücksichtigung eines
→Motivirrtums), die A. →der Annahme oder →Ausschlagung der
Erbschaft (§ 1954 BGB), die A. der Handlungen eines in seiner
Zahlungsfähigkeit gefährdeten Schuldners (→Gläubigeranfechtung),
die A. der →Vaterschaft (§§ 1593ff. BGB, Notwendigkeit einer
Klage), die A. von Beschlüssen, von vor der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens vorgenommenen, die Insolvenzgläubiger
benachteiligenden Handlungen (→ Insolvenzanfechtung) sowie die
A. gerichtlicher Entscheidungen (zunächst neutrale A. statt sofortiger
Entscheidung für Berufung oder Revision im Strafprozess) und von
→Verwaltungsakten (→Anfechtungsklage).
Lit.: Kern B., Ausgewählte Probleme der Anfechtung, JuS 1998, 41; Zeuner, M., Die Anfechtung in
der Insolvenz, 1999; Hess, H./Weis, M., Anfechtungsrecht, 2. A. 1999; Stürner, M., Die Anfechtung
von Zivilurteilen, 2002
Anfechtungsgesetz ist das ab 1. 1. 1999 geltende Gesetz, nach dem
gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen eines Schuldners
außerhalb des Insolvenzverfahrens (→ Insolvenzanfechtung)
angefochten werden können. →Gläubigeranfechtung
Lit.: Huber, M., Anfechtungsgesetz, 9. A. 2000; Nerlich, J./Niehues, C., Anfechtungsgesetz, 2000
Anfechtungsklage (§ 42 I VwGO) ist die auf Aufhebung eines
→Verwaltungsakts gerichtete Klage. Die A. ist eine
→Gestaltungsklage. Sie setzt die erfolglose Durchführung eines
vorgerichtlichen Widerspruchsverfahrens voraus. Sie ist nur zulässig,
wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen
Rechten beeinträchtigt zu sein. Sie hat grundsätzlich aufschiebende
Wirkung. Begründet ist sie, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig
und der Kläger dadurch tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist (§
113 I 1 VwGO). Dann wird der Verwaltungsakt im Urteil
aufgehoben.
Lit.: Pöcker, M., Die Rechtsfolgen der Einlegung von Widerspruch und Anfechtungsklage, 2001
Anfrage ist die der Kontrolle der →Regierung durch das →Parlament
dienende Bitte um Auskunft. Sie kann mündlich oder schriftlich, als
große A. oder als kleine A. erfolgen. Sie ist im Einzelnen in der
jeweiligen →Geschäftsordnung geregelt.
Angebot der Leistung (§ 293 BGB) ist der Beginn der Bewirkung der
→Leistung, der grundsätzlich im tatsächlichen Beginn der – je nach
der Art der Schuld – unterschiedlichen Leistungshandlung bestehen
muss (§ 294 BGB, tatsächliches A.), ausnahmsweise aber auch in
einer einfachen Erklärung, leisten zu wollen (wörtliches A.), bestehen
kann (§ 295 BGB). Darüber hinaus wird A. auch im Sinne von
→Antrag gebraucht.
Angehöriger (§ 11 I Nr. 1 StGB) ist der Verwandte und
Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Verlobte, das
Geschwister, der Ehegatte des Geschwisters, das Geschwister des
Ehegatten, und zwar auch dann, wenn die Ehe, welche die Beziehung
begründet hat, nicht mehr besteht, oder wenn die Verwandtschaft oder
Schwägerschaft erloschen ist, sowie der Pflegeelternteil oder das
Pflegekind. Angehörige werden insbesondere im Strafrecht und
Strafprozessrecht vielfach besonders behandelt (z. B. § 258 VI StGB
Strafvereitelung, § 52 StPO Zeugnisverweigerungsrecht bestimmter
A.). Vgl. auch § 15 AO für das Steuerrecht. Im Privatrecht ist A. ein
Ehegatte, Verwandter oder Verschwägerter.
Angeklagter (§ 157 StPO) ist im Strafprozess der →Beschuldigte
oder →Angeschuldigte, gegen den das Gericht die Eröffnung des
→Hauptverfahrens beschlossen hat. Der Angeklagte darf schweigen.
Er darf sich weigern, einen Zeugen von seiner Schweigepflicht zu
entbinden.
Angelegenheit ist der etwas betreffende Umstand. Auswärtige A. ist
die Beziehung des eigenen →Staats zu andern Staaten. Nach Art. 73
Nr. 1 GG fallen die auswärtigen Angelegenheiten in die
ausschließliche →Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers.
Angeschuldigter (§ 157 StPO) ist im Strafprozess der
→Beschuldigte, gegen den die öffentliche →Klage erhoben ist.
Angestelltenversicherung ist der die →Angestellten und die ihnen
Gleichgestellten betreffende Zweig der →Sozialversicherung. Die A.
ist Teil der Rentenversicherung (SGB VI). Ihr Träger ist vor allem die
→Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Etmer, F./Schulz, W., Rentenversicherung der
Angestellten (Lbl.), 1985
Angestellter ist der vorwiegend geistige Arbeit leistende
→Arbeitnehmer. Er ist kaufmännischer A. (§§ 59ff. HGB), wenn er
bei einem →Kaufmann zur Leistung kaufmännischer Dienste
angestellt ist (z. B. Verkäufer) und A. des öffentlichen →Diensts,
wenn er bei einer juristischen Person des öffentlichen Diensts
beschäftigt ist (1999 rund 3 Millionen). Leitender A. ist der
Angestellte, der nach Stellung und Dienstvertrag erhebliche
eigenverantwortliche Aufgaben wahrnimmt, z. B. Prokura hat, zur
selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern befugt
ist oder ein bestimmtes Mindesteinkommen bezieht. Für ihn gelten
teilweise besondere Regeln (z. B. →Mitbestimmung).
Feldfunktion geändert
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Brill, W., Der
arbeitsrechtliche Begriff der Angestellten, ZBl.Soz. Vers. 1978, 92; Bauer, J.,
Sprecherausschussgesetz und leitende Angestellte, 1989; Außertarifliche Angestellte, hg. v. Blanke,
T., 1995; Grüll, F., Der Anstellungsvertrag, 14. A. 1996
Angriff (§§ 227 II BGB, 32 II StGB) ist die von einem Menschen
drohende Verletzung rechtlich geschützter Interessen. Der A. ist
grundsätzlich rechtswidrig. Gegen einen A. kann →Notwehr zulässig
sein.
Lit.: Schröder, C., Angriff, Scheinangriff und die Erforderlichkeit der Abwehr, JuS 2000, 235
Angriffskrieg (Art. 26 I GG, § 80 StGB) ist der im Angriff auf einen
andern bestehende Krieg. Der A. ist eine völkerrechtswidrige und
deshalb verbotene bewaffnete Aggression. Seine Vorbereitung ist
strafbar.
Lit.: Schmitt, C., Das internationale Verbrechen des Angriffskrieges, 1994
Angriffsnotstand ist im Privatrecht die Einwirkung auf eine fremde,
selbst nicht gefährdende →Sache, die zur Abwendung einer
gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und bei welcher der drohende
Schaden für das gefährdete Rechtsgut gegenüber dem aus der
Einwirkung auf die fremde, selbst nicht gefährdende Sache deren
Eigentümer tatsächlich entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß
ist (§ 904 BGB, z. B. Aufbrechen einer Berghütte, um nicht zu
erfrieren). Der A. rechtfertigt die an sich durch die Rechtsverletzung
als rechtswidrig indizierte Einwirkung. Der Handelnde ist aber zum
→Schadensersatz verpflichtet (§ 904 S. 2 BGB). →Notstand
Anhängigkeit ist das Schweben einer Streitsache in einem
prozessualen →Verfahren. Die A. beginnt, sobald ein Gericht befasst
wird, und dauert an, solange ein Gericht noch tätig werden kann. Ihre
gesteigerte Form ist die →Rechtshängigkeit, die aber später eintreten
und früher enden kann als die A.
Lit.: Schilken, JR 1984, 446
Anhörung ist die Gewährung der Möglichkeit zur Äußerung der
eigenen Vorstellungen über das tatsächliche Geschehen und bzw.
oder die rechtliche Beurteilung in einer bestimmten Angelegenheit.
Das Recht auf A. in einem Verfahren ist eine Ausprägung des
Grundsatzes des rechtlichen →Gehörs (Art. 103 I GG). Nur in
Ausnahmefällen kann die A. unterbleiben, ohne dass dadurch das
Verfahren fehlerhaft wird.
Lit.: Leitzke, K., Die Anhörung beteiligter Kreise, 1999
animus (M.) auctoris (lat.) Täterwille, →Täterschaftstheorie,
subjektive
animus (M.) socii (lat.) Teilnehmerwille, →Täterschaftstheorie,
subjektive
Anklage ist im Strafprozessrecht die vor →Gericht gegen einen
bestimmten Menschen wegen einer bestimmten →Straftat erhobene
Anschuldigung. Die (öffentliche) A. erfolgt in der →Anklageschrift.
Sie schließt das →Ermittlungsverfahren ab und leitet zum
→Hauptverfahren über (§§ 199ff. StPO). Die A. wird grundsätzlich
von der →Staatsanwaltschaft erhoben. Sie setzt hinreichenden
→Tatverdacht voraus. Neben ihr steht der Antrag auf Erlass eines
→Strafbefehls (§§ 407, 408a StPO)
Lit.: Solbach, G./Klein, Anklageschrift, 11. A. 1998
Anklageerzwingung →Klageerzwingungsverfahren
Anklagemonopol (§§ 151f. StPO) ist das ausschließliche Recht zur
Erhebung der →Anklage. Es steht der →Staatsanwaltschaft zu und ist
im Wesentlichen nur durch das Recht zur →Privatklage (§ 374 StPO)
beschränkt. Die Staatsanwaltschaft ist bei genügendem Anlass
grundsätzlich zur Anklageerhebung verpflichtet (§ 152 II StPO,
→Legalitätsprinzip).
Anklagesatz (§ 200 I 1 StPO) ist der Teil der →Anklageschrift, der
den →Angeschuldigten, die ihm zur Last gelegte Tat, Zeit und Ort
ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der →Straftat und die
anzuwendenden Strafvorschriften bezeichnet.
Lit.: Solbach, G./Klein, Anklageschrift, 11. A. 1998
Anklageschrift (§§ 199ff. StPO) ist die zur Anklageerhebung
grundsätzlich erforderliche schriftliche →Anklage. Sie enthält den
Antrag, das Hauptverfahren zu eröffnen, den →Anklagesatz (§ 200 I
1 StPO), die →Beweismittel, das →Gericht, vor dem die
→Hauptverhandlung stattfinden soll, und die Angabe des
→Verteidigers (§ 200 I 2 StPO) sowie – nicht notwendig bei
bestimmten Strafsachen – die Darstellung des wesentlichen
Ergebnisses der Ermittlungen (§ 200 II StPO). Durch Einreichung der
A. bei dem zuständigen Gericht nach Abschluss des
→Ermittlungsverfahrens wird die öffentliche →Klage (→Anklage)
erhoben (§ 170 I StPO).
Lit.: Emde, R., Formulierungshilfen, JuS 1996, 925; Solbach, G./Klein, Anklageschrift, 11. A. 1998;
Wolters, G./Gubitz, M., Die Anklageschrift in der strafrechtlichen Assessorklausur, JuS 1999, 792
Anlage ist die besondere Einrichtung oder Vorrichtung. Nach § 4
BImSchG bedarf die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf
Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebes in besonderem Maß
geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in
anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu
gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen
(z. B. Kernkraftwerk), der →Genehmigung.
Lit.: Arendts, M., Die Haftung für fehlerhafte Anlageberatung, 1998; Aertker, P., Europäisches
Zulassungsrecht für Industrieanlagen, 2000; Oppen, A. v., Der internationale
Industrieanlagenvertrag, 2001
Anlagevermögen (§ 247 II HGB) ist das →Vermögen, das dauernd
dem Geschäftsbetrieb zu dienen bestimmt ist. Das A. zerfällt in
Sachanlagevermögen (z. B. →Grundstück),
Immaterialanlagevermögen (z. B. →Patent) und
Finanzanlagevermögen (z. B. Beteiligung). Es ist zu trennen vom
→Umlaufvermögen.
Lit.: Kappes, A., Immaterielles Anlagevermögen, 2001
Anleihe ist die Aufnahme eines Darlehens gegen
Inhaberschuldverschreibung z. B. durch Bund, Land, Gemeinde,
Hypothekenbank, Kapitalgesellschaft usw.
Lit.: Hartwig-Jacob, M., Die Vertragsbeziehungen und die Rechte der Anleger bei internationalen
Anleiheemissionen, 2001
Anlieger ist der →Eigentümer oder →Besitzer eines an einer
öffentlichen Straße oder einem öffentlichen Gewässer gelegenen
→Grundstücks. Der A. hat ein Recht auf freien Zugang sowie
eventuell auf gesteigerte Nutzung (Anliegergebrauch, gesteigerter
→Gemeingebrauch). Darüber hinaus ist bei einer für den
Fahrzeugverkehr gesperrten Straße auch der Zugang Dritter zum A.
erlaubt. Die für eine bestimmte Straße bestehende Eigenschaft eines
Verkehrsteilnehmers als A. vermittelt ihm nicht auch die Stellung als
A. für andere Straßen, die von ihm durchfahren werden können oder
müssen, um über weitere Straßen seine Anliegerstraße zu erreichen.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen, H.; Sauthoff, M., Straße und Anlieger, 2003
Annahme (§§ 146ff. BGB) ist die vorbehaltlose Bejahung eines
→Antrags auf Abschluss eines →Vertrags. Die A. ist eine einseitige,
grundsätzlich empfangsbedürftige →Willenserklärung (automatisierte
e-mail-Antworten oder bloße Entgegennahme einer per Fax
übermittelten Architektenleistung und bloßes Behalten einer
unbestellt zugesandten Ware [vgl. § 241a BGB] genügen dafür
grundsätzlich nicht, wohl aber Behalten einer zuvor verlangten
Angebotsurkunde oder Zugang eines lediglich vorteilhaften Angebots
und Fehlen einer durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung
des Begünstigten zum Ausdruck kommenden Ablehnung).
Erforderlich ist mindestens ein als Willensbetätigung zu wertendes,
nach außen hervortretendes Verhalten des Angebotsempfängers, das
vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten auf Grund
aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen schließen
lässt. Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort
angenommen werden (§ 147 I 1 BGB). Der einem Abwesenden
gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen
werden (Annahmefrist), in dem der Antragende den Eingang der
Antwort unter regelmäßigen Umständen (Postlaufzeiten,
Überlegungsfrist, aus dem Antrag oder den Umständen zu
entnehmender Wille des Antragenden) erwarten darf (§ 147 II BGB),
wobei die Annahmefrist durch allgemeine →Geschäftsbedingungen
(etwa auf 4 Wochen) verlängert werden kann und unter besonderen
Umständen auch noch nach 6 Monaten eine A. möglich sein soll.
Durch fristgerechte A. kommt der Vertrag zustande (vgl. § 151 S. 1
BGB). Weiter kennt das Schuldrecht auch die A. als Erfüllung der
Leistung (§ 363 BGB) bzw. die A. erfüllungshalber und die A. an
Erfüllungs Statt (§ 364 BGB). Die A. der Leistung ist dann gegeben,
wenn dem Verhalten des Empfängers der Wille zu entnehmen ist, die
Leistung als im Wesentlichen einwandfreie Erfüllung gelten zu
lassen. Im Wertpapierrecht begründet die A. →einer Anweisung die
Verpflichtung des Angewiesenen zur Leistung (§ 784 BGB, vgl. 28
WG). Im Erbrecht ist die A. der Erbschaft die formlose
empfangsbedürftige →Willenserklärung, Erbe sein zu wollen. Sie
schließt die →Ausschlagung der Erbschaft aus (§ 1943 BGB). Sie gilt
nach widerspruchslosem Ablauf der Ausschlagungsfrist als
abgegeben.
Lit.: Finkenauer, T., Zur Bestimmung der gesetzlichen Annahmefrist, JuS 2000, 118
Annahme als Kind ist die Annahme eines Menschen durch einen
andern Menschen oder durch ein Ehepaar als Kind (§§ 1741ff. BGB).
Zur Annahme eines Kinds ist die Einwilligung des Kinds und der
Eltern erforderlich. Die A. a. K. erfolgt auf Antrag des bzw. der
Annehmenden durch Entscheidung →des Vormundschaftsgerichts.
Voraussetzung ist, dass die Annahme dem Wohl des Kinds dient und
zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein
Eltern-Kind-Verhältnis entsteht (, was bei Annahme eines Enkels
durch Großeltern nur ausnahmsweise zu erwarten ist). Durch die A.
erlangt der Angenommene die rechtliche Stellung eines Kinds des
Annehmenden (§§ 1754ff. BGB, z. B. →Unterhalt, →Erbrecht,
→Name usw., Mutterschaftsrechte für eine Beamtin entstehen
dadurch aber nicht). Für die A. eines Volljährigen (§§ 1767ff. BGB)
gelten die Vorschriften über die Annahme Minderjähriger sinngemäß,
doch wird kein Rechtsverhältnis zu den Verwandten des
Annehmenden hergestellt (§ 1770 BGB). 1996 erfolgten in der
Bundesrepublik Deutschland 7420 Annahmen als Kind.
Lit.: Blank, T., Familienrecht II, 2000
Annahme an Kindes Statt →Annahme als Kind
Annahmeverzug →Gläubigerverzug
Annexion ist die einseitige Erklärung eines →Staats, dass er von nun
ab bestimmte fremde Gebiete als eigene betrachte (z. B. versuchte
Annexion Kuwaits durch Irak). Ein Recht zur A. besteht nicht. Die
Anerkennung einer A. ist aber nicht ausgeschlossen.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Annexkompetenz ist die Ausdehnung einer ausdrücklich zugeteilten
→Zuständigkeit in die mit diesem Gebiet in notwendigem
Zusammenhang stehenden Annexe. Die A. ist ein Fall
ungeschriebener Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs. Sie ist im
Rechtsstaat selten.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht
anonym (Adj.) namenlos, ohne Angabe des Handelnden
Anordnung ist die Bestimmung zu einem Verhalten. Im
Verfahrensrecht ist die einstweilige A. eine vorläufige Entscheidung
des →Gerichts. Sie soll verhindern, dass vor Rechtskraft einer
Entscheidung ein endgültiger Zustand herbeigeführt wird (z. B. §§
707, 719, 732 II, 766 I 2 ZPO, 307 II StPO). Die e. A. im
Verwaltungsprozessrecht entspricht einer einstweiligen →Verfügung
(§ 123 VwGO). Durch sie kann das Verwaltungsgericht schon vor
Klageerhebung die Aufrechterhaltung eines bestehenden Zustands
festsetzen oder einen vorläufigen Zustand regeln. Die A. ergeht in
einem abgekürzten Verfahren, das als selbständiges Verfahren neben
das Hauptsacheverfahren tritt. Sie darf die endgültige Entscheidung
nicht vorwegnehmen.
Lit.: Grigoleit, K., Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit, 1997
Anordnung der aufschiebenden Wirkung →Suspensiveffekt
Anrechnungszeit ist der Zeitraum, für den eine
versicherungspflichtige Beschäftigung aus bestimmtem Anlass
unterbrochen wird (z. B. Ausbildung, Krankheit, Schwangerschaft,
Arbeitslosigkeit), der aber unter gewissen Voraussetzungen bei der
Berechnung der →Rente als Anrechnungszeit angerechnet werden
kann.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Anregung ist der Anstoß zu einem Verhalten. Die A. ist formlos
möglich. Im Gegensatz zur →Anzeige und zum →Antrag zieht die A.
nicht notwendigerweise Rechtsfolgen nach sich.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) ist der →Beweis einer
bestimmten Ursache, eines bestimmten Ablaufs oder eines
bestimmten Erfolgs aus einer feststehenden Tatsache mit Hilfe der
allgemeinen Lebenserfahrung (z. B. Fahren eines Autos gegen einen
Baum deutet auf Fahrlässigkeit des Fahrers, Abheben von Bargeld
mittels einer abhanden gekommenen Kreditkarte deutet auf
unsorgfältigen Umgang des Kreditkarteninhabers mit seiner
Geheimzahl). Die beweisbelastete Partei muss nur die feststehende
Tatsache (z. B. Fahren des Autos an den Baum, Durchbrechen eines
zum Begehen durch Gerüstbenutzer bestimmten Bretts) darlegen
(Beweiserleichterung), die Gegenpartei kann zur Beseitigung dieser
Beweiserleichterung und zur Wiederherstellung der allgemeinen
Beweislage Tatsachen beweisen, aus denen sich die ernstliche
Möglichkeit eines andern Zusammenhangs ergibt. Die
Rechtsgrundsätze zum A. dürfen nur dann herangezogen werden,
wenn ein für die zu beweisende Tatsache nach der Lebenserfahrung
typischer Geschehensablauf besteht.
Lit.: Stück, V., Der Anscheinsbeweis, JuS 1996, 153; Oberheim, R., Beweiserleichterungen im
Zivilprozess, JuS 1996, 636
Anscheinsgefahr ist die nur dem Anschein nach, nicht in
Wirklichkeit vorliegende →Gefahr. Die A. rechtfertigt ein
Tätigwerden der Polizei. Die Rechtfertigung endet, sobald erkennbar
wird, dass in Wirklichkeit keine Gefahr vorliegt.
Lit.: Götz, Polizeirecht
Anscheinsvollmacht ist die auf Schein gegründete
→Vertretungsmacht, die dann vorliegt, wenn der Vertretene das
Handeln seines angeblichen Vertreters zwar nicht kennt, es aber bei
pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und
der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der
Vertretene dulde und billige das Handeln seines Anscheinsvertreters.
Die A. ist keine rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht. Sie steht
aber in der Wirkung einer →Vollmacht gleich (str.).
Lit.: Canaris, C., Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 2. A. 1981; Frotz, G.,
Verkehrsschutz im Vertretungsrecht, 1972; Bienert, O., Anscheinsvollmacht und
Duldungsvollmacht, 1975
Anschluss ist die Verbindung eines Umstands mit einem andern
durch Beseitigung eines Hindernisses (z. B. Österreichs mit
Deutschland 1938).
Lit.: Roesler, J., Der Anschluss von Staaten in der modernen
Geschichte, 2000
Anschlussberufung (§§ 524ff. ZPO) ist die im Anschluss an die
→Berufung der einen Prozesspartei (Berufungskläger) durch
Einreichung der Berufungsanschlussschrift erfolgende Berufung des
Berufungsbeklagten. Sie ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats
nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift. Sie verliert
ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder
durch Beschluss zurückgewiesen wird.
Lit.: Heiderhoff, B., Zur Abschaffung der Anschlussberufung, NJW 2002, 1402; Doms, T., Die
Anschlussberufung, NJW 2004, 189
Anschlusspfändung (§ 826 ZPO) ist die im Anschluss an eine bereits
vollzogene →Pfändung einer Sache erfolgende weitere Pfändung für
eine andere Forderung gegen denselben Schuldner. Die A. kann in
vereinfachter Form vollzogen werden. Sie verschafft ein
→Pfändungspfandrecht mit nachgehendem →Rang.
Anschlussrevision (§ 554 ZPO) ist die im Anschluss an die Revision
der einen Prozesspartei (Revisionskläger) durch Einreichung der
Revisionsanschlussschrift erfolgende Revision des
Revisionsbeklagten. →Anschlussberufung
Anschlusszwang ist der Zwang zum Anschluss der in der Gemeinde
gelegenen →Grundstücke an eine gemeindliche Einrichtung (z. B.
Wasserversorgung, Kanalisation, Müllabfuhr, aber kein Zwang zur
Biotonne bei Selbstkompostierung). Er kann von der →Gemeinde auf
Grund der Gemeindeordnung durch →Satzung verwirklicht werden.
Der A. setzt ein dringendes öffentliches Bedürfnis (unbestimmter
Rechtsbegriff) voraus. Er verpflichtet den Grundstückseigentümer,
Vorrichtungen zur Möglichkeit der Abnahme der gemeindlichen
Leistung zu treffen. Der A. stellt keine Enteignung des bisherigen
Selbstversorgers dar, der im Übrigen unter gewissen Voraussetzungen
auch vom A. ausgenommen werden kann. Er ist regelmäßig mit
einem →Benutzungszwang verbunden.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB) ist das
Verhalten, das nach dem Gesamtplan des Täters so eng mit der
tatbestandlichen Ausführungshandlung verknüpft ist, dass es bei
ungestörtem Fortgang ohne längere Unterbrechung im
Geschehensablauf unmittelbar zur Verwirklichung des gesetzlichen
Tatbestands führen soll (z. B. Beschmieren der Fenster mit Seife,
damit das brechende Glas beim Einbruch nicht klirrt, Einreichung
bewusst unwahren Parteivorbringens bei Gericht zwecks
Prozessbetrugs). Das A. ist die objektive Voraussetzung eines
→Versuchs. Es ist abzugrenzen von der straflosen
→Vorbereitungshandlung.
Lit.: Pantazopoulos, A., Das unmittelbare Ansetzen, Diss. jur. München 1998
Anspruch (§ 194 I BGB) ist das →Recht, von einem andern ein
→Tun oder →Unterlassen zu verlangen (z. B. Anspruch auf
Übereignung der Kaufsache). Der A. ist ein subjektives Recht. Er
kann auf einem absoluten Recht beruhen (z. B. dinglicher
Herausgabeanspruch § 985 BGB) oder auf einem Schuldverhältnis (z.
B. Kaufpreisanspruch § 433 II BGB). Durch bloßes einseitiges
Verhalten (z. B. Lieferung unbestellter Sachen, Erbringung
unbestellter Leistungen) entsteht er dagegen regelmäßig noch nicht (§
241a BGB). Der A. ist durch →Klage zwangsweise durchsetzbar und
unterliegt der →Verjährung. Possessorischer A. ist der aus dem
→Besitz, petitorischer A. der aus dem →Eigentum folgende
Anspruch. Negatorischer A. (§ 1004 BGB) ist der dem Eigentümer
gegen →Störungen und künftige Beeinträchtigungen zustehende A.,
quasinegatorischer A. der in →Analogie hierzu bei Störungen
anderer absolut geschützter Rechtsgüter und Rechte (z. B.
Anwartschaft) gewährte A.
Lit.: Rimmelspacher, B., Materiellrechtlicher Anspruch, 1970; Wendehorst, C., Anspruch und
Ausgleich, 1999
Anspruchsgrundlage ist der Rechtssatz, der einem →Tatbestand als
Rechtsfolge einen →Anspruch zuweist (z. B. bei Eigentum des einen,
Besitz des andern und Fehlen eines Besitzrechts des Besitzers A. auf
Herausgabe nach § 985 BGB).
Lit.: Minas, M., Die Anspruchsgrundlagen des BGB, 1993
Anspruchskonkurrenz ist das Zusammentreffen mehrerer
→Ansprüche auf Grund eines →Sachverhalts (z. B. A zerstört eine
Sache des B, so dass er nach den § 823 I BGB, §§ 823 II BGB, 303
StGB und § 826 BGB und, falls er etwa Entleiher ist, aus
Pflichtverletzung des Leihvertrags schadensersatzpflichtig sein kann).
Grundsätzlich stehen dabei mehrere Ansprüche unabhängig
nebeneinander. Manchmal wirkt sich ein rechtliches Einzelmerkmal
eines Anspruchs auch auf den andern aus (z. B. Verjährungsfrist). In
andern Fällen verdrängt ein Anspruch den andern (z. B. vor allem die
Ansprüche aus den §§ 987ff. BGB andere Ansprüche aus den §§
812ff. BGB, 823ff. BGB, Gesetzeskonkurrenz, im Einzelnen str.).
Lit.: Minas, M., Die Anspruchsgrundlagen des BGB, 1993
Anstalt ist die von einem Träger öffentlicher →Verwaltung zur
Erfüllung einer besonderen Verwaltungsaufgabe errichtete
verwaltungsorganisatorisch oder rechtlich verselbständigte
Verwaltungseinheit von persönlichen und sachlichen Mitteln. Die
rechtsfähige öffentliche A. (z. B. Bundesanstalt für Arbeit,
Rundfunkanstalt) wird durch →Gesetz, auf Grund eines Gesetzes
durch öffentlich-rechtliche →Vereinbarung oder →Verwaltungsakt
errichtet, die nichtrechtsfähige A. (z. B. Stadtwerke, Schule,
Krankenhaus, Vollzugsanstalt) durch bloßen Organisationsakt. Die
(rechtsfähige) A. ist der Gegenbegriff zur mitgliedschaftlich
organisierten →Körperschaft des öffentlichen Rechts und wie diese
eine juristische →Person. Das Verhältnis der A. zu den Benutzern
wird durch die Anstaltsordnung geregelt, die öffentlich-rechtlich oder
privatrechtlich gestaltet sein kann. In Anstalten können
Seuchenverdächtige, Süchtige, Geisteskranke usw. untergebracht
werden (vgl. dazu das Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei
→Freiheitsentziehungen).
Lit.: Papier, H., Recht der öffentlichen Sachen, 3. A. 1998; Bolsenkötter, H./Dau, H./Zuschlag, E.,
Gemeindliche Eigenbetriebe und Anstalten, 5. A. 2004
Anstellungsbetrug ist der durch Täuschung im Zuge einer
Anstellung mögliche Unterfall des →Betrugs (§ 263 StGB). Für die
Frage der Vermögensschädigung sind die Werte der vom
Dienstberechtigten übernommenen Vergütungspflicht und der vom
Verpflichteten zugesagten Dienste maßgebend. Bleibt der vertragliche
Anspruch auf die Leistung des Täuschenden (z. B. eines ungenügend
qualifizierten Universitätsassistenten, einer leistungsunfähigen
Vertragsbediensteten) in seinem Wert hinter dem Wert der
Verpflichtung zur Gegenleistung des Getäuschten (z. B. Universität)
zurück, liegt eine Vermögensschädigung vor. Bei einer
Beamtenstellung ist trotz ausreichender Leistung und tadelloser
Führung ein Vermögensschaden zu bejahen, wenn der Täter die
laufbahnrechtlich erforderliche Vorbildung nicht hat oder sich
persönlich als der Stellung unwürdig erweist (z. B. durch
privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit im öffentlich-rechtlichen
Krankgeschriebenenzustand).
Lit.: Prootzen, P., Der Vermögensschaden beim sog. Anstellungsbetrug, 2000
Anstellungstheorie ist die Theorie zu Art. 34 GG, § 839 BGB, die
aus →Amtspflichtverletzung die Körperschaft haften lässt, die den
haftungsrechtlichen →Beamten (Amtswalter) angestellt hat.
→Funktionstheorie
Lit.: Ossenbühl, F., Staatshaftung, 5. A. 1998
Anstifter (§ 26 StGB) ist der vorsätzlich einen andern zu dessen
vorsätzlich begangener rechtswidriger – nicht notwendig schuldhafter
– →Tat (→Versuch genügt, Fahrlässigkeit genügt nicht)
bestimmende Mensch. Der A. wird im Strafrecht, wenn der Täter die
Tat mindestens versucht, gleich einem →Täter bestraft, ist aber nicht
für einen Exzess des Täters verantwortlich. Die Abgrenzung zwischen
A. und Täter kann schwierig sein. Im Privatrecht (Schuldrecht) steht
der A. einem →Mittäter gleich (§ 830 II BGB).
Anstiftung ist die Tat des →Anstifters. Die A. ist ein Fall der
→Teilnahme an einer →Straftat (→Anstifter). Die nur versuchte A.
(§ 30 StGB) wird nach den Vorschriften über den →Versuch des
Verbrechens bestraft. Für den Versuch, zu einem Verbrechen
anzustiften, reicht bedingter Vorsatz aus. Es genügt, dass der Anstifter
billigend in Kauf nimmt, dass der Aufgeforderte seiner Aufforderung
Folge leistet.
Lit.: Puppe, I., Der objektive Tatbestand der Anstiftung, GA 1984, 101; Küpper, G., Besondere
Erscheinungsformen der Anstiftung, JuS 1996, 23; Noltenius, B., Kriterien der Abgrenzung von
Anstiftung und mittelbarer Täterschaft, 2003
Anteil ist die Teilberechtigung an einem Gegenstand.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Anteilschein ist die Urkunde über einen →Anteil (z. B.
Investmentzertifikat, Interimsschein, im weiteren Sinn auch die
Aktie).
Lit.: Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere
Anteilseigner (§ 2 MbstG) ist der →Gesellschafter einer der in § 1 I
Nr. 1 MbstG genannten Gesellschaften (Aktionär, Genosse, GmbHGesellschafter).
Lit.: Eisenhardt, Gesellschaftsrecht
Antichrese (griech. [F.]) Nutzungspfandrecht (§ 1213 BGB)
Antinomie ist der Widerspruch zweier Rechtssätze. Die A. verletzt
die Einheit der Rechtsordnung. Sie muss durch →Auslegung
aufgelöst werden (z. B. in das Verhältnis von Grundsatz und
Ausnahme, Grundrecht und Einschränkung).
Lit.: Zippelius, R., Methodenlehre, 8. A. 2003
Antrag (oder Angebot) ist im Privatrecht (§§ 145ff. BGB) die
empfangsbedürftige →Willenserklärung, durch die eine Person einer
andern einen →Vertrag in der Weise anträgt (oder anbietet), dass
dessen Zustandekommen nur von der Zustimmung (→Annahme) des
andern Teils abhängt. Der Antragende ist im deutschen Recht bei
einem A. unter Abwesenden während der Annahmefrist grundsätzlich
an seinen A. gebunden. Ein A. unter Anwesenden kann nur sofort
angenommen werden. Zu trennen ist der (verbindliche) A. von der
bloßen, unverbindlichen (lat.) →invitatio (F.) ad offerendum
(Aufforderung zum Antrag wie z. B. einem Inserat oder einer
Auslage). Im öffentlichen Recht ist A. die von einem möglichen
Berechtigten an die →Verwaltung bzw. das Gericht gerichtete
Aufforderung zu einem bestimmten Verhalten (z. B. A. auf Erteilung
einer Baugenehmigung, Befangenheitsantrag, Strafantrag). Der A. ist
von der bloßen, jedermann offenen →Anregung zu unterscheiden, bei
der kein Recht auf eine Entscheidung besteht.
Lit.: Anders, M./Gehle, B., Antrag und Entscheidung im Zivilprozess, 3. A. 2000
Antragsdelikt ist das →Delikt, das auf →Antrag eines Verletzten
verfolgt wird. Das A. ist vom →Offizialprinzip (Verfolgung von
Amts wegen, →Amtsbetrieb) ausgenommen. Es ist absolutes A.,
wenn es immer nur auf Antrag verfolgt wird (§ 123 II StGB
Hausfriedensbruch, § 303 StGB Sachbeschädigung, § 303c StGB,
ausgenommen ein besonderes öffentliches Interesse), relatives A.,
wenn es nur unter bestimmten Voraussetzungen nur auf Antrag
verfolgt wird (z. B. § 247 StGB Hausdiebstahl und
Familiendiebstahl).
Lit.: Maiwald, M., Die Beteiligung des Verletzten am Strafverfahren, GA 1973, 33
Anwachsung ist die Erhöhung von Anteilen, die andern Berechtigten
an einer (gesamthänderischen) Gesamtheit zustehen, im Wege der
→Gesamtnachfolge bei Wegfall eines Mitberechtigten. Die A. erfolgt
beim Ausscheiden eines Gesellschafters (§ 738 I 1 BGB) einer
dadurch nicht aufgelösten →Gesellschaft, bei dem der Ausscheidende
einen schuldrechtlichen Anspruch auf das erhält, was er bei einer in
diesem Zeitpunkt vorgenommenen Auseinandersetzung erhalten
würde. Im →Erbrecht tritt A. nur ein, wenn mehrere Erben in der
Weise eingesetzt sind, dass sie die gesetzliche Erbfolge ausschließen
und einer der Erben vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls wegfällt
(§ 2094 I 1 BGB, vgl. § 2158 BGB). Sie kommt also nicht zur
Anwendung bei der vom Eintrittsrecht der Erben eines wegfallenden
Erben beherrschten gesetzlichen Erbfolge. Bei der fortgesetzten
→Gütergemeinschaft erfolgt A. nur unter besonderen
Voraussetzungen (§ 1490 S. 3 BGB).
Anwalt →Rechtsanwalt
Lit.: Zuck, R., Anwalts-ABC, 1999; Zuck, R., AnwaltsGmbH, 1999;
Anwalt- und Notarverzeichnis, 5. A. 2003; Franzen, H.,
Anwaltskunst, 3. A. 2001
Anwaltsgebühr ist die dem Rechtsanwalt für seine Leistung zu
entrichtende Gegenleistung.
Lit.: Kilian, M., Einführung in das Anwaltsgebührenrecht, JuS 1998, 253; Madert, W.,
Anwaltsgebühren in Straf- und Bußgeldsachen, 4. A. 2002
Anwaltsgehilfe →Rechtsanwaltsgehilfe
Anwaltsklausur ist die aus der Sicht des Rechtsanwalts
klausurmäßig zu bearbeitende Prüfungsaufgabe der zweiten
juristischen Staatsprüfung.
Lit.: Mürbe, G./Geiger, H./Wenz, H., Die Anwaltsklausur in der Assessorprüfung, 4. A. 2000;
Bischof, H., Die zivilrechtliche Anwaltsklausur, 2001; Raiser, T./Schmidt, K./Bultmann, F.,
Anwaltsklausuren, 2002; Ebert, J./Gregor, K./Günter, P., Die Anwaltsklausur in der zweiten
juristischen Staatsprüfung, 2003
Anwaltsnotar (§ 3 II BNotO) ist der →Rechtsanwalt, der – was in
einigen Ländern Deutschlands (Berlin, Bremen, Hessen,
Niedersachsen, Schleswig-Holstein sowie einige Teile NordrheinWestfalens [OLG Hamm, LG Duisburg, AG Emmerich]) rechtens ist
– zugleich das Amt eines →Notars ausübt. Der Gegensatz zum A. ist
der →Nurnotar.
Lit.: Mihm, K., Berufsrechtliche Kollisionsprobleme beim Anwaltsnotar, 2000
Anwaltsprozess ist der →Prozess, in dem sich die Parteien durch
einen vor einem bzw. vor dem Gericht zugelassenen →Rechtsanwalt
vertreten lassen müssen. Dies ist im Zivilprozess vor dem
→Landgericht und dem Familiengericht ein bei einem Amtsgericht
oder einem Landgericht zugelassener Rechtsanwalt und bei allen
Gerichten des höheren →Rechtszugs ein bei einem (OLG) bzw. dem
(BGH) entsprechenden Gericht zugelassener Rechtsanwalt (§ 78 I
ZPO, für →Familiengerichte § 78 II ZPO, vgl. auch § 67 I VwGO,
166 SGG). A. ist weiter allgemein jede →Revision. Der Gegensatz
zum A. ist der →Parteiprozess. →Pflichtverteidiger
Anwaltszwang (§ 78 I ZPO) ist die durch →Gesetz vorgeschriebene
Notwendigkeit, sich vor Gericht durch einen →Rechtsanwalt
vertreten zu lassen. →Anwaltsprozess
Lit.: Bergerfurth, B., Der Anwaltszwang und seine Ausnahmen, 2. A. 1988; Fabienke, P.,
Grundprinzipien des Anwaltszwangs, 1997
Anwartschaft im weiteren Sinn ist die einer bestimmten Person
zustehende, rein tatsächliche Aussicht auf ein später zu erwartendes
Amt oder Recht (z. B. eine Erbschaft). Diese A. ist selbst noch kein
Recht. Im engeren Sinn ist A. nur die schon zu einem Recht
verdichtete, dem Berechtigten grundsätzlich nicht mehr durch
einseitige Handlung des Geschäftsgegners entziehbare Aussicht (das
werdende →Recht, das dem Vollrecht wesensgleiche Minus). Hierher
gehören aus dem Erbrecht die Stellung als Nacherbe (§§ 2100ff.
BGB) und aus dem Sachenrecht der stufenweise erfolgende Erwerb
dinglicher Rechte, insbesondere der Erwerb des →Eigentums unter
Eigentumsvorbehalt. Hier erlangt der Käufer mit der – aufschiebend
durch die Zahlung des Kaufpreises bedingten – →Übereignung noch
nicht das Eigentum an der Sache, sondern nur eine A. Sie ist nach
denselben Vorschriften wie die Sache selbst übertragbar, vererblich,
(wie ein Recht) verpfändbar und der Zwangsvollstreckung
unterworfen. Ihr Inhaber verfügt über sie als Berechtigter. Beim
Eintritt der →Bedingung (Kaufpreiszahlung) entsteht das →Eigentum
daher nicht erst in der Person des Anwartschaftsberechtigten
(→Durchgangserwerb), sondern sofort in der Person eines
Anwartschaftserwerbers (→Direkterwerb). Die A. gibt ein →Recht
zum →Besitz und bei Verletzung einen Anspruch auf
→Schadensersatz wegen Verletzung eines sonstigen Rechts (§ 823 I
BGB). Sie erlischt mit Eintritt der →Bedingung (Entstehung des
Vollrechts) oder deren endgültiger Unmöglichkeit (Eintritt der
früheren Rechtslage). Die A. gibt es auch beim Versorgungsausgleich
(§ 1587a BGB) und im öffentlichen Recht (z. B. Rentenanwartschaft).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Hager, J., Die Anwartschaft des Auflassungsempfängers, Jus
1991, 1; Krüger, W., Das Anwartschaftsrecht – ein Faszinosum, JuS 1994, 905; Minthe, E., Die
Übertragung des Anwartschaftsrechts, 1998; Habersack, M., Das Anwartschaftsrecht des
Auflassungsempfängers, JuS 2000, 1145
Anweisung (§ 783 BGB) ist die schriftliche Aufforderung eines Teils
(Anweisender, Aussteller beim →Wechsel) an einen andern Teil
(Angewiesener, Bezogener beim Wechsel), Geld, Wertpapiere oder
andere Sachen an einen Dritten (Anweisungsempfänger, Nehmer oder
Remittent beim Wechsel) zu leisten. Händigt der Anweisende dem
Dritten die A. aus, so ist dieser ermächtigt, die Leistung bei dem
Angewiesenen im eigenen Namen zu erheben, und ist der
Angewiesene ermächtigt, für Rechnung des Anweisenden an den
Anweisungsempfänger zu leisten. Nimmt der Angewiesene die A. an,
so ist er auf Grund dieser Annahme dem Anweisungsempfänger
gegenüber zur Leistung verpflichtet (§ 784 I BGB). Der Angewiesene
ist nur gegen Aushändigung der A. zur Leistung verpflichtet (§ 785
BGB). Die A. ist ein Rektapapier. Sie ist (eine rechtstatsächlich wenig
bedeutsame) Grundform der →Wertpapiere (z. B. Scheck, gezogener
Wechsel). Die kaufmännische A. ist eine Sonderform der A. (§ 363
HGB, kann Orderpapier sein). In einem weiteren Sinn ist A. auch die
→Weisung.
Lit.: Hugger, H., Strafrechtliche Anweisungen der Europäischen Gemeinschaft, 2000; Solomon, D.,
Der Bereicherungsausgleich in Anweisungsfällen, 2004
Anzahlung ist beim Verbraucherkreditgeschäft der erste fällige
Teilbetrag des in Teilzahlungsbeträge aufgeteilten Kaufpreises.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Anzeige ist die Mitteilung eines rechtlich erheblichen Vorgangs oder
Zustands (z. B. § 409 BGB A. der Abtretung der Forderung). Im
Strafverfahrensrecht ist A. die Mitteilung des Verdachts einer
strafbaren →Handlung. Sie kann bei der →Staatsanwaltschaft, den
→Behörden und →Beamten des Polizeidiensts und den
→Amtsgerichten mündlich oder schriftlich angebracht werden (§ 158
I StPO). Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine A. von dem
Verdacht einer →Straftat Kenntnis erhält, hat sie den Sachverhalt zu
erforschen. Eine A. an eine Behörde ist auch im Verwaltungsrecht
vielfach vorgeschrieben.
Lit.: Rath-Glawatz, M., Das Recht der Anzeige, 2. A. 1995; Jobst-Wagner, G., Anzeige und
Anzeigeverfahren in der Verwaltungsrechtsordnung, 1996
Anzeigepflicht ist die Pflicht zur Erstattung einer →Anzeige an eine
→Behörde. Solche Anzeigepflichten bestehen insbesondere im
Gewerberecht (§ 14 GewO Aufnahme eines stehenden Gewerbes), im
Baurecht, im Steuerrecht (z. B. § 137 AO) und im
Arbeitsverwaltungsrecht (§ 17 KSchG). Im Strafverfahrensrecht gibt
es grundsätzlich keine A., doch ist die Nichtanzeige bestimmter
schwerer geplanter →Straftaten bei glaubhafter Kenntnis dieser
Straftaten eine Straftat (§ 138 StGB, echtes →Unterlassungsdelikt).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Kühl, K., Strafrecht, 4. A. 2002; Westendorf, R., Die Pflicht zur
Verhinderung geplanter Straftaten durch Anzeige, 1999
Apanage (F.) Unterhaltszuwendung an die nichtregierenden
Mitglieder eines Fürstenhauses
Lit.: Schulze, H., Das Recht der Erstgeburt, 1851
apostolisch (Adj.) einen Apostel betreffend, päpstlich
Apotheker ist der auf Grund staatlicher Bestellung zum Vertrieb von
Arzneimitteln zugelassene Unternehmer. Für ihn gilt die
Bundesapothekerordnung. Fraglich ist, ob ein Unternehmer nur eine
einzige Apotheke betreiben darf.
Lit.: Binder, G., Apothekenrecht kompakt, 1996; Taupitz, J., Das apothekenrechtliche Verbot des
Fremd- und Mehrfachbesitzes, 1998; Maier, K./Maier, N., Erben und Vererben einer Apotheke, 2.
A. 2000
Appellation ist im spätmittelalterlichen und neuzeitlichen Recht die
Anrufung eines höheren Gerichts zwecks Überprüfung einer
Entscheidung.
Lit.: Weitzel, J., Der Kampf um die Appellation ans Reichskammergericht, 1976
Approbation (Billigung) ist die gesetzlich geregelte Zulassung
(Bestallung) als Arzt oder Apotheker. Sie bedeutet die Zuerkennung
der Berechtigung der →Berufsausübung. Ihre Voraussetzungen, zu
denen in Deutschland seit 1999 die durch anderweitige
Aufstiegsfortbildung ersetzbare allgemeine Hochschulreife nicht
mehr zwingend zählt, sind in besonderen Ordnungen niedergelegt.
Lit.: Güntert, A., Approbationsordnung für Ärzte, 2001; Gaudich, C., Approbationsordnung für
Apotheker, 2002
Äquivalenz (F.) Gleichwertigkeit
Äquivalenzprinzip ist der Rechtsgrundsatz, dass zwischen dem Wert
einer einzelnen Leistung der →Verwaltung und der für diese
geforderten →Gebühr ein ausgewogenes Verhältnis bestehen muss.
Die Verwaltung (z. B. Regulierungsbehörde für Post und
Telekommunikation) darf also im Einzelfall keine höhere Gebühr
verlangen, als ihre Leistung wert ist. Daneben gilt für das gesamte
Gebührenaufkommen das →Kostendeckungsprinzip
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht
Äquivalenztheorie ist die auf die Gleichwertigkeit der Bedingungen
abstellende Theorie zur Bestimmung der (rechtlich beachtlichen)
→Kausalität eines →Verhaltens für einen →Erfolg. Kausal ist danach
eine →Handlung, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne
dass der Erfolg entfiele ([lat.] condicio sine qua non), eine
→Unterlassung, wenn die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht
werden könnte, ohne dass der (negative) Erfolg mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit entfallen würde. Für die A. sind alle
Bedingungen des Erfolgs gleichwertig (äquivalent). Sie ermöglicht
die Zurechnung eines Erfolgs zu sehr vielen Handlungen, so dass sie
durch weitere einschränkende Tatbestandsmerkmale ergänzt werden
muss (→Adäquanztheorie).
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil; Rother, W., Haftungsbeschränkungen im
Schadensersatzrecht, 1965
Arabien ist die Sammelbezeichnung für die (islamisches Recht
anwendenden) Staaten der zwischen Asien und Afrika gelegenen
Halbinsel.
Lit.: Leichter, E., Wörterbuch der arabischen Wirtschafts- und Rechtssprache, 1991; Krüger, H.,
Arabische Staaten. Übersicht über die wichtigsten Gesetzesbestimmungen, 5. A. 1995; Börner, A.,
Die Anerkennung ausländischer Titel in den arabischen Staaten, 1996; Ebert, H., Das Personalstatut
arabischer Länder 1996; Krüger, H., Arabische Staaten. Das Recht der Forderungsabtretung, 4. A.
1996; Vogel, F., Islamic law and legal system, 2000; (Gesellschaft für arabisches und islamisches
Recht, Sachsenring 81, D 50677 Köln)
Arbeit ist im weiteren Sinn die auf Schaffung von Werten gerichtete
körperliche oder geistige Tätigkeit des Menschen, im engeren Sinn
der unselbständige →Dienst. Die A. kann vorwiegend geistig
(→Angestellter) oder hauptsächlich körperlich (→Arbeiter) sein.
Streitig ist das sog. Recht auf A.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Boemke, B.,
Arbeitsformen der Zukunft, 1999; Wedde, P., Telearbeit, 2002; Ory, S./Schmittmann, J., Freie
Mitarbeiter in den Medien, 2002
Arbeiter ist der →Arbeitnehmer, der nicht →Angestellter ist. Der A.
ist ein Dienstverpflichteter im Sinne der §§ 611ff. BGB. Der A. kann
insbesondere gewerblicher A. sein (z. B. Bauarbeiter, Fabrikarbeiter)
oder A. des öffentlichen →Diensts, Bergmann, Seemann,
landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher A. oder Hausgehilfe.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Arbeitgeber ist die Person, die mindestens einen andern Menschen in
einem Arbeitsverhältnis als →Arbeitnehmer beschäftigt. Der A. ist
ein Dienstberechtigter (§§ 611ff. BGB). Er hat im Arbeitsverhältnis
ein →Direktionsrecht (Weisungsrecht).
Lit.: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch
Arbeitgeberanteil ist der vom Arbeitgeber zu erbringende Anteil an
den Sozialversicherungsbeiträgen (z. B. →Krankenversicherung,
→Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung).
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Arbeitgeberverband ist der in der Regel als (rechtsfähiger) →Verein
gestaltete Zusammenschluss mehrerer →Arbeitgeber. Er ist tariffähig
und vor den Arbeitsgerichten parteifähig. Spitzenverband ist die
Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Park, J., Verfassungs-,
zivil- und arbeitsrechtliche Stellung der Arbeitgeberverbände, 1997; Brunssen, M., Der
Arbeitgeberverbandswechsel, 2000
Arbeitnehmer ist im Arbeitsrecht der in einem →Arbeitsverhältnis
unselbständige, fremdbestimmte, weisungsgebundene →Arbeit
leistende Mensch (nicht z. B. Richter, Beamter, Soldat,
Vorstandsmitglied, Geschäftsführer, geschäftsführender
Gesellschafter, Strafgefangener, Sozialhilfeempfänger) bzw. wer auf
Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst eines anderen zur
Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in
persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Der A. ist entweder
→Angestellter oder →Arbeiter oder zur →Berufsausbildung
Beschäftigter. Gewerblicher A. ist der A., der in einem der
→Gewerbeordnung unterfallenden Gewerbebetrieb als Geselle,
Gehilfe, Lehrling (Auszubildender), Fabrikarbeiter, Techniker oder in
ähnlicher Stellung beschäftigt ist. →Arbeitnehmerhaftung
Lit.: Wank, R., Arbeitnehmer und Selbständige, 1988; Schaub, F., Rechte und Pflichten als
Arbeitnehmer, 8. A. 2001; Schlewing, A., Ausländische Arbeitnehmer, 1998
arbeitnehmerähnliche Person →Person, arbeitnehmerähnliche
Arbeitnehmerentsendegesetz ist das die Einbeziehung ausländischer
Arbeitnehmer in das Tarifrecht regelnde Bundesgesetz, das von
deutschen Arbeitgebern zwingend einzuhaltende Arbeitsbedingungen
auf ausländische Arbeitgeber und ihre in Deutschland beschäftigten
Arbeitnehmer erstreckt, für deren Arbeitsverhältnisse andernfalls
ausländisches Recht gelten würde.
Lit.: Koberski, W./Asshoff, G./Hold, D., Arbeitnehmer-Entsendegesetz, 2. A. 2002; Hoppe, J., Die
Entsendung von Arbeitnehmern, 1999
Arbeitnehmererfindung (Gesetz über Arbeitnehmererfindungen
vom 25. 7. 1957) ist die von einem Arbeitnehmer während der Dauer
eines Dienstverhältnisses vorgenommene →Erfindung. Unterschieden
werden Diensterfindung und freie Erfindung (u. a. Erfindung von
Hochschullehrern). Eine Diensterfindung kann vom Arbeitgeber
gegen Vergütung in Anspruch genommen werden.
Lit.: Bartenbach, K./Volz, F., Gesetz über Arbeitnehmererfindungen, 3. A. 2002; Reimer,
E./Schade, H./Schippel, H., Das Recht der Arbeitnehmererfindung, 7. A. 2000; Bartenbach,
K./Volz, F., Arbeitnehmererfindervergütung, 2. A. 1999
Arbeitnehmerfreibetrag (§ 19 IV EStG) ist der dem Arbeitnehmer
als solchem für die →Lohnsteuer und →Einkommensteuer
zustehende →Freibetrag.
Arbeitnehmerhaftung ist die Haftung des →Arbeitnehmers für
Schädigungen des Arbeitgebers oder Dritter. Nach allgemeinem
Schuldrecht hat der Arbeitnehmer für jede schuldhafte unerlaubte
→Handlung einzustehen. Aus sozialen Gründen ist diese Haftung
aber, weil durch das Arbeitsverhältnis die Schadensgefahr vom
Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer verlagert wird, unmittelbar oder
über eine Freistellung mittelbar – durch einen Freistellungsanspruch
gegenüber dem Arbeitgeber – einzuschränken, wenn eine Arbeit
durch den Betrieb veranlasst ist und auf Grund eines
Arbeitsverhältnisses geleistet wird. Die Gefährlichkeit der Tätigkeit
ist bei der Abwägung über den Umfang der Beschränkung zu
beachten.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Köbler, G., Mittlere
Fahrlässigkeit, AcP 1969, 404; Otto, H., Die Haftung des Arbeitnehmers, 3. A. 1998; Sandmann,
B., Die Haftung von Arbeitnehmern, 2001; Walker, W., Die eingeschränkte Haftung des
Arbeitnehmers, JuS 2002, 736
Arbeitnehmerüberlassung ist die Überlassung eines Arbeitnehmers
an einen (zweiten) Arbeitgeber durch einen (ursprünglichen)
Arbeitgeber.
Lit.: Freckmann, A., Arbeitnehmerüberlassung, 2002; Boemke, B.,
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 2002; Schüren, P., Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 2. A. 2003;
Urban-Crell, S./Schulz, C., Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung, 2003
Arbeitsamt ist die mit der Arbeitsberatung und der
→Arbeitsvermittlung befasste unterste organisatorische Einheit der
→Bundesanstalt für Arbeit (§§ 29ff. SGB III).
Arbeitsbereitschaft ist die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme. Sie
liegt vor, wenn der →Arbeitnehmer sich an der zur Arbeitsleistung
bestimmten Stelle aufhält, um im Bedarfsfall auf Weisung hin die
vertraglich vereinbarte Tätigkeit aufzunehmen. Sie ist grundsätzliche
Voraussetzung für den Gläubigerverzug des Arbeitgebers.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Arbeitsdirektor ist das bei bestimmten →Kapitalgesellschaften zu
bestellende Mitglied des Vorstands, das die Interessen der
→Arbeitnehmer zu wahren und in die Entscheidungen der
Geschäftsführung einzubringen hat (§ 33 MbstG). In der
Montanindustrie kann der Aufsichtsrat den A. nicht gegen die
Stimmen der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter bestellen.
Lit.: Weck, J., Der Arbeitsdirektor, Diss. jur. Münster 1994
Arbeitseinkommen (§ 850 II ZPO) ist das →Einkommen aus
→Arbeit einschließlich der Hinterbliebenenbezüge und
Ruhegehaltsgelder. Das in Geld zahlbare A. ist nur nach Maßgabe des
→Pfändungsschutzes pfändbar. Im Sozialrecht ist A. der Gewinn aus
selbständiger Tätigkeit (§ 15 IV SGB).
Lit.: Helwich, G., Pfändung des Arbeitseinkommens, 1999
Arbeitsförderung ist die Gesamtheit der Maßnahmen, die darauf
ausgerichtet sind, den Ausgleich am Arbeitsmarkt zu unterstützen (z.
B. einen hohen Beschäftigungsstand zu erzielen und
aufrechtzuerhalten sowie die Beschäftigungsstruktur zu verbessern
und damit das Wachstum zu fördern). Das Recht der A. ist seit 1. 1.
1998 in das Sozialgesetzbuch III eingeordnet. Die Durchführung von
Maßnahmen ist Aufgabe der Arbeitsverwaltung.
Lit.: Gagel, A., SGB III - Arbeitsförderung (Lbl.), 21. A. 2003; Niesel, K., Arbeitsförderungsgesetz,
2. A. 1997; SGB III Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung, hg. v. Niesel, K., 2. A. 2002; SGB III
Arbeitsförderung, hg. v. Gagel, A., 8. A. 2003; Spellbrink, W./Eicher, W., Kasseler Handbuch des
Arbeitsförderungsrechts, 2003
Arbeitsgericht ist das für Arbeitssachen (§§ 2ff. ArbGG) im ersten
→Rechtszug zuständige →Gericht. Das A. ist mit einem
Vorsitzenden und je einem ehrenamtlichen Richter aus Kreisen der
→Arbeitnehmer und der →Arbeitgeber besetzt (§ 16 II 1 ArbGG).
Das A. entscheidet im Urteilsverfahren oder Beschlussverfahren.
→Arbeitsprozess
Lit.: Schaub, G./Neef, K./Schrader, P., Arbeitsrechtliche Formularsammlung, 8. A. 2004;
Germelmann, C./Matthes, H./Prütting, H./Müller-Glöge, R., Arbeitsgerichtsgesetz, 4. A. 2002;
Schaub, G., Arbeitsgerichtsverfahren, 7. A. 2004; Arbeitsgerichtsgesetz (Lbl.), hg. v. Auffarth,
F./Schönherr, R., 3. A. 1999; Kerwer, C., Die Arbeitsgerichtsbarkeit, JuS 1999, 250;
Arbeitsgerichtsverfahren, hg. v. Düwell, F. u. a., 2000; Hauck, F./Helml, E., Arbeitsgerichtsgesetz,
2. A. 2003
Arbeitskampf ist die absichtliche Ausübung wirtschaftlichen Drucks
durch gemeinsame Maßnahmen der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer
zur Erreichung eines bestimmten arbeitsrechtlichen Ziels. A. ist
grundsätzlich rechtmäßig. Arbeitskampfmittel sind →Aussperrung
und →Streik sowie →Boykott. Der →Staat hat im A. die Pflicht zur
Neutralität (im Einzelnen str.). Unzulässig ist der A. im
Beamtenrecht.
Lit.: Kissel, O., Arbeitskampfrecht, 2002
Arbeitslohn (§ 611 BGB) ist die Vergütung des Arbeitnehmers durch
den Arbeitgeber auf Grund des Arbeitsverhältnisses (einschließlich
Prämien, Zulagen, Zuschlägen, Gratifikationen, vermögenswirksamen
Leistungen, Ruhegehalt usw.). Der A. ist grundsätzlich →Geldlohn
und nur ausnahmsweise →Naturallohn. Er kann →Zeitlohn
(Stundenlohn, Tagelohn, Wochenlohn, Monatslohn) oder
→Akkordlohn sein. Vor Abzug von Steuer und Sozialabgaben ist er
Bruttolohn, danach Nettolohn. Der A. ist nur beschränkt abtretbar und
pfändbar. Er ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten (§ 614
BGB). Nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz sind grundsätzlich
Entgeltregelungen und Urlaubsregelungen in für allgemeinverbindlich
erklärten Tarifverträgen des Bauhauptgewerbes für in Deutschland
eingesetzte ausländische Arbeitnehmer zwingend einzuhalten.
Lit.: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch
Arbeitslos (§ 118 SGB III) ist die Eigenschaft, die der Arbeitnehmer
hat, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht
(oder nur eine geringfügige Beschäftigung bis zu 15 Wochenstunden
ausübt) und eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht. Der
Arbeitslose kann einen Anspruch aus der →Arbeitslosenversicherung
haben.
Lit.: Bubeck, T., Guter Rat bei Arbeitslosigkeit, 9. A. 2002
Arbeitslosengeld ist die auf Antrag aus der
→Arbeitslosenversicherung gewährte Geldleistung an einen
Arbeitslosen, der sich beim →Arbeitsamt →arbeitslos gemeldet, die
Anwartschaftszeit erfüllt und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet
hat (§ 117 SGB III). Die Höhe des Arbeitslosengelds bestimmt sich
nach einem Prozentsatz des um die gesetzlichen Abzüge
verminderten, im Bemessungszeitraum verdienten Arbeitsentgelts (§
129 SGB III). Die Bezugsdauer für A. richtet sich nach der
vorangegangenen Beschäftigungsdauer und dem Lebensalter. Die
Dauer des Anspruchs auf A. mindert sich u. a. durch Sperrzeiten
wegen Arbeitsaufgabe oder Arbeitsablehnung (§§ 127, 128 SGB III).
A. ist auch für einen jährlich dreiwöchigen Urlaub zu leisten.
Lit.: Bubeck, T., Guter Rat bei Arbeitslosigkeit, 9. A. 2002
Arbeitslosenhilfe ist die auf Antrag aus der
→Arbeitslosenversicherung gewährte Geldleistung an einen
Arbeitnehmer, der arbeitslos ist, sich beim →Arbeitsamt →arbeitslos
gemeldet, keinen →Anspruch auf →Arbeitslosengeld hat – weil die
Anwartschaftszeit nicht erfüllt ist –, die besonderen
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt und bedürftig ist (§ 190 SGB III).
Die Höhe der A. richtet sich nach einem bestimmten Prozentsatz des
Leistungsentgelts (§ 195 SGB III). Im Rahmen der
Bedürftigkeitsprüfung finden die Vermögensverhältnisse des
Arbeitslosen und seines Ehegatten Berücksichtigung (§ 194 SGB III),
so dass z. B. nicht A. erhält, wer Grundstücke im Wert von mehr als
500000 Euro hat.
Lit.: Bubeck, T., Guter Rat bei Arbeitslosigkeit, 9. A. 2002
Arbeitslosenversicherung ist die (1927 begründete)
Zwangsversicherung (§§ 24ff. SGB III) für →Arbeitnehmer gegen
die wirtschaftlichen Folgen der Arbeitslosigkeit.
Versicherungsleistungen im Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit
sind →Arbeitslosengeld und →Arbeitslosenhilfe. Träger der A. ist die
Bundesanstalt für Arbeit.
Arbeitsmittel ist das für die Durchführung der →Arbeit benötigte
Mittel (z. B. Arbeitskleidung, Werkzeug, Literatur). Es wird vielfach
vom Arbeitgeber gestellt. Das für Einkünfte erforderliche A. kann als
Betriebsausgabe oder Werbungskosten von dem erzielten Einkommen
abgezogen werden.
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht
Arbeitsmündigkeit (§ 113 I 1 BGB) ist die unbeschränkte
Geschäftsfähigkeit eines Minderjährigen zur Eingehung oder
Aufhebung eines Dienstverhältnisses oder Arbeitsverhältnisses auf
Grund Ermächtigung des gesetzlichen Vertreters.
Arbeitsprozess oder Arbeitsgerichtsprozess ist der vor den
→Arbeitsgerichten in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten gemäß dem
Arbeitsgerichtsgesetz geführte Prozess (1998 in Deutschland 625000
Urteilsverfahren und 10000 Beschlussverfahren).
Lit.: Grunsky, ArbGG; Ennemann, P./Griese, K., Taktik des Arbeitsgerichtsprozesses, 2000
Arbeitsrecht ist das Recht der →Arbeitsverhältnisse bzw. die
Gesamtheit der die →Arbeit (einschließlich der Arbeitsstätte)
betreffenden Rechtssätze. Ursprünglich nur ein Unterfall des
allgemeinen Dienstvertragsrechts hat es sich zu einem teilweise
verselbständigten Rechtsgebiet entwickelt. Es ist in beachtlichem
Umfang ungesetztes Recht (Richterrecht). Das A. ist teilweise
→Privatrecht, teilweise öffentliches →Recht. Es gliedert sich in
Individualarbeitsrecht, Kollektivarbeitsrecht und Arbeitsschutzrecht.
Seine Quellen sind unmittelbar geltendes Recht der Europäischen
Gemeinschaften bzw. der Europäischen Union, zwingende
Gesetzesbestimmungen, zwingende Tarifvertragsbestimmungen,
zwingende Betriebsvereinbarungsbestimmungen,
Einzelarbeitsvertrag, abdingbare
Betriebsvereinbarungsbestimmungen, abdingbare
Tarifvertragsbestimmungen und abdingbare Gesetzesbestimmungen.
Besonderheiten gelten für den →Tendenzbetrieb. Für Streitigkeiten
im A. ist die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig.
Lit.: ArbG, 64. A. 2004; Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003;
Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch; Arbeitsgesetze, 63. A. 2003; Gamillscheg, F., Internationales
Arbeitsrecht, 1959; Arbeitsrecht (Lbl.), hg. v. Nipperdey, H., 70. A. 2003; Arbeits- und
Sozialordnung, hg. v. Kittner, M., 28. A. 2003; Aushangpflichtige Arbeitsgesetze, hg. v. BiebrachNagel, H., 12. A. 2002; Arbeitsrecht, hg. v. Etzel, G., 12. A. 2002; Schaub, G., Arbeitsrechtliche
Formularsammlung, 7. A. 1999 (mit CD-ROM); Müller, B., Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 5.
A. 2001; Dütz, W., Arbeitsrecht, 8. A. 2003; Löwisch, M., Arbeitsrecht, 6. A. 2002; Hanau,
P./Adomeit, K., Arbeitsrecht, 12. A. 2000; Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, hg. v. Richardi,
R./Wlotzke, O., Bd. 1ff. 2. A. 2000; Schaub, G., Arbeitsrecht von A-Z, 16. A. 2001; Gitter,
W./Michalski, L., Arbeitsrecht, 5. A. 2002; Lieb, M., Arbeitsrecht, 8. A. 2003; Krimphove, D.,
Europäisches Arbeitsrecht, 2. A. 2001; Arbeitsrechtslexikon (Lbl.), hg. v. Spiegelhalter, H., Bd. 1
53. A. 2004; Helml, E., Arbeitsrecht, 7. A. 2000; Hromadka, W./Maschmann, F., Arbeitsrecht, Bd.
1f. 2. A. 2001f.; Däubler, W., Arbeitsrecht, 4. A. 2002; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, hg.
v. Dietrich, D./Hanau, P./Schaub, G., 4. A. 2004; Weth, S./Kerwer, C., Der Einfluss des
europäischen Rechts auf das nationale Arbeitsrecht, JuS 2000, 425; Richardi, R., Arbeitsrecht in der
Kirche, 4. A. 2003; Meyer, W., Arbeitsrecht für die Praxis, 10. A. 2003; Hanau, P./Steinmeyer,
H./Wank, W., Handbuch des europäischen Arbeits- und Sozialrechts, 2002;
Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch Arbeitsrecht, 3. A. 2002; Reichold, H., Arbeitsrecht, 2002;
Junker, A., Grundkurs Arbeitsrecht, 2. A. 2003; Gotthardt, M., Arbeitsrecht nach der
Schuldrechtsreform, 2. A. 2003; Otto, H., Arbeitsrecht, 3. A. 2003; Preis, U., Arbeitsrecht, 2. A.
2003; Lingemann, S./Steinau-Steinrück, R. v./Mengel, A., Employment & Labor Law in Germany,
2003; Schaub, G./Rühle, Guter Rat im Arbeitsrecht, 3. A. 2003; Arbeitsrecht Kommentar, hg. v.
Henssler, M. u. a., 2003; Brox, H./Rüthers, B., Arbeitsrecht, 16. A. 2004
Arbeitssache (§§ 2ff. ArbGG) ist die arbeitsrechtliche
Angelegenheit.
Arbeitsschutz ist im →Arbeitsrecht der dem →Arbeitnehmer durch
Gesetz gewährte Schutz vor aus der →Arbeit erwachsenden
Gefahren. Der A. betrifft persönlich alle Arbeitnehmer oder einzelne
Gruppen der Arbeitnehmer (Frauen, →Jugendliche,
→Schwerbehinderte, [Heimarbeiter,] Auszubildende), und sachlich
die →Arbeitszeit, die vertraglichen Arbeitsbedingungen und die
Gefahren bei Ausführung der Arbeit (Gefahrenschutz,
Betriebsschutz). Die Vorschriften des Arbeitsschutzes sind
zwingendes öffentliches Recht und außerdem →Schutzgesetz im
Sinne der unerlaubten →Handlungen. Am 23. 6. 1996 wurde ein
europäische Vorgaben umsetzendes deutsches Arbeitsschutzgesetz
verabschiedet. →Jugendarbeitsschutz
Lit.: Arbeitsschutzgesetze (Lbl.), 45. A. 2004; Kittner, M./Pieper, R., Arbeitsschutzgesetz, 2. A.
2000; Kittner, M./Pieper, R., Arbeitsschutzrecht, 1999; Brandes, H., System des europäischen
Arbeitsschutzrechts, 1999; Wank, R., Kommentar zum technischen Arbeitsschutz, 1999;
Praxiskommentar Arbeitsschutzgesetz (Lbl.), hg. v. Kollmer, N., 2001
Arbeitssicherheitsgesetz ist das die Arbeitssicherheit betreffende
Gesetz.
Lit.: Arbeitssicherheit Textsammlung (Lbl.), hg. v. Kollmer, N., 29. A. 2004; Anzinger/Bieneck,
Arbeitssicherheitsgesetz, 1998
Arbeitsstättenverordnung
Lit.: Kollmer, N., Arbeitsstättenverordnung, 2001
Arbeitsunfähigkeit ist die Unfähigkeit, eine →Arbeit auszuführen.
Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber die A. mitteilen. Nach §
616 BGB wird durch vorübergehende A. der Anspruch auf
Arbeitslohn nicht berührt.
Lit.: Gruber, T., Der Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, 1998
Arbeitsunfall ist der Unfall, den ein Versicherter bei Ausübung der
→Arbeit als einer von der →Unfallversicherung erfassten Tätigkeit
sowie auf dem Weg zu und von dieser Arbeit (einschließlich
beispielsweise eines Betriebsausflugs) erleidet (, nicht dagegen beim
Auftanken an einer unmittelbar am Heimweg gelegenen Tankstelle).
Der A. ist Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung (§§
104ff. SGB VII). A. ist auch der Unfall eines Arbeitslosen auf dem
Weg zum oder vom Arbeitsamt, eines Schülers in der Schule oder
eines Studenten in der Universität.
Lit.: Holtmann, U., Arbeitsunfall und Haftungsrisiken, 1998
Arbeitsverhältnis ist das durch den →Arbeitsvertrag begründete
→Schuldverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das A.
entsteht durch →Arbeitsvertrag (Vertragstheorie), evtl. auch durch
tatsächliche Aufnahme der Arbeit (Eingliederungstheorie, str.), wobei
in →Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten
→Arbeitnehmern der →Arbeitgeber vor jeder Einstellung die
Zustimmung des →Betriebsrats einzuholen hat. Es ist ein auf den
Austausch von Arbeitsleistung und Arbeitslohn gerichtetes
Dauerschuldverhältnis. In ihm gelten die Regeln für
→Schuldverhältnisse nur in abgeänderter Form (z. B. Haftung für
Schäden, →Betriebsrisiko, →Sphärentheorie). Der Arbeitgeber darf
einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme
nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen (§ 611a BGB). Er darf
einen Arbeitnehmer auch nicht benachteiligen, weil dieser in
zulässiger Weise seine Rechte ausübt (§ 612a BGB). Das A. endet vor
allem durch →Kündigung, Vereinbarung oder Zeitablauf, nicht
dagegen durch Betriebsübergang (§ 613a BGB). Die Beendigung
durch Kündigung oder Auflösungsvertrag sowie die Befristung
bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 623 BGB,
elektronische Form unzulässig). Das A. ist mittelbar, wenn ein
Arbeitnehmer in einem A. zu einem andern (Mittelsmann) steht, der
seinerseits Arbeitnehmer des sog. Hauptarbeitgebers ist, und der
Arbeitnehmer die Dienste mit Wissen des Hauptarbeitgebers für
diesen leistet.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Gagel, A./Vogt, N., Die
Beendigung von Arbeitsverhältnissen, 5. A. 1996; Boemke, B., Schuldvertrag und Arbeitsverhältnis,
1999
Arbeitsvermittlung ist die Vermittlung geeigneter Arbeitsstellen
zwischen Arbeitssuchenden bzw. Ausbildungssuchenden und
Arbeitgebern. Für die grundsätzlich unentgeltliche A. ist die
Arbeitsverwaltung zuständig (§§ 35 SGB III). Durch die Verordnung
über Arbeitsvermittlung durch private Arbeitsvermittler vom 11. 3.
1994 ist die private, seitens Arbeitgeber vergütungspflichtige
Arbeitsvermittlung neu geordnet.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Butterweck, C., Die
Liberalisierung der Arbeitsvermittlung, Diss. jur. Münster 1998
Arbeitsvertrag ist der - an sich grundsätzlich formlos - zwischen
→Arbeitgeber und →Arbeitnehmer über die entgeltliche Leistung
von →Arbeit geschlossene →Vertrag. Er ist ein Unterfall des
→Dienstvertrags (§§ 611ff. BGB). Daneben gilt für ihn teilweise
besonderes Recht. Insbesondere wirken sich auf seinen Inhalt
→Tarifvertrag und →Betriebsvereinbarung aus. Er begründet für den
Arbeitgeber die Pflicht zur Zahlung von →Arbeitslohn, die
→Fürsorgepflicht, die →Gleichbehandlungspflicht sowie andere
Nebenpflichten, für den Arbeitnehmer die Pflicht zur Dienstleistung
und zur Treue. Nach § 623 BGB bedarf die Befristung der
Schriftform. Nach § 2 des sog. Nachweisgesetzes vom 28. 7. 1995 hat
der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten
Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen
Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu
unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen, was aber durch
Hinweis auf einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung ersetzt
werden kann.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Zöllner/Loritz,
Arbeitsrecht; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch; Kopp, P., Arbeitsverträge für Führungskräfte, 4. A.
2001; Wetter, R., Der richtige Arbeitsvertrag, 3. A. 2000; Hunold, W., Befristete Arbeitsverträge
nach neuem Recht, 2001; Schrader, P., Rechtsfallen in Arbeitsverträgen, 2001; Gnann, T./Gerauer,
A., Arbeitsvertrag bei Auslandsentsendung, 2. A. 2002; Hümmerich, K., Arbeitsvertragsgestatung,
2003; Dörner, H., Der befristete Arbeitsvertrag, 2004
Arbeitsverwaltung ist der die Arbeitsverhältnisse betreffende Teil
der öffentlichen →Verwaltung. Die A. ist ein Teil der
→Leistungsverwaltung. Wichtigster Träger der A. ist die
Bundesanstalt für Arbeit mit Landesarbeitsämtern und Arbeitsämtern.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Arbeitszeit (§ 2 I ArbZG) ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der
→Arbeit (am Einzelnen Arbeitsplatz, Arbeitsbereitschaft genügt)
ohne die Ruhepausen (bzw. die Zeit, während der der Arbeitnehmer
seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber – gegen Entgelt – zur Verfügung
stellen muss). Die regelmäßige gesetzliche tägliche A. (an
Werktagen) beträgt 8 Stunden, kann aber mit Zustimmung der
Arbeitnehmervertretung auch für einen längeren Zeitraum auf bis zu
zehn Stunden erhöht werden. (In Deutschland arbeiteten 1995 nur
noch 19 Prozent der 35,9 Millionen Erwerbstätigen 35-40 Stunden
wöchentlich an 5 Wochentagen.) Für geleistete Mehrarbeit besteht ein
Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung. Gleitende A. ist eine – ohne
gesetzliche Grundlage vereinbarte – bewegliche Regelung der
Einzelarbeitszeit, bei welcher der Arbeitnehmer abgesehen von
Kernzeiten Anfang, Dauer und Ende der täglichen Arbeit selbst
bestimmt und nur die Gesamtarbeitszeit unverändert ist. Besondere
Regeln hinsichtlich der A. gelten für Jugendliche.
→Arbeitszeitrechtsgesetz
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003;
Linnenkohl/Rauschenberg/Gressierer/Schütz, Arbeitszeitflexibilisierung, 4. A. 2001
Arbeitszeitgesetz ist das die Arbeitszeitordnung (1938) bzw. die
Gewerbeordnung (1869) ablösende, die →Arbeitszeit regelnde Gesetz
(1994).
Lit.: Neumann, D./Biebl, J., Arbeitszeitgesetz, 13. A. 2001; Baeck, U./Deutsch, M.,
Arbeitszeitgesetz, 1999; Arbeitszeitgesetz, hg. v. Weber, H., 3. A. 2001
Arbeitszeugnis ist das die Bewertung der geleisteten →Arbeit
betreffende →Zeugnis.
Lit.: Schleßmann, K., Das Arbeitszeugnis, 16. A. 2000; Schulz, G., Alles über Arbeitszeugnisse, 7.
A. 2003
Arbeitszimmer ist das der Durchführung von →Arbeit dienende
Zimmer. Die Aufwendungen für ein A. in einem Wohnhaus können
nur dann vollständig als Werbungskosten oder Betriebsausgaben von
der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer abgezogen
werden, wenn das A. den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder
beruflichen Tätigkeit des Steuerzahlers bildet. Beträgt die betriebliche
oder berufliche Nutzung jedenfalls mehr als 50 Prozent der gesamten
Tätigkeit, ist ein Abzug bis 1250 Euro jährlich möglich (2000).
Arbitrage ist die Ausnutzung von Preisunterschieden
(Kursunterschieden) an verschiedenen Märkten (Börsen) durch Kauf
von Waren an Plätzen mit niedrigem Preis und Verkauf an Plätzen
mit hohem Preis.
Lit.: Schwark, E., Börsengesetz, 2. A. 1994
Architekt ist der wissenschaftlich gebildete Fachmann für die
Planung und Überwachung der Ausführung baulicher Anlagen.
Lit.: Rechtshandbuch für Ingenieure und Architekten, hg. v.
Sangenstedt, 1999
Architektenrecht ist die Gesamtheit der die Berufstätigkeit von
Architekten betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Löffelmann, P./Fleischmann, G., Architektenrecht, 4. A. 2000; Neuenfeld, K. u. a., Handbuch
des Architektenrechts (Lbl.), 3. A. 2001; Thode, R./ Wenner, C., Internationales Architekten- und
Bauvertragsrecht, 1998; Praxishandbuch Architektenrecht, hg. v. Thode, R./Wirth, A./Kuffer, J.,
2004
Archiv ist der bestimmungsgemäße Aufbewahrungsort von
Schriftgut.
Lit.: Nadler, A., Die Archivierung, Diss. jur. Bonn 1995; Strauch, D., Das Archivalieneigentum,
1998
arglistig (Adj.) bewusst böswillig
Lit.: ; Derleder, P., Sachmängel- und Arglisthaftung nach neuem
Schuldrecht, NJW 2004, 969
arglistige Täuschung →Täuschung, arglistige
Arglos ist der nichts Arges erwartende Zustand eines Menschen. Im
Strafrecht ist a., wer sich im Zeitpunkt einer Tat keines Angriffs oder
keiner Feindseligkeit versieht bzw. versehen kann, also erwartet, es
werde ihm von Seiten des Täters nichts Arges zustoßen. Die
Ausnützung der Arglosigkeit ist ein Teil des Tatbestandsmerkmals
→heimtückisch des →Mords (§ 211 II StGB).
Argumentum (N.) a maiori ad minus ([lat.] Schluss von Größerem
auf das Kleinere) ist der Schluss von einer umfassenderen Regelung
auf einen weniger Voraussetzungen erfordernden Fall (z. B. von der
Enteignung auf den enteignungsgleichen Eingriff).
Lit.: Zippelius, R., Methodenlehre, 8. A. 2003
Argumentum (N.) e contrario ([lat.] Schluss aus dem Gegenteil) ist
der Umkehrschluss von der Regelung eines geregelten Falles auf die
umgekehrte →Rechtsfolge für einen nicht geregelten Fall.
Lit.: Zippelius, R., Methodenlehre, 8. A. 2003
Armenrecht war bis 1980 die einstweilige Befreiung einer
unbemittelten Partei von den →Kosten des →Prozesses.
→Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe
Arrest ist im Verfahrensrecht das Eilverfahren des →Zivilprozesses,
das zur Sicherung der →Zwangsvollstreckung wegen einer
Geldforderung oder wegen eines Anspruchs, der in eine
Geldforderung übergehen kann, möglich ist (§ 916 I ZPO,
Arrestantrag, Arrestgrund, Arresturteil oder Arrestbeschluss). Der
dingliche A. gegen Vermögensstücke des Schuldners
(→Zwangsvollstreckung) findet statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne
dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder
wesentlich erschwert werden würde (§ 917 I ZPO). Der persönliche
A. gegen die Person des Schuldners (z. B. Haft) findet nur statt, wenn
er erforderlich ist, um die gefährdete Zwangsvollstreckung in das
→Vermögen des Schuldners zu sichern (§ 918 ZPO). Auf Grund des
Arrests sind binnen eines Monats möglich Pfändung, Eintragung einer
Arresthypothek oder Beschränkung der persönlichen Freiheit des
Schuldners. →Dauerarrest, →Kurzarrest und →Freizeitarrest sind
→Zuchtmittel des Jugendrechts (Jugendarrest).
Lit.: Mathäser, J., Arrestgrund, JuS 1995, 442; Kannowski, B., Arrest und einstweilige Verfügung,
JuS 2001, 482
arrha (lat. [F.] arra, arrabo) →Draufgabe
Artenschutz ist der Schutz der vorhandenen Arten von Tieren und
Pflanzen, dessen Verletzung Straftat oder Ordnungswidrigkeit sein
kann. (§§ 39ff.) Bundesnaturschutzgesetz,
Bundesartenschutzverordnung
Lit.: Umweltschutz (Lbl.), hg. v. Kloepfer, M., 3. A. 1998
Artikelprozess ist die Art des frühneuzeitlichen →Prozesses, bei
welcher der Prozessstoff in Artikel (Streitpunkte) gegliedert ist.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Arzneimittel (§ 2 AMG) ist vor allem der Stoff oder die Zubereitung,
die durch Anwendung im menschlichen oder tierischen Körper
Krankheiten, Schäden oder Beschwerden heilen, lindern oder
verhüten soll, sowie der Stoff, der diagnostischen Zwecken oder dem
Ersatz körpereigener Wirkstoffe dienen oder den seelischen Zustand
beeinflussen soll (, nicht Lebensmittel, Futtermittel,
Körperpflegemittel, Tabakerzeugnisse, Kosmetikartikel). Für ein A.
ist grundsätzlich eine Zulassung erforderlich. Die Herstellung bedarf
grundsätzlich der Genehmigung und der Verkauf hat grundsätzlich
durch Apotheker zu erfolgen.
Lit.: Sander, A., Arzneimittelrecht (Lbl.), 1999; Deutsch, E., Medizinrecht, 4. A. 1999; Wagner, A.,
Europäisches Zulassungssystem für Arzneimittel, 2000; Laufs, A., Arzneimittelprüfung, NJW 2001,
3381
Arzneimittelgesetz ist das die rechtlichen Verhältnisse von
→Arzneimitteln betreffende Gesetz vom 1. 1. 1978.
Lit.: Kommentar zum Arzneimittelgesetz, hg. v. Deutsch, E. u. a., 2001; Rehmann, W.,
Arzneimittelgesetz, 2. A. 2003
Arzt (§ 2 Bundesärzteordnung) ist der Mensch, der nach einem
Studium der Medizin die erforderlichen Prüfungen bestanden hat und
nach einem Praktikum approbiert ist. Der A. übt einen freien Beruf
aus, für dessen Leistungen er Gebühren verlangen darf. Er darf
Einzelheiten seiner Behandlungsweisen nicht im Internet
veröffentlichen. (2002 gab es in Deutschland rund 300000 tätige
Ärzte). →Kassenarzt
Lit.: Rehborn, M., Arzt – Patient – Krankenhaus, 3. A. 2000
Arztrecht ist die Gesamtheit der die Tätigkeit eines Arzts
betreffenden Rechtssätze. Die →Rechtsquellen des Arztrechts sind
allgemeines Recht und Spezialgesetze. Die wichtigsten Probleme des
Arztrechts betreffen den →Vertrag zwischen Arzt und Patient, die
Aufklärungspflicht und die →Sorgfaltspflicht. Schäden aus
fehlerhaftem Verhalten muss der Arzt ersetzen. Streitig ist, ob ein
Arzt oder mehrere Ärzte für eine Praxis eine juristische Person bilden
können. →Kassenarzt
Lit.: Laufs, A., Arztrecht, 6. A. 2001; Handbuch des Arztrechts, hg. v. Laufs, A. u. a., 3. A. 2002;
Geiß, K./Greiner, H., Arzthaftpflichtrecht, 4. A. 2001; Deutsch, E., Medizinrecht, 4. A. 1999;
Gehrlein, M., Leitfaden zur Arzthaftpflicht, 2001; Arzthaftungsrecht, hg. v. Ehlers, A./Broglie, M.,
2. A. 2001; Katzenmeier, C., Arzthaftung, 2002
Asperation (F.) Verschärfung
Asperationsprinzip (§ 53 I StGB) ist das bei →Tatmehrheit
grundsätzlich geltende Prinzip der Bildung einer →Gesamtstrafe. Bei
dem A. geht man von der verwirkten schwersten Einzelstrafe aus.
Diese wird erhöht bzw. verschärft (§ 54 StGB).
Lit.: Fröhlich, J., Das Asperationsprinzip, Diss. jur. Hannover 1996
Assessor (M.) Beisitzer, →Gerichtsassessor
Assessorexamen (N.) zweite juristische Staatsprüfung
Lit.: Anders, M./Gehle, B., Das Assessorexamen im Zivilrecht, 7. A. 2002, Pietzner,
R../Ronellenfitsch, M., Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 10. A. 2000; Ramsauer, U., Die
Assessorprüfung im öffentlichen Recht, 5. A. 2001; Schurmann, W./Buchbinder, N., Die
Assessorklausur im Steuerrecht, 3. A. 1997; Heinen, H./Knemeyer, M., Zivilrechtliche
Assessorklausur, 2. A. 2000; Schmehl, M./Vollmer, W., Die Assessorklausur im Strafprozess, 7. A.
2003; Wolters, G./Gubitz, M., Strafrecht im Assessorexamen, 2. A. 2001; Heintschel-Heinegg, B.
v./Gerhardt, P., Assessorklausuren im Familienrecht, 4. A. 2001; Kintz, R., Das Assessorexamen im
öffentlichen Recht, 2000; Schmitz, G./Hüßtege, R., Strafrechtliche Musterklausuren für die
Assessorprüfung, 4. A. 2000; Schmitz, G., Zivilrechtliche Musterklausuren für die Assessorprüfung,
4. A. 2002; Pape, I./Pape, G./Radtke, H., Ausgewählte Assessorklausuren im Zivilrecht, 2. A. 2000;
Deckert, A./Konrad, C., Öffentlich-rechtliche Assessorklausuren, 2. A. 2000
Assoziation (F.) Vereinigung, z. B. Genossenschaft
Asyl (Freistatt) ist der Zufluchtsort für (politisch) Verfolgte. Politisch
Verfolgte genießen nach Art. 16a I GG grundsätzlich in der
Bundesrepublik Deutschland Asylrecht, wobei die Verfolgung außer
von einem Staat auch von nichtstaatlichen Gruppierungen ausgehen
kann. Über einen Antrag auf Zuerkennung des Asylrechts entscheidet
die zuständige Behörde. Der Inhalt des Asylrechts ist die
Nichtauslieferung. 1993 wurde das Recht auf A. wegen der großen
Zahl der Scheinasylanten gesetzlich eingeschränkt. Das
Bundesministerium des Inneren kann Fluggesellschaften untersagen,
Ausländer ohne gültigen Sichtvermerk (Visum) in das Bundesgebiet
zu befördern. Auf das Asylrecht (Deutschlands) kann sich nicht
berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft
oder aus einem sog. sicheren Drittstaat (Norwegen, Polen, Schweiz,
Tschechien) einreist. In der Europäischen Union gab es 1999 etwa
350000 Asylbewerber, davon 90000 in Deutschland.
Lit.: Marx, R./Strate, G., Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 4. A. 1999; Köhler, G.,
Asylverfahren, 1998
Asylant ist der →Asyl begehrende Mensch.
Asylrecht ist das Recht auf →Asyl.
Lit.: Handbuch des Ausländer- und Asylrechts (Lbl.), hg. v. Huber, B., 17. A. 2003; Marx, R.,
Ausländer- und Asylrecht, 2000
Aszendent ([M.] Aufsteigender) ist der Vorfahre (→Verwandte)
eines Menschen in gerader Linie (z. B. Vater, Großmutter). Sein
Gegensatz ist der →Deszendent.
Atom (N.) Unteilbares
Atomgesetz ist das Gesetz über die friedliche Verwendung der
Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren vom 23. 12. 1959.
Es will fördern, schützen und ausgleichen. Es unterwirft den Umgang
mit Kernbrennstoffen vielfachen Genehmigungspflichten. In
Deutschland soll die wirtschaftliche Nutzung der Atomkernspaltung
als Energiequelle um 2022 enden.
Lit.: Atomgesetz mit einer Einführung, hg. v. Ziegler, E., 23. A. 2001; Kühne, G./Brodowski, C.,
Das neue Atomrecht, NJW 2002, 1458
Attaché ist der →Beamte des auswärtigen →Diensts der
Eingangsstufe bzw. der einer Auslandsvertretung für besondere
Sachaufgaben zugewiesene Beamte (z. B. Kulturattaché,
Militärattaché).
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Audiatur et altera pars ([lat.], es werde auch der andere Teil gehört)
ist ein Verfahrensgrundsatz, der vor einer Entscheidung die Anhörung
der Gegenseite bestimmt (rechtliches Gehör, Seneca 4 v. Chr.–65 n.
Chr., Augustin 354–430 n. Chr.).
Aufbrauchsfrist ist die gesetzlich nicht geregelte →Frist, in welcher
der Verletzer eines gewerblichen Schutzrechts oder eines
Urheberrechts bereits erstellte Bestände (z. B. Bücher) noch
aufbrauchen darf.
Lit.: Berlit, W., Aufbrauchsfrist, 1997
Aufenthalt ist das tatsächliche Sein eines Menschen in Raum und
Zeit. Der Ort des ständigen Aufenthalts bildet den →Wohnsitz.
Daneben kann auch der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts oder des
Aufenthalts überhaupt Voraussetzung einer Rechtsfolge, insbesondere
der verfahrensrechtlichen →Zuständigkeit sein (z. B. §§ 16 ZPO, 8 II
StPO). Die bloße Anmeldung begründet keinen A.
Lit.: Baetge, D., Der gewöhnliche Aufenthalt im internationalen Privatrecht, 1994 (Diss.)
Aufenthaltsgenehmigung (§ 3 AuslG) ist die →Erlaubnis
(Genehmigung), die →Ausländer zur Einreise und zum →Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland benötigen. Ihre Erteilung ist ein
→Verwaltungsakt. Die A. darf erteilt werden, wenn die Anwesenheit
des Ausländers die Belange der Bundesrepublik nicht beeinträchtigt.
Arten der A. sind Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsberechtigung,
Aufenthaltsbewilligung und Aufenthaltsbefugnis (§ 5 AuslG). Der
Ausländer, der keine A. hat, ist zur Ausreise verpflichtet. Unter
Umständen erfolgt eine →Abschiebung nach einer →Ausweisung.
Lit.: Renner, G., Ausländerrecht, 7. A. 1999
Aufenthaltsort →Aufenthalt
Auffordern →Aufforderung
Aufforderung ist die von einem andern ein bestimmtes Verhalten
verlangende Äußerung. Im Strafrecht (§ 111 I StGB) ist das
öffentliche Auffordern zu einer rechtswidrigen Tat eine der
→Anstiftung gleichgesetzte →Straftat. Im Privatrecht ist die
Aufforderung zu einem Antrag ([lat.] invitatio [F.] ad offerendum, z.
B. Schaufensterauslage) noch keine →Willenserklärung.
Lit.: Weidner, M., Die öffentliche Aufforderung, Diss. jur. Göttingen 1997
Aufgabe ist die zur Lösung anstehende Angelegenheit. Öffentliche A.
ist die der öffentlichen →Verwaltung obliegende Wahrnehmung von
Angelegenheiten des Gemeinwesens und seiner einzelnen Mitglieder.
In einem weiteren Sinn ist A. auch die Beendigung eines Verhaltens.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.
Aufgebot ist im Verfahrensrecht die öffentliche (gerichtliche)
Aufforderung an unbekannte Beteiligte, vor einer beabsichtigten
Änderung der Rechtslage Tatsachen anzugeben oder →Rechte
geltend zu machen. Im Erbrecht (§ 1970 BGB) können die
Nachlassgläubiger durch A. zur Anmeldung ihrer Forderungen
aufgefordert werden. Meldet sich auf ein A. hin ein Berechtigter
nicht, erleidet er einen Rechtsverlust.
Aufgebotsverfahren (§§ 946ff. ZPO) ist das in den besonderen,
gesetzlich vorgesehenen Fällen (Ausschließung des Eigentümers
eines Grundstücks, Aufgebot von Hypothekengläubigern,
Vormerkungsberechtigten usw., Aufgebot von Nachlassgläubigern,
Ausschließung von Gesamtgläubigern, Aufgebot zwecks
Kraftloserklärung einer Urkunde usw.) anzuwendende besondere
Verfahren der Durchführung eines →Aufgebots. Auf Antrag (eines
Antragstellers) erlässt das zuständige →Amtsgericht das zeitlich
befristete Aufgebot. In öffentlicher Sitzung fällt dann das Gericht,
sofern sich kein Berechtigter meldet, auf Antrag ein Ausschlussurteil.
Dieses trifft eine gegenüber allen wirkende Feststellung in Bezug auf
bestimmte Rechte (z. B. Ausschließung eines dinglich Berechtigten,
Kraftloserklärung einer Urkunde).
Lit.: Daude, E., Das Aufgebotsverfahren, 5. A. 1930; Hallermann, H., Die Löschung, 1992
Aufgeld (Agio) ist der Betrag, um den der Kurswert eines
→Wertpapiers dessen Nennwert übersteigt. →Disagio
Lit.: Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere
Aufhebung ist im Verwaltungsrecht die gänzliche oder teilweise
Beseitigung eines →Verwaltungsakts durch die Verwaltung. Sie ist
entweder →Rücknahme oder →Widerruf. Im Privatrecht ist die A.
eines →Vertrags die grundsätzlich zulässige Beseitigung des Vertrags
durch einen gegenläufigen Aufhebungsvertrag (→actus contrarius).
Die A. der →Ehe (§§ 1313ff. BGB) ist allerdings nur auf Antrag nur
aus bestimmten Gründen und nur durch →Urteil möglich.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Bauer, J., Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 7. A. 2004;
Rumke, H. u. a., Aufhebungsverträge und Abfindungen, 2001
Aufklärung ist die Klarheit vermehrende Tätigkeit oder Entwicklung.
In der Geistesgeschichte ist A. die im Europa des 18. Jh.s herrschend
werdende Geistesbewegung, die davon ausging, dass die Vernunft das
eigentliche Wesen des Menschen ausmache und daher den
allgemeingültigen Wertmaßstab für alle menschlichen Verhältnisse in
sich enthalte. Sie wirkte sich in starkem Maße auch auf das Recht aus
(Kodifikationen, Verfassung mit Volkssouveränität, Gewaltenteilung
und Grundrechten, Abschaffung der Folter).
Lit.: Wolff, H., Die Weltanschauung der deutschen Aufklärung in geschichtlicher Entwicklung,
1950; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Aufklärungspflicht ist die auf Aufklärung bestimmter Umstände
gerichtete Rechtspflicht einer Person. Eine A. hat vor allem der
→Richter im →Prozess (§§ 139 ZPO [materielle Prozessleitung], 86
III VwGO, 76 II FGO, 106 I SGG), insbesondere in dem vom
→Offizialprinzip beherrschten →Strafprozess (§ 244 II StPO), in
dem das Gericht alles tun muss, was zur Aufklärung des Sachverhalts
(Erforschung der Wahrheit) erforderlich ist. Meist beschränkt sich die
A. allerdings darauf, die Verfahrensbeteiligten über die Folgen eines
bestimmten Verhaltens aufzuklären. In ähnlicher Weise haben auch
Verwaltungsbehörden eine allgemeine A. Im Privatrecht kann für eine
Partei eines Schuldverhältnisses eine A. bestehen. Besondere
Bedeutung hat dabei die A. des Arzts. Der Arzt ist hinsichtlich der
→Körperverletzung, die er mit einer Operation notwendigerweise
begeht (str.), durch eine →Einwilligung des Patienten nur dann
gerechtfertigt, wenn diese nach einer angemessenen Aufklärung über
den Befund und die etwaigen typischen Gefahren und Folgen des
Eingriffs gegeben wird oder der Patient auf Aufklärung verzichtet.
Die Verletzung der A. durch den Arzt kann zu einer Ersatzpflicht für
einen →Schaden führen.
Lit.: Spickhoff, A., Richterliche Aufklärungspflicht, 1999; Lang, J., Die Aufklärungspflicht, 1999;
Herdegen, G., Strafrichterliche Aufkläsungspflicht und Beweiswürdigung, NJW 2003, 3513
Aufklärungsquote ist der Anteil der aufgeklärten Straftaten an der
Zahl der gesamten bekannt gewordenen →Delikte. Die A. ist
deswegen eine relative Größe, weil die Zahl der bekannt gewordenen
Delikte in unbekanntem Ausmaß von der Zahl der wirklichen
Straftaten abweicht (Dunkelziffer, Dunkelfeld). Sie hängt im Übrigen
in erheblichem Maß von der jeweiligen Straftat und dem betreffenden
Bundesland ab (z. B. bei Mord höher als bei Diebstahl, in Bayern
höher als in Hessen). Zwischen 1955 und 1974 sank die (amtlich
ermittelte) Gesamtaufklärungsquote in der Bundesrepublik
Deutschland von 72% auf 45% (Nordrhein-Westfalen 1996 49%).
Lit.: Schwind, Kriminologie
Auflage ist allgemein die Erweiterung nach oben hin, insbesondere
die – meist als Nebenfolge – ausgesprochene Bestimmung eines
besonderen Verhaltens. Im Verwaltungsrecht ist A. ein – isoliert
aufhebbarer – →Verwaltungsakt, der einem andern, begünstigenden
Verwaltungsakt hinzugefügt ist, dem Begünstigten ein Tun, Dulden
oder Unterlassen vorschreibt und in seinem rechtlichen Bestand von
ihm abhängen soll (z. B. Baugenehmigung unter A.). Im →Erbrecht
(§ 1940 BGB) ist A. die testamentarische Verpflichtung des Erben
oder Vermächtnisnehmers zu einer Leistung durch den Erblasser,
ohne dass einem andern ein Recht auf die Leistung zugewandt wird.
Im Schuldrecht kann eine →Schenkung unter einer A. gemacht
werden (§ 525 BGB). Im Strafrecht können dem Täter Auflagen
erteilt werden (z. B. § 15 JGG, § 56b StGB, →Bewährungsauflage).
Lit.: Erichsen, H., Die selbständige Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen, VerwA 1975, 299
Auflassung ist die (in Deutschland) zur Übertragung des
→Eigentums an einem →Grundstück erforderliche →Einigung (§
873 BGB) des Veräußerers und des Erwerbers über den
Eigentumsübergang. Die A. ist ein vom Grundgeschäft (z. B. Kauf)
dogmatisch zu trennender abstrakter sachenrechtlicher →Vertrag. Sie
muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer
zuständigen Stelle erklärt werden (§ 925 BGB).
Auflassungsvormerkung ist die auf Sicherung des (meist aus einem Kaufvertrag erwachsenden)
Anspruchs auf Übertragung des →Eigentums an einem →Grundstück (Auflassung) gerichtete
→Vormerkung (vgl. § 883 BGB).
Lit.: Görmer, G., Gutglaubensschutz beim Erwerb einer Auflassungsvormerkung, JuS 1991, 1014
auflösende Bedingung →Bedingung, auflösende
Auflösung →Liquidation
Aufopferung ist der Verlust eines individuellen Rechts zugunsten der
Allgemeinheit oder eines begünstigten Dritten.
Lit.: Schmidt, W., Die Aufopferung vermögenswerter Rechte, NJW 1999, 2847; Brüning, C., Die
Aufopferung, JuS 2003, 2
Aufopferungsanspruch ist im Verwaltungsrecht der ursprünglich auf
§ 75 Einl. ALR beruhende Ausgleichsanspruch bei einem solchen
(rechtmäßigen) hoheitlichen →Eingriff in ein nichtvermögenswertes
→Recht (z. B. Leib, Leben, Gesundheit, Freiheit), der dem
Betroffenen ein →Sonderopfer auferlegt. Dieser - auf den Ausgleich
der Vermögensschäden - gerichtete Anspruch ist nach § 40 II VwGO
im →Zivilprozess geltend zu machen. Er umfasst nicht Einbußen bei
Beeinträchtigung noch nicht gesicherter Chancen und
Verdienstmöglichkeiten. (Für rechtswidrige Eingriffe kommt nach
einer differenzierenden Ansicht nur ein aufopferungsgleicher
Anspruch in Betracht.) Im Privatrecht ist der A. der Ausgleich für den
→Eigentümer, dem mit Rücksicht auf das überwiegende Interesse
eines andern oder der Allgemeinheit die Geltendmachung seines an
sich gegebenen Abwehrrechts (§ 1004 BGB) versagt ist (analog §§
904 S. 2, 906 II 2 BGB, 75 Einl. ALR). →Staatshaftung
Lit.: Steinberg, R./Lubberger, A., Aufopferung – Enteignung und Staatshaftung, 1992; SchmittKammler, A., Der Aufopferungsgedanke, JuS 1995, 473
Aufopferungstheorie →Zumutbarkeitstheorie
Aufrechnung (Kompensation) ist die wechselseitige →Tilgung
zweier sich gegenüberstehender gleichartiger →Forderungen (z. B.
Geldforderungen) durch Verrechnung auf Grund einseitiger Erklärung
(§ 387 BGB, einseitiges Rechtsgeschäft). Die A. ist ein Sonderfall der
auch (vertraglich möglichen) Verrechnung und der Leistung von
Erfüllungsersatz. Sie erfordert →Fälligkeit, →Gegenseitigkeit und
→Gleichartigkeit der →Forderungen (Aufrechnungslage) sowie eine
Aufrechnungserklärung. Außerdem darf sie nicht besonders
ausgeschlossen sein (§§ 390ff. BGB). Sie bewirkt, dass die
Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen
gelten, in dem sie zur Aufrechnung geeignet einander
gegenübergetreten sind (§ 389 BGB, Rückwirkung, zwischenzeitlich
eingetretene Wirkungen entfallen nachträglich). Die im Prozess
erklärte A. ist →Rechtsgeschäft und →Prozesshandlung. Sie kann als
→Eventualaufrechnung erklärt werden (hilfsweise A. für den Fall,
dass die sonstigen Einwendungen gegenüber der Klage nicht
durchdringen).
Lit.: Gernhuber, J., Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. A. 1994; Kannengießer, M., Die
Aufrechnung im internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 1998; Weber, R., Die Aufrechnung,
JuS 1999, L 65; Höhn, W., Die Aufrechnung in der Insolvenz, JuS 2003, 751
Aufruf der Sache (§ 220 I ZPO) ist der formelle Beginn eines
→Termins im →Verfahren.
aufschiebend (Adj.) auf einen späteren Zeitpunkt verschiebend
aufschiebende Bedingung →Bedingung, aufschiebende
aufschiebende Wirkung →Wirkung, aufschiebende
Aufsicht ist die Überwachung eines Verhaltens. Im öffentlichen
Recht werden →Dienstaufsicht (allgemeine Behördenaufsicht, vor
allem Personalaufsicht), →Fachaufsicht (Überprüfung der
Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit einer Entscheidung) und
→Rechtsaufsicht (Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer
Entscheidung) unterschieden. Im Privatrecht haben etwa →Eltern die
A. über Kinder oder der →Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft die
A. über das Handeln des Vorstands.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Aufsichtspflicht ist die Verpflichtung einer Person oder Behörde,
über eine andere Person oder Behörde oder ein Tier Aufsicht
auszuüben. Eine Verletzung der A. kann eine unerlaubte →Handlung
sein. Insbesondere kann die Verletzung der A. eines kraft Gesetzes
oder auf Grund Vertrags zur Führung der Aufsicht über einen
Menschen verpflichteten Menschen (z. B. Eltern, Vormund, § 832
BGB, die elterliche A. ist z. B. verletzt, wenn ein zum Zündeln
neigendes 10jähriges Kind mehrere Stunden unbeaufsichtigt im
Freien spielen darf) zu einer Schadensersatzverpflichtung führen.
(Vgl. weiter die §§ 833, 834 BGB.) Auch einen Beamten (z. B.
Lehrer) kann eine entsprechende A. als Amtspflicht treffen.
Lit.: Will, G., Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, 1998; Schoof, T., Die Aufsichtspflicht der
Eltern, 1999
Aufsichtsrat ist bei bestimmten Gesellschaften (§§ 111, 287 AktG,
52 GmbHG, 38 GenG) das zur Überwachung und evtl. auch zur
Bestellung des die laufenden Geschäfte führenden Organs
vorgeschriebene oder mögliche Organ. Der A. setzt sich je nach Art
der Gesellschaft verschieden zusammen (z. B. mindestens 3,
höchstens 21 Menschen). Meist gehören ihm Vertreter der
→Anteilseigner und der →Arbeitnehmer an. Der A. ist grundsätzlich
verpflichtet, einen durch Pflichtverletzung des Vorstands
verursachten Schaden der Gesellschaft gegenüber dem Schädiger
geltend zu machen. Die Zahl der Aufsichtsratsstellungen ist
grundsätzlich auf zehn beschränkt, wobei ein Vorsitz doppelt zählt.
Lit.: Hoffmann, D./Preu, P., Der Aufsichtsrat, 5. A. 2003; Potthoff, E./Trescher, K., Das
Aufsichtsratsmitglied, 5. A. 2001; Bollweg, H., Die Wahl des Aufsichtsrats, 1997; Frankenberger,
W., Der Aufsichtsrat der Genossenschaft, 4. A. 1997; Möller, B., Die rechtliche Stellung und
Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, 1999; Arbeitshandbuch für
Aufsichtsratsmitglieder, hg. v. Semler, J./Schenck, K. v., 2. A. 2004
Auftrag (Mandat) (§§ 662ff. BGB) ist (das →Angebot zu einem
unvollkommen zweiseitig verpflichtenden →Vertrag, durch den sich
der eine Teil [Beauftragter] verpflichtet, für den andern Teil
[Auftraggeber] unentgeltlich ein Geschäft [z. B. Überweisung] zu
besorgen, sowie auch) dieser formlos zustande kommende
unvollkommen zweiseitig verpflichtende Vertrag selbst. Der A. als
Vertrag ist vom →Dienstvertrag und vom →Werkvertrag durch die
Unentgeltlichkeit, vom →Gefälligkeitsverhältnis durch den
→Rechtsbindungswillen zu unterscheiden. Er ist streng von der
möglicherweise mit ihm verbundenen, das Außenverhältnis zwischen
Beauftragten und Dritten betreffenden →Vollmacht zu trennen
(Abstraktheit der Vollmacht). Er verpflichtet den Beauftragten zur
Geschäftsbesorgung (§ 662 BGB), zur Benachrichtigung, Auskunft
und Rechenschaft (§§ 665 S. 2, 666 BGB) und zur Herausgabe des
zur Ausführung Erhaltenen und aus der Geschäftsbesorgung
Erlangten (§ 667 BGB). Der Auftraggeber hat evtl. →Aufwendungen
zu erstatten (§ 670 BGB, str. ob auch Schäden zu ersetzen). Der A.
kann außer durch Zweckerreichung, Vereinbarung oder Tod des
Beauftragten durch jederzeitigen →Widerruf durch den Auftraggeber
und jederzeitige →Kündigung durch den Beauftragten enden (§ 671
BGB). Daneben gibt es den A. auch im öffentlichen Recht.
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Bartl, H., Handbuch öffentliche Aufträge, 2. A. 2000
Auftragsangelegenheit ist die Angelegenheit, die eine juristische
→Person des öffentlichen Rechts (z. B. →Staat) einer andern, ihr
gegenüber verselbständigten juristischen Person des öffentlichen
Rechts (z. B. →Gemeinde) durch Auftrag zur Ausführung überträgt
(mittelbare →Staatsverwaltung). Gegensatz zur A. ist die eigene
→Angelegenheit (bzw. Angelegenheit der →Selbstverwaltung). Die
Auftragsangelegenheiten bilden den übertragenen Wirkungskreis, die
eigenen Angelegenheiten den eigenen →Wirkungskreis. Bei den
Auftragsangelegenheiten besteht →Fachaufsicht des Staats, bei den
eigenen Angelegenheiten nur →Rechtsaufsicht.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Auftragsbestätigung ist im Handelsverkehr die Bestätigung eines
Auftrags (Vertragsantrags). Weicht sie inhaltlich von diesem ab, so
stellt sie ein neues →Angebot dar. Sie ist zu trennen vom
→Bestätigungsschreiben.
Lit.: Canaris, Handelsrecht
Auftragsverwaltung ist die →Verwaltung der
→Auftragsangelegenheiten. Sie gliedert sich in die
→Weisungsverwaltung und die →A. im engeren Sinn. Die A. im
engeren Sinn betrifft alle Angelegenheiten, in denen die
weisungsberechtigte Behörde keiner gesetzlichen Beschränkung des
Umfangs ihrer Anordnung unterliegt, so dass diese vom Träger
unselbständig wahrgenommen werden (z. B. Verwaltung der
Bundesstraßen oder der Bundessteuern).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Aufwand →Aufwendung
Aufwandsentschädigung (§ 3 Nr. 12 EStG) ist die Vergütung für
einen mit der Berufsausübung verbundenen Aufwand, wobei die aus
einer öffentlichen Kasse geleistete A. in der Regel lohnsteuerfrei und
einkommensteuerfrei ist.
Aufwendung (§§ 256, 257 BGB u. o.) ist die freiwillige Einbuße von
Vermögenswerten im Interesse eines andern (z. B. Vorstrecken eines
Geldbetrags für einen Auftraggeber). Den Gegensatz bildet der
→Schaden. Wann eine A. vorliegt, muss nach Sinn und Zweck der
für ein jeweiliges Rechtsverhältnis geltenden Normen beurteilt
werden. Ein Sonderfall der A. ist die →Verwendung (z. B. §§ 994ff.
BGB). Im Steuerrecht ist A. die Ausgabe.
Lit.: Müller, K., Der Anspruch auf Aufwendungsersatz im Rahmen von Schuldverhältnissen, JZ
1968, 769; Reim, U., Der Ersatz vergeblicher Aufwendungen nach § 284 BGB, NJW 2003, 3662
Aufwendungserstattung (Aufwendungsersatz) ist die Erstattung der
Vermögenswerte, die eine Person im Interesse einer andern freiwillig
eingebüßt hat. Die A. ist durch einzelne Rechtssätze in vielen Fällen
besonders angeordnet (z. B. §§ 304, 670, 683 BGB). Daneben
bestimmt § 257 BGB, dass der Aufwendungserstattungsberechtigte
Befreiung von einer evtl. eingegangenen Verpflichtung verlangen
kann. Nach § 256 S. 1 BGB ist sein Erstattungsanspruch von der Zeit
der Aufwendung an zu verzinsen. Nach § 284 BGB kann der
Gläubiger bei einer Pflichtverletzung des Schuldners anstelle des
→Schadensersatzes statt der Leistung auch Ersatz seiner im
Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemachten, billigerweise
machbaren und nutzlos gewordenen Aufwendungen verlangen.
Aufwertung ist die Erhöhung des Wechselkurses einer →Währung
im Verhältnis zum Goldwert oder andern Währungen. Durch sie wird
die Einfuhr verbilligt und die Ausfuhr verteuert. Ihr steht die
→Abwertung gegenüber.
Lit.: Hahn, H., Währungsrecht, 1990
Aufzeichnung ist die schriftliche Festlegung von Gedankeninhalten
oder Geschehensabläufen. Technische A. (§ 268 StGB) ist die
Darstellung von Daten, Messwerten oder Rechenwerten, Zuständen
oder Geschehensabläufen, die durch technisches Gerät ganz oder zum
Teil selbsttätig bewirkt wird, den Gegenstand der A. allgemein oder
für Eingeweihte erkennen lässt und zum Beweis einer rechtlich
erheblichen Tatsache bestimmt ist (z. B. Kilometerstand, str.). Ihre
Fälschung oder ihre Unterdrückung ist strafbar.
Augenschein (Autopsie) (§§ 371f. ZPO, 86 StPO, 96 I VwGO u. a.)
ist die unmittelbare sinnliche Wahrnehmung eines Umstands. Der A.
ist ein →Beweismittel, durch das ein →Gericht Beweis erheben kann.
Er kann im Sehen, Hören, Riechen, Schmecken oder Fühlen bestehen.
Auktion →Versteigerung
Lit.: Schneider, A., Auktionsrecht, 1999
Ausbildender ist der die →Ausbildung nach dem
Berufsausbildungsvertrag (evtl. durch Ausbilder bzw.
Ausbildungsgehilfen) verantwortlich Durchführende.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Ausbildung ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten an
einen Menschen. Sie erfolgt außer durch seine soziale Umwelt vor
allem durch die staatlichen Einrichtungen der Schulen und
Hochschulen. Nach Art. 12 I 1 GG haben alle Deutschen das Recht,
die Ausbildungsstätte (Schule, Hochschule, öffentlicher Dienst [für
Referendare]) frei zu wählen. Der Zugang kann nur im Rahmen der
Stufentheorie beschränkt werden. Die juristische A. erfolgt an den
Universitäten und im öffentlichen →Dienst (zweistufige A., vgl. §§
5ff. DRiG, →Richteramtsbefähigung).
Lit.: Köbler, Jurist; Greßmann, M., Die Reform der Juristenausbildung, 2002
Ausbildungsförderung ist die staatliche Förderung der Ausbildung
durch institutionelle Maßnahmen und vor allem die Förderung der
Ausbildung bestimmter einzelner Menschen, denen die für eine ihrer
Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung
erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen, durch
Gewährung von Mitteln. Die A. ist ein Teil der
→Leistungsverwaltung. Sie ist geregelt vor allem im
Bundesausbildungsförderungsgesetz. Dieses gewährt bei bestimmten
Voraussetzungen nach bestimmten Sätzen auf eine Höchstdauer
steuerfreie Zuschüsse und Darlehen zum Besuch von Schulen und
Hochschulen (2001 Höchstförderung 1140 DM im Monat,
Durchschnittsförderung 750 DM für Studierende, 550 DM für
Schüler, Darlehenshöchstrückzahlung 20000 DM, 2003
Förderungshöchstsatz auswärts wohnender Studierender 585 Euro).
Einen Anspruch kann dabei auch eine allein erziehende Mutter über
30 Jahren haben. Abgewickelt wird die A. in
Bundesauftragsverwaltung (§ 39 BAföG) über Ämter für A. Die
Kosten tragen Bund und Länder (§ 56 BAföG).
Lit.: Ramsauer, U./Stallbaum, M./Sternal, S., Mein Recht auf BAföG, 4. A. 2003
Ausbleiben (z. B. § 230 StPO) ist das Nichterscheinen eines an sich
erwarteten Menschen oder Umstands. Im Strafprozessrecht findet bei
A. des →Angeklagten eine →Hauptverhandlung – abgesehen von
weniger bedeutenden Fällen – grundsätzlich nicht statt. Ist das A.
nicht genügend entschuldigt, so ist die Vorführung anzuordnen oder
ein →Haftbefehl zu erlassen (§§ 230, 232 StPO). Bleibt im Falle
einer notwendigen →Verteidigung der →Verteidiger aus, so ist
sogleich ein anderer Verteidiger zu bestellen (§ 145 StPO). Für das
Zivilverfahren →Versäumnisverfahren.
Ausbürgerung ist die gegen einen Menschen oder eine
Bevölkerungsgruppe (kollektive A.) angeordnete Entziehung der
→Staatsangehörigkeit. Sie ist in der Bundesrepublik gem. Art. 16 I S.
1 GG grundsätzlich nicht zulässig. Den Gegensatz zu ihr bildet die
Einbürgerung.
Ausdrücklichkeitsgebot (Art. 19 I 2 GG) ist das Gebot an ein
nachkonstitutionelles, ein Grundrecht auf Grund eines
→Gesetzesvorbehalts einschränkendes →Gesetz, das eingeschränkte
Grundrecht unter Angabe des Artikels zu nennen.
Auseinandersetzung ist im Vermögensrecht das Verfahren der
gänzlichen oder teilweisen Auflösung des →Vermögens einer
Personenmehrheit. Die A. erfolgt gemäß den §§ 752ff. BGB
grundsätzlich durch Teilung in Natur oder Verkauf und Teilung des
Erlöses. Dabei kann bei einer Gesamtschuld verlangt werden, dass die
Schuld aus dem gemeinschaftlichen Gegenstand berichtigt wird. Für
die A. einer →Erbengemeinschaft, einer →Gütergemeinschaft und
einer →Gesellschaft gelten besondere Regeln (§§ 2042ff. BGB,
1474ff. BGB, 731ff. BGB).
Lit.: Haußleiter, O./Schulz, W., Vermögensauseinandersetzung bei
Trennung und Scheidung, 3. A. 2002
Ausfallzeit ist der Zeitraum, der trotz Unterbrechung einer
versicherungspflichtigen Beschäftigung aus bestimmtem Anlass (z. B.
Ausbildung, Krankheit, Schwangerschaft, Arbeitslosigkeit) unter
gewissen Voraussetzungen bei der Berechnung der →Rente als
Anrechnungszeit angerechnet werden kann.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Ausfertigung ist die urkundliche Festlegung einer
Gedankenerklärung. Die A. eines Gesetzes ist ein Teil des
→Gesetzgebungsverfahrens, der in der Unterzeichnung des vom
→Parlament beschlossenen Gesetzestexts durch den
→Bundespräsidenten (vgl. Art. 82 I GG) bzw. den
Ministerpräsidenten (und allenfallsigen
Gegenzeichnungsberechtigten), die jedenfalls ein Prüfungsrecht
hinsichtlich des ordnungsgemäßen Zustandekommens des Gesetzes
haben (str. ob auch hinsichtlich des Inhalts), besteht. A. einer
Urkunde ist in Weiterführung des Sprachgebrauchs nur die amtliche
Abschrift eines amtlichen Schriftstücks (z. B. Urteils, notarieller
Urkunde), die im Verkehr die Urschrift ersetzen soll (vgl. §§ 47ff.
BeurkG). Sie muss als A. überschrieben sein und als
Ausfertigungsvermerk die Übereinstimmung mit der Urschrift
ausdrücklich enthalten. Sie wird grundsätzlich von der Stelle erteilt,
welche die Urkunde verwahrt. Die beglaubigte Abschrift einer
Urkunde ist keine A. Vollstreckbare A. (§§ 724ff. ZPO) ist die mit
vollstreckbare A. überschriebene und mit der
→Vollstreckungsklausel versehene A. eines →Urteils. Sie bezeugt
Bestehen und Vollstreckungsreife des →Vollstreckungstitels und ist
Voraussetzung der →Zwangsvollstreckung (str.).
Lit.: Schnapp, F., Ist der Bundespräsident verpflichtet, verfassungsmäßige Gesetze auszufertigen?,
JuS 1995, 286
Ausforschungsbeweisantrag ist der (unzulässige) Versuch, durch die
Beweisermittlung an Hand eines ungenau bezeichneten oder
vermutungsweise benannten Beweisthemas die Grundlage für eine
Behauptung einer Partei zu gewinnen.
Lit.: Chudoba, G., Der ausforschende Beweisantrag, 1993 (Diss.)
Ausfuhr (F.) Export
Lit.: Hohmann, H./John, K., Ausfuhrrecht, 2002
Ausführung eines Gesetzes ist dessen Verwirklichung durch die
vollziehende Gewalt. Die A. von Bundesgesetzen erfolgt
grundsätzlich durch die Länder als eigene →Angelegenheit, in
bestimmten Fällen durch die Länder im Auftrag des Bundes
(Bundesstraßen, Bundeswasserstraßen, Luftverkehr, Lastenausgleich)
und in bestimmten andern Fällen durch den Bund selbst (auswärtiger
Dienst, Bundeswehr, Bundesfinanz, Bundesgrenzschutz,
Bundesverfassungsschutz, Bundeskriminalwesen). Die A. von
Landesgesetzen geschieht durch das Land.
Ausführungsgesetz (AG) ist das →Gesetz, das besondere
Einzelheiten der Ausführung eines andern Gesetzes regelt (z. B.
Hessisches Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz).
Lit.: Badura, Staatsrecht
Ausführungsverordnung ist die →Rechtsverordnung, die besondere
Einzelheiten der Ausführung eines →Gesetzes regelt.
Ausfüllungsbefugnis ist die Befugnis oder Ermächtigung zur
Ausfüllung eines →Blanketts.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Ausgabe ist allgemein die Weggabe eines Gegenstands, insbesondere
der Abfluss eines Vermögenswerts (z. B. Geld). Sie bildet einen
Gegensatz zur →Einnahme. Im Verfassungsrecht sind alle
Einnahmen und Ausgaben des Staats in den →Haushalt einzustellen
(vgl. Art. 110 I GG). Weiter tragen der Bund und die Länder
gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer
Aufgaben ergeben. Unterschieden werden dabei ordentliche
Ausgaben und außerordentliche Ausgaben. Im Steuerrecht sind die
abzugsfähigen Ausgaben (z. B. Betriebsausgaben, Werbungskosten,
Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, nicht
Lebensführungsaufwendungen, Zuwendungen, Geldstrafen,
Einkommensteuer, Umsatzsteuer) zwecks Ermittlung der zu
versteuernden Beträge von den Einnahmen abzuziehen (vgl. z. B. §
10 EStG).
ausgeübter Gewerbebetrieb →Gewerbebetrieb
Ausgleichsabgabe ist die dem Ausgleich einer ungleichen Belastung
innerhalb einer Gruppe von Personen dienende Abgabe, die von
einem Teil ihrer Angehörigen erhoben wird (z. B.
Lastenausgleichsabgabe).
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht
Ausgleichsanspruch ist der Anspruch auf Beseitigung eines
Unterschieds, insbesondere der Anspruch auf Beseitigung einer
ungerechtfertigten Vermögensverschiebung. Ein A. besteht etwa für
einen in Anspruch genommenen →Gesamtschuldner (§ 426 I BGB),
den schlechter gestellten Ehegatten der beendeten
→Zugewinngemeinschaft (§ 1378 BGB) oder die geringer
ausgestatteten gesetzlichen →Erben (§ 2050 BGB). Daneben kann
der →Handelsvertreter nach Beendigung seines
Handelsvertreterverhältnisses einen besonderen A. (§ 89b I HGB)
gegen den Unternehmer haben. Allgemein ist eine ungerechtfertigte
→Bereicherung nach den §§ 812ff. BGB auszugleichen.
Lit.: Schenke, W., Der Rechtsweg für die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen, NJW 1995,
3145; Küstner, W. u. a., Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, 7. A. 2003
Ausgleichsaufgabe ist die öffentliche Angelegenheit, die sich aus den
Bedürfnissen einzelner untergeordneter Verwaltungsträger dadurch
ergibt, dass deren Kraft zur Erfüllung der ihnen obliegenden
Aufgaben nicht ausreicht. Sie wird von der zusammengesetzten
→Selbstverwaltungskörperschaft (z. B. →Gemeindeverband) zu
Lasten aller und zu Gunsten nur der leistungsschwachen Mitglieder
wahrgenommen.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Auskultator (M.) Zuhörer
Auskunft ist die Mitteilung von Tatsachen durch einen Menschen. In
bestimmten Fällen besteht ein Recht auf A. oder eine Pflicht zur A.
Grundsätzlich muss eine A. wahr sein.
Lit.: Hagenmeyer, M., Die Haftung für Rat und Auskunft, Diss. jur. Hamburg 1995;
Habersack/Holznagel/Lübbing, Behördliche Auskunftsrechte und besondere Missbrauchsaufsicht
im Postrecht, 2002; Sarres, E., Erbrechtliche Auskunftsansprüche, 2004
Auskunftsklage ist die auf →Auskunft gerichtete →Klage.
Lit.: Gürtler, F., Der praktische Fall – Zivilrechtsklausur: Die Auskunftsklagen, JuS 1994, 691
Auskunftspflicht ist die Verpflichtung zur Erteilung einer
→Auskunft. Im Verwaltungsrecht erteilt eine →Behörde (§ 25
VwVfG), soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im
Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die sie betreffenden
Pflichten. Davon abgesehen besteht keine allgemeine A. der
Behörden gegenüber Dritten (vgl. aber etwa § 28 BZRG, 15 SGB I),
wohl aber vielfach eine A. des Einzelnen gegenüber einer Behörde (z.
B. dem Finanzamt, vgl. §§ 93ff. AO, VO über Auskunftspflicht) oder
einem →Gericht (vgl. § 55 StPO). Die A. muss (als Beschränkung der
allgemeinen Handlungsfreiheit) durch →Gesetz festgelegt sein. Im
innerbehördlichen Verkehr ergibt sich eine A. aus der Pflicht zur
→Amtshilfe. Auch im Privatrecht bestehen zahlreiche einzelne
Auskunftspflichten (z. B. des Beauftragten § 666 BGB, des
Erbschaftsbesitzers § 2027 I BGB). Zu ihnen tritt eine A. aus →Treu
und Glauben bei jedem Rechtsverhältnis dann, wenn der Berechtigte
entschuldbarerweise über den Umfang seiner Berechtigung im
Unklaren ist und der Verpflichtete darüber ohne Weiteres Auskunft
erteilen kann. Für alle Auskunftspflichten bestimmt § 260 BGB, dass
der über den Bestand eines →Inbegriffs von Gegenständen zu
Auskunft Verpflichtete dem Berechtigten ein Verzeichnis des
Bestands vorzulegen hat. Im Einzelnen ist beispielsweise eine Frau
nicht verpflichtet, in einem Einstellungsgespräch auf ihre
→Schwangerschaft hinzuweisen, gehört bei der Suche nach
Urheberrechtsverletzungen zu der in § 809 BGB festgelegten
Vorlagepflicht auch die Einsichtnahme in einen Rechner und ist der
Auskunftsanspruch des nichtehelichen Kinds gegen die Mutter auf
Nennung des Namens des leiblichen Vaters nach § 888 I ZPO zu
vollstrecken.
Lit.: Lorenz, S., Auskunftsansprüche im bürgerlichen Recht, JuS 1995, 569; Grage, K., Das
Auskunftsrecht des Aktionärs, 1999
Auskunftsverweigerungsrecht ist die trotz einer grundsätzlichen
→Auskunftspflicht ausnahmsweise bestehende Berechtigung, eine
mögliche Auskunft nicht zu erteilen. Ein A. besteht im Strafprozess
für jeden →Zeugen hinsichtlich solcher bestimmter Fragen, deren
Beantwortung ihn selbst oder einen →Angehörigen in die Gefahr
bringen würde, wegen einer →Straftat oder einer
→Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden (§ 55 StPO). Weitere
Auskunftsverweigerungsrechte gewähren vor allem Steuergesetze (z.
B. § 101 AO) und Verfahrensgesetze (z. B. § 384 ZPO).
→Zeugnisverweigerungsrecht
Lit.: Derksen, R., Das Auskunftsverweigerungsrecht, JuS 1999, 1103
Auslage ist u. a. die geldwerte Aufwendung vor allem eines
→Gerichts, insbesondere für →Ausfertigungen und Schreibkosten,
Zeugen, Sachverständige u. a. m. →Gerichtskosten
Lit.: Hartmann, P., Kostengesetze, 33. A. 2004
Ausland ist das nicht zum eigenen Staatsgebiet gehörige Gebiet
einschließlich der nicht unter Staatshoheit stehenden Gebiete und des
offenen Meers.
Lit.: Geimer, R., Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, 1995; Bar, C. v.,
Ausländisches Privat- und Privatverfahrensrecht in deutscher Sprache, 4. A. 1998; Schütze, R.,
Rechtsverfolgung im Ausland, 2. A. 1998; Grümmer, D./Smets, R., Einkünfte und Umsätze im
Ausland, 2000
Ausländer ist in Deutschland der Mensch, der (nur) eine andere
→Staatsangehörigkeit als die deutsche hat (bzw. nicht Deutscher i. S.
v. Art. 116 I GG ist [§ 1 II AuslG]). Für A. in Deutschland (1992 ca.
6 Millionen, 1998 ca. 7 Millionen) gilt im öffentlichen Recht das
Ausländergesetz, das für nichtprivilegierte Ausländer (beachte § 2 II
AuslG für EU-Angehörige) für Einreise und Aufenthalt grundsätzlich
eine →Aufenthaltsgenehmigung verlangt, ohne dass (grundsätzlich)
ein Anspruch auf Einreise und Aufenthalt besteht. Ein A. ist zur
Ausreise verpflichtet, wenn er eine Aufenthaltsgenehmigung benötigt
und nicht hat. Ein A. kann ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt
die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche
Interessen der Bundesrepublik beeinträchtigt. Ein A. ist abzuschieben,
wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist und ihre freiwillige Erfüllung
nicht gesichert oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung eine Überwachung erforderlich erscheint. Im Sozialrecht
erstreckt sich die Sozialversicherung auch auf den in Deutschland
beschäftigten A. und erfasst die Sozialhilfe mit Einschränkungen auch
den A. mit Aufenthalt in Deutschland. Im Privatrecht ist der A. dem
Inländer grundsätzlich gleichgestellt. Einen Anspruch darauf, dass an
ihn gerichtete amtliche Schreiben in seiner Muttersprache abgefasst
werden, hat er nicht. Seit 1989 bestehen zu seiner Vertretung
gemeindliche Ausländerbeiräte. Heimatloser A. (Gesetz vom 25. 4.
1951) ist der fremde Staatsangehörige oder Staatenlose, der
nachweist, dass er der Obhut einer besonderen Organisation der
Vereinten Nationen untersteht, nicht Deutscher im Sinne des Art. 116
GG ist und am 30. 6. 1950 seinen Aufenthalt im Geltungsbereich des
Grundgesetzes oder in West-Berlin hatte. Er ist (ebenso wie der
Angehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der
Angehörige einer diplomatischen Vertretung) gegenüber sonstigen
Ausländern privilegiert.
Lit.: AuslR, 18. A. 2004; Renner, G., Ausländerrecht, 7. A. 1999; Kloesel, A./Christ, R./Häußer, O.,
Deutsches Ausländerrecht (Lbl.), 4. A. 2001; Handbuch des Ausländer- und Asylrechts (Lbl.), hg.
v. Huber, B., 17. A. 2003; Bamberger, W., Ausländerrecht und Asylverfahrensrecht, 2. A. 1997;
Ausländerrecht, hg. v. Kissrow, W./Maaßen, H., 16. A. 2002; Verwaltungsvorschriften zum
Staatsangehörigkeits- und Ausländerrecht mit einer Einführung v. Renner, G., 2001
Auslandsdelikt ist die im →Ausland begangene Straftat eines
Menschen. Ein A. eines Deutschen ist nach § 3 StGB nur in
bestimmten Fällen nach deutschem Strafrecht strafbar. Dagegen
unterfällt die Straftat eines Ausländers in Deutschland grundsätzlich
deutschem Recht.
Auslegung ist die Ermittlung und Klarlegung des Bedeutungsgehalts
eines Rechtsbegriffs oder eines sonstigen Umstands (z. B. Erklärung,
Verhalten). Die A. ist ein unentbehrliches Element der
→Rechtsmethodologie und steht in Gegensatz zu →Analogie bzw.
→Reduktion. Die A. von Rechtssätzen kann im Ergebnis erweiternd
(extensiv) oder einschränkend (restriktiv) wirken.
Herkömmlicherweise unterscheidet man grammatische A., historische
A., systematische A. und teleologische A. Die grammatische A. geht
vom Allgemeinen Sprachgebrauch der Normalsprache oder der
Fachsprache aus. Die historische (bzw. genetische) A. berücksichtigt
die Entstehungsgeschichte des Rechtssatzes. Die systematische A.
stellt auf die Stellung des einzelnen Begriffs im Rahmen des Gesetzes
oder der gesamten Rechtsordnung ab. Die teleologische A. bezieht
Ziel und Zweck einer Regelung ein. Die A. wird als
verfassungskonform angesehen, wenn sie die Festsetzungen der
→Verfassung berücksichtigt. Die A. wird als authentisch
(authentische Interpretation) bezeichnet, wenn sie vom Verfasser
(Gesetzgeber, Verordnungsgeber) selbst vorgenommen wird. Neben
der A. von Rechtssätzen steht die A. des →Sachverhalts,
insbesondere die A. der →Willenserklärung. Dabei ist nicht am
buchstäblichen Sinn eines Ausdrucks zu haften, sondern der wirkliche
→Wille zu erforschen (§ 133 BGB). Verschiedentlich enthalten
Gesetze selbst Ausführungen, wie bestimmte Willenserklärungen im
Zweifel zu verstehen sind (Auslegungsregeln z. B. § 2066 BGB).
Andernfalls ist von dem Allgemein üblichen, bei
empfangsbedürftigen Willenserklärungen von dem vom Empfänger
aus gesehen üblichen Sprachgebrauch auszugehen. →Verträge sind so
auszulegen, wie →Treu und Glauben mit Rücksicht auf die
→Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Bei mehreren an sich
möglichen Auslegungen ist der A. der Vorzug zu geben, bei der einer
Vertragsbestimmung eine tatsächliche Bedeutung zukommt. Bei der
ergänzenden Vertragsauslegung wird der Inhalt eines →Vertrags um
eine nicht ausdrücklich vereinbarte Bestimmung ergänzt, die im
Wege der A. vom Gericht aus dem Gesamtinhalt des Vertrags
gewonnen wird. Dies darf nicht zu einem Ergebnis führen, das dem
erkennbaren Willen der Vertragsteile widerspricht.
Lit.: Larenz, K., Die Methode der Auslegung, 1930, Neudruck 1966; Bartholomeyczik, H., Die
Kunst der Gesetzesauslegung, 4. A. 1967; Bickel, D., Die Methoden der Auslegung, 1976; Rüthers,
B., Die unbegrenzte Auslegung, 5. A. 1997; Bettermann, K., Die verfassungskonforme Auslegung,
1986; Droste/Lehnen, Die authentische Interpretation, 1990; Metallinos, A., Die
europarechtskonforme Auslegung, 1994; Wank, R., Die Auslegung von Gesetzen, 2. A. 2001;
Auslegung europäischen Privatrechts und angeglichenen Rechts, hg. v. Schulze, R., 1999; Scherer,
S., Grenzen der Auslegung, Diss. jur. Hannover 1999; Grundmann, S./Riesenhuber, K., Die
Auslegung des europäischen Privat- und Schuldvertragsrechts, JuS 2001, 529; Lüdemann, J., Die
verfassungskonforme Auslegung, JuS 2004, 27
Auslieferung ist die zwangsweise Verbringung eines Menschen ins
→Ausland auf Ersuchen eines ausländischen →Staats zwecks
Strafverfolgung oder Strafvollstreckung. Die A. ist ein Fall
internationaler →Rechtshilfe. Sie ist grundsätzlich ausgeschlossen bei
politischen →Straftaten. Kein Deutscher darf an das Ausland
ausgeliefert werden (Art. 16 II GG). Durch Gesetz kann aber eine
abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der
Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof
getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind
(Art. 16 II 2 GG). Für den europäischen Bereich ist die wichtigste
Grundlage der A. das Europäische Auslieferungsabkommen des
Jahres 1957. Daneben ist das Gesetz über internationale Rechtshilfe in
Strafsachen besonders bedeutsam. →Auslieferungsverbot
Lit.: Loos, B., Das Auslieferungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1994; Weigend, T.,
Grundsätze und Probleme des deutschen Auslieferungsrechts, JuS 2000, 105
Auslieferungsverbot ist im Verfassungsrecht (Art. 16 II 1 GG) das
Verbot, einen →Deutschen an das →Ausland auszuliefern, von dem
seit 2000 die Auslieferung an einen Mitgliedstaat der Europäischen
Union oder an einen internationalen Gerichtshof ausgenommen sind.
Auslobung (§ 657 BGB) ist die durch öffentliche Bekanntmachung
erfolgende einseitige Aussetzung (Versprechen) einer Belohnung für
die Vornahme einer Handlung (z. B. Wiederbeschaffung einer
abhanden gekommenen Sache, Aufklärung einer Straftat). Die A. ist
einer der wenigen besonderen Fälle eines einseitigen
→Rechtsgeschäfts, so dass die A. den Auslobenden verpflichtet, ohne
dass sie von einem andern angenommen wird. Mit der Vornahme der
entsprechenden Handlung erwirkt der Handelnde einen Anspruch auf
die Belohnung. Eine besondere Art der A. ist das Preisausschreiben (§
661 BGB).
Lit.: Dreiocker, K., Zur Dogmengeschichte der Auslobung, 1969
Auslosung ist die unter Verwendung eines Loses erfolgende Auswahl
zwischen mehreren Möglichkeiten (z. B. Auslosung ehrenamtlicher
Richter).
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht
Ausnahme ist die – unter bestimmten Voraussetzungen mögliche –
Abweichung von einer allgemeinen Regelung (vgl. § 31 I BauGB).
Ihre Erteilung ist im Verwaltungsrecht ein begünstigender
→Verwaltungsakt (→Bewilligung). Allgemein gibt es keine Regel
ohne A.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Ausnahmegericht (Art. 101 I GG) ist das außerordentliche, für einen
bestimmten Fall oder für mehrere bestimmte Fälle eingesetzte
→Gericht. Es widerspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen und ist
unzulässig. Dagegen sind besondere →Gerichte zulässig.
Ausnahmezustand →Notstand
Aussage ist im Verfahrensrecht jede sprachliche Mitteilung. Die A.
kann im Verhältnis zur Wirklichkeit wahr oder falsch sein. Die
(vorsätzliche) falsche uneidliche A. als →Zeuge oder
→Sachverständiger – vor →Gericht oder vor einer andern zur
eidlichen Vernehmung zuständigen Stelle – (§ 153 StGB) und der
→Meineid (§ 154 StGB) sind strafbar.
Aussageerpressung (§ 343 StGB) ist der Straftatbestand, bei dem ein
→Amtsträger im Rahmen eines →Strafverfahrens, eines
Bußgeldverfahrens, eines Disziplinarverfahrens, eines
Ehrengerichtsverfahrens oder eines Berufsgerichtsverfahrens einen
andern körperlich misshandelt, gegen ihn sonst →Gewalt anwendet,
ihm Gewalt androht oder ihn seelisch quält, um ihn zu →nötigen,
etwas auszusagen oder zu erklären oder dies zu unterlassen. Die A.
wird mit Freiheitsstrafe bestraft. Versuch ist strafbar.
Lit.: Hofmann, K., Bemerkungen zur Aussageerpressung, NJW 1953, 972
Aussagegenehmigung (§§ 61 II, 62 BBG) ist die einem →Beamten
von seinem →Vorgesetzten zu erteilende Genehmigung zur Aussage.
Ohne A. darf der Beamte grundsätzlich nicht aussagen. Die
Verweigerung der A. ist ein evtl. durch den Dritten anfechtbarer
→Verwaltungsakt.
Aussagenotstand (§ 157 StGB) ist die auf anerkannter
→Interessenkollision beruhende Zwangslage bei uneidlichen oder
eidlichen Aussagen. Sie ist ein Strafmilderungsgrund. In bestimmten
Fällen kann ganz von →Strafe abgesehen werden.
Lit.: Frankenberger, A., Aussagenotstand, Diss. jur. Frankfurt am Main 2000
Aussagepflicht ist die öffentlich-rechtliche Pflicht eines →Zeugen
zur Aussage. Grundsätzlich trifft jeden Zeugen eine A., doch bestehen
→Zeugnisverweigerungsrechte. Im →Strafprozess ist der
→Beschuldigte nicht zu einer Aussage verpflichtet (§ 136 StPO).
Aussageverweigerungsrecht ist das Recht, trotz einer grundsätzlich
bestehenden →Aussagepflicht ausnahmsweise die Aussage zu
verweigern (vgl. § 446 ZPO). →Zeugnisverweigerungsrecht
Lit.: Weiß, M., Der Schutz des Rechts auf Aussageverweigerung durch die EMRK, NJW 1999,
2236
Ausschlagung ist im →Erbrecht (§§ 1942ff. BGB) die dem
→Nachlassgericht gegenüber abzugebende, formgebundene und
fristgebundene →Willenserklärung des vorläufigen Erben, die
→Erbschaft nicht anzunehmen. Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so
gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt. Die A. kann
sich nicht auf einen Teil der Erbschaft bzw. des Erbteils beschränken.
Lit.: Dieterlen, A., Die vertragliche Verpflichtung zur Ausschlagung, 1998
ausschließlich (Adj.) ausschließend
ausschließliche Gesetzgebung →Gesetzgebung, ausschließliche
Ausschließung (§§ 41 ZPO, 22, 138a StPO, 54 II VwGO, 20
VwVfG) ist im Verfahrensrecht die auf Gesetz beruhende
Verhinderung der Mitwirkung eines Menschen (z. B. Richter) an
einem →Verfahren bei Vorliegen gewisser Umstände. Im
Gesellschaftsrecht ist bei Vorliegen bestimmter Gründe A. eines
Gesellschafters während des Bestehens einer →Gesellschaft möglich
(§§ 737 BGB, 140 HGB). A. eines Erben erfolgt durch →Enterbung.
→Wahlrecht
Lit.: Grunewald, B., Der Ausschluss von Mitgliedern aus Verein und Gesellschaft, 1987
Ausschlussfrist ist die →Frist für die Vornahme einer Handlung mit
der Folge, dass bei Nichtvornahme innerhalb der Frist ein
Rechtsnachteil nach Ablauf der Frist von selbst eintritt (z. B.
Rechtsverlust).
Lit.: Moufang, O., Das Verhältnis von Ausschlussfristen zur Verjährung, 1996
Ausschlussurteil (§ 952 ZPO) ist das mögliche Berechtigte an einem Gegenstand
ausschließende Urteil des Aufgebotsverfahrens.
Ausschreibung ist die öffentliche Kundmachung der Vergabe einer
Leistung unter Aufforderung zur Angabe eines Angebots.
Lit.: Trautner, W.; Praktiken der Ausschreibung, 2000; Snethlage, W.,
Privatisierung durch Ausschreibungsverfahren, 2001
Ausschuss ist der aus einer größeren Personenmehrheit zwecks
Entscheidungsvereinfachung gewählte kleinere Kreis von Menschen.
Im Verfassungsrecht gibt es zahlreiche Ausschüsse des →Parlaments.
Ihre Besetzung bzw. ihr Verfahren ist vor allem in den
→Geschäftsordnungen geregelt. Die Ausschüsse beraten
grundsätzlich die Behandlung einer Angelegenheit im Plenum vor,
können aber auch Entscheidungsbefugnis haben. Eine besondere
Stellung hat der →Untersuchungsausschuss (Art. 44 GG u. a.). Als A.
werden im Übrigen gelegentlich auch Kollegialorgane bezeichnet.
Lit.: Das Ausschusswesen der Europäischen Union, hg. v. Joerges, C. u. a., 2000
Außenbereich ist im Baurecht die Gesamtheit der →Grundstücke,
die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines qualifizierten
→Bebauungsplans und außerhalb der im Zusammenhang bebauten
Ortsteile liegen. Ein Bauvorhaben im A. ist nur unter besonderen
Voraussetzungen zulässig (§ 35 BauGB). Insbesondere dürfen
öffentliche Belange nicht entgegenstehen und muss die ausreichende
Erschließung gesichert sein. →Innenbereich
Lit.: Ehebrecht-Stüer, E., Außenbereichsbebauung, 1997
Außenprüfung (§ 193 AO) ist die außerhalb (von Dienstgebäuden)
vorgenommene Prüfung oder Überprüfung der steuerlichen
Verhältnisse eines Steuerpflichtigen im Rahmen der Ermittlung einer
→Steuer.
Lit.: Streck, M., Die Außenprüfung, 2. A. 1993; Mösbauer, H., Steuerliche Außenprüfung, 1994
Außensteuerrecht ist das ausländische Verhältnisse betreffende
→Steuerrecht.
Lit.: Handbuch des Außensteuerrechts 2003, bearb. v. Wassermeyer, F., 2003; Lipps, W.,
Außensteuerrecht, 3. A. 1997
Außenverhältnis ist das über die unmittelbar Beteiligten
hinausreichende Verhältnis. Es erfasst mindestens einen Dritten. Sein
Gegensatz ist das Innenverhältnis (z. B. Auftrag [Innenverhältnis]/
Stellvertretung [Außenverhältnis]).
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Außenvollmacht →Vollmacht
Außenwirtschaft ist der Geschäftsverkehr mit andern Ländern,
insbesondere der Geschäftsverkehr der Mitgliedstaaten der
→Europäischen Union mit Drittländern (Art. 133 EGV).
Außenwirtschaftsrecht ist das den Wirtschaftsverkehr mit
nichtdeutschen Wirtschaftsgebieten sowie den Verkehr mit
Auslandswerten und Gold regelnde deutsche, mittlerweile weitgehend
vom europäischen Gemeinschaftsrecht (Art. 133 EGV) überlagerte
Recht. Für das außenwirtschaftliche Verfahren gilt das deutsche
Außenwirtschaftsgesetz. Es legt Zuständigkeiten und
Verfahrensregeln fest.
Lit.: Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, hg. v. Bieneck, K., 1998; AWR-Kommentar, hg. v.
Wolffgang, H./Simonsen, O., 2001
außergerichtlich (Adj.) ohne Mitwirkung eines Gerichtes erfolgend
außerordentlich (Adj.) besondere, zusätzlich
außerordentliche Kündigung →Kündigung, außerordentliche
Aussetzung (§ 221 StGB) ist im Strafrecht das in eine hilflose Lage
Versetzen oder das trotz Beistandspflicht in einer hilflosen Lage im
Stich Lassen eines Menschen, der dadurch der Gefahr des Tods oder
einer schweren Gesundheitsschädigung ausgesetzt wird. Das
Aussetzen eines Tiers kann eine Straftat oder eine
Ordnungswidrigkeit sein, →Tierschutz. Im Verfahrensrecht ist A.
eines →Verfahrens dessen Stillstand auf Grund gerichtlicher
Anordnung (z. B. §§ 148, 149 ZPO, 145 StPO, 94 VwGO), A. der
→Hauptverhandlung eines →Strafprozesses die →Vertagung mit der
Folge, dass die Hauptverhandlung neu eröffnet werden muss (§ 228 I
StPO). Daneben ist im Verfahrensrecht auch eine A. der
Vollstreckung (→Strafvollstreckung, →Zwangsvollstreckung)
möglich.
Lit.: Els, H. van, Zur Auslegung des § 221 StGB, NJW 1967, 966; Kastner, J., Aussetzen heißt
nicht unterbrechen, JuS 2003, 849
Aussonderung (§ 47 InsO) ist in der Insolvenz die Herausnahme
eines dem →Gemeinschuldner bzw. Schuldner nicht gehörigen
Gegenstands aus der →Insolvenzmasse auf Grund eines dinglichen
oder persönlichen Rechts (z. B. Eigentum) zwecks Rückgabe an den
Berechtigten. Die A., die der Berechtigte als Anspruch gegen den
Insolvenzverwalter geltend machen muss, verhindert eine Verwertung
des schuldnerfremden Gegenstands in der Insolvenz. Sie steht dem
bloßen Sicherungseigentümer nicht zu. Nach § 47 InsO ist, wer auf
Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen
kann, dass ein Gegenstand nicht zur →Insolvenzmasse gehört, nicht
→Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf A. bestimmt sich nach den
Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten. Ist ein
Gegenstand, dessen A. hätte verlangt werden können, vor der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach der
Eröffnung vom →Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden,
so kann der Aussonderungsberechtigte die →Abtretung des Rechts
auf die Gegenleistung verlangen, soweit diese noch aussteht, bzw. die
Gegenleistung aus der Insolvenzmasse fordern, soweit sie in der
Masse unterscheidbar vorhanden ist.
Lit.: Aus- und Absonderungsrechte in der Insolvenz, hg. v. Andersen, 1999
Aussperrung ist die von Arbeitgeberseite unter Verweigerung der
Lohnzahlung planmäßig vorgenommene Nichtzulassung einer Gruppe
von →Arbeitnehmern zur Dienstleistung, um damit bestimmte Ziele
zu erreichen, ohne das Arbeitsverhältnis zu beenden. Die A. ist ein
grundsätzlich rechtmäßiges Mittel des →Arbeitskampfs (str.). Sie
muss dem Grundsatz der →Verhältnismäßigkeit genügen.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Scholz, R./Konzen, H.,
Die Aussperrung, 1980
Ausspielvertrag →Lotterievertrag
Ausstand →Streik
Ausstattung (§ 1624 I BGB) ist die über den gewöhnlichen
→Unterhalt hinausgehende, mit Rücksicht auf die Verheiratung oder
die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung erfolgende
Zuwendung des Vaters oder der Mutter an ein Kind. Die A. wird wie
eine →Schenkung behandelt, soweit sie das den Umständen
entsprechende Maß übersteigt. Auf A. besteht kein Anspruch.
Aussteller (§§ 783, 793 BGB, Art. 1 WG) ist bei einer →Anweisung,
einer Schuldverschreibung oder einem →Wechsel die Person, die
einen Dritten zur Zahlung anweist oder Zahlung verspricht.
Aussteuer ist die – vor dem Gleichberechtigungsgesetz für Töchter
gesetzlich bestimmte – Zuwendung der zur angemessenen
Einrichtung eines Haushalts gehörenden Gegenstände, auf die kein
Anspruch mehr besteht.
Lit.: Hübner, R., Deutsches Privatrecht
Austauschpfändung (§§ 811a, 811b ZPO) ist in der
→Zwangsvollstreckung die →Pfändung gewisser unpfändbarer
Sachen unter gleichzeitiger Hingabe eines dem geschützten
Verwendungszweck genügenden Ersatzstücks oder eines zur
eventuellen Beschaffung eines solchen Ersatzstücks erforderlichen
Geldbetrags (z. B. Austausch eines Komfortgeräts gegen ein
Gebrauchsgerät).
Austauschtheorie ist im Schuldrecht die auf den Austausch
abstellende Theorie des →Schadensersatzes bei zu vertretender
Unmöglichkeit im gegenseitigen Vertrag. Nach ihr kann der
Gläubiger seine Gegenleistung erbringen, während an die Stelle der
unmöglich gewordenen Leistung des Schuldners eine
Schadensersatzleistung in voller Höhe in Geld tritt. Diese Lösung
entspricht den Interessen des Gläubigers dann besser als die sog.
Differenztheorie, wenn er von sich aus Wert auf Erbringung seiner
Leistung legt.
Austritt ist das freiwillige Aufgeben einer Zugehörigkeit. →Verein
Lit.: Schindler, H., Das Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, 1999
Ausübungsermächtigung ist die →Ermächtigung, ein Recht
auszuüben (vgl. § 129 III AktG).
Ausverkauf →Sonderveranstaltung
Auswanderung ist das Verlassen eines →Staatsgebiets auf Dauer.
Die A. ist als Teil grundsätzlicher Freiheit des Menschen zulässig. Ihr
Gegensatz ist die Einwanderung.
auswärtig (Adj.) ausländisch
auswärtige Angelegenheit →Angelegenheit, auswärtige
auswärtiger Dienst →Dienst, auswärtiger
Ausweis ist die amtliche, die Identität eines Menschen beglaubigende
→Urkunde. Es besteht grundsätzlich Ausweispflicht. Der A. ist durch
Strafbestimmungen geschützt. →Personalausweis
Ausweismissbrauch (§ 281 StGB) ist das Gebrauchen eines fremden
→Ausweises oder das Überlassen des eigenen Ausweises zur
→Täuschung im Rechtsverkehr. Der A. wird mit Freiheitsstrafe oder
Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.
Ausweisung ist das Verbot des →Aufenthalts innerhalb des
→Staatsgebiets. Ein →Deutscher kann (in Deutschland) nicht
ausgewiesen werden (Art. 11 GG). Die A. eines →Ausländers ist an
bestimmte Voraussetzungen gebunden (§§ 45ff. AuslG z. B. § 47
AuslG Verurteilung zu drei Jahren Mindesteinzelstrafe). Sie ist
→Verwaltungsakt und wird notfalls durch →Abschiebung vollzogen.
Gegenüber einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der
Europäischen Union muss die A. nachträglich befristet werden, wenn
er keine Gefahr darstellt. Damit darf ihm trotz Rechtmäßigkeit der A.
der Aufenthalt erlaubt werden.
Lit.: Wegner, J./Durmus, A., Die Ausweisung von Ausländern, 1994; Schuback, M., Die
Ausweisung, 2003
Auszubildender →Berufsbildungsgesetz
Authenticae (lat. [F. Pl.]) sind Auszüge aus einer um 1100 in
Bologna auftauchenden Sammlung von Novellen Kaiser Justinians im
Codex (Justinians) bzw. zwei Konstitutionen Friedrichs I. und elf
Konstitutionen Friedrichs II. im →Codex.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
authentisch (Adj.) echt
authentische Interpretation →Auslegung, authentische
Autobahn (§ 1 II BFStrG) ist die als solche besonders
gekennzeichnete, nur für den Schnellverkehr mit →Kraftfahrzeugen
bestimmte, frei von höhengleichen Kreuzungen angelegte
Bundesfernstraße, für die bestimmte Sonderregeln gelten.
Automat (Selbstbeweger) ist die mechanische Einrichtung, die nach
Aufheben einer Hemmung einen Vorgang selbsttätig ausführt.
Lit.: Boetzke, C., Rechtsprobleme von Geldautomatengebühren und Wertpapierprovisionen, 2001
Automatenmissbrauch (§ 265a StGB) ist das Erschleichen der
Leistung eines →Automaten, eines öffentlichen Zwecken dienenden
Telekommunikationsnetzes, der Beförderung durch ein
Verkehrsmittel oder des Zutritts zu einer Veranstaltung oder einer
Einrichtung in der Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten. Der A. ist
mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bedroht. Der Versuch ist strafbar.
Lit.: Hinrichs, U., Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals
Erschleichen, NJW 2001, 932
Autonomie (Selbstgesetzgebung) ist das (vom Staat gewährte) Recht
einer oder mehrerer Personen (z. B. Minderheiten, →Gemeinde,
→Universität, →Kirche), bestimmte eigene →Angelegenheiten oder
Rechtsverhältnisse selbst zu regeln (vgl. Art. 28 II 1 GG),
insbesondere eigene →Rechtsnormen zu erlassen. Diese heißen (im
innerstaatlichen Bereich) →Satzung. Die A. bedarf einer rechtlichen
Grundlage.
Autopsie (F.) →Augenschein
Autor (M.) Urheber
Aval (N.) Wechselbürgschaft (Art. 31, 32 WG)
Axiom (N.) ist der weder beweisbare noch beweisbedürftige
grundlegende Satz der Logik.
Lit.: Zippelius, R., Methodenlehre, 8. A. 2003
B
Baccalaureus (lat. [M.] Stabträger?) ist seit dem 13. Jh. der unterste
akademische →Grad (vgl. angloamerikanisch bachelor [z. B. of law]),
der derzeit nach angloamerikanischem Vorbild wiederbelebt wird.
Baden ist seit 1951/1952 ein Teil des Bundeslands →BadenWürttemberg.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon
Baden-Württemberg ist das aus der Vereinigung der (1945
geschaffenen) Länder Baden, Württemberg-Baden und WürttembergHohenzollern hervorgegangene →Bundesland. Seine
Landesverfassung stammt vom 11. 11. 1953. Es gliedert sich in vier
Regierungsbezirke.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Dürig, G., Gesetze des Landes Baden-Württemberg (Lbl.), 89.
A. 2003; Staats- und Verwaltungsrecht Baden-Württemberg, hg. v. Kirchhof, P./Schmidt-Aßmann,
E., 24. A. 2002; Würtenberger, T., Polizeirecht in Baden-Württemberg, 3. A. 1997; Geis, M.,
Baden-Württembergisches Verwaltungsrecht, 1998; Reiff, H./Wöhrle, G., Polizeigesetz für BadenWürttemberg, 5. A. 1999; Staatshandbuch Baden-Württemberg, 2000; Dürr, H., Besonderes
Verwaltungsrecht für Baden-Württemberg – Baurecht, 10. A. 2001; Kunze, R./Bronner, O./Katz, A.,
Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (Lbl.), 4. A. 2000
BAG →Bundesarbeitsgericht
Bagatelldelikt ist die →Straftat von geringer Bedeutung. Für das B.
gilt das →Opportunitätsprinzip. Bei →Vergehen kann die
→Staatsanwaltschaft – grundsätzlich mit Zustimmung des für die
Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts – von der
Verfolgung absehen, wenn die →Schuld des Täters als gering
anzusehen wäre und kein öffentliches →Interesse an der Verfolgung
besteht. Ist die →Klage bereits erhoben, so kann das →Gericht in
jeder Lage das Verfahren unter ähnlichen Voraussetzungen mit
Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des →Angeschuldigten
einstellen (§ 153 StPO). Zulässig ist auch die vorläufige Einstellung.
Lit.: Krümpelmann, J., Die Bagatelldelikte, 1966
Bagatellsache ist die Angelegenheit von geringer Bedeutung.
Verschiedentlich wird sie rechtlich abweichend behandelt. In der
Rechtsgeschichte gilt für sie die Rechtsregel (lat.) minima non curat
praetor (Kleinigkeiten besorgt der Gerichtsmagistrat nicht). In der
Gegenwart bestimmt § 495a ZPO, dass das Amtsgericht sein
Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen kann, wenn der
Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Auf Antrag muss mündlich
verhandelt werden und die Entscheidung kann nicht mit der
→Berufung angegriffen werden (§ 511 II ZPO), wohl aber evtl. mit
einer →Verfassungsbeschwerde.
Lit.: Kunze, A., Das amtsgerichtliche Bagatellverfahren, NJW 1997, 2154
Bahn →Bundeseisenbahnvermögen
Bahnpolizei war eine Sonderpolizei der öffentlichen →Eisenbahnen
(Bahnhöfe, Gleise, Züge), die durch Gesetz vom 21. 1. 1992 in den
→Bundesgrenzschutz eingegliedert wurde. →Polizei
Bande (z. B. § 244 I Nr. 2 StGB) ist die auf ausdrücklicher oder
stillschweigender Vereinbarung beruhende, auf eine gewisse Dauer
angelegte Verbindung mindestens dreier Menschen zur Begehung
mehrerer selbständiger, im Einzelnen noch ungewisser Taten.
Mitglied einer B. kann dabei auch sein, wer nur eine Gehilfentätigkeit
ausführen soll. Wer als Mitglied einer B., die sich zur fortgesetzten
Begehung von →Raub oder →Diebstahl verbunden hat, unter
Mitwirkung eines andern Mitglieds der B. stiehlt, wird mit
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren bestraft. Es genügt
für die Ausführung einer einzelnen Tat, dass ein Bandenmitglied als
Täter und ein anderes Bandenmitglied in irgendeiner Weise (z. B.
Teilnehmer) zusammenwirken. Die unmittelbare Tathandlung selbst
kann dabei durch einen bandenfremden Täter ausgeführt sein. Täter
eines Bandendelikts (z. B. Bandendiebstahl, Bandenhehlerei,
Bandenschmuggel) kann auch ein am Tatort nicht anwesendes
Mitglied sein.
Lit.: Sya, A., Der Bandenbegriff im Wandel, NJW 2001, 343; Joerdes, J., Der Bandendiebstahl, JuS
2002, 329
Bank (Kreditinstitut, § 1 KWG) ist das →Unternehmen, dessen
Inhaber mindestens eine Art von Bankgeschäften (Einlagengeschäft,
Kreditgeschäft, Diskontgeschäft, Finanzkommissionsgeschäft,
Depotgeschäft, Investmentgeschäft, Garantiegeschäft, Girogeschäft,
Emissionsgeschäft, Geldkostengeschäft, Netzgeldgeschäft) in einem
Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten
Geschäftsbetrieb erfordert. Die B. ist meist Kreditbank,
Depositenbank, Hypothekenbank (Realkreditinstitut) oder Sparkasse.
Alle Banken unterstehen der Bankenaufsicht (vgl. KWG). Für das
Betreiben eines Bankgeschäfts ist eine Erlaubnis erforderlich. Beachte
zur Verwendung der Bezeichnungen Bank und Sparkasse die §§ 39,
40 KWG.
Lit.: Gabler Bank-Lexikon, hg. v. Krumnow, J. u. a., 13. A. 2002; Nuissl, D., Bankgeschäftsrecht,
1997; Heymann, E. v., Bankenhaftung bei Immobilienanlagen, 14. A. 2000; Waschbusch, G.,
Bankenaufsicht, 2000
Bankakzept ist die →Annahme eines →Wechsels (Art. 28 I WG)
durch eine →Bank. Durch die Verpflichtung zur Annahme
(Geschäftsbesorgungsvertrag oder Darlehen) wird einem →Aussteller
Akzeptkredit verschafft. Das B. kann der Kunde mittels
Diskontierung zur Beschaffung von Bargeld oder unmittelbar zur
Tilgung von Schulden verwenden.
Bankbürgschaft (im Fall des § 108 I ZPO notwendigerweise
schriftlich, unwiderruflich, unbedingt und unbefristet) ist die von
einer Bank als Bürgen gegebene (selbstschuldnerische), Bürgschaft.
Lit.: Rieder, J., Die Bankbürgschaft, 5. A. 1997
Bankeinlage ist die von einem Kreditinstitut als →Darlehen oder in
ähnlicher Weise von einer Vielzahl von Geldgebern auf Grund
typisierter Verträge (u. a. bargeldloser Zahlungsverkehr)
entgegengenommene Geldeinlage. Die B. ist entweder Sichteinlage,
Termineinlage oder Spareinlage. Die Annahme von Geld als B. ist ein
Bankgeschäft.
Lit.: Fischer, R., Bankrecht, 3. A. 2000
Bankgeheimnis ist das von einer Bank gewahrte und zu wahrende
Geheimnis der ihr bekannten geldlichen Verhältnisse eines Kunden.
Aus →Treu und Glauben (Bankvertrag) (vgl. auch § 383 ZPO) hat die
Bank die Verpflichtung, grundsätzlich gegenüber jedermann alle
einen Kunden betreffenden, ihr aus der Verbindung mit diesem
bekannt gewordenen Tatsachen geheim zu halten (z. B. Stand und
Bewegung der Konten, Bilanz). Von der Finanzverwaltung wird das
B. rechtstatsächlich anerkannt, doch kann sich die Bank gegenüber
der →Staatsanwaltschaft oder gegenüber dem →Ermittlungsrichter
nicht auf das B. berufen.
Lit.: Miebach, R., Das Bankgeheimnis, 2000; Bankgeheimnis und Bankauskunft in der Praxis,
bearb. v. Geurts, M. u. a., 6. A. 2000; Tiedemann, K., Neue Aspekte, NJW 2003, 2213
Bankgeschäft →Bank
Bankkonto ist der Teil der Buchführung einer Bank, welcher der
wertmäßigen Erfassung der Geschäftsvorfälle zwischen Bank und
Kontoinhaber dient. Ein aktives Konto stellt eine Forderung des
Bankkunden gegen die Bank dar, ein passives Konto eine Forderung
der Bank gegen den Kontoinhaber. Grundlage des Bankkontos ist
regelmäßig ein Bankvertrag.
Lit.: Look, F. van/Hüffer, U., Rechtsfragen zum Bankkonto, 4. A. 2000; Boemke, B.,
Kontenkündigung als Sittenverstoß, JuS 2001, 444
Banknote ist das von der zuständigen Bank ausgegebene, auf einen
bestimmten, runden Betrag von Währungseinheiten lautende
Papiergeld (Europäische Zentralbank für Euro). Die B. ist
unbeschränktes gesetzliches →Zahlungsmittel. Eine
Einlösungspflicht in Währungsmetallgeld besteht nicht (mehr).
Bankomat ist der Bankgeschäfte ausführende Automat. Seine
Vorgänge sind grundsätzlich vom Bankvertrag umfasst. Der
Missbrauch eines Bankomaten ist in der Regel als →Betrug strafbar.
Lit.: Ehrlicher, V., Der Bankomatenmissbrauch, 1989
Bankrecht ist die Gesamtheit der die →Bank und ihre Geschäfte
betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Bankrecht, 31. A. 2003; Kümpel, S., Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. A. 2000; Claussen, C.,
Bank- und Börsenrecht, 3. A. 2003; Schwintowski, H./Schäfer, F., Bankrecht, 2. A. 2001;
Bankrechtshandbuch, hg. v. Schimansky, H. u. a., 2. A. Bd. 1ff. 2001; Fischer, R., Bankrecht, 3. A.
2000; Europäisches Bankrecht, hg. v. Hirte, H., 2000; Bankrecht, hg. v. Huber, C., 2001
Bankrott (banca [F.] rotta [italienisch] zerbrochene Bank) ist das
Unvermögen eines Schuldners, seine Gläubiger zu befriedigen. Wer
bei →Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener
→Zahlungsunfähigkeit bestimmte verschleiernde Handlungen
vornimmt, ist im Strafrecht wegen B. zu bestrafen (§ 283f. StGB).
Verfahrensmäßig angemessene Folge der Zahlungsunfähigkeit ist das
→Insolvenzverfahren.
Lit.: Schlüchter, E., Der Grenzbereich zwischen Bankrottdelikten und unternehmerischen
Fehlentscheidungen, 1977
Bann ist im mittelalterlichen deutschen Recht die Möglichkeit eines
Amtsträgers, →Gebote und →Verbote unter Androhung gewichtiger
Rechtsfolgen im Falle der Nichtbeachtung auszusprechen, im
→Kirchenrecht der Ausschluss aus der Kirche.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Bargebot (§ 49 ZVG) ist der vom Ersteher im Verteilungstermin
einer →Zwangsversteigerung bar oder vorher durch Überweisung
oder Einzahlung zu entrichtende Betrag, der aus dem zur Deckung der
Kosten und weiterer benannter Ansprüche bestimmten Teil des
geringsten →Gebots und dem das geringste Gebot übersteigenden
Betrag des →Meistgebots zusammengesetzt ist.
Bargeld ist das Münzgeld und das Papiergeld.
Lit.: Blaschczok, A./Schmidt, K., Geldrecht, 1998
Barkauf (Handkauf) ist der →Kauf, bei dem →Kaufvertrag
(Verpflichtungsgeschäft) und →Erfüllung des Kaufvertrags (durch
Übereignung der Kaufsache und Übereignung des Kaufpreisgelds)
äußerlich ununterscheidbar zusammenfallen(, aber juristisch doch
getrennt bleiben).
Barscheck ist der →Scheck, der vom Bezogenen bar zu bezahlen ist,
im Gegensatz zum durch Gutschrift auf ein Bankkonto einzulösenden
→Verrechnungsscheck.
Barzahlung ist die →Zahlung durch →Übereignung von
Geldstücken (Bargeld) nach den §§ 929ff. BGB (1994 79% der
Zahlungsvorgänge in Deutschland, 2001 69 Prozent).
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Basiszinssatz (§ 247 BGB, 1. 1. 2003 1,97 Prozent, halbjährliche
Abänderung, Anknüpfung an den Zinssatz der jüngsten
Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor
dem ersten Kalendertag des für die Anpassung maßgeblichen
Halbjahrs) →Diskontsatz
Lit.: Petershagen, J., Der neue Basiszinssatz des BGB, NJW 2002,
1455
BAT →Bundesangestelltentarifvertrag
Lit.: Bredemeier, J./Neffke, R., BAT/BAT-O, 2. A. 2003; Conze, P.,
BAT/BAT-O, 3. A. 2003
Batterie (F.) ist die Zusammenschaltung mehrerer gleichartiger
technischer Geräte oder elektrochemischer Elemente vor allem zur
Stromversorgung.
Batterieverordnung ist die seit 1. 10. 1998 geltende Verordnung, die
Verbraucher verpflichtet, verbrauchte Batterien bei Händlern oder
Sammelstellen abzugeben und Hersteller und Händler verpflichtet,
verbrauchte Batterien unentgeltlich anzunehmen.
Lit.: Poppe, H./Mettke, K., Die neue Batterie-Entsorgung, 1998
Bau ist die künstlich geschaffene Behausung oder die sonstige, meist
einer Unterbringung dienende Anlage.
Lit.: Heiermann, W./Franke, H./Knipp, B., Baubegleitende
Rechtsberatung, 2002; Dankert, E./Engelhardt, W., Bautechnische
Fachbegriffe von A-Z, 2002
Bauabnahme →Bauaufsicht
Bauabzugsteuer (§§ 48ff. EStG) ist die vom Auftraggeber
(juristische Person des öffentlichen Rechts, Unternehner) einer
Bauleistung in Deutschland ab 1. Januar 2002 einzubehaltende und an
das Finanzamt abzuführende Steuer in Höhe von 15 Prozent der an
Bauunternehmen zu zahlenden Beträge. Eine Ausnahme gilt nur,
wenn das Bauunternehmen vom Finanzamt eine
Freistellungsbescheinigung erhalten hat oder ein Bagatellfall vorliegt.
Außerdem ist der Vermieter von nicht mehr als zwei Wohnungen
privilegiert.
Lit.: Beck, H./Girra, H., Bauabzugsteuer, NJW 2002, 1079
Bauaufsicht ist die amtliche Überwachung der Errichtung, Änderung
oder Beseitigung baulicher Anlagen gemäß dem →Bauplanungsrecht
und dem →Bauordnungsrecht. Erst nach Erteilung eines
Schlussabnahmescheins (Bauabnahme im öffentlich-rechtlichen Sinn)
darf ein genehmigungspflichtiges Bauwerk in Betrieb genommen
werden.
Lit.: Baumann, L., Verfahrensrecht und Praxis der Bauaufsicht, 1982
Bauer ist im älteren deutschen Recht der unterste, breiteste,
Landwirtschaft treibende Berufsstand der Bevölkerung.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Bauernbefreiung ist in der Rechtsgeschichte die Befreiung der
→Bauern aus der grundherrlichen Abhängigkeit an der Wende des
18. zum 19. Jh. (z. B. Stein-Hardenbergsche Reformen in Preußen).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Bauernkrieg ist in der Rechtsgeschichte der zu Beginn der Neuzeit
(vor allem 1525) von den Bauern gegen die Grundherren (weitgehend
erfolglos) geführte Krieg.
Lit.: Franz, G., Der deutsche Bauernkrieg, 11. A. 1977
Baufreiheit ist die Freiheit, ein →Grundstück zu bebauen (str.). Sie
ergibt sich als Grundsatz aus Art. 14 GG. Tatsächlich ist sie durch
öffentlich-rechtliche und privatrechtliche (nachbarrechtliche)
Vorschriften sehr eingeschränkt.
Lit.: Broy-Bülow, C., Baufreiheit und baurechtlicher Bestandsschutz, 1982
Baugenehmigung ist im Verwaltungsrecht die Feststellung der
zuständigen →Behörde (Landkreis, kreisfreie Stadt), dass einem –
genehmigungsbedürftigen – Bauvorhaben aus dem zur Zeit ihrer
Erteilung geltenden Recht keine Hindernisse entgegenstehen. Die B.
ist ein auf →Antrag (Bauantrag) ergehender und damit
mitwirkungsbedürftiger feststellender →Verwaltungsakt, der die
formelle baurechtliche Voraussetzung eines Bauvorhabens darstellt,
so dass die Errichtung eines genehmigungspflichtigen Bauwerks ohne
die erforderliche Genehmigung dieses formell rechtswidrig macht.
Die B. ist eine →Erlaubnis gegenüber einem →Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt. Sie muss erteilt werden, wenn das Bauvorhaben
in jeder Hinsicht den materiellen baurechtlichen Bestimmungen
entspricht. Im Geltungsbereich eines →Bebauungsplans ist ein
Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig, wenn es dem Plan nicht
widerspricht. Bauordnungsrechtlich ist die Übereinstimmung mit den
jeweiligen Bauordnungsvorschriften erforderlich. Mit der
Bauausführung darf nach Unanfechtbarkeit oder Anordnung der
sofortigen Vollziehbarkeit begonnen werden. Widerspruch und
Anfechtungsklage gegen die B. haben grundsätzlich keine
aufschiebende Wirkung. Ist ein Bauvorhaben ohne B. verwirklicht
worden und entspricht es nicht den materiellen baurechtlichen
Bestimmungen, so muss mit einer Abbruchverfügung gerechnet
werden. Ist es materiell baurechtlich unbedenklich, so kann es formell
baurechtlich auch nachträglich genehmigt werden.
Lit.: Hauth, M., Vom Bauleitplan zur Baugenehmigung, 7. A. 2004
Baugesetzbuch ist das das ältere Bundesbaugesetz für den Bereich
des Baurechts und das Städtebauförderungsgesetz zum 1. 7. 1987
ablösende Bundesgesetz vom 8. 12. 1986. Es enthält allgemeines
Städtebaurecht (Bauleitplanung, Sicherung der Bauleitplanung,
Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung, Entschädigung,
Bodenordnung, Enteignung, Erschließung und Maßnahmen für den
Naturschutz) und besonderes Städtebaurecht sowie sonstige
Vorschriften (z. B. Wertermittlung, Zuständigkeit,
Verwaltungsverfahren). Zum 1. 1. 1998 trat es unter gewissen
Abänderungen auch für Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in Kraft.
Lit.: Baugesetzbuch, 22. A. 2002; Baugesetzbuch, hg. v. Söfker, W., 35. A. 2003; Ernst,
W./Zinkahn, W./Bielenberg, W./Krautzberger, M., Baugesetzbuch (Lbl.), 72. A. 2004; Bielenberg,
W./Krautzberger, M./Söfker, W., Baugesetzbuch, 5. A. 1998; Battis, U./Krautzberger, M./Löhr, R.,
Baugesetzbuch, 8. A. 2002
Baugestaltungsrecht →Bauordnungsrecht
Baukostenzuschuss ist die zu den Baukosten beitragende Zahlung
des →Mieters an den →Vermieter im Hinblick auf das Mietrecht in
einem zu errichtenden oder zu ändernden Gebäude. Ein B. für
Wohnungen, der nicht zurückbezahlt werden soll (verlorener B.), ist
unzulässig. Der B. wird meist durch Mietaufrechnung in Teilbeträgen
getilgt.
Bauland ist das mit baulichen Anlagen bebaubare Grundstück im
Gegensatz zum Freiland.
Lit.: Kyrein, R., Baulandentwicklung, 2000
Baulandsache (§§ 217ff. BauGB) ist die Angelegenheit auf den
Gebieten des Enteignungsrechts, des Umlegungsrechts und
Grenzregelungsrechts sowie des dazugehörigen
Entschädigungsrechts. Für Baulandsachen werden bei den
→Landgerichten besondere →Kammern (mit zwei Berufsrichtern des
Landgerichts und einem Berufsrichter des Verwaltungsgerichts), bei
den →Oberlandesgerichten besondere →Senate gebildet. Sie
entscheiden über die Anfechtung der Baulandsachen betreffenden
→Verwaltungsakte.
Lit.: Dieterich, D., Baulandumlegung, 4. A. 2000
Baulast ist das sich nicht bereits aus öffentlich-rechtlichen
Vorschriften ergebende, also freiwillig gegenüber der
Bauaufsichtsbehörde übernommene, ein Grundstück betreffende Tun,
Dulden oder Unterlassen eines Eigentümers (z. B. Eigentümer B
erklärt sich bereit, dem Bauherrn A die Zufahrt zu ermöglichen, damit
die Baugenehmigungsbehörde die Baugenehmigung trotz des
grundstücksbezogenen Genehmigungshindernisses der fehlenden
Zufahrt erteilen kann). Daneben ist B. die Verpflichtung zur Tragung
der Instandhaltungskosten eines Gebäudes (z. B. Kirchenbaulast) oder
einer Straße (Straßenbaulast).
Lit.: Lindner, D., Baulasten an kirchlichen Gebäuden, 1995; Schwarz, B., Baulasten, 1995;
Meinecke, A., Die zivilrechtliche Bedeutung der Baulast, 1999
Baulastenverzeichnis ist das auf Landesrecht beruhende Verzeichnis
der (öffentlich-rechtlichen) →Baulasten.
Bauleitplan ist der die bauliche und sonstige Nutzung der
Grundstücke vorbereitende Plan. Er ist ein Mittel zur Erfüllung der
Aufgaben der →Bauleitplanung und entweder
→Flächennutzungsplan (vorbereitender B.) oder →Bebauungsplan
(verbindlicher B.) (§ 1 BauGB). Der Bebauungsplan wird von der
→Gemeinde als →Satzung erstellt und ist von der höheren
Verwaltungsbehörde zu genehmigen (§§ 8ff. BauGB).
Lit.: Hauth, M., Vom Bauleitplan zur Baugenehmigung, 6. A. 2001
Bauleitplanung ist die zur Ordnung der städtebaulichen Entwicklung
in Stadt und Land geschaffene durch den →Bauleitplan
(Flächennutzungsplan, Bebauungsplan) erfolgende Planung.
Lit.: Hangarter, E., Bauleitplanung, 4. A. 1999
Baulinie ist die im →Bebauungsplan als Rechtsetzung festgelegte
Linie, durch die die bebaubare Fläche eines Grundstücks
gekennzeichnet wird (§ 9 BauGB).
Baumangel →Bauprozess, Werkvertrag
Baunutzungsverordnung ist die →Verordnung zur generellen
Regelung der Art und des Maßes der baulichen Nutzung (z. B.
Kleinsiedlungsgebiet, Wohngebiet, Dorfgebiet, Mischgebiet,
Kerngebiet, Gewerbegebiet, Industriegebiet, Sondergebiet) sowie der
Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche, deren konkrete
Festlegungen durch den →Flächennutzungsplan und den
→Bebauungsplan erfolgen.
Lit.: Fickert, H./Fieseler, H., Baunutzungsverordnung, 9. A. 1998; Boeddinghaus, G.,
Baunutzungsverordnung, 4. A. 2000; Petersen, K., Der Drittschutz in der Baunutzungsverordnung,
1999; König, H./Roeser, T./Stock, J., Baunutzungsverordnung, 2. A: 2003
Bauordnung ist materiell die rechtliche Ordnung der
Bauvoraussetzung, Baugestaltung und des Bauverfahrens für bauliche
Anlagen und formell das diese Ordnung betreffende
(landesrechtliche) →Gesetz.
Lit.: Musterbauordnung für die Länder der Bundesrepublik Deutschland, hg. v. Böckenförde, D. u.
a., 4. A. 1994; Bayerische Bauordnung (Lbl.), hg. v. Simon, A./Busse, J., 76. A. 2003; Jäde, H.,
Musterbauordnung MBO 2002, 2003
Bauordnungsrecht ist das Recht der Gefahrenabwehr im Bauwesen. Es umfasst auch das
Baugestaltungsrecht, das die ästhetische Ausgestaltung baulicher Anlagen nach dem Maßstab des
ästhetischen Empfindens des Durchschnittsmenschen regelt. Das B. geht von der →Baufreiheit aus,
schreibt aber für die praktisch wichtigsten Fälle eine →Baugenehmigung vor.
Lit.: Ortloff, K., Bauordnungsrecht, Nachbarschutz, Rechtsschutz, 3. A. 1994
Bauplanungsrecht ist das Recht der Planung baulicher Anlagen im
Allgemeinen. →Bauleitplanung
Lit.: Erbguth, W./Wagner, J., Bauplanungsrecht, 3. A. 1998; Finkelnburg, K./Ortloff, K.,
Bauplanungsrecht, 5. A. 1998; Birk, H., Bauplanungsrecht, 4. A. 1998; Stüer, B., Handbuch des
Bau- und Fachplanungsrechts, 2. A. 1998
Baupolizei ist die frühere Tätigkeit der →Polizei im Bauwesen, die
im Zuge der Entpolizeilichung der Verwaltung durch die Tätigkeit
von →Ordnungsbehörden ersetzt wurde.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Bauprozess ist der Zivilprozess in Bausachen.
Lit.: Werner, U./Pastor, W., Der Bauprozess, 10. A. 2002; Werner, U./Pastor, W., Rechtsfragen
beim Bauen, 11. A. 2001; Knacke, J., Auseinandersetzungen im privaten Baurecht, 13. A. 1998
Baurecht ist objektiv die Gesamtheit der sich auf die Zulässigkeit
und die Grenzen, die Ordnung und die Förderung der Errichtung und
wesentlichen Veränderung von baulichen Anlagen sowie auf deren
bestimmungsgemäße Nutzung beziehenden Rechtssätze. Das B. ist
ein Teil des besonderen →Verwaltungsrechts. Es umfasst vor allem
die →Bauleitplanung, die →Bauordnung und die →Bodenordnung.
Es ist teils →Bundesrecht (Baugesetzbuch), teils →Landesrecht
(Landesbauordnung). B. im subjektiven Sinn ist das einzelne Recht
eines Bauwerbers, eine bauliche Anlage zu errichten, für das
→Baufreiheit und →Bauaufsicht gelten. Im Privatrecht gehört das
den Bau von Gebäuden betreffende Recht zum Schuldrecht
(Werkvertrag). →Bauprozess
Lit.: Locher, H., Das private Baurecht, 6. A. 1996; Bayerische Bauordnung (Lbl.), hg. v. Simon,
A./Busse, J., 75. A. 2003; Ernst, W./Zinkahn, W./Bielenberg, W. u. a., Baugesetzbuch (Lbl.), 6. A.
1998; Werner, U./Pastor, W./Müller, K., Baurecht von A–Z, 7. A. 2000; Steiner, U., Öffentliches
Baurecht, 3. A. 2001; Handbuch des öffentlichen Baurechts (Lbl.), hg. v. Hoppenberg, M. u. a., 13.
A. 2003; Dürr, H., Baurecht, 9. A. 1998; Koch, H./Hendler, R., Baurecht, Raumordnungsrecht und
Landesplanungsrecht, 3. A. 2001; Brohm, W., Öffentliches Baurecht, 3. A. 2002; Finkelnburg,
K./Ortloff, K., Öffentliches Baurecht, Bd. 2 4. A. 1998; Hök, G., Internationales Baurecht, 2001;
Gubelt, M./Muckel, S., Fälle zum Bau- und Raumordnungsrecht, 5. A. 2001; Stollmann, F.,
Öffentliches Baurecht, 2. A. 2002; Privates Baurecht, hg. v. Hertwig, S., 2002; Heiermann, W. u. a.,
Baubegleitende Rechtsberatung, 2002; Wietersheim, M. v./Korbion, C., Basiswissen privates
Baurecht, 2003; Hoppe, W./Bönker, C./Grotefels, S., Öffentliches Baurecht, 2. A. 2002; Peine, F.,
Öffentliches Baurecht, 4. A. 2003; Freiberger Handbuch zum Baurecht, hg. v. Jacob, D. u. a., 2. A.
2003; Münchener Prozessformularbuch Privates Baurecht, hg. v. Koeble, W./Kniffka, R., 2. A. 2003;
Kniffka, R./Koeble, W., Kompendium des Baurechts, 2. A. 2004
Bauschein ist die die →Baugenehmigung verkörpernde →Urkunde,
die vom Baubeginn an zur Einsicht an der Baustelle bereitliegen
muss.
Bausparkasse (§ 1 BSpKG) ist die das Bauspargeschäft betreibende
Sparkasse. Bei ihr bringt eine Vielzahl von Personen auf Grund von
Bausparverträgen durch Sparleistung Geld auf, von welchem dem
Einzelnen Sparer nach Erfüllung bestimmter Mindestvoraussetzungen
(meist Ansparen von rund 40 Prozent der Bausparvertragssumme) in
bestimmter zeitlicher Reihenfolge zinsgünstige →Darlehen (meist 60
Prozent der Bausparvertragssumme) zum →Wohnungsbau wieder zur
Verfügung gestellt werden. Die B. ist oft als →Aktiengesellschaft
organisiert, kann aber auch in öffentlich-rechtlicher Rechtsform
betrieben werden.
Lit.: Schäfer, O./Cirpka, E./Zehnder, A., Bausparkassengesetz, 5. A. 1999; Nickolaus, F.,
Bauspargeschäfte, 2000
Bausparvertrag →Bausparkasse
Baustelle ist die örtliche Stelle, an der eine bauliche Anlage errichtet
oder verändert wird.
Baustellenverordnung ist die auf dem Arbeitsschutzgesetz
beruhende Rechtsverordnung betreffend die Arbeitssicherheit auf
(größeren) Baustellen.
Lit.: Kollmer, N., Baustellenverordnung, 2000; Wietersheim, M. v./Noebel, T.,
Baustellenverordnung, 2001
Bauträger ist die ein Bauvorhaben im eigenen Namen für eigene
oder fremde Rechnung durchführende Person.
Lit.: Marcks, P., Makler- und Bauträgerverordnung, 7. A. 2003; Basty, G., Der Bauträgervertrag, 4.
A. 2001; Brych, F./Pause, E., Bauträgerkauf und Baumodelle, 3. A. 1999; Ullmann, E., Der
Bauträgervertrag, NJW 2002, 1073
Bauüberwachung →Bauaufsicht
Bauvertragsrecht ist die Gesamtheit der für Verträge über Bauwerke
geltenden Rechtssätze.
Lit.: Vygen, K., Grundwissen Bauvertragsrecht, 2. A. 2000; Leineweber, A., Handbuch des
Bauvertragsrechts, 2000; Vygen, K./Schubert, E./Lang, A., Bauverzögerung und Leistungsänderung,
4. A. 2002; Cuypers, M., Das neue Bauvertragsrecht, 2. A. 2002; Franke, H./Zanner, C./Kemper,
R., Der sichere Bauvertrag, 2. A. 2003; Markus, J./Kaiser, S./Kapellmann, S., AGB-Handbuch
Bauvertragsklauseln, 2004
Bauvoranfrage ist die eine →Baugenehmigung eines Bauvorhabens
betreffende Voranfrage an die für die →Bauaufsicht zuständige
Behörde.
Bauwerk (§ 648 BGB) ist die unbewegliche, durch Verwendung von
Material und Arbeit in Verbindung mit einem →Grundstück
hergestellte Sache (vgl. BGHZ 57, 60).
Bauwich ist der zum Schutz des →Nachbarn von der →Bauordnung
vorgeschriebene Abstand zwischen Bauwerk und Grundstücksgrenze.
Bayerisches Oberstes Landesgericht (vgl. §§ 8ff. EGGVG, Art.
18ff. BayAGGVG) ist im Verfahrensrecht das oberste Landesgericht
in →Bayern. Es entscheidet anstelle der →Oberlandesgerichte über
→Revisionen in Strafsachen und an Stelle des →Bundesgerichtshofs
über das bayerische Landesrecht betreffende Revisionen in
Zivilsachen sowie über weitere →Beschwerden in der freiwilligen
→Gerichtsbarkeit.
Lit.: Das Bayerische Oberste Landgericht. Geschichte und Gegenwart, 1993
Bayern ist das im Südosten gelegene →Bundesland Deutschlands.
Seine →Verfassung stammt vom 2. 12. 1946. Es ist (nach der 1946 in
der Besatzungszone Frankreichs erfolgten Abtrennung der Pfalz) in
sieben Regierungsbezirke geteilt.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Ziegler, G./Treme1, K., Verwaltungsgesetze des Freistaates
Bayern (Lbl.), 85. A. 2003; Bayerische Bauordnung, hg. v. Simon, A./Busse, J., 75. A. 2003; Staatsund Verwaltungsrecht Bayern, hg. v. Bauer, H./Schmidt, R., 9. A. 2002; Knemeyer, F., Bayerisches
Kommunalrecht, 10. A. 2000; Meder, T., Die Verfassung des Freistaates Bayern, 4. A. 1992;
Knemeyer, F., Bayerisches Verwaltungsrecht, 4. A. 1995; Zeitler, H., Bayerisches Straßen- und
Wegegesetz (Lbl.), 13. A. 2003; Becker, U./Heckmann, D./Kempen, B. u. a., Öffentliches Recht in
Bayern, 2. A. 2001; Prandl, J., Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, 10. A. 2000; Sieder,
F./Zeitler, H., Bayerisches Wassergesetz (Lbl.), 23. A. 2003; Decker, A./Konrad, C., Bayerisches
Baurecht, 2002
Beamtenhaftung (§ 839 BGB) ist die Haftung eines
(beamtenrechtlichen) →Beamten für die Schädigung eines Dritten
durch schuldhafte Verletzung einer diesem gegenüber obliegenden
→Amtspflicht. Sie ist im hoheitlichen Bereich (für alle
haftungsrechtlichen Beamten) vom →Staat übernommen, so dass der
Beamte dem Dritten hier überhaupt nicht haftet (Art. 34 GG).
Voraussetzungen der B. sind der Beamte, die Verletzung einer einem
Dritten gegenüber bestehenden Amtspflicht in Ausübung des Amts,
Rechtswidrigkeit, Verschulden, kausaler und adäquater Schaden
sowie das Fehlen eines Ausschlussgrunds (Subsidiarität,
Nichtabwendung). Seinem Dienstherrn haftet der (beamtenrechtliche)
Beamte für den aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen
Pflichtverletzung entstandenen Schaden (§§ 46 BRRG, 78 BBG).
→Amtshaftung, →Staatshaftung
Beamtenrecht ist das die Rechtsverhältnisse der →Beamten regelnde
Recht. Es ist ein Teil des besonderen →Verwaltungsrechts. Es ist teils
→Bundesrecht (GG, BRRG, Bundesbesoldungsgesetz,
Beamtenversorgungsgesetz, BBG für Bundesbeamte), teils
→Landesrecht. Seinen Kernbestand bilden die hergebrachten
→Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 V GG).
Lit.: Beamtenrecht, 20. A. 2004; Schnellenbach, H., Beamtenrecht in der Praxis, 5. A. 2001;
Behrens, H., Beamtenrecht, 2. A. 2001; Peine, F./Heinlein, D., Beamtenrecht, 2. A. 1999; Wagner,
F., Beamtenrecht, 7. A. 2002; Weber, A., Beamtenrecht, 2003 (Prüfe dein Wissen); Battis, U.,
Entwicklung des Beamtenrechts im Jahre 2002, NJW 2003, 940
Beamtenrechtsrahmengesetz (vgl. Art. 75 I Nr. 1 GG) ist das vom
→Bund in Ausübung seiner →Rahmenkompetenz geschaffene, das
Landesrecht vereinheitlichende Rahmengesetz für das Beamtenwesen.
Es befasst sich etwa mit Ernennung, Laufbahn, Abordnung,
Versetzung usw. Seine Vorschriften gelten teilweise unmittelbar (z.
B. Rechtsweg für Klagen des Beamten).
Beamtenverhältnis ist das zwischen dem Dienstherrn und dem
→Beamten bestehende öffentliche →Dienst- und Treueverhältnis. Es
kann nur unter besonderen Voraussetzungen begründet werden (§§ 4
BRRG, 7 BBG, u. a. in der Regel Deutscher im Sinn des Art. 116
GG, Gewähr für das Eintreten für die freiheitlich-demokratische
Grundordnung, Antrag, Vorbildung und Ausbildung). Es beginnt auf
Grund →Ernennung. Es verpflichtet den Beamten zu →Diensten und
→Treue, den Dienstherrn zur Leistung von Dienstbezügen und
→Fürsorge. Es endet durch Tod, Eintritt in den →Ruhestand,
→Entlassung, Verlust der Beamtenrechte und Entfernung aus dem
Dienst (§§ 21ff. BRRG).
Lit.: Plückhahn, D., Beendigung des Verwaltungsverhältnisses, 1999
Beamter (vgl. §§ 1ff. BRRG, BBG) (beamtenrechtlicher Beamter)
ist, wer unter Aushändigung einer - die Worte unter Berufung in das
Beamtenverhältnis enthaltenden - →Urkunde bei einer juristischen
→Person des öffentlichen →Rechts in das →Beamtenverhältnis als
ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis berufen worden
ist. Der Beamte kann auf Probe, auf Widerruf, auf Zeit oder auf
Lebenszeit berufen werden. Er erhält →Dienstbezüge und Fürsorge.
Er muss Dienste und Treue leisten. Für ihn gilt das Beamtenrecht.
Schleicht er sich ohne Qualifikation in das Beamtenverhältnis ein,
liegt Anstellungsbetrug vor. Übt ein dienstunfähig erkrankter B. eine
Nebentätigkeit aus, schadet dies dem Ansehen der öffentlichen
Verwaltung. Eröffnet oder betreibt er während des mehrjährigen
Krankgeschriebenenzustands ohne Nebentätigkeitsgenehmigung
einen eigenen Gewerbebetrieb (z. B. Beamter I. den Verlag B.), so
kann die Entfernung aus dem Dienst oder die Aberkennung des
Ruhegehalts geboten sein. Im Strafrecht ist der Beamte →Amtsträger
(§ 11 I Nr. 2 StGB). Politischer B. ist der Beamte, der ein Amt
bekleidet, bei dessen Ausübung er in fortdauernder Übereinstimmung
mit den grundsätzlichen Ansichten und Zielen der →Regierung
stehen muss und daher (wegen Fehlens dieser Voraussetzung)
jederzeit in den einstweiligen →Ruhestand versetzt werden kann. B.
im haftungsrechtlichen Sinn (§ 839 BGB, Art. 34 GG) ist jeder, dem
im hoheitlichen Bereich ein öffentliches →Amt bzw. eine öffentliche
Aufgabe anvertraut ist, mag er auch dienstrechtlich →Angestellter
oder →Arbeiter sein (z. B. private Krankenanstalt, behandelnder Arzt,
vgl. BGH NJW 1996, 2431). →Amtspflichtverletzung, Staatshaftung
Lit.: Meysen, T., Der haftungsrechtliche Beamtenbegriff am Ziel?, JuS 1998, 404
Bearbeitung →Verarbeitung
beauftragt (Adj.) mit einer Aufgabe betraut
Lit.: Heitmann, S., Für jedes Problem ein Beauftragter?, NJW 1996, 904
beauftragter Richter →Richter
Bebauungsplan ist der regelmäßig aus dem →Flächennutzungsplan
zu entwickelnde verbindliche →Bauleitplan. Er enthält – für jeweils
verhältnismäßig kleine Gemeindeteile – die rechtsverbindlichen
Festsetzungen (Bauland, Art und Weise der Bebauung) für die
städtebauliche Ordnung. Er wird von der →Gemeinde als →Satzung
beschlossen (§§ 8ff. BauGB). Er ist eine →Rechtsnorm, so dass er der
verwaltungsgerichtlichen →Normenkontrolle unterliegt. Er kann von
einem Eigentümer eines einzelnen Grundstücks grundsätzlich nicht
verhindert werden. Er ist qualifizierter B. – im Gegensatz zum
einfachen B. –, wenn er mindestens den in § 30 BauGB
beschriebenen Inhalt hat. Die Prüfung eines Vorhabens richtet sich
dann ausschließlich danach, ob es den Feststellungen des Plans –
nicht auch, ob es den §§ 34, 35 BauGB – entspricht.
Lit.: Stüer, B., Der Bebauungsplan, 2. A. 2001; Schwier, V., Handbuch der
Bebauungsplanfestsetzungen, 2002
Bediensteter ist der in einem →Dienstverhältnis stehende Mensch.
bedingt (Adj.) von einer Bedingung abhängig, eingeschränkt
bedingte Schuldfähigkeit →Schuldfähigkeit, bedingte
bedingter Vorsatz →Vorsatz, bedingter
Bedingung (§ 158 BGB) (lat. [F.] condicio) ist das zukünftige,
ungewisse Ereignis, von dem die Parteien eines (nicht
bedingungsfeindlichen) →Rechtsgeschäfts dessen Wirkungen
abhängig machen (Kauf unter der B. der Erlangung einer Erbschaft,
nicht z. B. bei Eintreten der Volljährigkeit, Bezugnahme auf ein
vergangenes Ereignis). Bei der aufschiebenden (suspensiven) B. tritt
die von der B. abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der B.
ein (vorher nur Anwartschaft), bei der auflösenden (resolutiven) B.
endet mit dem Eintritt der B. die zunächst uneingeschränkt
vorhandene Wirkung des Rechtsgeschäfts (§ 158 BGB). Eine einer
bedingt aufschiebenden Verfügung folgende Verfügung ist mit
Bedingungseintritt insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung
abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würde, doch wird
der gute Glaube des Erwerbers geschützt (§ 161 BGB). Wird der
Eintritt einer B. von der durch ihn benachteiligten Partei treuwidrig
verhindert, gilt die B. als eingetreten, wird er durch die begünstigte
Partei treuwidrig herbeigeführt, gilt er als nicht eingetreten (§ 162
BGB). Im Verwaltungsrecht kann eine B. Nebenbestimmung eines
→Verwaltungsakts sein. Objektive B. der Strafbarkeit ist eine
außerhalb des Unrechtstatbestands – und damit des →Vorsatzes – als
Tatbestandsannex stehende materielle Voraussetzung der Strafbarkeit
(z. B. Zahlungseinstellung in § 283 VI StGB, Begehen einer mit
Strafe bedrohten Handlung bei § 323a StGB).
Lit.: Kühl, K., Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. A. 2002; Henke, H., Bedingte Übertragungen im
Rechtsverkehr und Rechtsstreit, 1959
Bedingungsfeindlichkeit ist die Unvereinbarkeit mit einer
Bedingung. Bei B. eines Rechtsgeschäfts oder sonstigen Handelns ist
die Hinzufügung einer Bedingung unzulässig. Sie führt zur
Unwirksamkeit des Verhaltens. Bedingungsfeindlich sind z. B. die
→Auflassung eines Grundstücks (§ 925 II BGB), die →Aufrechnung
(§ 388 S. 2 BGB), viele familienrechtliche und erbrechtliche
Rechtsgeschäfte sowie die →Gestaltungsrechte (z. B. →Anfechtung,
→Kündigung), doch ist die B. an sich die Ausnahme.
Bedingungstheorie →Äquivalenztheorie
Bedrohung (§ 241 I StGB) ist die an einen Menschen gerichtete
(ernstliche) Ankündigung, gegen ihn oder eine ihm nahestehende
Person ein →Verbrechen zu begehen. Die B. ist ein
Gefährdungsdelikt. Sie wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder
mit Geldstrafe bestraft. Vgl. auch § 241 II StGB.
Bedürfnis ist allgemein der Mangel sowie der darauf gegründete
Wunsch der Abhilfe. Öffentliches B. ist ein das öffentliche
→Interesse beeinträchtigender Mangel und die Notwendigkeit,
diesem im Interesse der →Allgemeinheit abzuhelfen. Das öffentliche
B. wird bei der →Bedürfnisprüfung berücksichtigt.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Bedürfnisprüfung ist die Prüfung eines →Antrags auf Zulassung zu
einem →Beruf (z. B. Notar) oder →Gewerbe daraufhin, ob ein
öffentliches →Bedürfnis danach besteht. Die B. stellt eine objektive
Beschränkung des →Grundrechts der →Berufsfreiheit dar. Sie ist
nach der →Stufentheorie nur zulässig, wenn sie zum Schutz eines
überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes erforderlich ist (z. B. bei
Personenbeförderung, nicht bei Apotheken).
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.
Beeidigung →Vereidigung
Beeinträchtigung ist die Gefährdung oder Schädigung eines
→Rechtsguts oder →Rechts. Sie begründet regelmäßig
→Beseitigungsansprüche und bei schuldhafter Schädigung auch
→Schadensersatzansprüche.
beendet (Adj.) zu einem Ende gebracht
beendeter Versuch →Versuch, beendeter
Beerdigungskosten (§ 1968 BGB) sind die Kosten der
standesgemäßen Bestattung des →Erblassers.
→Nachlassverbindlichkeit (des Erben)
Befähigung ist die subjektive Möglichkeit der Übernahme und
erfolgreichen Ausführung einer Aufgabe (z. B. B. zum höheren
Verwaltungsdienst). →Richteramtsbefähigung
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Befähigungsnachweis ist der Nachweis einer bestimmten
→Befähigung. Er wird grundsätzlich durch ein Zeugnis über eine
ordnungsgemäß vorgeschriebene Ausbildung geführt. Großer B. ist in
diesem Zusammenhang das Bestehen einer Meisterprüfung, das zum
selbständigen Betrieb eines handwerklichen →Unternehmens
berechtigt (§§ 1, 7 HO). Der B. ist eine subjektive
Zulassungsbeschränkung der Berufsfreiheit i. S. v. Art. 12 GG, die
aber zulässig ist, weil die Leistungsfähigkeit des Handwerks ein
wichtiges Allgemeingut darstellt. Nach einer zusammenfassenden
Richtlinie der Europäischen Union vom Mai 1999 muss ein in einem
Mitgliedstaat erworbener B. auch in den andern Mitgliedstaaten in
einem dafür bereitzustellenden Verfahren anerkannt werden.
Selbständig machen können sich Personen, die in einem Mitgliedstaat
sechs, evtl. drei Jahre selbständig oder in leitender Stellung tätig sind.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Befangenheit ist Einschränkung der objektiven Einstellung aus
subjektiven Gründen. Die begründete Besorgnis der B. berechtigt zur
→Ablehnung einzelner Verfahrensbeteiligter (z. B. des Richters, der
mit der Rechtsanwältin eines Verfahrensbeteiligten verheiratet ist).
Über einen Antrag auf Ablehnung wegen B. entscheidet das Gericht,
dem der Abgelehnte angehört, ohne diesen, hilfsweise das im
Rechtszug nächst höhere Gericht.
Lit.: Bleutge, P., Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, 2. A. 1999
Befehl (vgl. § 2 Nr. 2 WStG) ist die Hoheitsgewalt verwirklichende
Anweisung zu einem Verhalten durch einen →Vorgesetzten an einen
Untergebenen. Der Befehl ist grundsätzlich zu befolgen, sofern er
vom zuständigen Vorgesetzten zu dienstlichem Zweck ergeht und
nicht erkennbar rechtswidrig ist. Seine Nichtbefolgung ist eine
Dienstpflichtverletzung.
Lit.: Leister, K., Abgrenzung des Befehls vom Verwaltungsakt im
Beamten- und Wehrrecht, 1970
Beförderung ist die örtliche Veränderung (nach vorne). B. eines
→Beamten ist die Verleihung eines andern →Amts mit höherem
Endgrundgehalt und (meist) anderer Amtsbezeichnung an einen
Beamten. Auf sie besteht kein Anspruch. Bei der B. sind aber
objektive Maßstäbe anzuwenden. In Betracht kann auch eine
Selbstbindung der Verwaltung kommen.
Beförderungsvertrag ist der auf →Beförderung von Menschen oder
Sachen gerichtete →Werkvertrag.
Lit.: Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht
Befreien (§ 120 StGB) ist das Aufheben der amtlichen Gewalt über
einen →Gefangenen.
Befreiung (Dispens) ist allgemein die Beseitigung einer
Verpflichtung oder Beschränkung. B. ist im Verwaltungsrecht die
Außerkraftsetzung von Voraussetzungen oder Plänen im Einzelfall.
Sie ist ein selbständiger →Verwaltungsakt. Die B. ist nur unter
bestimmten Voraussetzungen zulässig. Sie ist von der →Erlaubnis
(auf Grund Erlaubnisvorbehalts) zu trennen. Im Familienrecht ist eine
B. von →Eheverboten möglich (z. B. § 1308 II BGB).
Lit.: Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht, Bd. 1
Befreiungsanspruch →Freistellungsanspruch
Befreiungsvorbehalt ist im Verwaltungsrecht die gesetzlich
vorgesehene Möglichkeit, von einem repressiven →Verbot des
objektiven Rechts im Einzelfall eine Ausnahme zu machen und durch
eine Befreiung das repressive Verbot im Einzelfall aufzuheben.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Befriedet ist allgemein der mit Friede versehene Zustand. Befriedeter
Bezirk ist ein gesetzlich genau beschriebenes Gebiet um die Sitze des
Bundestags, Bundesrats und Bundesverfassungsgerichts in Berlin und
Karlsruhe, in dem öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel
und Aufzüge besonders zuzulassen sind. Im Strafrecht ist ein
Besitztum befriedet (§ 123 StGB), das gegen unbefugtes Eindringen
eingehegt ist.
Befriedigung ist die Erfüllung eines Anspruchs insbesondere im
Wege der →Zwangsvollstreckung.
Lit.: Jauernig, Zwangsvollstreckungsrecht
Befristung ist die Nebenbestimmung eines →Rechtsgeschäfts, die
dessen Wirkungen in ihrem Beginn oder ihrem Ende von einem
gewissen zukünftigen Ereignis abhängig macht (§ 163 BGB,
Zeitbestimmung). Bei Zweifeln über ihren Inhalt sind allgemeine
Auslegungsregeln anzuwenden. Im Verwaltungsrecht kann eine B.
einen →Verwaltungsakt betreffen und ist dann nur zusammen mit
diesem angreifbar.
Befugnis →Recht
Begabtenförderung →Ausbildungsförderung
Begebungsvertrag ist im Wertpapierrecht der Vertrag über die
Begebung des Wertpapiers vom Aussteller an den Empfänger.
Lit.: Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere
Begehungsdelikt ist das ein Tun voraussetzende →Delikt (z. B.
Diebstahl) im Gegensatz zum →Unterlassungsdelikt.
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil; Herzberg, R., Das vollendete vorsätzliche
Begehungsdelikt, JuS 1996, 377; Werle, G., Die allgemeine Straftatlehre, JuS 2001 L 49
Beglaubigung (§ 129 BGB) einer Erklärung ist das Zeugnis über die
→Echtheit der Unterschrift bzw. des Handzeichens des Erklärenden
(einer schriftlichen Erklärung) und über den Zeitpunkt der B. (→§§
40ff., 63, 65 BeurkG). Beglaubigt werden können auch
Computerausdrucke von Behörden. Öffentliche B. ist die durch
notarielle Beurkundung ersetzbare B. durch einen →Notar.
Beglaubigungsschreiben ist im Völkerrecht das Schreiben des
Entsendestaats an den Empfangsstaat, das den →Gesandten als
solchen ausweist.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Begleitname →Familienname
Begleittat ist die Tat, die neben einer andern Tat (Haupttat) begangen
wird. Sie ist mitbestrafte B., wenn ihr Unrechtsgehalt nach Sinn und
Zweck des Strafgesetzes der Haupttat von diesem miterfasst wird (z.
B. § 248b StGB erfasst auch den gleichzeitigen Kraftstoffdiebstahl).
Die mitbestrafte B. kann nicht besonders bestraft werden.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil
Begnadigung ist der teilweise oder völlige Erlass der →Strafe eines
einzelnen Täters nach Eintritt der →Rechtskraft des Strafurteils. Die
B. hebt die Rechtsfolgen des →Urteils auf. Sie ist ein →Gnadenakt,
so dass kein Rechtsanspruch auf sie besteht (str.). Das Recht zur B.
steht dem Bundespräsidenten (Art. 60 II GG) bzw. dem
→Ministerpräsidenten eines Bundeslands zu, der es delegieren kann.
Es gilt die Anordnung des Bundespräsidenten über die Ausübung des
Begnadigungsrechts des Bundes.
Lit.: Dimoulis, D., Die Begnadigung, 1996
Begriffsjurisprudenz ist die Richtung der Rechtswissenschaft, die
davon ausgeht, dass die Rechtsordnung aus einem lückenlos
geschlossenen System von Begriffen bestehe (hierarchische
Begriffspyramide), aus dem allein durch logisches Vorgehen
(Ableiten, Deduktion) eine Lösung jeden (neuen) Einzelfalls ermittelt
werden könne. Diese im 19. Jh. besonders von Puchta vertretenen
Grundsätze haben sich als fragwürdig erwiesen. Die B. wurde
insbesondere angegriffen von der freien →Rechtsschule und der
→Interessenjurisprudenz.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
Begründetheit ist die Bewertung des Inhalts eines →Antrags als
durch überzeugende Gründe gerechtfertigt. Eine →Klage ist
begründet, wenn die vom Kläger behaupteten und bewiesenen oder
vom Beklagten nicht bestrittenen Tatsachen den Tatbestand des vom
Kläger in Anspruch genommenen Rechtssatzes erfüllen, ohne dass für
den Beklagten ein Gegenrecht besteht. Ein Gegensatz zur B. ist die
→Zulässigkeit.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Begründung (§§ 34 StPO, 122 II VwGO u. a.) ist die – zwecks
Nachprüfbarkeit regelmäßig erforderliche, schriftliche – Darlegung
der wesentlichen rechtlichen wie tatsächlichen →Gründe einer
→Entscheidung oder eines →Antrags. Im Verwaltungsrecht ist die
→Behörde, die einen →Verwaltungsakt erlässt, grundsätzlich zur B.
verpflichtet (§ 39 VwVfG). Das Fehlen der B. ist ein
Verfahrensfehler, der aber nachträglich geheilt werden kann. Bei
einem Rechtsmittelgericht genügt als B. der Verweis auf die B. der
angefochtenen Entscheidung. Die mit ordentlichen Rechtsbehelfen
nicht mehr anfechtbaren letztinstanzlichen Gerichtsentscheidungen
bedürfen nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG
NJW 1997, 1613, zweifelhaft) von Verfassungs wegen keiner B. Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entnimmt dem
Allgemeinen Grundsatz der geordneten Rechtspflege, dass
gerichtliche Entscheidungen angemessen begründet werden müssen
(vgl. EGMR NJW 1999, 2429).
Lit.: Brink, S., Über die richterliche Entscheidungsbegründung, 1999; Christensen, R./Kudlich, H.,
Theorie richterlichen Begründens, 2001; Kudlich, H./Christensen, R., Juristisches Argumentieren –
Analyse einer höchstrichterlichen Entscheidungsbegründung, JuS 2002, 144; Engländer, A.,
Rechtsbegründung durch aufgeklärtes Eigeninteresse, JuS 2002, 535
begünstigend (Adj.) einen Vorteil gewährend
begünstigender Verwaltungsakt →Verwaltungsakt, begünstigender
Begünstigung (§ 257 StGB) ist die Hilfeleistung an einen andern
(Straffreiheit der Selbstbegünstigung), der eine rechtswidrige – nicht
notwendig schuldhafte – Tat begangen hat, in der Absicht, ihm die
Vorteile der Tat zu sichern (frühere sachliche B.). Die B.
unterscheidet sich von der →Teilnahme dadurch, dass sie eine
vollendete Tat voraussetzt. Täter und Teilnehmer der Vortat können
einen Unbeteiligten zur B. anstiften. →Strafvereitelung (früher
persönliche B.)
Lit.: Seel, S., Begünstigung und Strafvereitelung, 1999
Behauptungslast →Beweislast
Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) ist der Vertrag, durch den eine
→Aktiengesellschaft (bzw. Kommanditgesellschaft auf Aktien) die
Leitung ihrer Gesellschaft einem andern →Unternehmen unterstellt.
Der B. ist ein Unternehmensvertrag. Er ist nur im →Konzern
möglich.
Lit.: Fabian, S., Inhalt und Auswirkungen des Beherrschungsvertrages, 1997
Behindertentestament ist das vom Erblasser zugunsten eines
→Behinderten errichtete Testament, das durch eine bestimmte
zulässige Gestaltung (z. B. Einsetzung zum nicht befreiten Vorerben
mit einer seine Pflichtteilsquote übersteigenden Erbquote und
Anweisung an einen Dauertestamentsvollstrecker zur Gewährung von
Leistungen aus den Erträgnissen des Erbteils) verhindert, dass
erbrechtliche Ansprüche des Behinderten gemäß § 90 BSHG auf den
Sozialhilfeträger übergehen.
Lit.: Nieder, H., Das Behindertentestament, NJW 1994, 1264; Testamente zugunsten von Menschen
mit geistiger Behinderung, hg. v. Heinz-Grimm, R. u. a., 1995; Kaden, S., Zur Sittenwidrigkeit von
Behindertentestamenten, 1998; Settergren, P., Das Behindertentestament, 1999; Joussen, J., Das
Testament zu Gunsten behinderter Kinder, NJW 2003, 1851
Behinderter (§ 2 I SGB IX) ist der Mensch, dessen körperliche
Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher
Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das
Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am
Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist bzw. der wegen einer
Beeinträchtigung seines körperlichen, geistigen oder seelischen
Zustands Hilfe braucht, um diesen Zustand zu beseitigen, zu bessern,
seine Verschlimmerung zu verhüten oder seine Folgen zu mildern und
um ihm einen angemessenen Platz in der Gesellschaft, insbesondere
im Arbeitsleben zu sichern. Für unterschiedliche Gruppen von
Behinderten kennt das Sozialrecht eine Vielzahl von Leistungen und
das Einkommensteuerrecht einen Behindertenpauschbetrag. Nach Art.
3 III 2 GG darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt
werden.
Lit.: SGB IX, 3. A. 2003; Quambusch, E., Das Recht der Geistigbehinderten, 3. A. 1995; Lehnert,
J., Die Anwendung des Benachteiligungsverbots, 2000; Praxiskommentar zum Behindertenrecht
(SGB IX), hg. v. Kossens, M. u. a., 2002; Mrozynski, P., SGB IX Teil 1 Regelung für behinderte
und von Behinderung bedrohte Menschen, 2002; Deutsch, E., Das behindert geborne Kind als
Anspruchsberechtigter? NJW 2003, 26; Praxiskommentar zum Behindertenrecht (SGB IX), hg. v.
Kossens, M. u. a., 2002
Behinderungswettbewerb →Leistungswettbewerb; Kossens, M. ua.,
Grundzüge des neuen Behindertenrechts, 2003
Behörde ist die organisatorisch – nicht jedoch auch rechtlich –
selbständige Stelle, die Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnimmt
(§ 1 IV VwVfG, z. B. auch der beliehene Unternehmer, die
Privatschule, nicht die juristische Person selbst, nicht das Gericht,
nicht die bloße Abteilung einer B.). Die B. ist ein Organ einer
→Körperschaft des öffentlichen Rechts, nicht jedoch diese selbst. Sie
kann nur ausnahmsweise als solche verklagt werden. Öffentliche B.
ist im Zivilprozessrecht (§ 415 ZPO) eine Einrichtung, die auf dem
am Ort der Ausstellung einer →Urkunde geltenden öffentlichen
→Recht beruht und nach ihrer Organisation von einzelnen
→Beamten unabhängig ist. Im Strafrecht (§ 11 I Nr. 7 StGB) ist B.
auch ein →Gericht.
Lit.: Püttner, G., Verwaltungslehre, 3. A. 2000
Beibringungsgrundsatz →Verhandlungsgrundsatz
Beigeladener (§ 65 VwGO) ist die am →Prozess an sich nicht
beteiligte, aber vom →Gericht während des Verfahrens wegen der
Berührung ihrer rechtlichen Interessen durch die Entscheidung
hinzugeladene Person. Der Beigeladene wird Beteiligter. Er kann
innerhalb der →Anträge eines Beteiligten selbständig Angriffsmittel
und Verteidigungsmittel geltend machen und alle
Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen, als notwendiger B. auch
Sachanträge stellen (§ 66 VwGO). →Beiladung
Beigeordneter ist in einigen Bundesländern Deutschlands der vom
zuständigen Organ einer kommunalen Körperschaft auf Zeit gewählte
führende →Beamte.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Beihilfe ist allgemein die fördernde Unterstützung. Im Strafrecht ist
B. ein Fall der →Teilnahme (→Gehilfe) an einer Straftat (z. B. B.
zum Betrug durch Ausweisung überhöhter Werte in einem
Sachverständigengutachten). Im Verwaltungsrecht ist B. die
unterstützende Nebenleistung in Geld (z. B. bei Krankheit). Sie
gewährt der öffentlich-rechtliche Dienstherr auf Grund seiner
→Fürsorgepflicht seinen Bediensteten. Daneben kann auch eine
→Subvention als B. bezeichnet werden, wobei nach europäischem
Recht die wettbewerbsverfälschende, den innergemeinschaftlichen
Handel beeinträchtigende B. unzulässig ist.
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil; Schröder, G./Nitze, G., Taschenlexikon des
neuen Beihilferechts, 12. A. 1999; Murmann, U., Zum Tatbestand der Beihilfe, JuS 1999, 548;
Baunack, M., Grenzfragen der strafrechtlichen Beihilfe, 1999; Lübbig, T./Martin-Ehlers, A.,
Beihilfenrecht der EU, 2002; Mähring, M., Grundzüge des EG-Beihilfenrechts, JuS 2003, 448;
Handbuch des europäischen Beihilfenrechts, hg. v. Heidenhain, M., 2003
Beiladung (§ 65 VwGO) ist die Einbeziehung von am →Verfahren
an sich nicht beteiligten Personen während des Verfahrens durch das
→Gericht. Die B. ergeht als unanfechtbarer →Beschluss. Sie setzt
voraus, dass rechtliche Interessen der →Beigeladenen durch die
Entscheidung berührt werden. Sie vermittelt die Stellung als
Verfahrensbeteiligter. Sie ist notwendige B., wenn an dem streitigen
Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung
auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann.
Lit.: Nottbusch, C., Die Beiladung, 1995
Beischlaf (§§ 173ff. StGB) ist das der Art nach zur Zeugung
geeignete, sei es auch nur unvollständige Eindringen des männlichen
Glieds in das weibliche Geschlechtsorgan (Scheidenvorhof). Der B.
ist ein Fall sexueller Handlung. Er ist Tatbestandsmerkmal des
Beischlafes zwischen Verwandten, der sexuellen Nötigung und des
sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen.
→Beiwohnung
Beisichführen (§ 244 I Nr. 1a StGB) ist das bewusst
gebrauchsbereite Beisichhaben. Eine Waffe führt nicht bei sich, wer
während eines Diebstahls ein feststehendes Messer in seinem
verschlossenen Rucksack hat. Er kann daher nicht wegen Diebstahls
mit Waffen bestraft werden.
Beisitzer ist das vom Vorsitzenden verschiedene Mitglied eines
→Kollegialgerichts.
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht
Beistand ist die einer andern Person Unterstützung gewährende
Person. Im Familienrecht (§ 1712 BGB) wird das →Jugendamt auf
Antrag eines Elternteils, dem die elterliche →Sorge für bestimmte
Angelegenheiten (z. B. Feststellung der Vaterschaft, Geltendmachung
von Unterhaltsansprüchen) eines Kinds allein zusteht, B. Der B.
handelt in seinem Aufgabenbereich als gesetzlicher Vertreter. Im
Rechtsstreit hat der B. Vorrang vor dem Sorgeberechtigten. Im
Verfahrensrecht kann vielfach ein B. für eine →Partei, den
→Angeklagten oder einen Beteiligten bestellt werden (§§ 90 ZPO,
149 StPO, 67 VwGO, 69 JGG).
Lit.: Vormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft für Minderjährige, hg. v. Oberloskamp, R., 2.
A. 1998
Beitrag ist im Verwaltungsrecht die Geldleistung (→Abgabe) zur
Deckung oder Verringerung der Kosten einer öffentlichen
Einrichtung, die von dem gefordert wird, dem die Einrichtung
objektiv besondere Vorteile gewährt, ohne dass er subjektiv davon
Gebrauch machen muss (z. B. Anliegerbeitrag oder
Erschließungsbeitrag für Grundstückseigentümer, B. für ein sog.
Semesterticket der Studentenschaft zur Finanzierung einer
kostengünstigen Beförderung von Studierenden durch Stadtwerke).
Im Sozialverwaltungsrecht ist B. die Leistung des Sozialversicherten
oder sonstigen Verpflichteten an die →Sozialversicherung. Seine
Höhe wird in erster Linie durch die Leistungsfähigkeit des
Verpflichteten bestimmt. Im Privatrecht ist B. die Leistung, zu der
sich die →Gesellschafter einer →Gesellschaft verpflichtet haben (§
705 BGB).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht; Wilhelms, F., Öffentliche
Beitragslasten beim Grundstückskauf, NJW 2003, 1420
Beitragsbemessungsgrenze ist im Sozialversicherungsrecht der
Bruttohöchstbeitrag, bis zu dem eine Vergütung einer Person (z. B.
Lohn) zur Beitragsleistung herangezogen wird. Sie wird in der
Rentenversicherung jährlich durch den Bundesminister für Arbeit
bekannt gemacht. Dabei wird sie an die (nominal) wachsenden
Einkommen und die Versicherungsbedürfnisse angepasst (§ 159 SGB
VI).
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Beitreibung ist die zwangsmäßige Herbeischaffung einer
Geldleistung. Sie erfolgt im Zivilverfahrensrecht durch
→Zwangsvollstreckung, im Verwaltungsverfahrensrecht durch
→Verwaltungszwang. Sie ist hier allgemein durch die §§ 1ff. VwVG
und durch Länderverwaltungsvollstreckungsgesetze sowie für
einzelne Verwaltungszweige durch besondere
Beitreibungsvorschriften geregelt (z. B. §§ 249ff. AO, JBeitrO). Die
Verwaltungsbehörde vollstreckt grundsätzlich (ohne vorhergehendes
gerichtliches Verfahren) auf Grund einer von ihr erlassenen
Vollstreckungsanordnung selbst.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.
Beitritt ist der Erwerb der →Mitgliedschaft eines →Vereins oder
einer →Gesellschaft oder einer andern Rechtsstellung oder
Pflichtenstellung neben andern Personen (z. B. →Schuldbeitritt,
→Nebenklage, →Nebenintervention). →Austritt, →Eintritt
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Beiwohnung ist der Geschlechtsverkehr durch Vereinigung der
Geschlechtsteile. Die B. ist Voraussetzung der
→Vaterschaftsvermutung (§ 1600d II BGB). Sie kann
Tatbestandsmerkmal eines →Schadensersatzanspruches sein (§ 847
BGB). →Beischlaf
Bekanntmachung ist die bewusste allgemeine Kundgabe bestimmter
Tatsachen. Die B. von →Gesetzen, →Verordnungen und →Urteilen
erfolgt durch →Verkündung. Die B. von Anordnungen und
Mitteilungen nachgeordneter Behörden geschieht durch
Veröffentlichung in Zeitungen oder in Aushängen.
Bekenntnis ist die Kundgabe der inneren Zuordnung zu einem
Umstand, insbesondere zu einer Religion oder Weltanschauung.
Bekenntnisfreiheit ist die Freiheit, religiöse und andere
weltanschauliche Ansichten als für sich und andere maßgebend
anzusehen. Sie geht weiter als die →Glaubensfreiheit, da sie die
Bekennung (Kundgabe) der Überzeugung einschließt. Art. 4 I GG
untersagt ihre Behinderung (vgl. auch Art. 3 II, 33 III GG).
Bekenntnisschule (Konfessionsschule) ist formell die
Zusammenfassung von Schülern einer bestimmten →Religion zum
Unterricht durch Lehrer derselben Religion, materiell die Gestaltung
des gesamten Unterrichts im Geiste einer bestimmten Religion. Nach
Art. 4, 7, 140 GG ist die B. gegenüber der gesinnungsneutralen
(christlichen) →Gemeinschaftsschule die Ausnahme. Die B. bedarf
der verwaltungsrechtlichen Zulassung.
Beklagter (vgl. § 271 II ZPO) ist die Person, gegen die sich eine
→Klage richtet. Der Beklagte ist im Prozess Partei. Ihm steht der
Kläger gegenüber.
Belang ist das besondere →Interesse. Die Belange anderer können im
Einzelfall zu berücksichtigen sein. Nach § 35 BauGB ist ein
Bauvorhaben im Außenbereich nur zulässig, wenn öffentliche
Belange nicht entgegenstehen. →Baurecht
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Belastung ist das Auferlegen eines Nachteils oder einer
Beschränkung und der dadurch geschaffene Zustand. Im Sachenrecht
ist B. die Beschränkung des →Eigentums (an einem Grundstück) mit
einem beschränkten dinglichen →Recht (z. B. Hypothek). Im
Steuerrecht ist außergewöhnliche B. (§§ 33ff. EStG) die
überdurchschnittliche zwangsläufige Aufwendung für die
Lebensführung, die unter bestimmten Umständen unter Abzug der
zumutbaren B. bei der →Einkommensteuer vom Gesamtbetrag der
Einkünfte abgezogen werden kann (z. B. Krankheitskosten).
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht
Belästigung (§ 118 OWiG) ist das andere belastende Verhalten. B.
der Allgemeinheit ist das grob ungehörige Verhalten gegenüber der
Allgemeinheit. Sie ist Ordnungswidrigkeit.
Lit.: Göhler, OWiG
Beleg ist der Nachweis für einen (wirtschaftlichen) Vorgang.
Belegarzt ist der in einem Krankenhaus von Fall zu Fall Betten für
seine Patienten benötigende, frei praktizierende Arzt, der mit dem
Krankenhausträger einen entsprechenden auf Dauer angelegten
Belegarztvertrag schließt. →Arztrecht
Lit.: Münzel, H., Chefarzt- und Belegarztvertrag, 2. A. 2000
Belegenheitsgrundsatz ist der eine Rechtsfolge (z. B. Zuständigkeit)
an die örtliche Lage einer Sache, insbesondere eines Grundstücks,
knüpfende Grundsatz.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
beleglos (Adj.) ohne →Beleg
Belehrung ist die Weitergabe von Wissen durch einen Wissensträger
an einen andern Menschen.
Belehrungspflicht ist die Pflicht einer Behörde, eine Privatperson zu
belehren (z. B. Belehrung über Zeugnisverweigerungsrecht § 52 III
StPO). Eine B. besteht besonders hinsichtlich der gegen eine
Entscheidung zulässigen →Rechtsmittel und →Rechtsbehelfe (vgl. §
58 VwGO). Ihr Ziel ist die Verhinderung eines aus bloßer Unkenntnis
erwachsenden Rechtsnachteils.
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO; Geyer, G., Funktionen und Grenzen der Pflicht zur Belehrung des
Beschuldigten, 1998
Beleidigung (§§ 185ff. StGB) ist die nach außen dringende Kundgabe
der Missachtung oder Nichtachtung eines andern. Die B. kann sich
gegen einzelne Personen (z. B. auch juristische Personen),
Personengemeinschaften, Behörden, sonstige Stellen der öffentlichen
Verwaltung (§ 194 III StGB) oder gegen allgemeine, bestimmbare
Personenmehrheiten (Kollektivbeleidigung z. B. die deutschen Juden,
die deutschen Polizisten) richten. Die B. ist vor allem möglich als
einfache B. (z. B. Formalbeleidigung, tätliche B.), üble →Nachrede
oder →Verleumdung. Sie kann auch über das Mittel einer
Videokamera erfolgen (z. B. durch Ausstrecken des Mittelfingers vor
laufender Kamera). Die B. ist nicht rechtswidrig, wenn der Täter in
Wahrnehmung berechtigter Interessen handelt (§ 193 StGB). Sie ist
ein →Antragsdelikt. Sie wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe
bestraft. Die Bezeichnung eines Erklärenden (E.) als Lügner oder
Dieb ist dann keine B., wenn die behauptete Tatsache wahr ist (E. ein
erwiesener Lügner und Betrüger ist) und die Umstände der Äußerung
eine bewusste Missachtung nicht erkennen lassen.
Lit.: Schönke/Schröder, StGB; Ignor, A., Der Straftatbestand der Beleidigung, 1995; Grosse, P., Die
beleidigungsfreie Sphäre, Diss. jur. Tübingen 1997
Belgien ist der zwischen Frankreich, Luxemburg, Deutschland und
den Niederlanden liegende, nordwesteuropäische Staat. B. entstand
1830 durch Abspaltung von den Niederlanden. Es ist Bundesstaat und
Monarchie. Sein Recht ist stark von Frankreich beeinflusst. B. ist
Gründungsmitglied der Europäischen Gemeinschaft bzw. der
Europäischen Union.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Hoffmann, E., Grundzüge des belgischen Handels-,
Gesellschafts- und Wirtschaftsrechts, 1996; Uyttendaele, M., Regards sur un système institutionnel,
paradoxal, 1997; Das belgische Kapitalgesellschaftsrecht, hg. v. Blaurock, U. u. a., 1999
Beliehener (beliehener Unternehmer) ist die Person des Privatrechts,
die vom Staat durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes im Wege
eines öffentlich-rechtlichen Treueverhältnisses das Recht erlangt hat,
bestimmte einzelne hoheitliche Aufgaben im eigenen Namen
wahrzunehmen (z. B. Müllabfuhr). Ist ihr die Aufgabe in den
Handlungsformen des öffentlichen Rechts übertragen, ist sie Behörde
im Sinne von § 1 IV VwVfG (z. B. TÜV). Für den Beliehenen gilt
eingeschränkt Verwaltungsrecht.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.; Krautzberger, M., Die Erfüllung
öffentlicher Aufgaben durch Private, 1971
Bemessungsgrundlage ist die Grundlage für die Bemessung einer
Leistung. Im Steuerrecht ist die B. der Ausgangspunkt für die
Berechnung der Steuer. Eine ähnliche Bedeutung hat für die Beiträge
in der →Sozialversicherung die →Beitragsbemessungsgrenze.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Beneficium (lat. [N.] Wohltat) ist im mittelalterlichen deutschen
Recht das vom (adligen) Lehnsherrn (z. B. König) an den (adligen)
Lehnsmann (z. B. Herzog) gegebene →Lehen (von Leihe, meist
Land, später auch jedes Recht), im römischen und gemeinen Recht
eine Rechtswohltat (z. B. Haftungsbeschränkung für den Erben durch
Inventarerrichtung).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Benehmen ist im Verwaltungsrecht die zwischen Anhörung und
Beratung liegende Mitwirkung eines Verwaltungsorgans an einer
Maßnahme eines andern Verwaltungsorgans. Das Unterlassen eines
vorgeschriebenen Benehmens ist ein Verfahrensfehler. Eine
Außenwirkung kommt dem B. nicht zu.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Benelux-Staaten →Belgien, →Niederlande (Nederlande),
→Luxemburg
Benutzung ist der Gebrauch eines Gegenstands (z. B. Grundstücks,
Werks).
Lit.: Danwitz, T. v., Die Benutzung kommunaler öffentlicher Einrichtungen, JuS 1995, 1
Benutzungsgebühr ist die →Gebühr für die Inanspruchnahme einer
nutzbaren öffentlichen →Einrichtung (z. B. Hallenbad).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Benutzungsordnung ist die abstrakte →Regelung des
→Benutzungsverhältnisses. Sie ist entweder →Gesetz, →Satzung,
(→Rechts-)Verordnung oder →Sonderverordnung (str.). Das
Benutzungsverhältnis kann auch privatrechtlich geordnet sein.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.; Bartels, I., Die rechtliche Ordnung der
Benutzung öffentlicher Einrichtungen, 2000
Benutzungsverhältnis ist das Verhältnis zwischen einem umfassend
Berechtigten eines Gegenstands und einem Benutzer. Im
Verwaltungsrecht ist das B. vor allem das Verhältnis zwischen einer
→Anstalt des öffentlichen Rechts und dem Benutzer der von ihr
verwalteten →Sachen (z. B. Bibliothek, Spielplatz). Dieses B. kann
öffentlich-rechtlich (Indizien hierfür sind →Verwaltungsakt,
→Zulassung, →Gebühr) oder oft auch privatrechtlich (→Vertrag,
→Vergütung) ausgestaltet sein.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.
Benutzungszwang ist der öffentlich-rechtliche Zwang zur Benutzung
einer öffentlich-rechtlichen →Einrichtung (z. B. Wasserversorgung).
Er ist (auf Grund →Gesetzes) zulässig, sobald ein dringendes
öffentliches →Bedürfnis besteht. Er ist meist mit einem
→Anschlusszwang verbunden.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Beratung ist die Bildung und Vermittlung einer Meinung. Im
Verfahrensrecht (§§ 192ff. GVG) ist die B. ein Teil der Bildung der
→Entscheidung (eines →Kollegialgerichts). Sie ist geheim und wird
vom →Vorsitzenden geleitet, der die Fragen stellt und die Stimmen
sammelt.
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht; Arendts, M., Die Haftung für fehlerhafte Anlageberatung,
1998; Vogelsang u. a., Handbuch Finanz- und Vermögensgestaltungsberatung, 2000
Beratungshilfe (§§ 1ff. Beratungshilfegesetz) ist die Hilfe für die
Wahrnehmung von →Rechten außerhalb eines gerichtlichen
→Verfahrens durch →Rechtsanwälte. Sie ist an bestimmte
Voraussetzungen gebunden und vor dem örtlich zuständigen
→Amtsgericht zu beantragen. Der Rechtsanwalt erhält grundsätzlich
eine Vergütung aus der Staatskasse. In Deutschland wurde 1999 in
415000 Fällen B. gewährt.
Lit.: Schoreit, A./Dehn, J., Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, 7. A. 2001; Kalthoener, E./Büttner,
H./Wrobel-Sachs, H., Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. A. 2003
Bereicherung ist allgemein die Vermehrung eines Vermögens.
Ungerechtfertigte B. (§§ 812ff. BGB) ist das einseitig verpflichtende
gesetzliche Schuldverhältnis, auf Grund dessen der eine Teil
(Bereicherungsgläubiger, Entreicherter) gegen den andern Teil
(Bereicherungsschuldner, Bereicherter) einen Anspruch auf
→Herausgabe einer noch vorhandenen (§ 818 III BGB)
ungerechtfertigten Vermögensverschiebung hat (z. B.
Banküberweisung auf ein falsches Konto, Verbrauch einer fremden
Sache). Unterschieden werden dabei der Bereicherungsanspruch
([die] →Kondiktion) auf Grund einer Leistung
(→Leistungskondiktion) und der Bereicherungsanspruch auf Grund
anderer Tatbestände (→Nichtleistungskondiktion wie z. B.
Eingriffskondiktion). Tatbestandsmerkmale sind herkömmlicherweise
das etwas Erlangen durch Leistung oder in sonstiger Weise auf
Kosten des andern sowie das grundsätzlich vom Kläger zu
beweisende Fehlen eines rechtfertigenden Grunds (§§ 812ff. BGB).
Rechtsfolge ist die Herausgabe (§§ 818ff. BGB) des (noch
vorhandenen) Erlangten oder hilfsweise seines objektiven Werts,
wogegen der (im Zeitpunkt des Wegfalls gutgläubige, unverklagte)
Beklagte den Wegfall der B. geltend machen kann.
Lit.: Larenz, Schuldrecht Bd. 2; Wieling, H., Bereicherungsrecht, 2. A. 1999; Busse, D.,
Internationales Bereicherungsrecht, 1998; Thier, A., Grundprobleme der bereicherungsrechtlichen
Rückabwicklung, JuS 1999, L 9; Lorenz, S., Bereicherungsrechtliche Drittbeziehungen, JuS 2003,
730
Bereicherungsabsicht (§§ 242 StGB) ist die Absicht des →Diebs,
sich oder einem Dritten die Sache rechtswidrig zuzueignen. Dafür
genügt es, dass der Täter den Berechtigten dauernd ausschließen und
die Sache mindestens vorübergehend seiner Verfügungsgewalt
unterwerfen will. Dagegen reicht es nicht aus, dass der Täter die
Sache nur preisgeben will.
Lit.: Schönke/Schröder, StGB; Haft, Strafrecht Besonderer Teil
Bereicherungsanspruch ist der Anspruch auf Herausgabe einer
(noch vorhandenen) ungerechtfertigten →Bereicherung.
Lit.: Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht
Bereitschaftspolizei ist der für besondere Aufgaben, wie Ausbildung
des Nachwuchses für den polizeilichen Einzeldienst und
Unterstützung des ständigen polizeilichen Vollzugsdiensts bestimmte
Teil der →Polizei.
Lit.: Götz, Polizeirecht
Bergbau ist die Gewinnung von Mineralien oder Bodenschätzen. Für
den B. gilt das →Bergrecht. Auf Grund der konkurrierenden
Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes wurde 1980 in Deutschland
das Bundesberggesetz geschaffen.
Lit.: Heller, W., Bundesberggesetz, 9. A. 1999
Bergelohn (§§ 740ff. HGB) ist der bei der Bergung eines in Seenot
und zugleich aus der Verfügungsgewalt der Schiffsbesatzung
geratenen Schiffs vom Eigentümer dem Bergenden geschuldete
Vergütung. Die Höhe des Bergelohns bestimmt sich nach einer
Vereinbarung oder billigem Ermessen. Der B. darf den Wert der
geborgenen oder geretteten Gegenstände nicht übersteigen.
Lit.: Herber, R., Seehandelsrecht, 1999
Bergrecht (§§ 1ff. BBergG) ist das Recht des Bergbaus (Gewinnung
von Mineralien oder Bodenschätzen, auch im Festlandsockel und
Küstenmeer). Es ist Bundesrecht. Im B. besteht staatliche Berghoheit
und grundsätzliche Bergbaufreiheit (im Gegensatz zum alleinigen
Aneignungsrecht des Staats). Grundeigene Bodenschätze gehören
dem Grundeigentümer. Nicht grundeigen sind praktisch alle
wertvollen Bodenschätze. Sie sind grundsätzlich bergfrei und damit
dem Bergrecht unterstellt. Für ihr Aufsuchen und ihren Erwerb ist
allein die bei der zuständigen Bergbaubehörde (Bergamt, darüber
Oberbergamt und Landeswirtschaftsministerium) zu beantragende
Bergbauberechtigung wesentlich. Auf ihre Verleihung besteht bei
Erfüllung der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch. Das Aufsuchen
bedarf einer Erlaubnis. Die Gewinnung setzt eine Bewilligung oder
Bergwerkseigentum voraus. Auf Antrag des Unternehmers kann
gegen Entschädigung eine Grundabtretung durchgeführt werden,
durch die das →Eigentum und andere Rechte des
Grundstückseigentümers entzogen, übertragen, geändert, belastet oder
sonst beschränkt werden können.
Lit.: Gutbrodt, M./Töpfer, F., Praxis des Bergrechts, 1996; Heller, W.; Bundesberggesetz, 9. A.
1999; Kremer, E./Neuhaus, P., Bergrecht, 2001
Bergregal ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen deutschen Recht
die ausschließliche Berechtigung des Königs, später der Landesherren
an den Bodenschätzen. →Regal
Lit.: Conrad, Rechtsgeschichte Bd. 1; Hübner, R., Deutsches Privatrecht
Bergwerkseigentum →Bergrecht
Berichterstatter (§ 197 GVG) ist das Mitglied eines
Kollegialgerichts, das die Entscheidung durch einen gutachtlichen
Bericht vorbereitet und sie nach der Abstimmung schriftlich abfasst.
Bei einer Stimmabgabe stimmt der B. zuerst ab. Bei Bedarf erstattet
er Bericht. B. außerhalb der Rechtsprechung ist der Journalist.
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht; Wenzel, K, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5.
A. 2003
Berichtigung ist die nachträgliche Richtigstellung einer falschen
Angabe. Im Verfahrensrecht kann die gerichtliche →Entscheidung,
sofern sie offenbar unrichtig ist (z. B. Schreibfehler), ohne Weiteres
von Amts wegen oder auf Antrag durch (festzuhaltenden)
→Beschluss berichtigt werden (§§ 319 ZPO, 118 VwGO). Andere
Unrichtigkeiten des Urteilstatbestands (z. B. Widersprüche,
Unklarheiten) können in den meisten Verfahrensarten auf Antrag und
nach Verhandlung berichtigt werden. Ein Fehler in einem
Verhandlungsprotokoll kann entweder von jeder der beiden
beteiligten Urkundspersonen (offenbare Unrichtigkeit) oder, solange
dies zulässig ist, nur von beiden gemeinsam (sonstige Unrichtigkeit)
berichtigt werden. Im Steuerrecht ist u. U. die B. des Steuerbescheids
möglich (§ 129 AO). Im Strafrecht gibt es die B. einer falschen
→Aussage (§§ 158, 153 StGB). Im Sachenrecht hat bei
→Unrichtigkeit des →Grundbuchs (Widerspruch zwischen im
Grundbuch als richtig ausgewiesener, tatsächlich aber nicht richtiger
Buchlage und wahrer Rechtslage) der wahre Berechtigte einen
Anspruch auf B., d. h. auf Zustimmung (Bewilligung) des
Scheinberechtigten zur B. des Grundbuchs (§ 894 BGB,
Grundbuchberichtigungsanspruch, beachte die §§ 894, 895 ZPO
sowie Ansprüche aus § 812 BGB). Diesem
Grundbuchberichtigungsanspruch kann ein Zurückbehaltungsrecht
wegen eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung eines
Grundstückskaufvertrags entgegengesetzt werden (vgl. BGH NJW
2000, 278).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Thomas/Putzo, ZPO; Köbler, G., Der
Grundbuchberichtigungsanspruch, JuS 1982, 181; Wolter, K., Die Urteilsberichtigung, 1999;
Linderhaus, H., Die Zwangsvollstreckung in den sachenrechtlichen Anspruch auf Berichtigung,
Diss. jur. Konstanz 1999; Rößler, G., Der Antrag auf Tatbestandsberichtigung, NJW 2004, 266
Berlin ist das von Brandenburg umgebene →Land der
Bundesrepublik (für Westberlin bis 3. 10. 1990 str.). Seit 3. 10. 1990
bilden die 23 westlichen und östlichen Bezirke Berlins das Land B.,
in dem seit dem 23. 11. 1995 eine neue Verfassung gilt. Die Stadt B.
ist nach dem →Einigungsvertrag vom 31. 8. 1990 und einem
Beschluss des Bundestags vom 20. 6. 1991 Hauptstadt der
Bundesrepublik Deutschland.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Die Bundesrepublik Deutschland Berlin Staatshandbuch, 2001;
Zivier, E., Verfassung und Verwaltung von Berlin, 3. A. 1998; Driehaus H./Kärgel, U.,
Verfassungs- und Verwaltungsgesetze Berlins (Lbl.), 26. A. 2003; Berg, G., Allgemeines Polizeiund Ordnungsrecht für Berlin, 8. A. 2000; Verfassung von Berlin, hg. v. Pfennig, G. u. a., 2000
Berliner Testament (§ 2269 I BGB) ist das gemeinschaftliche
→Testament, in dem sich Ehegatten gegenseitig als Erben einsetzen
und (str.) bestimmen, dass nach dem Tod des Überlebenden der
beiderseitige Nachlass – als einheitlicher Nachlass des zuletzt
versterbenden Ehegatten – an einen Dritten (→Schlusserben, meist
die – beim Tod des erstversterbenden Ehegatten bereits
pflichtteilsberechtigten - Kinder) fallen soll. →Ehegattentestament
Lit.: Lange/Kuchinke, Erbrecht; Färber, Das gemeinschaftliche Testament, 1997; Radke, C., Die
Darstellung des Berliner Testaments, 1999; Langenfeld, G., Testamentsgestaltung und Steuerrecht,
JuS 2002, 351
Bern ist die Hauptstadt der Schweiz.
Berner Übereinkunft ist die völkerrechtliche Übereinkunft zum
Schutz von Werken der →Literatur und Kunst (1886, mehrfach
geändert), die die Angehörigen anderer Vertragsstaaten in jedem
Vertragsstaat mit den Angehörigen des jeweiligen Vertragsstaats
gleichstellt.
Lit.: Masoy, C., Kommentar zur Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und
Kunst, 1981
Beruf (Art. 12 GG) ist die auf Dauer angelegte, die Arbeitskraft und
Arbeitszeit überwiegend in Anspruch nehmende Betätigung, die im
Allgemeinen mit dem Ziel betrieben wird, daraus den Lebensunterhalt
zu gewinnen, und die zugleich einen Beitrag zur gesellschaftlichen
Gesamtleistung erbringt bzw. die auf Dauer berechnete, der
Gewinnung des Lebensunterhalts dienende Beschäftigung. Nach Art.
12 GG haben alle →Deutschen das Recht, den (erlaubten) B. frei zu
wählen, ohne dass damit gewährleistet wird, dass jeder in jedem
gewünschten B. auch eine Möglichkeit zum Tätigwerden erhält.
Berufswahl und Berufsausübung können eingeschränkt werden.
Freier B. ist der unternehmerisch ausgeübte, nicht als →Gewerbe
angesehene B. (Arzt, Architekt, Künstler, Rechtsanwalt,
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Umweltberater). Den freiberuflich
Tätigen steht ein besonderer Freibetrag zu (§ 18 IV EStG). Möglich
ist die Gesellschaftsform der →Partnerschaft.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht; Caspers, A., Die Besteuerung freiberuflicher Einkünfte, 1999;
Lenz, T./Imping, A./Schlösser, R., Kooperationsformen freie Berufe (Lbl.), 2000
Berufsausübung →Berufsfreiheit, Berufsverbot
Berufsbeamter ist der →Beamte, der seine amtliche Tätigkeit als
→Beruf ausübt. Er steht zum →Staat in einem besonderen →Dienstund Treueverhältnis, das als Institution (str.) durch Art. 33 V GG
verfassungsrechtlich geschützt ist. Den Gegensatz zum B. bildet der
→Ehrenbeamte.
Lit.: Maunz/Dürig, GG
Berufsberatung (§ 29 SGB III) ist die Beratung in den einen →Beruf
betreffenden Angelegenheiten (Berufswahl, Berufsausübung,
Berufswechsel). Die B. wird durch die Bundesanstalt für Arbeit
durchgeführt. Hinzukommt die zulässige private B.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Berufsbildung ist die organisierte Vermittlung der zur Ausübung
eines Berufs erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten durch
Betriebe der Wirtschaft, Schulen und sonstige
Berufsbildungseinrichtungen. Die B. ist rechtlich im besonderen
Berufsbildungsgesetz (14. 8. 1969) geregelt. Für die B. im Rahmen
des Handwerks gilt die Handwerksordnung.
Lit.: Hurlebaus, B., Rechtsratgeber Berufsbildung, 14. A. 1999; Leinemann, V./Taubert, T.,
Berufsbildungsgesetz, 2002
Berufsfreiheit (Art. 12 GG) ist die allen Deutschen zustehende
Freiheit der Berufswahl und Berufsausübung. Während die
Berufswahl (durch subjektive Zulassungsvoraussetzungen oder
objektive Zulassungsvoraussetzungen) nur eingeschränkt werden darf,
wenn und soweit es der Schutz besonders wichtiger
→Gemeinschaftsgüter zwingend gebietet (d. h. soweit subjektive
Zulassungsvoraussetzungen in einem angemessenen Verhältnis zum
angestrebten Berufsziel stehen bzw. soweit objektive
Zulassungsvoraussetzungen zum Schutz überragender
Gemeinschaftsgüter unumgänglich notwendig sind), darf die
Berufsausübung insoweit gesetzlich geregelt werden wie vernünftige
Gründe des →Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen und
nicht unverhältnismäßige und willkürliche Beschränkungen
eingeführt werden (→Stufentheorie des Bundesverfassungsgerichts,
z. B. erfordert die Volksgesundheit nicht unumgänglich die
berührungslose Messung des Augeninnendrucks durch den Augenarzt
statt durch den Optiker und erfordern gemeinnützige Zwecke nicht
unumgänglich den Ausschluss privater Unternehmer vom
Spielbankbetrieb).
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht; Wunderlich, N., Das Grundrecht der Berufsfreiheit im europäischen
Gemeinschaftsrecht, 2000; Kimms, F., Das Grundrecht der Berufsfreiheit in der Fallbearbeitung,
JuS 2001, 664; Lorz, R., Die Erhöhung der verfassungsrechtlichen Kontrolldichte gegenüber
berufsrechtlichen Einschränkungen der Berufsfreiheit, NJW 2002, 169; Sodan, H.,
Verfassungsrechtsprechung im Wandel, NJW 2003, 257
Berufsgenossenschaft ist der Zwangsverband der
versicherungspflichtigen Unternehmer zur Finanzierung der
gesetzlichen →Unfallversicherung. Die B. ist →Körperschaft des
öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltungsrecht (in Deutschland 2000
u. a. 35 gewerbliche und 20 landwirtschaftliche
Berufsgenossenschaften). Die Berufsgenossenschaften sind teils nach
Wirtschaftszweigen, teils örtlich gegliedert. Sie treten statt des sonst
im Einzelfall bei Arbeitsunfällen (aus dem Gedanken der
→Gefährdungshaftung) haftenden einzelnen →Arbeitgebers – zur
Vermeidung von Prozessen und zur Sicherung der Ersatzleistung –
generell für Schäden aus Arbeitsunfällen ein. Organe der B. sind
Vertreterversammlung, Vorstand und Geschäftsführer.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Gitter, W./Schmitt, J., Sozialrecht, 5. A. 2001
Berufsrichter ist der auf Grund der Richteramtsbefähigung in das
besondere Richterverhältnis berufene →Richter. Er kann Richter auf
Lebenszeit, auf Zeit, auf Probe sowie kraft Auftrags sein (§ 8 DRiG).
Den Gegensatz bildet der ehrenamtliche Richter (→Laienrichter).
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht
Berufsschule ist die Bildungsanstalt, in der ein Schüler nach erfüllter
Volksschulpflicht unter Berücksichtigung seiner Berufsausbildung
unterrichtet und erzogen wird. Die B. ist grundsätzlich öffentliche
→Schule. Die regelmäßig bis zum 18. Lebensjahr zu besuchende B.
ist herkömmlich Teilzeitschule an ein oder zwei Tagen pro Woche.
Berufsunfähigkeit (§ 43 II 1 SGB VI) ist die qualifizierte
→Erwerbsunfähigkeit. Sie liegt vor, wenn die Erwerbsfähigkeit eines
Versicherten der →Sozialversicherung infolge Krankheit oder anderer
Behinderung auf weniger als die Hälfte der eines gesunden
Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen
Kenntnissen herabgesunken ist. B. ist Voraussetzung einer
Erwerbsminderungsrente.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Roth, H., Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, 2000
Berufsunfähigkeitsversicherung ist die die Berufsunfähigkeit
betreffende Versicherung.
Lit.: Richter, T., Berufsunfähigkeitsversicherung, 2. A. 1994; Müller-Frank, C., Aktuelle
Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeits-(Zusatz-)Versicherung, 5. A. 1999
Berufsverband ist der auf Grund Berufszugehörigkeit gebildete
Verband der →Arbeitgeber und →Arbeitnehmer
(Arbeitgeberverband, Gewerkschaft).
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Berufsverbot (§ 61 Nr. 6 StGB) ist die zeitweilige oder dauernde
Untersagung der Ausübung eines bestimmten →Berufs. Ein B. kann
bei gewichtigen Verletzungen der Berufspflichten in gewissen
Berufen von Berufsgerichten ausgesprochen werden (z. B.
Rechtsanwälte). Daneben ist B. im Allgemeinen Strafrecht eine
→Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 70 StGB). Die
Aufstellung rechtmäßiger Zulassungsvoraussetzungen zu einem Beruf
ist kein B.
Lit.: Tröndle/Fischer, StGB
Berufswahl ist die Wahl eines Berufs. →Berufsfreiheit
Berufung (§§ 511 ZPO, 312 StPO, 124 VwGO, 64 I ArbGG, 143
SGG u. a.) ist das grundsätzlich gegen →Urteile des ersten
Rechtszugs gegebene →Rechtsmittel. Die B. ist unter bestimmten
Voraussetzungen zulässig (→Statthaftigkeit, Form, Frist, →Beschwer
[600 Euro], Zulassung im Urteil des ersten Rechtszugs, im
Zivilprozess Begründung). Sie eröffnet die Nachprüfung des Urteils
durch das nächsthöhere Gericht (Berufungsgericht z. B. Landgericht
für Amtsgericht, Oberlandesgericht für Landgericht usw.) in
tatsächlicher Hinsicht (Tatsachenfeststellung) und rechtlicher
Hinsicht (Rechtsanwendung). Die unzulässige B. wird verworfen. Die
nicht begründete B. wird zurückgewiesen. Die materiell begründete
B. bewirkt die →Aufhebung des Urteils und eine neue
→Entscheidung oder eine Zurückverweisung. Rechtsmittel gegen das
Berufungsurteil ist die →Revision. B. heißt auch das
Einstellungsverfahren als Universitätsprofessor.
Lit.: Schumann, C./Kramer, W., Die Berufung in Zivilsachen, 6. A. 2002; Metzger, S., Die
Berufungsvereinbarung, Diss. jur. Bonn 1995; Doukoff, N., Die zivilrechtliche Berufung, 2. A.
2002; Kudlich, Aktuelle Probleme der strafprozessualen Berufung, JA 2000, 588; Rimmelspacher,
B., Die Berufungsgründe im reformierten Zivilprozess, NJW 2002, 1897; Stackmann, N., Die
erfolgversprechende Berufungsschrift in Zivilsachen, NJW 2003, 169; Gaier, R., Der Prozessstoff
des Berufungsverfahrens, NJW 2004, 110
Besatzungsgebiet ist das von einer →Besatzungsmacht besetzte
→Gebiet.
Besatzungsgewalt ist die der →Gebietshoheit (Souveränität) ähnliche
Zwangsgewalt einer das Gebiet eines andern →Staats ganz oder
teilweise beherrschenden Besatzungsmacht während der Dauer der
Besatzung. Sie ist nicht identisch mit der →Staatsgewalt der
Besatzungsmacht in deren eigenem Staat. Sie verdrängt die
Staatsgewalt des besetzten Staates (in gewissem Umfang) und nimmt
insoweit die bisher dem besetzten Staat zustehenden Rechte wahr.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Besatzungsmacht ist der die →Besatzungsgewalt ausübende Staat.
Besatzungsrecht ist (objektiv) das von einer →Besatzungsmacht auf
Grund der →Besatzungsgewalt für das →Besatzungsgebiet
geschaffene Recht (z. B. Gesetze des Obersten Befehlshabers der
Alliierten Streitkräfte, der Militärregierungen [ab 14. 7. 1945], des
Kontrollrats [ab 30. 8. 1945] usw.) (unmittelbares B.) bzw. das auf
Veranlassung oder Anweisung der Besatzungsmacht von Stellen der
besetzten Macht geschaffene Recht (mittelbares B.). Mit der
abschließenden Regelung in Bezug auf Deutschland wurde es 1990
gegenstandslos. Die zwischen 1945 und 1949 in der sowjetischen B.
durchgeführten Enteignungen haben Bestand.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht; Das geltende Besatzungsrecht, hg. v. Schröder, F., 1990
Besatzungsstatut ist das einzelne Gesetz der (westlichen)
→Besatzungsmächte, das der Bundesrepublik Deutschland
grundsätzlich die gesetzgebende, vollziehende und rechtsprechende
Gewalt übertragen und die verbleibenden Rechte der
Besatzungsmächte festgelegt hat. Es endete mit dem
Deutschlandvertrag vom 26. 5. 1952, der am 5. 5. 1955 in Kraft trat.
Lit.: Maunz/Dürig, GG
Beschädigung ist die ohne den Willen des Berechtigten meist durch
Verhalten eines andern eintretende Wertverringerung eines
Gegenstands oder Guts. →Schadensersatz, Sachbeschädigung
Lit.: Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht
Beschaffung ist die Besorgung eines Gegenstands.
Beschaffungsschuld ist die →Schuld, bei welcher der Schuldner
verspricht, – mit seinen Geldmitteln – dem Gläubiger bestimmte
Gegenstände zu beschaffen.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Beschaffungsverwaltung ist der die Voraussetzungen der Tätigkeit
der Verwaltung beschaffende Teil der Verwaltung (z. B.
Bundesbehörde kauft Kraftfahrzeug).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Beschäftigung ist die Befassung mit einer Angelegenheit oder einem
Gegenstand. Im Arbeitsrecht ist sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses.
Die rechtswidrige B. (z. B. Schwarzarbeit) kann Straftat oder
Ordnungswidrigkeit sein.
Beschäftigungspflicht ist die Pflicht des →Arbeitgebers, den
→Arbeitnehmer die geschuldete Dienstleistung tatsächlich erbringen
zu lassen. Während des Arbeitsverhältnisses besteht sie grundsätzlich.
Sie entfällt auf Grund überwiegender Interessen des Arbeitgebers (z.
B. Fehlen von Absatzmöglichkeiten eines Erzeugnisses).
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Buchner, H.,
Beschäftigungspflicht, 1989
Bescheid ist die am Ende eines Verwaltungsverfahrens oder
Verwaltungsverfahrensabschnitts stehende →Entscheidung (z. B.
Steuerbescheid, Baubescheid). Der B. enthält vielfach einen oder
mehrere →Verwaltungsakte, manchmal aber auch nur eine bloße
Mitteilung oder Auskunft. Eine besondere Art des Bescheids ist der
→Zweitbescheid.
Lit.: Linhart, H., Der Bescheid, 2. A. 2002
Bescheidung ist die Herstellung eines Bescheids.
Bescheidungsurteil (§ 113 V 2 VwGO) ist das →Urteil, in dem das
→Verwaltungsgericht auf Grund einer →Verpflichtungsklage, weil
die Sache für eine Bescheidung z. B. wegen eines
Ermessensspielraums noch nicht spruchreif ist, gegenüber der
Behörde die Verpflichtung ausspricht, den Kläger unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Lit.: Hödl-Adick, M., Die Bescheidungsklage, 2001
Beschimpfen (§ 90a StGB) ist die nach Form oder Inhalt besonders
verletzende Kundgebung der Missachtung eines andern.
Lit.: Lackner/Kühl, StGB
Beschlagnahme ist die durch →Verwaltungsakt angeordnete
zwangsweise Sicherstellung von Gegenständen zur Sicherung
öffentlicher oder privater Belange. Sie hat eine →Verstrickung d. h.
die Begründung einer staatlichen Herrschaftsgewalt über die Sache
zur Folge, deren Bruch mit Strafe bedroht ist. Nach Wegfall des
Beschlagnahmezwecks sind beschlagnahmte Gegenstände an den
letzten Besitzer bzw. an den Verletzten zurückzugeben. Die B. erfolgt
im Zivilverfahrensrecht (§§ 803ff. ZPO) durch →Pfändung von
Sachen und Rechten, →Wegnahme von Sachen, Anordnung der
→Zwangsversteigerung und →Zwangsverwaltung sowie durch
Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im Strafprozessrecht (§§ 94ff.
StPO) dient die vom Richter, evtl. von der Staatsanwaltschaft
anzuordnende B. der Sicherung von →Beweismitteln oder dem
Vollzug des →Verfalls oder der →Einziehung. Im Verwaltungsrecht
hat die B. vor allem als präventive polizeiliche Maßnahme zum
Schutz gefährdeter öffentlicher Interessen Bedeutung (z. B.
Sicherstellen gefährlicher Gegenstände).
Lit.: Konrad, S., Die Beschlagnahme von Verteidigungsunterlagen, 2000; Park, T., Handbuch
Durchsuchung und Beschlagnahme, 2002
beschleunigt (Adj.) schneller durchgeführt
beschleunigtes Verfahren →Verfahren, beschleunigtes
Beschluss ist die festlegende Willensbildung bzw. Willensäußerung.
Im Verfahrensrecht ist B. die gerichtliche →Entscheidung in weniger
bedeutsamen Angelegenheiten. Der B. erfordert geringere
Förmlichkeiten als das →Urteil. Er ist vielfach durch →Beschwerde
angreifbar. Im Privatrecht ist B. die Bildung eines einheitlichen
→Willens einer Personenmehrheit auf Grund von Erklärungen der
Mitglieder (z. B. Gesellschafterbeschluss). Jedenfalls im
Einverständnis aller mitwirkungsberechtigten Mitglieder eines
Beschlüsse fassenden Gremiums kann ein B. grundsätzlich auch im
Umlaufverfahren getätigt werden (vgl. BVerwG NJW 1992, 255). Die
Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Beschlusses durch
Feststellungsklage unterfällt keiner Ausschlussfrist, kann jedoch
verwirkt werden.
Lit.: Berg, T., Schwebend unwirksame Beschlüsse privatrechtlicher Verbände, 1994; Schmitt, A.,
Das Beschlussmängelrecht, 1997; Fraga Novelle, A., Die Wirkungen der Beschlüsse, 2000; Elzer,
O., Der Beschluss im Zivilprozess, JuS 2004, 36
Beschlussfähigkeit ist die Fähigkeit einer Personenmehrheit, bei
Anwesenheit einer bestimmten Anzahl ihrer →Mitglieder die ihr
zustehenden Entscheidungszuständigkeiten wahrzunehmen und einen
→Beschluss zu fassen. Die B. setzt in der Regel voraus, dass mehr als
die Hälfte der Mitglieder des Organs im Beschlussfassungsraum
anwesend sind (vgl. § 45 I GeschOBT). Fehlt die B., so kann ein
wirksamer Beschluss nicht gefasst werden.
Lit.: Achterberg, Parlamentsrecht
Beschlussverfahren ist das →Verfahren, in dem – teilweise ohne
mündliche Verhandlung - durch →Beschluss entschieden wird (z. B.
§§ 80ff. ArbGG).
Lit.: Ascheid, R., Urteils- und Beschlussverfahren im Arbeitsrecht, 2.
A. 1998
beschränkt (Adj.) durch Schranken eingeengt
beschränkte Haftung →Haftung, beschränkte
beschränkte persönliche Dienstbarkeit →Dienstbarkeit,
beschränkte persönliche
beschränktes dingliches Recht →Recht
Beschuldigter (§ 157 StPO) ist der Verdächtige, gegen den das
→Strafverfahren (z. B. Ermittlungsverfahren) betrieben wird.
→Angeschuldigter, Angeklagter
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht; Grosjean, S., Der Beginn der Beschuldigteneigenschaft, 1999
Beschwer ist die bedrückende Belastung. Im Verfahrensrecht ist B.
der für den Beschwerten ungünstige Inhalt einer →Entscheidung. Die
B. ist grundsätzlich Voraussetzung für →Rechtsmittel (anders z. B. §
296 II StPO, wonach die Staatsanwaltschaft auch zu Gunsten eines
Beschuldigten ein Rechtsmittel einlegen kann). Sie ist formelle B.,
wenn die tatsächliche Entscheidung negativ von der beantragten
Entscheidung abweicht, materielle B., wenn die Entscheidung einen
irgendwie nachteiligen Inhalt für den Betreffenden hat.
Lit.: Kaiser, G., Die Beschwer als Voraussetzung strafprozessualer Rechtsmittel, 1993 (Diss.);
Kohlmeier, A., Beschwer als Beschwerdevoraussetzung, 1997; Jauernig, O., Der BGH und die
Beschwer, NJW 2003, 465; Althammer, C., Beschwer und Beschwerdegegenstand, NJW 2003,
1079
Beschwerde (§§ 567ff. ZPO, 304ff. StPO, 19ff. FGG, 146ff. VwGO)
ist der gegen Beschlüsse, Verfügungen und andere Verhaltensweisen
gerichtlich oder außergerichtlich mögliche →Rechtsbehelf (z. B.
Nichtzulassungsbeschwerde). Die gerichtliche B. – vor allem gegen
→Beschlüsse und →Verfügungen – erfordert grundsätzlich eine
→Beschwer, ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Verhalten
betroffen ist, und wird, wenn nicht das betroffene Gericht abhilft,
vom nächsthöheren Gericht unter weitgehender Anwendung der
gewöhnlichen Verfahrensvorschriften entschieden (z. B. Verwerfung
als unzulässig, Zurückweisung als unbegründet, Aufhebung der
angefochtenen Entscheidung, Zurückverweisung). Gegen diese
Entscheidung kann eine weitere B. zulässig sein. Eine
außerordentliche weitere B. wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit
kommt dann in Betracht, wenn die Beschwerdeentscheidung greifbar
gesetzwidrig ist (vgl. BGH NJW 1997, 744). Besondere Regeln gelten
für die sofortige B. (§§ 567 ZPO, 311 StPO, 22 FGG), die an eine
Frist (§ 569 ZPO zwei Wochen ab Zustellung) gebunden ist und der
das betroffene Gericht grundsätzlich selbst nicht abhelfen kann. Im
Zivilprozess findet die sofortige B. statt gegen die im ersten
Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und
Landgerichte, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder es
sich um solche, eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde
Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes
Gesuch zurückgewiesen worden ist, wobei der Wert des
Beschwerdegegenstands fünzig Euro, bei
Prozesskostentragungspflichtentscheidungen 100 Euro übersteigen
muss. Ein besonders wichtiger Fall der B. ist die
→Verfassungsbeschwerde. Außergerichtlich ist etwa im
Beamtenrecht die B. eines Beamten (§ 171 I BBG) gegen den
Vorgesetzten oder die B. über einen Beamten
(→Dienstaufsichtsbeschwerde) möglich.
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO; Meyer-Goßner, L., Strafprozessordnung, 47. A. 2004; Weidemann, J. Die
Stellung der Beschwerde, 1999; Kley, M., Die außerordentliche Beschwerde, 1999
BSE (N.) Bovine Spongiphorme Enzephalitis
(Rinderschwammformhirnentzündung)
Beseitigung ist die völlige Entfernung eines Umstands.
Beseitigungsanspruch ist der Anspruch auf völlige Entfernung einer
Beeinträchtigung. Seine wichtigste Erscheinungsform ist der
privatrechtliche B. des →Eigentümers gegenüber einem →Störer (§
1004 I 1 BGB, z. B. vom Nachbargrundstück kommender Lärm,
Abstellen eines fremden Kraftfahrzeugs). Auf Grund der allgemeinen
Handlungsfreiheit besteht auch im öffentlichen Recht ein B. zur
Abwehr rechtswidriger Eingriffe durch hoheitliches Handeln. Sein
Sonderfall ist der →Folgenbeseitigungsanspruch (str.).
Lit.: Schwab, K./Prütting, H., Sachenrecht, 31. A. 2003; Baur, F., Der Beseitigungsanspruch nach §
1004 BGB, AcP 160, 465; Hohloch, G., Die negatorischen Ansprüche und ihre Beziehungen zum
Schadensersatzrecht, 1976; Lepeska, G., Der negatorische Beseitigungsanspruch, 2000; Mankowski,
P., Beseitigungsrechte, 2003
Besitz (§§ 854ff. BGB) ist die tatsächliche →Gewalt (Sachherrschaft)
einer Person über eine →Sache (unmittelbarer B., z. B. Mieter an
Mietsache, Bundesrepublik Deutschland an Abfällen auf
Schifffahrtsanlagen an Bundeswasserstraßen, Dieb an gestohlener
Sache, nicht Besitzdiener an Sache im B. des Besitzherrn, nicht Organ
einer juristischen Person an Sache im B. der juristischen Person, nicht
Waldeigentümer an Abfällen von Wanderern). Der B. ist kein
Rechtsverhältnis, sondern ein tatsächliches Verhältnis, das vom
→Eigentum streng zu trennen ist (nicht jeder Eigentümer einer Sache
ist auch ihr Besitzer, nicht jeder Besitzer einer Sache ist auch
Eigentümer), jedoch in verschiedener Hinsicht wie ein →Recht (§§
858ff., 1007, 812, 823 I BGB [sonstiges Recht],
Eigentumsvermutung, Recht zum B.) geschützt wird (→ auch
Besitzschutz). Er bezieht sich grundsätzlich auf eine Sache und nur
ausnahmsweise auf ein Recht (→Rechtsbesitz §§ 1029, 1090 BGB).
Er ist vielfach Voraussetzung für die Entstehung und Übertragung
dinglicher →Rechte (z. B. §§ 929, 1205ff. BGB). Er wird erworben
durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt für eine nicht ganz
unerhebliche Zeit mit Besitzwillen oder durch rechtsgeschäftliche
Einigung und Möglichkeit der Gewaltausübung (§ 854 BGB) oder
durch Erbfall. Er wird beendet durch Beendigung der tatsächlichen
Herrschaftsgewalt (u. a. Tod). Mittelbarer B. ist der B. einer Person,
welche die tatsächliche Sachherrschaft durch einen Besitzmittler (§
868 BGB) ausübt, der die Sache auf Grund eines konkreten, zeitlich
begrenzten Rechtsverhältnisses (Besitzmittelungsverhältnis,
→Besitzkonstitut wie z. B. Nießbrauch, Miete) unmittelbar besitzt
und damit unmittelbaren B. hat, wobei auch mehrstufiger mittelbarer
B. möglich ist (z. B. Vermieter, Mieter, Untermieter). Begründet wird
der mittelbare B. durch Schaffung eines
Besitzmittelungsverhältnisses, übertragen durch Abtretung des
Herausgabeanspruchs aus diesem Besitzmittelungsverhältnis und
beendet durch Beendigung des Besitzmittelungsverhältnisses (z. B.
Aufgabe des unmittelbaren Besitzes des unmittelbaren Besitzers,
Begründung von Eigenbesitz des unmittelbaren Besitzers).
Eigenbesitz ist der B. einer Person, die eine Sache als ihr gehörend
besitzt (§ 872 BGB z. B. Eigentümer, Dieb), Fremdbesitz der B. einer
Person, die eine Sache als einer andern Person gehörend besitzt (z. B.
Mieter, Verwahrer). Alleinbesitz ist der alleinige B., Mitbesitz (§ 866
BGB z. B. Ehegatten) der gemeinschaftliche B. Im Strafrecht ist B.
ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis, das nicht B. im Sinne des
Privatrechts zu sein braucht (→Gewahrsam des Besitzdieners, nicht
aber des Erben).
Lit.: Klinkhammer, F., Der Besitz als Gegenstand des Bereicherungsanspruchs, 1997; Eckstein, K.,
Besitz als Straftat, 2001; Hartung, F., Besitz und Sachherrschaft, 2001; Sosnitza, O., Besitz und
Besitzschutz, 2003
Besitzdiener (§ 855 BGB) ist, wer die tatsächliche Gewalt über eine
→Sache für einen andern (den Besitzer) in dessen Haushalt oder
Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge
dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des andern
Folge zu leisten hat (z. B. Arbeiter, Fahrer). Erforderlich ist ein nach
außen erkennbares soziales Abhängigkeitsverhältnis. Der Besitzdiener
ist nicht Besitzer, sondern – solange er für den andern besitzen will –
nur Innehaber. Er selbst kann keine Besitzschutzansprüche erheben.
Lit.: Jauernig, BGB; Ender, P., Der Besitzdiener, 1991 (Diss.)
Besitzeinweisung ist die staatliche Einweisung einer Person in den
→Besitz einer →Sache. Sie ist etwa im Baurecht schon vor
Rechtskraft eines Enteignungsbeschlusses möglich, wenn sie aus
Gründen des Allgemeinwohls dringend geboten ist (§ 116 BauGB).
Sie ist →Verwaltungsakt.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Besitzer ist die Person, die eine Sache in →Besitz hat.
Besitzkehr →Besitzschutz
Besitzkonstitut (Besitzmittelungsverhältnis) ist das Verhältnis
zwischen mittelbarem und (weiterem mittelbarem, § 871 BGB oder)
unmittelbarem Besitzer, vermöge dessen dieser jenem gegenüber auf
Zeit zum →Besitz berechtigt oder verpflichtet ist (§ 868 BGB, z. B.
Nießbrauch, Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung, Miete).
Erforderlich ist ein konkretes, zeitlich begrenztes →Rechtsverhältnis.
Antezipiertes (vorweggenommenes) B. ist dabei das B., das bereits
vereinbart wird, ehe einer der beiden Beteiligten Besitz an der Sache
hat, und wirksam werden soll, sobald der eine Beteiligte
unmittelbaren Besitz erlangt. Der mittelbare Besitzer hat Anspruch
auf →Besitzschutz (§ 869 BGB). Der mittelbare Besitz kann durch
→Abtretung des →Herausgabeanspruchs der Sache übertragen
werden (§ 870 BGB). Die Vereinbarung eines Besitzkonstituts ist
Übergabesurrogat bei der →Übereignung beweglicher Sachen (§ 930
BGB, z. B. bei Sicherungsübereignung).
Lit.: Schwab, K./Prütting, H., Sachenrecht, 31. A. 2003; Wieling, H., Voraussetzungen,
Übertragung und Schutz des mittelbaren Besitzes, AcP 184, 439
Besitzmittelungsverhältnis →Besitzkonstitut
Besitznahme ist die Gewinnung des →Besitzes an einer →Sache
durch Herstellung der tatsächlichen Sachherrschaft.
Lit.: Wolf, Sachenrecht
Besitzrecht ist objektiv die Gesamtheit der den →Besitz betreffenden
Rechtssätze und subjektiv das einzelne →Recht, eine →Sache zu
besitzen. Das subjektive B. gibt dem →Besitzer insbesondere eine
→Einwendung (str.) gegenüber dem →Anspruch des →Eigentümers
auf →Herausgabe der Sache (§ 986 BGB). Es kann sich gründen auf
ein absolutes →Recht (z. B. Pfand) oder auf ein relatives Recht (z. B.
Anspruch aus Miete oder Kauf), nicht dagegen auf ein
Zurückbehaltungsrecht nach den §§ 273, 1000 BGB.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Besitzschutz (§§ 858ff. BGB) ist der dem zunächst rein tatsächlichen
Herrschaftsverhältnis (→Besitz) in der Rechtsordnung – unabhängig
vom →Eigentum – zugeordnete Schutz gegen unrechtmäßige
Entziehung und Störung. Wer dem unmittelbaren Besitzer den Besitz
entzieht oder stört, handelt grundsätzlich widerrechtlich (verbotene
→Eigenmacht, § 858 I BGB). Der Besitzer als solcher darf sich
dagegen mit Gewalt wehren (Besitzwehr, § 859 I BGB), eine
bewegliche Sache einem verfolgten Täter wieder abnehmen
(Besitzkehr, § 859 II BGB) oder gegen den Störer binnen Jahresfrist
klagen (§§ 861, 862 BGB possessorische Ansprüche, gegen die
Einwendungen aus dem Recht zum Besitz nicht vorgebracht werden
können, § 863 BGB). Außerdem hat der frühere Besitzer gegen den
gegenwärtigen Besitzer unter bestimmten Voraussetzungen einen
→Herausgabeanspruch nach § 1007 BGB. Schließlich besteht auch
der allgemeine Herausgabeanspruch nach § 985 BGB. Sofern der
Besitzer durch Entziehung oder Störung des Besitzes einen
→Schaden erleidet, kann er einen Schadensersatzanspruch haben (§
823 I BGB).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Beermann, C., Besitzschutz bei beschränkten dinglichen Rechten,
2000; Sosnitza, O., Besitz und Besitzschutz, 2003
Besitzstand ist der jeweilige augenblickliche rechtliche Zustand,
insbesondere im Verhältnis zu Sachen. Im Verwaltungsrecht ist B. die
– gegenüber dem subjektiven Recht schwächere – durch eine
behördliche Erlaubnis gewährte öffentlich-rechtliche Berechtigung,
ein →Interesse bis zur Entziehung oder Einschränkung durch die
Verwaltungsbehörde zu verfolgen (z. B. B. auf Grund einer
Baugenehmigung). Das Recht des Besitzstands ist nicht allgemein
geregelt. Der Inhalt und die Stärke des Besitzstands hängen von den
jeweiligen allgemeinen Voraussetzungen des Besitzstands ab (z. B.
bei Genehmigung schwächer als bei Verleihung). Im Sachenrecht ist
der B. Anhaltspunkt für die Entscheidung über eine
Grenzscheidungsklage (§ 920 I 1 BGB).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Schwab, K./Prütting, H., Sachenrecht, 31. A. 2003
Besitzsteuer ist die vom →Vermögen (Grundsteuer), →Einkommen
oder →Ertrag ausgehende Steuer. Sie steht neben der
→Verkehrsteuer, der →Verbrauchsteuer und dem Zoll.
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht
Besitztum →Grundstück
Besitzwehr →Besitzschutz
Besoldung ist die Gesamtheit der regelmäßigen →Dienstbezüge des
→Beamten und →Soldaten. Sie ist vor allem im
Bundesbesoldungsgesetz gesetzlich geregelt. Sie umfasst
Grundgehalt, Zulagen, Zuschläge und Sonderzuwendungen.
Lit.: Richter, W./Struckmann, G., Besoldungsrecht, 6. A. 1989
Besoldungsdienstalter ist das für die →Besoldung maßgebliche
→Dienstalter. →Besoldungsordnung
Besoldungsordnung ist die die →Besoldung bzw. die
→Dienstbezüge der →Beamten regelnde Ordnung. Die B. A ist in 16
Besoldungsgruppen gestaffelt (A 1–5 einfacher, A 5–9 mittlerer, A 9–
13 gehobener, A 13–16 höherer Dienst), die jeweils von einem
Anfangsgrundgehalt in zweijährigem Turnus (Dienstaltersstufen) zum
Endgrundgehalt aufsteigen. Die B. für Spitzenbeamte (B) ist in 11
Gruppen mit jeweils festen Gehältern unterteilt. Besondere
Besoldungsordnungen bestehen für Hochschullehrer (C, seit 2002 mit
Übergangsvorschriften W1 Juniorprofessor, W2, W3), Richter und
Staatsanwälte (R).
Lit.: Besoldungsrecht, hg. v. Kempf, E., 13. A. 2002
besondere (Adj.) nicht allgemein, durch Sondermerkmale
gekennzeichnet
besonderer Teil →Teil, besonderer
besonderes Gewaltverhältnis →Gewaltverhältnis
Besorgung ist die Ausführung oder Vornahme einer Angelegenheit.
→Geschäftsbesorgung
Besserung ist die Veränderung zum Guten. Im Strafrecht ist die
→Maßregel der Besserung und Sicherung eine mögliche Rechtsfolge
einer →Straftat (§§ 61ff. StGB). Solche Maßregeln sind die
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, in einer
Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung, die
Führungsaufsicht, die Entziehung der Fahrerlaubnis und das
Berufsverbot.
Lit.: Schönke/Schröder, StGB
Bestallung ist das Gewähren einer besonderen Stellung. Im
Verwaltungsrecht ist die B. die öffentlich-rechtliche →Zulassung
(Erlaubnis) als Arzt, Apotheker (→Approbation), Notar usw. (§ 2
BÄO, 12 BNotO). Im Familienrecht ist B. die Beweisurkunde über
die Bestellung zum →Vormund oder →Pfleger (§§ 1791, 1915
BGB).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Jauernig, BGB
Bestandskraft ist die Unanfechtbarkeit und Verbindlichkeit. B. von
Verwaltungsakten →Verwaltungsakt
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Steinweg, C., Zur Bedeutung der Bestandskraft, NJW 2003, 3037
Bestandsschutz ist die Sicherung der Fortdauer eines Zustands
(Besitzstands). Im →Bauordnungsrecht ist B. die Gewährleistung des
Bestehenbleibens eines Bauwerks, das zwar dem geltenden
→Baurecht widerspricht, aber im Einklang mit ehemals
verbindlichen, materiellen Baurechtsnormen errichtet oder im
Wesentlichen fertiggestellt worden ist. Voraussetzung ist, dass der
Bestand zumindest zu irgendeinem Zeitpunkt genehmigungsfähig
gewesen ist. Der B. umfasst das →Recht zur Vornahme von
Erhaltungsmaßnahmen und Verbesserungsmaßnahmen, nicht aber
von Neubaumaßnahmen.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht; Kutschera, Bestandsschutz im öffentlichen
Recht, 1990; Manow, V., Bestandsschutz im Baurecht, 1993 (Diss.)
Bestandteil einer →Sache (§§ 93ff. BGB) ist grundsätzlich der
körperliche Gegenstand, der entweder von Natur aus mit dieser Sache
eine Einheit bildet oder durch Verbindung mit ihr seine vor der
Verbindung bestehende Selbständigkeit dergestalt verloren hat, dass
er fortan, solange die Verbindung dauert, mit der Sache als ein
Ganzes, als eine einheitliche Sache erscheint (z. B. Frucht am Baum,
Schublade im Schrank). Nicht genügend ist die nur zu einem
vorübergehenden Zweck erfolgende Verbindung mit Grund und
Boden oder Gebäuden (§ 95 BGB, →Scheinbestandteil, z. B.
Baubude). Der B. wird regelmäßig wie die Hauptsache behandelt.
Wesentliche Bestandteile (§ 93 BGB) einer →Sache sind solche
Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden
können, ohne dass – nicht die Gesamtsache, sondern nur – der eine
oder andere (Bestandteil) zerstört oder in seinem Wesen verändert
wird (z. B. Gebäude auf Grundstück, Heizungsanlage in Wohnhaus).
Wesentliche Bestandteile können nicht Gegenstand besonderer Rechte
sein (anders aber →Wohnungseigentum).
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Bestätigung (§ 141 I BGB) ist die →Willenserklärung, durch die
jemand sein eigenes, bisher fehlerhaftes (nichtiges) →Rechtsgeschäft
– sofern dies möglich ist – als gültig anerkennt. Dabei genügt zur B.
eines formgerecht abgeschlossenen, z. B. wegen
Genehmigungsverweigerung endgültig unwirksamen Rechtsgeschäfts
der Hinweis der Bestätigungsurkunde auf die Urkunde des
unwirksamen Geschäfts. Noch keine B. liegt mangels
Bestätigungswillens z. B. vor, wenn der Käufer in Kenntnis der
Anfechtbarkeit vom Verkäufer Gewährleistung verlangt.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil; Müller, M., Die Bestätigung nichtiger Rechtsgeschäfte nach §
141 BGB, 1989
Bestätigungsschreiben ist das eine frühere Erklärung bestätigende
Schriftstück. Kaufmännisches B. ist das Schreiben eines
→Kaufmanns – ausnahmsweise auch einer andern (geschäftlich
erfahrenen) Person – auf Grund von Vorverhandlungen über einen
Vertragsschluss, in dem der Verfasser den Vertragsinhalt erstmals
schriftlich niederlegt und dem Partner zugänglich macht. Erhebt der
Gegner – bei einer nicht unannehmbaren Abweichung – nicht
unverzüglich Widerspruch, so gilt grundsätzlich der Inhalt des
Bestätigungsschreibens als Vertragsinhalt. Das B. ist zu trennen von
der →Auftragsbestätigung.
Lit.: Fuchs, T., Kaufmännische Bestätigungsschreiben, 1998
Bestattung ist die möglichst gefahrlose Entsorgung der menschlichen
Leiche. Sie hat als Erdbestattung oder Feuerbestattung zu erfolgen.
Die B. der Leiche eines Unbekannten oder eines möglicherweise nicht
an einer natürlichen Ursache verstorbenen Menschen ist nur mit
schriftlicher Genehmigung der Staatsanwaltschaft zulässig.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht
Bestattungsvertrag ist der werkvertragsähnliche Vertrag zwischen
einem Bestattungsunternehmer und einem oder mehreren
Auftraggebern (meist Hinterbliebenen eines verstorbenen Menschen).
Lit.: Wichmann, H., Der Bestattungsvertrag, 4. A. 2002
Bestechlichkeit (§ 332 StGB) ist das Fordern, Sichversprechenlassen
oder Annehmen eines Vorteils durch einen →Amtsträger oder einen
für den öffentlichen Dienst besonders →Verpflichteten als
Gegenleistung dafür, dass er eine Diensthandlung vornimmt oder
unterlässt und dadurch seine Dienstpflichten verletzt (passive
→Bestechung). Wer als Angestellter oder Beauftragter eines
geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für
sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, dass er einen
andern bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im
Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 299 I StGB,
grundsätzlich Antragsdelikt). →Vorteilsannahme (§ 331 StGB)
Lit.: Tröndle/Fischer, StGB; Jaques, H., Die Bestechungstatbestände, 1996
Bestechung (§ 334 StGB) ist das Anbieten, Versprechen oder
Gewähren eines Vorteils an einen →Amtsträger, einen für den
öffentlichen Dienst besonders →Verpflichteten oder einen Soldaten
der Bundeswehr als Gegenleistung dafür, dass er eine Diensthandlung
vornimmt oder unterlässt und dadurch seine Dienstpflichten verletzt
(aktive B.). Die B. wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft. Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines
geschäftlichen Betriebs einen Vorteil für diesen oder einem Dritten
als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er ihn
oder einen andern bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen
Leistungen in unlauterer Weise bevorzugt, wird mit Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (§ 299 II StGB, grundsätzlich
Antragsdelikt). →Vorteilsgewährung (§ 333 StGB), →Korruption,
→Schmiergeld
Lit.: Lackner/Kühl, StGB; Jaques, H., Die Bestechungstatbestände, 1996
Besteuerung ist die Bestimmung und Geltendmachung einer
→Steuer. Sie bedarf im →Rechtsstaat als Eingriff in die
Freiheitsrechte eines →Gesetzes als Grundlage. Durchgeführt wird
sie im Besteuerungsverfahren.
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht
Besteuerungsverfahren (§§ 134ff. AO) ist das Verfahren der
Bestimmung und Geltendmachung der →Steuer. Vielfach muss der
Steuerpflichtige eine Steuererklärung abgeben, doch muss im Zweifel
die Steuerbehörde auch ermitteln. Festgesetzt wird die Steuer durch
den →Steuerbescheid.
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht; Rose, G., Grundzüge des Besteuerungsverfahrens, 1981
Bestimmtheit ist die eindeutige Klarheit oder zweifelsfreie
Verständlichkeit eines Umstands.
Lit.: Brehm, W./Kleinheisterkamp, T., Die Bestimmtheit des
Pfändungsbeschlusses, JuS 1998, 781
Bestimmtheitserfordernis ist die aus dem Grundsatz der
Rechtssicherheit folgende Anforderung an →Rechtssätze, – bei
Anwendung der Methoden der Rechtswissenschaft – klar erkennen zu
lassen, was sie vorschreiben. Andernfalls sind sie nichtig.
Insbesondere müssen →Strafgesetze aus Gründen der
Rechtssicherheit Tatbestände und Rechtsfolgen hinreichend bestimmt
umschreiben (Bestimmtheitsgrundsatz). Ein Pfändungsbeschluss
muss, um dem Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen, die zu pfändende
Forderung so bezeichnen, dass sie im Schuldnervermögen
individualisierbar ist. →Bestimmtheitsgebot
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht; Hettinger, M., Die zentrale Bedeutung des
Bestimmtheitsgrundsatzes, JuS 1997, L 17, L 25
Bestimmtheitsgebot ist das Gebot, den Inhalt eines
→Verwaltungshandelns (z. B. eines →Verwaltungsakts) hinreichend
klar zum Ausdruck zu bringen. Wenn die Verwaltung schon kraft
Hoheitsrechts in die Freiheit des Einzelnen eingreifen darf, muss sie
klar erkennen lassen, inwieweit sie die Freiheit einschränken will.
Andernfalls ist das Verwaltungshandeln fehlerhaft.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht; Hammer-Strnad, E., Das Bestimmtheitsgebot, 1999
Bestimmtheitsgrundsatz →Bestimmtheitserfordernis
Betagung ist die gänzlich oder teilweise auf einen späteren Zeitpunkt
verschobene Zulässigkeit der Geltendmachung eines bereits
entstandenen Rechts (z. B. bei Stundung).
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Betäubungsmittel ist das die künstliche Betäubung des Menschen
verursachende Mittel. Seine Verwendung ist wegen der damit
verbundenen Gefahren vielfach rechtswidrig und deswegen mit Strafe
bedroht. Eine Konvention der Vereinten Nationen gegen illegalen
Drogenhandel von 1988 verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, Besitz
und Kauf von Rauschgift zum persönlichen Gebrauch unter Strafe zu
stellen. →Betäubungsmittelgesetz
Lit.: Schmidt, D., Aus der Rechtsprechung zum
Betäubungsmittelstrafrecht, NJW 2003, 3090
Betäubungsmittelgesetz ist das den Verkehr mit Betäubungsmitteln
ordnende Gesetz vom 1. 1. 1982, das vor allem Herstellung und
Handel aufgezählter Betäubungsmittel erlaubnispflichtig macht. Einer
Erlaubnis bedarf z. B. nicht, wer Betäubungsmittel auf Grund
ärztlicher Verschreibung erwirbt (§ 4 I Nr. 3a BtMG). Der Verstoß
gegen das B. kann Straftat oder Ordnungswidrigkeit sein (§§ 29ff.
BtMG). Der Besitz geringer Mengen (z. B. 6 g) eines
Betäubungsmittels kann straffrei sein. Der Gebrauch geringer Mengen
zwecks Heilung und Linderung von Leiden ist im Einzelfall zulässig.
Lit.: Körner, H., Betäubungsmittelgesetz, 5. A. 2001; Hugel/Junge, W., Deutsches
Betäubungsmittelrecht (Lbl.), 7. A. 1995; Joachimski, J., Betäubungsmittelgesetz, 7. A. 2002;
Franke, U./Wienroeder, K., Betäubungsmittelgesetz, 2. A. 2001; Eberth, A./Müller, E.,
Verteidigung in Betäubungsmittelsachen, 3. A. 2001; Weber, K., Betäubgungsmittelgesetz, 2. A.
2003
Beteiligter ist die Person, die an einer Angelegenheit teil hat. Im
Verfahrensrecht ist (formell) B., wer am Verfahren teilnimmt oder
zum Verfahren zugezogen wird (z. B. § 13 FGG) bzw. (materiell B.),
wessen Rechtsstellung durch das Verfahren unmittelbar betroffen
wird. Im Verwaltungsverfahrensrecht ist B. der Antragsteller, der
Antragsgegner, der an den die Behörde den Verwaltungsakt richten
will oder gerichtet hat, der, mit dem die Behörde einen
öffentlichrechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat und
der, den die Behörde hinzugezogen hat (§ 13 VwVfG),
imVerwaltungsprozessrecht ist B. nur der →Kläger, der →Beklagte,
der →Beigeladene und der Vertreter des öffentlichen →Interesses (§
63 VwGO). Im besonderen Verwaltungsverfahren können die
Beteiligten besonders bestimmt sein (z. B. § 78 AO).
Lit.: Ule, Verwaltungsprozessrecht; Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozessrecht; Kroschel, S.,
Beteiligten- und Verfahrensfähigkeit in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1998; Alpert, F., Zur
Beteiligung am Verwaltungsverfahren, 1999; Schroeder, F., Eine irreführende Legaldefinition – der
Beteiligte (§ 28 II StGB), JuS 2002, 139
Beteiligung ist die Teilnahme an einer Angelegenheit, insbesondere
an einer →Straftat (als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe), einer
unerlaubten Handlung, an einem →Verfahren (→Beteiligter) sowie
an einem Unternehmen oder einer →Gesellschaft (→Mitglied) oder
auch an →Vermögen.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Mitarbeiterbeteiligungen und Stock-Option-Pläne, hg. v.
Harrer, 2000; Bayer, W. u. a., Kapitalbeteiligungen, NJW 2003, 2567; Wagner, K.,
Mitarbeiterbeteiligung, NJW 2003, 3081
Beteiligungsdarlehen (partiarisches Darlehen) ist das →Darlehen,
bei dem das Entgelt in einem Gewinnanteil (z. B. ein Drittel) besteht.
Betrachtungsweise ist die Art und Weise der Betrachtung eines
Gegenstands. Im Steuerrecht war die 1977 aufgegebene
wirtschaftliche B. eine Art der Betrachtung von Tatbeständen, die
weniger von der äußeren rechtlichen Gestaltung und mehr vom
inneren wirtschaftlichen Zweck ausging (z. B. bei
Sicherungsübereignung). Sie wird in der Gegenwart als Fall der
→Auslegung behandelt.
Lit.: Zippelius, R., Methodenlehre, 8. A. 2003; Möller, C., Die wirtschaftliche Betrachtungsweise,
1997
Betreuer ist im Familienrecht (Betreuungsrecht) grundsätzlich der
Mensch, der geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten
Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu
besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu
betreuen. Der B. kann aber auch ein anerkannter Betreuungsverein
sein (§ 1900 I BGB), doch sollen ein Verein als solcher oder eine
Behörde als solche nur ausnahmsweise als B. bestellt werden. Der B.
vertritt in seinem Aufgabenkreis den Betreuten gerichtlich und
außergerichtlich (§ 1902 BGB). Zu bestimmten Willenserklärungen
oder Handlungen (z. B. zeitweises Versperren der Wohnungstüre)
bedarf der B. der Einwilligung oder Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts. Bei Vorliegen eines wichtigen Grunds hat
das Vormundschaftsgericht den B. zu entlassen (§ 1908b BGB).
→Betreuung
Lit.: Gregersen, A./Deinert, H., Die Vergütung des Betreuers, 1999;
Sachsen-Gessaphe, K. v., Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter,
1999
Betreuung (§§ 1896ff. BGB) ist seit 1. 1. 1992 die staatliche
Fürsorge für die Person und das Vermögen eines volljährigen
Menschen, soweit er infolge einer psychischen Krankheit oder einer
körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine
persönlichen oder vermögensrechtlichen Angelegenheiten ganz oder
teilweise nicht selbst besorgen kann, durch einen vom zuständigen
→Vormundschaftsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen
bestellten →Betreuer. Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise
bestellt werden, in denen eine B. erforderlich ist (z. B. persönliche
Angelegenheiten, Aufenthalt, Unterbringung,
Vermögensangelegenheiten). Die Bestellung eines Betreuers hat
grundsätzlich keine Auswirkung auf die →Geschäftsfähigkeit des
Betreuten, so dass Betreuer und Betreuter grundsätzlich
nebeneinander tätig werden können. Es kann aber angeordnet werden,
dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis
des Betreuers betrifft, der →Einwilligung des Betreuers bedarf (§
1903 BGB). In Deutschland standen 2000 rund 750000 Menschen
unter B.
Lit.: Damrau, J./Zimmermann, W., Betreuungsgesetz, 3. A. 2001; Schmidt, G./Böcker, F.,
Betreuungsrecht, 3. A. 1999; Jürgens, A./Kröger, D./Marschner, R. u. a., Betreuungsrecht kompakt,
5. A. 2002; Bienwald, W., Betreuungsrecht, 3. A. 1999; Betreuungsrecht, hg. v. Jürgens, A., 2. A.
2001; Sonnenfeld, S., Betreuungs- und Pflegschaftsrecht, 2. A. 2001; Oelkers, M., Internationales
Betreuungsrecht, 1996; Zimmermann, W., Betreuungsrecht, 6. A. 2004; Firsching, K./Dodegge, G.,
Vormundschafts- und Betreuungsrecht, 6. A. 1999; Kierig, F./Kretz, J., Formularbuch
Betreuungsrecht, 2. A. 2004; Pardey, K., Betreuungs- und Unterbringungsrecht, 2000; Meier, S.,
Handbuch Betreuungsrecht, 2001; Dodegge, G./Roth, A., Betreuungsrecht, 2003
Betreuungsbehörde (§ 1900 IV BGB) ist die neben Menschen und
Betreuungsvereinen für einzelne Betreuungen zuständige Behörde.
Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein
→Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern
durch materielle und immaterielle Mittel bestimmte arbeitstechnische
Zwecke unmittelbar fortgesetzt verfolgt. Der B. unterscheidet sich
vom →Unternehmen durch die Unmittelbarkeit der
Zweckverfolgung. Er ist Anknüpfungspunkt für verschiedene
Rechtsfolgen im Arbeitsrecht, Betriebsverfassungsrecht und
Steuerrecht. Ein B. kann aus mehreren Teilen bestehen. Mehrere
Betriebe können ein Unternehmen bilden.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Schulze zur Wiesche, D.,
Betriebsveräußerung, 6. A. 1996; Brandmüller, Die Betriebsaufspaltung, 7. A. 1997; Fichtelmann,
H., Betriebsaufspaltung, 10. A. 1999; Commandeur, G./Kleinebrink, W., Betriebs- und
Firmenübernahme, 2. A. 2002
Betriebsausgabe (§ 4 IV EStG) ist die durch den →Betrieb
veranlasste Aufwendung in Geld oder Geldeswert (z. B. Kauf einer
Maschine). Sie ist grundsätzlich bei der Gewinnermittlung zu
berücksichtigen. Ausgenommen sind bestimmte unangemessene
Aufwendungen, die ganz oder teilweise nicht gewinnmindernd
angesetzt werden dürfen.
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht; Die Abgrenzung der Betriebs- oder Berufssphäre von der
Privatsphäre im Einkommensteuerrecht, hg. v. Söhn, H., 1980
Betriebseinnahme ist die durch den Betrieb veranlasste Einnahme in
Geld oder Geldeswert (z. B. Ertrag eines Verkaufs).
Betriebsgefahr (Sachgefahr) ist die mit dem Betrieb einer
(gefährlichen) →Anlage (→Sache z. B. Kraftfahrzeug)
erfahrungsgemäß verbundene (erhöhte) Wahrscheinlichkeit des
Eintritts eines →Schadens. Sie ist im Rahmen des § 254 BGB als
schadensersatzanspruchsmindernder Umstand zu berücksichtigen. Sie
ist außerdem vielfach Grundlage einer gesetzlichen
→Gefährdungshaftung.
Lit.: Böhmer, E., Abstrakte Betriebsgefahr, MDR 1962, 87
Betriebskrankenkasse (§ 29 SGB IV) ist die für Angehörige eines Betriebs eingerichtete
Krankenkasse. Sie ist Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie setzt mindestens 1000
versicherungspflichtig Beschäftigte voraus und bedarf u. a. der Genehmigung der zuständigen
Aufsichtsbehörde.
Lit.: Kasper, J., Die Betriebskrankenkasse, 1994; Cassel, D., Betriebskrankenkassen als Baustein
einer partnerschaftlichen Unternehmenskultur, 1999
Betriebsprüfung (§§ 1ff. BetrPrO) ist die von Behörden,
insbesondere von den Finanzbehörden vorgenommene allgemeine
→Außenprüfung eines Betriebs.
Lit.: Blumers, W./Frick, J./Müller, L., Betriebsprüfungshandbuch (Lbl.), 2001; Puchner, W./Eibl,
H., Die sozialversicherungsrechtliche Betriebsprüfung, 2001; Kaligin, T., Keine Angst vor
Betriebsprüfung und Steuerfahndung, 2002
Betriebsrat (§§ 1, 2 BetrVG) ist das Organ der →Arbeitnehmer eines
mindestens 5 wahlberechtigte, davon 3 wählbare Arbeitnehmer
beschäftigenden →Betriebs, das in bestimmten Angelegenheiten des
Betriebs mitwirkt und mitbestimmt. Der B., dessen Mitgliederzahl
von der Größe des Betriebs abhängt, wird von den →Arbeitnehmern
auf Zeit (meist vier Jahre) gewählt. Er hat mit dem Arbeitgeber
vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Seine Aufgaben sind im
Einzelnen in den §§ 80ff. BetrVG geregelt. Sie betreffen vor allem
die →Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten (z. B.
→Arbeitszeit, Urlaubsplan, Kantineneinrichtung) und in personellen
Angelegenheiten (z. B. Einstellung, Verlangen einer ärztlichen
Bescheinigung bei eintägiger Arbeitsunfähigkeit, →Kündigung). Bei
Meinungsverschiedenheiten zwischen B. und Arbeitgeber entscheidet
eine paritätisch zusammengesetzte Einigungsstelle. Auf Grund eines
der Richtlinie 94/1995 EG entsprechenden Gesetzes vom 28. 10. 1996
werden europäische Betriebsräte (oder Verfahren zur Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer) vereinbart oder kraft Gesetzes
errichtet. (In Deutschland gehören [2000] rund 230000 Arbeitnehmer
– davon zwei Drittel Gewerkschaftsmitglieder - Betriebsräten an, die
pro Mitarbeiter rund 600 Euro jährlich kosten.)
Lit.: Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht; Schaub, G./Kreft, B., Der Betriebsrat, 7. A. 2002; Berkowsky, W.,
Die Beteiligung des Betriebsrats bei Kündigungen, 1996; Blanke, T., Europäisches
Betriebsrätegesetz, 1999
Betriebsrentengesetz ist das die aus der Tätigkeit in einem →Betrieb
erwachsende →Rente betreffende Gesetz. Die Anwartschaft auf eine
Betriebsrente kann bei einem Tarifvertragsgeltungsgebietswechsel
verloren gehen. →Altersversorgung
Lit.: Höfer, H., Betriebsrentengesetz, 1999; Bittner, C., Europäisches
und internationales Betriebsrentenrecht, 2000; Höfer, R., Das neue
Betriebsrentenrecht, 2003
Betriebsrisiko ist die aus dem Betreiben einer Angelegenheit
erwachsende Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens. Im
Arbeitsrecht ist B. speziell das Risiko, dass der Betrieb ohne
→Verschulden des →Arbeitgebers oder der →Arbeitnehmer zum
Erliegen kommt (z. B. wegen Ausbleibens von Zulieferungen oder
Energie). Dieses – jedenfalls nicht aus der Sphäre der Arbeitnehmer
(wie z. B. ein Teilstreik) kommende – Risiko hat der Arbeitgeber zu
tragen, so dass in der Regel entgegen § 326 BGB der
Vergütungsanspruch der Arbeitnehmer nicht entfällt.
Lit.: Fikentscher, Schuldrecht; Tholl, F., Gesteigertes Betriebsrisiko, Diss. jur. München 1999
Betriebsschutz →Arbeitsschutz
Betriebsübergang ist der rechtsgeschäftliche Übergang eines
→Betriebs oder Betriebsteils von einer Person auf eine andere. Nach
§ 613a BGB tritt der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten
bestehender →Arbeitsverhältnisse (als Gesamtschuldner) ein. Kein B.
tritt bei der Bestellung eines neuen Notars trotz Übernahme der
Räume und der Bediensteten eines bisherigen Notars ein.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Wenking, T., Der
Betriebsübergang, Diss. jur. Bonn 1999; Fuchs, B., Betriebliche Sozialleistungen beim
Betriebsübergang, 2000; Willemsen, H./Lembke, M., Die Neuregelung von Unterrichtung und
Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang, NJW 2002, 1159; Schiefer, B. u. a.,
Betriebsübergang, NJW 2003, 3734
Betriebsvereinbarung (§ 77 BetrVG) ist die formbedürftige
Vereinbarung (→Vertrag, str., a. M. Satzung) zwischen
→Arbeitgeber und →Betriebsrat über Angelegenheiten, die zum
Aufgabenbereich des Betriebsrats gehören. Die B. hat teilweise
rechtssetzende (normative) Wirkung (z. B. Bestimmungen über
Abschluss, Inhalt und Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Sie geht
dem →Gesetz und dem →Tarifvertrag nach, dem Einzelarbeitsvertrag
als dessen Mindestinhalt grundsätzlich vor, kann aber einen
Arbeitsvertrag nicht zum Nachteil eines Arbeitnehmers abändern. Sie
ist nicht erzwingbar. Gegen eine einem Tarifvertrag widersprechende
B. gewährt das Bundesarbeitsgericht der Gewerkschaft einen
Anspruch auf Unterlassung.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Waltermann, R., Die
Rechtssetzung durch Betriebsvereinbarung, 1997; Wollgast, K., Geltung, Wirkung und
Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen, 1999
Betriebsverfassung ist die Gesamtheit der die Rechte des
→Arbeitgebers, der →Arbeitnehmer und ihrer Organe
(Betriebsversammlung, Betriebsrat, Betriebsausschuss [bei neun und
mehr Mitgliedern des Betriebsrats], Vorsitzender) im Betrieb in
Bezug auf das Betriebsgeschehen ordnenden Rechtssätze. Sie gründet
sich auf →Gesetz, →Tarifvertrag und →Betriebsvereinbarung und ist
Teil des kollektiven Arbeitsrechts. Ziel der B. ist der Schutz der
Rechte der →Arbeitnehmer sowie ihre Teilhabe am
Betriebsgeschehen.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Hoyningen-Huene, G.
v., Betriebsverfassungsrecht, 5. A. 2002; Etzel, G., Betriebsverfassungsrecht, 7. A.2001; Richardi,
R., Die neue Betriebsverfassung, 2. A. 2002; Praxishandbuch Betriebsverfassungsrecht, hg. v.
Jaeger, G. u. a., 2003
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist das die
→Betriebsverfassung des Arbeitsrechts regelnde Gesetz, das –
abgesehen von den Betrieben des öffentlichen Dienstes – auf die
meisten Betriebe Anwendung findet.
Lit.: Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht; Betriebsverfassungsgesetz, mit einer Einf. v. Thüsing, G., 35. A.
2002; Richardi, R., Betriebsverfassungsgesetz, 9. A. 2004; Fitting, K. u. a.,
Betriebsverfassungsgesetz, 21. A. 2002; Betriebsverfassungsgesetz. Gemeinschaftskommentar, hg.
v. Fabricius, F. u. a., 7. A. 2002; Betriebsverfassungsgesetz, hg. v. Däubler, W. u. a., 8. A. 2002;
Gnade, A., Betriebsverfassungsgesetz, 9. A. 2000; Stege, D./Weinspach, F.,
Betriebsverfassungsgesetz, 8. A. 1999; Siebert, G. u. a., Betriebsverfassungsgesetz, 9. A. 1999
Betriebsverhältnis →Gewaltverhältnis
Betriebsversammlung →Betriebsverfassung
Betriebswirtschaft ist die Gesamtheit der einen Betrieb oder ein
Unternehmer betreffenden Wirtschaftsvorgänge. →Volkswirtschaft
Lit.: Wöhe, G., Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre,
21. A. 2002; Schultz, Basiswissen Betriebswirtschaft, 2003
Betroffener ist die von einem Ereignis betroffene Person. Behauptet
ein B., durch eine Handlung der Verwaltung in seinen Rechten
verletzt zu sein, kann er im Verwaltungsprozess klagen. Der
Betroffene ist grundsätzlich →Beteiligter.
Betrug (§ 263 StGB) ist die durch →Täuschung verursachte
Vermögensschädigung eines andern in rechtswidriger
Vermögensvorteilsverschaffungsabsicht. Erforderlich sind eine – auf
Tatsachen (z. B. Mangel der Zahlungsabsicht) bezogene –
Täuschungshandlung (Vorspiegeln, Entstellen, Unterdrücken), ein
daraus folgender →Irrtum, eine daraus folgende
→Vermögensverfügung (Unterlassen genügt), eine daraus folgende
Vermögensschädigung (nicht notwendig des →Vermögens des
Getäuschten, Gefährdung des Vermögens genügt) und eine
(rechtswidrige) Vorteilsverschaffungsabsicht für sich oder einen
Dritten (z. B. Assistent täuscht durch erschlichene Atteste Krankheit
vor und arbeitet im Krankenstand privatwirtschaftlich, Bewerber
verschweigt im Einstellungsverfahren Tätigkeit bei dem Ministerium
für Staatssicherheit der früheren Deutschen Demokratischen
Republik). Der B. wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar. Besondere Fälle des
Betrugs sind →Anstellungsbetrug, →Eingehungsbetrug,
→Prozessbetrug oder →Sicherungsbetrug, verselbständigte
Sonderfälle Computerbetrug (§ 263a StGB), →Subventionsbetrug (§
264 StGB), Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB), →Kreditbetrug (§
265b StGB), →Versicherungsmissbrauch (§ 265 StGB),
→Automatenmissbrauch, →Leistungserschleichung (§ 265a StGB) u.
a. m. Kein B. durch Unterlassen ist das bloße Ausnutzen einer
Fehlbuchung.
Lit.: Schönke/Schröder, StGB; Tiedemann, K., Wirtschaftsbetrug, 1999; Rengier, R.,
Betrugsprobleme bei vorgetäuschter Zahlungsunfähigkeit, JuS 2000, 644; Berger, S., Der Schutz
öffentlichen Vermögens durch § 263 StGB, 2000
Beugemittel ist das staatliche Mittel zur Erzwingung bestimmter
→Handlungen, →Duldungen oder →Unterlassungen seitens einer
Person. B. sind insbesondere im Verfahrensrecht zulässig (z. B. zur
Erzwingung einer Zeugenaussage [§§ 390 ZPO, 70 II StPO] oder
einer unvertretbaren Handlung oder einer Unterlassung [§§ 888, 890
ZPO]). B. sind →Zwangsgeld (Ordnungsgeld) und ersatzweise
→Zwangshaft (Ordnungshaft).
Lit.: Baumbach, A./Lauterbach, W./Albers, J./Hartmann, P., Zivilprozessordnung, 62. A. 2004;
Pabel, K., Verhängung von Beugehaft durch einen Untersuchungsausschuss, NJW 2000, 788
Beugestrafe →Beugemittel
Beurkundung ist die körperliche Festlegung eines Vorgangs durch
schriftliche Zeichen in einer Urkunde. Sie ist notarielle B. (§ 128
BGB), wenn sie von einem →Notar (rechtswirksam auf deutschem
Staatsgebiet) beurkundet wird, wobei für einen Vertrag grundsätzlich
betrennte B. von Antrag und Annahme genügen. Die notarielle B. ist
in mehreren einzelnen Bestimmungen besonders vorgeschrieben. Für
das Verfahren gilt das Beurkundungsgesetz. Fehlt die für ein
Rechtsgeschäft vorausgesetzte B., ist grundsätzlich das
→Rechtsgeschäft wegen →Formmangels nichtig (§ 125 BGB).
Lit.: Palandt, BGB; Winkler, K., Beurkundungsgesetz, 15. A. 2003; Huhn, D./Schuckmann, H. v.,
Beurkundungsgesetz und Dienstordnung für Notare, 4. A. 2003
Beurteilung ist die auf einen Maßstab bezogene urteilsmäßige
Bewertung. Beamte sind regelmäßig und aus besonderem Anlass
einer dienstlichen B. zu unterziehen. Sie soll sich auf Veranlagung,
Charakter, Bildungsstand, Arbeitsleistung, soziales Verhalten und
Belastbarkeit beziehen und mit einem Gesamturteil (meist
notenähnlich) schließen.
Lit.: Schnellenbach, H., Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter (Lbl.), 3. A. 2002;
Bieler, F., Die dienstliche Beurteilung, 4. A. 2002
Beurteilungsspielraum ist der vom Gesetzgeber durch die
Verwendung wertender unbestimmter →Rechtsbegriffe – im
Gegensatz zu sonstigen unbestimmten Rechtsbegriffen – der
Verwaltung eingeräumte Entscheidungsspielraum (z. B.
Prüfungsentscheidung). Beim B. beschränkt sich die Prüfung durch
die Verwaltungsgerichte darauf, ob die Beurteilung durch die
Verwaltung offensichtlich fehlerhaft ist oder in einem fehlerhaften
Verfahren vor sich gegangen ist. Der B. ist zu trennen vom
→Ermessen und von der Anwendung eines sonstigen unbestimmten
Rechtsbegriffs.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Pieroth, B./Kemm, S., Beurteilungsspielraum und
verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte, JuS 1995, 780
Bevollmächtigung ist die Erteilung einer →Vertretungsmacht
(Vollmacht) durch →Rechtsgeschäft. Sie erfolgt durch einseitige,
empfangsbedürftige Willenserklärung (einseitiges Rechtsgeschäft)
gegenüber dem zu Bevollmächtigenden (Innenvollmacht) oder dem
Dritten (Außenvollmacht), dem gegenüber die Vertretung stattfinden
soll (§ 167 I BGB) und kann in gegenläufiger Weise durch einseitiges
Rechtsgeschäft aufgehoben werden. Sie ist streng zu trennen von dem
ihr regelmäßig zugrundeliegenden →Auftrag oder sonstigen
Innenverhältnis.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Bewährung ist das Bestehen gegenüber Anforderungen. Im
Strafrecht ist bei →Freiheitsstrafen von nicht mehr als einem Jahr
(evtl. zwei Jahren) die →Strafaussetzung zur B. möglich (§ 56 StGB).
Sie erfordert B. während einer Zeit von 2 bis 5 Jahren (§ 56a StGB).
Daneben ist auch die Aussetzung des Strafrests zur B. bei
lebenslanger Freiheitsstrafe möglich (§ 57a StGB). (In Bayern
wurden 2000 fast 70 Prozent der Freiheitsstrafen und Jugendstrafen
zur Bewährung ausgesetzt, wobei in wiederum rund 70 Prozent der
Fälle die B. erfolgreich war.)
Lit.: Lackner/Kühl, StGB; Kunert, K., Kurze Freiheitsstrafe und Strafaussetzung zur Bewährung,
MDR 1969, 705
Bewährungsauflage (§ 56b StGB) ist die von einem Gericht bei
→Strafaussetzung zur Bewährung erteilte Auflage, die der
Genugtuung für das begangene Unrecht dient. Sie kann u. a. in der
Wiedergutmachung des Schadens, der Zahlung eines Geldbetrags an
eine gemeinnützige Einrichtung oder die Staatskasse oder der
Erbringung einer sonstigen gemeinnützigen Leistung bestehen (z. B.
Hilfsdienst). Wird sie nicht erfüllt, ist der Strafrest zu vollstrecken.
Lit.: Schönke/Schröder, StGB; Berndt, S., Bewährungsauflage und Freiheitsstrafe, 1994
Bewährungshelfer (§§ 56d StGB, 24 JGG) ist bei der
→Strafaussetzung zur Bewährung ein Mensch, der dem Verurteilten
helfend und betreuend zur Seite steht. Der B. wird vom →Gericht
bestellt und ist diesem berichtspflichtig. Er wird hauptamtlich (oder
ehrenamtlich) tätig, hat aber kein Weisungsrecht gegenüber dem
Verurteilten.
Lit.: Lackner/Kühl, StGB
Beweggrund ist die ein Verhalten auslösende Ursache. Der B. eines
Menschen kann bei der rechtlichen Bewertung seines Verhaltens
bedeutsam sein. Niedriger B. (§ 211 II StGB) ist bei Mord ein B. des
Täters, der nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster bzw.
niedrigster Stufe steht und deshalb besonders verwerflich, ja
verächtlich ist (z. B. um einen Vollzeitarbeitsplatz eines andern zu
erhalten, nicht Blutrache eines Ostanatoliers, vgl. BGH NJW 1995,
602).
Lit.: Tröndle/Fischer, StGB; Heine, Tötung aus niedrigen Beweggründen, 1988; Gerkan, O. v.,
Niedrige Beweggründe, Diss. jur. Heidelberg 1998
beweglich (Adj.) fortbewegbar
bewegliche Sache →Sache, bewegliche
Beweis ist die überzeugende Darlegung der Richtigkeit oder
Unrichtigkeit einer Vorstellung. Im Verfahrensrecht ist B. das
Verfahren, (vor allem bei Streitigkeit eines Vorbringens einer Partei)
dem →Gericht die Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit
einer Behauptung (Tatsache, Erfahrungssatz, ausländischer
Rechtssatz, Gewohnheitsrechtssatz, Satzungsrechtssatz) zu
verschaffen. Der B. ist entweder unmittelbarer B. oder mittelbarer B.
(Indizienbeweis). Er erfolgt entweder auf Grund Beweisangebots
(Beweisantritt z. B. im Zivilprozess) oder auf Grund Beweisantrags.
Erleichterter B. ist der →Anscheinsbeweis. Der →Strengbeweis
erstrebt die Herbeiführung der vollen Überzeugung des Gerichts in
einem bestimmten Verfahren mit bestimmten Beweismitteln. Beim
→Freibeweis stehen Erhebung, Verfahren und Beweismittel im
Ermessen des Gerichts. Im Zivilprozessrecht bedürfen nur die
streitigen Tatsachen eines Beweises, der auch nur entsprechend dem
Beweisantritt erfolgt. In Verfahren, in denen der
→Untersuchungsgrundsatz gilt, ist die Wahrheit vom Gericht zu
erforschen und dementsprechend Beweis zu erheben. →Beweisrecht
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht; Roxin, Strafverfahrensrecht; Schneider, E., Beweis und
Beweiswürdigung, 5. A. 1994; Eichele, K., Das Beweisbuch für den Anwalt, 1997; Sturmberg, G.,
Der Beweis im Zivilprozess, 1999; Meike, R., Plausibilitätskontrolle und Beweis, NJW 2000, 2230
Beweisantrag ist im →Strafverfahren das Begehren (des
Angeklagten, Verteidigers, Staatsanwalts oder sonstigen
Verfahrensbeteiligten), über eine bestimmte Tatsache durch ein
bestimmtes →Beweismittel →Beweis zu erheben. Einem B. ist im
→Ermittlungsverfahren stattzugeben, wenn der Beweis von
Bedeutung ist (§ 163a II StPO). In der →Hauptverhandlung darf der
zulässige B. nur aus bestimmten Gründen und grundsätzlich nur in
einem begründeten Beschluss abgelehnt werden (§ 244 StPO). Der B.
ist im Übrigen auch in den andern, vom →Untersuchungsgrundsatz
beherrschten Verfahren vorgesehen (z. B. § 86 VwGO).
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht; Hamm, R./Hassemer, W./Pauly, J., Beweisantragsrecht, 2000
Beweisantritt (Beweisangebot) (§ 282 ZPO) ist im Zivilprozessrecht
die Einführung eines →Beweismittels für eine bestimmte
Behauptung.
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO; Puhle, Der unerledigte Beweisantritt, JuS 1990, 296
Beweisaufnahme ist die Erhebung des →Beweises. Sie erfolgt durch
das →Gericht (§§ 355ff. ZPO, 244ff. StPO), doch kann an seine
Stelle ein beauftragter oder ein ersuchter →Richter treten. Sie ist
parteiöffentlich und auf entscheidungserhebliche Tatsachen
beschränkt. Ist das Ergebnis einer erstinstanzlichen B. nicht
verwertbar, so muss das entscheidende Berufungsgericht sämtliche
entscheidungserhebliche Beweise erheben.
Lit.: Baumbach, A./Lauterbach, W./Albers, J./Hartmann, P., Zivilprozessordnung, 62. A. 2004;
Meyer-Goßner, L., Strafprozessordnung, 47. A. 2004; Geimer, E., Internationale Beweisaufnahme,
1997; Balzer, C., Beweisaufnahme und Beweiswürdigung, 2001
Beweiserhebung →Beweisaufnahme
Beweiserhebungsverbot ist das Verbot, über ein bestimmtes
Beweisthema oder durch ein bestimmtes Beweismittel Beweis zu
erheben (z. B. §§ 52ff. StPO).
Lit.: Meyer-Goßner, L., Strafprozessordnung, 47. A. 2004; Störmer, Beweiserhebung, JuS 1994,
238
Beweiserleichterung ist die Erleichterung bezüglich der
Anforderungen an einen Beweis. Sie ist insbesondere im Zivilprozess
zulässig. Verschiedentlich genügt hier der →Anscheinsbeweis.
Lit.: Oberheim, R., Beweiserleichterungen im Zivilprozess, JuS 1996,
636
Beweisgebühr (§ 31 I Nr. 3 BRAGO) ist die für die Vertretung im
Beweisaufnahmeverfahren oder bei der Anhörung oder Vernehmung
einer Partei nach § 613 ZPO anfallende Rechtsanwaltsgebühr (entfällt
seit 1. Juni 2004).
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Beweisinterlokut ist im älteren Prozessrecht eine
Zwischenentscheidung über Beweislast, Beweisthema und
Beweisfrist.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Beweislast ist die Belastung mit dem →Beweis, die zur Folge hat,
dass die Nichtbeweisbarkeit eines Umstands zu Lasten des
Beweislastträgers geht. Die B. trägt grundsätzlich jede →Partei für
die tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Rechtsnorm (z.
B. für Erfüllung Schuldner, für Vertragsänderung der dadurch
Begünstigte), sofern die B. nicht durch Gesetz (oder Rechtsprechung
[Beweislastumkehr]) besonders anders festgelegt ist. Misslingt der
Beweis seitens der beweisbelasteten Partei, so wird der behauptete
Umstand als nicht vorhanden behandelt, so dass die beweisbelastete
Partei im eventuellen Prozess insoweit unterliegt.
Lit.: Rosenberg/Schwab, Zivilprozessrecht; Prütting, H., Gegenwartsprobleme der Beweislast,
1993; Baumgärtel, G., Beweislastpraxis im Privatrecht, 1996; Heinrich, C., Die Beweislast bei
Rechtsgeschäften, 1996; Baumhof, A., Die Beweislast im Verfahren vor dem Europäischen
Gerichtshof, 1996; Bock, J., Begriff, Inhalt und Zulässigkeit der Beweislastumkehr im materiellen
Strafrecht, 2001; Laumen, H., Die Beweiserleichterung bis zur Beweislastumkehr, NJW 2002,
3739; Schmidt, E., Die Beweislast in Zivilsachen, JuS 2003, 1007
Beweismittel ist das Mittel, durch das ein →Beweis geführt werden
kann. Dies sind im Zivilprozessrecht →Augenschein, →Zeuge,
→Sachverständiger, →Urkunde und →Parteivernehmung (§§ 371ff.
ZPO, vgl. 244 StPO, 86 VwGO u. a.). Im Strafprozessrecht sind B.
Augenschein, Zeuge, Sachverständiger und Urkunde, nicht dagegen
die Vernehmung des →Angeklagten.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht; Roxin, Strafverfahrensrecht; Schneider, E., Beweis und
Beweiswürdigung, 5. A. 1994; Eisenberg, U., Persönliche Beweismittel in der StPO, 1993; Becker,
A., Elektronische Dokumente als Beweismittel, 2004
Beweisrecht ist die Gesamtheit der den →Beweis betreffenden
Rechtssätze.
Formatiert: Schriftart: Kursiv
Lit.: Coester-Waltjen, D., Internationales Beweisrecht, 1983; Schneider, E., Beweisrechtsverstöße
in der Praxis, MDR 1998, 997; Eisenberg, U., Beweisrecht der StPO, 4. A. 2002
Beweisregel ist die bestimmte Regel über das Verfahren und die
Würdigung eines →Beweises. Sie schränkt das freie Beweisverfahren
und die freie →Beweiswürdigung ein. Gesetzliche B. ist die durch das
Gesetz gegebene B. (z. B. § 165 ZPO Beweis der
Verhandlungsförmlichkeiten allein durch das Protokoll, § 371 III
ZPO Vereitelung der zumutbaren Einnahme des Augenscheins).
Lit.: Rosenberg/Schwab, Zivilprozessrecht
Beweissicherung (§§ 94, 102, 285 StPO, 98 VwGO) ist die vor der
eigentlichen →Beweisaufnahme zur Sicherung eines →Beweises
erfolgende vorsorgliche Beweiserhebung. Für den Zivilprozess ist mit
Wirkung vom 1. 4. 1991 das sog. selbständige →Beweisverfahren (§§
485ff. ZPO) an die Stelle des bisherigen Beweissicherungsverfahrens
getreten.
Lit.: Spilok, G., Grundfragen der Beweissicherung, 1982; Dörschner, L. Beweissicherung im
Ausland, 2000
Beweisthema ist der Gegenstand des →Beweises (Tatsachen,
Erfahrungssätze, ausländisches Recht, →Satzungsrecht oder
→Gewohnheitsrecht).
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht
Beweisverfahren ist das Verfahren zur Durchführung eines
→Beweises. Das in den §§ 485ff. ZPO (vgl. §§ 98 VwGO, 82 FGO,
118 SGG) geregelte selbständige B. ist ein gerichtliches Verfahren,
bei dem für eine bestimmte Art des Beweises (vor allem durch
Augenschein und Zeugenvernehmung) der Grundsatz der
Unmittelbarkeit der →Beweisaufnahme eingeschränkt wird. Dabei
wird zwischen einvernehmlichem Beweissicherungsverfahren und
streitschlichtendem B. unterschieden. Zulässig ist das selbständige B.,
wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das
Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.
Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig
Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung
einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich.
Lit.: Sturmberg, G., Der Beweis im Zivilprozess, 1999; Weise, S., Selbständiges Beweisverfahren
im Baurecht, 2. A. 2002
Beweisverwertung ist die Verwertung des Beweises für die
Entscheidung eines Rechtsstreits. Sie ist in der Form der
Beweiswürdigung das Ziel der Beweisführung oder
Beweisermittlung. Ihr kann im Einzelfall ein
Beweisverwertungsverbot entgegenstehen.
Beweisverwertungsverbot ist das →Verbot, →Beweise und
Beweisergebnisse zur Entscheidungsfindung zu verwerten, die unter
Verstoß gegen Gesetzesvorschriften gewonnen worden sind (z. B. §§
136a III S. 2 StPO, 393 II AO) oder die nur zur →Verfolgung
bestimmter →Straftaten berechtigen.
Lit.: Meyer-Goßner, L., Strafprozessordnung, 47. A. 2004; Götting, S., Beweisverwertungsverbote,
2001; Meyer-Mews, H., Beweisverwertungsverbote im Strafverfahren, JuS 2004, 39
Beweiswürdigung ist die Bildung der Überzeugung des →Gerichts
von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Tatsache auf Grund der
→Beweisaufnahme. Es gilt der Grundsatz der freien B. (§§ 286 ZPO,
261 StPO, 108 VwGO), doch darf beispielsweise dann, wenn das
Erstgericht eine Feststellung auf die Aussagen mehrerer Zeugen
stützt, das Berufungsgericht eine hiervon abweichende Feststellung
nicht mit der Vernehmung nur eines einzigen der Zeugen begründen.
Der Beweis ist geführt, wenn ein so hoher Grad an
Wahrscheinlichkeit erreicht ist, dass vernünftigerweise keine Zweifel
mehr bestehen (str.). Die Würdigung eines nicht einfachen
Sachverhalts erfordert dabei grundsätzlich auch besondere Sachkunde
des Würdigenden. Im Strafprozessrecht ist im Zweifel zugunsten
([lat.] in dubio pro) des Angeklagten zu entscheiden. Im Zivilprozess
kommt es auf die →Beweislast an.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO; Schneider, E., Beweis und
Beweiswürdigung, 5. A. 1994; Balzer, C., Beweisaufnahme und Beweiswürdigung, 2001;
Hohlweck, M., Die Beweiswürdigung, JuS 2002, 1105
Bewertung ist die Ermittlung des Werts eines Gegenstands oder einer
Leistung. Im Steuerrecht bestehen mehr oder weniger feste Regeln für
die B. (§ 6 I EStG, Bewertungsgesetz), wobei von den
Anschaffungskosten oder Herstellungskosten auszugehen ist, von
denen die Absetzung für Abnutzung abzuziehen ist. Im Handelsrecht
ist bei der B. der im Jahresabschluss ausgewiesenen
Vermögensgegenstände der Wert im Zeitpunkt der Aufstellung des
→Inventars oder der →Bilanz zu Grund zu legen (§§ 252ff., 279ff.
HGB).
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht; Rössler, R./Troll, M., Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz
(Lbl.), 4. A. 2003; Großfeld, B., Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. A.
2002; Horschitz, H., Bewertungsrecht, Grundsteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer, 15. A. 2001;
Kulzer, T., Die Bewertung von Grundvermögen im Steuerrecht, 2000; Kreutziger, S./Lindberg,
K./Schaffner, M., Bewertungsgesetz, 2002
Bewilligung (z. B. §§ 8f. WHG) ist im Verwaltungsrecht die
Begründung eines subjektiv-öffentlichen Rechts auf Sondergebrauch
(→Sondernutzung) einer öffentlichen →Sache. Sie erstreckt sich
meist nur auf eine bestimmte Art der Nutzung und ist vielfach von
besonderen Voraussetzungen abhängig. Im Sachenrecht (§ 19 GBO)
ist B. einer Eintragung in das →Grundbuch die Erklärung des durch
die Eintragung formell Betroffenen (z. B. Veräußerer), mit der
Eintragung einverstanden zu sein. Sie ist Voraussetzung für eine
Eintragung. Die B. ist durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte
Urkunden nachzuweisen (§ 29 GBO). Demgegenüber bedarf der
Nachweis der Berechtigung zur Stellung eines Antrags nicht dieser
Form. →Ausnahme, Erlaubnis
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Demharter, GBO
bewusst (Adj.) wissentlich
bewusste Fahrlässigkeit →Fahrlässigkeit, bewusste
Bewusstlosigkeit ist das Fehlen des Bewusstseins. Die B. schließt im
Schuldrecht (§ 827 BGB) wie im Strafrecht eine (zurechenbare)
→Handlung aus. Eine in der B. abgegebene →Willenserklärung ist
nichtig (§ 105 BGB).
Lit.: Palandt, BGB
Bewusstsein ist die klare geistige Verfassung.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil
Bewusstseinsstörung ist die Störung des Bewusstseins
(Bewusstseinstrübung und Bewusstseinsbeeinträchtigung), bei
welcher der Einfluss des normalen →Bewusstseins des Handelnden in
erheblichem Maß ausgeschaltet ist. Tiefgreifende B. (§ 20 StGB) ist
die B., die das Persönlichkeitsgefüge in schwerwiegender Weise
beeinträchtigt. Sie kann im Strafrecht →Schuldunfähigkeit oder
verminderte →Schuldfähigkeit begründen.
Lit.: Lackner/Kühl, StGB
Beziehung ist die Verbindung zu einer Person oder Sache.
Diplomatische Beziehung ist die durch diplomatische Vertreter
vermittelte Beziehung zwischen Völkerrechtssubjekten. Die
Aufnahme der diplomatischen Beziehungen kann ein Ausdruck für
Anerkennung eines →Staats sein.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Bezirk ist der örtliche Zuständigkeitsbereich (z. B.
Regierungsbezirk), dem eine kommunale →Gebietskörperschaft
entsprechen kann.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.; Deutelmoser, A., Die Rechtsstellung der
Bezirke in den Stadtstaaten, 2000
Bezirksgericht war bis 1994 in den Gebieten der ehemaligen
Deutschen Demokratischen Republik das Gericht eines Bezirks, das
teilweise Eingangsgericht (z. B. Finanzgerichtsbarkeit, z. T.
Strafgerichtsbarkeit), teilweise Rechtsmittelgericht war.
Bezirksnotar ist das besondere, für Beurkundungen zuständige
Organ der Rechtspflege in den ehemals zu Württemberg gehörenden
Teilen →Baden-Württemberg, das u. a. Aufgaben eines →Notars
wahrnimmt, doch nicht der Bundesnotarordnung unterstellt ist.
Bezogener ist die Person, die aus einem →Wechsel oder →Scheck
zahlen soll (Art. 1 WG, Art. 1 ScheckG). Der Bezogene ist an der
Ausstellung des Wertpapiers nicht beteiligt und deswegen durch sie
nicht verpflichtet. Verpflichtet wird der Bezogene erst durch die
→Annahme des Wechsels (Art. 28 I WG, ein Scheck kann nicht
angenommen werden).
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Bezugnahme ist der abkürzende Hinweis auf einen andern Vorgang.
Lit.: Fischer, Bezugnahmen in Tatbeständen und Schriftsätzen, JuS
1995, 535
Bezugsrecht (§ 186 I 1 AktG) ist das gesetzliche Recht jedes
→Aktionärs auf Zuteilung eines entsprechenden Anteils neuer
→Aktien. Es besteht nur bei Neuausgabe von Aktien, auf die jedoch §
186 AktG keinen Anspruch gibt. Das B. kann ausgeschlossen sein.
Lit.: Baumbach/Hueck, AktG; Bagel, F., Der Ausschluss des Bezugsrechts in Europa, 1999;
Hofmeister, H., Der erleichterte Bezugsrechtsausschluss, 2000
BFH →Bundesfinanzhof
BGH →Bundesgerichtshof
Bibliographie ist das Verzeichnis von Büchern und andern
Druckwerken.
Lit.: Deutsche Bibliographie (Frankfurt); Totok/Weitzel/Weimann, Handbuch der bibliographischen
Nachschlagewerke, 6. A. 1984; Internationale Bibliographie der Zeitschriftenliteratur aus allen
Gebieten des Wissens (IBZ), hg. v. Zeller, O., Jahresverzeichnis der deutschen Hochschulschriften,
bearb. v. d. Deutschen Bücherei, Leipzig; Karlsruher juristische Bibliographie (KJB); Hoffmann,
G., Bibliographie der deutschen Rechtsbibliographien, 1994
Bibliothek ist der sachgemäße Aufbewahrungsort für Bücher.
Lit.: Lansky, R., Handbuch der juristischen Bibliotheken, 1993
Bibliotheksrecht ist die Gesamtheit der Bibliotheken betreffenden
Rechtssätze
Lit.: Kirchner, H., Grundriss des Bibliotheks- und Dokumentationsrechts, 2. A. 1993
Bienenrecht ist die Gesamtheit der Bienen betreffenden besonderen
Rechtssätze (§§ 961ff. BGB).
Lit.: Schwendner, J., Handbuch Bienenrecht, 1989
Bierlieferungsvertrag ist der auf die Lieferung von Bier durch eine
Brauerei an einen Gastwirt gerichtete Vertrag
(→Dauerschuldverhältnis). Er wird meist mit der Überlassung von
Inventar verknüpft. Eine Dauer bis zu 15 Jahren wird trotz ihrer
Bindungswirkung als unbedenklich angesehen (noch kein
Knebelungsvertrag).
Lit.: Wahl, F., Der Bierlieferungsvertrag, 1993
Bigamie →Doppelehe
Bilanz (§§ 242ff. HGB, 152ff. AktG, 4, 5 EStG) ist die
zusammengefasste Gegenüberstellung der aktiven und passiven Werte
einer Person, aus der sich das Verhältnis des →Vermögens und der
→Schulden (Reinvermögen) ergibt. Handelsbilanz ist eine den
Vorschriften des Handelsrechts (§§ 238ff. HGB), Steuerbilanz eine
den Vorschriften des Steuerrechts entsprechende, der Ermittlung der
Bemessungsgrundlagen der Steuer dienende B. (Ertragsteuerbilanz).
Die Eröffnungsbilanz wird bei Beginn des Handelsgewerbes, die
Jahresbilanz am Schluss des Geschäftsjahrs errichtet. Vom Jahr 2000
an müssen kleine Gesellschaften (weniger als 50 Beschäftigte,
weniger als 6,7 Millionen Euro Umsatz, weniger als 3,3 Millionen
Euro Bilanzsumme) ihre Jahresbilanz bei dem Registergericht
einreichen. Mittlere Gesellschaften müssen eine Gewinn- und
Verlustrechnung in verkürzter Form und einen Lagebericht beifügen.
Große Gesellschaften (mehr als 250 Beschäftigte, mehr als 26,9
Millionen Euro Umsatz, mehr als 13,5 Millionen Euro Bilanzsumme)
müssen den Jahresabschluss mit Lagebericht im Bundesanzeiger
Deutschlands veröffentlichen.
Lit.: Beck’scher Bilanzkommentar, begr. v. Budde, hg. v. Berger, A. u. a., 5. A. 2003; Wöhe, G.,
Die Handels- und Steuerbilanz, 4. A. 2001; Federmann, Bilanzierung nach Handelsrecht und
Steuerrecht, 11. A. 2000; Winnefeld, R., Bilanz-Handbuch, 3. A. 2002; Scheffler, E., Bilanzen
richtig lesen, 5. A. 2001; Brönner, H., Bilanzierung und Besteuerung der Unternehmen, 2000;
Niemann, U., Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung, 2000
Bilanzrecht ist die Gesamtheit der das Ob und Wie der Aufstellung
einer →Bilanz betreffenden Rechtssätze. Wesentliche Grundsätze des
Bilanzrechts sind Klarheit, Vollständigkeit, Wahrheit und Kontinuität
der Bilanz sowie Vorsicht bei ihrer Errichtung. Das B. ist in den §§
238ff. HGB ausführlich geregelt. Davon gilt das allgemeine B. für
alle Kaufleute. Die §§ 264ff. HGB finden nur auf
Kapitalgesellschaften (außer GmbH, str.) Anwendung.
Lit.: Beck’scher Bilanzkommentar, hg. v. Budde, W. u. a., 4. A. 1999; Moxter, A.,
Bilanzrechtsprechung, 5. A. 1999; Hommelhoff, P., Europäisches Bilanzrecht im Aufbruch,
RabelsZ 62 (1998); Wiedmann, H., Bilanzrecht, 2. A. 2003; Biener, H., Das neue HGB-Bilanzrecht,
2000; HGB-Bilanzrecht, hg. v. Ulmer, P., 2002; Bilanzrecht (Lbl.), hg. v. Baetge, J. u. a., 2002
Bild (Bildnis) ist die auf Dauer angelegte sichtbare Wiedergabe eines
Umstands. Für das herkömmliche B. gilt die Kunstfreiheit. Jeder
Mensch hat ein grundsätzlich uneingeschränktes Recht
(Persönlichkeitsrecht) am eigenen B., das bis zu 10 Jahren nach
seinem Tod von den Angehörigen wahrgenommen wird.
Lit.: Neumann-Klang, S., Das Recht am eigenen Bild, 1999; Mesic,
A., Das Recht am eigenen Bild, 2000
Bildung ist die Formung des Menschen durch Auseinandersetzung
mit den Gedanken vorbildlicher anderer Menschen.
Lit.: Anweiler, O., Bildungssysteme in Europa, 4. A. 1996; Luthe, E., Bildungsrecht, 2003
Bildungsverwaltungsrecht →Kulturverwaltungsrecht
Lit.: Böck, M., Deutsches Bildungsverwaltungsrecht und Europa, 1996
Bill of Rights ist das in England 1689 ergangene Gesetz, das den
Bürgern bestimmte Rechte und Freiheiten gegenüber dem König
gewährt.
Lit.: Menger, Verfassungsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
billig (Adj.) gerecht
Lit.: Arzt, G., Die Ansicht aller billig und gerecht Denkenden, 1962
Billigkeit (lat. [F.] aequitas) ist die allgemein einsichtige natürliche
Gerechtigkeit. Die B. kann u. U. zur Milderung der Härten des
geltenden Rechts berücksichtigt werden. Dogmatisch erfolgt dies – im
Privatrecht – durch Heranziehung des Grundsatzes von →Treu und
Glauben (§ 242 BGB) sowie im Schadensersatzrecht auf Grund von §
829 BGB. Im Steuerrecht können auf Grund der B. unter Umständen
→Steuern erlassen, erstattet oder angerechnet werden (§ 227 AO).
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil; Hoyningen-Huene, G. Frhr. v., Die Billigkeit im
Arbeitsrecht, 1978
Billigkeitshaftung (Billigkeitsersatzpflicht) (§ 829 BGB) ist im
Schuldrecht die aus Gründen der →Billigkeit festgelegte →Haftung
einer wegen fehlender →Schuldfähigkeit nicht verantwortlichen
Person für einen von ihr verursachten →Schaden. Dieser ist insoweit
zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach
den (wirtschaftlichen) Verhältnissen der Beteiligten, eine
Schadloshaltung erfordert und dem Betroffenen nicht die Mittel
entzogen werden, deren er zum angemessenen →Unterhalte sowie zur
Erfüllung seiner gesetzlichen →Unterhaltspflicht bedarf. Sie ergänzt
die Verschuldenshaftung um Haftung ohne Verschulden.
Lit.: Jauernig, BGB; Geilen, G., Beschränkte Deliktsfähigkeit, Verschulden und Billigkeitshaftung
(§ 829 BGB), FamRZ 1965, 401
Bindung ist die Einschränkung der Freiheit durch eine Verpflichtung.
Bindungswirkung ist die Bindung einer →Behörde oder eines
→Gerichts an den Inhalt einer →Entscheidung einer andern Behörde
oder eines Gerichts oder an einen sonstigen Umstand. Sie findet sich
vielfach. Insbesondere wirken Entscheidungen des
→Bundesverfassungsgerichts nach § 31 BVerfGG allgemein bindend.
Das →Revisionsgericht ist grundsätzlich an die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz, das Untergericht an die rechtliche
Beurteilung durch das Revisionsgericht gebunden. Die eigene
Entscheidung bindet ein Gericht grundsätzlich nicht (str., beachte §
318 ZPO). Dagegen ist das Gericht regelmäßig an die →Anträge der
→Parteien gebunden (§ 308 ZPO). Behörden müssen von dem
Bestand und dem Inhalt eines bestehenden →Verwaltungsakts
ausgehen. Rechtsgestaltende und feststellende Verwaltungsakte
binden grundsätzlich auch die Verwaltungsgerichte. Behörden können
sich außerdem durch gleichmäßige Entscheidungen eine
→Selbstbindung auferlegen.
Lit.: Lee, B., Voraussetzungen der Bindungswirkung, 1999; Lüke, G., Die Bindungswirkung im
Zivilprozess, JuS 2000, 1042
Binnenmarkt ist der Markt innerhalb der Grenzen eines einheitlichen
Wirtschaftsgebiets (z. B. Europäische Gemeinschaft) im Gegensatz
zum Außenhandelsmarkt.
Binnenschifffahrt ist die Schifffahrt auf Binnenwasserstraßen, für
die das Binnenschifffahrtsgesetz vom 8. 1. 1969 gilt.
Lit.: Goette, W., Binnenschifffahrtsrecht, 1995; Binnenschifffahrtsstraßenordnung, hg. v. Schmitt,
H., 6. A. 2000
Bischof (Aufseher) ist im →Kirchenrecht der oberste Geistliche eines
größeren kirchlichen Bezirks (Diözese, Landeskirche). Der B. der
katholischen Kirche wird vom Papst meist auf Grund einer Wahl
durch das Domkapitel ernannt, wobei der Papst u. U. politische
Bedenken des jeweiligen Staats zu berücksichtigen hat. Der B. hat im
kirchlichen Bereich gesetzgebende und rechtsprechende Gewalt.
Lit.: Erler, Kirchenrecht; Bier, G., Die Rechtsstellung des Diözesanbischofs, 2001
BJM →Bundesjustizministerium
BKA →Bundeskriminalamt
Blankett ist die mindestens in einem Punkt (z. B. Leistungszeit,
Kaufpreis) unvollständige, vom Aussteller aber unterschriebene
→Urkunde, die von dem durch die Begebung als ermächtigt
anzusehenden Inhaber abredegemäß vervollständigt werden darf und
dadurch wirksam wird.
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil; Fischer, G., Die Blanketterklärung, 1979
Blankettgesetz ist das mindestens in einem Punkt unvollständige,
noch ausfüllungsbedürftige Gesetz (z. B. § 315a I Nr. 2 StGB).
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht; Enderle, B., Blankettstrafgesetze, 2000
Blankettmissbrauch ist die abredewidrige Ausfüllung eines
Blanketts, bei der der Ermächtigende die damit entstehende Erklärung
nicht anfechten kann, sondern für den von ihm mitverursachten
Rechtsschein einstehen muss.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Blankettvorschrift (Blankettgesetz, Blankettverordnung) ist die
→Vorschrift, die zwar eine →Rechtsfolge festlegt, die Bestimmung
der Voraussetzungen aber andern Rechtsquellen überlässt (z. B.
Ausführungsvorschriften). Sie ist zulässig. Sie muss aber mindestens
eine Ermächtigungsvorschrift für die Ausfüllung enthalten.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
blanko (Adv.) weiß, unausgefüllt
Blankogeschäft ist das gegenüber einer noch nicht endgültig
bestimmten Person vorgenommene oder mit einem noch nicht
endgültig bestimmten Inhalt vereinbarte Geschäft, bei dem der
Geschäftsgegner regelmäßig die →Ermächtigung, die noch offenen
Teile des Geschäfts – innerhalb eines ausdrücklich oder sinngemäß
vereinbarten Rahmens – zu bestimmen, erhält. Bleibt er nicht im
Rahmen der Ermächtigung, so handelt er treuwidrig und kann
schadensersatzpflichtig werden. Dritte brauchen die Beschränkung
regelmäßig nicht gegen sich gelten zu lassen.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil; Wimmer-Leonhardt, S., Rechtsfragen der Blankourkunde, JuS
1999 L 81
Blankoindossament ist das →Indossament, das die Person des
Indossatars (Erwerbers) offen lässt.
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Blankounterschrift ist die (grundsätzlich zulässige) Unterschrift
unter eine inhaltlich noch nicht endgültig festgelegte Erklärung. Eine
B. unter einen Antrag auf Abschluss eines
Lebensversicherungsvertrags ist unwirksam. Eine nur mündlich
erteilte Ermächtigung zur Ausfüllung einer Blankobürgschaft hat die
Nichtigkeit der Bürgschaftserklärung wegen Formmangels zur Folge.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil
Blankovollmacht ist die inhaltlich nicht bestimmt festgelegte
→Vollmacht.
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil
Blankowechsel ist der – etwa hinsichtlich der Wechselsumme – noch
nicht vollständig ausgefüllte →Wechsel.
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Blankozession ist die →Abtretung – mit Abtretungsurkunde –, bei
der die Person des neuen →Gläubigers noch nicht endgültig bestimmt
ist. Der Empfänger ist ermächtigt, sich selbst oder einen beliebigen
Dritten als Neugläubiger – durch Ausfüllung des Blanketts – zu
bestimmen. Die B. ist zulässig.
Lit.: Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht
Blasphemie (F.) Gotteslästerung
Bleiberecht ist das Recht, an einem Ort zu bleiben. Ein Ausländer
kann ein B. in Deutschland haben. Verzögert er nach Ablehnung eines
Asylantrags seine Ausreise missbräuchlich, hat er kein B. in
Deutschland mehr.
Lit.: Renner, G., Ausländerrecht, 7. A. 1999
Blockade ist die Absperrung eines Gebiets gegenüber andern
Gebieten. Sie ist nur zulässig, sofern sie dem →Völkerrecht nicht
widerspricht. Blockadebrecher können festgenommen werden.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Blockwahl ist die →Wahl, bei welcher der Wähler in einem
einheitlichen Wahlvorgang ebenso viele Kandidaten wählen muss wie
Stellen durch die Wahl zu besetzen sind.
Blutalkohol ist der Alkohol bzw. der Alkoholgehalt des Bluts. Das
Führen eines Kraftfahrzeugs im →Straßenverkehr mit einem
Blutalkoholgehalt von 0,5 Promille (Gefahrengrenzwert) oder mehr
ist rechtswidrig (§ 24a StVG) und mit Fahrverbot sowie Geldbuße bis
1500 Euro bedroht. Das Führen von Fahrzeugen nach Genuss
alkoholischer Getränke kann strafbar sein. →Fahruntüchtigkeit
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Forster, B./Joachim, H., Alkohol und Schuldfähigkeit,
1997; Hentschel, P., Neuerungen bei Alkohol und Rauschmitteln im Straßenverkehr, NJW 1998,
2385
Blutprobe ist die geringe Menge Blut sowie die Entnahme von
geringen Mengen Bluts zur Untersuchung des Bluts. Sie ist besonders
bedeutsam im Strafverfahrensrecht, in dem sie der Ermittlung des
Gehaltes an →Blutalkohol eines Menschen dient, von dem aus auf die
Fahrtüchtigkeit geschlossen wird. Sie ist nach den §§ 81a, 81c StPO
grundsätzlich auch zwangsweise zulässig, muss aber durch einen Arzt
durchgeführt werden. Im Zivilprozessrecht ist die B. zulässig, soweit
dies zur Feststellung der Abstammung einer Person erforderlich ist (§
372a ZPO).
Lit.: Meyer-Goßner, L., Strafprozessordnung, 47. A. 2004; Schellhammer, K., Blutentnahme durch
Medizinalassistenten, NJW 1972, 319
Blutrache ist im älteren Recht die (erlaubte) eigenmächtige
Vergeltung einer Verletzung durch eine neue Verletzung (Selbsthilfe),
die schon früh durch das sich erweiternde Gewaltmonopol des
entstehenden Staats zurückgedrängt wird. →Fehde
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Blutschande (Inzest) (§ 173 StGB) ist der →Beischlaf zwischen
nahen leiblichen →Verwandten (leibliche Abkömmlinge, leibliche
Verwandte aufsteigender Linie, leibliche Geschwister). Die Tat wird
mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Abkömmlinge und Geschwister werden nicht nach § 173 StGB
bestraft, wenn sie zur Zeit der Tat noch nicht 18 Jahre alt waren.
Lit.: Lackner/Kühl, StGB
Boden ist die obere Schicht der Erdkruste. § 2 BodSchG zählt die
flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und die gasförmigen
Bestandteile (Bodenluft) ohne Grundwasser und Gewässerbette zum
B. hinzu. Der B. wird rechtlich durch das Bodenschutzgesetz
geschützt.
Bodenaltertum ist der vorgeschichtlich oder geschichtlich
bedeutsame Gegenstand auf oder in einem →Grundstück. Nach
Landesgesetzen (Art. 109 EGBGB) besteht für das Graben nach
Bodenaltertümern eine Erlaubnispflicht und für Funde von
Bodenaltertümern eine Anzeigepflicht. Privatrechtlich ist das B.
→Schatz (§ 984 BGB).
Lit.: Palandt, BGB
Bodenbefreiung ist die Lösung der →Grundstücke der →Bauern aus
den grundherrschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen zu Beginn des
19. Jahrhunderts.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Bodenkredit ist das →Darlehen (Kredit), das durch Grundstücke
abgesichert ist (vgl. §§ 1113ff. BGB, Realkredit). Der B. wird von
besonderen privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisierten
Bodenkreditinstituten gewährt, welche die erforderlichen
Darlehensmittel durch die Ausgabe von →Pfandrechten beschaffen.
Die wichtigsten Sicherungsmittel sind →Grundschuld und
→Hypothek.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Bodenordnung ist die rechtliche Ordnung der Nutzung von
→Grundstücken im Sinne der in den →Bauleitplänen aufgestellten
städtebaulichen Ziele.
Lit.: Fröhler, L., Bodenordnung und Planungsrecht, 1990
Bodenrecht ist die Gesamtheit der →Grundstücke betreffenden
Rechtssätze des privaten Rechts und öffentlichen Rechts.
Lit.: Ernst, W., Das öffentliche Bau- und Bodenrecht, Raumplanungsrecht, 2. A. 1981
Bodenreform ist die Änderung des Inhalts oder der Verteilung des
Rechts an →Grundstücken.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Ernst, W., Das öffentliche Bau- und Bodenrecht,
Raumplanungsrecht, 2. A. 1981
Bodenschatz (§§ 3ff. BBergG) ist der im Boden enthaltene
mineralische Rohstoff (außer Wasser) und das im Boden enthaltene
Gas. Die Bodenschätze stehen teils im Eigentum des
Grundstückseigentümers. Grundsätzlich gilt das →Bergrecht für sie.
Lit.: Schulte, H., Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, 1996;
Handbuch Recht der Bodenschätzegewinnung, hg. v. Müller, W. u. a., 2000
Bodenschutz ist der Schutz des Bodens gegen schädliche
Umwelteinflüsse. Ziel des →Bodenschutzgesetzes (vom 17. 3. 1998)
ist es insbesondere, schädliche Bodenveränderungen abzuwehren und
Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen.
Erhöht sich der Verkehrswert eines Grundstücks durch eine
Maßnahme eines Hoheitsträgers, so hat der Eigentümer einen
Wertausgleich an den Kostenträger zu leisten.
Lit.: Brückmann, W., Bodenschutz in der Europäischen Union, 1994
Bodenverkehrsgenehmigung ist die Genehmigung bestimmter
Rechtshandlungen, welche die planmäßige Bebauung eines
→Grundstücks erschweren oder vereiteln oder auf eine planwidrige
Bebauung abzielen (z. B. § 19 BBauGB).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Simon, A./Borries, R. v., Die Genehmigungsfiktion im
Bodenverkehrsrecht, NJW 1968, 1759
bona fides (F.) ([lat.] gute Treue) ist im römischen Recht
ursprünglich die Verpflichtungsgrundlage bestimmter
Verbindlichkeiten, dann ein Maßstab für das Schuldverhältnis
überhaupt (bona fide, in guter Treue) und schließlich Grundlage des
guten →Glaubens.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Bonitarisch ist im römischen Recht die sachenrechtliche oder
erbrechtliche Stellung, die nur durch die Anerkennung seitens des
→Prätors geschützt ist und in Gegensatz zu zivil oder quiritisch steht
(z. B. bei Eigentum oder Erbrecht).
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Bonität (F.) Güte
Bonus (M.) Gutschrift
Bordell ist das auf Gewinnerzielung gerichtete Unternehmen, dessen
Inhaber mehrere von ihm abhängige Menschen (meist Frauen) zur
→Prostitution bereithält. Das Unterhalten oder Leiten eines Bordells
oder bordellartigen Betriebs ist als Förderung der Prostitution strafbar
(§ 180a StGB). Die Prostitution wird mehr und mehr als zulässiges
und damit steuerpflichtiges Gewerbe anerkannt.
Lit.: Lackner/Kühl, StGB
Börse (zu griech. byrsa Haut) ist der regelmäßig an bestimmtem Ort
zu bestimmter Zeit stattfindende besondere Markt für vertretbare
Sachen (→Waren und →Wertpapiere). Auf der B. werden Angebot
und Nachfrage zusammengeführt und durch bestimmte Festsetzung
von Preisen seitens des Börsenvorstands in größtmöglichem Umfang
ausgeglichen. Börsengeschäfte sind Kassageschäfte (Erfüllung
alsbald) oder Börsentermingeschäfte (Erfüllung zu späterem Termin).
Das Recht der B. ist im Börsengesetz geregelt. Die Errichtung einer
B. bedarf staatlicher Genehmigung (§ 1 BörsG).
Lit.: Claussen, C., Bank- und Börsenrecht, 3. A. 2003; Schanz, K., Börseneinführung, 2. A. 2002;
Schlüter, U., Börsenhandelsrecht, 2. A. 2002; Lenenbach, M., Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002
Börsengesetz ist das das Recht der Börsengeschäfte regelnde Gesetz.
Lit.: Schwark, E., Börsengesetz, 2. A. 1994
böser Glaube →Bösgläubigkeit
Bösgläubigkeit ([lat.] mala fides [F.]) ist regelmäßig das Wissen oder
grobfahrlässige Nichtwissen um einen rechtlich bedeutsamen
Umstand. Nach § 932 II BGB schließt B. hinsichtlich des fehlenden
Eigentums des Veräußerers den (gutgläubigen) →Erwerb des
→Eigentums an einer beweglichen →Sache aus. Ähnliches gilt für
andere Fälle des gutgläubigen Erwerbs. Beim Erwerb eines
Grundstücksrechts schadet grundsätzlich nur positive Kenntnis des
Fehlens der Berechtigung (§ 892 BGB).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Westermann, H., Die Grundlagen des Gutglaubensschutzes, JuS
1963, 1
Bote ist der Mensch, der für einen andern ohne eigene Willensbildung
eine Erklärung empfängt (Empfangsbote) oder abgibt
(Erklärungsbote). Der B. ersetzt nur einen Brief und kann
geschäftsunfähig sein. Er ist deshalb streng vom →Vertreter
(→Stellvertreter) zu unterscheiden und bei Auftreten als Vertreter
grundsätzlich als Vertreter ohne Vertretungsmacht zu behandeln. Der
→Irrtum (Übermittlungsirrtum) des Erklärungsboten kann nach den
§§ 120, 119 BGB ein Anfechtungsrecht seines Geschäftsherrn
begründen.
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil; Hueck, G., Bote - Stellvertreter im Willen – Stellvertreter in
der Erklärung, AcP 152, 432
Botschafter →Gesandter
Boykott ist die Ächtung von →Arbeitgebern oder →Arbeitnehmern
durch die jeweils andere Partei, die alle Rechtsbeziehungen zu dem
Geächteten ablehnt und ihm damit die Möglichkeit der Teilnahme am
Arbeitsleben nimmt. Auch das Wettbewerbsrecht kennt den B. Der B.
kann u. U. rechtswidrig sein und →Schadensersatzansprüche (§§ 823
I, 826 BGB, 1 UWG) oder ausnahmsweise auch Strafbarkeit
begründen (§ 15 UWG).
Lit.: Möllers, T., Zur Zulässigkeit des Verbraucherboykotts, NJW 1996, 1374; Bergerhoff, M.,
Nötigung durch Boykott, 1998; Beisenwenger, R., Der nichtwettbewerbliche Boykott, 1998
BP →Bundespost
Brandenburg ist seit 3. 10. 1990 das zwischen MecklenburgVorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Polen gelegene, Berlin
umschließende Land der Bundesrepublik Deutschland. Seine
Verfassung stammt vom 20. 8. 1992. Sein Verwaltungsaufbau ist
zweistufig.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Gesetze des Landes Brandenburg, hg. unter Beratung v. Knöll,
H., (Lbl.), 35. A. 2003; Handbuch der Verfassung des Landes Brandenburg, hg. v. Simon, H. u. a.,
1994; Landesrecht Brandenburg, hg. v. Brünneck, A. v., 9. A. 2003
Brandstiftung (§ 306 StGB) ist das Inbrandsetzen oder durch
Brandlegung ganze oder teilweise Zerstören besonders genannter
Gegenstände, die fremdes →Eigentum sind. Qualifizierte Fälle der B.
sind schwere B. (§ 306a StGB, beachte § 306a II StGB, der auch
nichtfremde Sachen erfasst) und besonders schwere B. (§ 306b
StGB). Strafbar sind auch fahrlässige B. (§ 306d StGB) und
Herbeiführen einer Brandgefahr (§ 306f StGB). Möglich ist tätige
Reue des Täters (§ 306e StGB).
Lit.: Tröndle/Fischer, StGB; Rengier, R., Die Brandstiftungsdelikte, JuS 1998, 397; Radtke, H., Die
Dogmatik der Brandstiftungsdelikte, 1998
Brauch ist das tatsächlich innerhalb einer Personenmehrheit geübte
Verhalten. Der B. unterscheidet sich vom →Recht dadurch, dass er
keine rechtliche, sondern nur eine sonstige gesellschaftliche
Sollensnorm beinhaltet. Aus dem B. kann Recht werden
(→Gewohnheitsrecht), und Recht kann den B. beeinflussen. Der B.
kann zur rechtlichen Bewertung eines Verhaltens herangezogen
werden. Ein Sonderfall des Brauchs ist der →Handelsbrauch (§ 346
HGB).
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Braut ist im frühmittelalterlichen deutschen Recht die neuvermählte
junge Frau, später die Verlobte.
Lit.: Hübner, R., Deutsches Privatrecht; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
Bremen ist das von Niedersachsen eingeschlossene, B. und
Bremerhaven umfassende →Bundesland (Freie Hansestadt B.). Seine
Landesverfassung stammt vom 21. 10. 1947. Seine Organe sind
→Bürgerschaft und →Senat.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Neumann, Die Verfassung der Freien Hansestadt Bremen, 1996;
Sammlung des bremischen Rechts, hg. v. Schefold, D., 10. A. 2003
Brevi manu traditio (F.) ([lat.] Übergabe kurzer Hand) (§ 929 S. 2
BGB) ist der Name einer besonderen Art der →Übereignung
beweglicher →Sachen, die voraussetzt, dass der Erwerber bereits im
→Besitz der Sache ist, so dass die Einigung über den
Eigentumsübergang zur Übereignung genügt und eine Übergabe der
Sache ausscheidet. →longa manu traditio
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Brief ist die kurze schriftliche Mitteilung (eines Menschen an einen
andern) bzw. die Urkunde. Die Beförderung von Briefen bis 200
Gramm Gewicht und bis zum fünffachen Porto eines Standardbriefs
ist nach dem Postgesetz (befristet) nur der Deutschen Post AG
erlaubt, doch sind für qualitativ höherwertige Dienste (z. B.
taggleiche Zustellung) auch andere Unternehmer zugelassen. Der
Absender eines Briefs darf darauf vertrauen, dass die für den
Normalfall der Beförderung festgelegten Postlaufzeiten eingehalten
werden.
Briefgeheimnis (Art. 10 GG) ist im Verfassungsrecht die die
Tatsache und den Inhalt von →Briefen schützende
Geheimhaltungspflicht der Staatsorgane und Beförderungspersonen.
Das B. ist unverletzlich. Im Strafrecht ist die Verletzung des
Briefgeheimnisses strafbar (§ 202 StGB, Freiheitsstrafe bis zu 2
Jahren oder Geldstrafe). →Korrespondenzgeheimnis
Lit.: Haft, Strafrecht Besonderer Teil; Riegel, R., Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post-, und
Fernmeldegeheimnisses, 1997
Briefgrundschuld ist die durch Erteilung eines Grundschuldbriefs
verkehrsfähiger gestaltete →Grundschuld.
Lit.: Schwab, K./Prütting, H., Sachenrecht, 31. A. 2003
Briefhypothek ist die durch Erteilung eines →Hypothekenbriefs
verkehrsfähiger gestaltete →Hypothek. Sie entsteht nach § 1116 I
BGB bei der Bestellung einer Hypothek, wenn die Erteilung eines
Hypothekenbriefs nicht besonders ausgeschlossen wird. Die B. wird
grundsätzlich durch schriftliche Forderungsabtretung und Übergabe
des Hypothekenbriefs übertragen (§ 1154 I BGB).
Lit.: Wolf, Sachenrecht
Briefmarke ist das als Quittung für vorausgezahlte
Postbeförderungsgebühr verkaufte aufklebbare Wertzeichen. Die B.
ist Inhaberpapier (§ 807 BGB). Streitig ist, ob sie amtliches
→Wertzeichen (§ 148 StGB) ist.
Lit.: Weipert, S., Die Rechtsnatur der Briefmarke, Diss. jur. Kiel 1996; Bohnert, J.,
Briefmarkenfälschung, NJW 1998, 2879
Briefrecht ist das durch Erteilung eines Briefs (Urkunde)
verkehrsfähiger gestaltete →Grundpfandrecht (Briefhypothek,
Briefgrundschuld).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Briefwahl ist die nach den Wahlgesetzen – bei Vorliegen bestimmter
Gründe auf Antrag mögliche – Stimmabgabe in der Form der
Zusendung des Stimmzettels seitens des Wählers an die Wahlbehörde
durch die Post zwecks Einschränkung der steigenden Zahl der
Nichtwähler.
Lit.: Achterberg, Parlamentsrecht
Bringschuld ist die →Schuld, bei der (ausnahmsweise) der
→Handlungsort des Schuldners (und →Erfolgsort) der Ort des
Wohnsitzes des Gläubigers ist (z. B. Heizöllieferung). Gegensatz
hierzu ist sowohl die →Schickschuld (z. B. Geldschuld) wie auch die
(regelmäßige) →Holschuld. Bedeutung hat die Unterscheidung für
den →Leistungsinhalt, die →Konkretisierung und damit die
Rechtsfolgen beim Untergang von Gegenständen.
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Fikentscher, Schuldrecht
Bruchteilsgemeinschaft →Gemeinschaft
brutto (Adv.) roh
brutto für netto ist die Preisklausel, die bestimmt, dass der Kaufpreis
nach dem Bruttogewicht der →Ware einschließlich der Verpackung
berechnet wird.
Lit.: Jauernig, BGB
BSG →Bundessozialgericht
Buchersitzung →Ersitzung (des Grundstückseigentums durch den im
Grundbuch zu Unrecht Eingetragenen)
Buchführung ist die systematische, lückenlose Aufzeichnung von
Vermögensgegenständen und Geschäftsvorgängen auf Grund von
Belegen. Sie ermöglicht den Überblick und die Überwachung. Nach §
238 HGB ist zur B. der →Kaufmann verpflichtet. Seine B. hat den
Grundsätzen ordnungsmäßiger B. zu folgen. Das Steuerrecht erweitert
die Buchführungspflicht (§§ 140ff. AO, 22 UStG u. a.).
Lit.: Baumbach/Hopt, HGB; Wuttke, R./Weidner, W., Buchführungstechnik und Bilanzsteuerrecht,
12. A. 2001; Herrling, E./Mathes, C., Der Buchführungsratgeber, 4. A. 2001; Fink, A./Woring, S.,
Buchführung für Juristen, JuS 2001, 1067; Brixner, H./Harms, J./Noe, H.,
Verwaltungskontenrahmen, 2003
Buchgeld ist das rechtlich in einer – in vereinfachter Form
verfügbaren – Forderung gegen ein Geldinstitut bestehende →Geld
(z. B. Verwendung von Bankguthaben zur bargeldlosen Zahlung).
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Buchhypothek (§ 1116 II BGB) ist die →Hypothek, bei der die
Erteilung eines →Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Buchversitzung →Versitzung (des Grundstücksrechts infolge
rechtswidriger Löschung oder Nichteintragung Rechts im Grundbuch)
Buchwert ist der Wert, mit dem ein Vermögensgegenstand in
Büchern und →Bilanzen eingetragen ist. Er ergibt sich vor allem aus
den Anschaffungskosten und Herstellungskosten abzüglich der
→Abschreibung (Absetzung für Abnutzung). In Betracht kommt auch
der gemeine Wert.
Lit.: Canaris, Handelsrecht
Budget (N.) →Haushaltsplan, →Haushalt
Budgetrecht ist objektiv die Gesamtheit der das →Budget
betreffenden Rechtssätze und subjektiv das Recht, den
→Haushaltsplan des →Staats in →Einnahmen und →Ausgaben
verbindlich festzustellen. Das subjektive B. steht dem Parlament zu.
Dieses übt es durch formelles Gesetz (Haushaltsgesetz) aus.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht; Puhl, T., Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1997; Burmeister,
K., Außerbudgetäre Aktivitäten des Bundes, 1997
Bulgarien ist der zwischen Schwarzem Meer, Rumänien,
Restjugoslawien, Makedonien, Griechenland und der Türkei gelegene
südosteuropäische Staat.
Lit.: Moecke, H., Bulgarien, Privatisierungsrecht, 2. A. 1996; Mindach, C., Rechtstipps für
Exporteure – Bulgarien, 2. A. 2000
Bulle (lat. bulla [F.] Siegelkapsel, Siegel, Urkunde mit Siegel) ist (im
Kirchenrecht) das (in feierlicher Form ergehende,) besonders wichtige
(gesiegelte päpstliche) Gesetz (u. a. Goldene B. ein wichtiges
Reichsgesetz, das z. B. die Unteilbarkeit der Kurfürstentümer
festsetzt, 1356).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Bulletin (N.) Bericht, Verlautbarung
Bund ist die künstliche Verbindung oder der künstliche
Zusammenschluss mehrerer ursprünglich selbständiger Einheiten. Das
Völkerrecht kennt den Zusammenschluss von Staaten zu einem
→Staatenbund. Nach dem Verfassungsrecht eines →Bundesstaats ist
B. der Oberstaat im Gegensatz zu den ihn bildenden Ländern
(Gliedstaaten). Der B. hat zahlreiche eigene Organe, Aufgaben und
Befugnisse. Abgekürzt wird auch der Oberstaat der Bundesrepublik
→Deutschland als B. benannt.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Bundesamt ist die als Amt bezeichnete →Bundesoberbehörde der
unmittelbaren Bundesverwaltung für ein bestimmtes Sachgebiet (z. B.
für Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt, Bundeskartellamt, B. für
Bauwesen, Bundesoberseeamt, Bundesaufsichtsamt für das
Versicherungswesen, B. für Finanzen, Bundesamt für
Güterkraftverkehr, Kraftfahrtbundesamt, Bundesausgleichsamt usw.).
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) ist die tarifrechtliche
Regelung des Arbeitsrechts für →Angestellte des öffentlichen
→Diensts (in Deutschland 1999 rund 3000000 Angestellte des
öffentlichen Diensts).
Lit.: BAT, 15. A. 2003; Dittmeier, R./Zängl, S./Cerff, G./Winter, A., Bundesangestelltentarifvertrag
(Lbl.), 45. A. 2003; Bredemeier, J./Neffke, R., Bundesangestelltentarifvertrag, 1999; Bredemeier,
J./Neffke, N., Eingruppierung in BAT und BAT-O, 2001; BAT (Lbl.) hg. v. Sponer, W. u. a., 2002
Bundesanstalt ist entweder die als Anstalt bezeichnete
→Bundesoberbehörde der unmittelbaren Bundesverwaltung für ein
bestimmtes Sachgebiet (z. B. Bundesarchiv, Bundeswehrhochschule)
(unselbständige B.) oder die als Anstalt bezeichnete selbständige
(bundesunmittelbare) juristische →Person (→Anstalt oder
→Körperschaft) des öffentlichen Rechts als Einrichtung der
mittelbaren Bundesverwaltung (B. für Arbeit als Anstalt,
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als Körperschaft,
Bundesbank, Physikalisch-Technische B., B. für Materialprüfung, B.
für Landwirtschaft und Ernährung).
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Bundesanwaltschaft (§ 142 GVG) ist die →Staatsanwaltschaft bei
dem →Bundesgerichtshof sowie der Vertreter des öffentlichen
Interesses bei dem →Bundesverwaltungsgericht.
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht
Bundesanzeiger ist das amtliche Verkündungsblatt des →Bundes für
→Satzungen, →Verträge, →Verwaltungsvorschriften und andere
Bekanntmachungen.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht
Bundesarbeitsgericht (BAG) (§§ 40ff. ArbGG) in Erfurt ist das
oberste →Gericht des →Bundes in Streitigkeiten auf dem Gebiet des
→Arbeitsrechts. Die Senate sind mit drei Berufsrichtern und zwei
ehrenamtlichen Richtern besetzt.
Lit.: Grunsky, ArbGG; Hueck, A./Nipperdey, C./Dietz, R., Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts, 1993ff.
Bundesaufsicht ist die Aufsicht des →Bundes über die →Länder
(Art. 84 GG).
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Bundesaufsichtsamt ist die selbständige nachgeordnete
→Bundesbehörde mit der Aufgabe der Beaufsichtigung eines
bestimmten Sachgebiets (z. B. B. für das Kreditwesen §§ 5ff. KWG,
B. für das Versicherungswesen).
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) ist die Ausführung der
Bundesgesetze durch die Bundesländer im Auftrag des Bundes.
→Auftragsangelegenheit
Bundesausbildungsförderungsgesetz →Ausbildungsförderung
Lit.: Bundesausbildungsförderungsgesetz, hg. v. Ramsauer, U., 27. A. 2002; Ramsauer,
U./Stallbaum, M./Sternal, Mein Recht auf BAFöG, 4. A. 2003;
Bundesausbildungsförderungsgesetz, hg. v. Deutschen Studentenwerk, 21. A. 1999; Koch, H.,
Finanzielle Förderung für Schüler und Studenten, 23. A. 1999
Bundesautobahn →Autobahn
Bundesbahn (DB) war bis zum (Gesetz vom 20. 12. 1993 bzw. bis
zum) 31. 12. 1993 die Gesamtheit der (stark defizitär arbeitenden)
bundeseigenen →Eisenbahnen, die vom Bund als nicht voll
rechtsfähiges →Sondervermögen mit eigener Wirtschafts- und
Rechnungsführung verwaltet wurde (§ 1 BundesbahnG). Zum 1. 1.
1994 wurde der hoheitliche Bereich vom unternehmerischen Bereich
getrennt. Für das vereinigte nicht rechtsfähige Sondervermögen der B.
und der Reichsbahn (der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik) nehmen das →Bundeseisenbahnvermögen (z. B. für
Personal und Liegenschaften) und das Eisenbahnbundesamt (u. a.
Planung von Bauvorhaben) hoheitliche Tätigkeiten wahr. Die
Betriebsaufgaben führt die privatwirtschaftlich organisierte,
gleichfalls stark defizitär arbeitende Deutsche Bahn AG aus. Nach
Art. 87e GG wird die Eisenbahnverkehrsverwaltung für Eisenbahnen
des Bundes in bundeseigener Verwaltung geführt, doch können
Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung den Ländern als eigene
Angelegenheiten übertragen werden. Die Eisenbahnen des Bundes in
privatwirtschaftlicher Form führenden Wirtschaftsunternehmen
stehen im Eigentum des Bundes, soweit die Tätigkeit des
Wirtschaftsunternehmens den Bau, die Unterhaltung und das
Betreiben von Schienenwegen umfasst. Der Bund gewährleistet, dass
dem Wohl der Allgemeinheit beim Ausbau und Erhalt des
Schienennetzes sowie bei den Verkehrsangeboten Rechnung getragen
wird (Art. 87e GG). →Bundeseisenbahnvermögen
Bundesbank (in Frankfurt) ist die für den Bankbereich zuständige
bundesunmittelbare juristische →Person des öffentlichen Rechts (§ 2
BundesbankG). Die →Landeszentralbanken sind ihre unselbständigen
Abteilungen. Ihre Organe sind der Zentralbankrat, das Direktorium
und die Vorstände der Landeszentralbanken (§§ 3ff. BundesbankG).
Mit Beginn der Europäischen Währungsunion ist die B. als
Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland Bestandteil des Systems
Europäischer Zentralbanken. Sie ist an Leitlinien und Weisungen der
die Geldpolitik in der Europäischen Währungsunion bestimmenden
Europäischen Zentralbank gebunden. Sie darf die deutsche
Wirtschaftspolitik nur insoweit unterstützen, wie es mit ihren
Aufgaben im Rahmen des europäischen Zentralbankensystems
vereinbar ist.
Lit.: Marsh, D., Die Bundesbank, 1992
Bundesbaugesetz war bis zum →Baugesetzbuch (1. 1. 1987) das die
→Bauleitplanung und die →Bodenordnung regelnde Bundesgesetz
vom 23. 6. 1960.
Lit.: Ernst, W./Zinkahn, W./Bielenberg, W., Bundesbaugesetz (Lbl.), 4. A. 1980ff.
Bundesbeamter (§ 2 I BBG) ist der →Beamte des →Bundes
(unmittelbarer B.) oder einer bundesunmittelbaren →Körperschaft,
→Anstalt oder →Stiftung (mittelbarer B.). →Beamtenrecht
Lit.: Bundesbeamtengesetze (Lbl.), 42. A. 2003; Battis, U., Bundesbeamtengesetz, 2. A. 1997
Bundesbeauftragter ist der zur Ausführung einer Aufgabe des
Bundes besonders bestellte Mensch (z. B. B. für den →Datenschutz).
Lit.: Flanderka, F., Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, 1988
Bundesbehörde ist die →Behörde des Gesamtstaats Deutschlands im
Gegensatz zu den Landesbehörden. Sie ist entweder oberste B. (z. B.
Ministerium), →Bundesoberbehörde (z. B. Bundesanstalt, Bundesamt
[z. B. für Wehrverwaltung, für Wehrtechnik und Beschaffung]) oder
bundeseigene Mittelbehörde (z. B. Wehrbereichsverwaltung) oder
Unterbehörde (z. B. im auswärtigen Dienst, in der Wehrverwaltung
[z. B. Kreiswehrersatzamt, Standortverwaltung] oder in der
Finanzverwaltung).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Bundesberggesetz ist das das →Bergrecht regelnde Bundesgesetz
vom 13. 8. 1980.
Lit.: Heller, W.; Bundesberggesetz, 10. A. 2002
Bundesbodenschutzgesetz ist das den →Bodenschutz betreffende
Bundesgesetz.
Lit.: Holzwarth, F./Radtke, H./Hilger, B., Bundesbodenschutzgesetz,
2. A. 2000; Bickel, C., Bundesbodenschutzgesetz, 3. A. 2002; Knopp,
L./Löhr, D., Bundesbodenschutzgesetz in der betrieblichen Praxis,
2000; Landel, C./Vogg, R./Wüterich, C., Bundesbodenschutzgesetz,
2000; Hipp, L./Rech, B./Turian, G., Das Bundesbodenschutzgesetz,
2000; Versteyl, L./Sondermann, W., Bundesbodenschutzgesetz, 2002
Bundesdatenschutzgesetz ist das den →Datenschutz regelnde
Bundesgesetz vom 20. 12. 1990 (Neufassung 14. 1. 2003).
Lit.: Simitis, S. u. a., Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 5. A. 2002; Gola, P./Schomerus,
R., Bundesdatenschutzgesetz, 7. A. 2002; Tinnefeld, M., Die Novellierung des BDSG, NJW 2001,
3078
Bundesdisziplinargesetz ist das das Disziplinarrecht des Bundes neu
regelnde, am 9. 7. 2001 verkündete Gesetz Deutschlands. Es richtet
das Disziplinarverfahren nicht mehr an der Strafprozessordnung,
sondern an der Verwaltungsgerichtsordnung aus. Es löst das
Bundesdisziplinargericht und die Behörde des
Bundesdisziplinaranwalts zum 31. 12. 2003 auf und überträgt die
gerichtlichen Verfahren auf die Verwaltungsgerichte der Länder.
Lit.: Müller-Eising, C., Paradigmenwechsel im Disziplinarrecht, NJW 2001, 3587; Köhler, H./Ratz,
G., Bundesdisziplinarordnung (BDO) und materielles Disziplinarrecht, 3. A. 2002
bundeseigen (dem Bund gehörig, dem Bund unterstehend)
Bundeseisenbahnvermögen (Art. 87e GG) ist das nicht rechtsfähige
→Sondervermögen des →Bundes mit Sitz in Bonn, das durch Gesetz
vom 27. 12. 1993 zum 31. 12. 1993/1. 1. 1994 aus dem unter dem
Namen Deutsche Bundesbahn verwalteten
Bundeseisenbahnvermögen und aus dem Sondervermögen Deutsche
Reichsbahn gebildet wurde und die öffentlich-rechtlichen Aufgaben
der Bahn wahrnimmt. Es kann unter seinem Namen handeln, klagen
und verklagt werden. Es ist in einen unternehmerischen Bereich
(Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen, Betreiben der
Eisenbahninfrastruktur) und einen Verwaltungsbereich gegliedert. Die
Deutsche Bahn Aktiengesellschaft ist als Aktiengesellschaft
Formkaufmann. Die Beamten, Angestellten und Arbeiter des
Bundeseisenbahnvermögens stehen im Dienst des Bundes. Die
Beamten sind unmittelbare Bundesbeamte. Das Bundesministerium
für Verkehr ist oberster Dienstvorgesetzter und Vorgesetzter des
Präsidenten des Bundeseisenbahnvermögens.
Lit.: Menger, E., Die Rechtsgrundlagen für die Strukturreformen der Deutschen Bahn, 1997; Julitz,
L., Bestandsaufnahme Deutsche Bahn, 1998
Bundesfernstraße (§ 1 FStrG) ist die öffentliche →Straße des
weiträumigen Verkehrs (Fernverkehrs) mit Straßenkörper, Luftraum,
Zubehör, Mautanlagen, Nebenanlagen und Nebenbetrieben. Sie ist
entweder Bundesautobahn oder Bundesstraße. Ihr Recht ist geregelt
im Bundesfernstraßengesetz.
Lit.: Bundesfernstraßengesetz, hg. v. Marschall, E., 5. A. 1998
Bundesfinanzhof (BFH) (in München) ist das oberste
→Finanzgericht des →Bundes. Seine Senate sind mit fünf
Berufsrichtern besetzt (§ 10 FGO). Die Revision zum B. erfordert
eine Zulassung (§ 115 FGO).
Lit.: Offerhaus, K., Der Bundesfinanzhof, 4. A. 1997
Bundesflagge ist die Flagge der →Bundesrepublik Deutschland. Sie
ist ein Staatssymbol der →Bundesrepublik. Die B. ist schwarz-rotgold im Verhältnis der Länge zur Höhe von fünf zu drei (Art. 22 GG).
Lit.: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG
Bundesgebiet ist das Gebiet der →Bundesrepublik. Es setzt sich aus
den Gebieten der →Bundesländer zusammen, wobei →Gebietshoheit
von Bund und Ländern nebeneinander bestehen. Für eine eventuelle
Neugliederung gilt Art. 29 GG.
Lit.: Maunz/Dürig, GG
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte
→Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung
Bundesgericht ist das →Gericht des →Bundes. Nach Art. 95 GG hat
der Bund neben dem →Bundesverfassungsgericht als oberste
Gerichtshöfe den →Bundesgerichtshof, das
→Bundesverwaltungsgericht, den →Bundesfinanzhof, das
→Bundesarbeitsgericht und das →Bundessozialgericht eingerichtet
(daneben Bundespatentgericht). Ein geplantes oberstes B. wurde nicht
verwirklicht, sondern durch den gemeinsamen Senat der obersten
Gerichtshöfe ersetzt.
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht
Bundesgerichtshof (BGH) (§§ 123ff. GVG) (in Karlsruhe [fünfter
Strafsenat in Leipzig]) ist der oberste Gerichtshof für das Gebiet der
ordentlichen →Gerichtsbarkeit. Es ist mit einem Präsidenten,
vorsitzenden Richtern und Richtern am Bundesgerichtshof besetzt
und in →Senate (1997 zwölf Zivilsenate, fünf Strafsenate, ein
Kartellsenat, sechs Sondersenate, Dienstgericht des Bundes)
aufgeteilt, die in der Besetzung von fünf bzw. drei Richtern
entscheiden (§ 139 GVG). Er ist zuständig für →Revisionen,
→Sprungrevisionen und →Rechtsbeschwerden (§§ 133ff. GVG).
Seine großen →Senate und sein vereinigter großer →Senat dienen der
Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung.
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht; Die Praxis des Bundesgerichtshofes im deutschen
Rechtsleben, hg. v. Canaris, C. u. a. Bd. 1ff. 2000; Beck’sche BGH CD
Bundesgesetz ist das von den Gesetzgebungsorganen des →Bundes
beschlossene →Gesetz (Art. 70ff. GG, in der 13. Legislaturperiode
des Bundestags Deutschlands [1994-1998] wurden 565
Bundesgesetze verabschiedet, in der 14. Legislaturperiode [19982002] 543). →Gesetzgebung
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Bundesgesetzblatt ist das in einer Auflage von 14 000 Stücken
erscheinende amtliche Verkündungsblatt für →Gesetze und
→Rechtsverordnungen des →Bundes (Art. 82 I GG). Es ist in drei
Teile gegliedert. Teil I enthält die Bundesgesetze und
Bundesverordnungen.
Lit.: Bundesgesetzblatt Gesamtregister 1949-2000, hg. v. Tischler, S., 3. A. 2001
Bundesgesetzgebung ist die →Gesetzgebung des →Bundes (Art. 70
GG) im Gegensatz zu der Gesetzgebung der Länder. Die Gegenstände
der ausschließlichen, die Gesetzgebung der Länder ausschließenden
Gesetzgebung des →Bundes (Art. 71 GG), sind in Art. 73 GG
aufgezählt, die der konkurrierenden Gesetzgebung, in deren Bereich
die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung haben, solange und soweit
der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht
(Art. 72 GG), in Art. 74, 74a GG. Daneben kann der Bund nach Art.
75 GG (als Sonderfall der konkurrierenden Gesetzgebung) auf
bestimmten Gebieten Rahmenvorschriften erlassen
(→Rahmengesetzgebung z. B. Beamtenrechtsrahmengesetz,
Hochschulrahmengesetz).
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht; Rottmann, F., Elemente zur Konkretisierung von Kompetenznormen,
DVBl 1974, 407
Bundesgrenzschutz (Art. 87 I 2 GG) ist die in bundeseigener
Verwaltung geführte polizeiähnliche →Bundesbehörde zum
polizeilichen Schutz (der Grenzen) des Bundesgebiets (mit rund 20
000 Beamten). Das Recht des Bundesgrenzschutzes ist im
Bundesgrenzschutzgesetz geregelt. Zulässig ist die Übertragung von
Aufgaben der Bahnpolizei und der Flughafensicherung auf den B.,
doch darf der B. nicht zu einer allgemeinen, mit den Landespolizeien
konkurrierenden Bundespolizei ausgebaut werden.
Lit.: Heesen, D./Hönle, J., Bundesgrenzschutzgesetz, 4. A. 2002
Bundeshaushalt ist die Gegenüberstellung der Einnahmen und
Ausgaben des →Bundes. Der Bundeshaushaltsplan wird vor Beginn
eines Rechnungsjahrs vom →Bundestag im Haushaltsgesetz
festgestellt (Art. 110 GG). Der Bundesminister der Finanzen hat über
den B. zur Entlastung der Bundesregierung Rechnung zu legen.
Lit.: Piduch, E., Bundeshaushaltsrecht (Lbl.), 2. A. 1995ff.; Burmeister, K., Schattenhaushalte des
Bundes, 1997
Bundesimmissionsschutzgesetz ist das →Immissionen betreffende
Bundesgesetz.
Lit.: BImSchG, 6. A. 2003; Jarass, H., Bundesimmissionsschutzgesetz, 5. A. 2002;
Bundesimmissionsschutzgesetz, hg. v. Feldhaus, G. u. a., 15. A. 2002;
Bundesimmissionsschutzgesetz (Lbl.), hg. v. Kotulla, M., 2004
Bundesjustizministerium (BJM) ist die oberste →Bundesbehörde
der Justiz, zu dessen Geschäftsbereich die Bundesgerichte gehören.
Das B. wirkt durch Ausarbeitung von Gesetzesvorschlägen wesentlich
bei der →Gesetzgebung des →Bundes mit. Ihm steht die
Dienstaufsicht über die ordentlichen →Bundesgerichte zu.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht
Bundeskabinett →Bundesregierung
Bundeskanzler ist der politische, die Richtlinien der Politik
bestimmende Führer der →Bundesregierung (Art. 62, 65 GG). Er
wird, nachdem er in der Regel als Führer der stärksten Partei in
politischen Vorgesprächen eine parlamentarische Mehrheit gesichert
hat, auf Vorschlag des →Bundespräsidenten vom →Bundestag ohne
Aussprache gewählt (Art. 63 GG). Auf seinen Vorschlag werden die
→Bundesminister ernannt und entlassen (Art. 64 GG).
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Bundeskanzleramt ist das dem →Bundeskanzler für seine Geschäfte
unmittelbar zugeordnete Amt. Das B. ist oberste Bundesbehörde (mit
[2000] etwa 500 Mitarbeitern, u. a. Leiter des Bundeskanzleramts,
Staatsminister, Kanzlerbüro). Das B. bereitet die Entscheidungen des
Bundeskanzlers vor, verfolgt ihre Durchführung, koordiniert die
Arbeit der Bundesministerien und bereitet die Sitzungen der
Bundesregierung vor.
Lit.: Brauneck, J., Die rechtliche Stellung des Bundeskanzleramtes, 1994; Busse, V.,
Bundeskanzleramt und Bundesregierung, 3. A. 2001
Bundeskartellamt (seit 1. 10. 1999 in Bonn [§§ 48ff. GWB]) ist die
selbständige →Bundesoberbehörde für die Anwendung des
→Kartellrechts, die in Beschlussabteilungen mit einem Vorsitzenden
und zwei Beisitzern entscheidet.
Lit.: Ortwein, E., Das Bundeskartellamt, 1998
Bundeskleingartengesetz ist das das Recht der Kleingärten regelnde
Bundesgesetz.
Lit.: Mainczyk, L., Bundeskleingartengesetz, 8. A. 2002
Bundesknappschaft →Knappschaft
Bundeskriminalamt (BKA) (Art. 87 I 2 GG) (in Wiesbaden) ist die
→Bundesoberbehörde für die Verbrechensbekämpfung (ca. 3300
Bedienstete), für die im Übrigen die Landespolizeiverwaltungen
zuständig sind. Das B. wird bei bestimmten schweren →Straftaten
von selbst, sonst auf Anordnung oder Ersuchen tätig. Es vermittelt die
Verbindung zu ausländischen Polizeibehörden.
Lit.: Ahlff, E. u. a., Bundeskriminalamtsgesetz, 2000; Dietl, W., Die BKA-Story, 2000
Bundesland ist das einzelne →Land der Bundesrepublik.
Lit.: Handbuch der deutschen Bundesländer, hg. v. Esche, F./Hartmann, J., 3. A. 1997
Bundesminister ist – neben dem Bundeskanzler – das Mitglied der
→Bundesregierung (Art. 62 GG). Der B. wird auf Vorschlag des
→Bundeskanzlers vom →Bundespräsidenten ernannt und entlassen
(Art. 464 GG) und leitet innerhalb der vom Bundeskanzler
bestimmten Richtlinien der Politik seinen Geschäftsbereich
selbständig und unter eigener Verantwortung (Art. 65 GG). Zahl und
Geschäftsbereich der B. sind nicht in der Verfassung festgelegt.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht; Klein, F., Die staatsrechtliche Stellung des Bundesministers der
Finanzen, DVBl. 1962, 573
Bundesnachrichtendienst ist die dem →Bundeskanzler unmittelbar
unterstellte Bundesoberbehörde für den Auslandsnachrichtendienst.
Lit.: Gröpl, C., Die Nachrichtendienste, 1993 (Diss.); Ulfkotte, U., Verschlusssache BND, 3. A.
1998
Bundesnaturschutzgesetz ist das den →Naturschutz regelnde
Bundesgesetz.
Lit.: Louis, H./Engelke, A., Bundesnaturschutzgesetz, 2. A. 2000; Gassner, E./Bendomir-Kahlo,
G./Schmidt-Räntsch, A./Schmidt-Räntsch, J., Bundesnaturschutzgesetz, 2. A. 2003; Schumacher,
J./Fischer-Hüftle, P./Kratsch, D., Bundesnaturschutzgesetz, 2003
Bundesnotarkammer ist der Zusammenschluss der Notarkammern
als Körperschaft des öffentlichen Rechts (mit Sitz in Köln). →Notar
Bundesnotarordnung ist das die Rechte und Pflichten des →Notars
festlegende Gesetz.
Lit.: Arndt, H./Lerch, K./Sandkühler, G., Bundesnotarordnung, 5. A. 2002; Schippel, H.,
Bundesnotarordnung, 7. A. 1999; Eylmann, H./Vaasen, H., Bundesnotarordnung und
Beurkundungsgesetz, 2000
Bundesoberbehörde ist die einer obersten Bundesbehörde
(Bundesministerium) nachgeordnete →Behörde der unmittelbaren
Bundesverwaltung, deren Zuständigkeit das gesamte Bundesgebiet
umfasst (z. B. Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesanstalt für
Flugsicherung, Statistisches Bundesamt, Bundesamt für Finanzen,
Bundessortenamt, Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften
und Medieninhalte, Deutscher Wetterdienst, Luftfahrtbundesamt,
Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen,
Kraftfahrtbundesamt, Bundeskartellamt, Bundesamt für Naturschutz,
Bundesverwaltungsamt, Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz,
Umweltbundesamt, Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft).
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht
Bundesoberhandelsgericht ist das vom Deutschen Bund (1815–
1866) in Handelssachen eingerichtete Gericht (1869).
→Reichsoberhandelsgericht
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Bundespatentgericht ist das unabhängige und selbständige
→Bundesgericht in Patentsachen mit Sitz in München (§ 65 PatG),
bei dem außer Richtern mit →Richteramtsbefähigung auch sog.
technische Mitglieder →Berufsrichter sein können. Es ist zuständig
für die Entscheidung über Beschwerden gegen Beschlüsse der
Prüfungsstellen oder Patentabteilungen des Patentamts sowie über
Klagen auf Erklärung der Nichtigkeit oder Zurücknahme von
Patenten und auf Erteilung von Zwangslizenzen. Rechtsmittelgericht
ist der Bundesgerichtshof.
Lit.: Hubmann/Götting, Gewerblicher Rechtsschutz
Bundespflegesatzverordnung ist die Bundesverordnung über Sätze
des Pflegewesens.
Lit.: Tuschen, K., Bundespflegesatzverordnung, 5. A. 2001
Bundespost (BP) (Art. 87f. GG) ist die Gesamtheit der Einrichtungen
im Post- und Fernmeldewesen, die vom →Bund als nicht
rechtsfähiges →Sondervermögen mit eigener Haushalts- und
Rechnungsführung verwaltet wurde (§§ 1ff. PostVerfG). Durch das
Poststrukturgesetz und das darin enthaltene Postverfassungsgesetz
vom 8. 6. 1989 wurde die (in Teilbereichen stark defizitäre) B. in die
drei Teilbereiche Postdienst, Postbank und Telekom untergliedert (mit
entsprechenden Teilsondervermögen) und zum 1. 1. 1995 in
Aktiengesellschaften umgewandelt (Deutsche Telekom AG, Deutsche
Post AG, Deutsche Postbank AG). Organe der einzelnen
Teilunternehmen sind jeweils Vorstand und Aufsichtsrat. Durch das
Postneuordnungsgesetz vom 14. 9. 1994 wurde eine rechtsfähige
Bundesanstalt des öffentlichen Rechts für Post und
Telekommunikation →Deutsche Bundespost mit Sitz in Bonn
errichtet, welche die Rechte und Pflichten in Bezug auf die aus den
Teilsondervermögen der Deutschen Bundespost hervorgehenden
Aktiengesellschaften wahrnimmt. Die Bundesanstalt wird durch einen
Vorstand geleitet. Sie ist Trägerin der sozialrechtlichen und
dienstrechtlichen Personalbefugnisse.
Lit.: Gramlich, L., Von der Postreform zur Postneuordnung, NJW 1994, 2785; Hooren, T. van, Die
Deutsche Bundespost Postbank, 1995
Bundespräsident ist der Präsident (bzw. das →Staatsoberhaupt) der
Bundesrepublik Deutschland, das den →Bund völkerrechtlich vertritt
(Art. 59 GG). Der B. wird von der →Bundesversammlung ohne
Aussprache auf fünf Jahre gewählt (Art. 54 GG), wobei einmalige
Wiederwahl zulässig ist. Seine wichtigste politische Aufgabe ist die
Wahrung der Einheit des Staats, weshalb seine verfassungsrechtlichen
Befugnisse im Verhältnis zum →Reichspräsidenten der Weimarer
Reichsverfassung (vor allem Art. 48 WRV) gering sind.
Lit.: Scholz, G., Die Bundespräsidenten, 1993
Bundespräsidialamt ist das AMT (oberste Bundesbehörde), das den
→Bundespräsidenten bei der Ausführung seiner Aufgaben
unterstützt.
Lit.: Spath, F., Das Bundespräsidialamt, 5. A. 1993
Bundesrat ist das Organ des →Bundes, durch das die →Länder bei
der →Gesetzgebung und →Verwaltung des Bundes mitwirken (Art.
50 GG). Der B. besteht aus (ab 3. 10. 1990 69) Mitgliedern der
Regierungen der Länder, wobei die Zahl der Stimmen eines Lands je
nach seiner Größe zwischen mindestens 3 (Bremen, Hamburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Saarland) und höchstens 6 (BadenWürttemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen)
schwankt (Art. 51 GG, Länder mit mehr als 2 Millionen Einwohnern
haben 4 [Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, SachsenAnhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen], Länder mit mehr als 6
Millionen Einwohnern 5 [Hessen] und Länder mit mehr als sieben
Millionen Einwohnern 6 Stimmen) und die Stimmen eines Lands nur
einheitlich abgegeben werden können (Verfassungsbruch des
Bundesratspräsidenten bei der Abstimmung über das
Zuwanderungsgesetz 2001). Er ist keine echte zweite →Kammer. Bei
→Zustimmungsgesetzen ist seine Zustimmung erforderlich. Bei
→Einspruchsgesetzen kann er Einspruch erheben, der aber vom
→Bundestag zurückgewiesen werden kann. Sitz des Bundesrats ist
(nach einem Beschluss vom 27. 9. 1996) Berlin.
Lit.: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG; Ziller, G./Oschatz, G., Der Bundesrat, 10. A. 1998; Schenke, W.,
Die verfassungswidrige Bundesratsabstimmung, NJW 2002, 1318
Bundesrechnungshof (Art. 114 GG) (in Frankfurt am Main) ist der
Rechnungshof (oberste Rechnungsprüfungsbehörde) des →Bundes,
der die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und
Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsführung und Wirtschaftsführung
des Bundes prüft.
Lit.: Meissner, C., Der Bundesrechnungshof als soziale Organisation, 1995
Bundesrecht ist das von den Rechtssetzungsorganen des →Bundes
erlassene Recht und das als Bundesrecht fortgeltende →Reichsrecht
sowie das als Bundesrecht fortgeltende Recht der Deutschen
Demokratischen Republik. Nach Art. 31 GG bricht B. →Landesrecht
(z. B. Bundesrechtsverordnung eine Landesverfassung). Europarecht
geht ihm grundsätzlich vor. (Für 1999 wird das geltende B. auf 2100
Stammgesetze und 3100 Stammrechtsverordnungen mit nahezu
90000 Rechtssätzen [Paragraphen, Artikeln] berechnet, die auf mehr
als 4500 Seiten abgedruckt werden können.)
Lit.: Das Deutsche Bundesrecht (Lbl.), 2002; Das deutsche Bundesrecht (CD-ROM), 2003
Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) ist das die
Gebührenordnung für →Rechtsanwälte festlegende Bundesgesetz, das
zum 1. 7. 2004 durch ein Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abgelöst ist.
Lit.: Riedel, F./Sußbauer, H., Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 8. A. 2000; Enders, H.,
Die BRAGO für Anfänger, 11. A. 2002; Gerold, W./Schmidt, H./Eicken, K. v. u. a.,
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 15. A. 2002; Göttlich/Mümmler,
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 20. A. 2001; Madert, W., Anwaltsgebühren in
Zivilsachen, 4. A. 2000; Madert, W., Anwaltsgebühren in Straf- und Bußgeldsachen, 4. A. 2002;
Anwaltkommentar BRAGO, hg. v. Gebauer, C./Schneider, R., 2002
Bundesrechtsanwaltsordnung ist die vom Bund für das Recht der
Rechtsanwälte erlassene Ordnung. →Rechtsanwalt
Lit.: Feuerich, W./Weyland, D., Bundesrechtsanwaltsordnung, 6. A. 2003; Jessnitzer, K./Blumberg,
H., Bundesrechtsanwaltsordnung, 9. A. 2000; Kleine-Cosack, M., Bundesrechtsanwaltsordnung, 4.
A. 2003; Henssler, M./Prütting, H., Bundesrechtsanwaltsordnung, 2. A. 2004
Bundesregierung ist das an der Spitze der Bundesverwaltung
stehende Exekutivkollegialorgan des →Bundes (Art. 83ff. GG). Die
B. besteht aus dem vom Bundestag gewählten →Bundeskanzler und
den – von diesem vorgeschlagenen und vom Bundespräsidenten
ernannten – →Bundesministern (Art. 62 GG). Sie hat ein
Gesetzesinitiativrecht sowie eine Befugnis zum Erlass von
→Rechtsverordnungen auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung.
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und jeder
Bundesminister leitet im Rahmen dieser Richtlinien seinen
Geschäftsbereich selbständig. Bei Meinungsverschiedenheiten
zwischen Bundesministern entscheidet die B.
Lit.: Busse, V., Bundeskanzleramt und Bundesregierung, 3. A. 2001
Bundesrepublik ist der am 24. 5. 1949 aus den ehemaligen
→Besatzungszonen der westlichen Alliierten (Vereinigte Staaten von
Amerika, Großbritannien, Frankreich) errichtete →Bundesstaat, dem
zum 3. 10. 1990 die Deutsche Demokratische Republik beigetreten
ist. Die B. ist Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs (str.). Sie ist ein
demokratischer und sozialer →Bundesstaat (Art. 20 GG). Sie besteht
aus (11, seit 3. 10. 1990) 16 →Bundesländern. Ihre →Verfassung ist
das am 23. 5. 1949 verkündete und am 24. 5. 1949 in Kraft getretene
→Grundgesetz.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Model, O./Creifelds, C., Staatsbürger-Taschenbuch, 31. A.
2003
Bundesrichter (Art. 95f. GG) ist der →Richter an einem
→Bundesgericht. Für die Wahl zum B. gilt das Richterwahlgesetz. Es
schließt parteipolitische Einflussnahme nicht aus.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht
Bundesseuchengesetz ist das Seuchen betreffende, im Jahr 2000
durch das →Infektionsschutzgesetz abgelöste Bundesgesetz.
Lit.: Schumacher, W./Meyn, E., Bundesseuchengesetz, 4. A. 1992 (mit Nachtrag 1998)
Bundessozialgericht (BSG) (§§ 38ff. SGG) (in Kassel) ist der
oberste →Gerichtshof des →Bundes in der Sozialgerichtsbarkeit.
Bundessozialhilfegesetz ist das die →Sozialhilfe betreffende
Bundesgesetz.
Lit.: BSHG, 14. A. 2003; Oestreicher, E./Schelter, K./Kunz, E. u. a., Bundessozialhilfegesetz (Lbl.),
45. A. 2003; Bundessozialhilfegesetz, 13. A. 2002; Bundessozialhilfegesetz, hg. v. Birk, U. u. a., 6.
A. 2003; Bundessozialhilfegesetz, hg. v. Fichtner, O. u. a., 2. A. 2003; Kruse, J./Reinhard,
H./Winkler, J., Bundessozialhilfegesetz, 2002
Bundesstaat ist der Zusammenschluss von →Staaten, durch den ein
neuer Staat (Oberstaat, Gesamtstaat) entsteht, auf den ein Teil der
→Souveränität der Glieder übergeht (z. B. Deutschland, Schweiz,
Österreich, Vereinigte Staaten von Amerika). Er steht im Gegensatz
zum bloßen, der eigenen Souveränität entbehrenden →Staatenbund
(z. B. Deutscher Bund, Europäische Union). Der B. Bundesrepublik
Deutschland (Art. 20 I GG) wird nach der überwiegenden Meinung
als zweigliedriger B. (Bund – Länder) angesehen, nach anderer
Meinung als dreigliedriger (Bundesrepublik – Bund – Länder).
Lit.: Sarcevic, E., Das Bundesstaatsprinzip, 2000
Bundesstaatlichkeit ist der Grundsatz der Ordnung →eines Staats als
→Bundesstaat.
Bundesstraße (§ 1 I FStrG) ist die von den Ländern im Auftrag des
Bundes verwaltete Straße des Bundes. Sie ist eine
→Bundesfernstraße. Der Bund ist mangels einer gesetzlichen
Grundlage nicht berechtigt, ein Land anzuweisen, eine Bundesstraße
zu einer Landesstraße herabzustufen.
Lit.: Kodal, K./Krämer, H., Straßenrecht, 6. A. 1999
Bundestag (Art. 38ff. GG) ist die Volksvertretung der
→Bundesrepublik Deutschland. Der B. ist das bedeutsamste
Staatsorgan. Seine Mitglieder sind die auf vier Jahre vom Volk nach
einem verhältniswahlrechtlich-mehrheitswahlrechtlich gemischten
Wahlrecht (in 299 Wahlkreisen) gewählten (grundsätzlich 598, aber
Überhangmandate) →Abgeordneten (Art. 38 I GG). Der B. erlässt
zusammen mit dem →Bundesrat die →Bundesgesetze (Art. 76, 77
GG). Er wählt den →Bundeskanzler und überwacht durch Anfragen
und Untersuchungsausschüsse die Tätigkeit der →Bundesregierung.
Er stellt den →Haushaltsplan fest und nimmt die Rechnungslegung
entgegen. Er verfährt nach der von ihm selbst gegebenen
→Geschäftsordnung.
Lit.: Schick, R./Zeh, W., So arbeitet der deutsche Bundestag, 16. A. 2002; Roll, H.,
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, 2001; Kürschners Volkshandbuch Deutscher
Bundestag, hg. v. Holzapfel, K., 94. A. 2003
Bundestreue ist der aus dem Wesen des →Bundesstaats entwickelte
Grundsatz (Art. 20 I GG), nach dem →Bund und →Länder
verpflichtet sind, auf einander Rücksicht zu nehmen und sich
gegenseitig zu unterstützen. Diese Rechtspflicht ist bei allen
Maßnahmen der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung zu
beachten. Sie verbietet aber nicht die Ausübung der zugeteilten
Befugnisse.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht; Bauer, H., Bundestreue, 1992
Bundesumweltamt →Umweltbundesamt
Bundesurlaubsgesetz ist das den →Urlaub von Arbeitnehmern
betreffende Bundesgesetz.
Lit.: Neumann, D./Fenski, M., Bundesurlaubsgesetz, 9. A. 2003
Bundesverfassung ist in Deutschland die →Verfassung der
→Bundesrepublik Deutschland. →Grundgesetz.
Lit.: Maunz/Dürig, GG
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) (in Karlsruhe) ist das höchste
Organ des →Bundes auf dem Gebiet der →Gerichtsbarkeit. Es hat
insbesondere das Recht, Gesetze auf ihre Übereinstimmung mit der
→Verfassung zu überprüfen (Art. 93 GG) und sie im Falle einer
Verletzung der Verfassung für nichtig zu erklären. Seine
Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 93 GG und aus dem
Bundesverfassungsgerichtsgesetz (u. a. Verwirkung von
Grundrechten, Verfassungswidrigkeit von Parteien, Anklage des
Bundespräsidenten und der Bundesrichter, Organstreitigkeiten,
Vereinbarkeit von Landesrecht mit Bundesrecht,
→Verfassungsbeschwerde). Seine Mitglieder werden je zur Hälfte
vom →Bundestag (durch einen Wahlausschuss) und vom
→Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit auf zwölf Jahre (bis zur
Altersgrenze des 68. Lebensjahrs) ohne Möglichkeit der Wiederwahl
gewählt (Art. 94 GG, § 4 BVerfGG). Es entscheidet in zwei Senaten
(Grundrechtssenat, Staatsrechtssenat) und in bei diesen gebildeten
Kammern zu je drei Bundesverfassungsrichtern. Die Entscheidung
bindet die Organe des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und
Behörden und hat in bestimmten Fällen →Gesetzeskraft (§ 31
BVerfGG).
Lit.: Schlaich, K./Korioth, S., Das Bundesverfassungsgericht, 6. A. 2004; Maunz, T./SchmidtBleibtreu, B./Klein, F., Bundesverfassungsgerichtsgesetz (Lbl.), 22. A. 2003; Säcker, H., Das
Bundesverfassungsgericht, 5. A. 1999; Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
(Studienauswahl), hg. v. Schwabe, J., 7. A. 2000; Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht,
hg. v. Badura, P./Dreier, H., 2001; Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, CD-ROM
Bundesverkehrszentralregister bzw. Verkehrszentralregister (§§
28ff. StVG, 13ff. StVZO) ist das vom Kraftfahrtbundesamt zur
Speicherung von (bestimmten) Daten geführte Register über
Verkehrsverstöße von Kraftfahrern und entsprechende
Verwaltungsentscheidungen und Gerichtsentscheidungen. Es dient
→Gerichten und →Verwaltungsbehörden als Auskunftsstelle.
Jedermann kann über die ihn betreffenden Eintragungen Auskunft
verlangen, wobei die Eintragungen nach Ablauf bestimmter Fristen
getilgt werden.
Lit.: Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht
Bundesversammlung ist die – nur – den →Bundespräsidenten
wählende Versammlung in Deutschland (Art. 54 I GG). Die B.
besteht aus den Mitgliedern des →Bundestags und einer gleichen
Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder
nach den Grundsätzen der →Verhältniswahl gewählt werden (Art. 54
III GG).
Lit.: Die Bundesversammlung, hg. v. Deutschen Bundestag, 1999
Bundesversicherungsamt in Berlin ist die →Bundesoberbehörde zur
Beaufsichtigung der bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Art. 87 II GG) (in
Berlin) ist die Trägerin der →Rentenversicherung für →Angestellte.
Sie ist eine →Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihre Organe sind
Vorstand und Vertreterversammlung.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Bundesversicherungsaufsichtsamt ist das Bundesaufsichtsamt für
das Versicherungswesen.
Lit.: Zischka, S., Bundesversicherungsaufsichtsamt, 1997
Bundesverwaltung (Art. 87 GG) ist die →Verwaltung des →Bundes
im Gegensatz zur Landesverwaltung. Sie ist entweder unmittelbare B.
durch →Bundesbehörden (oberste Bundesbehörden [z. B.
Ministerien] und →Bundesoberbehörden [z. B. Bundeskriminalamt])
oder nichtrechtsfähige bundesunmittelbare →Körperschaften und
→Anstalten des öffentlichen Rechts (z. B. Physikalisch-Technische
Bundesanstalt) oder mittelbare B. durch rechtsfähige juristische
Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Bundesanstalt für Arbeit,
Bundesbank, Bundesversicherungsanstalt für Angestellte). Ein
eigener Verwaltungsunterbau mit Mittelbehörden und Unterbehörden
besteht in der B. selten (z. B. →Bundeswehr). →Auftragsverwaltung
(Ausführung von Bundesgesetzen durch die Landesverwaltung im
Auftrag des Bundes)
Lit.: Dittmann, A., Die Bundesverwaltung, 1983
Bundesverwaltungsamt ist die selbständige Bundesoberbehörde für
verschiedene Bundesaufgaben (z. B. Ausländerwesen,
Bundesausbildungsförderung, Staatsangehörigkeit).
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) (in Leipzig im
Reichsgerichtsgebäude) ist das höchste →Gericht des Bundes in der
→Verwaltungsgerichtsbarkeit (§ 2 VwGO). Es ist in Senate
gegliedert. Es entscheidet vor allem über die →Revision in
Verwaltungsstreitsachen, verschiedentlich aber auch erstinstanzlich (§
50 VwGO).
Lit.: Kopp/Schenke, VwGO; Schwarz, K., Das Bundesverwaltungsgericht, 2000
Bundeswahlgesetz ist das die →Wahl zum Bundestag betreffende
Bundesgesetz.
Lit.: Schreiber, W., Handbuch des Wahlrechts zum deutschen
Bundestag, 7. A. 2002
Bundeswaldgesetz ist das Gesetz zur Erhaltung des Walds und der
Förderung der Forstwirtschaft vom 2. 5. 1975.
Lit.: Klose, F./Orf, S., Forstrecht, 2. A. 1998
Bundeswasserstraßengesetz ist das die Wasserstraßen des Bundes
betreffende Bundesgesetz.
Lit.: Friesecke, A., Bundeswasserstraßengesetz, 4. A. 1999; Wirth, W., Bundeswasserstraßengesetz,
2. A. 1998
Bundeswehr ist die Gesamtheit der Einrichtungen der militärischen
Landesverteidigung. Die B. untersteht dem →Bundesminister der
Verteidigung. Sie gliedert sich in die Streitkräfte (Heer, Luftwaffe,
Marine) und die →Bundeswehrverwaltung (Art. 87a, 87b GG) und
steht seit 2001 auch Frauen zum Dienst mit der Waffe offen.
Lit.: Maunz/Dürig, GG
Bundeswehrverwaltung (Art. 87b GG) ist die bundeseigene
→Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau zur Erfüllung der
Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des
Sachbedarfs der Streitkräfte.
Lit.: Schulte, H., Die verfassungsrechtliche Stellung der Bundeswehrverwaltung, 1970
Bundeswertpapierverwaltung (§§ 1ff.
Bundeswertpapierverwaltungsgesetz) (bis 31. 12. 2001
Bundesschuldenverwaltung) ist die zur Verwaltung der Schulden und
sonstigen Verbindlichkeiten des Bundes und seiner Sondervermögen
grundsätzlich zuständige Behörde. Sie ist eine Bundesoberbehörde im
Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen mit Sitz in
Bad Homburg vor der Höhe. Zu ihren Aufgaben zählen auch die
Beurkundung der Kredite, die Tilgung fälliger Kredite, die Führung
des Bundesschuldbuchs und die Erhebung relevanter Daten.
Bundeszentralregister (§§ 1ff. BZRG) ist das von dem
→Generalbundesanwalt in Berlin (später Bonn) geführte Register der
strafgerichtlichen →Verurteilungen, gewisser Entscheidungen von
Verwaltungsbehörden, der Vermerke über →Schuldunfähigkeit und
anderer Entscheidungen. Auf Antrag wird jedem über 14 Jahre alten
Menschen ein Zeugnis über den ihn betreffenden Inhalt des Registers
erteilt (§ 30 BZRG). Ebenso erhalten Behörden im Rahmen der §§
41ff. BZRG Auskunft über Eintragungen. →zentrales
staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister
Lit.: Götz, A./Tolzmann, G., Bundeszentralregistergesetz, 4. A. 2000; Hase, P.,
Bundeszentralregistergesetz, 2003
Bundeszwang ist die Möglichkeit der →Bundesregierung, ein
→Land dann, wenn es die ihm nach dem →Grundgesetz oder einem
andern Bundesgesetz obliegenden Bundespflichten nicht erfüllt,
zwangsweise – mit Zustimmung des →Bundesrats – zur Erfüllung
seiner Pflichten anzuhalten (Art. 37 I GG). Mögliche Maßnahmen
sind Beanstandungen, Entsendung von Beauftragten, Erteilung von
→Weisungen und Antrag auf Feststellung der Rechtsverletzung, nicht
dagegen Einsatz der →Bundeswehr oder Auflösung eines →Lands. In
der Verfassungswirklichkeit war der B. in der Bundesrepublik
Deutschland bisher ohne große Bedeutung.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht
Bürge ist die sich durch →Vertrag mit dem →Gläubiger eines Dritten
(Hauptschuldner) diesem Gläubiger gegenüber dazu verpflichtende
Person, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen
(§ 765 BGB). →Bürgschaft
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Schwarz, S., Bürgenschutz, 2001 (Diss.)
Bürger ist (in Rom der Römer [lat. civis Romanus]) und seit dem
Hochmittelalter der Bewohner einer – mit besonderem Stadtrecht
versehenen – →Stadt im Gegensatz zum Adligen und →Bauern. In
der Gegenwart wird als B. vielfach der Staatsangehörige oder der
Gemeindeangehörige bezeichnet bzw. der aktiv Wahlberechtigte bei
Staatswahlen und Kommunalwahlen.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Bürgerinitiative ist der meist rechtlich nicht verselbständigte
Zusammenschluss von →Bürgern (evtl. nichtrechtsfähiger Verein,
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) zur Erreichung eines
bestimmten allgemeinen Zwecks (z. B. Verhinderung eines
Bauvorhabens).
Lit.: Dustmann, U., Die Regelung von Bürgerbegehren, 2000;
Gebhardt, C., Direkte Demokratie im parlamentarischen System,
2000 (Diss.)
bürgerlicher Tod →Tod, bürgerlicher
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist das die wesentlichen Materien
des →Privatrechts (bürgerlichen →Rechts) regelnde deutsche
Gesetzbuch vom 18. 8. 1896, das zum 1. 1. 1900 in Kraft getreten ist.
Es löste das partikulare Recht (Landesrecht) und das gemeine Recht
(römische Recht) ab. Es enthält – ursprünglich – 2385 Paragraphen
und gliedert sich in die 5 Bücher Allgemeiner →Teil (§§ 1ff. BGB),
→Schuldrecht (§§ 241ff. BGB), →Sachenrecht (§§ 854ff. BGB),
→Familienrecht (§§ 1297ff. BGB) und →Erbrecht (§§ 1922ff. BGB).
Es gilt als technisch hochstehendes, vom Liberalismus geprägtes
Gesetz. Seit seinem Erlass ist es sowohl vielfach ausdrücklich
zugunsten sozial Schwacher geändert wie auch in zahlreichen
Beziehungen von Wissenschaft und Rechtsprechung an geänderte
Verhältnisse angepasst worden. Im Übrigen sind ihm zeitweise
weitere Einzelgesetze zur Seite gestellt worden, die zum 1. 1. 2002 in
den Gesamttext eingeordnet wurden (z. B. Gesetz über allgemeine
Geschäftsbedingungen, Haustürgeschäftswiderrufsgesetz,
Verbraucherkreditgesetz).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil; Wieacker,
Privatrechtsgeschichte; Erman, BGB; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil;. Bürgerliches Gesetzbuch,
54. A. 2003; Bürgerliches Gesetzbuch, hg. v. Jauernig, O.,10. A. 2003; BGB; Palandt, O.,
Bürgerliches Gesetzbuch, 63. A. 2004; Mugdan, B., Die gesamten Materialien zum bürgerlichen
Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. 1ff. 1899f., Neudruck 1979; Die Beratung des
Bürgerlichen Gesetzbuches in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen,
hg. v. Jakobs, H./Schubert, W., Bd. 1ff. 1978ff.; BGB mit einer Einführung v. Hirte, H., 106. A.
2003; BGB mit einer Einführung von Köhler, H., 52. A. 2002; Kropholler, J., Studienkommentar
BGB, 7. A. 2004; Musielak, H., Grundkurs BGB, 8. A. 2003; Dörner, H./Ebert, I./Eckert,
J./Hoeren, T./Kemper, R./Schulze, R./Staudinger, A., BGB, 3. A. 2003; Däubler, W., BGB kompakt,
2. A. 2003; Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hg. v. Bamberger, H./Roth, H., 2003;
Anwaltkommentar BGB, hg. v. Dauner-Lieb, B./Heidel/Ring, Bd. 1ff. 2003ff.
bürgerliches Recht →Recht, bürgerliches
Lit.: Medicus, Bürgerliches Recht; Köbler, G., Deutsches Privatrecht der Gegenwart, 1991; Kaiser,
G., Bürgerliches Recht, 8. A. 2002; Medicus, D., Grundwissen zum bürgerlichen Recht, 5. A. 2002;
Grunewald, B., Bürgerliches Recht, 6. A. 2003
Bürgermeister ist das leitende Organ einer →Gemeinde
(ursprünglich der Leiter der Gemeindeverwaltung). Seine
Rechtsstellung hängt von der Art der →Gemeindeverfassung
(→Bürgermeisterverfassung, →Magistratsverfassung) ab.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht; Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht
Bürgermeisterverfassung ist die besondere Form der – dualistischen
oder monistischen – →Gemeindeverfassung, bei der ein
→Bürgermeister an der Spitze der Vertretungskörperschaft →der
Gemeinde steht und die Verwaltungsgeschäfte führt (z. B. RheinlandPfalz, Saarland). Sie geht auf das zu Beginn des 19. Jh.s in den
Rheinlanden eingeführte französische Mairiesystem zurück. Ihr
Gegensatz ist die →Magistratsverfassung (unechte
Magistratsverfassung mit Gemeindevertretung und Magistrat als
Gemeindevorstand in Hessen). Die duale Rat-B. mit einer Spitze
findet sich in der Gegenwart in Baden-Württemberg, Bayern,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Niedersachsen,
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg, MecklenburgVorpommern und Schleswig-Holstein.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht; Knemeyer, F., Die duale Rat-BürgermeisterVerfassung, JuS 1998, 193
Bürgerrecht ist das →Grundrecht, das allen →Deutschen
Gelöscht: 6
Gelöscht: 3
(Staatsbürgern) durch das →Grundgesetz gewährt wird (vgl. Art. 8, 9,
11, 12 I GG). →Menschenrecht
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht; Reich, N., Bürgerrechte in der Europäischen Union, 1999; Siehr, A.,
Die Deutschenrechte des Grundgesetzes, 2001
Bürgerschaft ist die Gesamtheit der Bürger, in einzelnen
Bundesländern das →Parlament als deren Vertretung (Bremen,
Hamburg).
Bürgerversammlung ist die Versammlung der →Bürger einer
Gemeinde zur Erörterung gemeindlicher Angelegenheiten.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht
Bürgschaft (§§ 765ff. BGB) ist der einseitig verpflichtende
→Vertrag, in dem sich der eine Teil (→Bürge, Bürgschaftsschuldner)
gegenüber dem andern Teil (Gläubiger eines Dritten,
Bürgschaftsgläubiger) verpflichtet, für die Verbindlichkeit eines
Dritten (Hauptschuldner) gegenüber dem Gläubiger einzustehen. Die
Verpflichtungserklärung des Bürgen bedarf grundsätzlich der
→Schriftform (§ 766 BGB, anders § 350 HGB für Kaufleute) und der
Erteilung. Die Bürgschaftsschuld ist vom Bestand der Hauptschuld
abhängig (§ 767 S. 1 BGB, →Akzessorietät). Der Bürge kann an sich
in der Regel die Leistung verweigern, solange der Gläubiger nicht
fruchtlos die →Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner
(Vorausklage) versucht hat. Die B. ist selbstschuldnerisch, wenn dem
Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zusteht (§ 771 BGB,
praktisch häufig). Sonderfälle der B. sind →Mitbürgschaft,
→Nachbürgschaft und →Rückbürgschaft. Bei der B. auf erstes
Anfordern muss der Bürge nach dem Inhalt der
Bürgschaftsvereinbarung auf die bloße Behauptung des
Bürgschaftsfalls hin leisten, sofern nicht das Nichtbestehen der
Hauptforderung des Bürgschaftsgläubigers offensichtlich ist. Eine
vom Bürgschaftsgläubiger erreichte B. eines nahen
Familienangehörigen (z. B. Kind, Geschwister, Ehegatte) oder eines
Lebenspartners kann wegen Verstoßes gegen die guten →Sitten
nichtig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein auffälliges
Missverhältnis zwischen dem Umfang der Haftung und der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des als Bürgen Verpflichteten
besteht und der Verpflichtungsumfang sich auch nicht mit dem
Schutz des Gläubigers vor Vermögensverlagerungen zwischen
Schuldner und Bürgen oder z. B. mit einer zu erwartenden Erbschaft
(vgl. BGH NJW 1999, 58) begründen lässt oder wenn der nahe
stehende Bürge zwar ein begrenztes Eigeninteresse an der gesicherten
Verpflichtung des Dritten hat, aber mit der B. so sehr überfordert ist,
dass er nicht einmal die Zinsen der Verpflichtung aufbringen kann.
Außerdem kann ein Bürgschaftsgläubiger nach Treu und Glauben
gehindert sein, nach Wegfall bestimmter Umstände seinen
Bürgschaftsanspruch ganz oder teilweise geltend zu machen (vgl.
BGH NJW 1995, 592). Eine formbedürftige B. kann nicht in der
Weise erteilt werden, dass der Bürge eine Blankounterschrift leistet
und einen andern mündlich ermächtigt, die Urkunde zu ergänzen (vgl.
BGH NJW 1996, 1467). Die B. kann Haustürgeschäft sein.
Lit.: Horn, N., Bürgschaft und Garantien, 8. A. 2001; Reinicke, D./Tiedtke, K., Bürgschaftsrecht, 2.
A. 2000; Schmitz, S., Höchstbetragsbürgschaften, 2000; Palombini, C. Frhr. v., Staatsbürgschaften
und Gemeinschaftsrecht, 2000; Niggemann, P., Staatsbürgschaften und europäisches Beihilferecht,
2001; Eleftheriadis, N., Die Bürgschaft auf erstes Anfordern, 2001; Tonner, M., Neues zur
Sittenwidrigkeit der Ehegattenbürgschaft, JuS 2003, 325; Tiedtke, K., Die Rechtsprechung des
BGH, NJW 2003, 1359
Bürokratie ist die durch hauptberufliches, fachlich ausgebildetes
Personal, durch Trennung von Amt und Person, durch
Regelgebundenheit und durch Schriftlichkeit aller wesentlichen
Amtsvorgänge gekennzeichnete Verwaltungsgestaltung.
Lit.: Entbürokratisierung. Dokumentation und Analyse, hg. v. Helmrich, H., 1989
Buße (Besserung) ist wohl schon im germanischen Recht der
Ausgleich für einen Unrechtserfolg durch eine Leistung an den
Verletzten. Sie hat in ihren Ausläufern bis in die Gegenwart (1974)
fortgewirkt. Das moderne Recht kennt als B. Geldleistungen eines
Täters an eine gemeinnützige Einrichtung oder an die Staatskasse
unter (vorläufiger) Absehung von der Anklageerhebung oder unter
(vorläufiger) Einstellung des Verfahrens (§§ 56b StGB, 153a I StPO).
Daneben sieht es bei →Ordnungswidrigkeiten die Möglichkeit eines
→Bußgelds vor. Im →Kirchenrecht ist B. eine religiöse Leistung zur
Sühnung einer Schuld.
Lit.: Göhler, OWiG; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Bußgeld ist das bei einer →Ordnungswidrigkeit als Buße zu leistende
Geld (→Geldbuße, §§ 17ff. OWiG). Die Höhe des Bußgelds kann
zwischen 5 und (grundsätzlich) 1000 Euro betragen. Sie wird von der
→Verwaltungsbehörde (Ordnungsbehörde) festgelegt, wobei für
Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr ein →Bußgeldkatalog gilt.
Lit.: Göhler, OWiG; Neidhart, H., Bußgeld im Ausland, 2000
Bußgeldbescheid (§ 65 OWiG) ist der von der
→Verwaltungsbehörde im →Bußgeldverfahren erlassene
rechtsgestaltende →Verwaltungsakt. Sein Inhalt ist in § 66 OWiG
genau festgelegt. Gegen ihn ist binnen zwei Wochen nach Zustellung
Einspruch möglich, über den das →Amtsgericht, in dessen Bezirk die
Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat, entscheidet (§ 67ff. OWiG).
Lit.: Göhler, OWiG; Klinkhammer, M., Der fehlerhafte Bußgeldbescheid im gerichtlichen
Verfahren gemäß §§ 71ff. OWiG, 1988 (Diss.)
Bußgeldkatalog ist die systematische Aufstellung über die Höhe der
bei verschiedenen Ordnungswidrigkeiten zu leistenden →Bußgelder
(in einem Katalog z. B. vom 4. 7. 1989, mit Änderungen z. B. vom 4.
2. 2000).
Lit.: Janiszewski, H./Buddendiek, H., Verwarnungs- und Bußgeldkatalog mit Punktsystem, 8. A.
2002; Ferner, W., Der neue Bußgeldkatalog, 9. A. 2002; Thubauville, W., Bußgeldkatalog, 5. A.
2002; Bußgeldkatalog 2002, hg. v. Burmann, M., 2002
Bußgeldverfahren (§§ 35ff. OWiG, vgl. auch §§ 81ff. GWB) ist das
Verfahren der Verfolgung und Ahndung von
→Ordnungswidrigkeiten. Zuständig ist grundsätzlich die
→Verwaltungsbehörde, evtl. die →Staatsanwaltschaft oder ein
→Richter (vor allem bei Zusammenhang mit Straftaten). Für das B.
gilt neben dem Ordnungswidrigkeitengesetz sinngemäß die
Strafprozessordnung. Auf Grund der Ermittlungen wird ein
→Bußgeldbescheid erlassen, gegen den →Einspruch zulässig ist.
Über ihn wird durch →Urteil oder →Beschluss des Amtsgerichts
entschieden, gegen welche u. U. (Geldbuße von mehr als 250 Euro)
Rechtsbeschwerde zulässig ist, über die das Oberlandesgericht
entscheidet.
Lit.: Göhler, OWiG; Wieser, R., Handbuch des Bußgeldverfahrens, 4. A. 2002
BVerfG →Bundesverfassungsgericht
BVerwG →Bundesverwaltungsgericht
C
Canon (lat. [M.] die Regel) ist im →Kirchenrecht eine
Untergliederung einer Rechtsquelle, die etwa dem Artikel oder
Paragraphen entspricht.
Carolina (F.) →Constitutio Criminalis Carolina
case-law (engl. [N.]) konkretes Fallrecht (im Gegensatz zum
abstrakten Gesetzesrecht)
Casum sentit dominus ([lat.] den [Unglücks-]Fall spürt der Herr) ist
der schon im römischen Recht vorhandene Grundsatz des
→Schadensrechts, wonach der →Eigentümer einer Sache
grundsätzlich ihren Verlust selbst zu tragen hat und den Schaden nur
(ausnahmsweise) bei Vorliegen von Schadensüberwälzungsnormen
von einem andern ersetzt verlangen kann.
Lit.: Liebs, Rechtsregeln; Köbler, Schuldrecht
Catering ist die Lieferung fertiger Speisen.
Lit.: Peters, T., Der Cateringvertrag, 1998
causa (lat. [F.]) Ursache, Grund (z. B. für eine Leistung)
cautio (lat. [F.]) Sicherheitsleistung
CENTRAL (Center for Transnational Law) ist das Zentrum für die
Erforschung rechtsordnungsübergreifender Strukturen des
Wirtschaftsrechts (in Münster).
Lit.: NJW 1998, 2882
CCBE (M.) (Rat der Europäischen Anwaltschaft) ist die
Interessenvertretung der Anwälte der Mitgliedstaaten der
Europäischen Union, Norwegens, Islands und Liechtensteins vor der
Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und andern
europäischen Einrichtungen. Organe sind ein ehrenamtlich tätiges
Präsidium und ein Generalsekretariat in Brüssel. Deutschland verfügt
über 18 Stimmen.
cessio (lat. [F.]) Zession, →Abtretung
cf. ([lat.] confer) vergleiche
Chance (F.) Möglichkeit, Hoffnung
charta (lat. [F.]) Urkunde, z. B. →Magna Charta
Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist die in Nizza
im Dezember 2000 verkündete, zahlreiche Grundrechte enthaltende
Charta der Europäischen Union.
Lit.: Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2000;
Tettinger, P., Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
NJW 2001, 1010; Bernsdorff, N./Borowsky, M., Die Charta der
Grundrechte der Europäischen Union, 2002; Kommentar zur Charta
der Grundrechte der Europäischen Union, hg. v. Meyer, J., 2003
Charta der Vereinten Nationen (26.°6. 1945/24. 10. 1945) ist das
die Verfassung der →Vereinten Nationen enthaltende Dokument.
Lit.: Charta der Vereinten Nationen, hg. v. Simma, B. u. a., 1991
Chartervertrag ist der Vertrag, bei dem ein Schiff (vgl. § 557 HGB)
oder Flugzeug (gechartert bzw.) gemietet wird (Frachtvertrag,
Mietvertrag, evtl. auch Werkvertrag).
Lit.: Schmied, R., Rechtsprechung zum Charterflug, 1997
Chemikaliengesetz (§ 1 ChemG) ist das den Schutz der Menschen
und der Umwelt vor schädlichen Einwirkungen vieler gefährlicher
Stoffe (nicht z. B. Arzneimittel, Abfall, Abwasser) und Zubereitungen
bezweckende Gesetz.
Lit.: Rehbinder, E., Chemikaliengesetz, 1985
Chemiewaffenübereinkommen ist das am 29. 4. 1997 in Kraft
getretene, auch die Tätigkeit der Wirtschaft internationalen
Kontrollmaßnahmen unterwerfende Rüstungskontrollübereinkommen
über Chemiewaffen.
Lit.: Bundscher, C., Deutschland und das Chemiewaffenübereinkommen, 1997
China ist der vor allem vom Pazifischen Ozean, Russland und Indien
begrenzte südostasiatische Staat, der 2001 in die
Welthandelsorganisation aufgenommen wurde. Sein Recht ist vor
allem im 20. Jahrhundert von Europa beeinflusst. Es steht in einem
Spannungsverhältnis zur rechtsfreien Tradition.
Lit.: Senger, H. v., Einführung in das chinesische Recht, 1994; Zheng, Y., Das Wirtschaftsrecht
Chinas, 1997; Chinese Law, hg. v. Guiguo, W., 1999; Heuser, R., Einführung in die chinesische
Rechtskultur, 1999; Min, K., Die Entwicklung des Rechts in der Volksrepublik China, 1999;
Martinek, M./Weizuo, C., Jura in China, JuS 2000, 512; Shao, J./Drewes, E., Chinesisches Zivilund Wirtschaftsrecht, 2001; Köbler, G., Rechtschinesisch, 2002
Chipkarte ist die mit elektronisch verwalteten Angaben bzw. Werteinheiten ausgestattete
Karte.
Lit.: Iwansky, P., Datenschutzrechtliche Probleme von Chipkarten, 1999
Christlicher Gewerkschaftsbund ist der Zusammenschluss
christlicher Gewerkschaften. Er besteht neben dem →Deutschen
Gewerkschaftsbund. Er ist zwar tariffähig, aber von geringer
tatsächlicher Bedeutung.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
CIEC (F.) Commission (F.) Internationale de l’Etat Civile
Cif ([engl.] cost, insurance, freight) ist die Klausel des internationalen
Handelsverkehrs, die dem Verkäufer Verladungskosten, Versicherung
und Fracht zum Bestimmungshafen einschließlich der Abladung
zuteilt.
Lit.: Canaris, Handelsrecht
CISG (F.) Convention on contracts for the international sale of goods
(1980) Einheitliches UN-Kaufrecht, →Kauf
Lit.: Will, M., International sales law under CISG, 8. A. 1999
Clausula (F.) rebus sic stantibus ([lat.] Klausel bei unveränderter
Sachlage) ist die Klausel, die eine Rechtsfolge davon abhängig macht,
dass sich die wesentlichen Verhältnisse nicht ändern. Nach dem
älteren gemeinen Recht sollte sie bei jedem →Vertrag auch ohne
Einzelabrede gelten. Heute wird eine Veränderung der wesentlichen
Verhältnisse im Institut der Störung der →Geschäftsgrundlage erfasst
(§ 313 BGB).
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil
Clearing (engl. [N.]) ist im internationalen Zahlungsverkehr die
Verrechnung von →Schulden und →Forderungen über eine
besondere Verrechnungsstelle zur Vermeidung überflüssiger
Leistungsvorgänge.
Clementinae (lat. [F. Pl.]) →corpus iuris canonici
CMR (N.) Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im
internationalen Straßengüterverkehr
Lit.: Herber, P./Piper, H., CMR, 1996
CNUE (F.) Europäischer Verband der Notare
Code (M.) civil ([franz.] Bürgerliches Gesetzbuch) ist die
französische Kodifikation des bürgerlichen Rechts mit ursprünglich
2281 Artikeln unter Napoleon (1804). Der C. c. hat zeitweise in
einzelnen deutschen Ländern gegolten und gilt in Frankreich noch in
der Gegenwart. Er hat vor allem die romanischen Länder und die
ehemaligen Kolonien Frankreichs stark beeinflusst.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
Code (M.) de commerce ([franz.] Handelsgesetzbuch) ist die
französische Kodifikation des Handelsrechts unter Napoleon (1807).
Code (M.) pénal ([franz.] Strafgesetzbuch) ist die französische
Kodifikation des Strafrechts unter Napoleon (1810).
codex (lat. [M.]) Stamm, Tafel, Buch, Gesetzbuch
Codex (M.) Euricianus (lat.) auf Eurich zurückgeführtes Gesetzbuch
der Westgoten um 475 n. Chr.
Codex (M.) Hammurapi (lat.) Gesetzbuch oder Rechtsbuch des
(Königs) Hammurapi in Mesopotamien um 1700 v. Chr.
Lit.: Deimel, A. u. a., Codex Hammurapi, 3. A. 1950
Codex (M.) iuris canonici ([lat.] Gesetzbuch des kanonischen
Rechts) ist die zu Pfingsten 1918 in Kraft getretene moderne
Kodifikation des Rechts der katholischen Kirche. Der C. i. c. ist in 5
Bücher und 2414 Paragraphen gegliedert. Er löst das ältere →corpus
iuris canonici ab. Er wurde am 25. 1. 1983 in überarbeiteter Fassung
neu veröffentlicht und am 27. 11. 1983 in Kraft gesetzt. Dieser neue
C. gliedert sich in 7 Bücher (Allgemeiner Teil, Volk Gottes,
Verkündigungsdienst, Heiligungsdienst, Kirchenvermögen,
Strafrecht, Prozessrecht). Das durch Verträge (Konkordate)
geschaffene Recht bleibt unberührt. Weltliches Recht wird nach can.
22 nur unter bestimmten Voraussetzungen als gültig anerkannt.
Lit.: Codex iuris canonici, Lat.-dt. Ausgabe, 3. A. 1989
Codex (M.) Iustinianus ([lat.] justinianisches Gesetzbuch) ist die von
Justinian (529–533) nach dem Vorbild des →Codex Theodosianus
veranlasste Sammlung (Kompilation) römischer Kaisergesetze. Sie
gliedert sich in 12 Bücher. Sie ist ein Teil des →corpus iuris civilis.
Lit.: Wieacker, F., Textstufen klassischer Juristen, 1960; Corpus iuris civilis, hg. v. Krüger,
P./Mommsen, T./ Schoell, R. u. a., Bd. 2, 13. A. 1963, deutsche Übersetzung von
Otto/Schilling/Sintenis, Bd. 1–7, 1839ff. (sowie Behrends, O. u. a., Bd. 1ff. 1990ff.); Köbler, G.,
Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Codex (M.) Theodosianus (lat.) Gesetzbuch des oströmischen
Kaisers Theodosius II. 438 n. Chr.
Lit.: Mommsen, T./Meyer, P., Theodosiani libri XVI, Bd. 1 1905, Neudruck 1954; Pharr, C., The
Theodosian Code, 1952
Cognitio (F.) extra ordinem ([lat.] Erkenntnis außerhalb der
Ordnung) ist im römischen Recht die sich seit der Zeitenwende
entwickelnde besondere Verfahrensart, in der im Gegensatz zu den
älteren Legisaktionenverfahren und Formularverfahren ein
öffentlicher Amtsträger untersucht und entscheidet.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
comes (lat. [M.]) Graf
comitia (lat. [N. Pl.]) (verschieden gegliederte) Volksversammlung
der Römer
commenda (lat. [F.]) Anvertrauung (Vorform der
Kommanditgesellschaft)
commodatum (lat. [N.]) Leihe
commodum (lat. [N.]) Bequemlichkeit, Vorteil. Stellvertretendes c.
(§ 285 BGB) ist der Ersatz oder Ersatzanspruch, den der →Schuldner
infolge eines Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275
BGB nicht zu erbringen braucht, (als Ausgleich) für den
(ursprünglich) geschuldeten Gegenstand erlangt (z. B.
Versicherungsanspruch für das gestohlene Auto, das der Schuldner
hätte übereignen müssen). Der Gläubiger kann das stellvertretende c.
verlangen. Dementsprechend vermindert sich allerdings sein
eventueller →Schadensersatzanspruch (§ 285 II BGB) bzw. bleibt er
im gegenseitigen Vertrag zur Gegenleistung verpflichtet (§ 326 III 1
BGB).
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Lange, H., Schadensersatz, 2. A. 1990; Wieczorek, A., Die
Erlösherausgabe bei § 281 BGB, 1995; Bollenberger, R., Das stellvertretende commodum, 1999;
Löwisch, M., Herausgabe von Ersatzverdienst, NJW 2003, 2049
Common law ([engl.] gemeines Recht) ist in England das durch die
Rechtsprechung der (drei) königlichen Gerichte an Hand von
Einzelfällen entwickelte (strenge) Recht im Gegensatz zu dem vom
Kanzler und seinem Gericht entwickelten Recht (equity, Billigkeit)
sowie zum selteneren gesetzten Recht (statute law).
Lit.: Plucknett, T., Concise history of the Common law, 5. A. 1966; Köbler, G., Rechtsenglisch, 5.
A. 2001
communio (lat. [F.]) Gemeinschaft
communis opinio (lat. [F.]) allgemeine Meinung
compensatio (F.) lucri cum damno (lat.) Aufrechnung oder
Ausgleich des Gewinns mit dem Schaden, →Vorteilsausgleichung
Computer (Rechner) ist das System von elektrischen Schaltungen zur
Behandlung umfangreicher Aufgaben der →Datenverarbeitung
(beachte u. a. §§ 69aff. UrhRG).
Lit.: Computerrechts-Handbuch (Lbl.), hg. v. Kilian, W./Heussen, B., 20. A. 2003; Irlbeck, T.,
Computerlexikon, 4. A. 2002; Irlbeck/Langenau/Mayer, Computer-Englisch, 4. A. 2002;
Computerrecht e-commerce, hg. v. Marly, J., 4. A. 2000; Junker, A./Benecke, M., Computerrecht, 2.
A. 2003; Junker, A., Die Entwicklung des Computerrechts, NJW 2003, 2792
Computerbetrug (§ 263a StGB) ist die Beschädigung des
Vermögens eines andern in rechtswidriger
Vermögensvorteilsverschaffungsabsicht für sich oder einen Dritten
durch Beeinflussung des Ergebnisses eines
Datenverarbeitungsvorgangs. Dies kann geschehen durch unrichtige
Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder
unvollständiger Daten, durch unbefugte Verwendung von Daten oder
durch sonstige unbefugte Einwirkung auf den Ablauf (vgl. BGH NJW
1995, 669 Benutzung eines rechtswidrig erlangten Programms eines
Geldspielautomaten). Der C. ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder mit Geldstrafe bedroht.
Lit.: Wessels/Hillenkamp, Strafrecht, Besonderer Teil; Hilgendorf, E., Grundfälle zum
Computerstrafrecht, JuS 1996, 596, JuS 1997, 130; Jaeger, S., Computerkriminalität, 2. A. 1998
Computersabotage (§ 303b StGB) ist das Stören einer für einen
andern wesentlich bedeutsamen Datenverarbeitung durch
→Datenveränderung oder Zerstören, Beschädigen,
Unbrauchbarmachen, Beseitigen oder Verändern einer
Datenverarbeitungsanlage oder eines Datenträgers.
Lit.: Lackner/Kühl, StGB; Guder, W., Computersabotage, 2000
Computervertrag ist der mit Hilfe des Computers geschlossene
Vertrag.
Lit.: Koch, F., Computervertragsrecht, 6. A. 2002
condicio (lat. [F.]) Bedingung
condicio (F.) sine qua non (lat.) Bedingung, ohne die nicht,
→Äquivalenztheorie
condictio (lat. [F.] Ansagung) ist im römischen Recht die besondere
Verfahrensart des Legisaktionenverfahrens bzw. Formularverfahrens,
in der u. a. auch eine nichtgeschuldete Leistung ([lat.] indebitum)
zurückverlangt werden kann. Später wird c. (Kondiktion) der
Ausdruck für eine Gruppe von mit dem Herausgabeanspruch auf das
indebitum verwandten Ansprüchen, deren modernes, im römischen
Recht (noch) fehlendes Kennzeichen die Beschränkung der
Herausgabepflicht auf die noch vorhandene Bereicherung ist. Von
daher wird c., Kondiktion, verstanden als Anspruch aus
ungerechtfertigter →Bereicherung. c. causa data, causa non secuta
(Kondiktion des gegebenen, aber nicht nachgefolgten Grundes) ist
heute der →Bereicherungsanspruch wegen Nichteintritts des mit der
Leistung bezweckten Erfolgs (§ 812 I 2 BGB). c. indebiti (Kondiktion
des Nichtgeschuldeten) ist heute der →Bereicherungsanspruch wegen
Leistung trotz Fehlens einer Schuld (§ 812 I 1 BGB). c. ob causam
finitam (Kondiktion wegen des beendeten Grunds) ist heute der
→Bereicherungsanspruch wegen späteren Wegfalls des Rechtsgrunds
(§ 812 I 2 BGB). c. ob turpem vel iniustam causam (Kondiktion
wegen schändlichen oder ungerechten Grunds) ist heute der
→Bereicherungsanspruch wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches
Verbot oder die guten Sitten (§ 817 BGB). c. sine causa (Kondiktion
ohne Grund) ist heute der allgemeine Bereicherungsanspruch wegen
Fehlens eines gültigen Rechtsgrunds (§ 812 I 1 BGB).
Lit.: Brox, Besonderes Schuldrecht; Niederländer, H., Die Bereicherungshaftung im klassischen
römischen Recht, 1953; Reuter, D./Martinek, M., Ungerechtfertigte Bereicherung, 1983; Köbler, G.,
Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
conditio →condicio
consortium (lat. [N.]) Erbengemeinschaft des römischen Rechts
constitutio (lat. [F.]) Festsetzung, Gesetz
Constitutio (F.) Criminalis Carolina (CCC, Peinliche
Gerichtsordnung Karls V.) von 1532 ist das Gesetz des Heiligen
Römischen Reichs (deutscher Nation), welches das Strafrecht der
Neuzeit bestimmt und erst im 19. Jh. abgelöst wird. Die CCC
verbindet einheimische Praxis mit oberitalienischem gelehrtem Recht
und wirkt durch ihre Indizienlehre (Folter nur bei Vorliegen von
Indizien für Täterschaft zulässig) bahnbrechend. Sie beruht wohl
maßgeblich auf den Arbeiten Johanns von Schwarzenberg.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Kohler, J./Scheel, W., Die peinliche Gerichtsordnung
Kaiser Karls V., 1900, Neudruck 1968; Rüping, H., Grundriss der Strafrechtsgeschichte, 4. A. 2002;
Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V., hg. v. Schroeder, F., 2000
contra legem (lat.) gegen das Gesetz (vor allem eine Entscheidung
gegen den Wortlaut des Gesetzes)
Lit.: Neuner, J., Die Rechtsfindung contra legem, 1992
contractus (lat. [M.]) Vertrag
Controlling (engl. [N.]) Kontrolle
Lit.: Witt, F., Lexikon des Controlling, 1997; Das Controllingkonzept, v. Horváth und Partner, 4. A.
2000
Contumacia (lat. [F.] Kontumaz) ist im älteren Prozessrecht der
Ungehorsam einer Partei gegen eine richterliche Prozessanordnung z.
B. Ladung.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
conubium (lat. [N.]) römische Eherechtsfähigkeit
Copyright (engl. [N.] Vervielfältigungsrecht) ist im
angloamerikanischen Recht das 28 Jahre und bei Verlängerung
weitere 28 Jahre wirkende →Urheberrecht an Literaturwerken. Es
wird durch Registrierung in einem besonderen Copyright-Register
erreicht. Mitglieder des Welturheberrechtsabkommens erlangen den
Schutz durch den Copyright-Vermerk in jedem Buch.
Lit.: Hubmann/Rehbinder, Urheberrecht; Copyright, hg. v. Born, S., 2. A. 1998; Fishman, S., The
copyright handbook, 5. A. 2000
COREPER (M.) Comité des Représentants Permanents des Etats
Membres, ständiger Botschafterausschuss der Europäischen Union
corporate governance (N.) (engl.) Unternehmensleitung (als Bündel
freiwillig beachteter Verhaltensregeln)
Lit.: Peltzer, M., Deutsche Corporate Governance, 2003; Ringleb,
H./Kremer, T./Lutter, M./Werder, A. v., Deutscher Corporate
Governance Kodex, 2003
corpus (lat. [N.]) Körper, Gegenstand, Gesamtheit
corpus (N.) catholicorum (lat.) Gesamtheit der katholischen
→Reichsstände (1648-1806)
corpus (N.) delicti (lat.) Gegenstand des Delikts
corpus (N.) evangelicorum (lat.) Gesamtheit der evangelischen
→Reichsstände (1653-1806)
Corpus (N.) iuris canonici ([lat.] Korpus des kanonischen Rechts) ist
die zwischen 1140 und 1500 allmählich entstandene Sammlung des
kirchlichen Rechts. Das c. i. c. setzt sich zusammen aus dem Dekret
Gratians (Bologna 1140), Liber extra (1234), Liber sextus (1298), den
Clementinae (1317ff.) und Extravaganten. Es regelt auch weltliche
Verhältnisse. Der Name datiert von 1580. →Codex iuris canonici
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Corpus (N.) iuris civilis ([lat.] Korpus des weltlichen Rechts) ist die
seit 1583 so bezeichnete Kompilation des römischen Rechts durch
Justinian (528–534). Sie besteht aus den →Digesten oder
→Pandekten, aus dem →Codex Justinianus, aus den →Institutionen
und aus den Novellen Justinians. Durch sie ist im Wesentlichen das
römische Recht an die Nachwelt weitergegeben worden, so dass sie
die gesamte Rechtsentwicklung nachhaltig beeinflusst hat.
Lit.: Corpus Iuris Civilis, hg. v. Krüger, P./Mommsen, T./Schoell, R. u. a., Bd. 1, Institutiones und
Digesta, 16. A. 1954, Bd. 2 Codex, 13. A. 1963, Bd. 3 Novellae, 7. A. 1959, Deutsche Übersetzung
von Otto/Schilling/Sintenis, Bd. 1–7, 1831–39 sowie von Behrends, O. u. a., Bd. 1ff. 1990ff.;
Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
creditor (lat. [M.]) Gläubiger
crimen (lat. [N.]) Verbrechen, Straftat
crimen (N.) laesae maiestatis (lat.) Hochverrat
Cuius regio – eius religio ([lat.], wessen Gebiet – dessen Religion)
ist die nach den Religionskriegen 1555 im Augsburger
Religionsfrieden ausgehandelte Formel zur Bestimmung der
Religionszugehörigkeit. Danach bestimmt der Landesherr die
Religion in seinem Land. Andersgläubige dürfen auswandern ([lat.]
beneficium [N.] emigrationis).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
culpa (lat. [F.]) Schuld, Sorgfalt
culpa (F.) in abstracto (lat.) Außerachtlassung der im Verkehr
abstrakt erforderlichen Sorgfalt
culpa (F.) in concreto (lat.) Außerachtlassung der im bestimmten
Fall – der eigenen Angelegenheiten – konkret erforderlichen Sorgfalt
Culpa (F.) in contrahendo ([lat.] Verschulden beim Vertragsschluss)
ist das außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs entwickelte Institut,
bei dem im Fall schuldhafter Verletzung vorvertraglicher →Pflichten
der Verletzer dem Verletzten den entstandenen →Schaden zu ersetzen
hat (z. B. im Warenhaus fällt eine unachtsam aufgestellte
Teppichrolle um und verletzt einen Kaufwilligen, im Anlagenrecht
wird, womit der Betreffende rechnen musste, mit unrichtigen Testaten
eines Wirtschaftsprüfers geworben und Geld im Vertrauen auf die
Richtigkeit der Testate angelegt, str. für nicht in Anspruch
genommene Tischreservierung in einem Restaurant). Seit 2002
entsteht ein Schuldverhältnis (§ 311II BGB) mit Pflichten nach § 241
II BGB auch durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die
Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf
eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem andern Teil die
Möglichkeit der Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und
Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder durch ähnliche
geschäftliche Kontakte. Für dieses (der Einfachheit halber wohl am
besten weiter als c. i. c. zu bezeichnende) Schuldverhältnis gilt das
allgemeine Schuldrecht.
Lit.: Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht; Medicus, Schuldrecht Bd. 1; Köbler, Schuldrecht;
Dötsch, W., Rechtsweg bei Ansprüchen aus öffentlich-rechtlicher culpa in contrahendo, NJW 2003,
1430
culpa (F.) in custodiendo (lat.) Verschulden bei der Überwachung –
eines Gehilfen –, →Verrichtungsgehilfe
culpa (F.) in eligendo (lat.) Verschulden bei der Auswahl – eines
Gehilfen –, →Verrichtungsgehilfe
culpa (F.) lata (lat.) weite Schuld, grobe →Fahrlässigkeit
culpa (F.) levis (lat.) leichte Schuld, einfache →Fahrlässigkeit
culpa (F.) levissima (lat.) leichteste Schuld
cum laude ([lat.] mit Lob) ist die drittbeste Note der Doktorprüfung.
cum tempore (lat.) mit Zeit (d. h. 15 Minuten nach der angegebenen
vollen Stundenzeit)
D
DACH Europäische Anwaltsvereinigung e. V. ist der Verein
deutschsprachiger und korrespondierender Rechtsanwälte zur
Wahrung gemeinsamer Interessen (Kappelergasse 14, CH 8022
Zürich, Tel. 0041/12110777, Fax 0041/43344/7021).
DAG →Deutsche Angestelltengewerkschaft
Daktyloskopie (F.) Fingerschau, →Fingerabdruck
Lit.: Oppermann, K., Der daktyloskopische Identitätsnachweis, 2000
Da mihi factum, dabo tibi ius ([lat.] gib mir den Sachverhalt, ich
werde dir das Recht geben) ist die allgemeine, aus dem römischen
Recht stammende Verfahrensregel, wonach die →Parteien dem
→Richter nur das Sachgeschehen, nicht auch das anzuwendende
Recht vorzutragen haben(, vgl. § 293 ZPO).
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
Damnationslegat (N.) Vermächtnis mit schuldrechtlicher Wirkung,
Gegensatz zu Vindikationslegat
damnum (lat. [N.]) Gabe, Schaden
damnum (N.) emergens (lat.) erwachsender Schaden, →Schaden
Dänemark ist der im Norden an Deutschland angrenzende
skandinavische Staat, der seit 1. 1. 1973 der Europäischen
Gemeinschaft bzw. Europäischen Union angehört.
Lit.: Dübeck, I., Introduktion til Dansk Ret, 1994; Dübeck, I., Einführung in das dänische Recht,
1996; Eyben, W. v., Juridisk ordbog, 10. A. 1996; Zahle, H., Dansk forfangingsret, 2. A. 1997
Darlehen (Sachdarlehen, § 607 BGB) ist der – entweder einseitig
verpflichtende Vertrag (unentgeltliches D.) oder gegenseitige –
→Vertrag (entgeltliches D.), in dem sich der eine Teil
(Darlehensgeber) verpflichtet, dem andern Teil (Darlehensnehmer)
eine vereinbarte vertretbare Sache (z. B. Wertpapier, Flasche, Palette,
seit 2002 nicht mehr Geld) zu überlassen, und der Darlehensnehmer
sich verpflichtet, ein vereinbartes Entgelt (Darlehensentgelt) zu
zahlen und bei Fälligkeit Sachen gleicher Art, Güte und Menge
zurückzuerstatten. Das Entgelt kann in Zinsen oder in Gewinnanteilen
(Beteiligungsdarlehen, partiarisches D.) bestehen. Der
Darlehensnehmer wird durch Übereignung Eigentümer der
dargeliehenen Sachen und muss deshalb bei der Rückgabe auch
wieder (in der Regel andere vertretbare Sachen) an den
Darlehensgeber übereignen. Die Fälligkeit der Rückerstattung hängt
von der Vereinbarung oder einer Kündigung ab, so dass der
Darlehensnehmer das D. gegen den Willen des Darlehensgebers nur
bei Vorliegen besonderer Umstände vorzeitig zurückerstatten kann.
Nach § 488 BGB wird seit 2002 der Darlehensgeber (von Geld)
verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der
vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, und der
Darlehensnehmer verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und
bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte D. zurückzuerstatten
(Konsensualvertrag). Die vereinbarten Zinsen sind grundsätzlich nach
dem Ablauf je eines Jahrs oder bei vorheriger Rückerstattung zu
entrichten. Ist für die Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt, so
hängt die Fälligkeit von einer Kündigung ab, für die die
Kündigungsfrist drei Monate beträgt. Bei einem zinslosen D. kann der
Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zurückerstatten. Das
ordentliche Kündigungsrecht des Darlehensnehmers bestimmt sich
nach § 489 BGB, das außerordentliche Kündigungsrecht des
Darlehensgebers bei wesentlicher Verschlechterung der
Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers nach § 490 BGB.
Besondere Einzelgestaltungen führen zu zahlreichen verschiedenen
Einzelformen des Darlehens (Hypothekendarlehen, Bauspardarlehen
u. a.). Für das Verbraucherdarlehen gelten die §§ 491ff. BGB. Eine
andere Schuld kann durch Vereinbarung in ein D. umgewandelt
werden (Vereinbarungsdarlehen). Eigenkapitalersetzendes D. (§ 32a
GmbHG) ist das D., das ein →Gesellschafter einer →Gesellschaft
oder ein Dritter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt gewährt, in dem
die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute der Gesellschaft
→Eigenkapital zugeführt hätten. Es kann in der →Insolvenz der
Gesellschaft nicht oder nur beschränkt – (§ 39 I Nr. 5 InsO
nachrangige Forderung) zurückverlangt werden. Hat die Gesellschaft
im letzten Jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein solches D.
an den Gesellschafter zurückgezahlt, muss er es an die Gesellschaft
zurückerstatten. Im Gegensatz zum D., bei dem der Darlehensnehmer
statt anderer Sachen auch die dargeliehenen Sachen zurückgeben
(übereignen) darf, ist bei der →Leihe in jedem Fall die geliehene
Sache selbst zurückzugeben.
Lit.: Dittrich, J., Der Darlehensvertrag in seiner rechtlichen Ausgestaltung, Diss. jur. Marburg
1978; Schmelz, K., Der Verbraucherkredit, 1989; Beintmann, U., Eigenkapitalersetzende
Gesellschafterdarlehen, 1998; Mathes, K., Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen, 2000;
Rösler, P./Wimmer, K./Lang, V., Vorzeitige Beendigung von Darlehensverträgen, 2003
Daseinsvorsorge ist die Vorsorge für das Dasein des Menschen. Die
D. ist eine Aufgabe, die ursprünglich allein dem Einzelnen und den
ihn umschließenden Gruppen (z. B. Familie, Horde) obgelegen hat,
seit der Aufklärung aber (mangels Leistungsfähigkeit des Einzelnen
und infolge Verdichtung der Gesellschaft) mehr und mehr vom
→Staat mitübernommen wird. Die dadurch entstehende Art der
Verwaltung ist die zur älteren →Eingriffsverwaltung hinzutretende
→Leistungsverwaltung.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Hellermann, J., Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche
Selbstverwaltung, 2000
Datei ist die gleichartig aufgebaute Sammlung von →Daten, die nach
bestimmten Merkmalen (mindestens 2 Merkmale notwendig, str.)
geordnet und ausgewertet werden kann. Die D. entsteht bei der
Datenverarbeitung. Sie steht unter →Datenschutz.
Daten ([zu lat.] datum, gegeben) sind allgemein Angaben,
Einzeltatsachen oder Gegebenheiten. Sie bilden das Material der
Datenverarbeitung. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über
persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder
bestimmbaren natürlichen Person (§ 3 I BDSG).
Lit.: Meier, K./Wehlau, A., Die zivilrechtliche Haftung für Datenlöschung, NJW 1998, 1585
Datenabgleich (§ 98c StPO) ist der maschinelle Vergleich
personenbezogener →Daten aus einem Strafverfahren mit andern zur
Strafverfolgung, Strafvollstreckung oder Gefahrenabwehr
gespeicherten Dateien. D. ist eine Art der →Rasterfahndung im
weiteren Sinn. Der D. stellt einen Eingriff in Persönlichkeitsrechte dar
und bedarf deshalb gesetzlicher Ermächtigung.
Lit.: Wittig, P., Schleppnetzfahndung, Rasterfahndung und Datenabgleich, JuS 1997, 961
Datenbank (§ 87a UrhG) ist die Form der Datenspeicherung, bei der
die Daten nach Gruppengesichtspunkten gespeichert sind, die je nach
Programm beliebig miteinander verknüpft und abgerufen werden
können (z. B. Telefonbuch) bzw. die Sammlung von Werken, Daten
oder andern unabhängigen Elementen, die systematisch oder
methodisch angeordnet oder einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel
oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung,
Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang
wesentliche Investition erfordert. Der Hersteller einer D. hat ein
Leistungsschutzrecht. Erlaubt ist beispielsweise die Übernahme
einiger Tausend Anschriften aus einer größen Datenbank zwecks
Erstellung von Werbebriefen.
Lit.: Leistner, M., Der Rechtsschutz von Datenbanken, 2000; Kröger,
D., Rechtsdatenbanken, 2001; Recht der elektronischen Datenbanken
(Lbl.), hg. v. Wiebe, A./Leupold, A., 2002
Datenschutz (§§ 1ff. BDSG) ist der Schutz der Daten einer Person
vor Missbrauch. Zur Sicherung des Datenschutzes besteht eine
Geheimhaltungspflicht des Datenerfassers sowie ein
Auskunftsanspruch und gegebenenfalls ein Berichtigungsanspruch,
Sperrungsanspruch oder Löschungsanspruch des Betroffenen.
Unbefugte Verwertung von Daten kann strafbar sein (vgl. auch § 203
StGB) und einen Schadensersatzanspruch begründen (§ 7 BDSG). Für
den D. sind besondere →Datenschutzbeauftragte bestellt. Geordnet ist
der D. hauptsächlich im Bundesdatenschutzgesetz.
Lit.: Hobert, G., Datenschutz und Datensicherheit, 2000; Roßnagel, A., Datenschutzaudit, 2000;
Löw, P., Datenschutz im Internet, 2000; Schaar, P., Datenschutz im Internet, 2002; Handbuch
Datenschutzrecht, hg. v. Roßnagel, A., 2003; Datenschutzrecht, hg. v. Geis, I. u. a., 2003; Wächter,
M., Datenschutz im Unternehmen, 3. A. 2003; Gola, P./Klug, C., Grundzüge des Datenschutzrechts,
2003; Datenschutz in Anwaltschaft, Notariat und Justiz, hg. v. Abel, R., 2003
Datenschutzbeauftragter (§ 4f BDSG) ist der mit dem
→Datenschutz beauftragte Mensch.
Lit.: Zöllner, D., Der Datenschutzbeauftragte, 1995
Datenveränderung (§ 303a StGB) ist das rechtswidrige Löschen,
Unterdrücken, Unbrauchbarmachen oder Verändern von →Daten. Es
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft. Der Versuch ist strafbar.
Lit.: Tröndle/Fischer, StGB
Datenverarbeitung ist allgemein jedes Befassen mit →Daten. Nach
§ 3 IV BDatenschutzG ist D. die Speicherung, Veränderung,
Übermittlung, Sperrung oder Löschung personenbezogener →Daten
in →Dateien in manueller oder automatischer Form (weiterreichend
BVerfGE 65, 42ff.). Für die D. ist der Datenschutz zu beachten.
Lit.: Koch, M., Datenerhebung und Datenverarbeitung in den Polizeigesetzen, 1999; Redeker, H.,
IT-Recht in der Praxis, 3. A. 2003
Dauerarrest (§ 16 IV JGG) ist der →Arrest von mindestens einer
Woche und höchstens vier Wochen Dauer. Er ist →Jugendarrest und
damit Zuchtmittel des Jugendstrafverfahrens. Er hat nicht die
Rechtswirkung einer →Strafe.
Lit.: Schaffstein/Beulke, Jugendstrafrecht; Schwegler, K., Dauerarrest, 1999
Dauerdelikt ist die →Straftat, bei der (auch) die Aufrechterhaltung
des widerrechtlichen Zustands Tatbestandsmerkmal ist (z. B.
Hausfriedensbruch, Freiheitsberaubung). Das D. ist zu trennen vom
→Zustandsdelikt (z. B. Bigamie). Es ist ein Fall rechtlicher
→Handlungseinheit (str.). Das D. wird mit der Begründung des
rechtswidrigen Zustands vollendet, aber erst mit dessen
Wiederaufhebung beendet, weshalb →Beihilfe während der ganzen
Dauer (z. B. der Freiheitsberaubung) möglich ist und →Verjährung
auch erst nach ihrer Beendigung beginnt.
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil; Werle, G., Die Konkurrenz bei Dauerdelikt,
Fortsetzungstat und zeitlich gestreckter Gesetzesverletzung, 1981
Dauerschuldverhältnis ist das →Schuldverhältnis, bei dem die
geschuldete Leistung in ihrem Umfang von der Zeitdauer abhängt (z.
B. Miete, Darlehen, Dienstvertrag, Sukzessivlieferungsvertrag, nicht
dagegen Kreditkauf auf Raten). Seit 2002 kann jeder Vertragsteil das
D. nach § 314 BGB innerhalb angemessener Frist ab
Kenntniserlangung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist kündigen, wobei ein wichtiger Grund vorliegt, wenn
dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die
Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten
Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht
zugemutet werden kann. Bei Vertragspflichtverletzungen ist
erfolglose Abhilfefristsetzung oder erfolglose Abmahnung nötig.
Durch die Kündigung wird ein Schadensersatzanspruch nicht
ausgeschlossen. Nach § 229 V 2 EGBGB gilt für vor dem 1. 1. 2002
entstandene Dauerschuldverhältnisse das zu diesem Zeitpunkt
geänderte Schuldrecht erst ab 1. 1. 2003.
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Oetker, H., Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung, 1995
DAV (M.) Deutscher Anwaltverein
DDR →Deutsche Demokratische Republik
de facto (lat.) nach der tatsächlichen Sachlage, tatsächlich, sachlich
de iure (lat.) nach der Rechtslage, rechtmäßigerweise
De lege ferenda ([lat.] nach erst noch zu erlassendem Gesetz) ist eine
Bezeichnung dafür, dass eine bestimmte Rechtslage bestehen sollte,
aber noch nicht besteht.
De lege lata ([lat.] nach erlassenem Gesetz) ist eine Bezeichnung für
die geltende Gesetzeslage.
Debet (N.) Soll, Schuld
Debitor (M.) Schuldner
debitum (lat. [N.]) Schuld, Verpflichtung
Deckungsverhältnis (Grundverhältnis) ist beim (berechtigenden)
→Vertrag zugunsten Dritter (§ 328ff. BGB) das Verhältnis zwischen
Versprechensempfänger (Gläubiger) und Versprechendem
(Schuldner). Aus ihm erhält der Schuldner die Deckung (den
Gegenwert) für seine Leistung an den Dritten. Das D. gibt zugleich
den Grund der Leistung des Schuldners an. Es steht im Gegensatz
zum →Zuwendungsverhältnis oder Valutaverhältnis, das zwischen
Drittem und Versprechensempfänger besteht. Das D. kann etwa ein
Kaufvertrag, Werkvertrag oder Versicherungsvertrag sein. Von einem
D. geht man auch bei der →Anweisung oder einem
Dreiecksverhältnis der ungerechtfertigten →Bereicherung aus.
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Medicus, D., Drittbeziehungen im Schuldverhältnis, JuS 1974, 613
Déclaration (F.) des droits de l’homme et du citoyen ([franz.]
Erklärung der Menschenrechte und Bürgerrechte) ist die im Zuge der
französischen Revolution (am 26. August 1789) durch die
Nationalversammlung erfolgte Verkündung verfassungsmäßiger
→Grundrechte.
Lit.: Jellinek, G., Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, 4. A. 1927
decretum (N.) Gratiani (lat.) Dekret Gratians, →corpus iuris
canonici
Défense (F.) sociale ([franz.] soziale Verteidigung) ist die Lehre,
welche die Gesellschaft vor dem Straftäter dadurch schützen will,
dass sie ihm verstärkt zur →Resozialisierung verhilft.
Lit.: Göppinger, Kriminologie
defensiv (Adj.) verteidigend, abwehrend, verhütend
defensiver Notstand (Verteidigungsnotstand) →Notstand, defensiver
dei gratia (lat.) von Gottes Gnaden
Deich ist der das Land vor Wasser schützende Damm.
Deichrecht ist das besondere Recht des Deichwesens. Das D. kennt
Deichverbände als öffentlich-rechtliche, aus betroffenen
Grundstücksbesitzern gebildete →Selbstverwaltungskörperschaften,
die für den Schutz der überschwemmungsgefährdeten Grundstücke
zuständig sind. Ihre Organe sind Ausschuss und Vorstand. Das D. ist
vor allem im Wasserverbandgesetz und der 1.
Wasserverbandverordnung geregelt.
Lit.: Hübner, R., Deutsches Privatrecht
Dekan ([lat.] decanus [M.] Vorgesetzter von zehn [Leuten]) ist das
geschäftsführende Organ einer Fakultät oder eines →Fachbereichs
einer →Universität (Hochschule) (Fachbereichssprecher). Der D.
wird von den Mitgliedern der Fachbereichsvertretung (meist auf 1
Jahr) aus den Professoren gewählt und entspricht deshalb regelmäßig
in seinem Wesen dem durchschnittlichen Wesen seiner Wähler. Er
muss die Rechte aller Angehörigen wahren, kann aber auch mit
einzelnen korrupten Wählergruppen korruptiv Ressourcenmissbrauch
und détournement de pouvoir zum Schaden des Gemeinwohls
betreiben. Im →Kirchenrecht ist D. der Leiter eines Dekanats oder
eines Kirchenkreises.
Lit.: Köbler, Jurist
Dekanat ist das →Amt und die Gesamtheit der zugehörigen Räume
und im Kirchenrecht das Amt und das zugehörige örtliche Gebiet des
→Dekans.
deklaratorisch (Adj.) klarstellend (im Gegensatz zu herstellend)
Dekonzentration (Aufteilung) ist die Verteilung von
→Zuständigkeiten auf mehrere →Verwaltungsbehörden unter
Aufrechterhaltung der Weisungsabhängigkeit. Sie ist sowohl vertikal
(örtlich, z. B. Oberbehörde, Mittelbehörde und Unterbehörde) wie
auch horizontal (sachlich, z. B. gleichstufige, nach Sachbereichen
gegliederte Behörden) möglich. Die D. steht im Gegensatz zu
→Konzentration und ist von der →Dezentralisation zu trennen.
Lit.: Thieme, Verwaltungslehre
Dekret (N.) Entscheidung, Erlass
Delegation (Übertragung, Abordnung, Ausschuss) ist die – nur
ausnahmsweise – auf Grund gesetzlicher Ermächtigung zulässige
Übertragung einer →Zuständigkeit eines Verwaltungsträgers oder
einer →Behörde auf einen andern Verwaltungsträger oder eine andere
Behörde zu eigener Wahrnehmung. Gegensatz der D. ist das
→Mandat. Als D. wird darüber hinaus auch eine Personengruppe
bezeichnet, die kraft D. bestimmte Aufgaben wahrnimmt.
Lit.: Thieme, Verwaltungslehre
delictum (lat. [N.]) Delikt
Delikt ([N.] Gefehltes, Vergehen) ist im Strafrecht die mit
öffentlicher →Strafe bedrohte →Handlung (z. B. Mord) und im
Privatrecht die unerlaubte →Handlung (§§ 823ff. BGB, z. B.
fahrlässige Sachbeschädigung bei Verkehrsunfall)). Gliedern lassen
sich im Strafrecht die Delikte vor allem in →Handlungsdelikte und
→Unterlassungsdelikte, in →Erfolgsdelikte und →Tätigkeitsdelikte
sowie in →Verletzungsdelikte und →Gefährdungsdelikte.
Eigenhändiges D. ist das D., dessen Tatbestand die unmittelbar
eigenhändige Vornahme der Tatbestandshandlung voraussetzt (z. B.
Aussagedelikte §§ 153ff. StGB, Beischlaf zwischen Verwandten §
173 StGB), wodurch jeder andere Mensch als Täter, Mittäter oder
mittelbarer Täter ausgeschlossen wird. Erfolgsqualifiziertes D. ist das
D., das gegenüber dem Grunddelikt durch einen zusätzlichen, nach §
18 StGB mindestens fahrlässig herbeigeführten Erfolg qualifiziert ist
(z. B. Tod des Verletzten bei Körperverletzung, § 227 StGB).
→Deliktsrecht
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht, Allgemeiner Teil; Bloy, R., Die Tatbestandsform des
erfolgsqualifizierten Delikts, JuS 1995, L 17
Deliktsbesitzer ist der →Besitzer, der sich den Besitz durch eine
→Straftat oder durch verbotene →Eigenmacht verschafft hat (§ 992
BGB). →Eigentümer – nichtberechtigter Besitzer – Verhältnis
Lit.: Schwab, K./Prütting, H., Sachenrecht, 31. A. 2003
Deliktsfähigkeit ist die Fähigkeit, verantwortlich ein →Delikt zu
begehen. Sie setzt →Schuldfähigkeit (Verantwortlichkeit,
Strafmündigkeit, Zurechnungsfähigkeit) voraus. Im Privatrecht ist der
Mensch bis zur Vollendung des 7. Lebensjahrs nicht (§ 828 I BGB)
und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs nur nach dem Maß seiner
Einsichtsfähigkeit (§ 828 II BGB) verantwortlich, im Strafrecht ist er
mit der Vollendung des 14. Lebensjahrs strafmündig. Kinder sind im
Straßen- und Schienenverkehr erst ab der Vollendung des 10.
Lebensjahrs deliktsfähig.
Lit.: Palandt, BGB; Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil
Deliktsrecht ist die Gesamtheit der →Delikte betreffenden
Rechtssätze (des Privatrechts).
Lit.: Kötz, H./Wagner, G., Deliktsrecht, 10. A. 2003; Deliktsrecht in Europa, hg. v. Bar, C. v., 1993;
Fuchs, M., Deliktsrecht, 4. A. 2003; Bar, C. v., Gemeineuropäisches Deliktsrecht, Bd. 1f. 1996ff.;
Magnus, U., Elemente eines europäischen Deliktsrechts, ZEuP 1998, 602; Köbler, G., Zehn Gebote
Schadensrecht, FS A. Söllner, 2000; Deutsch, E./Ahrens, H., Deliktsrecht, 4. A. 2002; Kadner
Graziano, T., Europäisches internationales Deliktsrecht, 2003
Delkredere (N.) ist die vertragliche Garantie (Garantievertrag) für
Leistung auf eine →Forderung (z. B. durch Handelsvertreter oder
Kommissionär für Leistung des Schuldners an den Gläubiger).
Delkredereprovision ist die →Provision, die →Handelsvertreter (§
86b HGB) und →Kommissionär (§ 394 HGB) dann erhalten, wenn
sie sich verpflichten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit eines
Dritten gegenüber dem Unternehmer bzw. Kommissionär selbst
einzustehen.
Lit.: Canaris, Handelsrecht
Demarche (F.) (diplomatischer) Schritt, Handlung
Dementi (N.) Abstreiten
Demission (F.) Niederlegung (eines Amts)
Demokratie (Volksherrschaft) ist die Staatsform, in der das Volk
Träger der Herrschaftsgewalt ist bzw. die Staatsgewalt vom Volk
ausgeht. (→Volkssouveränität.) Die D. steht im Gegensatz zu allen
Staatsformen, in denen Träger der Herrschaftsgewalt nicht das Volk
ist (z. B. Diktatur). Sie ist unmittelbare (plebiszitäre) D., wenn das
Volk seine Herrschaftsgewalt selbst durch Abstimmungen ausübt (z.
B. Volksentscheid, Volksbegehren, so in wenigen kleinen Kantonen
der Schweiz). Sie ist mittelbare (repräsentative) D., wenn das Volk
seine Herrschaft mittels eines durch →Wahl bestimmten
→Parlaments (Volksvertretung) verwirklicht. Kennzeichen der D.
sind rechtliche →Gleichheit aller Volksglieder und freie
Willensbildung durch Mehrheitsentscheidung. Die D. kann
→Republik, →Aristokratie oder sogar →Monarchie sein sowie
→Rechtsstaat und →Sozialstaat. Die Praxis der abendländischen D.
ist gekennzeichnet durch eine →Verfassung, durch
→Gewaltenteilung, bei der das Parlament die Gesetze beschließt und
an der Bildung der von seinem Vertrauen abhängigen Regierung
(parlamentarische D.) beteiligt ist, und durch regelmäßige →Wahlen
mit Beteiligung von →Parteien und mit der Möglichkeit eines
Regierungswechsels. Nach Art. 20 GG ist die →Bundesrepublik eine
D. und nach Art. 28 I GG muss die verfassungsmäßige Ordnung in
den →Ländern den demokratischen Grundsätzen im Sinne des
Grundgesetzes entsprechen.
Lit.: Beyme, K. v., Die parlamentarische Demokratie, 3. A. 1999
Demokratieprinzip (demokratisches Prinzip) ist der Grundsatz, dass
das Volk selbst durch eine von Parteien – und der öffentlichen
Meinung – getragene Volksvertretung unter solchen Bedingungen
herrscht, die eine Ablösung der →Regierung durch eine →Opposition
möglich machen.
Lit.: Wegge, G., Zur normativen Bedeutung des Demokratieprinzips, 1996
Demonstration ist die öffentliche Darlegung oder Kundgebung einer
Meinung. Sie erfolgt zumeist unter einem Aufmarsch von Anhängern.
Für sie besteht innerhalb gesetzlicher Grenzen Freiheit.
Lit.: Dietel, A./Gintzel, K./Kniesel, M., Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 12. A. 2000;
Köhler, G./Dürig-Friedl, C., Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. A. 2001
DENIC (Deutsches Network Information Center) ist die
Vergabestelle für Internet-Domain-Namen mit der Kennung .de. Die
D. ist eine eingetragene Genossenschaft. Sie muss eine bestehende
Registrierung nur aufheben, wenn offenkundig ist, dass einem andern
Interessenten ein besseres Recht zusteht.
Denkmal ist das (überlieferte) Zeugnis eines Vorgangs oder einer
Erscheinung. Schutz und Pflege von Denkmälern der Kunst und der
Geschichte werden durch Landesgesetze geregelt. Kraft Bundesrechts
müssen Belange des Denkmalschutzs an vielen Stellen berücksichtigt
werden.
Lit.: Hammer, F., Das Schutzsystem der deutschen Denkmalschutzgesetze, JuS 1997, 971; Eberl,
W. u. a., Entscheidungen zum Denkmalrecht (Lbl.), 1997
denuntiatio (F.) evangelica (lat.) brüderliche Anzeige (zwecks
Besserung im Kirchenrecht)
Denunziation (F.) Anzeige, falsche Verdächtigung
Lit.: Sauerland, K., 30 Silberlinge, 2000
Departement (N.) Abteilung
Deportation (F.) Wegführung, Verbannung
Depositen (→depositum) sind hinterlegte Sachen, insbesondere
verzinsliche Geldeinlagen bei Banken.
depositum (lat. [N.]) Verwahrung
depositum (N.) irregulare (lat.) unregelmäßige Verwahrung
Depot (N.) Verwahrung, Verwahrungsort
Depotgeschäft ist die Aufbewahrung von bestimmten
→Wertpapieren bei einem (entgeltliche) Verwahrungsgeschäfte
tätigenden →Kaufmann, insbesondere bei einer Bank. Für das D. gilt
das besondere Depotgesetz vom 4. 2. 1937. Dieses unterscheidet
zwischen geschlossenem D. und offenem D. und beim offenen D.
zwischen Sonderverwahrung (z. B. Streifbanddepot) und – eine
Eigentumsänderung (Miteigentum) bewirkender –
Sammelverwahrung.
Lit.: Heinsius, T./Horn, A./Than, J., Depotgesetz, 1975; Fichtner, A., Die börsen- und
depotrechtlichen Strafvorschriften, 1993
Deputation (F.) Abordnung, Ausschuss
Deregulierung ist die Abschaffung von Regeln oder andern
Freiheitsbeschränkungen (z. B. Verwaltungsvereinfachung).
Lit.: Molitor, B., Deregulierung in Europa, 1996; Escher-Weingart, C., Reform durch
Deregulierung im Kapitalgesellschaftsrecht, 2001
Dereliktion (Zurücklassung) ist die Aufgabe des Eigentums
(Herrschaftsrechts) an einer Sache. Sie ist ein einseitiges
→Rechtsgeschäft. Durch die D. wird die Sache herrenlos, so dass an
ihr durch →Aneignung originär Eigentum eines neuen Eigentümers
begründet werden kann. Das →Eigentum an einem →Grundstück
kann dadurch aufgegeben werden, dass der Eigentümer den Verzicht
auf das Eigentum dem →Grundbuchamt gegenüber erklärt und der
Verzicht auf das Eigentum in das →Grundbuch eingetragen wird (§
928 I BGB). Das Eigentum an einer beweglichen Sache kann dadurch
aufgegeben werden, dass der Besitzer den →Besitz in der Absicht,
auf das Eigentum zu verzichten, aufgibt, indem er die Sache (z. B. als
Müll) derelinquiert (zurücklässt) (§ 959 BGB).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Palandt, BGB
Derivat (N.) Abgeleitetes, von Krediten, Aktien, Anleihen oder
Aktienindizes abgeleitetes Finanzinstrument (z. B. Swap, Option,
Future)
Lit.: Clouth, P., Rechtsfragen der außerbörslichen Finanz-Derivate,
2001
derivativ (Adj.) abgeleitet
Lit.: Alsheimer, C., Die Rechtsnatur derivativer Finanzinstrumente, 2000
derivativer Eigentumserwerb →Eigentumserwerb, derivativer
Derogation (Wegziehung, Beschränkung) ist die Aufhebung eines
Rechtssatzes durch einen andern. Sie erfolgt nach den Grundsätzen,
dass der spätere (mindestens ranggleiche) Rechtssatz den früheren
Rechtssatz und der besondere Rechtssatz den allgemeinen Rechtssatz
beschränkt. Die D. kann ausdrücklich erklärt sein oder sich nur aus
dem sachlichen Widerspruch ergeben.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Designation (Bezeichnung, Bestimmung) ist im mittelalterlichen und
neuzeitlichen Recht die vorläufige, vielfach informelle Bestimmung
zu einem Amt (z. B. designierter Nachfolger zwischen Wahl und
Amtseinführung).
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 2
deskriptiv (Adj.) beschreibend (z. B. drei, erster, blond) (im
Gegensatz zu bewertend)
deskriptives Tatbestandsmerkmal →Tatbestandsmerkmal,
deskriptives
Destinatär ([M.] Festgestellter) ist bei einer →Stiftung der
Bezugsberechtigte oder Genussberechtigte, dessen Rechtsstellung von
der Gestaltung der durch das Stiftungsgeschäft bestimmten
Verfassung der Stiftung abhängt (§ 85 BGB).
Lit.: Palandt, BGB; Blydt-Hansen, K., Die Rechtsstellung der Destinatäre, 1998
Deszendent ist der →Abkömmling oder Nachfahre eines Menschen
(z. B. Sohn, Enkelin) im Gegensatz zum →Aszendenten oder
Vorfahren.
Lit.: Schwab, D., Familienrecht, 12. A. 2003
Deszendenz (F.) ist die Gesamtheit der Abkömmlinge eines
Menschen.
detachiert (Adj.) abgetrennt
detachierte Kammer →Kammer
Detektiv (M.) Aufdecker
Lit.: Peilert, A., Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, 1996
detentio (lat. [F.]) Innehabung
Deutsch (völkisch) ist die Bezeichnung, die einen Bezug zu der
besonderen, vor allem durch die eigene Sprache gekennzeichneten
Volksgruppe der Deutschen im Gegensatz zu andern Völkern
ausdrückt. →Deutscher
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) war die in der vereinigten
Dienstleistungsgewerkschaft verdi aufgegangene Gewerkschaft der →Angestellten aller Zweige der
Industrie und Verwaltung.
Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (§ 1 Deutsche Bahn
Gründungsgesetz) ist die im Rahmen des
→Bundeseisenbahnvermögens gebildete →Aktiengesellschaft für den
Betrieb der Bundeseisenbahnen mit den vier rechnerisch getrennten
Abteilungen Personenverkehr, Güterverkehr, Traktion und
Schienenwege.
Deutsche Bank ist die führende Aktiengesellschaft des Bankwesens
in Deutschland.
Lit.: Gall, L. u. a., Die Deutsche Bank 1870–1995, 1995
Deutsche Bundesakte ist das auf dem Wiener Kongress vereinbarte
verfassungsmäßige Vertragswerk des →Deutschen Bundes (1815–
1866).
Lit.: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung, bearb. v. Zeumer, K., 2. A.
1913, 540
Deutsche Bundespost ist die das Postwesen betreffende rechtsfähige
Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn. Sie wird von einem
Vorstand geleitet und von einem Verwaltungsrat überwacht. Sie ist
Trägerin des Aktienvermögens dreier privatisierter
Postaktiengesellschaften und der sozialrechtlichen und
dienstrechtlichen Personalbefugnisse.
Lit.: Gramlich, L., Von der Postreform zur Postneuordnung, NJW 1994, 2785
Deutsche Bundespost Postbank ist die für den Bankbereich der Post
gebildete →Aktiengesellschaft. →Bundespost, Deutsche Bundespost
Deutsche Bundespost Postdienst ist die für den Postbetrieb
gebildete →Aktiengesellschaft. →Bundespost, Deutsche Bundespost
Deutsche Bundespost Telekom ist die für den Fernmeldebereich der
Bundespost gebildete →Aktiengesellschaft. →Bundespost, Deutsche
Bundespost
Deutsche Demokratische Republik (DDR) war der 1949 im Gebiet
der sowjetischen →Besatzungszone errichtete Teilnachfolgestaat des
→Deutschen Reichs. Seine →Verfassung stammte vom 30. 5. 1949
bzw. 6. 4. 1968 (geänderte Fassung vom 7. 10. 1974). Die DDR war
eine sozialistische →Volksdemokratie ohne →Gewaltenteilung und
→Föderalismus sowie mit einer Einheitspartei und zentraler
Planwirtschaft. Ihre wichtigsten formellen Organe waren der
kollegiale Staatsrat, der Ministerrat und die Volkskammer. Mit
Wirkung vom 3. 10. 1990 trat die DDR nach wirtschaftlichen und
politischen Schwierigkeiten der Bundesrepublik Deutschland bei. Ihr
bisheriges Recht wurde nach Maßgabe des Einigungsvertrags durch
das Recht der Bundesrepublik Deutschland ersetzt.
Lit.: Köbler, G./Pohl, H., Deutsch-deutsches Rechtswörterbuch, 1991; Brunner, G., Was bleibt
übrig vom DDR-Recht nach der Wiedervereinigung?, JuS 1991, 353; Rechtshandbuch Vermögen
und Investitionen in der ehemaligen DDR (Lbl.), hg. v. Clemm, H. u. a., 40. A. 2003; Köbler, G.,
Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997; Weber, H., Die DDR 1945-1990, 3. A. 2000
Deutsche Post →Bundespost, Deutsche Bundespost
Lit.: Danwitz, T. v., Verfassungsfragen der gesetzlichen
Exklusivlizenz der Deutschen Post AG, 2002
Deutsche Telekom →Deutsche Bundespost Telekom
Deutsche Welle ist die Rundfunkprogramme und Fernsehprogramme
in deutscher Sprache ins Ausland ausstrahlende öffentlich-rechtliche
Bundesanstalt mit Sitz in Köln.
Lit.: Dörr, D./Schiedermair, S., Die Deutsche Welle, 2003
Deutschenspiegel ist das kurz vor 1275 in Augsburg entstandene, nur
in einer Handschrift in Innsbruck überlieferte →Rechtsbuch, das den
→Sachsenspiegel in das Oberdeutsche überträgt und damit die
Grundlage des →Schwabenspiegels schafft.
Lit.: Benna, A., Deutschenspiegel, Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 1 1971,
685
Deutscher im Sinne des Grundgesetzes (Art. 116 GG) ist, wer die
deutsche →Staatsangehörigkeit hat oder als Flüchtling oder
Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte
oder →Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reichs nach dem
Stand vom 31. 12. 1937 Aufnahme gefunden hat. Deutsche haben die
gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten und den gleichen
Zugang zu allen öffentlichen Ämtern (Art. 33 GG). Bestimmte
→Grundrechte (Bürgerrechte) stehen nur ihnen zu.
Lit.: Siehr, A., Die Deutschenrechte des Grundgesetzes, 2001
Deutscher Bund (1815–1866) ist der völkerrechtliche
Zusammenschluss (völkerrechtliche Verein) von (39) seit 6. 8. 1806
souveränen deutschen Einzelstaaten (31% der Einwohner
bundeszugehörige Österreicher, 26% bundeszugehörige Preußen) auf
der Grundlage der Deutschen Bundesakte (1815) und der Wiener
Schlussakte (1820). Sein Organ war der Bundestag
(Bundesversammlung) in der Form eines Plenums mit 69 und eines
engeren Rates mit 17 Stimmen in Frankfurt am Main. Den Vorsitz
führte Österreich. Der Deutsche Bund endete nach einem Streit
zwischen Österreich und Preußen um die Verwaltung des 1864
Dänemark abgewonnenen Schleswig-Holstein mit erfolglosen
Bundesexekutionen (Österreichs) gegen Preußen 1866. Danach schied
Österreich aus der staatsrechtlichen Verbindung mit den übrigen
deutschen Staaten aus.
Lit.: Huber, E., Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 1ff. 1967ff., z. T. 2. A.; Willoweit,
D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) ist der Spitzenverband der
(12) deutschen Industriegewerkschaften (mit 1999 insgesamt 8
Millionen Mitgliedern). Er ist ein nichtrechtsfähiger →Verein. Seine
Organe sind Bundeskongress, Bundesvorstand und Bundesausschuss.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Deutscher Juristentag e. V. ist (seit 1860/1949) der Verein (mit Sitz
in Bonn) mit dem Zweck, auf wissenschaftlicher Grundlage die
Notwendigkeit von Änderungen und Ergänzungen der deutschen
Rechtsordnung zu untersuchen. Mitglied kann werden, wer eine
juristische Staatsprüfung in Deutschland bestanden oder einen
juristischen akademischen Grad in Deutschland erworben hat. An der
Spitze steht eine ständige Deputation.
Lit.: Dilcher, G., Der Deutsche Juristentag, 2. A. 1997
Deutsches Patent- und Markenamt →Patentamt
deutsches Recht →Recht, deutsches
Deutsches Reich ist die Bezeichnung für verschiedene
verfassungsrechtliche Organisationsformen der Deutschen. Das erste
im 10. Jahrhundert allmählich aus dem fränkischen Reich entstandene
deutsche Reich (zeitweise Heiliges Römisches Reich [deutscher
Nation]) war eine zwischen Erbrecht und Wahlrecht schwankende
→Monarchie, in der die einzelnen Partikulargewalten (z. B.
Österreich, Preußen) ständig größere Bedeutung gewannen, so dass es
sich schließlich unter dem politischen Druck Napoleons (am 6. 8.
1806) in eine Vielzahl damit souveräner Einzelstaaten auflöste. Das
zweite Deutsche Reich (1871–1933) war ein aus 25 Staaten (des 1815
als loser Staatenbund gegründeten und 1866 aufgelösten Deutschen
Bundes ohne Österreich, Liechtenstein und Luxemburg) gebildeter
→Bundesstaat unter Führung Preußens und dem Bundesrat (Vertreter
der Mitgliedstaaten), dem Präsidium (König von Preußen als Kaiser)
sowie dem Reichstag (Parlament) als Organen. 1918/1919 wurde es
unter Fortführung seines Namens und seiner Identität (Weimarer)
Republik. Das dritte Deutsche Reich (1933–1945) war die Diktatur
Adolf Hitlers, welche die gesamte bestehende Verfassung
(→Weimarer Reichsverfassung) teils rechtlich, teils tatsächlich durch
die totalitäre Herrschaft der Nationalsozialistischen Deutschen
Arbeiterpartei und ihres Führers ersetzte. Seitdem ist der Begriff D.
R. aus politischen Rücksichtnahmen aufgegeben. Gebietlich
verkleinerte Nachfolgestaaten waren die →Bundesrepublik
Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik, die zum 3.
10. 1990 der Bundesrepublik Deutschland beitrat, seitdem nur noch
die Bundesrepublik.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht; Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Huber, E., Verfassungsrecht
des Großdeutschen Reiches, 2. A. 1939; Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Deutschland ist die untechnische Bezeichnung für das Staatsgebiet
des →Deutschen Reichs (in den Grenzen des Jahres 1937 vor dem
Anschluss Österreichs vom 13. 3. 1938, der Einverleibung des
Sudetenlands vom 29. 9. 1938, der Einverleibung des Protektorats
Böhmen und Mähren vom 16. 3. 1939, der Einverleibung des
Memelgebiets vom 22. 3. 1939 und der Einverleibung der Stadt
Danzig vom 1. 9. 1939) sowie für die →Bundesrepublik Deutschland.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Deutschlands Grenzen in der Geschichte, hg. v. Demandt, A., 3.
A. 1993; Rohlfs, H./Schäfer, U., Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland, 12. A. 1997; Die
Bundesrepublik Deutschland. Staatshandbuch, 2000
Deutschlandvertrag ist der Vertrag zwischen Frankreich,
Großbritannien, den Vereinigten Staaten von Amerika und der
Bundesrepublik Deutschland vom 26. 5. 1952. Mit seinem
Inkrafttreten am 5. 5. 1955 endete das →Besatzungsstatut. Der D. ist
durch die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland vom 12.
9. 1990 überholt.
Devise ist der Anspruch auf Zahlung in fremder →Währung gegen
→Gläubiger an einem ausländischen Platz (z. B. Guthaben bei
ausländischer Bank, i. w. S. auch auf fremde Währung lautender, im
Ausland zahlbarer Wechsel oder Scheck).
Lit.: Ebke, W., Internationales Devisenrecht, 1991; Fischer-Erlach, P., Handel und Kursbildung am
Devisenmarkt, 5. A. 1995
Devolution (Abwälzung, Eintritt) ist der Übergang eines Rechts von
einer Person auf eine andere durch Abwälzung bzw. Eintritt.
Devolutionsrecht ist das Recht der vorgesetzten →Behörde, in den
Zuständigkeitsbereich der ihr nachgeordneten Behörde fallende
Angelegenheiten an sich zu ziehen und selbst zu entscheiden. Dieses
Recht bedarf, falls die Zuständigkeiten gesetzlich geregelt sind,
gesetzlicher Zulassung (z. B. § 145 GVG Staatsanwaltschaft).
Sachlich ist seine Ausübung angebracht, wenn eine einheitliche
Regelung oder eine sofortige Tätigkeit nötig ist oder Weisungen nicht
befolgt werden.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Devolutiveffekt (Abwälzwirkung) ist die Wirkung, dass ein
Rechtsstreit oder sonstiges Verfahren von einer Amtsstelle auf eine
andere (höhere) Amtsstelle abgewälzt wird (z. B. →Rechtsmittel,
→Berufung, →Revision, →Beschwerde).
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Dezentralisation (Aufgliederung) ist die Übertragung der Aufgaben
des →Staats auf Selbstverwaltungsträger (z. B. Gemeinde). Die D. ist
von der →Dekonzentration zu trennen und steht im Gegensatz zur
→Zentralisation. Sie führt zu mittelbarer →Staatsverwaltung.
Lit.: Thieme, Verwaltungslehre; Schäfer, P., Zentralisation und Dezentralisation, 1982
DGB →Deutscher Gewerkschaftsbund
D'Hondtsches Höchstzahlverfahren ist das von dem Belgier
d'Hondt entwickelte Verfahren zur Berechnung der Sitzverteilung in
einem →Parlament, das – mindestens teilweise – nach dem
→Verhältniswahlrecht gewählt wird. Danach werden die Summen der
auf die Parteien abgegebenen Stimmen (z. B. A 400000, B 300000, C
200000) jeweils durch die Zahlen 1, 2, 3, 4 usw. geteilt (also z. B. A
400000, B 300000, C 200000, A 200000, B 150000, C 100000, A
133333, B 100000, C 66666 usw.) und die Parteien (, die nach
durchgeführter Teilung die höchsten Zahlen erreicht haben,) erhalten
in der Reihenfolge der Höchstzahlen die der Zahl ihrer Höchstzahlen
entsprechende Zahl von Sitzen (also bei 6 Sitzen erhält A 3 Sitze, B 2
Sitze, C 1 Sitz). Das D’Hondtsche Höchstzahlverfahren galt für die
Bundestagswahlen bis 1985. →Hare-Niemeyersches
Sitzzuteilungsverfahren, St. Lague-Scheperssches
Sitzzuteilungsverfahren
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Diakon (Diener) ist im katholischen →Kirchenrecht ursprünglich
eine Vorbereitungsstufe auf dem Weg zur Priesterschaft, jetzt auch
ein niederer kirchlicher Amtsträger, der predigen, taufen und die
Kommunion erteilen kann, im evangelischen Kirchenrecht ein Gehilfe
des Pfarrers oder sonstiger kirchlicher Angestellter (Erzieher,
Hausvater, Krankenpfleger).
Lit.: Erler, Kirchenrecht
Dialektik ist allgemein die Kunst der Gesprächsführung und in einem
engeren Sinn die eine Ausgangsposition in Frage stellende und in der
Synthese der Ausgangsposition und der Gegenposition eine
Erkenntnis höherer Art zu gewinnen suchende philosophische
Methode.
Lit.: Arndt, A., Dialektik und Reflexion, 1994
Diäten (Art. 48 III GG) sind Geldleistungen des →Staats an die
→Abgeordneten des →Parlaments. Sie sind eine angemessene, die
Unabhängigkeit sichernde Entschädigung und sollen insbesondere die
Aufwendungen und Unkosten ausgleichen. Sie sind Einkommen und
daher steuerpflichtig.
Lit.: Maunz/Dürig, GG
Dichotomie (des Strafrechts) (§ 12 StGB) ist die Zweiteilung der
→Straftaten in →Vergehen und →Verbrechen. →Trichotomie
Dieb ist der Täter des →Diebstahls.
Lit.: Haft, Strafrecht Besonderer Teil
Diebstahl (§ 242 StGB) ist die →Wegnahme einer →fremden
→beweglichen →Sache (→Gewahrsamsbruch) in der Absicht, sich
oder einem Dritten dieselbe rechtswidrig zuzueignen
(→Zueignungsabsicht). Der D. wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar. Ein
besonders schwerer Fall des Diebstahls liegt in der Regel
(Regelbeispiele) in den in →§ 243 StGB (Strafzumessungsregel, str.)
genannten Fällen vor (z. B. Einbruch, Einsteigen, Verwendung von
Nachschlüsseln, D. aus einer Kirche, D. einer Handfeuerwaffe usw.).
Der besonders schwere D. wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten
bis zu zehn Jahren bestraft. Räuberischer D. (§ 252 StGB) ist der D.,
bei dem der auf frischer Tat betroffene Täter gegen einen Menschen
→Gewalt verübt oder →Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für
Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Guts
zu halten. D. und Unterschlagung gegenüber einem Angehörigen,
Vormund, Betreuer oder jemandem, der mit dem Täter in häuslicher
Gemeinschaft lebt, sowie grundsätzlich auch D. und Unterschlagung
geringwertiger Sachen sind →Antragsdelikt (§§ 247, 248a StGB).
Lit.: Gropp, W., Der Diebstahlstatbestand, JuS 1999, L 89; Kudlich, H., § 243 StGB, JuS 1999, L
89; Lask, S., Das Verbrechen des räuberischen Diebstahls, 1999; Jäger, C., Diebstahl nach dem 6.
Strafrechtsänderungsgesetz, JuS 2000, 651
Dienst ist die Tätigkeit eines Menschen für einen andern. Auswärtiger
D. ist die Diensttätigkeit im Bereich der auswärtigen
Angelegenheiten, öffentlicher D. die Diensttätigkeit für juristische
→Personen des öffentlichen →Rechts, die vor allem in den
Beamtengesetzen, im Bundesangestelltentarifvertrag und in den
Manteltarifverträgen näher geregelt ist. Im Schuldrecht wird zwischen
dem selbständigen D. und dem unselbständigen D. (→Arbeit)
unterschieden, wobei es auf die persönliche und wirtschaftliche
Abhängigkeit (Weisungsgebundenheit, Eingliederung in einen
Betrieb) bzw. Unabhängigkeit ankommt.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht; Minz, H./Conze,
P., Recht des öffentlichen Dienstes, 7. A. 1998; Grau, U./Schmidt-Bremme, G., Gesetz über den
Auswärtigen Dienst, 1996
Dienstaufsicht ist die →Aufsicht der vorgesetzten →Behörden und
der Dienstvorgesetzten über die nachgeordneten Behörden und
Amtswalter. Sie ist notwendiger Bestandteil eines hierarchischbürokratischen Verwaltungsaufbaus. Sie ermöglicht die Beobachtung,
Anleitung und Beanstandung einer Tätigkeit (z. B. wegen
Nichtbeachtung einer gesetzlichen Vorschrift), die Anweisung zu
einer Tätigkeit sowie die ersatzweise Vornahme. Wegen einer
schuldhaften Pflichtverletzung ist ein Disziplinarverfahren möglich.
Der Amtsträger kann gegenüber dienstaufsichtlichen Maßnahmen des
Vorgesetzten grundsätzlich nur →Gegenvorstellung und
→Beschwerde beim Dienstvorgesetzten
(→Dienstaufsichtsbeschwerde) erheben, nicht dagegen
→Anfechtungsklage.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Dienstaufsichtsbeschwerde ist die formlose, fristfreie,
außergerichtliche →Beschwerde (Aufsichtsbeschwerde) über das
persönliche Verhalten eines Amtsträgers bei der übergeordneten, die
→Dienstaufsicht ausübenden →Behörde, um diese zu einer Prüfung
und Abhilfe zu veranlassen. Die D. kann von jedermann erhoben
werden, ist unabhängig von einem formellen →Rechtsbehelf und
verspricht selten Erfolg. Nach Art. 17 GG ist die angesprochene
Behörde grundsätzlich zur Entgegennahme, Befassung und
Beantwortung, nicht aber zur Begründung und zur Abhilfe
verpflichtet.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Dienstbarkeit (Servitut) ist das beschränkte dingliche →Recht an
einer →Sache (§§ 1018ff. BGB), das den →Eigentümer der Sache
zugunsten des Berechtigten in einzelnen Beziehungen in der
Benutzung der Sache oder in der Ausübung seiner Rechte beschränkt.
D. ist die →Grunddienstbarkeit (an Grundstücken zugunsten des
jeweiligen Eigentümers, z. B. Wegerecht), der →Nießbrauch (an
Sachen, Rechten oder einem Vermögen) und die beschränkte
persönliche D. (an einem Grundstück, § 1090 BGB, nicht
übertragbar). Die D. steht als dingliches Recht im Gegensatz zu
schuldrechtlichen Rechten wie etwa der →Pacht.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Striegele, A., Die Mietsicherungsdienstbarkeit, 1995
Dienstbezug (§§ 83ff. BBG) ist der einem →Beamten auf Grund des
ihm verliehenen →Amts im dienstrechtlichen Sinne (Dienstgrad)
zustehende regelmäßige Geldbezug. Die im Bundesbesoldungsgesetz
näher geregelten Dienstbezüge bestehen aus →Grundgehalt (je nach
Besoldungsgruppe und Dienstaltersstufe), Zuschüssen zum
Grundgehalt für Professoren, Familienzuschlag, Zulagen,
Vergütungen und Auslandsdienstbezügen (§ 1 II BBesG). Sie sind
nicht Entgelt für geleistete Dienste, sondern sollen dem Beamten
(einschließlich seiner Familie) einen angemessenen, amtsgemäßen
Unterhalt sichern (→Alimentationstheorie).
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht
Diensteid (§ 40 BRRG) ist der von einem →Beamten bei
Dienstantritt zu leistende →Eid. Dem entspricht für den Richter der
Eid nach § 38 DRiG. In bestimmten Fällen genügt statt des Diensteids
ein →Gelöbnis.
Lit.: Saam, Der Eid des Beamten, Diss. jur. Münster 1974
Diensterfindung →Arbeitnehmererfindung
Dienstflucht →Fahnenflucht
Dienstgeheimnis (§ 353b StGB) ist die Pflicht zur Geheimhaltung
dienstlicher Angelegenheiten der Beamten. Die Verletzung des
Dienstgeheimnisses (z. B. durch Mitteilung eines Polizeibeamten an
einen Bekannten, dass in einem Datensystem über den Bekannten
keine Eintragung vorliegt, zw.) wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.
Lit.: Düwel, P., Das Amtsgeheimnis, 1965
Dienstherr eines →Beamten ist die juristische →Person des
öffentlichen Rechts, der gegenüber seine Rechte und Pflichten aus
dem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis bestehen.
Dies sind Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstige
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
welche die Dienstherrnfähigkeit haben oder durch Gesetz,
Rechtsverordnung oder Satzung erhalten. Vom Dienstherrn ist der
→Dienstvorgesetzte zu unterscheiden, der den Dienstherrn vielfach
vertritt.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.
Dienstleistung ist die Leistung von Dienst.
Lit.: Amann, R., Dienstleistungen im internationalen Steuerrecht, 1998; McDonald, K., Der Begriff
der Dienstleistung, 2001
Dienstleistungsfreiheit ist die Freiheit eines Dienstleistenden (z. B.
Versicherer, Bauunternehmer, Freiberufler) seine Tätigkeit
vorübergehend in dem Staat (der Europäischen Union) auszuüben, in
dem die Leistung erbracht wird. Die D. ist eine der Freiheiten der
Europäischen Union (Art. 49ff. EGV). Ihre Verletzung ist Verletzung
europäischen Rechts.
Lit.: Schweitzer/Hummer, Europarecht; Schmid, G., Dienstleistungsverkehr, 2000
Dienstleistungsmarke →Marke
Lit.: Hubmann/Götting, Gewerblicher Rechtsschutz
Dienstmann ist im mittelalterlichen deutschen Recht der durch
Dienst bei einem adligen Herrn selbst allmählich in den →Adel
aufsteigende Unfreie.
Lit.: Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Dienstrecht ist das den →Dienst betreffende Recht, im öffentlichen
Recht also das Recht der →Beamten, der →Angestellten und
→Arbeiter im öffentlichen Dienst und im Privatrecht das
Dienstvertragsrecht und das →Arbeitsrecht.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht; Wind,
F./Schimana, R./Wichmann, M./Lange, K., Öffentliches Dienstrecht, 5. A. 2002; Battis, U.,
Öffentliches Dienstrecht von A-Z, 5. A. 1999
Dienstsiegel ist das von einer →Behörde auf amtlichen Urkunden
zum Nachweis der Echtheit neben der Unterschrift verwendete Siegel.
Lit.: Thieme, Verwaltungslehre
Dienstvereinbarung (§ 75 BPersVertrG) ist die öffentlich-rechtliche
Vereinbarung (Vertrag, str.) zwischen einer Dienststelle und der
Personalvertretung über eine bestimmte soziale Angelegenheit.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Dienstvergehen eines →Beamten (§ 77 BBG) ist die schuldhafte
Verletzung der Dienstpflichten sowie jedes außerdienstliche
Verhalten, das in besonderem Maß geeignet ist, Achtung und
Vertrauen in einer für sein Amt und das Ansehen des Beamtentums
bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (z. B. unehrenhaftes
Schuldenmachen, Leugnen der Angriffe Deutschlands auf Polen,
Inzweifelziehen der Judenverfolgung).
Lit.: Weiß, H., Das Dienstvergehen der Beamten, 1971
Dienstverhältnis ist das →Dienste betreffende →Rechtsverhältnis.
Im →Privatrecht ist das D. ein →Schuldverhältnis (→Dienstvertrag,
Arbeitsvertrag), wobei sich ein als freies D. begründetes
Anstellungsverhältnis eines Vorstandsmitglieds bei Verlust der
Organstellung nicht ohne Weiteres in ein Arbeitsverhältnis
umwandelt. Im →Verwaltungsrecht ist das →Beamtenverhältnis ein
besonderes Dienst- und Treueverhältnis, für das besondere Regeln
gelten.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht; Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des
Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Dienstverschaffungsvertrag ist der →Vertrag, durch den sich
jemand verpflichtet, einem andern die →Dienste eines Dritten zu
verschaffen.
Lit.: Jauernig, BGB
Dienstvertrag (§§ 611ff. BGB) ist der gegenseitige →Vertrag, in
dem sich der eine Teil (Dienstverpflichteter) zur Leistung von
vereinbarten Diensten irgendeiner Art, der andere Teil
(Dienstberechtigter, Dienstherr) zur Entrichtung der vereinbarten
Vergütung verpflichtet. Besonderer, weitgehend außerhalb des
Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelter Unterfall des Dienstvertrags ist
der →Arbeitsvertrag. Im Gegensatz zum →Werkvertrag kommt es
bei dem D. auf einen Erfolg nicht an. Der D. ist Konsensualvertrag.
Er endet vor allem durch →Kündigung.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Grüll, F./Janert, W.,
Der Anstellungsvertrag mit leitenden Angestellten und anderen Führungskräften, 14. A. 1996
Dienstvorgesetzter →Vorgesetzter
dies (lat. [M.]) Tag, Termin
Dies (M.) interpellat pro homine (der Termin mahnt an Stelle des
Menschen) (§ 286 II Nr. 1 BGB) ist die Regel, dass der →Verzug
(Schuldnerverzug) außer durch →Mahnung auch dadurch eintritt,
dass für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist und
der Schuldner nicht zu der bestimmten Zeit leistet.
Lit.: Larenz, Schuldrecht Bd. 1; Liebs, Rechtsregeln
Differenz (F.) Unterschied
Differenzgeschäft (§ 764 BGB) ist der →Vertrag über die Lieferung
von Waren oder Wertpapieren, der nur in der Absicht geschlossen
wird, dass der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preis und dem
Börsenpreis und Marktpreis der Lieferungszeit von dem verlierenden
Teil an den gewinnenden Teil gezahlt werden soll. Das D. begründet
keine Verbindlichkeit. Ausnahmen gelten für Börsentermingeschäfte.
Lit.: Palandt, BGB
Differenzierung (F.) Unterscheidung
Differenzierungsklausel ist die als unzulässig angesehene Klausel
von →Tarifverträgen, die den Arbeitgeber verpflichtet, den
tarifgebundenen →Arbeitnehmern höhere Leistungen zu gewähren als
den nicht tarifgebundenen bzw. tarifvertragliche Leistungen
überhaupt nur an organisierte Arbeitnehmer zu erbringen.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Leventis, G., Tarifliche
Differenzierungsklauseln, 1974
Differenztheorie ist die von der Verrechnung ausgehende Theorie
des →Schadensersatzes bei vom Schuldner zu vertretender
→Verletzung einer Gegenseitigkeitspflicht. Nach ihr entfällt die
Verpflichtung des Gläubigers zur Gegenleistung und kann der
Gläubiger die Differenz zwischen dem Wert der unmöglich
gewordenen Leistung und seiner Gegenleistung verlangen. Dies
entspricht seinen Interessen dann, wenn er seine Leistung nicht
erbringen möchte.
Lit.: Fikentscher, Schuldrecht; Köbler, Schuldrecht; Kaiser, D., Rückkehr zur strengen
Differenzmethode, NJW 2001, 2525
Digesten (Durchgearbeitetes) oder →Pandekten ist ein unter dem
oströmischen Kaiser Justinian 530/3 verfertigtes, juristische Literatur
(9142 Auszüge aus mehr als 200 Schriften 39 klassisch-römischer
Juristen) exzerpierend kompilierendes Gesetzbuch. Die durch eine
einzige vollständige (Florentiner) Handschrift dem Mittelalter
erhaltenen D. sind ein Teil des durch die Rezeption von
grundlegender Bedeutung für das deutsche und europäische Recht
gewordenen →corpus iuris civilis. Sie sind in 50 – meist Privatrecht
enthaltende – Bücher mit mehreren Titeln, Fragmenten (leges) und
Paragraphen gegliedert (z. B. 24, 3, 1, 2 = Buch 24, Titel 3, Fragment
1, Paragraph 2).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte; Dolezalek, G., Verzeichnis der Handschriften zum
römischen Recht bis 1600, 1972; Meincke, P., Die Florentina, JuS 1990, 513; Köbler, G., Lexikon
der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Diktatur ist die Staatsform, in der die Herrschaftsgewalt
ausschließlich und uneingeschränkt einem Einzelnen oder einer
Gruppe zusteht. Sie bildet den Gegensatz zur →Demokratie. Sie neigt
zum Machtmissbrauch (Tyrannei), weshalb Machtwechsel vorteilhaft
ist.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
dilatorisch (Adj.) aufschiebend
dilatorische Einrede →Einrede, dilatorische
Diligentia (lat. [F.] Sorgfalt) ist im nachklassischen römischen Recht
die (rechtmäßige) Anforderung an den Schuldner bei der Erfüllung
seiner Verpflichtungen.
Diligentia (F.) quam in suis ([lat.] Sorgfalt wie in eigenen
Angelegenheiten) ist das Maß von →Sorgfalt, wie es der Gesetzgeber
in einigen Sonderfällen dem Schuldner auferlegt hat (z. B. §§ 690,
708, 1359 BGB). Dadurch wird der Schuldner besser gestellt als bei
der regelmäßigen Verschuldenshaftung. Er wird allerdings von der
Haftung wegen grober →Fahrlässigkeit nicht befreit, mag er auch
seine eigenen Angelegenheiten grob fahrlässig besorgen.
Lit.: Knolle, E., Das Haftungsprivileg der eigenüblichen Sorgfalt, 1999
Ding (Zeit, Versammlung) ist im germanischen und mittelalterlichen
deutschen Recht die →Volksversammlung (bzw.
Gerichtsversammlung), auf der auch über Streitigkeiten entschieden
wird. Die Bedeutung Sache hat sich erst später entwickelt. Das D.
kann geboten (besonders festgesetzt) oder ungeboten (echt, zur
rechtmäßigen Zeit stattfindend) sein.
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
dinglich (Adj.) einen körperlichen Gegenstand betreffend
dingliches Recht →Recht, dingliches
Diözese ist im katholischen →Kirchenrecht (in antiker Tradition) das
einem Bischof unterstehende Territorium. Es ist ein Teil der
Kirchenprovinz. Es gliedert sich in Dekanate und Pfarreien.
Lit.: Erler, Kirchenrecht
Diplom (Zweifaltiges, Urkunde) ist die →Urkunde, durch die ein
akademischer →Grad bezeugt wird, sowie dieser Grad selbst (z. B.
Diplomingenieur).
Diplomat ist der höhere →Beamte des auswärtigen →Diensts.
Diplomatik (F.) Urkundenlehre
diplomatisch (Adj.) Urkunden betreffend, geschickt
diplomatische Beziehung →Beziehung, diplomatische
Diplom-Rechtspfleger ist der seit 1983 den Absolventen der
Rechtspflegerprüfung verliehene akademische Grad. →Rechtspfleger
Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) ist der an einer Fachhochschule
ausgebildete, wirtschaftsrechtlich ausgerichtete →Jurist, dem das
Bestehen der ersten juristischen Staatsprüfung als Qualifikation fehlt.
Lit.: Abel, R., Der Diplom-Wirtschaftsjurist (FH), NJW 1998, 3619
direkt (Adj.) unmittelbar
direkte Stellvertretung →Stellvertretung, direkte
direkte Steuer →Steuer, direkte
direkter Verbotsirrtum →Verbotsirrtum, direkter
direkter Vorsatz →Vorsatz, direkter
Direkterwerb ist der Erwerb eines Rechts ohne vorherigen Erwerb
einer nur vermittelnden Person (z. B. des Veräußerers einer
Anwartschaft). Er ist zulässig. Er steht im Gegensatz zum
→Durchgangserwerb.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Direktionsrecht (Weisungsrecht) ist das Recht des →Arbeitgebers
zur Leitung der →Arbeit durch Erteilung von →Weisungen an die
Arbeitnehmer im Rahmen von →Gesetz, (guten Sitten,) Vertrag und
→Betriebsvereinbarung.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Direktmandat (§ 5 BWG) ist die (nach dem Mehrheitswahlrecht)
durch die (im Verhältnis aller jeweiligen Bewerber) meisten
Erststimmen (z. B. A 10000 Stimmen, B 9000, C 8000, D 7000, E
6000 usw.) in einem Wahlkreis erlangte Stellung als →Abgeordneter.
Lit.: Achterberg, Parlamentsrecht
Direktversicherung (§ 4b EStG) ist die durch den Arbeitgeber als
Versicherungsnehmer auf das Leben des Arbeitnehmers
(Versicherten) mit einem Versicherer abgeschlossene private
→Lebensversicherung. Sie ist ein Vertrag zugunsten Dritter. Die
Prämie ist eine steuerrechtlich sofort abzugsfähige Betriebsausgabe.
DIRO (F.) Deutsche und internationale Rechtsanwaltsorganisation
Disagio ([N.] Abschlagsgeld) ist der Betrag, um den ein tatsächlich
ausgegebenes →Darlehen oder eine sonstige tatsächliche Auszahlung
geringer ist als – abgesehen von den Zinsen – der Nennbetrag, den der
Schuldner zurückzahlen muss.
Lit.: Jauernig, BGB; Rodin, A., Disagio, Diskont und Damnum im Einkommensteuerrecht, 1988
Diskont ist der bei der Begründung einer zu einem späteren Zeitpunkt
fälligen →Forderung vorweg vom Nominalbetrag abgezogene
Zinsbetrag. Insbesondere wird ein →Wechsel diskontiert, indem er
von einer Bank schon vor →Fälligkeit zu einem um den D.
erniedrigten Betrag gekauft wird. Die Bank kann ihrerseits den
Wechsel entsprechend weiter an die Bundesbank verkaufen
(Rediskontierung). Vgl. Basiszinssatz
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Diskriminierung (F.) Abscheidung, Schlechtermachung,
Schlechterstellung (z. B. Abhängigmachung einer
Straßenbauauftragserteilung von einer Tariftreueerklärung)
Lit.: Epiney, A., Umgekehrte Diskriminierung, 1995; Göddeke, H., Die mittelbare Diskriminierung,
1998; Schiek, D., Differenzierte Gerechtigkeit, 2000
Diskurs (M.) Erörterung
Lit.: Volkmann, U., Einführung in die Diskurstheorie des Rechts, JuS 1997, 976
Dispens (M.) →Befreiung
Lit.: Mußgnug, R., Der Dispens, 1964
Displaced Person (DP) →Ausländer
Dispositionsmaxime (→Verfügungsgrundsatz, →Parteibetrieb,
→Parteiherrschaft) ist der Grundsatz, dass die Parteien eines
Rechtsstreits die Herrschaftsgewalt über das →Verfahren haben.
Danach können die Parteien über den →Streitgegenstand sowie den
Gang und Inhalt des Verfahrens verfügen (z. B. durch Klage,
Rechtsmittel, Rücknahme, Vergleich, Anerkenntnis, Verzicht,
Versäumnis). Die D., die im Gegensatz zur →Offizialmaxime steht,
gilt im →Zivilprozess.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
dispositiv (Adj.) abänderbar
dispositives Recht →Recht, dispositives
Disputation (Streitgespräch) ist im Rahmen einer →Promotion die
nach einzelnen Promotionsordnungen nötige öffentliche Verteidigung
der Thesen der Doktorarbeit durch den Doktoranden.
Lit.: Köbler, Jurist
Dissens ([M.] §§ 154f. BGB) ist der Einigungsmangel beim
Vertragsschluss (, der nicht vorliegt bei bloßer falscher
gemeinschaftlicher Bezeichnung [falsa demonstratio]). Solange die
Parteien sich nicht über alle Punkte eines →Vertrags geeinigt haben,
über die eine Vereinbarung getroffen werden soll (offener D.), ist im
Zweifel der Vertrag nicht geschlossen (§ 154 I BGB). Die letzte
Willenserklärung einer Partei ist dann nur ein neuer →Antrag (§ 150
II BGB). Glauben die Parteien entgegen der Wirklichkeit sich
geeinigt zu haben (versteckter D.), so hängt die Rechtsfolge von der
Bedeutung des betroffenen Sachpunkts ab. Ist er unwesentlich, so
kommt ein Vertrag zustande und wird durch sachgemäße Ergänzung
vervollständigt. Ist der unerkannt nicht geregelte Sachpunkt
wesentlich (z. B. Höhe des Kaufpreises, Nennung eines Mitarbeiters
eines Buchs als Mitverfasser), so kommt ein Vertrag nicht zustande (§
155 BGB). Beruht der versteckte D. auf →Verschulden einer Partei,
so hat diese der andern den →Vertrauensschaden zu ersetzen.
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil
Dissertation (Erörterung) ist im Rahmen des Promotionsverfahrens
die schriftliche wissenschaftliche Arbeit (Doktorarbeit). Sie soll
zeigen, dass der Verfasser zu einer neue Erkenntnisse bewirkenden
selbständigen Stellungnahme in einer wissenschaftlichen Einzelfrage
befähigt ist. Sie erfordert (in der Rechtswissenschaft) im Durchschnitt
den Arbeitsaufwand eines Arbeitsjahrs.
Lit.: Köbler, Jurist; Möllers, T., Die Veröffentlichung der Dissertation, JuS 2002, 515
Distinktion (F.) Unterscheidung
Disziplin (F.) Schule, Erziehung, Zwang
Disziplinargericht ist das für die strengeren Disziplinarmaßnahmen
zuständige besondere →Gericht bzw. ab 31. 12. 2003 das
Verwaltungsgericht. Zu unterscheiden ist dabei zwischen D. für
→Beamte und für →Richter. Seine Besetzung ist im Einzelnen
unterschiedlich (§§ 41ff. BDO, 61 DRiG).
Lit.: Claussen, H./Janzen, W., Bundesdisziplinarordnung, 8. A. 1996
Disziplinarmaßnahme ist die als Rechtsfolge von →Dienstvergehen
zulässig Maßnahme. Disziplinarmaßnahmen sind nach § 5 BDO bzw.
nach § 5 Bundesdisziplinargesetz (BDG) der →Verweis, die
→Geldbuße (bis zur Höhe der →Dienstbezüge eines Monats), die
Kürzung der Dienstbezüge (bis höchstens zu einem Fünftel und
höchstens 3 Jahren), die Zurückstufung (→Versetzung in ein Amt
derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt), die Entfernung
aus dem Beamtenverhältnis (Entfernung aus dem Dienst), die
Kürzung des Ruhegehalts und die Aberkennung des Ruhegehalts.
Lit.: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht
Disziplinarrecht ist das Recht der Maßnahmen gegen
→Dienstvergehen. Es ist Teil des Verwaltungsrechts, nicht des
Strafrechts, weshalb Disziplinarmaßnahmen nicht dem Grundsatz
→ne bis in idem unterfallen. Das materielle D. legt →Dienstvergehen
und →Disziplinarmaßnahmen fest, das formelle D. das
Disziplinarverfahren durch den →Dienstvorgesetzten bzw. das
Verwaltungsgericht (Kammer für Disziplinarsachen),
Oberverwaltungsgericht (Senat für Disziplinarsachen) und
Bundesverwaltungsgericht (bis 31. 12. 2003 →Disziplinargericht).
Lit.: Dau, K., Wehrdisziplinarordnung, 3. A. 1998; Claussen, H., Das förmliche
Disziplinarverfahren, 4. A. 1998; Bieler, F./Lukat, O., Vorermittlung und Untersuchungsverfahren,
3. A. 2000; Claussen, H., Das nichtförmliche Disziplinarverfahren, 4. A. 2000
Diversion (Umleitung) ist die neueren kriminalpolitischen Tendenzen
entsprechende Bestrebung, offizielle und damit strenge, vielfach
stigmatisierende Reaktionen (Strafen) auf abweichendes Verhalten
durch schwächere Reaktionen zu ersetzen (z. B. Gespräche,
Weisungen).
Lit.: Löhr-Müller, K., Diversion durch den Jugendrichter, 2001
Dividende ([F.] Zuverteilendes) (§§ 58ff. AktG) ist der in Prozenten
ausgedrückte Anteil des →Aktionärs am jährlichen Bilanzgewinn der
→Aktiengesellschaft. Die absolute Höhe der D. bestimmt sich nach
dem Verhältnis der Aktiennennbeträge. Der mit dem Beschluss der
Hauptversammlung über die Gewinnverwendung entstehende
Anspruch auf Auszahlung der D. wird im Gewinnanteilsschein
(Talon, Erneuerungsschein) verkörpert. Die steuerrechtliche
Bevorzugung von Einkünften aus Dividenden einer Gesellschaft mit
Sitz in einem bestimmten Mitgliedstaat der Europäischen Union
verletzt europäisches Recht.
Lit.: Leinekugel, M., Die Sachdividende, 2001
DNA-Analyse (Untersuchung der Desoxyribonukleinsäure bzw. des
[engl.] desoxyribonuclein acid aus dem menschlichen Zellkern) ist in
der Kriminologie die Verwertung des Genmusters eines Lebewesens.
Die DNA-Struktur (genetischer Fingerabdruck) kann mit Hilfe der
Molekularbiologie durch spezielle Gensonden als individuelles, unter
100 Milliarden Mitteleuropäern nur einmal zu erwartendes, bei
eineiigen Zwillingen aber identisches, schwarz-weißes Streifenmuster
sichtbar gemacht werden (1984 erkannt, erstmals in Großbritannien
1988 bei der Spurensicherung eines Vergewaltigungstäters
angewandt, vergleichbar ist der Umfang des genetischen Codes eines
Menschen mit einem etwa eine Million Seiten umfassenden Buch, in
dem jeder größere Satz nur einmal erscheint). (Technisch werden
Zellen aufgelöst, Eiweiße und Fette vom Zellkern getrennt, die
isolierte Desoxyribonukleinsäure vervielfältigt, nicht codierende
Abschnitte auf dem Molekülstrang der Säure betrachtet, für ein
Merkmalsystem meist fünf Wertepaare erstellt und in ihrer
unterschiedlichen Länge sichtbar gemacht, wobei praktisch eine
einzige Körperzelle als Untersuchungsgrundlage genügen würde.)
Nach dem DNA-Identitätsfeststellungsgesetz (7. 9. 1998) sind
Entnahme von Körperzellen und Speicherung der
Identifizierungsmuster nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung
(Verbrechen, Vergehen gegen die sexuelle Selbstbestimmung,
gefährliche Körperverletzung, Diebstahl im besonders schweren Fall,
Erpressung, nicht z. B. bei Anstiftung zu gefährlicher
Körperverletzung) zulässig. Im Übrigen gelten für die körperliche
Untersuchung eines Beschuldigten und die molekulargenetische
Untersuchung des Materials die §§ 81a, 81e StPO.
Lit.: Busch, R., Die Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern in der DNA-Analyse-Datei,
NJW 2002, 1754; Brodersen, K./Anslinger, K./Rolf, B., DNA-Analyse und Strafverfahren, 2003
Doctor (Dr.) (Lehrer) ist der – im Mittelalter über baccalaureus und
magister stehende – bedeutendste akademische →Grad. Er wird auf
Grund eines Promotionsverfahrens von einer promotionsberechtigten
Hochschule erteilt (§ 18 HRG). Er wird nach Fächern unterschieden
(z. B. [lat.] doctor iuris [utriusque] Doktor der [beiden, d. h.
weltlichen und geistlichen] Rechtswissenschaft[en]). Er darf
grundsätzlich erst nach (dem Druck der →Dissertation und) der
Aushändigung der Promotionsurkunde geführt werden (vgl. § 132a
StGB). Der Grad des D. kann auch ehrenhalber verliehen werden (Dr.
h. c., Ehrendoktor).
Lit.: Köbler, Jurist; Kulik, J., Der Entziehungsgrund Unwürdigkeit, 1996
Doktorand (§ 21 HRG) ist der mit dem Ziel des Erwerbs des
akademischen Grads eines →doctor eine wissenschaftliche Arbeit
erstellende Mensch.
Doktorgrad →doctor
Doktorprüfung →Disputation, Promotionsverfahren, Rigorosum
Doktrin (F.) Lehre, programmatische Festlegung
Dokument (N.) Beweis, Urkunde
Dokumentenakkreditiv (N.) →Akkreditiv
Lit.: Schütze, R., Das Dokumentenakkreditiv im internationalen Handelsverkehr, 5. A. 1999
Dolmetscher (§§ 185ff. GVG) (Übersetzer) ist die Hilfsperson bei
einer Verhandlung unter Beteiligung von Menschen, die der
deutschen Sprache nicht mächtig sind oder taub oder stumm sind. Der
D. wird teilweise wie ein →Sachverständiger behandelt. Seine
Beiziehung in Strafsachen ist für die Beteiligten kostenfrei.
Lit.: Jessnitzer, K., Dolmetscher, 1982
Dolo petit (bzw. facit bzw. agit), qui petit, quod statim redditurus
est ([lat.] mit Arglist begehrt (bzw. handelt), wer begehrt, was er
umgehend zurückgewähren muss) ist eine römische Rechtsregel,
deren Anwendungsbereich in der Gegenwart vom Grundsatz von
→Treu und Glauben (§ 242 BGB) erfasst wird.
Lit.: Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht
dolos (Adj.) arglistig, vorsätzlich
dolus (lat. [M.]) →Arglist, →Vorsatz
dolus (M.) directus (lat.) direkter Vorsatz
dolus (M.) eventualis (lat.) eventualer Vorsatz
dolus (M.) generalis (lat.) allgemeiner Vorsatz
dolus (M.) indirectus (lat.) indirekter Vorsatz
dolus (M.) malus (lat.) Arglist
dolus (M.) subsequens (lat.) nachträglicher Vorsatz
Domain ist der die numerische Adresse im Internet für Menschen
handhabbar machende Name einer Person oder Einrichtung. Für die
Vergabe einer d. mit der Endung .de ist die Vergabestelle →Denic e.
G. in Frankfurt am Main zuständig. Bei einem Streit um eine d. gelten
namensrechtliche und markenrechtliche Grundsätze, so dass an sich
der Prioritätsgrundsatz entscheidet, aber doch z. B. ein Einzelner mit
dem Namen Shell die d. shell.de dem überragend bedeutenden
Unternehmen Shell überlassen muss, so dass dieses vom unbefugten
Benutzer Unterlassung verlangen kann (anders bisher bgh für einen
andern Nutzer als den Bundesgerichtshof). Die d. ist grundsätzlich
frei bildbar (mindestens drei Zeichen vor der Kennung). Zulässig ist
auch die nicht irreführende Verwendung von Gattungsbegriffen und
Branchenbezeichnungen ( z. B. Mitwohnzentrale).
Lit.: Rayle, R., Die Registrierungspraktiken für Intenet-DomainNamen in der EU, 2003; Neumann, S., Rechtliche Probleme im Streit
um Internet-Domain-Names, 2003; Beier, D., Recht der
Domainnamen, 2004
Domäne (F.) Herrschaft, Herrschaftsgut
Dominat (N.) Herrschaft, absolutes Kaisertum
dominium (lat. [N.]) Eigentum
dominium (N.) directum (lat.) Obereigentum
dominium (N.) utile (lat.) Untereigentum
Domkapitel ist im katholischen →Kirchenrecht das rechtsfähige
Kollegium von Klerikern einer Diözese, das bei der Regierung der
Diözese mitwirkt und vielfach an der Wahl des →Bischofs beteiligt
ist.
Lit.: Erler, Kirchenrecht
donatio (lat. [F.]) Gabe, Schenkung
Doping ist die unerlaubte Einnahme leistungsstärkender Mittel
insbesondere im Sport.
Lit.: Fritzweiler, J., Doping, 2001; Adolphsen, J., Internationale
Dopingstrafen, 2003
Doppelbesteuerung ist die mehrfache Inanspruchnahme desselben
Gegenstands durch →Steuern. Die internationale D. wird vielfach
durch internationale Verträge geregelt (für Deutschland waren 1996
65 Abkommen in Kraft). Die nationale D. ist teilweise gezielt
angestrebt (z. B. früher Einkommensteuer und Vermögensteuer).
Lit.: Doppelbesteuerungsabkommen, 12. A. 2003; Debatin, H./Wassermeyer, F.,
Doppelbesteuerung (Lbl.), 91. A. 2003; Vogel, K., Doppelbesteuerungsabkommen, 11. A. 2002;
Vogel, K./Lehner, M., Doppelbesteuerungsabkommen, 4. A. 2003
Doppelehe (§ 172 StGB) ist die →Ehe, die jemand schließt, obwohl
er verheiratet ist oder die jemand mit einem Verheirateten schließt.
Sie ist strafbar (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe). Im
Privatrecht besteht das Eheverbot der D. (§ 1306 BGB), das einen
Eheaufhebungsgrund darstellt (§§ 1314 I, 1306 BGB).
Lit.: Lüderitz, Familienrecht
Doppelname ist der aus zwei Namen bestehende →Name. Er ist
unechter D., wenn der Ehegatte, dessen Name nach dem bis 1993
geltenden Namensrecht nicht →Ehename wurde, seinen Namen dem
Ehenamen voranstellt. Bei der Unterzeichnung genügt für Träger
eines Doppelnamens die Unterzeichnung mit einem Namen.
Lit.: Palandt, BGB
Doppelversicherung ist die zweifache Versicherung einer Gefahr.
Lit.: Kohleick, D., Die Doppelversicherung, 1999
Dos (lat. [F.] Mitgift) ist im römischen und im mittelalterlichen
deutschen Recht die familienrechtliche Zuwendung anlässlich eines
Eheschlusses. Im römischen Recht erhält sie der Mann, im deutschen
Recht erlangen sie wohl ursprünglich die Verwandten der Frau.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Dotation (F.) Zuwendung, Ausstattung
do ut des (lat.) ich gebe, damit du gibst
Doyen (aus lat. [M.] decanus, →Dekan) ist der Sprecher der in einem
Staat versammelten ausländischen →Diplomaten (teils der Vertreter
des Vatikans, teils der zeitlich am längsten anwesende ranghöchste
Diplomat)
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Dozent (Lehrender) ist allgemein der Lehrer an einer Hochschule. I.
e. S. ist D. der habilitierte Universitätslehrer, der noch nicht auf eine
Professur berufen worden ist. Er wird mit der Habilitation
Privatdozent und mit der Erlangung einer besoldeten Amtsstelle eines
Dozenten Universitätsdozent oder Diätendozent. →Hochschuldozent
Dr. →Doctor
Draufgabe (lat. [F.] arrha) ist die Leistung bei Eingehung eines
→Vertrags, die nach § 336 I BGB als Zeichen des Abschlusses des
Vertrags gilt und im Zweifel auf die geschuldete Leistung
anzurechnen oder bei Erfüllung zurückzugeben ist.
Lit.: Jauernig, BGB
Dreiecksverhältnis →Vertrag zugunsten Dritter, ungerechtfertigte
Bereicherung
Drei-Elemente-Lehre ist in der allgemeinen →Staatslehre die
Ansicht, dass der →Staat durch →Staatsgebiet, →Staatsvolk und
→Staatsgewalt gekennzeichnet ist.
Lit.: Kettler, D., Die Drei-Elemente-Lehre, Diss. jur. Münster 1997
Dreiklassenwahlrecht ist das (z. B. in Preußen von 1849 bis 1918
geltende,) die Wähler nach der Steuerleistung in (drei) Klassen
einteilende →Wahlrecht. Obwohl jede Klasse verschieden viele
Wähler umfasste, wählte sie etwa gleich viele Wahlmänner. Dadurch
wurden die begüterten Schichten (entsprechend ihrer wirtschaftlichen
Leistung) im Verhältnis zu ihrem zahlenmäßigen Anteil an der
Bevölkerung bevorzugt.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Dreißigster (§ 1969 BGB) ist die als gesetzliches →Vermächtnis
grundsätzlich bestehende Verpflichtung der →Erben, den
Familienangehörigen des Erblassers, die zur Zeit des Tods des
Erblassers zu dessen Hausstand gehörten und von ihm Unterhalt
bezogen, während der ersten 30 Tage nach dem Erbfall →Unterhalt
zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und der
Haushaltsgegenstände zu gestatten.
Lit.: Lange/Kuchinke, Erbrecht
Dreiteilung der Gewalten →Gewaltenteilung
dringend (Adj.) gewichtig, erheblich, bedrängend
Drittland ist das außerhalb der Beziehung zweier oder mehrerer
Staaten zueinander stehende weitere Land. Es wird grundsätzlich als
Ausland behandelt. In ein sog. sicheres D. darf eine Abschiebung
eines aus einem Erstland in ein Zweitland gekommenen Menschen
stattfinden.
Lit.: Draf, O., Die Regelung der Übermittlung personenbezogener
Daten, 1999
Drittorganschaft ist die Ausübung der Befugnisse eines Organs der
→Gesellschaft durch einen dazu bestellten Dritten (z. B. Manager als
Geschäftsführer), der nicht Gesellschafter ist. Die D. ist
Fremdorganschaft und steht im Gegensatz zur →Selbstorganschaft,
die bei Personengesellschaften die Regel ist. Die D. ist bei
→Kapitalgesellschaften üblich.
Lit.: Hueck, Gesellschaftsrecht
Drittschadensliquidation ist die unter der Voraussetzung einer
Schadensverlagerung für bestimmte Fälle (z. B. mittelbare
Stellvertretung, Inobhutnahme von Sachen Dritter) anerkannte
Möglichkeit, dass ein nichtgeschädigter Anspruchsberechtigter den
→Schaden eines nichtanspruchsberechtigten Geschädigten liquidiert
(z. B. bei Versendungskauf). Die D. bedeutet eine Abweichung von
den allgemeinen Regeln des Schuldrechts zur Erzielung
angemessener Ergebnisse. Erforderlich sind ein hypothetisch
Anspruchsberechtigter, der aber nicht geschädigt ist, ein
Geschädigter, dem keine Anspruchsgrundlage zur Verfügung steht,
sowie die Sachwidrigkeit des Freiwerdens des Schädigers.
→Schadensersatz
Lit.: Büdenbender, U., Drittschadensliquidation, NJW 2000, 986
Drittschuldner ist der →Schuldner eines Schuldners, auf den der
Gläubiger des Schuldners dadurch zugreift, dass er in den Anspruch
des Schuldners gegen dessen Schuldner – den D. – vollstreckt (z. B.
Lohnpfändung, Forderungspfändung).
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO; Jurgeleit, A., Die Haftung des Drittschuldners, 1999
Drittschutz ist der Schutz dritter, nicht unmittelbar beteiligter oder
betroffener Personen.
Lit.: König, S., Drittschutz, 1993 (Diss.); Zugehör, H., Berufliche Dritthaftung, NJW 2000, 1601
Drittwiderspruchsklage (Interventionsklage, § 771 ZPO) ist die
→Klage des angeblichen oder wirklichen Inhabers eines die
Veräußerung hindernden Rechts an einem Gegenstand (z. B.
Eigentum, Inhaberschaft einer Forderung, Pfandrecht, gewisse
schuldrechtliche Herausgabeansprüche, Treuhandverhältnisse) gegen
die →Zwangsvollstreckung in diesen Gegenstand. Sie ist eine
→Gestaltungsklage, die gegen den Gläubiger oder den Gläubiger und
Schuldner (§ 771 II ZPO) erhoben wird. Sie will erreichen, dass die
Zwangsvollstreckung in den Gegenstand für unzulässig erklärt wird.
Lit.: Wittschier, J., Die Drittwiderspruchsklage, JuS 1998, 926
Drittwirkung der →Grundrechte ist im Verfassungsrecht die
(streitige) Frage der unmittelbaren Wirkung der Grundrechte
außerhalb des Verhältnisses Staat – Einzelner. Das Grundgesetz
ordnet sie nur in Art. 9 III 2 GG an. Mittelbar wirken die Grundrechte
auf das übrige Recht über die →Generalklauseln ein (z. B. § 242
BGB).
Lit.: Jaensch, M., Die unmittelbare Drittwirkung der Grundfreiheiten, 1997; Guckelberger, A., Die
Drittwirkung der Grundrechte, JuS 2003, 1151
Drittzueignung (§ 242 StGB) ist die Zueignung der
weggenommenen Sache durch den Täter eines Diebstahls an einen
Dritten.
Lit.: Noak, T., Drittzueignung, 1999
Dr. jur. utr. →Doctor
Droge (F.) →Betäubungsmittel, Suchtgift
Lit.: Berr, W./Sachs, H., Drogen im Straßenverkehr, 2003
drohend (Adj.) unmittelbar bevorstehend, gegenwärtig
Drohung ist das Inaussichtstellen eines Übels, auf dessen Eintritt der
Drohende sich wirklich oder vorgeblich Einfluss beimisst. Die D. ist
im Strafrecht ein Tatbestandsmerkmal verschiedener Tatbestände (z.
B. §§ 240 Nötigung, 253 StGB Erpressung). Im Privatrecht kann eine
durch D. hervorgerufene →Willenserklärung durch →Anfechtung
von dem Erklärenden rückwirkend vernichtet werden (§ 123 I BGB).
Lit.: Liegl, C., Die Drohung mit einem an sich rechtmäßigen Verhalten, 2001
droit (franz.) Recht (von lat. directum [N.] Gerichtetes)
Drucksache ist das zu einer bestimmten Angelegenheit der
Gesetzgebung gedruckte und im →Parlament verteilte Schriftstück.
Es gibt vielfach nachträglich Aufschluss über die
Entstehungsgeschichte eines →Gesetzes. D. ist auch eine durch
Druck vervielfältigte Postsendung. →Druckschrift
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht
Druckschrift ist das maschinell vervielfältigte Schriftstück
(Verbreitung bestimmter Druckschriften nach Landespressegesetzen
evtl. strafbar).
Druckwerk →Druckschrift
Dualismus ist allgemein die Lehre, die zwei voneinander
unabhängige, meist gegensätzliche Prinzipien annimmt. Im
Völkerrecht ist D. die grundsätzliche Trennung von Völkerrecht und
innerstaatlichem Recht. Gegensatz hierzu ist der →Monismus.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Duell (N.) Zweikampf
Dulden →Duldung
Duldung ist die unwidersprochene Hinnahme und damit
stillschweigende Anerkennung eines Geschehens.
Duldungsvollmacht ist die →Vollmacht, die sich darauf gründet,
dass eine Person (Vertretener) es wissentlich geschehen lässt (weiß
und duldet), dass ein anderer für ihn wie ein →Vertreter auftritt und
der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin
verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist
(vgl. BGH VersR 1971, 227). Die D. entsteht kraft Gesetzes, nicht
durch →Rechtsgeschäft. Sie ist →Scheinvollmacht (str.), begründet
aber Wirkungen wie eine →Vollmacht.
Lit.: Bader, P., Duldungs- und Anscheinsvollmacht, 1979
Dumping (N.) Ausfuhr unter den Gestehungskosten zwecks
Vernichtung ausländischer Konkurrenz
Lit.: Bandtel, K., Dumping in der Seeschifffahrt, 1999
Dunkelfeld ist der nicht amtlich bekannte Teil der begangenen
→Straftaten. Die nach dem wahren Ausmaß der Straftaten suchende
Dunkelfeldforschung vermutet bei den verschiedenen Straftaten
verschieden große Dunkelfelder (z. B. sehr groß bei Ladendiebstahl
sowie bei andern wegen der Geringfügigkeit des Schadens oft nicht
zur Anzeige gebrachten Taten). Kriminalpolitische Überlegungen
müssen stets das D. mitberücksichtigen.
Lit.: Schwind, H./Ahlborn, W./Weiß, R., Dunkelfeldforschung in Bochum 1986/87, 1989
Duplik ist im neuzeitlichen (gelehrten) Prozessrecht die
Gegenerklärung des Beklagten auf die →Replik des Klägers, die
ihrerseits auf eine Erklärung des Beklagten zurückgeht.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Durchführungsverordnung (DVO) ist die →Rechtsverordnung, die
besondere Einzelheiten der Durchführung eines →Gesetzes regelt (z.
B. DVO zum BBG). Sie ist im Gegensatz zur
→Durchführungsvorschrift (Durchführungsverwaltungsvorschrift) an
die Allgemeinheit, nicht nur an die Verwaltung gerichtet. Sie bedarf
als Rechtsverordnung gesetzlicher →Ermächtigung.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.
Durchgangserwerb ist der →Erwerb eines dinglichen →Rechts
durch eine gegenüber dem endgültigen Erwerber nur vermittelnde
Person (z. B. Anwartschaftsveräußerer). Der D. steht im Gegensatz
zum →Direkterwerb. Nach neuerer Ansicht ist grundsätzlich vom
Direkterwerb auszugehen.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Durchgriffshaftung ist der nur ausnahmsweise zulässige
haftungsmäßige Durchgriff eines →Gläubigers auf die hinter einer
juristischen →Person stehenden oder ihr angehörenden (natürlichen)
Personen bzw. Menschen. Die D. ist eine Durchbrechung des Prinzips
der Verselbständigung der juristischen →Personen. Ihre
ausnahmsweise Zulässigkeit gründet sich auf den Grundsatz von
→Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Lit.: Ehricke, U., Zur Begründbarkeit der Durchgriffshaftung, AcP 199 (1999), 258
Durchsuchung ist allgemein die Durchforschung eines Bereichs auf
ein bestimmtes Ziel hin. Im Verfassungsrecht (Art. 13 II GG) ist D.
einer →Wohnung jede Beschränkung der Unverletzlichkeit der
Wohnung, die gleichzeitig einen Einbruch in die Privatsphäre des
Betroffenen darstellt (z. B. Betreten einer Wohnung durch ein
Vollstreckungsorgan, um dort dem Inhaber ein Kind wegzunehmen).
Die D. darf nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug unter
zeitnaher, richterlich überprüfbarer Dokumentation in den
Ermittlungsakten auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen
andern Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form
durchgeführt werden. Der Richter darf eine D. nur anordnen, wenn
dies verhältnismäßig ist. Eine Beschwerde gegen eine
Durchsuchungsanordnung ist nicht deswegen unzulässig, weil die
Durchsuchungsanordnung vollzogen ist. Für das Strafverfahrensrecht
sind die Voraussetzungen der D. von Wohnung, Räumen, Personen
und ihnen gehörenden Sachen vor allem in den §§ 102ff. StPO
festgelegt (bei Verdächtigen genügen Anhaltspunkte für eine
Beweismittelauffindung). Zuständig für die Anordnung einer D. ist
grundsätzlich der →Richter, in Eilfällen auch die
→Staatsanwaltschaft samt ihren Hilfsbeamten. Aufgefundene
Gegenstände können beschlagnahmt werden. Im Zivilverfahrensrecht
ist die D. der Wohnung des Schuldners durch den
→Gerichtsvollzieher zum Zweck der →Zwangsvollstreckung
zulässig (§ 758 ZPO).
Lit.: Park, T., Handbuch Durchsuchung und Beschlagnahme, 2002
Dürftigkeit des →Nachlasses (§ 1990 BGB) ist das Nichtausreichen
des Nachlasses zur Deckung der Kosten der amtlichen
→Nachlassverwaltung. Die D. kann vom Erben einem Gläubiger
gegenüber in Form der Dürftigkeitseinrede geltend gemacht werden.
Sie befreit den Erben von der →Haftung mit seinem außerhalb des
Nachlasses vorhandenen →Vermögen, doch muss der Erbe den
→Nachlass zum Zweck der Befriedigung des Gläubigers
herausgeben.
Lit.: Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003
Dürftigkeitseinrede →Dürftigkeit
dux (lat. [M.]) Herzog
DVO →Durchführungsverordnung
dynamisch (Adj.) kräftig, veränderlich
dynamische Rente →Rente, dynamische
E
E-commerce ist der elektronische(, das geltende Recht nicht
grundsätzlich abändernde) Handel. Bedient sich ein Unternehmer zum
Zweck des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren
oder über die Erbringung von Dienstleistungen eines Telediensts oder
eines Mediendiensts (Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr),
hat er nach § 312e BGB grundsätzlich dem Kunden angemessene,
wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung zu
stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe einer
Bestellung erkennen und berichtigen kann, bestimmte Informationen
rechtzeitig vor Abgabe der Bestellung klar und verständlich
mitzuteilen, den Zugang der Bestellung unverzüglich auf
elektronischem Weg zu bestätigen und die Möglichkeit zu
verschaffen, die Vertragsbestimmungen abzurufen und in
wiedergabefähiger Form zu speichern. Für Verbraucher gelten
zusätzlich die Bestimmungen über den →Fernabsatzvertrag.
Lit.: Lehmann, M., Electronic Business in Europa, 2002;
Rechtshandbuch E-Business, hg. v. Kaminski, B. u. a., 2001; Spindler,
G., Das Gesetz zum elektronischen Geschäftsverkehr, NJW 2002,
921; E-commerce Law in Europe and the USA, hg. v. Spindler, G. u.
a., 2002; Beck’sches Formularbuch e-commerce, hg. v. Weitnauer,
W., 2003; Rechtshandbuch Electronic Business, hg. v. Gounalakis,
G., 2003
E-mail ist die elektronische Mitteilung oder Post. Die durch E.
versandte Willenserklärung ist grundsätzlich wie jede andere
Willenserklärung zu behandeln. Allerdings wird ein E. nicht als
Urkunde, sondern nur als Augenscheinsgegenstand eingestuft, kann
aber als solcher ebenfalls Beweis erbringen. Die unaufgeforderte
Zusendung unerwünschter E-mail-Werbung ist wegen Verstoßes
gegen die §§ 1004, 823 BGB rechtswidrig.
Lit.: Koch, R., Haftung für die Weiterverbreitung von Viren durch EMails, NJW 2004, 801
Ebenbürtigkeit ist im mittelalterlichen deutschen Recht die von der
Gleichheit des Geburtsstands (Adel, Freie, Unfreie usw.) abhängige
rechtliche Gleichheit (z. B. wird E. des Ehepartners [im Testament in
Deutschland noch 1998 als zulässig beurteilt], des Vormunds, des
Zeugen oder des Richters gefordert).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Minnigerode, H. v., Ebenburt und Echtheit, 1912
Ecclesia non sitit sanguinem ([lat.] die Kirche dürstet nicht nach
Blut) ist im hochmittelalterlichen Recht ein Geistliche von der
Strafgerichtsbarkeit ausschließender Grundsatz.
Lit.: Erler, Kirchenrecht
Ecclesia vivit lege Romana ([lat.] die Kirche lebt nach römischem
Recht) ist ein wesentlicher Grundsatz des frühmittelalterlichen
Kirchenrechts, der die Kirche zu einem entscheidenden Träger der
→Rezeption des römischen Rechts werden lässt.
Lit.: Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 5. A. 1972
echt (Adj.) wahrhaft, rechtmäßig
echte Urkunde →Urkunde
echtes Ding →Ding
echtes Unterlassungsdelikt →Unterlassungsdelikt, echtes
Ecklohn ist der tariflich festgesetzte →Arbeitslohn (Stundenlohn)
einer bestimmten Tarifgruppe (Facharbeiter) (100%), von dem aus die
Tariflöhne der andern Tarifgruppen durch prozentuale Abschläge und
Zuschläge berechnet werden.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
ECTS (N.) ist das European Credit Transfer System (europäischen
Prüfungsübertragungssystem), als dessen noch nicht erreichtes Ziel
jeder Studierende 30 Punkte pro Semester bzw. 60 Punkte pro
Studienjahr erarbeiten soll.
Lit.: Gas, T./Taubert, F., ECTS, JuS 2000, Heft 4, XVII
edictum (lat. [N.]) Edikt, Bekanntmachung
Edictum (N.) perpetuum (lat.) (bzw. edictum tralatitium [lat.]
beständiges Edikt) ist im römischen Recht der Grundbestand an
Rechtsregeln, der allmählich von jedem neuen →Prätor ohne
Weiteres als zu seinem Amtsprogramm gehörig angesehen wurde.
Lit.: Lenel, O., Das edictum perpetuum, 3. A. 1927, Neudruck 1956
Edikt (N.) Bekanntmachung, Erlass
Ediktalzitation ist im gelehrten Prozessrecht die öffentliche Ladung
des Beklagten vor das Gericht, die vor allem bei unbekanntem
Aufenthalt des Beklagten zulässig ist (z. B. 2001 Holger Pfahls).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Edition (F.) Ausgabe, Herausgabe
Editionspflicht (§ 809 BGB) ist die Verpflichtung des →Besitzers
einer →Sache, die Sache einem andern zur Besichtigung vorzulegen
oder die Besichtigung einem andern zu gestatten. Sie besteht kraft
Gesetzes, wenn eine Person gegen den Besitzer einer Sache in
Ansehung der Sache einen Anspruch hat oder sich Gewissheit
verschaffen will, ob ihr ein solcher Anspruch zusteht, und die
Besichtigung der Sache aus diesem Grund für sie von Interesse ist.
Die E. ist für →Urkunden noch erweitert (§ 810 BGB).
Lit.: Palandt, BGB; Dierschke, A., Die Vorlegung von Sachen zur Besichtigung, 1901
EDV (F.) elektronische Datenverarbeitung
Lit.: Schneider, J., Handbuch des EDV-Rechts, 3. A. 2003;
Holznagel, B., Recht der IT-Sicherheit, 2003
Effekten sind bestimmte börsengängige und damit vertretbare
→Wertpapiere (z. B. Aktien, Inhaberschuldverschreibungen,
Pfandbriefe, nicht dagegen die individuell ausgestellten Wechsel,
Schecks und Hypothekenbriefe), deren Handel eine besondere Art des
Bankgeschäfts ist.
Lit.: Schwintowski, H./Schäfer, F., Bankrecht, 2. A. 2001
Effektivklausel ist die (unwirksame, str.) Tarifvertragsklausel, die
den vor dem Abschluss des →Tarifvertrags tatsächlich gezahlten,
über dem bisherigen Tarif liegenden effektiven →Arbeitslohn auch
im Verhältnis zu dem neuen Tarifvertrag sichern will.
Lit.: Hansen, Betriebsvereinbarungsbezogene Besitzstands- und Effektivklauseln, 1984
Effizienz (F.) Wirksamkeit
Lit.: Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, hg. v.
Hoffmann-Riem, N. u. a., 1998
EFTA ([F.] European Free Trade Association, Europäische
Freihandelszone) ist die am 4. 1. 1960 gegründete Wirtschaftszone
mehrerer europäischer Staaten, deren praktische Bedeutung wegen
des Eintritts vieler Mitglieder (Dänemark, Großbritannien, Portugal,
Österreich, Schweden, Finnland) in die Europäische Gemeinschaft
(Europäische Union) bzw. den Europäischen Wirtschaftsraum eher
gering blieb (1995 Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein).
Leitungsgremium ist ein Rat. Seit. 1. 1. 1994 gibt es einen besonderen
Gerichtshof der E., der seit 1. 9. 1996 in Luxemburg ansässig ist und
sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
orientiert.
Lit.: Schweitzer/Hummer, Europarecht
egalité (franz. [F.]) Gleichheit
Ehe ist die mit Eheschließungswillen eingegangene, staatlich
anerkannte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau. Sie ist als
Institution durch Art. 6 I GG geschützt. Ihre Entstehung
(→Eheschließung), Wirkungen und Beendigung (→Eheaufhebung,
→Ehescheidung) sind gesetzlich geregelt (§§ 1303ff. BGB). Die Ehe
begründet eine eheliche →Lebensgemeinschaft (§ 1353 BGB), die
angestrebte, aber nicht mehr notwendige Führung eines
(gemeinsamen) →Ehenamens (§ 1355 BGB), eine
→Vertretungsmacht bei Geschäften zur angemessenen Deckung des
Lebensbedarfs (frühere Schlüsselgewalt) (§ 1357 BGB) und eine
Verpflichtung zum Familienunterhalt (Unterhaltspflicht § 1360
BGB). Im katholischen →Kirchenrecht ist die E. ein →Sakrament.
→Güterrecht
Lit.: Papier, H., Ehe und Familie in der neueren Rechtsprechung des BVerfG, NJW 2002, 2129
Eheaufhebung ist die aus bestimmten, vor der Eheschließung
liegenden Gründen (z. B. Fehlen der Ehemündigkeit,
Geschäftsunfähigkeit, Doppelehe, Verwandtschaft [§ 1307 BGB],
Formfehler [§ 1311 BGB], Bewusstlosigkeit, vorübergehende
Störung der Geistestätigkeit, Unwissenheit um Eheschließung,
arglistige Täuschung, Drohung, vereinbarter Ausschluss der
Lebensgemeinschaft [§§ 1313ff. BGB]) zulässige Auflösung einer
→Ehe für die Zukunft. Die Ehe ist bis zur Aufhebung gültig und kann
nur durch gerichtliches Urteil auf Antrag (Aufhebungsklage) beseitigt
werden (§ 1313 BGB). Die Folgen entsprechen in bestimmten Fällen
denen der →Ehescheidung (§ 1318 BGB).
Lit.: Lüderitz, Familienrecht
Ehebruch ist der (in Deutschland bis 1969 strafbare,) zumindest
bedingt vorsätzliche Vollzug des →Beischlafs eines Ehegatten mit
einem dritten Menschen andern Geschlechts.
Lit.: Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Ehefähigkeit ist die Fähigkeit eines Menschen, eine →Ehe zu
schließen. Die E. ist stets ausgeschlossen bei →Geschäftsunfähigkeit
(§ 1304 BGB). Der beschränkt Geschäftsfähige bedarf zur Eingehung
der Ehe grundsätzlich der – u. U. ersetzbaren – Einwilligung des
gesetzlichen →Vertreters oder eines sonstigen Inhabers der
Personensorge (§ 1303 IV BGB). Die Ehe soll nicht vor Eintritt der
→Volljährigkeit eingegangen werden, doch kann das
→Familiengericht auf Antrag von dieser Vorschrift befreien, wenn
der Antragsteller das 16. Lebensjahr vollendet hat und sein künftiger
Ehegatte volljährig ist (§ 1303 BGB). 1997 ratifizierte der Bundestag
den Beitritt Deutschlands zu dem Übereinkommen über die
Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen.
Ehefrau →Ehegatte
Ehegatte (Ehefrau, Ehemann) ist der mit einem Menschen des andern
Geschlechts wirksam eine →Ehe geschlossen habende Mensch. Für
ihn gilt das besondere →Eherecht. Hinzu kommen weitere einzelne
Rechte (z. B. Zeugnisverweigerungsrecht,
Zusammenveranlagungsmöglichkeit im Einkommensteuerrecht).
Lit.: Schwab, D., Familienrecht, 12. A. 2003; Vonscheidt, C., Eigentumserwerb durch Ehegatten,
1997; Nörenberg, H., Ehegatten-Arbeitsverträge, 8. A. 2000
Ehegattenbürgschaft →Bürgschaft
Ehegattenerbrecht ist das gesetzliche →Erbrecht des überlebenden
Ehegatten, der mit dem Erblasser bis zu dessen Tod in gültiger Ehe
gelebt hat. Es beträgt neben Verwandten der ersten Ordnung ein
Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung mindestens die
Hälfte, neben entfernteren Verwandten als Großeltern das Ganze der
Erbschaft (§ 1931 BGB), wobei der gleichzeitig mögliche, in der
Form der Erhöhung des gesetzlichen →Erbteils um ein Viertel
erfolgende Ausgleich des →Zugewinns im Todesfalle (§ 1371 BGB)
unberührt bleibt. Außerdem kann das gesetzliche Erbrecht des
Ehegatten durch Verfügung von Todes wegen abgeändert werden.
Lit.: Wegmann, B., Ehegattentestament und Erbvertrag, 2. A. 1997
Ehegattenunterhalt ist der zwischen →Ehegatten zu leistende
→Unterhalt.
Lit.: Eschenbruch, K., Ehegattenunterhalt, 2. A. 1999; Soyka, J., Die
Berechnung des Ehegattenunterhalts, 2. A. 2003
Ehegesetz war das das Recht der →Ehe betreffende Gesetz (1938
anlässlich des Anschlusses Österreichs für das Deutsche Reich
einschließlich Österreichs geschaffen, 1946 gereinigt, in Deutschland
bis 1998 abschnittsweise wieder zugunsten des Bürgerlichen
Gesetzbuchs aufgehoben).
Lit.: Schwab, D., Familienrecht, 12. A. 2003
Ehegüterrecht →Güterrecht der →Ehe
Lit.: Jerschke, H., Mein und dein in der Ehe, 9. A. 2000
Ehehindernis ist im →Kirchenrecht ein der Eheschließung
entgegenstehender Umstand. →Eheverbot, →Eheaufhebung
Lit.: Erler, Kirchenrecht
Ehelich ist eine Qualifikation eines Menschen oder eines
Verhältnisses, die auf eine →Ehe abstellt. Ehelich war bis 1998 ein
→Kind, das nach der Eheschließung geboren worden ist, wenn die
Frau es vor oder während der →Ehe empfangen und der Mann
innerhalb der →Empfängniszeit der Frau beigewohnt hat, wobei
durch erfolgreiche →Anfechtung diese Qualifikation beseitigt, durch
→Legitimation (Ehelicherklärung) besonders erlangt werden konnte.
Jedes andere Kind war →nichtehelich.
Lit.: Jauernig, BGB
eheliche Lebensgemeinschaft →Lebensgemeinschaft, eheliche,
Lebensgemeinschaft, nichteheliche
Ehelichkeit →ehelich
Lit.: Müller, L., Die Ehelichkeitsanfechtung, 1998
Ehemann →Ehegatte
ehemündig →Ehemündigkeit
Ehemündigkeit (§ 1303 BGB) ist die altersbedingte Berechtigung,
eine →Ehe einzugehen. Sie setzt grundsätzlich →Volljährigkeit,
ausnahmsweise mindestens Vollendung des 16. Lebensjahrs voraus.
Die ohne E. geschlossene Ehe kann aufgehoben werden.
Ehename (§ 1355 BGB) ist der gemeinsame →Familienname der
Ehegatten. Nach § 1355 I vom 16. 12. 1993 sollen die Ehegatten
einen Ehenamen bestimmen. Unterlassen sie dies trotz entsprechender
Befragung durch den Standesbeamten vor der Eheschließung, so
führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten (verschiedenen)
Namen auch nach der Eheschließung (weiter, in Deutschland 2000 in
etwa 10 Prozent der Eheschließungen). Sie können die Erklärung,
einen gemeinsamen Ehenamen führen zu wollen, binnen 5 Jahren
nach der Eheschließung in öffentlich beglaubigter Form nachholen.
Ein Ehegatte, dessen Geburtsname dabei nicht E. wird, kann durch
Erklärung in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem
Standesbeamten dem E. seinen (einteiligen) Geburtsnamen oder einen
Teil seines (mehrteiligen) Geburtsnamens voranstellen oder anfügen
(und bei Bedarf in öffentlich beglaubigter Form diese Erklärung auch
einmal widerrufen). Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte behält
grundsätzlich den Ehenamen, kann ihn aber aufgeben.
Lit.: Schwab, D., Familienrecht, 12. A. 2003; Dethloff, N./Walther, S., Abschied vom Zwang zum
gemeinsamen Ehenamen, NJW 1991, 1575
Ehenichtigkeit war die Vernichtbarkeit der →Ehe aus bestimmten
Gründen (§§ 16ff. EheG, →Formmangel, →Geschäftsunfähigkeit,
Doppelehe, Verwandtschaftsehe). →Eheaufhebung
Lit.: Ramm, T., Eheverbot und Ehenichtigkeit, JZ 1963, 47, 81
Eheprozess (§§ 606ff. ZPO) ist das Verfahren in Ehesachen. Der E.
ist eine besondere Art des →Zivilprozesses für Klagen auf
Ehescheidung, auf Eheaufhebung, auf Feststellung des Bestehens
oder Nichtbestehens einer Ehe oder auf Herstellung der ehelichen
→Lebensgemeinschaft. Zuständig ist ausschließlich das
→Familiengericht, wobei der Verhandlungsgrundsatz zugunsten des
→Untersuchungsgrundsatzes eingeschränkt ist und Angriffs- und
Verteidigungsmittel in weiterem Umfang als nach den allgemeinen
Vorschriften zuzulassen sind.
Lit.: Bergerfurth, B., Der Ehescheidungsprozess, 13. A. 2002
Eherecht ist die Gesamtheit der die →Ehe betreffenden Rechtssätze.
Das E. ist ein Teil des →Familienrechts. Es ist im Bürgerlichen
Gesetzbuch (§§ 1303ff.) geregelt. Es umfasst hauptsächlich die
Ehefähigkeit, die Eheverbote, die Eheschließung, die Eheaufhebung,
die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen, das Ehegüterrecht und die
Ehescheidung (mit Unterhalt und Versorgungsausgleich). Die
Verpflichtungen nach dem kirchlichen Recht werden durch das
weltliche E. nicht berührt (§ 1588 BGB).
Lit.: Johannsen, K./Henrich, D., Eherecht, 4. A. 2003; Gernhuber, J./Coester-Waltjen, D.,
Lehrbuch des Familienrechts, 4. A. 1994; Bergerfurth, B., Das Eherecht, 10. A. 1993; Münch, E. v.,
Ehe- und Familienrecht, 15. A. 2002
Ehescheidung (§§ 1564ff. BGB) ist die Auflösung der →Ehe durch
→Urteil aus Gründen, die nach der Eheschließung eingetreten sind.
Die E., die im →Eheprozess durchgeführt werden muss, kann auf
Antrag eines →Ehegatten oder beider Ehegatten erfolgen. Eine Ehe
kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist (Aufgabe des
→Verschuldensprinzips zugunsten des →Zerrüttungsprinzips), d. h.
die →Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht
erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Das
Scheitern der Ehe wird unwiderlegbar vermutet, wenn die Ehegatten
seit einem Jahr →getrennt leben und beide Ehegatten die E.
beantragen bzw. der Antragsgegner der E. zustimmt oder wenn die
Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben (beachte aber die
Härteklauseln der §§ 1565 I, 1568 BGB). Mit Rechtskraft des
Ehescheidungsurteils ist die Ehe in personenrechtlicher und
vermögensrechtlicher Hinsicht aufgelöst (z. B. ist der Güterstand
beendet und kann jeder bisherige Ehegatte neu heiraten). Die E. hat
einen →Unterhaltsanspruch eines Ehegatten gegen den andern zur
Folge, wenn ein Ehegatte nach der E. nicht selbst für seinen Unterhalt
sorgen kann (§§ 1569ff. BGB). Während der Ehezeit begründete oder
aufrechterhaltene →Anwartschaften oder Aussichten auf eine
→Versorgung wegen Alters, →Berufsunfähigkeit oder
→Erwerbsunfähigkeit sind bei Fehlen einer anderweitigen
Vereinbarung auszugleichen (→Versorgungsausgleich,
Rentensplitting §§ 1587ff. BGB). Die elterliche →Sorge für ein
gemeinschaftliches Kind wird auf Antrag einem Elternteil –
grundsätzlich auf gemeinsamen Vorschlag der Eltern – durch das
→Familiengericht zugesprochen (§ 1671 BGB). Der geschiedene
Ehegatte behält grundsätzlich den →Ehenamen (§ 1355 V 1 BGB).
Das katholische und anglikanische →Kirchenrecht lassen die E. im
Grundsatz nicht zu (Ehescheidungen in Deutschland 192438 und in
England und Wales 147000 [1998].)
Lit.: Schwab, D., Handbuch des Scheidungsrechts, 4. A. 2000; Göppinger, H./Börger, U.,
Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung, 7. A. 1998; Bergerfurth, B., Der
Ehescheidungsprozess, 13. A. 2002; Henrich, D., Internationales Scheidungsrecht, 1998;
Heintschell-Heinegg, B. v./Gerhardt, P., Materielles Scheidungsrecht, 5. A. 1998; Münch, E. v., Die
Scheidung nach neuem Recht, 11. A. 2002; Scheidung und nachehelicher Unterhalt im
europäischen Vergleich, hg. v. Hofer, S. u. a., 2003; Schwab, D./Görtz-Leible, M., Meine Rechte bei
Trennung und Scheidung, 4. A. 2004; Grobshäuser, U./Herrmann, J., Steuerliche
Gestaltungsmöglichkeiten bei Trennung und Ehescheidung, 2004
Eheschließung (§§ 1310ff. BGB) ist die Vereinbarung der Eingehung
der →Ehe. Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die
Eheschließenden vor dem Standesbeamten persönlich und bei
gleichzeitiger Anwesenheit – ohne Bedingung oder Zeitbestimmung –
erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Von der weltlichen
E. ist die kirchenrechtliche, nach kirchlichem Recht erforderliche E.
zu trennen, die der weltlichen E. grundsätzlich nicht vorangehen darf
(§ 67 PStG, Ordnungswidrigkeit des Trauenden).
Lit.: Wagenitz, T./Bornhofen, H., Handbuch des Eheschließungsrechts, 1998
Ehestörung ist die Störung der ehelichen →Lebensgemeinschaft,
insbesondere ihres räumlich-gegenständlichen Bereiches, als eines
absoluten Rechts durch einen Dritten (z. B. Eindringen der Geliebten
des Manns in die Ehewohnung). Gegen sie besteht ein
Störungsabwehranspruch. Inwieweit →Schadensersatzansprüche
erwachsen, ist umstritten.
Lit.: Palandt, BGB
Eheverbot (§§ 1306ff. BGB) ist die Vorschrift, die bei Vorliegen
bestimmter Umstände die →Eheschließung verbietet. Soweit es
trennendes E. ist, begründet es →Eheaufhebbarkeit (z. B.
Verwandtschaft, Doppelehe). Vom E. der Annahme als Kind kann das
Familiengericht auf Antrag Befreiung erteilen (§ 1308 BGB). Dem E.
entspricht im →Kirchenrecht das →Ehehindernis.
Lit.: Schwab, D., Familienrecht, 12. A. 2003
Ehevermittler →Ehevermittlung
Ehevermittlung (Heiratsvermittlng) ist der auf den Nachweis oder
die Vermittlung eines Ehepartners gerichtete →Vertrag
(Dienstvertrag mit Sonderregeln) zwischen einem Ehevermittler und
einem andern Menschen. Durch das Versprechen des Lohns wird
keine →Verbindlichkeit begründet (§ 656 I 1 BGB), doch kann das
auf Grund des Versprechens Geleistete nicht deswegen
zurückgefordert werden (§ 656 I 2 BGB), weshalb Ehevermittler
Vorauszahlungen anstreben. Dies gilt für
Partnerschaftsvermittlungsverträge entsprechend.
Lit.: Börstinghaus, U., Das Recht der Partnerschaftsvermittlung, 1995
Ehevertrag (§ 1408 BGB) ist der →Vertrag, durch den Ehegatten
ihre güterrechtlichen Verhältnisse und auch den Ausschluss des
Versorgungsausgleichs regeln können (nicht z. B. Kindererziehung,
Unterhalt). Der E. kann vor oder nach der →Eheschließung bei
gleichzeitiger – nicht notwendig persönlicher – Anwesenheit vor
einem →Notar geschlossen werden. Dritten gegenüber hat der E.
grundsätzlich nur im Fall der Eintragung im →Güterrechtsregister
Wirkung.
Lit.: Langenfeld, G., Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, 4. A. 2000;
Langenfeld, G., Der Ehevertrag, 10. A. 2002; Kanzleiter, R., Vereinbarungen unter Ehegatten, 6. A.
2001; Brambring, G., Ehevertrag, 5. A. 2003; Tzschaschel, H., Eheverträge, 5. A. 2000
Ehre ist der innere und äußere Wert eines Menschen, seine Würde
und Geltung innerhalb der menschlichen Gesellschaft. Die Verletzung
der Ehre ist strafbar (§§ 185ff. StGB) und führt in der Form der
Verletzung eines →Schutzgesetzes bzw. der Verletzung des
allgemeinen →Persönlichkeitsrechts auch zu einem
→Schadensersatzanspruch aus unerlaubter →Handlung. Gegenüber
einer →Störung der E. besteht ein Störungsabwehranspruch
(Beseitigungsanspruch, Unterlassungsanspruch).
Lit.: Kübler, F., Ehrenschutz, NJW 1999, 1281; Siebrecht, I., Der Schutz der Ehre im Zivilrecht,
JuS 2001, 337
Ehrenamt ist das unentgeltlich wahrgenommene hoheitliche →Amt.
→Ehrenbeamter
Lit.: Roth, R., Das Ehrenamt, 1997
Ehrenbeamter (§ 3 II BRRG) ist ein Mensch, der ein hoheitliches
→Amt ohne →Dienstbezüge und →Versorgungsansprüche (neben
einem ausgeübten Beruf) wahrnimmt. Der E. ist →Beamter. Ihm wird
eine Ernennungsurkunde ausgehändigt und für ihn gelten mit den
erforderlichen Abweichungen die Beamtengesetze. E. finden sich vor
allem im →Kommunalrecht (z. B. Bürgermeister, Beigeordnete).
Daneben können andere amtliche Tätigkeiten ehrenamtlich ausgeübt
werden, ohne dass der Betreffende E. ist (z. B. Schöffe).
Lit.: Peine, F./Heinlein, D., Beamtenrecht, 2. A. 1999
Ehrendoktor →Doctor
Ehrengericht ist das staatliche →Gericht über
Standesangelegenheiten bestimmter →Berufe (z. B. →Rechtsanwalt
§§ 116ff. BRAO, Arzt).
Ehrenrecht ist das mit besonderer persönlicher Wertschätzung
verbundene →Recht (z. B. Wahlrecht). § 45 StGB lässt eine
eingeschränkte Aberkennung bzw. einen Verlust von Rechten
(→Amtsfähigkeit, Wählbarkeit, Stimmrecht) als Folge einer
Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu.
Lit.: Lackner/Kühl, StGB
Eid ist die Anrufung einer Macht als Zeugen für die Wahrheit einer
Aussage. Der im Verfahrensrecht vielfach verlangte E. (z. B. § 59
StPO, u. a. →Zeugeneid, →Sachverständigeneid, →Parteieid,
→Offenbarungseid) ist mit den Worten ich schwöre, so wahr mir
Gott helfe oder ich schwöre es zu leisten. Wer vor →Gericht oder vor
einer andern zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle (vorsätzlich)
falsch schwört, wird bestraft (§ 154 StGB; →Meineid).
→Versicherung an Eides Statt
Lit.: Haller, K., Der Eid im Strafverfahren, 1998
Eideshelfer (Eidhelfer) ist nach neuzeitlicher Wissenschaftssprache
im frühmittelalterlichen deutschen Recht ein Mensch, der schwört,
dass ein Eid eines Eidesleistenden rein – und nicht mein – sei, der
also zur Glaubhaftigkeit eines Menschen, nicht zu der von diesem
erklärten Aussage Stellung nimmt und deswegen nicht →Zeuge ist.
Lit.: Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 3. A. 1999
eidesmündig →Eidesmündigkeit
Eidesmündigkeit (§§ 393 ZPO, 60 Nr. 1 StPO) ist die altersbedingte
und geistesbedingte Berechtigung, einen →Eid zu leisten
(Vollendung des 16. Lebensjahrs, genügende Vorstellung von der
Bedeutung des Eids).
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
eidesstattlich (Adj.) an der Stelle eines Eids stehend
eidesstattliche Versicherung →Versicherung
Eigenbedarf ist der Nutzungsbedarf des Eigentümers an einer Sache.
Lit.: Burow, P., Die Eigenbedarfskündigung, 1997
Eigenbesitz →Eigenbesitzer
Eigenbesitzer (§ 872 BGB) ist der eine →Sache als ihm gehörig
besitzende →Besitzer (→Besitz) wie z. B. der Dieb. Der E. wird vor
allem beim Erwerb von Sachenrechten besonders behandelt (§§ 900,
927, 937ff., 958 BGB). Ihm steht der Fremdbesitzer (z. B. Mieter)
gegenüber.
Lit.: Ernst, W., Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, 1992
Eigenbetrieb ist das wirtschaftliche, grundsätzlich auf
Gewinnerzielung angelegte →Unternehmen einer →Gemeinde (z. B.
Stadtwerke), das keine eigene Rechtspersönlichkeit hat. Der E. ist ein
nichtrechtsfähiges, organisatorisch verselbständigtes
→Sondervermögen (eigene Buchführung, eigener Wirtschaftsplan).
Er kann zu seinen Benutzern in öffentlich-rechtlich oder
privatrechtlich geregelte Beziehungen treten. Bestimmungen über den
E. enthalten →Gemeindeordnungen und die Eigenbetriebsverordnung
bzw. Eigenbetriebsgesetze. Der E. ist zu unterscheiden von der
→Eigengesellschaft, vom nichtwirtschaftlichen Unternehmen der
Gemeinde und vom →Regiebetrieb.
Lit.: Zeiss, F., Das Recht der gemeindlichen Eigenbetriebe, 4. A. 1993; Cronauge, U., Kommunale
Unternehmen, 2. A. 1995; Gern, A., Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden außerhalb des
Gemeindegebiets, NJW 2002, 2593; Bolsenkötter, H./Dau, H./Zuschlag, E., Gemeindliche
Eigenbetriebe und Anstalten, 5. A. 2004
eigener Wirkungskreis →Wirkungskreis, eigener
Eigengeschäftsführung (§ 687 BGB) ist im Schuldrecht die
Besorgung eines objektiv fremden →Geschäfts als eigenes Geschäft.
Sie ist unerlaubte E., wenn der Handelnde weiß, dass er dazu nicht
berechtigt ist (§ 687 II BGB), und irrtümliche E., wenn der
Handelnde das Geschäft in der Meinung besorgt, dass es sein eigenes
sei (§ 687 I BGB). Im ersten Fall finden die Regeln über die
→Geschäftsführung ohne Auftrag teilweise Anwendung, im zweiten
dagegen keine Anwendung.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Eigengesellschaft ist das wirtschaftliche Unternehmen einer
→Gemeinde, das in der Rechtsform einer privatrechtlichen
rechtsfähigen →Gesellschaft betrieben wird (z. B. Salzgitter AG).
Lit.: Parmentier, M., Gläubigerschutz in öffentlichen Unternehmen, 2000
eigenhändig (Adj.) mit eigener Hand →Delikt, Testament
Eigenheim (§ 20 I 1. WobauG) ist das im →Eigentum eines oder
mehrerer Menschen stehende →Grundstück mit einem
Wohngebäude, das nicht mehr als zwei →Wohnungen enthält, von
denen eine zum Bewohnen durch den Eigentümer oder seine
Angehörigen bestimmt ist.
Lit.: Wacker, R., Eigenheimzulagengesetz, 3. A. 2001
Eigenjagdbezirk (§ 7 I BJagdG) ist die zusammenhängende
Grundfläche mit einer landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder
fischereiwirtschaftlich nutzbaren Fläche von mindestens 75 Hektar,
die sich im →Eigentum ein und derselben Person oder einer
Personengemeinschaft befindet. Der E. ist ein besonderer
→Jagdbezirk, der im Gegensatz zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk
steht. In einem E. ist der Eigentümer jagdausübungsberechtigt.
Lit.: Lorz, A., Bundesjagdgesetz, 2. A. 1991
Eigenkapital ist das dem Inhaber des Unternehmens gehörende
→Kapital einschließlich der Rücklagen. Das E. steht im Gegensatz
zum →Fremdkapital. Möglich ist das E. ersetzende →Darlehen und
die E. ersetzende Nutzungsüberlassung.
Lit.: Barth, W., Der Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechts, 2001
Eigenkapital ersetzendes Darlehen →Darlehen,
eigenkapitalersetzendes
Eigenkirche ist nach herrschender Ansicht im frühmittelalterlichen
Kirchenrecht die einem (vielfach weltlichen) Grundherrn gehörige
Kirche.
Lit.: Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 5. A. 1972
Eigenmacht (§ 858 BGB) ist die Entziehung oder Störung des
→Besitzes des unmittelbaren Besitzers. Sie ist, sofern das Gesetz sie
nicht gestattet, widerrechtlich (verbotene E.) und löst Ansprüche aus
→Besitzschutz aus. Der durch verbotene E. erlangte Besitz ist
fehlerhaft (§ 858 II 1 BGB).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Eigenschaft eines Gegenstands bzw. einer Person ist allgemein die
ihm bzw. ihr anhaftende Besonderheit oder das ihm bzw. ihr
anhaftende Merkmal. E. einer →Sache ist jedes Verhältnis, das wegen
seiner Art und Dauer nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf
Wertschätzung oder Brauchbarkeit der Sache auszuüben pflegt (nicht
der Preis der Sache selbst). Nach § 119 BGB kann, wer bei der
Abgabe einer →Willenserklärung über eine verkehrswesentliche E.
im →Irrtum war, die Erklärung anfechten. Nach § 434 III BGB
gehören zur üblichen Beschaffenheit einer Sache auch Eigenschaften,
die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen (z. B. Werbung,
Kennzeichnung) des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen
erwarten kann.
Lit.: Palandt, BGB
Eigentum ist im Verfassungsrecht (Art. 14 GG) jede vermögenswerte
privatrechtliche Rechtsposition (also auch Rechte [Forderungen])
sowie jede öffentlich-rechtliche Rechtsposition, die überwiegend das
Äquivalent eigener Leistung d. h. des Einsatzes eigener →Arbeit oder
eigenen →Kapitals ist (u. a. auch das Besitzrecht des Mieters an einer
Mietwohnung oder der Auskunftsanspruch des Aktionärs gegen den
Vorstand der Aktiengesellschaft in der Hauptversammlung). E. ist seit
der Verfassungsgebung durch die →Verfassung garantiert, allerdings
nur innerhalb bestimmter Schranken (z. B. baurechtliche Gesetze, die
ihrerseits zumutbar sein müssen und z. B. bei Denkmalsschutz nicht
die Nutzung gänzlich ausschließen dürfen). Der obrigkeitliche Entzug
von E. ist nur zum Wohl der →Allgemeinheit, auf Grund eines
→Gesetzes und gegen →Entschädigung zulässig (→Enteignung). Im
Sachenrecht ist E. das →Recht, mit einer →Sache – grundsätzlich –
nach Belieben zu verfahren (z. B. benutzen, verbrauchen, belasten,
veräußern, Schranken ergeben sich aus § 903 BGB, der Verfassung,
sonstigem öffentlichem Recht [z. B. Pflicht zur Duldung der
Pflanzung eines Baums an einer öffentlichen Straße], Treu und
Glauben, Nachbarrecht und den beschränkten dinglichen Rechten)
und andere von jeder Einwirkung auszuschließen (§ 903 BGB). Das
E. ist gegen Störungen geschützt (§ 1004 BGB Beseitigungsanspruch,
Unterlassungsanspruch, vgl. §§ 242ff. StGB). Seine Verletzung (z. B.
Beschädigung eines Kraftfahrzeugs, Verbindung einwandfreier Teile
eines Herstellers mit mangelhaften Teilen eines Zulieferers zu einer
neuen Sache) begründet Schadensersatzansprüche nach den §§ 823ff.
BGB. Der Eigentümer kann auf Grund des Eigentums grundsätzlich
die betreffende Sache herausverlangen (§§ 985ff. BGB). E. in diesem
Sinn steht dem →Besitz und den beschränkten dinglichen →Rechten
gegenüber. Erwerb, Schutz und Verlust des Eigentums sind in den §§
873ff. BGB (getrennt nach unbeweglichen Sachen und beweglichen
Sachen) geregelt. Arten des Eigentums sind neben dem
Alleineigentum das →Gesamthandseigentum und das →Miteigentum
(Bruchteilseigentum) sowie das →Sicherungseigentum. Losgelöst
vom körpergebundenen Sachenrechtsbegriff des Bürgerlichen
Gesetzbuchs wird auch von geistigem E. gesprochen.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Geistiges Eigentum und Kultur, hg. v. Schwarze, J. u. a., 1998;
Jarass, H., Inhalts- und Schrankenbestimmung oder Enteignung?, NJW 2000, 2841; Armbrüster,
C., Eigentumsschutz, NJW 2003, 3087
Eigentümergrundschuld (§ 1196 BGB) ist die dem →Eigentümer
an seinem eigenen →Grundstück zustehende →Grundschuld. Die E.
entsteht entweder ursprünglich – durch einseitige Erklärung im
Grundbuch und Eintragung gegenüber dem Grundbuchamt – oder
abgeleitet (durch Umwandlung einer →Eigentümerhypothek, der
keine gesicherte Forderung mehr zugrunde liegt sowie durch Zahlung
auf die Grundschuld, § 1177 BGB). Aus ihr kann der Inhaber nicht
die →Zwangsvollstreckung in sein eigenes Grundstück betreiben.
Lit.: Schwab, K./Prütting, H., Sachenrecht, 31. A. 2003; Rein, A., Die Verwertbarkeit der
Eigentümergrundschuld, 1994
Eigentümerhypothek (§ 1163 BGB) ist die dem →Eigentümer an
seinem →Grundstück zustehende →Hypothek. Die E. entsteht vor
allem, wenn der Eigentümer des Grundstücks an den
Hypothekengläubiger zahlt (§§ 1143 I, 1153 I, 1177 BGB bzw. §
1163 I 2 BGB, nachträgliche E.). Leistet der Schuldner, so entsteht
für den Eigentümer regelmäßig eine →Eigentümergrundschuld (§§
1163 I 2, 1177 I BGB), da der Eigentümer die Hypothek dann ohne
Forderung erwirbt und eine Hypothek ohne Forderung nicht bestehen
kann. Die E. ist vorläufige E., so lange die zu sichernde Forderung
mangels Valutierung (noch) nicht entstanden ist oder der
Hypothekenbrief einer →Briefhypothek dem Gläubiger noch nicht
übergeben ist (Fall ursprünglicher E.). Sie wandelt sich auch hier in
eine Eigentümergrundschuld um (§§ 1163 I, 1177 BGB).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Eigentümer – nichtberechtigter Besitzer – Verhältnis (§§ 987ff.
BGB) ist das gesetzliche →Schuldverhältnis (str.) zwischen dem
→Eigentümer einer Sache und einem →Besitzer, dem kein
Besitzrecht zusteht (sog. →Vindikationslage). Der Eigentümer kann
vom Besitzer Ersatz von →Nutzungen (§§ 987ff. BGB) und
→Schäden (§§ 989ff. BGB), der Besitzer vom Eigentümer Erstattung
von →Verwendungen (§§ 994ff. BGB) verlangen. Dabei wird im
Einzelnen unterschieden zwischen dem gutgläubigen Besitzer und
dem bösgläubigen Besitzer, dem verklagten Besitzer und dem
unverklagten Besitzer, dem unentgeltlichen Besitzer und dem
entgeltlichen Besitzer sowie dem deliktischen Besitzer und dem
nichtdeliktischen Besitzer. Die §§ 987ff. BGB verdrängen in weitem
Umfang andere Ansprüche (z. B. aus den §§ 812ff., 823ff. BGB,
→Fremdbesitzerexzess).
Lit.: Roth, H., Das Eigentümer-Besitzerverhältnis, JuS 2003, 937; Ebenroth, C./Zeppernick, J.,
Nutzungs- und Schadensersatzansprüche, JuS 1999, 209
Eigentumsaufgabe (§§ 959, 928 BGB) ist der – rechtsgeschäftliche –
→Verzicht auf das →Eigentum (→Dereliktion). Die E. erfolgt bei
beweglichen Sachen durch Besitzaufgabe mit
Eigentumsverzichtswillen bzw. bei unbeweglichen Sachen durch
Verzichtserklärung gegenüber dem Grundbuchamt und Eintragung
der Verzichtserklärung in das Grundbuch. Mit der E. ist die Sache
grundsätzlich herrenlos (eigentümerlos) und steht zu neuem
ursprünglichem Eigentumserwerb zur Verfügung.
Lit.: Wolf, Sachenrecht
Eigentumsbindung ist die Beschränkung der Herrschaftsmacht des
→Eigentümers. Nach § 903 BGB wird das Belieben des Eigentümers
durch das Gesetz und die Rechte Dritter beschränkt. Darüber hinaus
unterliegt das Eigentum nach Art. 14 GG der →Sozialbindung.
Lit.: Rozek, J., Die Unterscheidung von Eigentumsbindung und Enteignung, 1998
Eigentumserwerb (§§ 873ff. BGB) ist die Erlangung des
→Eigentums an einer Sache. Der E. kann ursprünglich bzw. originär
(in der Gegenwart selten) oder abgeleitet bzw. derivativ (in der
Gegenwart häufig) sein. Er erfolgt bei Grundstücken – ursprünglich
durch Eintragung in das Grundbuch (§ 928 II BGB) oder – abgeleitet
grundsätzlich durch →Einigung (→Auflassung) über die
Rechtsänderung und →Eintragung der Rechtsänderung in das
→Grundbuch (§ 873 BGB). Bei beweglichen Sachen vollzieht sich
der abgeleitete E. durch →Einigung und →Übergabe (§ 929 S. 1
BGB) oder →Übergabesurrogat (§§ 929 S. 2ff. BGB, Vereinbarung
eines →Besitzmittelungsverhältnisses, →Abtretung des
→Herausgabeanspruchs), der ursprüngliche E. vor allem durch
→Ersitzung (§§ 937ff. BGB), →Verbindung, →Vermischung,
→Verarbeitung (§§ 946ff. BGB) und →Aneignung (§§ 958ff. BGB).
Daneben erfolgt E. durch →Gesamtnachfolge (z. B. Erbfolge) oder
Hoheitsakt (z. B. →Enteignung des bisherigen Eigentümers
zugunsten des neuen Eigentümers).
Lit.: Weber, R., Der rechtsgeschäftliche Erwerb des Eigentums, JuS 1998, 577
Eigentumsherausgabeanspruch (§ 985 BGB, [lat.] rei vindicatio
[F.]) ist der Anspruch des →Eigentümers gegen den →Besitzer auf
→Herausgabe der Sache (z. B. Rückgabe der Mietwohnung nach der
Mietzeit), der allerdings nur durchdringt, wenn der Besitzer kein
Besitzrecht (z. B. Anwartschaftsrecht, Miete, Zurückbehaltungsrecht)
hat (§ 986 BGB).
Lit.: Palandt, BGB
Eigentumsstörung (§ 1004 BGB) ist die (rechtswidrige)
→Beeinträchtigung des Eigentums in anderer Weise als durch
Entziehung oder Vorenthaltung des →Besitzes (z. B. starker Lärm).
Bei E. kann der Eigentümer grundsätzlich →Beseitigung oder
→Unterlassung verlangen. Ist die E. auch unerlaubte →Handlung,
kommt ein →Schadensersatzanspruch in Betracht (§§ 823 I, 823 II
BGB i. V. m. § 303 StGB, 826 BGB).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Mertens, H., Zum Inhalt des Beseitigungsanspruchs aus § 1004
BGB, NJW 1972, 1783
Eigentumsübertragung →Eigentumserwerb, →Eigentumsverlust
Eigentumsverlust →Eigentumserwerb, →Eigentumsaufgabe
Eigentumsvermutung ist die gesetzliche →Vermutung des
→Eigentums (z. B. bei Besitz einer beweglichen Sache § 1006 BGB,
bei Besitz einer Sache eines oder beider Ehegatten § 1362 BGB).
Lit.: Jauernig, BGB
Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB) ist der einer →Einigung über den
Eigentumsübergang beigefügte Vorbehalt des →Eigentümers einer
beweglichen →Sache (nicht Grundstück, vgl. § 925 II BGB) im
Rahmen eines →Rechtsgeschäfts, das Eigentum nicht sofort, sondern
erst bei Eintritt einer (weiteren) Bedingung (z. B. Kaufpreiszahlung)
auf den Erwerber übergehen zu lassen. Wird im schuldrechtlichen
Rechtsgeschäft (z. B. Kauf) vereinbart, dass der Eigentümer nur unter
E. übereignen soll, so ist er nur zur bedingten →Übereignung
verpflichtet. Fehlt eine solche Vereinbarung, erklärt der Eigentümer
aber gleichwohl spätestens bei der Übereignung (Einigung) einen E.,
so handelt er zwar schuldrechtlich vertragswidrig (vertragswidriger
E.), doch kann der Erwerber bei Annahme des entsprechenden
Angebots nur bedingtes Eigentum erlangen (vgl. auch § 449 BGB).
Der E. dient vor allem der Sicherung der Kaufpreisforderung des
Verkäufers oder anderer Forderungen (Kontokorrentvorbehalt,
Konzernvorbehalt, erweiterter E.). Bei verwickelteren Geschäften
geschieht diese in drei Sonderformen. Davon liegt der
nachgeschaltete E. vor, wenn der Käufer, ohne den E. offen zu legen,
die Sache seinerseits unter (eigenem) E. weiterverkauft. Beim
weitergeleiteten E. verpflichtet sich der Käufer dem Verkäufer
gegenüber, die unter E. gekaufte Sache nur in der Weise weiter zu
übereignen, dass der Verkäufer Vorbehaltseigentümer bleibt. Der
verlängerte E. ist gegeben, wenn Verkäufer und Käufer vereinbaren,
dass an Stelle der betroffenen Sache bzw. des Eigentumsvorbehalts,
wenn dieser (z. B. durch Weiterveräußerung, Verbindung,
Verarbeitung) erlischt, die neue Sache oder die daraus entstehende
Forderung treten soll.
Lit.: Serick, R., Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. 1ff. 1963ff.; Serick, R.,
Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung. Neue Rechtsentwicklungen, 2. A. 1993; Strauch,
J., Der Eigentumsvorbehalt bei Warenlieferungen in das Ausland, 7. A. 1997; Schulz, M., Der
Eigentumsvorbehalt in europäischen Rechtsordnungen, 1998; Köster, T., Stillschweigende
Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts, JuS 2000, 22; Leible, S./Sosnitza, O.,
Grundfälle zum Recht des Eigentumsvorbehalts, JuS 2001, 244; Bonin, B., Probleme des
vertragswidrigen Eigentumsvorbehalts, JuS 2002, 438; Habersack, M./Schürnbrand, J., Der
Eigentumsvorbehalt nach der Schuldrechtsreform, JuS 2002, 833
Eigentumswohnung →Wohnungseigentum
Lit.: Seuß, Die Eigentumswohnung, 11. A. 2000; Die
Eigentumswohnung, hg. v. Deckert, W., 2001
Einbenennung (§§ 1618 BGB, 31a PStG) →Namenserteilung
Lit.: Engler, H., Der Familienname des nichtehelichen Kindes, FamRZ 1971, 76
Einbrechen (§ 243 I Nr. 1 StGB) ist das gewaltsame, aber nicht
notwendigerweise substanzverletzende Öffnen einer den Zutritt
verwehrenden Umschließung von Außen. Das E. ist eine der
möglichen Voraussetzungen eines besonders schweren Falls des
→Diebstahls. Es ist zugleich →Hausfriedensbruch.
Lit.: Haft, Strafrecht Besonderer Teil
Einbringen von →Sachen (§§ 562, 701 BGB) ist der rein
tatsächliche Vorgang des gewollten Hineinschaffens beweglicher
Sachen in die Mieträume bzw. Beherbergungsräume. An den
eingebrachten Sachen des Mieters entsteht ein gesetzliches
→Pfandrecht des →Vermieters für seine →Forderungen aus dem
Mietverhältnis. Ebenso hat ein Gastwirt, der gewerbsmäßig Fremde
zur Beherbergung aufnimmt, an den eingebrachten Sachen des Gasts
für seine Forderungen für Wohnung und andere dem Gast zur
Befriedigung seiner Bedürfnisse gewährte Leistungen ein Pfandrecht
(§ 704 BGB), muss aber auch den an ihnen entstandenen Schaden
ersetzen (§ 701 BGB).
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Einbürgerung (§ 3 StAG) ist der staatliche Hoheitsakt, durch den
einem →Ausländer auf Antrag die inländische →Staatsangehörigkeit
verliehen wird. Die E. ist ein an sich im Ermessen der Behörde
stehender →Verwaltungsakt. Sie setzt Niederlassung im Inland,
unbeschränkte →Geschäftsfähigkeit, Unbescholtenheit sowie
Sicherstellung des Lebensunterhalts voraus. Seit 2000 hat der seit acht
Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habende Ausländer
bei Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich einen Anspruch auf
E., sofern er ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache hat,
wozu er einen deutschsprachigen Text des täglichen Lebens (z. B.
Zeitungsartikel) lesen, verstehen und mündlich wiedergeben können
muss, und nicht Bestrebungen unterstützt, die sich gegen die
freiheitlich demokratische Grundordnung richten. Nach sechs Jahren
ist eine E. möglich, wenn der Einbürgerungswillige eine
völkerrechtliche Stellung hat, welche die E. empfiehlt (z. B.
Asylberechtigter).
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Eindringen (§ 176a I Nr. 1 StGB) ist sowohl das E. in den Körper des Opfers wie auch
das E. in den Körper des Täters.
Einfuhr (F.) Import
Lit.: Kareseit, J., Deutschland/Europäische Union – gewerbliche
Wareneinfuhren, 1998
Einführungsgesetz (EG) ist das der Einführung eines
(umfassenderen) Gesetzes dienende →Gesetz (z. B. EGBGB), das vor
allem Übergangsvorschriften enthält.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Eingabe (F.) Bitte, Anregung, Antrag
Eingehungsbetrug ist der →Betrug, bei dem die Täuschung zur
Eingehung einer schuldrechtlichen Bindung führt und der Schaden im
Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung gerade in Bezug auf
den Getäuschten besteht (z. B. A verkauft B einen Gegenstand, der
entgegen seiner Angabe aus einem geringerwertigen Material besteht
und daher seinen Preis nicht wert ist).
Lit.: Lackner/Kühl, StGB; Lenckner, T., Vermögensschaden und -gefährdung beim
Eingehungsbetrug, JZ 1971, 320
eingerichteter Gewerbebetrieb →Gewerbebetrieb
eingeschränkte Schuldtheorie →Schuldtheorie, eingeschränkte
eingetragen (Adj.) in ein Verzeichnis aufgenommen
eingetragene Genossenschaft →Genossenschaft, eingetragene
eingetragener Verein →Verein, eingetragener
Eingriff ist das auf einen andern in dessen ursprünglichen
Zuständigkeitsbereich einwirkende Verhalten einer Person. Im
Verwaltungsrecht ist E. eine Beschränkung der Rechte und Freiheiten
des Bürgers durch den Staat bzw. die Verwaltung
(→Eingriffsverwaltung z. B. Steuer, Platzverweis, Durchsuchung,
Verlangen einer Unterschriftsliste aller Teilnehmer einer
Lehrveranstaltung eines Lehrveranstaltungsleiters durch einen andern
Lehrveranstaltungsleiter in Form einer dienstlichen Weisung). Jeder
E. des Staats in die Freiheit des Einzelnen bedarf einer gesetzlichen
Grundlage. Enteignungsgleicher E. ist im Verwaltungsrecht ein
rechtswidriger hoheitlicher Eingriff, der, wäre er rechtmäßig,
→Enteignung wäre (z. B. rechtswidrige Versagung einer
Grundstückteilungsgenehmigung). Er ist also eine →Beeinträchtigung
geschützter Rechtspositionen, die alle Voraussetzungen einer
Enteignung erfüllt, außer dass sie nicht rechtmäßig ist. Da schon bei
der (rechtmäßigen) Enteignung eine Entschädigung zu leisten ist, ist
bei dem rechtswidrigen enteignungsgleichen Eingriff erst recht
(analog Art. 14 III GG) eine →Entschädigung zu entrichten.
→Staatshaftung
Lit.: Ossenbühl, F., Enteignungsgleicher Eingriff im Wandel – BGH NJW 1987, 1945, JuS 1988,
193; Roth, G., Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, 1994; Kay, W./Böcking, R.,
Allgemeines Verwaltungs- und Eingriffsrecht, 1996; Kraft, H./Kay, W., Eingriffsmaßnahmen der
Polizei, 3. A. 2000; Benfer, J., Rechtseingriffe von Polizei und Staatsanwaltschaft, 2. A. 2001;
König, J., Eingriffsrecht, 2. A. 2001
Eingriffskondiktion ist der auf einem Eingriff des
Bereicherungsschuldners in das Vermögen des
Bereicherungsgläubigers beruhende →Bereicherungsanspruch (z. B.
Verbrauch fremder Sachen). →Nichtleistungskondiktion
Lit.: Wieling, H., Bereicherungsrecht, 2. A. 1999; Ellger, R., Bereicherung durch Eingriff, 2002
Eingriffsverwaltung ist die →Verwaltung, die zur Erhaltung der
öffentlichen →Sicherheit und Ordnung in die Rechte und Freiheiten
des Bürgers eingreift (z. B. Abriss eines baufälligen Hauses). Ihr
Gegensatz ist die →Leistungsverwaltung. Der Eingriff der E. bedarf
einer gesetzlichen Grundlage.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Kay, W./Böcking, R., Allgemeines Verwaltungs- und
Eingriffsrecht, 3. A. 2002
Einheitliche Europäische Akte →Europäische Akte
Einheitliches Kaufrecht ist das grundsätzlich auf Kaufverträge über
bewegliche Sachen zwischen Parteien mit Niederlassungen in
verschiedenen Vertragsstaaten des Haager
Kaufrechtsübereinkommens (vom 1. 7. 1964) anwendbare, jedoch
praktisch weitgehend erfolglos gebliebene Recht. →Einheitliches
UN-Kaufrecht
Lit.: Dölle, H., Kommentar zum Einheitlichen Kaufrecht, 1976; Mertens/Rehbinder, Internationales
Kaufrecht, 1975
Einheitliches UN-Kaufrecht ist das durch das Wiener CISGÜbereinkommen geschaffene Kaufrecht. Ihm hat der Bundestag durch
Gesetz vom 5. 7. 1989 zugestimmt. Am 1. 1. 1991 trat es in Kraft.
Lit.: Caemmerer, E. v./Schlechtriem, P., Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht (CISG), 3.
A. 2000
Einheitlichkeitswille →Nichtigkeit
Einheitsfreiheitsstrafe (§ 38 StGB) ist die an die Stelle der früheren
verschiedenen Freiheitsstrafen (Zuchthaus, Gefängnis, Einschließung,
Haft) getretene →Freiheitsstrafe.
Lit.: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch; Schmidhäuser, E., Vom Sinn der Strafe, 2. A. 1971
Einheitsstrafe (§ 31 JGG) ist die einheitliche →Strafe für mehrere
Straftaten →Jugendlicher. Sie steht im Gegensatz zu der sonst im
Strafrecht bei →Tatmehrheit auf Grund von Einzelstrafen gebildeten
→Gesamtstrafe. Bei der E. dürfen die gesetzlichen Höchstgrenzen der
Strafe nicht überschritten werden.
Lit.: Eisenberg, U., Jugendgerichtsgesetz, 10. A. 2004
Einheitstäter ist im Recht der →Ordnungswidrigkeiten jeder, der
einen ursächlichen Beitrag zur Tatbestandsverwirklichung geliefert
hat. Demgegenüber unterscheidet das Strafrecht zwischen →Täter
und →Teilnehmer. Andererseits macht auch im Schuldrecht § 830
BGB jeden, der einen →Schaden durch eine unerlaubte →Handlung
mitverursacht hat, für den Schaden verantwortlich.
Lit.: Göhler, OWiG; Schuhmann, H., Zum Einheitstätersystem des § 14 OWiG, 1979
Einheitswert (§ 180 AO) ist der für mehrere →Steuern außerhalb der
jeweiligen Veranlagungsverfahren festgelegte Wert eines
Gegenstands (z. B. landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher
Betrieb, Grundstück, gewerblicher Betrieb). Die Feststellung erfolgt
in regelmäßigen Zeitabständen. Der E. entspricht nicht dem
Verkehrswert. →Bewertung
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht; Rössler/Troll, Bewertungsgesetz (Lbl.), 2000; Landsittel, R., Ende
des Einheitswerts, 1995
Einigung (§§ 873, 929 BGB) ist der für den →Eigentumserwerb und
den Erwerb beschränkter dinglicher Rechte erforderliche →Vertrag
zwischen dem Erwerber und dem Veräußerer über den Übergang des
Rechts (Eigentum) bzw. die Begründung des Rechts (beschränktes
dingliches Recht). Die E. ist grundsätzlich formfrei (anders § 925
BGB, →Auflassung), ist (für Grundstücksrechte) dem
→Grundbuchamt gegenüber aber durch öffentliche oder öffentlich
beglaubigte →Urkunde nachzuweisen (§ 29 GBO). Die E. ist frei
widerruflich, solange nicht eine der Voraussetzungen des § 873 II
BGB vorliegt (z. B. notarielle Beurkundung, Einreichung beim
Grundbuchamt). Sie ist grundsätzlich abstrakt d. h. von einem ihr
regelmäßig zugrundeliegenden Grundverhältnis
(Verpflichtungsgeschäft z. B. Kauf) unabhängig. Keine E. erfolgt
zwischen einer Bank und dem eine gefundene Scheckkarte und eine
beiliegende persönliche Identifikationszahl (PIN) verwendenden
Abheber von Geld, weil die Bank nur an den wirklichen
ausgewiesenen Kontoinhaber übereignen will (vgl. LG Frankfurt
NJW 1998, 3785). In einem weiteren Sinn ist E. auch die
Übereinstimmung allgemein (z. B. §§ 154, 155 BGB) bzw. die
Übereinkunft.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Bassenge, P., Der Eintritt der Bindung an die Auflassung, RPfleger
1977, 8
Einigungsmangel ist die mangelnde Übereinstimmung zweier auf
den Abschluss eines →Vertrags gerichteter Willenserklärungen.
→Dissens
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil
Einigungsstelle →Betriebsrat
Lit.: Weber, U./Ehrich, C., Einigungsstelle, 1999
Einigungsvertrag ist der am 31. 8. 1990 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen
Republik abgeschlossene Vertrag über die Herstellung der Einheit
Deutschlands. Danach wurden die Länder Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
am 3. 10. 1990 Länder der Bundesrepublik Deutschland und Berlin
Hauptstadt Deutschlands und trat mit dem Beitritt das Recht der
Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe des Einigungsvertrags
und seiner Anlagen im Gebiet dieser Länder in Kraft. Die Anlage I
enthält besondere Bestimmungen zur Überleitung von Bundesrecht,
gegliedert nach den Geschäftsbereichen der einzelnen
Bundesministerien.
Lit.: Einigungsvertrag und Wahlvertrag mit Vertragsgesetzen, hg. v. Stern, K. u. a., 1990; Wagner,
Der Einigungsvertrag nach dem Beitritt, 1994
Einkammersystem ist die Staatsform, in der das parlamentarische
Gesetzgebungsorgan nur aus einer →Kammer besteht.
→Zweikammersystem
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Einkaufskommission ist die zum Zweck eines Einkaufs vereinbarte
→Kommission. Bei der E. wird regelmäßig der →Kommissionär
→Eigentümer der Kaufsache, die er an den Kommittenten weiter
überträgt (→Durchgangserwerb). Dies kann aber entweder durch
→Abtretung des Übereignungsanspruchs und eigene
Geltendmachung oder durch →Bevollmächtigung zum
Eigentumserwerb für den Kommittenten vermieden werden.
Lit.: Canaris, Handelsrecht
Einkommen ist allgemein das einer Person aus ihrer Teilnahme am
Wirtschaftsprozess in einem bestimmten Zeitraum zufließende
→Vermögen. Im Steuerrecht (§ 2 EStG) ist E. der Gesamtbetrag der
→Einkünfte nach (seit 1. 1. 2004 [Sockelbetrag 1 Million Euro]
eingeschränktem) Ausgleich mit →Verlusten und Abzug der
→Sonderausgaben. Ausgenommen sind die für die Pflege eines
Angehörigen erlangten Beträge. Das E. ist Steuerobjekt. Im
Sozialhilferecht ist E. alles, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig
dazu erhält (z. B. auch eine Steuererstattung).
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht
Einkommensteuer ist die vom →Einkommen natürlicher Personen
als Steuerobjekt zu entrichtende →Steuer. Sie ist →Personensteuer
bzw. →Besitzsteuer und →Verkehrsteuer. Sie ist in Deutschland
zwischen →Bund und →Ländern aufgeteilt. Die
Bemessungsgrundlage der E. bildet das zu versteuernde Einkommen.
Die Besteuerung erfolgt nach einer Nullzone (steuerfreies
Einkommen) progressiv ([1. 1. 2004] 16–45%) bis zu einem
Spitzensteuersatz. Erhoben wird die E. z. T. durch die Arbeitgeber
(→Lohnsteuer).
Lit.: Einkommensteuerrecht, 17. A. 2003; Blümich, W., Einkommensteuergesetz (Lbl.), 80. A.
2003; Schmidt, L., Einkommensteuergesetz, 23. A. 2004; Jakob, W., Einkommensteuer, 3. A. 2003;
Kussmann, M., Lehrbuch der Einkommensteuer, 9. A. 1997; Zimmermann, R./Reyher, U.,
Einkommensteuer, 14. A. 2001; Bittner, G./Heidkamp, A./Schaaf, U., Einkommensteuer, 5. A.
1999; Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz (Lbl.), 4. A. 1997; Zenthöfer,
W./Schulze zur Wiesche, D., Einkommensteuer, 6. A. 2001; Schreyer, D./Cämmerer, J.,
Einkommensteuersparer 2000, 22. A. 2001; Huwig, J./Pistorius, A., Einkommensteuer, 40. A. 2000;
EStG Kompaktkommentar Einkommensteuergesetz, hg. v. Kirchhof, P., 3. A. 2003; Küch,
B./Scheuer, A./Valder, S., Einkommen- und Lohnsteuer, 6. A. 2001; Handbuch zur
Einkommensteuerveranlagung 2003, 2004; Lippross, O./Kreft, V., Einkommensteuerrecht, 9. A.
2002
Einkunft ist das einer Person aus ihrer Teilnahme am
Wirtschaftsprozess in einem bestimmten Zeitraum zufließende
→Vermögen. Im Steuerrecht unterliegen die Einkünfte aus Land- und
Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit,
nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und
Verpachtung sowie bestimmte sonstige Einkünfte (insgesamt 7
Einkunftsarten) der →Einkommensteuer (§§ 13ff. EStG). E. ist dabei
in den ersten drei Einkunftsarten der →Gewinn (bzw. Verlust), in den
übrigen der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten
(bzw. der Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen).
Zwischen den Ergebnissen der einzelnen Einkunftsarten erfolgt –
gesetzlich eingeschränkt - eine Verrechnung (Verlustausgleich). Nach
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss dabei der
Gesetzgeber die Gleichheit bei der Durchsetzung eines Steuergesetzes
in der Steuererhebung sichern (BVerfG NJW 1991, 2129).
Lit.: Klein, H., Der Gesamtbetrag der Einkünfte, 1997; Nickel, J., Abgrenzung und Konkurrenz von
Einkünftetatbeständen, 1998
Einladung zum Antrag bzw. Einladung zum Angebot (lat. invitatio
[F.] ad offerendum) ist die Aufforderung, einen auf den Abschluss
eines →Vertrags gerichteten →Antrag abzugeben (z. B. Katalog,
Inserat, Prospekt, Plakat, Schaufensterauslage, Einstellung in die
Internetseite eines Internetauktionshauses). Sie ist (noch) keine
→Willenserklärung, will aber eine solche herbeiführen. Zum
Unterschied von einer Willenserklärung fehlt dem ihr zugehörigen
Verhalten der rechtsgeschäftliche Bindungswille
(Verpflichtungswille) gegenüber der unbestimmten Vielzahl etwa der
Katalogempfänger oder Schaufensterauslagenbetrachter.
Einlage (z. B. § 705 BGB) ist der Beitrag eines Gesellschafters zur
Förderung des Zwecks der →Gesellschaft. Die E. kann in Geld,
Sachen (Sacheinlage), Rechten oder sonstigen Leistungen bestehen
und wird Bestandteil des →Gesellschaftsvermögens. Bei den
→Personengesellschaften bestimmt die E. grundsätzlich den
→Gesellschaftsanteil, bei den →Kapitalgesellschaften den Anteil am
→Grundkapital. Nach dem Ausscheiden eines Kommanditisten kann
die Forderung auf E. nur noch ein Rechnungsposten der Berechnung
des Abfindungsguthabens sein. Im Steuerrecht (§ 4 I EStG) ist E. der
vom Steuerpflichtigen dem Betrieb zugeführte
Vermögensgegenstand.
Lit.: Wallat, J., Der Einlagenbegriff des Kreditwesengesetzes, NJW 1995, 3236; Kirsch, A.,
Einlageleistung, 1995
Einlassung ist die →Verhandlung (Zugestehen, Bestreiten,
Vorbringen von Einreden) des →Beklagten (bzw. Angeklagten) im
Verfahren. Die E. ist eine Prozesshandlung. Sie ist gegeben, so bald
nicht mehr nur Prozessfragen, sondern auch Sachfragen behandelt
werden (vgl. §§ 269 VI, 328 I ZPO). Sie bewirkt, dass die
Unzuständigkeit des Gerichts nicht mehr geltend gemacht werden und
der Kläger die Klage nicht mehr ohne Zustimmung des Beklagten
zurücknehmen kann. Bleibt die E. aus, kann im Zivilprozess eine
Tatsache als zugestanden angesehen werden (§ 138 III ZPO) oder ein
→Versäumnisurteil ergehen (§ 331 I ZPO).
Lit.: Zerbe, P., Die Einlassung, 1998
Einlassungsfrist (z. B. § 274 III ZPO) ist die zwischen der
→Zustellung der →Klage und dem →Termin zur →Verhandlung
notwendige →Frist.
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO
Einmanngesellschaft ist die – nur bei →Kapitalgesellschaften (§ 2
AktG, § 1 GmbHG) mögliche – nur aus einem Gesellschafter
bestehende →Gesellschaft (in Frankreich seit 1999).
Lit.: Ochs, V., Die Einpersonengesellschaft in Europa, 1997; Pfister, W., EinmannPersonengesellschaft, 1999
Einrede ist im Zivilprozessrecht jedes gegen den Klaganspruch
gerichtete Vorbringen, das nicht im bloßen Leugnen besteht (ja, aber).
Die E. kann prozessrechtlicher oder materiellrechtlicher Natur sein
sowie rechtsverneinend (→Einwendung) oder rechtshemmend
(materiellrechtliche E.). Im materiellen Recht ist E. (nur) ein →Recht
(Gestaltungsrecht), das die Verwirklichung eines bestehenden
Anspruchs beschränkt (Leistungsverweigerungsrecht) und besonders
geltend gemacht werden muss. Die E. kann zerstörend
(peremptorisch, z. B. Verjährung § 214 BGB, Aufrechnung) oder
aufschiebend (dilatorisch, z. B. Stundung, Vorausklage, E. des
nichterfüllten Vertrags §§ 320f. BGB, Zurückbehaltungsrecht §§ 273,
1000 BGB) sein. Sie kann u. U. durch eine Gegeneinrede entkräftet
werden. Sie steht im Gegensatz zur →Einwendung. E. des
nichterfüllten →Vertrags ist das Recht, im gegenseitigen →Vertrag
grundsätzlich die eigene Leistung bis zur Bewirkung der
Gegenleistung zu verweigern. E. der Vorausklage ist das Recht des
→Bürgen, die Leistung zu verweigern, bis der Gläubiger fruchtlos die
→Zwangsvollstreckung gegen den →Schuldner versucht hat.
Lit.: Roth, H., Die Einrede des bürgerlichen Rechts, 1988; Knemeyer, L., Die Behandlung von
Einredetatsachen in der Relation, JuS 1995, 594
Einrichtung ist im Privatrecht (§ 258 BGB) die →Sache, die einer
andern Sache körperlich hinzugefügt ist und deren wirtschaftlichen
Zwecken dient. Im öffentlichen Recht ist E. der Gegenstand, der
benutzbar ist (z. B. Anlage, Unternehmung). Er ist öffentliche E.,
wenn er der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dient und der
Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt ist (vor allem in der
→Leistungsverwaltung).
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.; Mager, U., Einrichtungsgarantien, 2003
Einschreiben ist die Postsendung, deren Übermittelung die →Post
gegen besondere →Gebühr mit besonderer Gewähr übernimmt (seit
1. 9. 1997 Übergabeeinschreiben, nicht genügend das sog.
Einwurfeinschreiben, bei dem der bloße Einwurf in den Briefkasten
für den Zugang genügt). Eine durch E. abgesandte
empfangsbedürftige Willenserklärung wird grundsätzlich nicht
wirksam, wenn die beim Postamt niedergelegte Sendung vom
Adressaten trotz schriftlicher Mitteilung über die Niederlegung nicht
abgeholt wird. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich ein weiterer
Versuch der Verbringung in den Machtbereich des Empfängers.
Lit.: Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil; Dübbers, R., Das neue Einwurf-Einschreiben, NJW 1997,
2503
einseitig (Adj.) eine Seite betreffend
einseitiges Rechtsgeschäft →Rechtsgeschäft, einseitiges
Einsicht ist das Sehen und Verstehen eines Umstands durch einen
Menschen.
Einsichtsfähigkeit (§§ 20 StGB, 828 II BGB) ist die Fähigkeit zur
Einsicht des →Unrechts der Tat. Sie ist ein Teil der
→Schuldfähigkeit. Sie bildet im →Strafrecht zusammen mit der
→Steuerungsfähigkeit den psychischen Bereich, in dem sich die
biologische Komponente der Schuldunfähigkeit auswirken muss, um
die Schuldfähigkeit zu beseitigen oder zu vermindern. Sie ist eine
individuelle Eigenschaft des einzelnen Menschen. Bezüglich der
→Einwilligung eines Berechtigten in die Verletzung seiner
Rechtsgüter bedarf es der natürlichen Fähigkeit der Einsicht in die
Bedeutung des geschützten Interesses und die Tragweite der Tat.
Lit.: Tröndle/Fischer, StGB; Krümpelmann, J., Die Neugestaltung der Vorschriften über die
Schuldfähigkeit, ZStW 88, 6
Einsperren (239 StGB) ist das Verhindern am Verlassen eines
Raumes durch äußere Vorrichtungen. E. ist eine Form der
→Freiheitsberaubung. Das E. endet mit der Aufhebung des
Verschlusses.
Lit.: Lackner/Kühl, StGB
Einspruch ist eine in Worte gefasste Verwahrung gegen ein
bestimmtes Geschehen. Im öffentlichen Recht findet sich ein E. an
sehr verschiedenen Stellen. So kann nach Art. 77 III GG der
→Bundesrat bei →Einspruchsgesetzen nach Abschluss des
→Vermittlungsverfahren binnen 2 Wochen E. gegen ein vom
→Bundestag beschlossenes →Gesetz einlegen. Im
Zivilverfahrensrecht ist der E. gegen →Versäumnisurteile (§§ 338ff.
ZPO), der den Prozess in die Lage vor dem Eintritt der Säumnis
zurückversetzen kann, oder der E. gegen →Vollstreckungsbescheide
(§ 700 III ZPO) zulässig. Im Strafverfahren hat der E. gegen den
→Strafbefehl (§ 409 StPO) die Durchführung einer
Hauptverhandlung zur Folge (§ 410 StPO). Im
Verwaltungsverfahrensrecht ist an die Stelle des Einspruchs
grundsätzlich der →Widerspruch getreten, doch kennt das
Besteuerungsverfahren den E. gegen →Bescheide der
Finanzbehörden (§§ 348, 367 AO). Im Ordnungswidrigkeitsverfahren
(§§ 67ff. OWiG) führt der E. gegen einen →Bußgeldbescheid zu
einem gerichtlichen Verfahren.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht; Jauernig, Zivilprozessrecht; Meyer-Goßner, L., Strafprozessordnung,
47. A. 2004; Göhler, OWiG; Bilsdorfer, P. u. a., Handbuch des steuerlichen Einspruchsverfahrens,
1995; Dumke, W., Einspruch beim Finanzamt, 1995; Linssen, R., Das neue Einspruchsverfahren,
1996; Jesse, L., Einspruch und Klage im Steuerrecht, 2. A. 2002
Einspruchsgesetz ist das →Gesetz, gegen das der →Bundesrat nur
→Einspruch einlegen kann (Art. 77 GG). Der Einspruch kann vom
Bundestag mit der gleichen Mehrheit, wie ihn der Bundesrat
beschlossen hat, zurückgewiesen werden. Der Gegensatz zum E. ist
das →Zustimmungsgesetz.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht
Einstellung ist die endgültige oder vorläufige Beendigung eines
→Verfahrens. Im Zivilverfahrensrecht kann der Schuldner die
einstweilige E. der →Zwangsvollstreckung beantragen (§§ 707, 719,
769 ZPO). Im Strafverfahren kann im →Ermittlungsverfahren die
→Staatsanwaltschaft, falls die Ermittlungen (aus prozessualen,
materiellrechtlichen oder tatsächlichen Gründen) keinen genügenden
Anlass zur Erhebung der öffentlichen →Klage bieten, die E.
vornehmen (§ 170 II StPO). Ist die Klage erhoben, so kann die
→Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des →Angeschuldigten und
des →Gerichts (§ 153 II StPO) oder das Gericht mit Zustimmung des
Angeschuldigten und der Staatsanwaltschaft die E. bewirken (vgl. a. §
154 II StPO). Stellt sich das Fehlen einer Prozessvoraussetzung oder
ein Prozesshindernis im gerichtlichen Verfahren heraus, so ist, wenn
der Mangel behebbar ist (z. B. Nachholung eines Strafantrags), die
vorläufige E. notwendig (§ 205 StPO), andernfalls die endgültige E.
Sie erfolgt außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluss, in der
Hauptverhandlung durch Urteil (§§ 206a, 260 III StPO). Im Recht der
(privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen) Dienstverhältnisse ist E.
die Begründung des Dienstverhältnisses (vgl. § 3 BLV).
Lit.: Meyer-Goßner, L., Strafprozessordnung, 47. A. 2004; Thomas/Putzo, ZPO; Kühl, K.,
Unschuldsvermutung, Freispruch und Einstellung, 1983
einstweilig (Adj.) vorläufig
einstweilige Anordnung →Anordnung, einstweilige
einstweiliger Ruhestand →Ruhestand, einstweiliger
einstweilige Verfügung →Verfügung, einstweilige
Eintragung ist die schriftliche Festlegung einer rechtserheblichen
und eintragungsfähigen Tatsache in ein öffentliches Verzeichnis (z. B.
Grundbuch). Sie ist durch zahlreiche gesetzliche Vorschriften geboten
(z. B. §§ 873ff. BGB, 29 HGB u. a.). Im Sachenrecht ist die E. der
Rechtsänderung in das →Grundbuch Voraussetzung des Eintritts der
angestrebten Rechtsänderung (§§ 873ff. BGB).
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Sichtermann, S., Bedeutung und Behandlung der Eintragungen in
Abteilung II des Grundbuchs, 9. A. 1981
Eintragungsbewilligung →Bewilligung
Eintragungsfähigkeit ist die Eigenschaft eines Umstands, in ein
öffentliches Verzeichnis unter Eintritt der damit verbundenen
Rechtsfolgen aufgenommen werden zu können. In das →Grundbuch
eingetragen werden können nur Grundstücksrechte,
→Vormerkungen, →Widersprüche, relative
→Verfügungsbeschränkungen sowie einige weitere Tatsachen. Die
Eintragung einer nicht eintragungsfähigen Tatsache ist bedeutungslos.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Eintritt ist das freiwillige Einrücken in eine Stellung.
Eintrittsrecht ist das Recht zum Eintritt. Im Erbrecht ist E. (§ 1924
III BGB) das Recht der →Abkömmlinge (z. B. Enkel) eines vor dem
→Erblasser verstorbenen Abkömmlings (z. B. Sohn), an dessen Stelle
Erbe zu sein. Im Verwaltungsrecht kann die vorgesetzte Behörde ein
E. (→Devolutionsrecht) gegenüber einer untergeordneten Behörde
haben, das ihr die eigene Ausführung der an sich der andern Behörde
zustehenden Aufgabe gestattet.
Lit.: Lange/Kuchinke, Erbrecht; Maurer, Verwaltungsrecht
Einvernahme ist die Befragung eines Menschen (z. B. Verdächtigen)
durch ein staatliches Organ.
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht
Einverständnis ist die tatbestandsausschließende →Einwilligung, die
dann möglich ist, wenn die Tathandlung ihren Unwert gerade daraus
herleitet, dass sie nach der gesetzlichen Verhaltensbeschreibung
gegen oder ohne den Willen des Verletzten erfolgt (z. B. scheidet
Wegnahme i. S. v. § 242 StGB bei freiwilliger Gewahrsamsaufgabe
aus).
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil
Einwendung ist im Verfahrensrecht jede Abwehr des prozessualen
→Anspruchs des →Klägers (z. B. Bestreiten). Im materiellen Recht
ist E. ein Umstand, der das Recht des Gegners beseitigt, wobei der
Umstand entweder die Entstehung des Rechts verhindern
(rechtshindernde E., z. B. Geschäftsunfähigkeit, Gesetzesverstoß)
oder das Recht nachträglich entfallen lassen kann (rechtsvernichtende
E., z. B. Erfüllung, Unmöglichkeit). Die E. ist im Gegensatz zur
→Einrede von Amts wegen ohne besondere Geltendmachung zu
berücksichtigen.
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil; Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil
Einwilligung (§ 183 BGB) ist die vor Abschluss eines
Rechtsgeschäfts erteilte →Zustimmung des Berechtigten, die das von
einem andern geschlossene Rechtsgeschäft wirksam macht. Darüber
hinaus ist die (vorherige,) zulässige (u. a. den guten Sitten
entsprechende) und dem Täter bekannte (str.) E. (z. B. 228 StGB) ein
→Rechtfertigungsgrund (eine nach Verabreichung einer
Beruhigungsspritze auf dem Weg zum Operationssaal unterzeichnete
Erklärung ist z. B. keine wirksame E.). Mutmaßliche E. als
Unterstellung einer E. auf Grund einer Rechtslage, bei der
angenommen werden kann, dass der Betroffene, wenn er gefragt
werden könnte, einwilligen würde (z. B. Operation eines
Bewusstlosen) ist ebenfalls Rechtfertigungsgrund.
Lit.: Krieter, S., Grenzfälle der Patienteneinwilligung, Diss. jur. Regensburg 2000; Amelung,
K./Eymann, F., Die Einwilligung des Verletzten im Strafrecht, JuS 2001, 937; Ohly, A., Volenti non
fit iniuria, 2002
Einwohner ist der in einem →Staat oder einer →Gemeinde
wohnende Mensch. Als E. ist er berechtigt, die vorhandenen
Einrichtungen zu benutzen. Er ist zugleich verpflichtet, die Lasten zu
tragen.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003; Schmidt-Aßmann, Besonderes
Verwaltungsrecht
Einzelakt ist das einzelne Geschehen.
Einzelaktstheorie ist die auf die besondere Belastung im einzelnen
Geschehen abstellende Theorie der →Enteignung. Danach liegt eine
Enteignung dann vor, wenn eine Eigentumsentziehung oder
Eigentumsbelastung Einzelne oder Gruppen ungleich trifft und zu
einem besonderen Opfer (→Sonderopfer) für die →Allgemeinheit
zwingt. Der E. steht die →Zumutbarkeitstheorie gegenüber.
Einzelhandel ist der Teil des Handels, der die Ware dem Verbraucher
unmittelbar zuführt. Das Betreiben des Einzelhandels bedurfte bis zu
den Entscheidungen BVerfG 19, 330, BVerfG 34, 71 der →Erlaubnis
(§ 3 EinzelhandelsG). Den Gegensatz zum E. bildet der Großhandel.
Einzelkaufmann ist der →Kaufmann, der sein →Handelsgewerbe
ohne (offenen) Gesellschafter betreibt.
Lit.: Canaris, Handelsrecht; Wehrens, H., Das Einzelunternehmen, 1981
Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession) ist die Nachfolge in ein
einzelnes Recht im Gegensatz zur →Gesamtrechtsnachfolge.
Lit.: Bürger, Einzelzuwendungen an Erben, MDR 1986, 371
Einzelrichter ist der →Richter, der seine Amtstätigkeit allein ausübt.
E. sind insbesondere im ersten →Rechtszug der ordentlichen
→Gerichtsbarkeit tätig. Seit 1993 sieht § 348 ZPO zur Vereinfachung
des Verfahrens den E. auch am Landgericht als Regel vor, wobei seit
2002 die Zivilkammer grundsätzlich durch eines ihrer Mitglieder als
E. (originärer E.) entscheidet, sofern nicht ein besonderer
Ausnahmetatbestand gegeben ist (§ 348 ZPO), und die Zivilkammer
die Sache durch Beschluss einem ihrer Mitglieder als E.
(obligatorischer E.) zur Entscheidung überträgt, wenn die Sache keine
besonderen Schwierigkeiten aufweist, keine grundsätzliche
Bedeutung hat und nicht bereits im Haupttermin vor der Zivilkammer
zur Hauptsache verhandelt worden ist (§ 348a ZPO).
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht; Feskorn, C., Die Zuständigkeit des Einzelrichters gemäß § 568
ZPO, NJW 2003, 856
Einzelvollmacht →Vollmacht
Einziehung ist allgemein die Entziehung eines Gegenstands. Im
Verwaltungsrecht ist die E. die Entwidmung der öffentlichen
→Straße, die dadurch ihre Rechtsstellung als öffentliche Straße
verliert. Sie darf dann erfolgen, wenn die Straße ihre
Verkehrsbedeutung verloren hat oder überwiegende Gründe des
öffentlichen Wohls eine E. erfordern. Im Strafverfahren ist E. die
Wegnahme von Sachen oder Werten, die zu einer →Straftat
gebraucht (z. B. Mordwaffe) oder durch sie hervorgebracht worden
sind (z. B. gefälschte Urkunde). Sie geschieht als →Strafe oder
Sicherungsmaßnahme durch →Urteil (§§ 74ff. StGB). Sie ist nur
unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Sie erfolgt im
Hauptverfahren oder ausnahmsweise in einem selbständigen
Verfahren (§§ 74ff. StGB, 430ff. StPO).
Lit.: Jöhnke, A., Der Einziehungsgegenstand im Einziehungsrecht, 1992 (Diss.)
Einziehungsermächtigung ist die →Ermächtigung einer Person
durch eine andere, deren Recht im eigenen Namen geltend zu
machen, insbesondere deren →Forderung einzuziehen. Dabei
verbleibt die Stellung als →Gläubiger dem bisherigen Gläubiger
(anders bei →Abtretung). Die E. ist gesetzlich nicht geregelt, aber
zulässig.
Lit.: Roth, G./Fitz, H., Stille Zession, Inkassozession, Einziehungsermächtigung, JuS 1985, 188
Einziehungsverfahren (§§ 430ff. StPO, 22ff. OWiG) ist das der
Einziehung dienende Strafverfahren oder Verwaltungsverfahren. Es
ist regelmäßig gegen eine bestimmte Person gerichtet (subjektives E.).
Ausnahmsweise ist es nur auf einen Gegenstand bezogen (objektives
E.).
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht; Göhler, OWiG
Eisenbahn ist das auf Schienen laufende, dem öffentlichen oder ihm
ähnlichen Verkehr dienende Transportmittel. Der →Unternehmer
einer E. haftet nach den §§ 1ff. HPflG für betriebsbedingte Schäden
aus →Gefährdungshaftung. Die Eisenbahnverkehrsverwaltung für
Eisenbahnen des Bundes wird in bundeseigener Verwaltung geführt.
Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschaftsunternehmen in
privatrechtlicher Form betrieben. →Bundeseisenbahnvermögen,
→Deutsche Bahn Aktiengesellschaft
Lit.: Finger, H., Eisenbahntransportrecht (Lbl.), 6. A. 1999ff.; Goltermann, E./Konow, K.,
Eisenbahnverkehrsordnung (Lbl.); Eisenbahnrecht (Lbl.), hg. v. Kunz, W., 1994; Thoma, A. u. a.,
Kommentar zur Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung, 4. A. 2001; Staudinger, A.,
Verspätungsschäden nach Eisenbahnverkehrsordnung, NJW 1999, 3665; Marschall,
E./Schweinsberg, R., Eisenbahnkreuzungsgesetz, 5. A. 2000; Däubler, W., Zugverspätungen als
Rechtsproblem, NJW 2003, 2651
elektronisch (Adj.) auf Elektronen bezogen
Lit.: Wissenschaft online - Elektronisches Publizieren, hg. v. Tröger,
B., 2000
Elektronische Datenverarbeitung (EDV) ist die mit Hilfe der
Eigenschaften des elektrischen Stroms automatisierte
→Datenverarbeitung.
Lit.: Seidel, U., Das Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs, 1997; Redeker, H., IT-Recht in
der Praxis, 3. A. 2003
elterlich (Adj.) Eltern betreffend
elterliche Gewalt →Gewalt, elterliche
elterliche Sorge →Sorge, elterliche
Eltern sind Vater und Mutter eines →Kinds (§§ 1591f. BGB). Ihnen
steht grundsätzlich die elterliche Sorge über das →Kind gemeinsam
zu. Im Zweifel bekommt die Mutter das Kind und der Vater zahlt.
(Seit Ende 1999 sind im angloamerikanischen Recht zwei
homosexuelle Männer als Elternteil 1 und Elternteil 2 eines Kinds
einer Leihmutter anerkannt.)
Elternzeit (§ 15 BErzGG) ist die Eltern als Arbeitnehmern unter
Zahlung von Erziehungsgeld durch den Staat zur Erziehung eines
Kindes gewährte arbeitsfreie Zeit von höchstens drei Jahren, die von
jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam
genommen werden kann.
Lit.: Lindemann, A./Simon, O., Die neue Elternzeit, NJW 2001, 258
Emanzipation ist die Befreiung aus einem Zustand der Beschränkung
oder Abhängigkeit (z. B. römisches Hauskind, Sklaven, Frauen).
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
emanzipieren →Emanzipation
Embargo ist ursprünglich die Zurückhaltung fremder Handelsschiffe
in eigenen Gewässern, danach das Verbot der Ausfuhr bestimmter
Waren in bestimmte Länder. →Außenwirtschaftsrecht
Lit.: Ress, H., Das Handelsembargo, 2000
Embryo ist der in der Keimesentwicklung befindliche Organismus
(beim Menschen die befruchtete entwicklungsfähige Eizelle vom
Zeitpunkt der Kernverschmelzung an sowie jede einem E.
entnommene teilungsfähige und entwicklungsfähige totipotente Zelle
bis zum Ende des zweiten Monats der Schwangerschaft). Geschützt
wird der E. durch das Embryonenschutzgesetz vom 13. 12. 1990.
Danach darf eine Eizelle nur (von einem Arzt) befruchtet werden,
wenn damit bei der Frau, von der die Zelle stammt, eine
Schwangerschaft ausgelöst werden soll. Eine Geschlechtswahl bei der
künstlichen Befruchtung ist grundsätzlich ausgeschlossen.
→nasciturus
Lit.: Keller, R./Günther, H./Kaiser, P., Embryonenschutzgesetz, 1992; Ipsen, J., Zur Zukunft der
Embryonenforschung, NJW 2004, 268
Emeritierung ist die Entbindung der (zeitlich vor den neuen
Landeshochschulgesetzen [§ 76 HRG]) verbeamteten
Hochschullehrer von ihren amtlichen Verpflichtungen unter
Belassung der Amtsbezeichnung, der →Dienstbezüge (und des
Rechts, Lehrveranstaltungen abzuhalten) im Gegensatz zur bloßen
Pensionierung der später verbeamteten Hochschullehrer.
Lit.: Köbler, Jurist
Emission ist die Ausgabe und Unterbringung neuer Anleihen oder
→Aktien auf dem Kapitalmarkt. Sie erfolgt zumeist mit Hilfe von
Banken. Daneben ist E. auch die von etwas ausgehende
Beeinträchtigung etwas andern. →Immission
Lit.: Hopt, K., Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991; Burgi, M., Die
Rechtsstellung der Unternehmen im Emissionshandelssystem, NJW 2003, 2487
emittieren →Emission
Empfänger ist die zum Empfang (z. B. einer Willenserklärung)
bestimmte oder auch die den Empfang ausführende Person.
Lit.: Eckhardt, P., Die Rechtsstellung des Empfängers im Frachtrecht,
1999
Empfängerhorizont ist die objektive Verständnismöglichkeit des
Empfängers einer empfangsbedürftigen Willenserklärung. Der E. ist
bei der →Auslegung zu berücksichtigen. Im Bereicherungsrecht wird
die Leistungsbeziehung nach dem E. festgelegt.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil; Schnauder, F., Wider das Dogma vom Empfängerhorizont,
NJW 1999, 2841
Empfängnis ist die Aufnahme der männlichen Samenzelle durch die
weibliche Eizelle des Menschen, mit der neues Leben beginnt.
Empfängniszeit (§ 1600d III BGB) ist die Zeit, die für die Erzeugung
eines Kinds nach den Erfahrungen ärztlicher Wissenschaft in Betracht
kommt. Als E. gilt grundsätzlich die Zeit vom 181. bis zum 300. Tag
vor der Geburt. Steht fest, dass das Kind außerhalb dieses Zeitraums
empfangen wurde, so gilt der abweichende Zeitraum als E. Im
Verfahren auf gerichtliche Feststellung der →Vaterschaft wird als
Vater vermutet, wer der Mutter während der E. beigewohnt hat,
sofern nicht schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen
(→exceptio plurium).
Lit.: Bürge, A., Rechtsvereinheitlichung im Laufe der Jahrhunderte,
JuS 2003, 425
Empfangsbedürftigkeit ist die Eigenschaft bestimmter
→Willenserklärungen, nur bei Empfang durch den Adressaten
wirksam zu werden (§ 130 BGB, z. B. Kündigung).
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil
Empfangsbote →Bote
Lit.: Sandmann, B., Empfangsbotenstellung und Verkehrsanschauung,
AcP 199 (1999), 455
Empfangszuständigkeit ist die Zuständigkeit für die das Erlöschen
der Schuld bewirkende Entgegennahme der Leistung (z. B. bei
Minderjährigen).
Lit.: Müller-Laube, H., Die Empfangszuständigkeit, 1978
Empfehlung (§ 676 BGB) ist der Vorschlag eines Verhaltens. Die E.
ist keine Willenserklärung. Sie verpflichtet als solche nicht den
Empfehlenden zum Ersatz des aus ihrer Befolgung entstehenden
Schadens.
Lit.: Jauernig, BGB
emptio (F.) venditio ([lat.] Kauf – Verkauf) ist im römischen Recht
die Bezeichnung für den →Kaufvertrag, der ursprünglich Handkauf
war und sich erst allmählich zu einem schuldrechtlichen Geschäft
entwickelte.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Endurteil (§ 300 ZPO) ist das →Urteil, das die Endentscheidung
über einen Rechtsstreit enthält. Es steht im Gegensatz zum
→Zwischenurteil und zum →Vorbehaltsurteil. Es kann entweder
→Schlussurteil (Vollendurteil) oder →Teilurteil (§ 301 ZPO) sein.
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO; Jauernig, Zivilprozessrecht
Energie (F.) im Sinne des Gesetzes zur Neuregelung des
Energiewirtschaftsrechts sind Elektrizität und Gas, soweit sie zur
leitungsgebundenen Energieversorgung verwendet werden.
Lit.: Salje, P., Erneuerbare-Energien-Gesetz, 3. A. 2002; Altrock, M.,
Subventionierende Preisregelungen, 2002; Hack, M., EnergieContracting, 2003
Energieentziehung (§ 248c StGB) ist die Entziehung fremder
elektrischer Energie mittels eines Leiters, der zur ordnungsmäßigen
Entnahme nicht bestimmt ist, in der Absicht, die elektrische Energie
sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen oder einem andern
rechtswidrig Schaden zuzufügen.
Lit.: Lackner/Kühl, StGB
Energierecht ist die Gesamtheit der die (aus Kohle, Öl, Gas, Wasser,
Sonne, Atomspaltung usw. gewonnene) Energie betreffenden
Rechtssätze. Das E. ist teilweise Bestandteil des Sachenrechts.
Monopole bei der Versorgung mit Strom und Gas sind in Deutschland
seit 1998 beseitigt.
Lit.: Büdenbender, U./Heintschel von Heinegg, W./Rosin, P., Energierecht, Bd. 1 1999; Theobald,
C./Nill-Theobald, C., Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 2001; Tüngler, S., Zur Einführung –
Das Recht der Energiewirtschaft, JuS 2001, 739; Scholtka, B., Die Entwicklung des Energierechts,
NJW 2002, 483; Schneider, J./Theobald, C., Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003;
Handel mit Energiederivaten, hg. v. Zenke, I./Ellwanger, N., 2003; Corino, C., Energy Law in
Germany, 2003; Obernolte, W./Danner, W., Energiewirtschaftsrecht (Lbl.), 45. A. 2003;
Energierecht (Lbl.), hg. v. Danner, W., 46. A. 2004; Grunwald, J., Das Energierecht der
europäischen Gemeinschaften, 2003; Scholtka, B./Baumbach, A., Die Entwicklung des
Energierechts in den Jahren 2002 und 2003, NJW 2004, 723; Berliner Kommentar zum
Energierecht, hg. v. Säcker, F., 2004
Energieversorgungsunternehmen ist das →Unternehmen, das
andere mit Energie (Strom, Gas usw.) versorgt oder ein Netz für die
allgemeine Versorgung betreibt. Der Inhaber unterliegt nach dem
Energiewirtschaftsgesetz einer besonderen Aufsicht. Er ist dem
→Abschlusszwang unterworfen. Für Schäden haftet er aus
→Gefährdungshaftung (§ 2 HPflG).
Lit.: Obernolte, W./Danner, W., Energiewirtschaftsrecht (Lbl.), 44. A. 2003
England →Großbritannien
Lit.: Maurer, M., Geschichte Englands, 2000
Enklave ist – aus der Sicht des betreffenden Staats - der Gebietsteil
eines fremden →Staats, der von diesem räumlich getrennt und vom
Gebiet des eigenen Staats vollständig umschlossen ist. →Exklave
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Enquête (F.) Untersuchung
Enquêtekommission (§ 56 GeschOBT) ist die jeweils auf Antrag
vom Bundestag gebildete parlamentarische
Untersuchungskommission, die eine gewichtigere Sachentscheidung
vorbereitet.
Enquêterecht (Art. 44 GG) ist das der Überwachung der
ausführenden Gewalt dienende Recht eines Parlaments,
→Untersuchungsausschüsse einzusetzen.
Enteignung ist die – im Gegensatz zum enteignungsgleichen
→Eingriff (rechtmäßige) – Entziehung oder Belastung des
→Eigentums durch staatlichen Hoheitsakt zur Befriedigung
öffentlicher Belange. Gemäß Art. 14 III GG darf eine E. nur durch
(formelles) Gesetz (Legalenteignung z. B. BauGB) oder auf Grund
eines Gesetzes (Administrativenteignung) und zum Wohl der
→Allgemeinheit erfolgen. Nach Art. 14 III 2 GG muss das die E.
ermöglichende Gesetz Art und Ausmaß der →Entschädigung regeln
(→Junktimklausel). Wann nicht nur eine Eigentumsbindung, sondern
bereits eine E. vorliegt, ist, weil nicht jede Belastung für eine E.
genügt, im Einzelfall an Hand der →Einzelakttheorie
(Sonderopfertheorie) oder →Zumutbarkeitstheorie zu entscheiden.
Bei Streitigkeiten über die Höhe der Entschädigung steht der
Rechtsweg zu den ordentlichen →Gerichten offen (Art. 14 III 4 GG).
Wird der enteignete Gegenstand zur Befriedigung öffentlicher
Belange nicht mehr benötigt, ist er dem früheren Eigentümer
zurückzuübereignen. Im klassischen Sinn ist E. die
entschädigungspflichtige Übertragung von Grundeigentum durch
gesetzlich zugelassenen Verwaltungsakt (Administrativenteignung)
wegen eines im öffentlichen Interesse liegenden Unternehmens.
Keine E. ist der hoheitliche Eingriff in nichtvermögenswerte Rechte.
→Aufopferung
Lit.: Aust, M./Jacobs, R./Pasternak, D., Die Enteignungsentschädigung, 5. A. 2002; Lege, J., Der
Rechtsweg bei Entschädigung für enteignende Wirkungen, NJW 1995, 2745; Fricke, W./Märker,
K., Enteignetes Vermögen in der Ex-DDR, 2. A. 2002
enteignungsgleich (Adj.) in der Wirkung einer Enteignung
gleichstehend
enteignungsgleicher Eingriff →Eingriff, enteignungsgleicher
Entente (F.) Einverständnis, Bündnis
Enterbung (§ 1938 BGB) ist der Ausschluss eines Verwandten oder
des Ehegatten von der gesetzlichen →Erbfolge durch →Verfügung
von Todes wegen (z. B. wegen Heirat zulässig). Die E. ist ein
einseitiges →Rechtsgeschäft, das ausdrücklich oder konkludent durch
→Erbeinsetzung einer andern Person vorgenommen werden kann. Sie
kann die Entstehung von →Pflichtteilsrechten zur Folge haben (§
2303 BGB).
Lit.: Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003
Entfaltung, freie →Handlungsfreiheit
Entfernung ist allgemein die räumliche Trennung. E. aus dem Dienst
ist eine Disziplinarmaßnahme gegen →Beamte, die nur unter
bestimmten Voraussetzungen zulässig ist und das Beamtenverhältnis
gegen den Willen des Beamten unter Verlust der Versorgungsrechte
beendet. E. aus dem Sitzungszimmer ist das die E. eines Menschen aus
dem Verhandlungsraum betreffende →Ordnungsmittel.
Lit.: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht; Peine, F./Heinlein, D., Beamtenrecht, 2. A. 1999
entgangen (Adj.) nicht erlangt
entgangener Gewinn →Schaden
Entgelt ist die meist in →Geld zu entrichtende Gegenleistung für eine
Leistung.
Lit.: Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht; Entgeltklauseln in der
Kreditwirtschaft und e-commerce von Kreditinstituten, 2002
Entgeltfortzahlungsgesetz ist das an die Stelle des älteren
Lohnfortzahlungsgesetzes getretene, die Fortzahlung von Entgelt im
Falle von Krankheit usw. (d. h. trotz Fehlens einer Arbeitsleistung)
regelnde Gesetz (1. 6. 1994). Danach müssen alle Arbeitnehmer dem
Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzeigen. Dauert
die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage, muss ein ärztliches
Attest vorgelegt werden. Der Arbeitgeber kann schon am ersten Tag
der Abwesenheit des Arbeitnehmers eine ärztliche
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen.
Lit.: Brecht, H., Entgeltfortzahlung an Feiertagen und im Krankheitsfall, 2. A. 2000; Müller,
E./Berenz, C., Entgeltfortzahlungsgesetz, 3. A. 2001; Gola, P., Entgeltfortzahlungsgesetz, 2. A.
1998; Schmitt, J., Entgeltfortzahlungsgesetz, 4. A. 1999; Kaiser, H. u. a., Entgeltfortzahlungsgesetz,
5. A. 2000; Harth, A., Die Neuregelung der Entgeltfortzahlung, 2000; Vogelsang, H.,
Entgeltfortzahlung, 2002
entgeltlich (Adj.) gegen eine Gegenleistung erhältlich
Entgeltlichkeit ist die Abhängigkeit von einer geldwerten
Gegenleistung. →Unentgeltlichkeit
Enthaftung ist das Freiwerden von einer Haftung oder von einer
Haft.
Lit.: Altmeppen, H., Die Enthaftung des ausscheidenden
Personengesellschafters, NJW 2000, 2529
Entlassung ist allgemein die Freigabe aus einem Verhältnis. Im
öffentlichen Recht ist die E. möglich bezüglich der
→Staatsangehörigkeit (§§ 17ff. StAG), des →Beamtenverhältnisses
(§§ 22ff. BRRG, bei Vorliegen bestimmter Gründe oder auf
schriftlichen Antrag) oder des →Strafvollzugs (hier auch bedingt
möglich). Im Arbeitsrecht ist die E. der durch die →Kündigung des
→Arbeitgebers herbeigeführte Fall der Beendigung des
→Arbeitsverhältnisses.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Schmidt-Aßmann,
Besonderes Verwaltungsrecht
Entlastung ist im Verbandsrecht die Billigung der Geschäftsführung
geschäftsführender Organe durch Aufsichtsorgane.
Lit.: Barner, F., Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, 1990
Entlastungsbeweis (z. B. § 831 I 2 BGB) ist der Nachweis des
Nichtvorliegens eines haftungsbegründenden Tatbestandsmerkmales
durch die beweisbelastete Partei.
Entmündigung war bis 31. 12. 1991 die Entziehung oder
Beschränkung der dem Entmündigten dem Alter nach an sich
zustehenden →Geschäftsfähigkeit. →Betreuung
Lit.: Palandt, BGB; In der Beek, M./Wuttke, H., Die Entmündigung wegen Verschwendung, NJW
1969, 2268
Entnazifizierung ist (bzw. war nach 1945) die Reinigung vom
Gedankengut des →Nationalsozialismus.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Entschädigung ist vielfach der angemessene Ausgleich für einen
erlittenen →Schaden (→Schadensersatz). Insbesondere ist der
→Staat bei →Enteignung, enteignungsgleichem →Eingriff,
(→Amtspflichtverletzung) und der Verhaftung oder Verurteilung
Unschuldiger im Strafverfahren zu E. verpflichtet. Bei der E. wird der
entstandene Schaden nicht unbedingt voll ausgeglichen.
Lit.: Büchs, H., Handbuch des Eigentums- und Entschädigungsrechts, 3. A. 1996; Beilage zu NJW
2002, Heft 14
Entscheidung ist die gerichtliche Entschließung in einer bestimmten
Frage (→Urteil, →Beschluss oder →Verfügung). Sie ist in einem
vorgeschriebenen Verfahren zu treffen (§§ 192ff. GVG). Sie wirkt
grundsätzlich nur unter den Verfahrensbeteiligten.
Lit.: Otte, K., Umfassende Streitentscheidung, 1998; Anders, B./Gehle, B., Antrag und
Entscheidung im Zivilprozess, 3. A. 2000; Jura-Kartei auf CD-ROM, hg. v. Coester-Waltjen, D.
u.a., 2000 (4102 Entscheidungen zwischen 1979 und 2000)
Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft ist die
individualbezogene Handlung der Europäischen Gemeinschaft
gegenüber einem Mitgliedstaat oder einem Unternehmen oder einem
Einzelnen vor allem im Wettbewerbsrecht und im
Beihilfenaufsichtsrecht.
Lit.: Bockey, A., Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, 1998
Entscheidung nach Lage der Akten (§§ 251a, 331a ZPO) ist die E.
allein auf Grund der schriftlich dem Gericht vorliegenden Tatsachen
und Anträge (Aktenlage). Sie ist im →Zivilprozessrecht zulässig,
wenn in einem Termin zur mündlichen →Verhandlung beide Parteien
nicht erscheinen oder nicht verhandeln oder eine allein erschienene
Partei nicht verhandelt. Ein daraufhin zulässigerweise ergehendes
Urteil ist ein →Endurteil.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Entscheidungsgrund ist der für den Inhalt der Entscheidung
maßgebliche Grund. Im Verfahrensrecht dienen die
Entscheidungsgründe (§ 313 I Nr. 6 ZPO) der Begründung der
gerichtlichen Entscheidung gegenüber den →Parteien. Sie sind
notwendiger Bestandteil des →Urteils und des anfechtbaren
→Beschlusses. Sie haben nur die die Entscheidung tragenden Gründe
(in bündiger Kürze) aufzuzeigen. Ihr Fehlen ist ein
Verfahrensmangel, sofern sie nicht von Gesetzes wegen entbehrlich
sind (§ 313a ZPO, z. B. bei Unzulässigkeit eines Rechtsmittels und
Verzicht der Parteien oder Aufnahme ihres wesentlichen Inhalts in
das Protokoll).
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO; Huber, Grundfragen der Entscheidungsgründe, JuS 1987, 213; Schneider,
E., Richterliche Arbeitstechnik, 3. A. 1991
Entscheidungssammlung ist die geordnete Zusammenstellung der
Entscheidungen einer Behörde, insbesondere der Urteile eines
Gerichts (z. B. BGHZ).
Lit.: Köbler, Jurist
Entschließung ist sowohl die Bildung einer empfehlenden oder auch
anweisenden Erklärung wie auch diese selbst (z. B.
Regierungsentschließung, Ministerialentschließung).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Entschluss →Tatentschluss
entschuldigend (Adj.) die Schuld erklärend und aufhebend
entschuldigender Notstand →Notstand, entschuldigender
Entschuldigungsgrund ist der Grund, der eine derart starke
Herabsetzung des Unrechtsgehalts und Schuldgehalts einer →Tat
bewirkt, dass ein Schuldvorwurf nicht erhoben werden kann (z. B.
entschuldigender Notstand, entschuldigende Pflichtenkollision). Ein
→Irrtum über das abstrakte Bestehen oder die Grenzen eines
Entschuldigungsgrunds ist bedeutungslos. Der unvermeidbare Irrtum
über das konkrete Vorliegen eines anerkannten
Entschuldigungsgrunds entschuldigt den Täter. Der entsprechende
vermeidbare Irrtum lässt nach einer Ansicht nur eine Bestrafung
wegen →Fahrlässigkeit, nach anderer Ansicht nur eine
→Strafmilderung entsprechend § 35 II StGB zu.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil
Entwicklung ist die vielfach nach mehr oder weniger vorgegebenem
Muster eintretende Veränderung im Zeitablauf.
Entwicklungskriminalität ist die für die in der Entwicklung vom
→Kind zum Erwachsenen befindlichen Menschen typische
Kriminalität. Ihr wird durch das →Jugendstrafrecht begegnet. Dieses
nimmt auf Entwicklungsfragen besondere Rücksicht.
→Jugendkriminalität
Lit.: Göppinger, Kriminologie; Schaffstein/Beulke, Jugendstrafrecht
Entwidmung ist die Beseitigung einer →Widmung eines
Gegenstands für einen Zweck.
Lit.: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht
Entziehung ist die Entfernung durch einen andern. E. des →Besitzes
(§ 858 BGB) ist die vollständige und andauernde Beseitigung der
Sachherrschaft des Besitzers. Sie ist ein Tatbestandsmerkmal der
verbotenen →Eigenmacht. Im Strafrecht ist die E. Minderjähriger
gegenüber Eltern, Elternteilen, Vormündern oder Pflegern strafbar (§
235 StGB, Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe). Sie liegt
auch vor, wenn der allein sorgeberechtigte Elterteil dem nur
umgangsberechtigten Elternteil das Kind entzieht.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht
Entziehungsanstalt ist die ärztlich geleitete, auf das Ziel der
Befreiung von dem Hang, alkoholische Getränke oder andere
berauschende Mittel (z. B. Haschisch) im Übermaß zu sich zu
nehmen, gerichtete Einrichtung. Die Unterbringung in einer E. ist eine
→Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 61 Nr. 2 StGB). Sie setzt
den Hang zum Rauschmittelmissbrauch, eine damit
zusammenhängende rechtswidrige →Tat und die →Gefahr weiterer
erheblicher rechtswidriger Taten voraus.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil
Enumeration ist die Art einer Angabe von →Tatbestandsmerkmalen,
welche die einzelnen erfassten Fälle besonders benennt (z. B. Art. 73
GG). Sie hat einschränkende Tendenz. Sie steht im Gegensatz zur
→Generalklausel.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
enumerativ (Adj.) aufzählend →Enumeration
enumerieren →Enumeration
Enzyklika ([F.] Rundschreiben) ist im katholischen →Kirchenrecht
ein päpstliches Rundschreiben (an die Bischöfe oder die
Allgemeinheit) bezüglich einer allgemeinen Frage der kirchlichen
Lehre, das nach seinen Eingangsworten benannt wird (z. B. E.
humanae vitae).
Lit.: Erler, Kirchenrecht
Enzyklopädie (F.) universale Bildung, Gesamtheit des Wissens,
Darstellung der Wissensinhalte
eo ipso (lat.) von selbst
Erbanfall ist der vorläufige Erwerb der →Erbschaft, der nur noch
durch →Ausschlagung rückwirkend beseitigt werden kann. Der E. an
den Erben erfolgt kraft Gesetzes mit dem Tode des Erblassers (§ 1942
I BGB). Einer Willenserklärung des Erben bedarf der E. nicht.
Lit.: Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003
Erbbaurecht (§ 1 ErbbauVO) ist das veräußerliche und vererbliche
→Recht, auf oder unter fremdem Grund und Boden ein Bauwerk zu
haben (z. B. Haus). Das E. ist in der besonderen
Erbbaurechtsverordnung geregelt. Es entsteht durch →Einigung und
→Eintragung in das →Grundbuch, wobei ein besonderes
Grundbuchblatt (Erbbaugrundbuch) angelegt wird. Für die Bestellung
eines Erbbaurechts wird meist ein →Erbbauzins als Gegenleistung
vereinbart. Das E. wird grundsätzlich wie ein →Grundstück
behandelt. Das Bauwerk ist wesentlicher →Bestandteil des
Erbbaurechts. Mit dem Erlöschen des Erbbaurechts geht das Bauwerk
in das →Eigentum des Grundstückseigentümers über. Das E. ist
wegen seiner rechtlichen Schranken rechtstatsächlich nicht sehr
verbreitet.
Lit.: Ingenstau, J./Hustedt, Volker, Kommentar zum Erbbaurecht, 8. A. 2001; Böttcher, R.,
Praktische Fragen des Erbbaurechts, 4. A. 2002; Linde, T./Richter, R., Erbbaurecht und Erbauzins,
3. A. 2001; Oefele, H. Frhr. v./Winkler, K., Handbuch des Erbbaurechts, 3. A. 2003
Erbbauzins ist das in wiederkehrenden Leistungen zu entrichtende
Entgelt für die Bestellung eines →Erbbaurechts (§ 9 ErbbauVO).
erbbiologisch (Adj.) die Biologie des Erbguts betreffend
Erbbiologisches Gutachten ist das auf einer vergleichenden
Untersuchung erbbedingter Körpermerkmale beruhende →Gutachten
eines →Sachverständigen (z. B. zum Nachweis einer behaupteten
Verwandtschaft), das gegenüber der DNA-Analyse bedeutungslos
geworden ist.
Lit.: Göppinger, Kriminologie
Erbe (M.) ist der Gesamtnachfolger des →Erblassers (§ 1922 I
BGB). Der E. erlangt mit dem →Erbfall die →Erbschaft und haftet
für die →Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 I BGB). Der E. kann
kraft →Gesetzes E. werden (gesetzlicher E.) oder durch letztwillige
→Verfügung (gewillkürter E.). E. kann auch eine im Zeitpunkt des
Erbfalls bestehende juristische →Person sein. Vom Erben zu trennen
ist der →Vermächtnisnehmer. Wer gewerbsmäßig unbekannte Erben
sucht, erlangt dadurch keinen Anspruch aus Geschäftsführung ohne
Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Erben.
Lit.: Lange/Kuchinke, Erbrecht; Firsching, Nachlassrecht
Erbe (N.) →Erbschaft
Erbeinsetzung ist die gewillkürte Zuwendung (Rechtsgeschäft) der
→Gesamtnachfolge in das ganze →Vermögen des →Erblassers oder
einen Teil davon. Sie kann durch →Testament (§ 1937 BGB, dann
einseitiges Rechtsgeschäft) oder →Erbvertrag (§ 2278 II BGB)
erfolgen. Ihr Gegensatz ist die →Enterbung.
Lit.: Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003; Leipold, Erbrecht
Erbengemeinschaft (§§ 2032ff. BGB) ist die bei mehreren Erben
kraft Gesetzes entstehende Gemeinschaft (am Nachlass). Die E. ist
eine (nicht rechtsfähige) →Gesamthandsgemeinschaft(, so dass z. B.
ein von einem Vertreter der E. abgeschlossener Mietvertrag nur mit
den einzelnen Miterben zu Stande kommen kann). Der →Nachlass
wird gemeinschaftliches, grundsätzlich gesamthänderisch gebundenes
→Vermögen der Erben (§ 2032 I BGB). Jeder →Miterbe kann (aber
entgegen dem Gesamthandsprinzip) über seinen Anteil am Nachlass
verfügen (§ 2033 I BGB), doch steht den übrigen Miterben ein
→Vorkaufsrecht zu. Die Auflösung der E., die jeder Miterbe
grundsätzlich jederzeit verlangen kann, erfolgt durch
→Auseinandersetzung.
Lit.: Sarres, E., Die Erbengemeinschaft, 2000; Ann, C., Die Erbengemeinschaft, 2001
Erbenhaftung (§ 1967 BGB) ist die Haftung des oder der Erben für
eine →Nachlassverbindlichkeit. Grundsätzlich haftet der Erbe
unbeschränkt, d. h. außer mit dem Nachlass auch mit seinem
sonstigen unabhängig vom Erbfall vorhandenen Vermögen. Die E.
kann auf den Nachlass beschränkt werden (§ 1975 BGB).
→Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenzverfahren, →Inventar
Lit.: Lange/Kuchinke, Erbrecht
Erbenlaub ist im mittelalterlichen deutschen Recht die Einwilligung
(Erlaubnis) des oder der (zur Zeit der Verfügung) nächsten Erben zu
bestimmten Verfügungen des (künftigen) Erblassers.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Erbenlosung ist im mittelalterlichen deutschen Recht das Recht des
Erben, ein vom Erblasser ohne →Erbenlaub verkauftes Grundstück
gegen Kaufpreiserstattung auszulösen (Näherrecht).
Lit.: Hübner, R., Deutsches Privatrecht; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
Erbenwartrecht →Erbenlaub
Erbfall ist der Tod des →Erblassers (§ 1922 I BGB). Mit dem E. geht
das →Vermögen eines Erblassers als Ganzes auf einen oder mehrere
→Erben über (→Gesamtrechtsnachfolge, Universalsukzession). Der
Erbe kann aber die Erbschaft ausschlagen.
Lit.: Der internationale Erbfall, hg. v. Flick, H./Piltz, D., 1999; Landsittel, R.,
Gestaltungsmöglichkeiten von Erbfällen und Schenkungen, 2. A. 2001; Lange, K./Werkmüller, M.,
Der Erbfall in der Bankpraxis, 2002
Erbfolge ist die Nachfolge des →Erben in die Vermögensrechte des →Erblassers. Die E. ist
→Gesamtrechtsnachfolge. Sie geschieht im Bürgerlichen Gesetzbuch als gesetzliche E.
grundsätzlich nach dem →Parentelensystem (mit 5 Ordnungen). Danach sind jeweils außer dem
Ehegatten gesetzliche Erben erster Ordnung die – zu gleichen Teilen erbenden – →Abkömmlinge
des Erblassers (§ 1924 I BGB), Erben zweiter Ordnung die Eltern des Erblassers und deren
Abkömmlinge (§ 1925 I BGB), Erben dritter Ordnung die Großeltern des Erblassers und deren
Abkömmlinge (§ 1926 I BGB), Erben der vierten Ordnung die Urgroßeltern des Erblassers und
deren Abkömmlinge (§ 1928 I BGB) usw. Fehlen Verwandte und Ehegatte, so erbt der →Fiskus als
gesetzlicher Erbe (§ 1936 BGB). Die gewillkürte E. ist insofern an keine festen Regeln gebunden.
Soweit ein Erblasser die Anordnung gewillkürter E. durch Willenserklärung unterlässt, tritt
gesetzliche E. ein.
Lit.: Erman, BGB; Schlüter, Erbrecht
Erblasser ist der Mensch mit seinem Tod. Sein →Vermögen geht mit
dem Erbfall auf die →Erben über. Eine juristische Person wird
demgegenüber aufgelöst und abgewickelt (z. B. §§ 45ff. BGB).
Lit.: Leipold, Erbrecht
Erbleihe ist im mittelalterlichen deutschen Recht die erbliche
(entgeltliche) Überlassung (Leihe) von Grundstücken.
Lit.: Rietschel, S., Die Entstehung der freien Erbleihe, ZRG 22 (1901), 181
Erbpacht ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen Recht die
erbliche Pacht (veräußerliches dingliches Nutzungsrecht) von
Grundstücken. →Erbbaurecht (vgl. noch Art. 63 EGBGB).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Erbrecht ist objektiv die Gesamtheit der das →Vermögen eines
Verstorbenen betreffenden Rechtssätze (§§ 1922ff. BGB). Subjektiv
ist E. die beim Tod des →Erblassers für eine oder mehrere andere
Personen entstehende Berechtigung am →Nachlass. Das E. ist durch
Art. 14 I GG als Institution gewährleistet. Gesetzliches E. ist das sich
allein aus dem Gesetz ergebende E., gewillkürtes E. das auch auf
einer Willenserklärung in Testament oder Erbvertrag beruhende E.
Lit.: Lange/Kuchinke, Erbrecht; Schlüter, W., Erbrecht, 9. A. 2003 (Prüfe dein Wissen); Brox, H.,
Erbrecht, 20. A. 2003; Leipold, D., Erbrecht, 15. A. 2004; Ferid, M./Firsching, K./Dörner,
H./Hausmann, R., Internationales Erbrecht (Lbl.), 53. A. 2003; Winkler, K., Erbrecht von A-Z, 9.
A. 2003; Krug, W., Erbrecht, 3. A. 2002; Harder, M./Kroppenberg, I.,, Grundzüge des Erbrechts, 5.
A. 2002; Familienerbrecht und Testierfreiheit im europäischen Vergleich, hg. v. Henrich,
D./Schwab, D., 2001; Olzen, D., Erbrecht, 2001; Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, hg. v.
Scherer, S., 2002; Pabst, H., Vererben und Verschenken aus grundrechtlicher Sicht, JuS 2001,
1145; Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, hg. v. Groll, K., 2001; Frank, R., Erbrecht, 2. A. 2003;
Bauer, M., Soziologie und Erbrechtsreform, 2003; Sarres, E., Erbrechtliche Auskunftsansprüche,
2004; Weirich, H., Erben und Vererben, 5. A. 2004
Erbschaft ist das →Vermögen (Rechte und Pflichten) des
→Erblassers (§ 1922 I BGB), das bei dessen Tod kraft Gesetzes als
Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen übergeht. Darüber
hinaus zählen zur E. auch Rechtsverhältnisse
nichtvermögensrechtlichen Inhalts, nicht jedoch höchstpersönliche
Rechtsbeziehungen des Erblassers (z. B. beschränkt persönliche
Dienstbarkeit § 1090 II BGB, Renten, Ansprüche aus
Lebensversicherung, bis 1990 auch der Anspruch auf Schmerzensgeld
§ 847 BGB).
Lit.: Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003
Erbschaftsanspruch (§ 2018 BGB) ist der →Anspruch des →Erben
gegen den →Erbschaftsbesitzer auf Herausgabe des Erlangten als
Ganzes (samt →Surrogaten und →Nutzungen), der neben den
→Herausgabeansprüchen auf die einzelnen Gegenstände steht. Der
gutgläubige, unverklagte Erbschaftsbesitzer haftet, soweit er zur
Herausgabe außerstande ist, nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten →Bereicherung (§ 2021 BGB),
der verklagte bösgläubige Erbschaftsbesitzer oder der deliktische
Erbschaftsbesitzer nach den Regeln über das →Eigentümer –
nichtberechtigter Besitzer – Verhältnis (§§ 2023ff. BGB).
Lit.: Weinkauf, H., Der Erbschaftsanspruch, 1981; Olzen, D., Der Erbschaftsanspruch, JuS 1989,
374
Erbschaftsbesitzer (§ 2018 BGB) ist die auf Grund eines ihr in
Wirklichkeit nicht zustehenden →Erbrechts etwas aus der
→Erbschaft erlangt habende Person. →Erbschaftsanspruch
Lit.: Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003; Ebenroth, C./Frank, M., Die Übertragung des Besitzes, JuS
1996, 794
Erbschaftserwerber (§ 2030 BGB) ist die die →Erbschaft durch
→Vertrag von einem →Erbschaftsbesitzer erwerbende, im Verhältnis
zu dem Erben einem Erbschaftsbesitzer gleichstehende Person.
Lit.: Leipold, Erbrecht
Erbschaftskauf ist der (schuldrechtliche) →Kaufvertrag (→Kauf)
mit dem →Erben über die ihm angefallene →Erbschaft (auch Erbteil,
auch Nacherbenanwartschaft). Der E. bedarf der notariellen
→Beurkundung (§ 2371 BGB). Für den E. gilt mit gewissen
Modifikationen das Kaufrecht. Erfüllt werden kann der Verkauf der
gesamten Erbschaft nur durch Einzelübertragung aller zugehörigen
Gegenstände (§ 2374 BGB, anders beim →Erbteil § 2033 BGB).
Lit.: Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003; Habscheid, W., Zur Heilung formnichtiger
Erbteilskaufverträge, FamRZ 1968, 13
Erbschaftsteuer ist die →Steuer auf den Vermögensübergang durch
Tod. Sie ist geregelt im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz
(ErbStG). Sie wird nach drei Steuerklassen erhoben (Ehegatte,
Kinder, Stiefkinder, Enkel und deren Abkömmlinge, Eltern und
Voreltern bei Erwerben von Todes wegen; Geschwister, Stiefeltern,
Schwiegereltern, geschiedener Ehegatte; sonstige Erwerber). Danach
bestimmen sich die →Freibeträge (5000 bis 300000 Euro) und die
Steuersätze (7–30%, 12–40%, 17–50%).
Lit.: ErbSt, Einführung v. Halaczinsky, R., 14. A. 2004; Troll, M./Gebel, D./Jülicher, M.,
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (Lbl.), 27. A. 2003; Meincke, J., Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, 13. A. 2002; Horschitz, H., Bewertungsrecht, Grundsteuer, Erbschaft- und
Schenkungsteuer, 15. A. 2001; Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (Lbl.), hg. v. Wilms, H.,
2002; Moench, D., Erbschaft- und Schenkungsteuer (Lbl.), 2000; Schwarz, L./Schwarz, W.,
Erbschaftsteuererklärung 2003, 2003; Handbuch Erbschaftsteuer und Bewertung, 2004; Söffing, M.,
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, 2. A. 2003
Erbschein (§ 2353 BGB) ist das amtliche, vom →Nachlassgericht
auf Antrag auszustellende Zeugnis des →Erben über sein →Erbrecht
und, wenn er nur zu einem Teil der Erbschaft berufen ist, über die
Größe des →Erbteils. Der E. begründet eine →Vermutung für das
Bestehen des angegebenen Erbrechts (§ 2365 BGB). Ein Dritter kann
von dem, der in einem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, durch
→Rechtsgeschäft einen Erbschaftsgegenstand →gutgläubig erwerben
(§ 2366 BGB).
Lit.: Gregor, K., Erbscheinsverfahren, 3. A. 2002
Erbteil ist der Anteil eines →Miterben (§§ 1922 II, 2032ff. BGB) am
→Nachlass. Er ist eine Gesamthandsberechtigung. Auf ihn finden
grundsätzlich die Vorschriften über die →Erbschaft Anwendung.
Lit.: Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003
Erbuntertänigkeit ist im neuzeitlichen deutschen Recht ein feudales
Abhängigkeitsverhältnis des Bauern vom Gutsherrn.
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 2
Erbunwürdigkeit (Vermächtnisunwürdigkeit,
Pflichtteilsunwürdigkeit) ist die Unwürdigkeit, →Erbe (,
→Vermächtnisnehmer oder →Pflichtteilsberechtigter) zu sein (§§
2339, 2345 BGB). Die Gründe für die E. sind im Gesetz im Einzelnen
festgelegt (z. B. vorsätzliche und widerrechtliche Tötung des
Erblassers, Bestimmung zur Errichtung oder Aufhebung einer
Verfügung von Todes wegen durch arglistige Täuschung oder
Drohung). Ist ein Erbe (auf Anfechtungsklage eines
Nachberechtigten) für unwürdig erklärt, so gilt der Anfall der
Erbschaft an ihn als nicht erfolgt (§ 2344 BGB).
Lit.: Leipold, Erbrecht
Erbvertrag ist der →Vertrag zwischen mindestens zwei Personen, in
dem mindestens einer der Vertragsschließenden (→Erblasser)
vertragsmäßige →Verfügungen von Todes wegen trifft (§ 2278
BGB). Er ist eine Verfügung von Todes wegen. Er kann grundsätzlich
nur zur Niederschrift eines →Notars geschlossen werden (§ 2276
BGB). Er beschränkt die →Verfügung durch →Rechtsgeschäft unter
Lebenden regelmäßig nicht (§ 2286 BGB).
Lit.: Poser, A., Der entgeltliche Erbvertrag, 2000; Schumann, G., Erbvertragsrecht, 2002
Erbverzicht ist der →Vertrag zwischen dem →Erblasser und einem
→Verwandten, Ehegatten, gewillkürten →Erben oder
→Vermächtnisnehmer, durch den dieser auf sein →Erbrecht bzw. die
Zuwendung an ihn verzichtet (§§ 2346, 2352 BGB). Der Vertrag
bedarf der notariellen →Beurkundung. Der E. ist ein abstraktes,
unmittelbar den Verlust des Erbrechts bewirkendes Rechtsgeschäft.
Der Verzicht auf das gesetzliche →Erbrecht ergreift grundsätzlich
ohne Weiteres den →Pflichtteil, doch kann auch ein E. unter
Vorbehalt des Pflichtteilsrechts oder ein Verzicht auf das
Pflichtteilsrecht allein (Pflichtteilsverzicht) erklärt werden. Nach dem
Tod der Verzichtenden kann der E. nicht mehr aufgehoben werden.
Lit.: Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003; Damrau, J., Der Erbverzicht als Mittel zweckmäßiger
Vorsorge für den Todesfall, 1966
Ereignis ist das wirkende Geschehnis.
Erfahrung →Lebenserfahrung
Erfinder →Erfindung
Erfindung ist die (erste oder) neue Lösung einer Aufgabe. Im
Immaterialgüterrecht ist E. die neue, (eine gewisse geistige Höhe
erreichende,) anwendbare Lösung eines technischen Problems durch
einen Menschen (Erfinder). Sie kann Schutz als →Patent oder
→Gebrauchsmuster erlangen (vgl. z. B. Patentgesetz).
→Arbeitnehmererfindung.
Lit.: Reimer, E./Schade, H./Schippel, H., Das Recht der Arbeitnehmererfindung, 7. A. 2000
Erfolg ist das (bezweckte) Ergebnis eines Verhaltens oder eines
sonstigen Ereignisses.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Puppe, I., Die Erfolgszurechnung im Strafrecht, 2000
Erfolgsabwendungspflicht (Garantenpflicht) (§ 13 StGB) ist die
Verpflichtung, ein bestimmtes Ergebnis nicht eintreten zu lassen. Im
Strafrecht ist, wer es unterlässt, einen →Erfolg abzuwenden, der zum
Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, strafbar, wenn er rechtlich
dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt, und wenn das
→Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch
ein Tun entspricht. Eine E. ergibt sich aus einer →Garantenstellung.
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil; Kaufmann, A., Die Dogmatik der
Unterlassungsdelikte, 1959
Erfolgsdelikt ist das →Delikt, dessen Tatbestand außer einem
→Verhalten einen gedanklich abgrenzbaren →Erfolg in der
Außenwelt voraussetzt (z. B. Totschlag erfordert Tötungshandlung
und Todeserfolg). Der Gegensatz zum Erfolgsdelikt ist das
→Tätigkeitsdelikt. Die Erfolgsdelikte zerfallen in
→Verletzungsdelikte und (konkrete) →Gefährdungsdelikte.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Freund, G., Erfolgsdelikt und Unterlassen, 1992
Erfolgshaftung ist die →Haftung, die beim Vorliegen eines
→Erfolgs eintritt, ohne dass es auf die Vorwerfbarkeit eines
Verhaltens (Verschulden) ankommt. Sie steht im Gegensatz zur
→Verschuldenshaftung. Ein Fall der E. ist die
→Gefährdungshaftung.
Erfolgshonorar ist die vom Eintritt des erwünschten Ereignisses
abhängig gemachte Vergütung. Die Vereinbarung eines prozessualen
Erfolgshonorars durch einen →Rechtsanwalt ist standesrechtlich
grundsätzlich unzulässig. Zulässig ist die Prozessfinanzierung gegen
Erfolgsbeteiligung durch Dritte.
Lit.: Schepke, J., Das Erfolgshonorar des Rechtsanwalts, 1998; Dethloff, N., Verträge zur
Prozessfinanzierung gegen Erfolgsbeteiligung, NJW 2000, 2225
Erfolgsort ist der Ort, an dem der →Leistungserfolg eintreten soll im
Gegensatz zum →Handlungsort (Ort der Leistungshandlung). Der E.
bestimmt sich nach § 269 BGB. E. und Handlungsort fallen bei der
→Schickschuld auseinander.
erfolgsqualifiziert (Adj.) durch einen Erfolg besonders qualifiziert
erfolgsqualifiziertes Delikt →Delikt, erfolgsqualifiziertes
Lit.: Köhler, C., Beteiligung und Unterlassen beim
erfolgsqualifizierten Delikt, 2000
Erfolgsunrecht ist das im Rahmen der Prüfung der
→Rechtswidrigkeit durch einen von der Rechtsordnung missbilligten
Erfolg indizierte Unrecht (z. B. eine Tötung eines Menschen [Erfolg]
ist grundsätzlich rechtswidrig, d. h. der Erfolg als solcher deutet auf
das Vorliegen der Rechtswidrigkeit). Das E. steht im Gegensatz zum
→Handlungsunrecht. Die Lehre vom E. prüft die Verletzung eines
Gebots zu sorgfältigem Verhalten statt bei der Rechtswidrigkeit bei
der Schuld (Fahrlässigkeit).
Lit.: Palandt, BGB; Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil
erforderlich (Adj.) notwendig →Erforderlichkeit
Erforderlichkeit ist die Notwendigkeit eines Umstands für eine
bestimmte Folge (z. B. Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich
ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff abzuwehren, §
227 II BGB). Fehlt die Notwendigkeit, so tritt die von der E.
abhängige Rechtsfolge nicht ein (z. B. war die Handlung zur Abwehr
nicht erforderlich, so liegt keine Notwehr vor).
Lit.: Palandt, BGB; Böhm, K., Die ex-ante-Betrachtung beim Merkmal der Erforderlichkeit, Diss.
jur. Münster 1996
erfüllbar →Erfüllbarkeit
Erfüllbarkeit ist der Zeitpunkt, von dem ab der →Schuldner leisten
darf. Nach § 271 II BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass der
Schuldner auch vor der für die Leistung bestimmten Zeit die Leistung
bewirken kann. Demnach liegt die Erfüllbarkeit häufig zeitlich vor
der →Fälligkeit.
Erfüllung ist das Bewirken der geschuldeten →Leistung (z. B.
Übereignung der Kaufsache, bare Zahlung des Kaufpreises,
Gutschrift auf Bankkonto infolge einer Überweisung) durch den
→Schuldner an den →Gläubiger bzw. die dadurch eintretende
Schuldtilgung (§ 362 I BGB), die das →Schuldverhältnis erlöschen
lässt. Die Leistung eines andern ([lat.] aliud) als des geschuldeten
Gegenstands ist ebensowenig E. wie die Leistung an eine andere
Person als den Gläubiger (vgl. § 362 II BGB). Die E. erfolgt als reale
Leistungsbewirkung, erfordert also nicht in jedem Fall ein
rechtsgeschäftliches Handeln (z. B. Reparatur einer Maschine).
→Leistung an Erfüllungs Statt und →Leistung erfüllungshalber sind
grundsätzlich nicht E., sondern zunächst nur Erfüllungsversuche (vgl.
aber § 364 I BGB).
Lit.: Gernhuber, J., Die Erfüllung und ihre Surrogate sowie das Erlöschen der Schuldverhältnisse
aus anderen Gründen, 2. A. 1994; Muscheler, K./Bloch, W., Erfüllung und Erfüllungssurrogate, JuS
2000, 729
Erfüllungsbetrug (§ 263 StGB) ist im Strafrecht der →Betrug, bei
dem ein Vertragsteil eine Leistung erhält, die in Bezug auf Menge
oder Güte hinter der Vereinbarung zurückbleibt (z. B. Lieferung eines
älteren Automodells als vereinbart).
Lit.: Tröndle/Fischer, StGB; Lenckner, T., Vertragswert und Vermögensschaden beim Betrug des
Verkäufers, MDR 1961, 652
Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) ist eine Person, die mit Wissen und
Wollen des →Schuldners rein tatsächlich in dessen Pflichtenkreis
tätig wird (z. B. Verkäuferin des Kaufhausunternehmens, Fahrer des
Transportunternehmers, Krankenhausarzt für Krankenhausträger,
nicht das pathologische Institut der histologischen Untersuchung im
Verhältnis zum behandelnden Arzt). Der Schuldner (muss sich das in
Erfüllung der Verbindlichkeit vorgenommene Verhalten des
Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen und) hat das →Verschulden
eines Erfüllungsgehilfen (ohne eigenes Verschulden) in gleichem
Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Nicht verwechselt
werden darf mit dem Erfüllungsgehilfen der (im Bereich er
unerlaubten Handlungen bedeutsame) →Verrichtungsgehilfe (§ 831
BGB), obgleich ein E. vielfach zugleich Verrichtungsgehilfe ist.
Lit.: Delmere, J., Der Erfüllungsgehilfe in § 278 BGB, 1989 (Diss.)
Erfüllungsinteresse ist das Interesse an der →Erfüllung eines
→Rechtsgeschäfts im Gegensatz zum bloßen Vertrauensinteresse.
Hat der Schuldner das E. zu ersetzen, so hat er den Gläubiger so zu
stellen, wie dieser stehen würde, wenn der Schuldner ordnungsgemäß
erfüllt hätte. Er hat also den Schaden zu ersetzen, der dem Gläubiger
durch die Nichterfüllung entsteht. →Vertrauensinteresse
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Erfüllungsort (Handlungsort, Leistungsort) ist der Ort, an dem der
Schuldner die →Leistungshandlung vorzunehmen hat. Den Gegensatz
bildet der →Erfolgsort. E. und Erfolgsort fallen bei der
→Schickschuld auseinander. Europarechtlich muss im
Vorlageverfahren letztlich der Europäische Gerichtshof den E.
bestimmen. Dafür lässt er das Recht maßgeblich sein, das nach den
Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts für die
streitige Verpflichtung maßgeblich ist.
Lit.: Schack, H., Der Erfüllungsort, 1985; Valloni, L., Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes, 1998
Erfüllungsübernahme ist die auf Rechtsgeschäft gegründete
Verpflichtung einer Person gegenüber einem →Schuldner, dessen
→Gläubiger zu befriedigen, ohne dass der Gläubiger gegen den
Dritten einen Anspruch erlangt (vgl. § 329 BGB). Im Gegensatz zur
→Schuldübernahme hat der Gläubiger also bei der E. keine
→Forderung gegen den Dritten. Nur der Schuldner selbst kann
Erfüllung vom Übernehmer verlangen.
Lit.: Pieper, H., Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt, 1963
Ergänzung ist die Vervollständigung etwas Unvollständigen.
Ergänzungspflegschaft (§ 1909 BGB) ist die neben einer elterlichen
→Sorge oder einer →Vormundschaft für Angelegenheiten, an deren
Besorgung die Eltern oder der Vormund verhindert sind, bestellte
→Pflegschaft.
Ergänzungsurteil (z. B. § 321 ZPO) ist das ein vorausgegangenes
Urteil in einem versehentlich offen gelassenen Punkt ergänzende
→Urteil.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
ergo (lat.) also, folglich
erheblich (Adj.) gewichtig, bedeutsam
Erinnerung (z. B. § 766 ZPO) ist der →Rechtsbehelf gegen
untergeordnete Entscheidungen und Maßnahmen von Justizbehörden,
vor allem eines →Rechtspflegers, →Urkundsbeamten oder
→Gerichtsvollziehers (z. B. E. gegen Kostenfestsetzungsbeschluss).
Der E. kann der Handelnde vielfach abhelfen. Im Übrigen entscheidet
über sie das zuständige →Gericht.
Lit.: Kunz, B., Erinnerung und Beschwerde, 1980
Erkenntnis ist allgemein die vom Bewusstsein der Wahrheit
begleitete Einsicht in einen Sachverhalt sowie das Ergebnis dieses
Vorgangs. Im Verfahrensrecht ist das E. eine ältere Bezeichnung für
→Urteil.
Erkenntnisverfahren ist der Teil des Verfahrens, in dem über die
Streitsache meist durch Urteil entschieden wird. Dem E. kann ein
→Vorverfahren vorausgehen (z. B. →Ermittlungsverfahren).
Grundsätzlich schließt sich ihm ein →Vollstreckungsverfahren (z. B.
→Zwangsvollstreckung) an.
Lit.: Blomeyer, A., Erkenntnisverfahren, 1985
Erklärung ist allgemein die gewollte Klarstellung eines Umstands.
Sie kann u. a. die Äußerung des objektiv zunächst unbekannten
subjektiven →Willens sein. Als Willenserklärung ist sie ein
grundlegender Baustein vor allem des Privatrechts.
Erklärungsirrtum (§ 119 I 2. Alt. BGB) ist der →Irrtum über die
Erklärungshandlung. Bei ihm will der Erklärende eine Erklärung
dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben (z. B. Verschreiben,
Versprechen). Der E. bewirkt die Anfechtbarkeit der betroffenen
Willenserklärung.
Erklärungstheorie ist die auf die äußere Erklärung des Willens
abstellende Theorie. →Willenserklärung
Erklärungswille ist der Wille, eine rechtserhebliche Erklärung
abzugeben. →Willenserklärung
Erlass ist im Verwaltungsrecht die für den internen Dienstbetrieb
→der Verwaltung bestimmte allgemeine Anweisung (der
übergeordneten Behörde) (Verwaltungsvorschrift z. B.
Ministerialerlass). Im Schuldrecht ist E. der Vertrag
(→Aufhebungsvertrag) zwischen Gläubiger und Schuldner, in dem
der Gläubiger auf die Forderung verzichtet. Hier ist der E. ein
abstraktes →Verfügungsgeschäft (§ 397 I BGB), dem meist eine
Schenkung als Grundgeschäft zu Grunde liegt, bei deren Wegfall §
812 BGB zu beachten ist.
Erlaubnis ist im Verwaltungsrecht die Erklärung einer →Behörde,
dass sie ein bestimmtes Verhalten zulässt (z. B. Bauerlaubnis,
Baugenehmigung). Sie ist ein gestaltender begünstigender
→Verwaltungsakt, der die Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des
zu erlaubenden Verhaltens (z. B. den Bau) bildet. Bei der gebundenen
E. muss diese bei Vorliegen bestimmter gesetzlicher Voraussetzungen
erteilt (oder im Übrigen versagt) werden. Bei der freien E. besteht nur
ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Die E. i. w. S.
umfasst die →Bewilligung (Verleihung, Konzession), die ein volles
subjektives öffentliches Recht gewährt, und die E. i. e. S., die nur
einen öffentlich-rechtlichen Besitzstand unbeschadet privater Rechte
Dritter begründet. Im Strafrecht ist als E. der Rechtfertigungsgrund zu
verstehen, der ein an sich verbotenes Tun ausnahmsweise erlaubt.
Lit.: Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen u. a.; Pietzcker, J., Der Anspruch auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung, JuS 1982, 106
Erlaubnisirrtum ist der →Irrtum des Täters über die rechtlichen
Grenzen eines anerkannten →Rechtfertigungsgrunds (z. B. Intensität
der erlaubten Abwehr bei →Notwehr) oder der Glaube an das
Eingreifen eines Rechtfertigungsgrunds, den die Rechtsordnung nicht
anerkennt (z. B. irrtümlicher Glaube an ein →Züchtigungsrecht). Er
ist ein Irrtum über die Rechtmässigkeit des Verhaltens. Auf den E.
finden (als indirekten Verbotsirrtum) die Regeln über den
→Verbotsirrtum Anwendung.
Erlaubnistatbestandsirrtum ist der →Irrtum über die
tatbestandlichen Voraussetzungen eines anerkannten
→Rechtfertigungsgrunds. Der Täter hält die Umstände für gegeben,
die, falls sie tatsächlich vorlägen, die Tat rechtfertigen würden (z. B.
Täter hält sich irrtümlich für angegriffen). Nach § 16 I StGB analog
(str.) entfällt der →Vorsatz. Die Strafbarkeit wegen →fahrlässiger
Begehung bleibt unberührt. Umgekehrter E. ist das Handeln in
Unkenntnis einer objektiv gegebenen Rechtfertigungslage
(Strafbarkeit als Versuch [str.]).
Lit.: Graul, E., Der umgekehrte Erlaubnistatbestandsirrtum, JuS 2000, L 41; Herzberg,
R./Scheinfeld, J., Der Erlaubnistatbestandsirrtum, JuS 2002, 649
Erlaubnisvorbehalt ist der einem präventiven →Verbot beigefügte
→Vorbehalt der regelmäßig bei Vorliegen der gesetzlichen
Voraussetzungen zu erteilenden →Erlaubnis (z. B. Verbot des Bauens
ausgenommen mit Bauerlaubnis).
Erledigung ist das Gegenstandsloswerden eines →Antrags oder
Begehrens durch ein nach Verfahrensbeginn liegendes Ereignis (z. B.
die eingeklagte Geldsumme wird bezahlt). Erklären beide Parteien die
Hauptsache für erledigt (→Klageänderung), so entscheidet das
→Gericht nur noch durch →Beschluss über die →Kosten (vgl. § 91a
ZPO). Erklärt nur der Kläger die Hauptsache für erledigt und ist sie
tatsächlich erledigt, so ergeht ein →Endurteil.
Lit.: Pape, G./Notthoff, M., Die Erledigung in der Hauptsache, JuS 1995, 912, JuS 1996, 148;
Vageno, T., Die einseitige Erledigungserklärung, 1996; El-Gayar, M., Die einseitige
Erledigungserklärung, 1998; Kuan-Ling, S., Die Erledigung der Hauptsache, 2000
Erlöschen ist die vollständige Beendigung eines Rechtsverhältnisses
(z. B. Schuldverhältnis) oder einer Rechtsmacht (z. B.
Vertretungsmacht).
Lit.: Gernhuber, J., Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. A. 1994
Ermächtigung (vgl. § 185 BGB) ist der im Bürgerlichen Gesetzbuch
nicht besonders geregelte Vorgang der Übertragung der Befugnis,
über ein fremdes Recht im eigenen Namen zu verfügen oder das
Recht auszuüben, sowie das Ergebnis dieses Vorgangs (z. B.
→Einziehungsermächtigung). Die E. ist ein Unterfall der
→Einwilligung. Sie ist zu unterscheiden von der →Stellvertretung
und von der →Abtretung. Im Verfahrensrecht ist eine E. bei eigenem
schutzwürdigen Interesse des zu Ermächtigenden zulässig
(→Prozessstandschaft).
Lit.: Doris, P., Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung, 1974
Ermächtigungsgesetz ist das →Gesetz, das (ein Verfassungsorgan)
zu einem bislang nicht zulässigen Verhalten ermächtigt. Es findet sich
an verschiedenen Stellen. Rechtsgeschichtlich besonders bedeutsam
ist Deutschlands Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich
(1933), das die Gesetzgebungszuständigkeit des Reichstags entgegen
dem Grundsatz der Gewaltenteilung auf die Reichsregierung übertrug
und diese dadurch zur Gesetzgebung ermächtigte.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Ermächtigungsgrundlage ist die verfassungsmäßige Grundlage der
Ermächtigung zu einem bestimmten Verhalten. Gemäß Art. 80 I GG
bedarf der Erlass einer →Rechtsverordnung einer E. in der Form
eines formellen →Gesetzes, das Inhalt, Zweck und Ausmaß der
erteilten Ermächtigung bestimmen muss. Die E. ist in der Verordnung
anzugeben.
Ermahnung ist der eindringliche Hinweis.
Lit.: Schaffstein/Beulke, Jugendstrafrecht
Ermessen (§ 40 VwVfG) ist der auf Zweckmäßigkeit im Einzelnen
Fall abstellende Maßstab für das →Verwaltungshandeln. Hat eine
→Behörde E., so ist ihr Handeln nicht (schon) durch die
Rechtsvorschriften, welche die Grundlage dafür bilden, eindeutig
bestimmt, sondern es besteht ein gewisser Spielraum. Die Behörde ist
auf die Lösung verwiesen, die angesichts der besonderen konkreten
Umstände des Falls dem Zweck der Handlungsermächtigung am
besten gerecht wird. Sie hat ihr E. entsprechend dem Zweck der
Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des
Ermessens einzuhalten. Ob eine Vorschrift der Behörde E. einräumt,
ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei die Wörter kann, darf auf
freies E. und soll auf gebundenes E. deuten. E. ist ausgeschlossen,
wenn die Behörde bei Vorliegen der im gesetzlichen Tatbestand
bezeichneten Voraussetzungen einen Verwaltungsakt erlassen muss
oder nicht erlassen darf (gebundener Verwaltungsakt z. B. bei
unbestimmten Rechtsbegriffen wie z. B. öffentliches Interesse).
→Ermessensfehler machen den →Verwaltungsakt fehlerhaft und
damit angreifbar. Im Privatrecht (§§ 315ff. BGB) ist die Bestimmung
der →Leistung durch einen Dritten in der Regel nach billigem E. zu
treffen.
Lit.: Brühl, R., Die Behandlung des Verwaltungsermessens in Bescheid und Urteil, JuS 1995, 249;
Held-Daab, U., Das freie Ermessen, 1996; Brinktrine, R., Verwaltungsermessen, 1998;
Messerschmidt, K., Gesetzgebungsermessen, 2000; Stickelbrock, B., Inhalt und Grenzen
richterlichen Ermessens im Zivilprozess, 2002
Ermessensfehler ist der Fehler in der Ausübung des →Ermessens. E.
können →Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung bzw.
vollständiger →Ermessensmangel und →Ermessensmissbrauch sein.
Der E. macht den Verwaltungsakt fehlerhaft und damit anfechtbar.
Lit.: Bleckmann, A., Ermessensfehlerlehre, 1997
Ermessensfehlgebrauch →Ermessensmissbrauch
Ermessensmangel ist das Fehlen der Prüfung und Abwägung aller
Möglichkeiten der Entscheidung und aller in Betracht kommenden
Gesichtspunkte durch die →Behörde bei Anwendung einer
Ermessensnorm. →Ermessensunterschreitung
Ermessensmissbrauch ist der Gebrauch des →Ermessens in einer
dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Art und Weise
(z. B. Berücksichtigung sachfremder Erwägungen, Verletzung des
Gleichheitsgrundsatzes).
Ermessensnichtgebrauch →Ermessensunterschreitung
Ermessensreduzierung (Ermessensreduktion) ist die Einschränkung
des Ermessensspielraums durch die besonderen Umstände des
konkreten Falls, die so weit gehen kann, dass aus rechtlichen Gründen
nur eine einzige Entscheidung in Betracht kommt
(Ermessensreduzierung auf null).
Lit.: Laub, K., Die Ermessensreduzierung, 2000
Ermessensüberschreitung ist die Überschreitung der gesetzlichen
Grenzen des →Ermessens (z. B. Anordnen einer vom Gesetz nicht
zugelassenen Rechtsfolge).
Ermessensunterschreitung ist die Unterschreitung der gesetzlichen
Grenzen des →Ermessens, die bis zum völligen →Ermessensmangel
gehen kann.
Ermittlung ist die durch Nachforschen und Untersuchen zu
bewirkende Feststellung eines Sachverhalts.
Lit.: Quentin, A., Der verdeckte Ermittler, JuS 1999, 134
Ermittlungsrichter (§§ 162ff. StPO) ist der im
→Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft tätige →Richter, der
die dem Richter vorbehaltenen Amtshandlungen im
→Ermittlungsverfahren durchführt (z. B. Erlass eines Haftbefehls,
eidliche Vernehmung eines Zeugen).
Ermittlungsverfahren (§ 160 StPO) ist im Rahmen des
Strafverfahrens das vorbereitende Verfahren (Vorverfahren). Es dient
dazu, Belastungsgründe und Entlastungsgründe in Bezug auf die einer
→Straftat Verdächtigen zum Zweck der Entschließung darüber zu
sammeln, ob die öffentliche →Klage zu erheben ist. Zuständig für das
E. ist die →Staatsanwaltschaft, die von der →Polizei (§ 163 StPO)
(Kriminalpolizei) unterstützt wird. Eingeleitet wird das E. durch
amtliche Wahrnehmung, →Anzeige (Strafanzeige) oder →Antrag auf
Strafverfolgung. Es endet mit der (jederzeit widerruflichen)
→Einstellung des Verfahrens (§ 170 II 1 StPO) oder der Erhebung
der öffentlichen →Anklage durch Einreichung einer →Anklageschrift
bei dem zuständigen →Gericht (§ 170 I StPO). Daneben gibt es auch
im Recht der →Ordnungswidrigkeiten ein E. (§§ 35ff. OWiG).
Lit.: Weihrauch M., Verteidigung im Ermittlungsverfahren, 6. A. 2002; Walk, F., Die Beendigung
des Ermittlungsverfahrens, 1996; Burhoff, D., Handbuch für das strafrechtliche
Ermittlungsverfahren, 3. A. 2003; Malek, K./Wohlers, W., Zwangsmaßnahmen und
Grundrechtseingriffe im Ermittlungsverfahren, 2. A. 2001; Wölfl, Vorermittlungen der
Staatsanwaltschaft, JuS 2001, 478
Ernennung (§ 5 BRRG) eines →Beamten ist die Festlegung der
Rechtsstellung eines Beamten nach Art und Inhalt. Dazu gehören die
Einstellung als Beamter, die erste Verleihung eines Amts, die
Verleihung eines andern Amts und die Umwandlung des
Beamtenverhältnisses. Die E. ist ein mitwirkungsbedürftiger
→Verwaltungsakt. Sie erfolgt durch Aushändigung einer →Urkunde.
Sie kann nichtig sein oder zurückgenommen werden.
Lit.: Wagner, F., Beamtenrecht, 7. A. 2002
Eröffnungsbeschluss (§ 203 StPO) ist der Beschluss des →Gerichts
über die Eröffnung des →Hauptverfahrens auf Grund der Erhebung
der öffentlichen →Anklage. Das Gericht beschließt die Eröffnung,
wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der
Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint. Der E.
kann vom →Angeschuldigten nicht angefochten werden.
Lit.: Michler, G., Der Eröffnungsbeschluss im Strafverfahren, 1989 (Diss.)
Eröffnungsbilanz →Bilanz
Eröffnungsverfahren (Zwischenverfahren) ist das Verfahren
zwischen dem →Ermittlungsverfahren und dem →Hauptverfahren.
Es beginnt mit dem Antrag, das Hauptverfahren zu eröffnen und
endet mit dem Erlass des →Eröffnungsbeschlusses (§ 203 StPO) oder
seiner (nicht mehr anfechtbaren) Ablehnung. In ihm wird über die
Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen. Die Ablehnung des
Eröffnungsbeschlusses kann von der →Staatsanwaltschaft mit
sofortiger →Beschwerde angefochten werden. Ist die Eröffnung des
Hauptverfahrens durch einen nicht mehr anfechtbaren Beschluss
abgelehnt, so kann die Anklage nur auf Grund neuer Tatsachen oder
Beweismittel wieder aufgenommen werden (§ 211 StPO). Im
→Insolvenzverfahren ist E. das Verfahren der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens (§§ 11ff. InsO).
erpresserisch (Adj.) erpressend
erpresserischer Menschenraub →Menschenraub, erpresserischer
Erpressung (§ 253 StGB) ist die Beschädigung des →Vermögens
eines andern durch →Nötigung dieses oder eines andern Menschen in
der Absicht, sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern. Die E.
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist
strafbar. Räuberische E. (§ 255 StGB) ist die E., bei der die Nötigung
durch →Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von
Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen
wird (z. B. Drohung, Waren zu vergiften oder Züge entgleisen zu
lassen). Der Täter ist gleich einem Räuber zu bestrafen. Vom →Raub
unterscheidet sich die E. dadurch, dass der Täter nicht wegnimmt,
sondern sich geben lässt, vom →Betrug durch die Anwendung von
Zwang statt Täuschung.
Lit.: Otto, H., Zur Abgrenzung von Diebstahl, Betrug und Erpressung, ZStW 60, 33
Error (lat. [M.] Irrtum) ist die lateinische Bezeichnung für den
→Irrtum. E. in negotio (Irrtum über die Geschäftsart) ist ein Fall des
→Inhaltsirrtums. E. in obiecto (Irrtum über das Objekt) ist im
Privatrecht ein Fall des →Inhaltsirrtums. Im Strafrecht ist e. in
obiecto ein →Irrtum über das Tatobjekt (z. B. T will auf A schießen,
verwechselt ihn aber mit B). Dieser Irrtum ist unbeachtlich (str.),
wenn die verwechselten Objekte gleichwertig sind (z. B. Menschen).
Bei ungleichwertigen Objekten kommt Bestrafung wegen eines
→Versuchs hinsichtlich des angestrebten Objekts und eines
→Fahrlässigkeitsdelikts hinsichtlich des tatsächlich betroffenen
Objekts in Betracht. E. in persona (Irrtum über die Person) ist im
Privatrecht ein Fall des →Inhaltsirrtums, im Strafrecht ein Fall des
→Irrtums über das Tatobjekt (error in obiecto).
Lit.: Schreiber, H., Grundfälle zu error in objecto und aberratio ictus im Strafrecht, JuS 1985, 873;
Grotendiek, S., Strafbarkeit des Täters, 2000
Errungenschaftsgemeinschaft ist im (älteren) Familienrecht eine
Form der Gütergemeinschaft, in der das von den Eheleuten in der Ehe
errungene Gut gemeinschaftliches Vermögen wird, die vorehelichen
Vermögen dagegen getrenntes Vermögen des jeweiligen Inhabers
bleiben.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Ersatz ist die Person bzw. der Gegenstand oder die Maßnahme, die
an die Stelle einer nicht mehr vorhandenen oder geeigneten Person
bzw. Sache oder Maßnahme tritt.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Ersatzdienst ist allgemein ein an Stelle eines an sich geschuldeten
Diensts geleisteter Dienst. Ziviler E. ist der von
Kriegsdienstverweigerern zu leistende E. Geregelt ist der zivile E. in
dem besonderen Zivildienstgesetz. Nach § 24 dieses Gesetzes dauert
er um ein Drittel länger als der Grundwehrdienst. Für Schäden durch
einen Zivildienstleistenden haftet der Staat.
Ersatzerbe (§ 2096 BGB) ist der →Erbe, der vom Erblasser für den
Fall eingesetzt ist, dass der Erbe vor oder nach dem Eintritt des
→Erbfalls wegfällt (z. B. durch Tod, Erbunwürdigkeit). Dabei kann
der Erblasser mehrere Ersatzerben nacheinander einsetzen. Der E.
wird mit dem →Erbfall (bedingter) Erbe.
Ersatzfreiheitsstrafe (§ 43 StGB) ist die →Freiheitsstrafe, die kraft
Gesetzes an die Stelle einer rechtskräftig verhängten, aber tatsächlich
uneinbringlichen →Geldstrafe tritt(, wobei einem →Tagessatz (der
Geldstrafe) ein Tag Freiheitsstrafe entspricht).
Lit.: Kollmar, R., Schuldangemessene Vermögensstrafe und adäquate Ersatzfreiheitsstrafe,1998
Ersatzgeschäft →Umdeutung
Ersatzkasse (§§ 168ff. SGB V) ist die die →Krankenversicherung
betreibende →Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren freiwillige
Mitgliedschaft von der Mitgliedschaft in einer Pflichtkrankenkasse
befreit. Es gibt Ersatzkassen für →Arbeiter und für →Angestellte (z.
B. Barmer Ersatzkasse, Deutsche Angestelltenkrankenkasse). Die E.
unterliegt staatlicher Aufsicht (durch das Bundesversicherungsamt).
Lit.: Gitter, W./Schmitt, J., Sozialrecht, 5. A. 2001
Ersatzvermächtnis (§§ 2190 BGB) ist das für den Fall, dass der
zunächst Bedachte das →Vermächtnis nicht erwirbt, bestellte
Vermächtnis.
Ersatzvornahme (§§ 10 VwVG, 887 ZPO) ist die ersatzweise
Vornahme einer (vertretbaren) Handlung, die an sich ein Dritter
schuldet, durch (die →Verwaltung oder) einen (von ihr damit
betrauten) andern. Sie ist ein →Zwangsmittel im Rahmen der
Verwaltungsvollstreckung bzw. der Vollstreckung, das der
Vollstreckung der Verpflichtung zu einer vertretbaren →Handlung
dient. Ihre Kosten trägt der Pflichtige.
Lit.: Burmeister, J., Die Ersatzvornahme im Polizei- und Verwaltungsvollstreckungsrecht, JuS
1989, 256; Giehl, M., Ersatzvornahme im Zivilrecht, Diss. jur. Göttingen, 1994
Ersatzzeit ist bei der →Rentenversicherung die beitragsfreie, jedoch
auf Wartezeiten und bei der Rentenberechnung anrechenbare Zeit (z.
B. Wehrdienst) vor dem 1. 1. 1992.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Ersatzzustellung (z. B. §§ 181ff. ZPO) ist die auf andere Weise als
durch Übergabe an den Zustellungsempfänger bewirkte →Zustellung
(z. B. Übergabe an Dienstboten, Zurücklassung am Ort, nicht
Übergabe an einen nicht in der Wohnung des Adressaten lebenden
Familienangehörigen).
Ersatzzwangshaft (§§ 16 VwVG, 888 ZPO) ist die Haft, die das
→Gericht anordnen kann, wenn das verhängte →Zwangsgeld
uneinbringlich ist und bei Androhung des Zwangsgelds auf die
Möglichkeit der E. hingewiesen worden ist.
Erscheinen ist allgemein das öffentliche Sichtbarwerden. Im
Verfahrensrecht ist persönliches E. die Anwesenheit eines
Verfahrensbeteiligten in Person. Persönliches E. kann etwa im
Zivilprozessrecht vom →Gericht hinsichtlich der →Parteien
angeordnet werden (§§ 141, 273 II Nr. 3 ZPO). Es soll angeordnet
werden, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten
erscheint.
Lit.: Kahlert, H., Anordnung des persönlichen Erscheinens im Zivilund Arbeitsgerichtsprozess, NJW 2003, 3390
Erschleichen einer Leistung (§ 265a StGB) ist das Entgegennehmen
einer Leistung auf Grund eines den Anschein der Ordnungsmäßigkeit
vermittelnden Verhaltens. Dafür genügt beispielsweise das Nichtlösen
oder Nichtentwerten eines Fahrausweises sowie ein unauffälliges und
unbefangenes Auftreten. Nicht erforderlich sind heimliches
Vorgehen, List, Täuschung oder Umgehung von Sicherung oder
Kontrolle. Das E. von Leistungen wird mit Freiheitsstrafe bis zu
einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.
Erschließung ist die Gesamtheit der Maßnahmen, die erforderlich
sind, →Grundstücke, die für die bauliche oder gewerbliche Nutzung
bestimmt sind, dafür geeignet zu machen (z. B. Straße, Strom,
Wasser, Kanal). Nach § 30 BauGB ist die Sicherung der E.
Voraussetzung für die Bebauung. Die E. ist nach den §§ 123ff.
BauGB Aufgabe der →Gemeinde, doch können zur Deckung des
damit verbundenen Aufwandes →Beiträge von den betroffenen
→Eigentümern verlangt werden.
Lit.: Schmidt, H., Handbuch des Erschließungsrechts (Lbl.), 6. A. 1998; Driehaus, H.,
Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. A. 2001; Grziwotz, H., Baulanderschließung, 2. A. 2002
Erschöpfung ist die vollständige oder weitgehende Ausnutzung einer
Möglichkeit.
Lit.: Koehler, P., Der Erschöpfungsgrundsatz des Urheberrechts im
Online-Bereich, 2000
Ersetzung ist die Bewirkung einer Ersatzleistung.
Ersetzungsbefugnis ([lat.] facultas [F.] alternativa) ist die Befugnis
des →Schuldners oder →Gläubigers, statt der an sich geschuldeten
bestimmten Leistung eine andere bestimmte Leistung zu erbringen
oder zu verlangen (z. B. statt Naturalherstellung Geldersatz § 251 II
BGB). Sie ist ein Gestaltungsrecht. Mit ihrer Ausübung erlischt die an
sich vereinbarte oder gesetzlich entstandene Verpflichtung.
Ersitzung (§§ 937ff. BGB) ist der Erwerb des →Eigentums durch
Zeitablauf. Die E. ist ein Rechtsgrund für den Eigentumserwerb. Sie
erfordert bei beweglichen →Sachen zehnjährigen gutgläubigen
→Eigenbesitz. Bei →Grundstücken erwirbt das Eigentum wer, ohne
Eigentümer zu sein, als →Eigentümer im →Grundbuch eingetragen
ist (Bucheigentümer), wenn die Eintragung 30 Jahre bestanden und er
während dieser Zeit das Grundstück in →Eigenbesitz gehabt hat (§
900 BGB, →Buchersitzung).
Erstattung ist der Ausgleich einer Vermögensverschiebung.
Erstattungsanspruch ist der Anspruch auf Ausgleich einer
Vermögensverschiebung. Öffentlicher E. ist der Rückgewähranspruch
(vgl. §§ 49a VwVfG, 103ff. BSHG) wegen rechtsgrundlos erfolgter
vermögenswerter Leistungen (z. B. Zahlung auf Grund eines
fehlerhaften, wirksam beseitigten Verwaltungsakts). Er beruht – wie
der Anspruch aus den §§ 812ff. BGB – auf der allgemeinen
Erwägung, dass eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende
Vermögenslage auszugleichen ist. Er kann sich sowohl gegen einen
Einzelnen wie auch gegen ein Rechtssubjekt des öffentlichen Rechts
richten.
Lit.: Weber, H., Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, JuS 1986, 29
Ersuchen ist das von Behörde zu Behörde gerichtete Verlangen um
→Rechtshilfe oder →Amtshilfe.
ersuchter Richter →Richter
Ertrag ist das Ergebnis, die Einnahme oder der Wert einer in einer
bestimmten Zeit erbrachten Leistung.
Ertragshoheit ist das Recht auf das Steueraufkommen. Die E. steht
für einzelne →Steuern →Bund, →Länder und →Gemeinden
gemeinsam zu, die sich den Ertrag nachträglich teilen (z. B. Art. 106
V, VI 4 GG, Verbundsystem), für andere Steuern entweder dem
Bund, dem Land oder der Gemeinde.
Lit.: Friedrich, K., Der Begriff der Ertragshoheit im Finanzverfassungsrecht, DÖV 1976, 761
Ertragsteuer ist die – wie die Einkommensteuer – an die Einkünfte
anknüpfende →Steuer (→Gewerbesteuer, →Grundsteuer). Die E.
geht von objektiven Einkommensquellen aus, während die
Einkommensteuer die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen
berücksichtigt.
Lit.: Schmidt, L., Einkommensteuergesetz, 23. A. 2004
Erwerb ist die Erlangung einer rechtlich relevanten Stellung (z. B.
→Eigentum). Der E. erfolgt entweder ursprünglich (erstmalig,
originär) oder abgeleitet (derivativ). Er kann in Kenntnis der wahren
Rechtslage oder gutgläubig geschehen. Der gutgläubige E. ist
besonders bedeutsam im Sachenrecht. Hier kann etwa das
→Eigentum an beweglichen Sachen vom Nichtberechtigten durch
→Einigung, →Übergabe und guten →Glauben des Erwerbers an das
Eigentum des Veräußerers erworben werden (§ 932 BGB). Dies gilt
nicht, wenn die Sache – ausgenommen →Geld, →Inhaberpapiere und
im Wege öffentlicher →Versteigerung veräußerte Sachen –
→abhanden gekommen war (§ 935 BGB). Bei gebrauchten
Kraftfahrzeugen schließt die Nichtvorlegung des Kraftfahrzeugbriefs
den gutgläubigen Erwerb aus. Für Grundstücke kommen die §§ 891ff.
BGB zur Anwendung.
Lit.: Tiedtke, K., Gutgläubiger Erwerb, 1985; Weber, R., Gutgläubiger Erwerb des Eigentums, JuS
1999, 1; Zeranski, D., Prinzipien und Systematik des gutgläubigen Erwerbs beweglicher Sachen,
JuS 2002, 340
Erwerbsunfähigkeit (§ 44 II SGB VI) ist die durch Krankheit oder
Behinderung auf nicht absehbare Zeit bedingte Unfähigkeit, den
geordneten Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen(, die eine
Voraussetzung für eine Erwerbsminderungsrente ist).
Lit.: Roth, H., Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, 2000
Erwerbsverbot ist das Verbot, einen Gegenstand zu erwerben (z. B.
§ 938 I ZPO). Es ist zulässig. Es wird dem relativen
Veräußerungsverbot gleichgestellt (vgl. RGZ 120, 118).
Erzbischof ist im katholischen →Kirchenrecht der Leiter einer
Kirchenprovinz (Erzbistum).
Erziehung (vgl. § 1626 II BGB) ist die Sorge für die sittliche,
geistige und körperliche Entwicklung des →Kinds, der Inbegriff aller
pädagogischen Maßnahmen, durch die das Kind zur vollentwickelten
Person werden soll. Die E. ist Gegenstand der elterlichen Sorge. Nach
§ 1631 II BGB hat das Kind ein Recht auf gewaltfreie E.
Erziehungsbeistand (§ 30 SGB VIII) ist die Person, welche die
Personensorgeberechtigten bei der Erziehung eines →Minderjährigen
unterstützt und dem Minderjährigen mit Rat und Hilfe zur Seite steht.
Sie ist bei bestimmter Gefährdung des Minderjährigen zu bestellen.
Die Bestellung ist Teil der Erziehungshilfe.
Lit.: Ramm, Jugendrecht, 1990
Erziehungsgeld (§§ 1ff. BErzGG) ist die staatliche
Unterstützungsleistung für die Erziehung eines →Kinds oder
mehrerer Kinder. Das E. steht einem Menschen zu, der einen
Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
mit einem Kind, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem
Haushalt lebt, dieses Kind selbst betreut und erzieht und keine oder
keine volle Erwerbstätigkeit (nicht mehr als 30 Wochenstunden)
ausübt und für mindestens ein nach dem 31. 12. 1985 geborenes Kind
die Personensorge hat und dessen Nettoeinkünfte bestimmte Grenzen
nicht überschreiten. Es ist vom Tag der Geburt des Kinds bis zur
Vollendung des 12. Lebensmonats (Budget) oder des 24.
Lebensmonats (Regelbetrag) zu leisten. Es beträgt monatlich 300
Euro (450 Euro). Es ist nicht auf Unterhaltsleistungen anzurechnen.
Lit.: Buchner, H./Becker, U., Mutterschutzgesetz und Bundeserziehungsgeldgesetz, 6. A. 1998;
Hönsch, R., Elternzeit und Erziehungsgeld, 2001
Erziehungshilfe ist allgemein die Unterstützung bei der Erziehung.
Seit 1. 1. 1991 ist die Hilfe zur Erziehung durch die §§ 27ff. SGB
VIII geregelt. Sie wird geleistet als Beratung oder Unterstützung von
Kindern, Jugendlichen, Eltern und andern Erziehungsberechtigten in
schwierigen Familienlagen.
Erziehungsmaßregel ist die der →Erziehung eines gefährdeten
→Jugendlichen dienende, vom Vormundschaftsrichter oder vom
Jugendrichter anwendbare Maßnahme (§§ 9ff. JGG).
Erziehungsmaßregeln sind im Jugendstrafrecht die Erteilung von
→Weisungen und die Anordnung, Hilfe zur Erziehung in Anspruch
zu nehmen. Den Erziehungsmaßregeln stehen →Zuchtmittel und
→Jugendstrafe gegenüber.
Erziehungsurlaub →Elternzeit
Lit.: Meisel, P./Sowka, H., Mutterschutz und Erziehungsurlaub, 5. A. 1999
Erzwingungshaft ist im Verwaltungsrecht die in Haft bestehende
Maßnahme zur →Vollstreckung eines Anspruchs auf eine
→Geldbuße (§ 96 OWiG). →Ersatzzwangshaft, Ordnungshaft
Estland ist der von Lettland, Russland und der Ostsee begrenzte, am
20. 8. 1991 von der →Sowjetunion verselbständigte Staat.
Lit.: Ettmayer, W., Estland, 1999; Deutsch-estnische Rechtsfragen,
hg. v. Redecker, N. v., 2003; Deutsch-estnische Rechtsvergleichung
und Europa, hg. v. Oksaar, S. u. a., 2004
ethisch →Ethik
Formatiert: Schriftart: Kursiv
Ethik ist die Lehre von den Regeln menschlichen Verhaltens und
ihrer Rechtfertigung.
Lit.: Die ethischen Grundlagen des Privatrechts, hg. v. Bydlinski, F./Mayer-Maly, T., 1994;
Pfordten, D. v. d., Rechtsethik, 2001
etwas →Bereicherung
Eur-Lex ist die Datenbank der →Europäischen Union für die
Verträge der Gemeinschaft, das →Amtsblatt, das geltende Recht in
konsolidierter Fassung und die Rechtsprechung des →Europäischen
Gerichtshofs.
Lit.: Weber, R., Eur-Lex, NJW 1998, 2805
Euro ist der 1995 festgelegte Name für die ab 1. 1. 2002
ausschließlich geltende Währungseinheit der der Europäischen
Währungsunion angehörenden (derzeit zwölf) Mitgliedstaaten der
→Europäischen Union (Europäischen Währungsunion, ausgenommen
Großbritannien, Dänemark, Schweden). Der E. wird in Cent geteilt.
Der Schutz des E. ist wichtig für das Vertrauen der Bevölkerung in
die Währungseinheit, so dass die Mitgliedstaaten der Europäischen
Union für eine strafrechtliche Absicherung sorgen müssen.
Lit.: Schorkopf, F., Die Einführung des Euro, NJW 2001, 3734
Eurocheque (Euroscheck) ist der international einheitliche Scheck,
der auch gegenüber ausländischen Banken Verfügungen mittels
Scheckkarte zulässt. Die die Scheckkarte ausstellende Bank
garantierte jedem Schecknehmer (in bestimmten Ländern) die
Zahlung eines Betrags von 400 DM. Ende 2001 entfiel die
Zahlungsgarantie der Bank des Ausstellers gegenüber dem
Schecknehmer.
Lit.: Hoeren, T., Die neuen Bedingungen für den ec-Service, NJW 1995, 2473
Euroholding →Holding
Eurojust ist die von der Europäischen Union durch Beschluss des
Rats vom 28. 2. 2002 geschaffene Einrichtung zur Verstärkung der
Bekämpfung der schweren Kriminalität mit eigener
Rechtspersönlichkeit und Sitz in Den Haag.
Lit.: Schomburg, W., Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, NJW
2002, 1629
Eurokorps ist die von der →Europäischen Union gestellte
Eingreiftruppe.
Lit.: Wassenberg, B., Das Eurokorps, 1999
Europa ist die als selbständiger Kontinent angesehene westliche
Halbinsel Asiens zwischen Atlantik, Mittelmeer und Ural (ca. 10
Mill. qkm). Seit dem Zweiten Weltkrieg streben viele in E.
bestehende Einzelstaaten eine einheitliche Rechts-, Wirtschafts- und
Sozialunion an. In der Europäischen Union sind bereits erhebliche
Teile des Rechts europäisch vereinheitlicht. →Europäische Union,
→Europarat
Lit.: Häberle, P., Europäische Rechtskultur, 1994; Guide to Legal Studies in Europe 2000/01, hg. v.
The European Law Student's Association, 2001; Köbler, G., Lexikon der europäischen
Rechtsgeschichte, 1997; Europa als Rechtsgemeinschaft, hg. v. Dörr, M. u. a., 1997;
Ziegerhofer/Pichler/Likar, Die Vereinigten Staaten von Europa, 1999; Who’s who in European
Integration Studies, 2000; Europas universale rechtsordnungspolitische Aufgabe im Recht des
dritten Jahrtausends, hg. v. Köbler, G. u. a., 2000; Europa in Zahlen, hg. v. Statistischen Amt der
Europäischen Gemeinschaft, 2000; Oeckl, A., Taschenbuch des öffentlichen Lebens, Europa und
internationale Zusammenschlüsse, 7. A. 2002
Europäische Akte (Einheitliche Europäische Akte) ist die von den
Mitgliedstaaten der →Europäischen Gemeinschaften am 17. 2.
1986/27. 2. 1986 unterzeichnete Vereinbarung über die politische
Zusammenarbeit, welche die Römischen Verträge über die
Europäischen Gemeinschaften (1957) mit dem Ziel eines
gemeinsamen Binnenmarkts abänderte.
Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) ist die durch
Verordnung der Europäischen Gemeinschaft zum 8. 10. 2004 in Kraft
tretende und damit mögliche Aktiengesellschaft des europäischen
Rechts. Sie ist eine Handelsgesellschaft mit eigener
Rechtspersönlichkeit (Körperschaft, juristische Person), für die nur
das Gesellschaftsvermögen haftet und die über ein in Aktien zerlegtes
Grundkapital (mindestens 120000 Euro) verfügt. Ihre Organe sind
Hauptversammlung der Aktionäre und Leitungsorgan bzw. zusätzlich
Aufsichtsorgan (6 Jahre). Die Regeln über die
Arbeitnehmerbeteiligung sind in einer Richtlinie festgelegt.
Lit.: Thoma, G./Leuering, D., Die Europäische Aktiengesellschaft,
NJW 2002, 1449
Europäische Atomgemeinschaft (25. 3. 1957) →Europäische
Gemeinschaften
Europäische Gemeinschaft ist die durch den Vertrag über die
Europäische Union vom 7. 7. 1992 aus den →Europäischen
Gemeinschaften entstandene, zum 1. 11. 1993 zur →Europäischen
Union weiterentwickelte europäische Staatengemeinschaft. Sie ähnelt
einem Zweckverband, der bestimmte Aufgaben wahrnehmen soll. Sie
ist ein Teil der Europäischen Union. Sie kann supranationales Recht
setzen. Sie wird (zumindest teilweise) als juristische Person des
öffentlichen Rechts eingestuft.
Lit.: Hallstein, W., Die Europäische Gemeinschaft, 5. A. 1979; Plan und Wirklichkeit – Die
Europäische Gemeinschaft nach 40 Jahren, ZEuP 1997
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (18. 4. 1951, nach
Auslaufen des Vertrags am 23. 7. 2002 dem Vertrag über die
Gründung der Europäischen Gemeinschaft unterstellt) →Europäische
Gemeinschaften
Europäische Gemeinschaften sind drei (bisher nicht zu einer Einheit
verbundene und deshalb jeder für sich völkerrechtlich rechtsfähige)
Zusammenschlüsse (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl,
Europäische Atomgemeinschaft, Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft) westeuropäischer und mitteleuropäischer
Länder (1993 Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Belgien,
Luxemburg, Großbritannien, Irland, Dänemark, Griechenland,
Spanien und Portugal, 1995 Österreich, Schweden, Finnland). Seit 1.
7. 1967 haben die drei Gemeinschaften einen gemeinsamen Rat und
eine gemeinsame Kommission, während parlamentarische
Versammlung und (Europäischer) Gerichtshof von Anfang an für alle
drei Gemeinschaften zuständig waren. Am 1. 7. 1987 stärkte die
(Einheitliche) Europäische Akte die Zuständigkeit der
Gemeinschaften und legte die Schaffung eines einheitlichen
(europäischen) Binnenmarkts mit Personenverkehrsfreiheit,
Warenverkehrsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit und
Kapitalverkehrsfreiheit fest. Für die Europäischen Gemeinschaften
gilt ein besonderes Recht (Recht der Europäischen Gemeinschaften).
Ihre Organe sind Rat (Ministerrat, Rat), Kommission (1995 20
Kommissare) (Europäische Kommission), Versammlung (Parlament,
Europäisches Parlament) und Europäischer Gerichtshof. Zum 7. 2.
1992 (Vertrag von Maastricht) wurden die Europäischen
Gemeinschaften zu einer Europäischen Gemeinschaft, zum 1. 11.
1993 diese zur →Europäischen Union. In der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft obliegt dem → Rat als dem Organ der
Staatenvertreter die Entscheidung, während die Kommission die
Initiative zu ergreifen hat und dabei das Gesamtinteresse der
Gemeinschaft sichert. Politisches Kontrollorgan und Beratungsorgan
ist das Europäische Parlament, rechtliches Kontrollorgan der
→Europäische Gerichtshof. (Durch den am 1. 5. 1999 in Kraft
getretenen Vertrag von Amsterdam bzw. →Amsterdamer Vertrag
vom 2. 10. 1997 wurden die Artikel des EG/EU-Vertrages
umnummeriert.)
Lit.: Bleckmann, Europarecht; Schweitzer/Hummer, Europarecht; Geiger, R., EUV/EGV, 3. A.
2000; EU- und EG-Vertrag, hg. v. Lenz, O. u. a., 3. A. 2003; Kommentar zu EU-Vertrag und EGVertrag, hg. v. Calliess, C. u. a., 2. A. 2002
Europäische Investititonsbank
Lit.: Kruppova, A., Die Europäische Investitionsbank, Diss. jur.
München 1999
Europäische Kommission (Art. 211ff. EGV) ist das
geschäftsführende Organ der Europäischen Gemeinschaften bzw. der
Europäischen Union (str.). Die E. K. besteht (1995) aus 20 von
Weisungen der entsendenden Staaten freien und damit sachlich
unabhängigen Mitgliedern (je Mitgliedstaat 1 Kommissar, für
Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien je 2
Kommissare). Die Amtszeit der Kommissionsmitglieder beträgt 5
Jahre. Die Regierungen der Mitgliedstaaten benennen im
gegenseitigen Einvernehmen den Präsidenten der K. und im
Einvernehmen mit diesem die übrigen Kommissionsmitglieder. Die
E. K. wird von etwa 20000 Mitarbeitern unterstützt. Sie ist das
Ausführungsorgan der Europäischen Gemeinschaft und hat für die
Einhaltung des Gemeinschaftsrechts zu sorgen und Empfehlungen
und Stellungnahmen abzugeben. Sie verwaltet den Haushalt der
Europäischen Union, stellt Förderprogramme auf, entwirft Leitlinien
und kann Rechtsvorschläge ausarbeiten. Ihr Sitz ist Brüssel, doch
finden Tagungen auch in Luxemburg statt. Beschlüsse werden mit
einfacher Mehrheit gefasst.
Lit.: Schweitzer/Hummer, Europarecht; Dietz, W./Fabian, F., Das Räderwerk der Europäischen
Kommission, 3. A. 1999
Europäische Konvention zum Schutz der →Menschenrechte und
Grundfreiheiten ist der vom →Europarat ausgearbeitete, 1952 von der
Bundesrepublik als Gesetz angenommene völkerrechtliche →Vertrag
vom 4. 11. 1950, der allen der Herrschaft der angeschlossenen Staaten
unterstehenden Ländern die grundlegenden menschlichen Freiheiten
sichern will (z. B. Meinungsfreiheit, rechtliches Gehör, Recht auf
Privatsphäre) (, die inhaltlich meist weniger weit reichen als die
Grundrechte des Grundgesetzes Deutschlands). Die E. K. ist von der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu unterscheiden, die
1948 von den Vereinten Nationen verkündet wurde. Verletzt ist die E.
K. beispielsweise im Recht auf Privatsphäre, wenn ein homosexueller
Soldat aus dem Militärdienst ausgeschlossen wird. Nicht als
Verletzung wird es bisher angesehen, wenn ein Konventionsstaat eine
Bitte um eine vorläufige Maßnahme (z. B. Aussetzung der
Vollstreckung einer Todesstrafe) missachtet.
Lit.: Dannemann, G., Schadensersatz bei Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention,
1994 (Diss.); Frowein, J./Peukert, W., Europäische Menschenrechtskonvention, 2. A. 1997; Busse,
C., Die Geltung der EMRK für Rechtsakte der EU, NJW 2000, 1074; Meyer-Ladewig, J., EMRK,
2003; Grabenwarter, C., Europäische Menschenrechtskonvention, 2003; Peters, A., Einführung in
die europäische Menschenrechtskonvention, 2003
Europäische Menschenrechtskommission →Europäischer
Gerichtshof für Menschenrechte
Europäische Sozialcharta (18. 10. 1962) ist die soziale
Angelegenheiten betreffende Ergänzung der →Europäischen
Konvention zum Schutz der Menschenrechte.
Lit.: Schweitzer/Hummer, Europarecht
Europäische Union (1. 11. 1993) ist die aus der →Europäischen
Gemeinschaft (bzw. aus den Europäischen Gemeinschaften)
entwickelte politische Union der Europäischen Gemeinschaft (mit 11
Amtssprachen). Sie beruht auf der bzw. den weiter fortbestehenden
europäischen Gemeinschaft(en) mit ihrem gesamten bisherigen
Rechtsbestand (und ihren Rechtspersönlichkeiten) sowie der
angestrebten Wirtschaftsunion und Währungsunion, auf der (durch
den Vertrag von Maastricht) vereinbarten neuen gemeinsamen
Außenpolitik und Sicherheitspolitik sowie auf der gleichfalls neu
vereinbarten Zusammenarbeit in der Innenpolitik und Rechtspolitik (3
bzw. 5 Säulen, Dach oder Mantel der Europäischen Gemeinschaft).
Sie ist als juristische Person anzusehen, die mit (der Europäischen
Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Europäischen
Gerichtshof, dem Ministerrat der Europäischen Union und dem Rat
der Europäischen Union) über ein eigenes Organ und über vier
geliehene Organe verfügt (str.). Die drei Europäischen
Gemeinschaften sind nicht Mitglieder der Europäischen Union,
können aber als Glieder angesehen werden. Durch den am 2. 10.
unterzeichneten, zum 1. 5. 1999 in Kraft getretenen Amsterdamer
Vertrag wurden die bisherigen Verträge teilweise tiefgreifend
abgeändert. Durch den 2001 abgeschlossenen Vertrag von Nizza
wurde die Aufnahme neuer Mitglieder (Estland, Lettland, Litauen,
Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn
und Zypern) vorbereitet. Angestrebt wird jetzt auch ein Raum der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bis zum Jahr 2004 (Asylpolitik
und Wanderungspolitik, europäischer Rechtsraum, unionsweite
Kriminalitätsbekämpfung).
Lit.: Kommentar zur Europäischen Union (Lbl.), hg. v. Grabitz, E./Hilf, M., 2000; Das Recht der
Europäischen Union (Lbl.), hg. v. Grabitz, E./Hilf, M, 22. A. 2004; Pechstein, M./Koenig, C., Die
Europäische Union, 3. A. 1998; Der Amsterdamer Vertrag, hg. v. Bergmann, J. u. a., 2000; Die
Europäische Union nach dem Vertrag von Amsterdam, hg. v. Hummer, W., 1998; Kommentar zum
EU-/EG-Vertrag, hg. v. Groeben, H. v. d. u. a., 5. A. 1999; EU- und EG-Vertrag, hg. v. Lenz, C. u.
a., 3. A. 2003; EU-Kommentar, hg. v. Schwarze, J., 2000; Geiger, R., Vertrag über die Europäische
Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, 3. A. 2000; Waltemathe, A.,
Austritt aus der EU, 2000; Emmert, F., European Union Law, 2000; Die Europäische Union als
Akteur der Weltpolitik, hg. v. Schubert, K. u. a., 2000; Hartmann, J., Das politische System der
Europäischen Union, 2001; Jeske, A., Die falsche Verwendung des Begriffs Europäische Union,
NJW 2001, 1986; Bergmann, J., Recht und Politik der Europäischen Union, 2001; Desax,
M./Christen, C./Schim van der Loeff, M., EG/EU-Recht – Wie suchen? Wo finden?, 2. A. 2001;
Beutler, B./Bieber, R./Pipkorn, J./Streil, J., Die Europäische Union, 5. A. 2001; Kommentar zu EUVertrag und EG-Vertrag, hg. v. Calliess, C. u. a., 2. A. 2002; Hailbronner, K./Wilms, H., Recht der
Europäischen Union (Lbl.), 2003; Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, hg. v.
Rengeling, H. u. a., 2. A. 2003; Streinz, R., EUV/EGV, 2003; Pachinger, M., Die
Völkerrechtspersönlichkeit der Europäischen Union, 2003
Europäische Universität ist die im Vertrag über die →Europäische
Atomgemeinschaft geplante Universität für Kernforschung, an deren
Stelle durch Übereinkommen vom 19. 4. 1972 das Europäische
Hochschulinstitut mit Sitz in Florenz gegründet wurde.
Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung ist die nach
dem Vorbild Frankreichs vom Recht der Europäischen Gemeinschaft
zur Verfügung gestellte Unternehmensform, die Unternehmen und
freiberuflich tätigen Personen in den Mitgliedstaaten der
Europäischen Gemeinschaft(en) eine grenzüberschreitende
Zusammenarbeit ermöglicht oder erleichtert, ohne dass die Mitglieder
dieser Interessenvereinigung der Rechtsordnung eines bestimmten
Mitgliedstaats unterworfen werden (1997 rund 800 EWIV, 2000 rund
1000 EWIV vorhanden). Sie ähnelt einer offenen
Handelsgesellschaft, hat aber wie eine Gesellschaft mit beschränkter
Haftung besonders bestellte Geschäftsführer. Die E.W. I. V. geht auf
eine Verordnung (EWG) des Rats vom 25. 7. 1985 zurück, die
unmittelbar in den Mitgliedstaaten geltendes Recht ist (Art. 189 II
EWGV a. F., 249 II EGV n. F.). Sie ist durch das EWIVAusführungsgesetz vom 14. 4. 1988 zum 1. 1. 1989 für die
Bundesrepublik Deutschland einzelstaatlich ergänzt. Die Firma der
Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung muss
mindestens die Worte Europäische wirtschaftliche
Interessenvereinigung oder die Abkürzung EWIV enthalten.
Lit.: Lenz, G., Die europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung, 1997; Spatscheck, R., Die
Besteuerung der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung, 1997; Köhl, D., Einfluss der
Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung auf das Prinzip der Selbstorganschaft, 2001
Europäische Wirtschafts- und Währungsunion ist die seit 1990 im
Entstehen begriffene Währungsunion von Staaten der Europäischen
Union, von denen ab 1. 1. 1999 zunächst 11, mit Griechenland 12 den
→Euro als gemeinsame Währungseinheit verwenden (ausgenommen
Großbritannien, Schweden, Dänemark).
Lit.: Storck, E., Globalisierung und EWU, 2. A. 1998
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (25. 3. 1957) →Europäische
Gemeinschaften
Europäische Zentralbank (EZB) ist die zur Sicherung der
Europäischen Währungsunion in der Europäischen Union
eingerichtete Zentralbank (Art. 8 EGV). Ihre vorrangige Aufgabe ist
die Gewährleistung der Preisstabilität. Ihre Organe sind Rat und
Direktorium.
Lit.: Die Europäische Zentralbank, hg. v. Simmert, D. u. a., 1999
Europäischer Betriebsrat ist der auf Grund des Europäischen
Betriebsrätegesetzes vom 28. 10. 1996 vereinbarte oder eingerichtete
→Betriebsrat, der seit 2000 auch mehr als 30 Mitglieder haben kann.
Europäischer Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ist der
gemeinsame Gerichtshof der →Europäischen Gemeinschaften, der
die einheitliche Anwendung, Auslegung und Fortbildung des
→Europäischen Gemeinschaftsrechts sichern soll (Art. 220ff. EGV).
Er hat (derzeit) 15 Richter und 8 bzw. 9 Generalanwälte. Für ihn gilt
eine besondere Verfahrensordnung. Die wichtigsten Verfahrensarten
sind Vertragsverletzungsverfahren, Nichtigkeitsklage,
Untätigkeitsklage, Amtshaftungsklage und
Vorabentscheidungsverfahren. Der Europäische Gerichtshof ist auch
Organ der Europäischen Union (str.). 1999 wurden 543 Verfahren
anhängig (davon 47% Vorabentscheidungsverfahren, 30%
Vertragsverletzungsverfahren, 13% Rechtsmittelverfahren und 10%
Nichtigkeitsverfahren). Nach der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs haften z. B. die Mitgliedstaaten für Verstöße des
Gesetzgebers, der Verwaltung oder der Gerichtsbarkeit gegen
europäisches Recht.
Lit.: Hakenberg, W./Stix-Hackl, C., Handbuch zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof,
2. A. 2000; Hirsch, G., Der EuGH im Spannungsverhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und
nationalem Recht, NJW 2000, 1817; Rodríguez Iglesias, G., Der EuGH und die Gerichte der
Mitgliedstaaten, NJW 2000, 1889; Der Europäische Gerichtshof, hg. v. Lenz, C./Borchardt, K., 2.
A. 2000; Schütz, C./Sauerbier, M., Die Jurisdiktion des EuGH im Unionsrecht, JuS 2002, 658;
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, hg. v. Pechstein, M. u. a., 2. A. 2003; Kremer, C.,
Staatshaftung für Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht durch letztinstanzliche Gerichte, NJW 2004,
480 (C-224/2001)
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist der auf
der Grundlage der →Europäischen Konvention zum Schutz der
Menschenrechte geschaffene Gerichtshof in Straßburg. Jede
natürliche Person oder juristische Person, die sich durch eine
Verletzung der in der Europäischen Menschenrechtskonvention oder
den Protokollen dazu anerkannten Rechte durch einen der
vertragsschließenden Staaten beschwert fühlt, kann sich an den
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden, wenn der
jeweilige nationale Rechtsweg erschöpft ist (vgl. Merkblatt NJW
1999, 1166). Der Gerichtshof besteht aus je einem Richter der (1999
40) Vertragsstaaten. Jeder Richter gehört einer von insgesamt vier
Sektionen an. Der Gerichtshof entscheidet grundsätzlich durch
Kammern mit je 7 Richtern. Die Kammer, die im Einzelfall
entscheiden soll, setzt sich zusammen aus dem Präsidenten, dem
nationalen Richter und fünf weiteren, vom Präsidenten bestimmten
Richtern. Die Kammern bilden Ausschüsse zu drei Richtern, die
Individualbeschwerden einstimmig für unzulässig erklären können.
1999 liefen rund 20000 Beschwerden ein und wurden 117 Urteile
verkündet. Das Urteil hat nur feststellende Wirkung. Die tatsächliche
Umsetzung beruht letztlich auf der Freiwilligkeit seitens des
verurteilten Staats. Für ihre Überwachung ist der Ministerrat
zuständig.
Lit.: Meyer-Ladewig, J./Petzold, H., Der neue ständige Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte, NJW 1999, 1165; Wittinger, M., Die
Einlegung einer Individualbeschwerde vor dem EGMR, NJW 2001,
1238
Europäischer Rat (Art. 202ff. EGV) ist die aus dem Rat jeder der
drei Europäischen Gemeinschaften hervorgehende, 1972 beschlossene
Vorstufe des →Ministerrats der Europäischen Union bzw. →des Rats
der Europäischen Union.
Lit.: Schweitzer/Hummer, Europarecht
Europäischer Rechnungshof ist der 1975 geschaffene und 1995
angepasste Rechnungshof der Europäischen Gemeinschaft(en) mit
Sitz in Luxemburg und 15 Mitgliedern, der die Rechnungsprüfung
wahrnimmt (Art. 246ff. EGV).
Lit.: Schweitzer/Hummer, Europarecht
Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) ist der in Verhandlungen (2.
5. 1992) zwischen der →Europäischen Gemeinschaft und den
→EFTA-Staaten angestrebte einheitliche Wirtschaftsraum, der am 1.
1. 1994 mit Österreich, Schweden, Finnland (bis 31. 12. 1994),
Liechtenstein (1. 5. 1995), Norwegen und Island einerseits sowie den
(12 bzw. 15) Mitgliedstaaten der Europäischen Union andererseits in
Kraft trat. →Europäische Union
Lit.: Streit, A., Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, NJW 1994, 555
Europäisches Gemeinschaftsrecht ist das besondere, zwischen
Völkerrecht und staatlichem Recht angesiedelte Recht der
→Europäischen Gemeinschaften. Dieses setzt sich zusammen aus
dem zur Bildung der Europäischen Gemeinschaften geschaffenen
Vertragsrecht (primäres E.G. Gründungsverträge, einschließlich
spätere Änderungen der Gründungsverträge z. B. durch die
Einheitliche Europäische Akte, Verträge von Maastricht, Amsterdam
und Nizza, Beitrittserklärungen der später beigetretenen
Mitgliedstaaten, Gewohnheitsrecht der Europäischen Gemeinschaft,
allgemeine Rechtsgrundsätze der Gemeinschaft [z. B. Grundrechte,
Rechtsstaatsprinzip, Sozialstaatsprinzip, Demokratieprinzip]) und
dem von den Organen der Europäischen Gemeinschaften erlassenen
Recht (sekundäres E.G., bis zum Ende des Jahrs 1998 rund 1450
Richtlinien, daneben Verordnungen, Entscheidungen, Empfehlungen
und Stellungnahmen). Das Europäische Gemeinschaftsrecht gilt zum
Teil unmittelbar in den einzelnen Mitgliedstaaten und hat dann
Vorrang vor dem Recht des einzelnen Staats. Nicht E. G. ist das
nationale, auf Grund gemeinsamen Beschlusses der Mitgliedstaaten
geschaffene Recht.
Lit.: Bleckmann, Europarecht; Runge/Ress, Recht der europäischen Gemeinschaften;
Schweitzer/Hummer, Europarecht; Kommentar zur Europäischen Union, hg. v. Grabitz, E./Hilf, M.,
3. A. 1998; Hakenberg, W., Europäisches Wirtschaftsrecht, 2. A. 2000; Europas universale
rechtsordnungspolitische Aufgabe im Recht des dritten Jahrtausends, hg. v. Köbler, G. u. a., 2000
Europäisches Gericht erster Instanz →Gericht erster Instanz
Europäisches Gerichtsstands- und
Vollstreckungsübereinkommen (EuGVÜ) ist das Übereinkommen
europäischer Staaten über Gerichtsstand und Vollstreckung im
Zivilprozess vom 27. 9. 1966 (völkerrechtlicher Vertrag). Ihm steht
das Luganer Parallelübereinkommen vom 16. 9. 1988 zwischen den
Staaten der Europäischen Gemeinschaft und den Staaten der
Europäischen Freihandelszone (Finnland, Island, Norwegen,
Österreich, Schweiz und Schweden) zur Seite (LGVÜ). Durch beide
Übereinkommen sind wichtige Teile des Zivilprozessrechts in Europa
weitgehend vereinheitlicht. Seit 1. März 2002 gilt (ohne besondere
sachliche Änderungen als Gemeinschaftsrecht verbindlich und
unmittelbar in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union)
stattdessen die EU-Verordnung 44/2001 (ausgenommen Dänemark).
Lit.: Schlosser, P., Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen, 1996; Piltz,
B., Vom EuGVÜ zur Brüssel-I-Verodnung, NJW 2002, 789
Europäisches Parlament (Versammlung) ist das aus Vertretern der
Völker der in der Europäischen Gemeinschaft (bzw. Europäischen
Union) zusammengeschlossenen Staaten bestehende gemeinsame
parlamentarische Hauptorgan der →Europäischen Gemeinschaften
mit (1994) 518 bzw. (1995) 626 Abgeordneten (Art. 189ff. EGV, ab
Juni 2004 732 Abgeordnete). Es ist auch Organ der →Europäischen
Union (str.). Der Bevölkerungszahl der Bundesrepublik Deutschland
entspräche eine Sitzzahl von 137 Abgeordneten. Tatsächlich hat
Deutschland 99 Sitze inne (Frankreich, Großbritannien, Italien je 87,
Spanien 64, Niederlande 31, Belgien, Griechenland, Portugal je 25,
Schweden 22, Österreich 21, Dänemark, Finnland je 16, Irland 15,
Luxemburg 6). Die Befugnisse des Europäischen Parlaments sind,
obwohl bei der Festsetzung des Haushalts und auf andern wichtigen
Gebieten der Gesetzgebung seine Mitwirkung inzwischen erforderlich
ist, noch gering. Immerhin kann das Europäische Parlament mit der
Mehrheit von zwei Dritteln seiner Abgeordneten die Europäische
Kommission zum Rücktritt zwingen.
Lit.: Saalfrank, V., Funktionen und Befugnisse des Europäischen Parlaments, 1995; Suski, B., Das
Europäische Parlament, 1996
Europäisches Recht ist das in →Europa geltende bzw. das von
Europa ausgehende →Recht. →Europäisches Gemeinschaftsrecht,
Europarecht
Lit.: Schweitzer/Hummer, Europarecht; Handbuch der europäischen Rechtspraxis und
Wirtschaftspraxis, hg. v. Salger, H., 1996; Rabe, H., 50 Jahre NJW: Die Europäisierung der
Rechtsordnung, NJW 1997, 2631; Weber, R., Eur-Lex, NJW 1998, 2805; Europas universale
rechtsordnungspolitische Aufgabe im Recht des dritten Jahrtausends, hg. v. Köbler, G. u. a., 2000
Europäisches Währungssystem (EWS) ist das 1979 in der
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beschlossene
Währungssystem.
Lit.: Collignon, S., Das Europäische Währungssystem, 1996
Europarat ist der am 5. 5. 1949 in London von 10 Staaten errichtete
völkerrechtliche Zusammenschluss europäischer Länder (1990 24
Mitgliedstaaten, 1995 34, 1996 40, 1999 41, 2001 43, 2002 44, 2003
45 u. a. Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg,
Niederlande, Norwegen, Schweden, Großbritannien, Bundesrepublik
Deutschland [1950], Griechenland [1949 bzw. 1974], Island [1959],
Malta [1965], Österreich [1956], Finnland [1989], San Marino [1988],
Spanien [1977], Portugal [1976], Schweiz [1963], Türkei [1949],
Zypern [1961], Liechtenstein [1978], Ungarn [1990], Estland [1993],
Litauen, Slowenien, Tschechoslowakei [21. 2. 1991, später
Tschechei, Slowakei], Polen [26. 11. 1991], Bulgarien [1992],
Rumänien [4. 10. 1993], Andorra [1994], 1995 Lettland, 1996
Albanien, Moldawien, Ukraine, Mazedonien, Russland, Kroatien,
1999 Georgien, 2001 Armenien, Aserbeidschan, 2002 BosnienHerzegowina, 2003 Serbien-Montenegro) mit dem Ziel, eine engere
allgemeine und wirtschaftliche Verbindung der Mitgliedstaaten
herzustellen. Der E. hat seinen Sitz in Straßburg. Seine Organe sind
das Ministerkomitee (der Außenminister, die unter wechselndem
Vorsitz jährlich zu zwei Sitzungen zusammenkommen), die
Beratende Versammlung (von [1999 286] Vertretern der Parlamente
der Mitgliedstaaten, die dreimal jährlich zusammentreten) und das
Ständige Sekretariat. Der E. wirkt über Konferenzen, Empfehlungen
und (bis 1997 165, bis 1999 173) Konventionen. Er hat die
→Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten geschaffen und den Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte gegründet. Seine Beschlüsse haben empfehlende
Wirkung. Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas
(gegliedert in je eine Kammer der Gemeinden und der Regionen)
vertritt etwa 200000 kommunale und regionale
Gebietskörperschaften.
Lit.: Bleckmann, Europarecht; Schweitzer/Hummer, Europarecht; Oppermann, T., Europarat, 1991;
Fünfzig Jahre Europarat, hg. v. Holtz, U., 2000; Council of Europe, hg. v. Streinz, R., 2000
Europarecht ist das gesamte, europäische Organisationen
betreffende Recht. Hierzu wird insbesondere das Recht der
Nordatlantischen Verteidigungsorganisation (NATO), der
Westeuropäischen Union (WEU), der Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), des →Europarats, der
Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) und das →Europäische
Gemeinschaftsrecht – in einem engeren Sinn allerdings nur dieses –
gezählt.
Lit.: EuR Europarecht, 18. A. 2003; Bleckmann, Europarecht; Runge/Ress, Recht der europäischen
Gemeinschaften; Schweitzer/Hummer, Europarecht; Sartorius II Internationale Verträge
Europarecht (Lbl.), bearb. v. Khan, D., 2000; Kropholler, J., Europäisches Zivilprozessrecht, 6. A.
1998; Schwarze, J., Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. 1 1988; Europarecht, hg. v. Glaesner, H.,
15. A. 2003; Fischer, H., Europarecht, 3. A. 2001; Streinz, R., Europarecht, 5. A. 2001; Arndt, H.,
Europarecht, 5. A. 2001; Ihnen, H., Grundzüge des Europarechts, 2. A. 2000; Herdegen, M.,
Europarecht, 5. A. 2003; Oppermann, T., Europarecht, 2. A. 1999; Koenig, C./Haratsch, A.,
Europarecht, 4. A. 2003; Lecheler, H., Einführung in das Europarecht, 2. A. 2003; Pieper,
U./Schollmeier, A,/Krimphove, D., Europarecht, 2. A. 2000; Schäfer, P., Studienbuch Europarecht,
2000; Europas universale rechtsordnungspolitische Aufgabe im Recht des dritten Jahrtausends, hg.
v. Köbler, G. u. a., 2000; Fastenrath, U./Müller-Gerbes, M., Europarecht, 2000; Europarechtliche
Markierungen zur Jahrtausendwende, hg. v. Hummer, W., 2001; Hobe, S., Europarecht, 2002;
Europarecht von A-Z, hg. v. Borries, R. v. u. a., 3. A. 2003; Ahlt, M./Deisenhofer, T., Europarecht,
3. A. 2003
Euroscheck →Eurocheque
Europawahl ist die Wahl zum →Europäischen Parlament.
Lit.: Böttcher, E./Högner, R., Europawahlgesetz, 4. A. 1994
Europol ist die europäische Polizeibehörde zur Bekämpfung
schwerwiegender Fälle von grenzüberschreitender organisierter
Kriminalität in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch
Informationsaustausch mit Sitz in Den Haag, die am 1. 10. 1998 in 4
Abteilungen mit 160 Mitarbeitern ihre Tätigkeit aufnahm.
Lit.: Sule, S., Europol und europäischer Datenschutz, 1999
Eurovision ist das seit 1954 bestehende Programmaustauschsystem
der Europäischen Rundfunkunion.
Euthanasie ist die Hilfe beim Sterben eines andern Menschen. Die E.
ist grundsätzlich als →Tötungsdelikt strafbar (beachte § 216 StGB),
sobald sie das Leben durch Beschleunigung des Sterbens abkürzt
(str.). In den Niederlanden ist sie straflos.
Lit.: Reuter, B., Die gesetzliche Regelung der aktiven ärztlichen Sterbehilfe, 2001
Evaluation (F.) Auswertung (z. B. der Lehre durch Studierende der
Universitäten)
evaluieren →Evaluation
Event (M.) Ereignis Veranstaltung
Lit.: Funke, E./Müller, G., Handbuch zum Eventrecht, 2000
eventual (Adj.) möglich, eine bestimmte Entwicklung betreffend
Eventualaufrechnung ist die im Rechtsstreit für den Fall erklärte
→Aufrechnung, dass andere Verteidigungsmittel gegenüber einem
Anspruch nicht durchgreifen. Sie ist trotz § 388 S. 2 BGB wirksam,
da sie die Aufrechnung nicht von einer echten →Bedingung, sondern
nur von einer Rechtsbedingung (Bestehen der Hauptforderung) oder
einer Scheinbedingung (Nichtdurchgreifen der andern
Verteidigungsmittel) abhängig macht. Im Eventualfall wirkt sie wie
jede andere Aufrechnung.
Eventualmaxime ist der Verfahrensgrundsatz, wonach eine →Partei
eines →Prozesses zur Vermeidung des Ausschlusses ihres
Vorbringens (→Präklusion) ihren gesamten Vortrag einschließlich
aller Eventualitäten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in den
→Zivilprozess einzubringen hat. Ansätze einer E. finden sich in den
§§ 282 III, 296 III ZPO.
Eventualvorsatz ([lat.] dolus [M.] eventualis) →Vorsatz
evident (Adj.) offensichtlich
Evidenztheorie ist die Theorie, nach der ein →Verwaltungsakt
nichtig ist, wenn ihm offenkundig ein schwerer Fehler anhaftet. Nach
§ 44 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem
besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger
Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig
(evident) ist. Evident ist die Nichtigkeit, wenn sie dem
Verwaltungsakt gewissermaßen auf die Stirn geschrieben ist.
Lit.: Krugmann, M., Evidenzfunktionen, 1996
Eviktion (F.) Entwerung, Besitzaufgabe
Evokation (F.) Herausrufung
Evokationsrecht (Herausrufungsrecht) ist im mittelalterlichen und
neuzeitlichen deutschen Recht das (später durch gegenläufige
Nichtevokationsprivilegien geschwächte) Recht des Königs, jeden
Rechtsstreit vor sein Hofgericht zu ziehen. Im geltenden Recht
bestehen verschiedentlich Befugnisse einer an sich nicht generell
zuständigen →Behörde, ein →Verfahren an sich zu ziehen (z. B. §§
74a II GVG, 386 IV AO). Das E. ist aber die Ausnahme gegenüber
der Zuständigkeit.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
ex ante (lat.) aus damaliger Sicht, von vornherein
ex lege (lat.) kraft Gesetzes
ex nunc (lat.) von nun an (z. B. vom Zeitpunkt des Zugangs einer
Willenserklärung an)
ex officio (lat.) von Amts wegen
ex post (lat.) im nachhinein
ex tunc (lat.) von damals an (z. B. vom Zeitpunkt des ursprünglichen
Wirksamwerdens einer Willenserklärung an)
Examen (Prüfung) ist im Rahmen der – zweistufigen – juristischen
Ausbildung vor allem die erste juristische Staatsprüfung
(Staatsausbildungsdiensteingangsprüfung) und die zweite juristische
Staatsprüfung (Staatsausbildungsdienstabschlussprüfung), durch die
nach § 5 DRiG die Befähigung zum Richteramt erworben wird. Der
ersten juristischen Staatsprüfung muss ein Studium der
Rechtswissenschaft von grundsätzlich mindestens dreieinhalb Jahren
an einer Universität vorangehen, zwischen der ersten juristischen
Staatsprüfung und der zweiten juristischen Staatsprüfung muss ein
Vorbereitungsdienst von zwei Jahren liegen. Jede der beiden
Prüfungen gliedert sich – in den meisten norddeutschen Ländern in
Hausarbeit, – in Klausuren (schriftliche Aufsichtsarbeiten) und eine
mündliche Prüfung. Einzelheiten sind den jeweiligen
Justizausbildungsgesetzen und Justizausbildungsordnungen zu
entnehmen. Als durch Punkte weiter aufgeteilte Noten sind
regelmäßig vorgesehen sehr gut, gut, vollbefriedigend, befriedigend
(eine durchschnittliche Leistung), ausreichend, mangelhaft (und
unzulänglich).
Lit.: Köbler, Jurist
Exceptio (lat. [F.] Einrede) ist im römischen Recht zunächst im
Prozess die für den Beklagten günstige Ausnahme von den
Bedingungen, unter denen er zu verurteilen war, woraus sich die
privatrechtliche →Einrede entwickelte.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
exceptio (F.) doli (lat.) Einrede der Arglist (vgl. § 242 BGB)
exceptio (F.) plurium (lat.) Einrede des Mehrverkehrs
Exegese ([F.] Auslegung) ist die Erklärung eines Texts. Sie wird in
der Gegenwart hauptsächlich auf historische Texte (z. B. Bibel,
→Digesten, →Sachsenspiegel) bezogen. Die E. eines Texts kann
Aufgabe einer rechtsgeschichtlichen →Übung oder Teil einer
→Promotion sein. Allgemein ist E. jede (juristische oder andere)
Texterklärung. Sie findet dementsprechend sehr viel häufiger statt als
das Wort E. noch verwendet wird.
Lit.: Köbler, Anfängerübung; Schlosser, H./Sturm, F./Weber, H., Die rechtsgeschichtliche Exegese,
2. A. 1993; Waßmer, M./Wittemann, F., Die verfassungsgeschichtliche Exegese, 1999
Exekution (F.) Ausführung, Vollstreckung, Hinrichtung
Exekutive ist die vollziehende →Gewalt. Im System der
→Gewaltenteilung erfasst sie jegliche Ausübung staatlicher Gewalt,
die nicht →Gesetzgebung oder →Rechtsprechung ist. Vielfach
bezeichnet aber E. die rein ausführenden nachgeordneten
Verwaltungsbehörden und nicht zugleich auch die politische Tätigkeit
der →Regierung.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
exemt (Adj.) ausgenommen, befreit
Exequatur ([lat.] er übe aus) ist die Zustimmung des Empfangsstaats
zur Entsendung des →Konsuls eines andern →Staats in sein
Staatsgebiet.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
exhibitionistisch (Adj.) zeigend, offenbarend
exhibitionistische Handlung →Handlung, exhibitionistische
Exhumierung (§ 87 III StPO) ist die Ausgrabung einer schon
beerdigten Leiche, die im →Strafverfahren im Rahmen einer
Untersuchung zur Besichtigung oder Öffnung statthaft ist.
Exil (N.) Verbannung
Exklave (F.) ist – aus der Sicht des betreffenden Staats - das eigene
Gebiet eines →Staats, das von diesem räumlich getrennt und vom
Gebiet eines fremden Staates vollständig umschlossen ist (z. B.
Büsingen E. Deutschlands in der Schweiz, Kleines Walsertal E.
Österreichs in Deutschland). →Enklave
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Exkommunikation ist im katholischen →Kirchenrecht der strafweise
Ausschluss eines Mitglieds aus der Gemeinschaft der Gläubigen –
nicht jedoch der formellen Kirchenmitgliedschaft –. Die E. ist
grundsätzlich nur vorübergehender Natur. Nach seiner Besserung hat
der Betroffene einen Anspruch auf Lossprechung (vgl. 1077 Gang
König Heinrichs IV. nach Canossa).
Exkulpation (§ 831 BGB) ist die Entlastung, durch die sich der
Geschäftsherr von der Schadensersatzverpflichtung für Handeln eines
→Verrichtungsgehilfen befreien kann. Die Schadensersatzpflicht tritt
nicht ein, wenn der Geschäftsherr nachweisen kann, dass er bei der
Auswahl der bestellten Person ([lat.] →culpa in eligendo) und, sofern
er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die
Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder
der Leitung ([lat.] →culpa in custodiendo) die im Verkehr
erforderliche →Sorgfalt beobachtet hat oder dass der Schaden auch
bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Unabhängig
von der E. des Geschäftsherrn kann der Verrichtungsgehilfe selbst aus
unerlaubter →Handlung haften müssen.
Lit.: Eubel, P., Die Haftung des Geschäftsherrn für den Gehilfen nach deutschem und japanischem
Recht, 1981
exkulpieren →Exkulpation
Exmatrikulation (F.) Ausschreibung, formelle Beendigung der
Studien an einer Universität im Gegensatz zur →Immatrikulation
(Einschreibung)
Lit.: Gehrke, L., Die Exmatrikulation, 1996
Experte (M.) Fachmann, Sachverständiger
Expertensystem ist in der →Informatik die Verwendung der
elektronischen Datenverarbeitung als Ergänzung oder Ersatz des
Sachverständigen. In der →Rechtsinformatik geht es in diesem
Zusammenhang um das juristische E. Den Menschen kann das
juristische E. bisher nicht ersetzen.
Lit.: Jandach, T., Juristische Expertensysteme, 1993
Explosion ist die durch einen chemischen oder physikalischen
Vorgang verursachte, Zerstörungen bewirkende plötzliche
Volumenvergrößerung einer Sache. Das Herbeiführen einer E. durch
Freisetzen von Kernenergie oder anders, namentlich durch
Sprengstoff, ist strafbar, wenn dadurch Leib oder Leben eines andern
Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet
werden (§§ 307f. StGB). Streitig ist, ob hierzu auch ähnliche
Erscheinungen (Implosionen) und Kleinexplosionen gehören.
Export (M.) Ausfuhr
Lit.: Hoffmann, S. u. a., Exportverträge, 1999
expressis verbis (lat.) ausdrücklich
extensiv (Adj.) ausdehnend
Exterritorialität ([lat.] extra territorium, außerhalb des Lands) ist die
begrenzte Befreiung von Menschen (→Diplomaten) und Sachen
(Gesandtschaftsgebäude) eines fremden →Staats von der
Hoheitsgewalt des Aufenthaltsstaats. Der Umfang der E. hängt von
Vereinbarungen und vom Völkergewohnheitsrecht ab. Allgemein sind
die Diplomaten grundsätzlich von der →Gerichtsbarkeit des
Aufenthaltsstaats befreit.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
extraordinaria cognitio (lat. [F.]) außerordentliche Erkenntnis,
→cognitio extra ordinem
Extravaganten →corpus iuris canonici
extrem →Extremist
Extremist ist der Vertreter einer (extremen oder) radikalen, die
anerkannten gesellschaftlichen Verhaltensregeln missachtenden und
verletzenden Weltanschauung.
Lit.: Jahn, J., Strafrechtliche Mittel gegen Rechtsextremismus, 1998; Pfahl-Traúghber, A.,
Rechtsextremismus in der Bundesrepublik, 1999
Exzess ist die Ausschreitung oder die Überschreitung bestimmter
Grenzen. So liegt z. B. ein Notwehrexzess vor, wenn der
Angegriffene Maßnahmen ergreift, die über die durch →Notwehr
gedeckten Abwehrhandlungen hinausgehen
(→Notwehrüberschreitung). Der →Anstifter und der →Gehilfe sind
im Strafrecht nicht für einen E. des →Täters verantwortlich.
F
Fabrik ist das Gebäude oder der Raum, in dem industriemäßig aus
Rohstoffen Erzeugnisse hergestellt werden. Nach § 3 HPflG haftet,
wer eine F. betreibt, für den →Schaden, den ein Bevollmächtigter, ein
Repräsentant oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs
angenommene Person durch ein Verschulden in Ausführung der
Dienstverrichtungen an Leben oder Leib eines Menschen
herbeigeführt hat. Für die Arbeit in der F. gilt grundsätzlich das
Arbeitsrecht.
Fabrikationsfehler ist der bei der Herstellung des einzelnen Stücks
einer Ware entstehende Fehler (sog. Ausreißer z. B. Verunreinigung
einer bestimmtem Lieferung von Impfstoffen durch Bakterien).
Soweit er unvermeidbar war, trifft den Produzenten keine
Ersatzpflicht für den daraus entstehenden →Schaden.
→Produkthaftung, →Produzentenhaftung
Lit.: Fikentscher, Schuldrecht; Diederichsen, U., Die Entwicklung der Produzentenhaftung, VersR
1984, 797
Fachanwalt ist der für ein besonderes Fach der Rechtswissenschaft
besonders qualifizierte →Rechtsanwalt (1994 4307, 1998 11080,
davon 3315 für Arbeitsrecht, 2997 für Familienrecht, 2792 für
Steuerrecht). Die Verwendung des Begriffs F. für ein besonderes
Fach ist nach Beschlüssen der Satzungsversammlung der deutschen
Rechtsanwaltschaft zulässig für Arbeitsrecht, Sozialrecht, Steuerrecht,
Verwaltungsrecht, Strafrecht, Familienrecht, Insolvenzrecht und
Sanierung (angestrebt z. B. für Erbrecht, Verkehrsrecht,
Versicherungsrecht, Medizinrecht, Immobilienrecht, Mietrecht,
Europarecht, Medienrecht, privates Baurecht). Das Recht zur Führung
der Bezeichnung für höchstens zwei Fachgebiete wird auf Grund des
Nachweises der Qualifikation durch die zuständige
Rechtsanwaltskammer verliehen. Die nachzuweisenden Kenntnisse
sind im Rechtsanwaltsfachanwaltsbezeichnungsgesetz vom
27. 2. 1992 bzw. in der satzungsförmigen Fachanwaltsordnung vom
11. 3. 1997 festgelegt. Fachanwaltsuchdienst 08003224269,
www.0800Fachanwalt.de
Lit.: Commichau, G., Fachanwaltsverzeichnis, 1995; Kirchberg, C., 15 Jahre Fachanwaltschaften,
NJW 2002, 1386; Offermann-Burckart, S., Fachanwalt werden und bleiben, 2003
Fachaufsicht ist die →Aufsicht bestimmter Personen oder
→Behörden (z. B. Staat) über andere Persoenen oder Behörden (z. B.
Gemeinde), welche die Kontrolle der Rechtmäßigkeit und der
Zweckmäßigkeit des Handelns der beaufsichtigten Behörde erfasst.
Die Aufsichtsbehörde hat ein →Weisungsrecht. Die F. steht im
Gegensatz zur →Rechtsaufsicht und findet im Verhältnis zwischen
Staat und Gemeinde im sog. übertragenen Wirkungskreis statt (nicht
dagegen bei Selbstverwaltungsaufgaben [und Pflichtaufgaben zur
Erfüllung nach Weisung]).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Fachbereich ist der Teilbereich einer →Universität (Hochschule), der
nach einzelnen Landeshochschulgesetzen an die Stelle der älteren
Fakultät getreten ist. Der F. erfüllt für sein Sachgebiet die Aufgaben
der →Hochschule (Forschung, Lehre, Verleihung akademischer
→Grade [Promotion, Habilitation], Selbstergänzung durch Berufung).
Organe des Fachbereichs sind Fachbereichsrat und
Fachbereichssprecher (Dekan).
Fachhochschule (§ 1 HRG) ist die →Hochschule, die neben der
Universität eine gehobene Fachbildung vermitteln soll, die zu
selbständiger Tätigkeit im Beruf befähigt. Sie ist regelmäßig
→Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie verleiht nach § 18 HRG
den akademischen →Grad des Diplomierten (z. B. DiplomBetriebswirt [FH]), der einen Berufseinstieg zu angemessenen
Bedingungen gewährleistet.
Lit.: Schomerus, T., Stand und Perspektiven des Wirtschaftsrechtsstudiums an Fachhochschulen,
JuS 1999, 930; Schomerus, T., Berufseinstieg von Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH), JuS 2001, 1244
Fachschaft ist die Organisation der Studenten eines →Fachbereichs.
Zu ihren Aufgaben gehört die Wahrnehmung der wahren Interessen
der Fachstudenten, nicht die Wahrnehmung der persönlichen
Interessen der Fachschaftsorganmitglieder. Ihre Organe sind
Fachschaftsversammlung, Fachschaftsrat und Fachschaftssprecher.
Lit.: Köbler, Jurist; Müller, U., Die rechtliche Stellung der Fachschaften, 1997
Factoring ist der Sonderfall der →Inkassozession, bei welcher der
Factor in der Regel die →Forderung zu voller eigener Gefahr der
Feldfunktion geändert
Leistung des Schuldners gegen um einen Abschlag verkürztes Entgelt
übertragen erhält.
Lit.: Factoring-Handbuch, hg. v. Hagenmüller, K., 3. A. 1997; Brink, U., Factoringvertrag, 1998;
Häusler, C., Das Unidroit-Übereinkommen über internationales Factoring, 1998
facultas (lat. [F.]) Befugnis, Befähigung
facultas (F.) alternativa (lat.) →Ersetzungsbefugnis
Fahndung ist die Verfolgung eines einer →Straftat Verdächtigen
durch den →Staat zwecks Entdeckung und Ergreifung. Zuständig für
die F. ist im Wesentlichen die Polizei (→Kriminalpolizei) als
Hilfsorgan der →Staatsanwaltschaft (beachte daneben z. B. auch die
Steuerfahndung). Bei der F. wird vielfach die Bevölkerung durch ein
→Fahndungsschreiben um Mithilfe gebeten.
Fahndungsschreiben (§§ 131, 457 StPO) ist die öffentliche
Aufforderung eines Staatsanwalts oder Richters zur Ergreifung und
Einlieferung eines flüchtigen oder verborgenen Straftäters.
→Fahndung, →Haftbefehl, →Steckbrief
Fahnenflucht (§ 16 WStG) ist das eigenmächtige Verlassen der
Truppe oder der Dienststelle oder das eigenmächtige Fernbleiben von
der Truppe oder der Dienststelle durch einen
Bundeswehrangehörigen, um sich der Verpflichtung zum
→Wehrdienst dauernd oder für die Zeit eines bewaffneten Einsatzes
zu entziehen oder die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses zu
erreichen. Die F. ist strafbar. Vergleichbar mit der F. ist bei
Ersatzdienstpflichtigen die Dienstflucht (§ 53 ZDG).
Lit.: Seidler, F., Fahnenflucht, 1993; Kraft, T., Fahnenflucht und
Kriegsneurose, 1994
Fahrerflucht →Verkehrsunfallflucht
Fahrerlaubnis (§ 2 StVG, §§ 1ff. Fahrerlaubnisverordnung) ist die
→Erlaubnis der →Verwaltungsbehörde (Fahrerlaubnisbehörde), die
zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen →Straßen
grundsätzlich erforderlich ist. Sie kann, wenn der Inhaber sich durch
bestimmtes Verhalten als ungeeignet zum Führen eines
Kraftfahrzeugs erweist, durch die zuständige →Verwaltungsbehörde
(§ 3 StVG) oder das →Gericht (§ 69 StGB, beachte § 111a StPO) auf
Zeit oder auf Dauer entzogen werden. Nach Ablauf entsprechender
Zeit ist eine neue Erteilung der F. möglich. Die auf der Grundlage
einer deutschen F. erfolgte Ausstellung eines ausländischen
→Führerscheins (Umtausch) bewirkt nicht das Erlöschen der
deutschen F. (OVG Koblenz NJW 1995, 2180). Menschen mit der F.
eines Mitgliedstaats der Europäischen Union dürfen in Deutschland
im Rahmen dieser F. Fahrzeuge auch dann führen, wenn seit
Begründung ihres ständigen Aufenthalts im Inland mehr als 12
Monate vergangen sind.
Lit.: Hentschel, P., Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung und Fahrverbot, 9. A. 2003; Bouska, W.,
Fahrerlaubnisrecht, 3. A. 2004; Wölfl, B., Aus der Praxis – Der vorläufige Entzug der Fahrerlaubnis,
JuS 2001, 795
Fahrhabe →Fahrnis
fahrlässig (Adj.) nachlässig, sorgfaltswidrig →Fahrlässigkeit
Fahrlässigkeit ist im Privatrecht (§ 276 II BGB) die
Außerachtlassung der im Verkehr objektiv – im Verkehrskreis des
Handelnden – erforderlichen →Sorgfalt. Im Strafrecht bedeutet F. den
Vorwurf, dass der Täter eine objektive →Sorgfaltspflicht nicht
erkannt oder die daraus folgenden Sorgfaltsanforderungen nicht
erfüllt hat, obwohl er dazu nach seinen persönlichen Fähigkeiten und
dem Maß seines individuellen Könnens imstande gewesen wäre.
Bewusst ist die F., wenn der Täter mit der Möglichkeit der
Verwirklichung eines Erfolgs rechnet, aber (im Privatrecht) fahrlässig
bzw. (im Strafrecht) pflichtwidrig und vorwerfbar darauf vertraut,
dass er ihn nicht verwirklichen werde (es wird schon nichts
passieren). Unbewusste F. liegt vor, wenn der Täter die Möglichkeit
der Verwirklichung eines Erfolgs (im Privatrecht) fahrlässig bzw. (im
Strafrecht) pflichtwidrig und vorwerfbar nicht erkennt. Grobe F. ist
im Privatrecht die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen
Sorgfalt in außergewöhnlichem Maß, d. h. wenn der Handelnde das
nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedermann einleuchten musste
(z. B. handelt grob fahrlässig, wer bei hoher Geschwindigkeit einem
Kleintier ausweicht und dabei von der Straße abkommt, wer als
Frachtführer diebstahlsgefährdetes Gut durch bestimmte Gebiete
Italiens mit einem einzigen Fahrer führt, wer bei Rot über eine Ampel
fährt, wer seinen Schlüssel in einer vollbesetzten Gaststätte auf dem
Tisch liegen lässt oder wer nicht ständig sein Gepäck beobachtet).
Nicht grob fahrlässig ist z. B. das Parken eines verschlossenen,
alarmgesicherten Kraftfahrzeugs in einer beleuchteten Hauptstraße in
Mailand, das Belassen des Kraftfahrzeugscheins im Handschuhfach
des Fahrzeugs oder das Nichtversperren einer in ein Schloss
gefallenen Haustüre. Die F. gehört im Privatrecht zur →Schuld. Sie
steht dem →Vorsatz gegenüber.
Lit.: Deutsch, E., Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 2. A. 1995; Roth, F., Zur Strafbarkeit
leicht fahrlässigen Verhaltens, 1996; König, V., Die grobe Fahrlässigkeit, 1998; Hack, D.,
Rechtsprechung zur groben Fahrlässigkeit (§ 61 VVG), 1999; Mitsch, W., Fahrlässigkeit und
Straftatsystem, JuS 2001, 105
Fahrlässigkeitsdelikt ist das →Delikt, bei dem (im Gegensatz zum
Vorsatzdelikt) fahrlässiges →Verhalten mit Strafe bedroht ist (z. B.
fahrlässige Körperverletzung).
Fahrlehrer ist der das Führen eines Kraftfahrzeugs mit dem Ziel der
Erlangung der →Fahrerlaubnis unterrichtende Lehrer.
Lit.: Eckhardt, K., Fahrlehrergesetz, 6. A. 1999; Koch, P., Das neue Fahrlehrerrecht, 1999
Fahrnis ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen deutschen Recht
die bewegliche Sache im Gegensatz zu der unbeweglichen Sache
(Liegenschaft).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Fahrnisgemeinschaft ist im (älteren) Familienrecht die Form der
→Gütergemeinschaft, in der das bewegliche Vermögen der Ehegatten
gemeinschaftliches Vermögen ist (z. T. auch voreheliche Fahrnis und
eheliche Errungenschaften).
Lit.: Hübner, R., Deutsches Privatrecht
Fahrtenbuch ist der schriftliche Nachweis über jede einzelne Fahrt
mit einem Kraftfahrzeug und den jeweiligen Fahrzeugführer. Die
Eintragung muss der Kraftfahrzeughalter oder sein Beauftragter
unverzüglich nach Beendigung der Fahrt vornehmen. Die Führung
eines Fahrtenbuchs kann einem Kraftfahrzeughalter auferlegt werden,
wenn nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften die
Feststellung des Fahrzeugführers nicht möglich ist (§ 31a StVZO). Im
gewerblichen Güterkraftverkehr haben die Unternehmer stets ein F.
zu führen. Das F. dient auch dem Nachweis der Aufwendungen im
Steuerrecht.
Fahruntüchtigkeit ist das – insbesondere auf Alkoholgenuss
beruhende – Fehlen der Tauglichkeit eines Menschen, ein Fahrzeug
im →Straßenverkehr ordnungsgemäß zu führen. Das Fahren trotz F.
kann als →Ordnungswidrigkeit verfolgt werden (§ 24a StVG). Nach
den §§ 315c, 316 StGB ist strafbar, wer im Verkehr ein Fahrzeug
führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder
anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug
sicher zu führen. F. liegt dabei vor, wenn der Führer eines
Kraftfahrzeugs einen →Blutalkoholgehalt von mindestens 1,1
Promille (1,0 Promille Grundwert, 0,1 Promille Sicherheitszuschlag)
aufweist (absolute F.) oder wenn der Betreffende zwar einen
Blutalkoholgehalt von weniger als 1,1 Promille aufweist, aber
unsicher fährt (z. B. Schlangenlinien, mit erheblich überhöhter
Geschwindigkeit, relative F.). Das Führen eines Kraftfahrzeugs im
→Straßenverkehr mit einem Blutalkoholgehalt von 0,5 Promille
(Gefahrengrenzwert) oder mehr ist ordnungswidrig (§ 24a StVG). Die
absolute Fahruntauglichkeit für Radfahrer liegt bei einem
Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille vor (LG Hildesheim, NJW 1992,
451). Der Nachweis von Drogenwirkstoffen im Blut eines
Fahrzeugführers erweist allein noch nicht F. (str.).
Lit.: Hentschel, P., Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot, 9. A. 2003
Fahrverbot (§§ 25 StVG, 44 StGB) ist das Verbot, im öffentlichen
→Straßenverkehr auf die Dauer von 1 bis 3 Monaten ein
→Kraftfahrzeug zu führen. Das F. ist →Nebenstrafe bei einer
→Straftat, die der Täter bei oder im Zusammenhang mit dem Führen
eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines
Kraftfahrzeugführers begangen hat (z. B. §§ 315c, 316 StGB, seit
2001 auch bei Fahrten mit einem höheren Blutalkoholgehalt als 0,5
Promille). Außerdem ist es Nebenfolge bestimmter
→Ordnungswidrigkeiten. Über eine Rechtsbeschwerde, die ein F.
mitbetrifft, darf nicht der Einzelrichter allein entscheiden. Von der
Verhängung eines Fahrverbots kann ausnahmsweise abzusehen sein,
wenn ein Arzt eine Geschwindigkeitsbegrenzung überschreitet, um
einem Kranken möglichst rasch zu helfen.
Lit.: Hentschel, P., Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot, 9. A. 2003; Riehe, B.,
Fahrverbot, Diss. jur. Köln 2000
Fahrzeug ist allgemein das zum Fahren bestimmte
Fortbewegungsmittel. →Kraftfahrzeug
Fahrzeugbrief →Kraftfahrzeugbrief
Fahrzeughalter →Kraftfahrzeughalter
Fahrzeugschein →Kraftfahrzeugschein
Fairnessgrundsatz ist der Grundsatz des redlichen Umgangs mit
einem andern Menschen. Der F. gebietet im Verfahrensrecht, die
Eingriffsrechte des Staats in die Freiheitsrechte des Einzelnen im
Zweifel zu mildern und die Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber
den Eingriffen des Staats im Zweifel zu stärken. Zu den Grundlagen
eines fairen Verfahrens gehört jedenfalls das Recht, durch einen
Rechtsanwalt verteidigt zu werden und dieses Recht nicht bereits als
Folge einfachen Nichterscheinens zu verlieren. Ein
Verfassungsgericht verletzt den in Art. 6 I EMRK enthaltenen
Grundsatz des fairen Verfahrens vor Gericht jedenfalls dann, wenn es
mehr als sieben Jahre lang nicht entscheidet.
Lit.: Steiner, D., Das Fairnessprinzip im Strafprozess, 1995; Rzepka, D., Zur Fairness im deutschen
Strafverfahren, 1999; Machura, S., Fairness und Legitimität, 2001; Fleck, W., Die
Redlichkeitspflichten der Parteien im Zivilprozess, 2004
Faksimile ([lat.] fac simile mach’ ähnlich) ist die künstliche
Wiedergabe einer Vorlage. Das F. einer →Unterschrift ist
grundsätzlich keine Unterschrift im Sinne von § 126 BGB. Es genügt
jedoch für die Unterzeichnung einer →Inhaberschuldverschreibung
(§ 793 II 2 BGB).
faktisch (Adj.) tatsächlich
faktische Gesellschaft →Gesellschaft, faktische
faktischer Vertrag →Vertrag, faktischer
Faktura (F.) Rechnung
Fakultät ist die ältere Bezeichnung der Abteilungen der Universität,
die sich ursprünglich (nur) in artistische (philosophische),
theologische, juristische und medizinische F. gliederte. Die F. war der
Träger der universitären Aufgaben ihres Sachgebiets. Organe der
(engeren) F. waren regelmäßig die Gesamtheit der ordentlichen
→Professoren und der →Dekan. Die F. sind seit etwa 1970 vielfach
durch die →Fachbereiche ersetzt, im Übrigen entsprechen sie (bei
formaler Beibehaltung der Benennung) diesen inhaltlich.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Fakultätentag ist die gemeinsame Tagung von Vertretern der
Fakultäten desselben Fachs (z. B. Rechtswissenschaft) verschiedener
Universitäten.
Lit.: Knemeyer, F. u. a., 75 Jahre Deutscher Fakultätentag, 1995
fakultativ (Adj.) möglich, freigestellt, Gegensatz zu →obligatorisch
Fall ist die einzelne konkrete rechtlich relevante Geschehenseinheit
(z. B. ein bestimmter Verkehrsunfall).
Lit.: Köbler, Anfängerübung; Kohler-Gehrig, E., Technik der Fallbearbeitung, 2000; Martinek, M.,
Grundlagenfälle zum BGB, 2000
Fallgerechtigkeit ist die auf die konkreten Umstände des einzelnen
Falls abgestellte →Gerechtigkeit. Sie steht in einem steten
Spannungsverhältnis zu dem der abstrakten →Norm immanenten Ziel
der generellen Gleichbehandlung aller gleichgelagerten Fälle. Sie ist
schwer zu allgemeiner Zufriedenheit zu erreichen.
fällig →Fälligkeit
Fälligkeit ist der Zeitpunkt, von dem ab der →Gläubiger die
→Leistung vom →Schuldner verlangen darf. Nach § 271 I BGB
ergibt sich die F. aus der besonderen Parteibestimmung oder den
Umständen. Andernfalls kann der Gläubiger sofort fordern und der
Schuldner sofort leisten. Leistet der Schuldner bei F. nicht, so kann er
in →Verzug geraten.
Lit.: Nastelski, K., Die Zeit als Bestandteil des Leistungsinhalts, JuS 1962, 289
Fälligkeitsklausel ist die Klausel, dass die gesamte →Schuld fällig
wird, wenn der Schuldner einzelne fällige Teile oder Nebenschulden
(Raten, Zinsen) nicht ordnungsgemäß erfüllt (vgl. § 498 BGB für
Teilzahlungsverbraucherdarlehen).
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Fallrecht (case-law) ist das Recht, das auf den richterlichen
Entscheidungen einzelner Fälle beruht, sich an diesen bei jeder neuen
Entscheidung orientiert (Präjudizienrecht) und nur durch diese
fortgebildet wird. Das F. steht im Gegensatz zum →Gesetzesrecht. F.
sind das angloamerikanische Recht und das klassische römische
Recht.
Falsa demonstratio (F.) non nocet ([lat.] die unrichtige Bezeichnung
schadet nicht) ist die Beschreibung für die Voraussetzungen und
Folgen eines besonderen gemeinschaftlichen →Irrtums, bei dem die
Parteien dasselbe wollen, es aber gemeinsam falsch benennen (z. B.
Parteien meinen bei einem Grundstücksverkauf die Parzelle 115,
benennen sie aber fälschlich als Parzelle 119). Die f. d. begründet
kein Anfechtungsrecht wegen Irrtums. Sie ist kein →Dissens.
Lit.: Semmelmayer, J., Falsa demonstratio non nocet, JuS 1996, L 9
Falschaussage ist die (vorsätzliche) falsche →Aussage eines
→Zeugen oder →Sachverständigen vor Gericht. Sie kann uneidliche
oder eidliche F. sein. Sie ist strafbar (§§ 153ff. StGB) (falsche
uneidliche Aussage seit 1943).
Lit.: Wolf, G., Falsche Aussage, Eid und eidesstattliche Beteuerung, JuS 1991, 177
Falschbeurkundung ist allgemein die im Widerspruch zur Wahrheit
stehende →Beurkundung. Mittelbare F. (§ 271 StGB) ist die
Bewirkung der öffentlichen Beurkundung unwahrer Tatsachen mit
Hilfe eines →Beamten, der die Unwahrheit der beurkundeten
Tatsachen nicht kennt. Die hergestellte →Urkunde ist formell echt,
inhaltlich aber unwahr (z. B. falscher Zeitpunkt für nächste
Hauptuntersuchung eines Kraftfahrzeugs im Kraftfahrzeugschein).
Keine F. im Amt ist es z. B., wenn der Notar eine Beurkundung
außerhalb seines Amtsbezirks vornimmt und dabei wahrheitswidrig
angibt, dies sei am Ort seines Amtssitzes geschehen, oder wenn der
Notar eine unrichtige Angabe über den Zeitpunkt des Vollzugs oder
der Anerkennung einer Unterschrift vermerkt.
Falscheid (§ 163 StGB) ist die tatsächlich falsche eidliche
→Aussage, die der Schwörende für wahr hält. Der F. ist strafbar,
wenn der Handelnde fahrlässig falsch schwört (z. B. wenn der Täter
die Unwahrheit seiner Angaben nicht kennt, obwohl er sie kennen
könnte und müsste). Die Verleitung zum F. (falschen Eid) ist
ebenfalls strafbar (§ 160 StGB).
Fälscher ist der Täter der →Fälschung. →Protokoll
Falschgeld (§§ 146ff. StGB) ist das falsche Geld d. h. nachgemachte
oder verfälschte →Münzen und →Banknoten. Herstellung und
Verbreitung von F. sind strafbar. Darüber hinaus sind
→Kreditinstitute besonders verpflichtet, F. anzuhalten.
Lit.: Walz, K., Falschgeld, 1999
Falschlieferung ist die →Leistung eines andern ([lat.] aliud) als des
geschuldeten Gegenstands. Sie ist grundsätzlich keine Leistung,
sondern nur ein Leistungsversuch. Es gelten die Regeln über die
→Nichterfüllung, nicht dagegen die Regeln über die
Sachmängelhaftung (anders teilweise im Handelsrecht).
Lit.: Reinicke, D./Tiedtke, K., Kaufrecht, 6. A. 1997; Lettl, T., Die Falschlieferung, JuS 2002, 866;
Musielak, H., Die Falschlieferung, NJW 2003, 89
Falschmünzer ist der Hersteller von →Falschgeld.
Fälschung ist die zu betrügerischem Zweck vorgenommene
Veränderung oder Nachbildung eines Gegenstands. Im Strafrecht sind
vor allem die →Geldfälschung, die →Wertzeichenfälschung, die
→Urkundenfälschung, die →Personenstandsfälschung und die F.
technischer →Aufzeichnungen (nicht z. B. die Verwendung einer
Gegenblitzanlage gegen eine Geschwindigkeitskontrolle, die nur die
technische Begrenztheit des Geschwindigkeitsmessgeräts aufzeigt,
str.) strafbar (§§ 146, 148, 169, 267, 268 StGB). Die
landesverräterische F. ist als Fall der Gefährdung der äußeren
Sicherheit mit Strafe bedroht (§ 100a StGB).
falsus procurator (M.) ([lat.] falscher Vertreter) ist der →Vertreter
ohne →Vertretungsmacht.
Familie ist der Kreis der durch →Ehe, →Verwandtschaft und
→Schwägerschaft verbundenen Menschen, insbesondere die
Ehegatten und ihre →Kinder. Für die F. gilt das →Familienrecht.
Nach Art. 6 I GG steht die F. unter dem besonderen Schutz der
staatlichen Ordnung (institutionelle Garantie) und nach der
Europäischen Menschenrechtskonvention besteht ein Anspruch auf
Achtung des Familienlebens, bei dessen Verletzung durch eine
Behörde oder ein Gericht der betreffende Staat Entschädigung leisten
muss.
Lit.: Schumann, E., Die nichteheliche Familie, 1998; Schulze zur Wiesche, D., Vereinbarungen
unter Familienangehörigen, 1998; Vogt, H./Hannes, F., Arbeits- und Darlehensverträge mit
Familienangehörigen, 1998
Familienbuch (§ 12 PStG) ist das vom →Standesbeamten geführte
Buch, das den jeweiligen →Personenstand der Familienangehörigen
ersichtlich machen soll.
Familienfideikommiss (Art. 59ff. EGBGB) ist die hergebrachte,
durch die Weimarer Reichsverfassung und ein nachfolgendes
besonderes Gesetz aufgelöste, auf rechtsgeschäftlicher Stiftung
beruhende Bindung eines (adligen) Familienguts im Mannesstamm.
Lit.: Hübner, R., Deutsches Privatrecht; Staudinger/Promberger, BGB (zu Art. 59 EGBGB)
Familiengericht ist die (seit 1977) beim →Amtsgericht eingerichtete
Abteilung, deren Richter über →Familiensachen, insbesondere die
Scheidung einer →Ehe und ihre Folgewirkungen entscheiden
(§§ 606, 622ff. ZPO). Vor ihm besteht vielfach Anwaltszwang. Über
Rechtsmittel befindet ein für Familiensachen zuständiger Senat des
Oberlandesgerichts.
Lit.: Labuhn, G./Veldtrup, D./Labuhn, A., Familiengericht und Vormundschaftsgericht, 1999;
Roßmann-Gläser, S., Das familiengerichtliche Verfahren, 2002; Peschel-Gutzeit, L., 25 Jahre
Familiengerichte in Deutschland, NJW 2002, 2737; Menne, M., Die Organisation des
Gerichtswesens, JuS 2003, 26
Familiengesellschaft ist die im Wesentlichen aus Mitgliedern einer
→Familie als Gesellschaftern zusammengesetzte →Gesellschaft.
Lit.: Unternehmenshandbuch Familiengesellschaften, hg. v. Hennerkes, B. u. a., 2. A. 1998;
Planung, Finanzierung und Kontrolle im Familienunternehmen, hg. v. Jeschke, D./Kirchdörfer,
R./Lorz, R., 2000
Familienname (§ 1355 BGB) ist der →Name, den die Ehegatten
gemeinsam führen sollen (→Ehename). Bestimmen die Ehegatten
keinen F. (Ehenamen), so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung
geführten Namen auch nach der Eheschließung. Ein Ehegatte, dessen
Geburtsname nicht Ehename wird, kann seinen (einteiligen)
Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung
des Ehenamens geführten Namen als Begleitnamen voranstellen oder
anfügen.
Lit.: Wagenitz, T./Bornhofen, H., Familiennamensrechtsgesetz, 1994; Diederichsen, U., Die
Neuordnung des Familiennamensrechts, NJW 1994, 1089; Allgemeine Verwaltungsvorschrift über
die Erklärungen zur Namensführung in der Familie, Bundesanzeiger 1994, 3594
Familienrecht ist die Gesamtheit der die Rechtsverhältnisse der
durch →Ehe, →Verwandtschaft und →Schwägerschaft verbundenen
Menschen regelnden Rechtssätze. Das F. ist im Bürgerlichen
Gesetzbuch als viertes der fünf Bücher gefasst (§§ 1297ff. BGB). Es
zerfällt in das Eherecht, Verwandtschaftsrecht und
Vormundschaftsrecht.
Lit.: FamR mit einer Einführung v. Coester-Waltjen, D., 8. A: 2003; Schwab, D., Familienrecht, 12.
A. 2003; Henrich, D., Internationales Familienrecht, 2. A. 2000; Henrich, D., Familienrecht, 5. A.
1995; Gutdeutsch, W., Familienrechtliche Berechnungen (CD-ROM mit Handbuch), 2001; Seidl,
H., Familienrecht, 6. A. 2003; Marcks, D., Daten internationaler Abkommen zum Familienrecht,
1994; Münch, E. v., Ehe- und Familienrecht, 15. A. 2002; Familienrecht, hg. v. Finke/Garbe, 4. A.
2001; Schnitzler, K., Arbeitshilfen zum Familienrecht, 1997; Schlüter, W., BGB Familienrecht, 10.
A. 2003; Ziegler, E./Mäuerle, K., Familienrecht, 2. A. 2000; Tschernitschek, H., Familienrecht,
3. A. 2000; Praxishandbuch Familienrecht (Lbl.), hg. v. Scholz, H. u. a., 7. A. 2003; Familienrecht,
hg. v. Gerhardt, P. u. a., 4. A. 2002; Schellhammer, K., Familienrecht, 2. A. 2001; Kemnade, G. u.
a., Daten und Tabellen zum Familienrecht, 4. A. 2003; Andrae, M., Internationales Familienrecht,
1999; Meyer-Stolte, K./Bobenhausen, D., Familienrecht, 4. A. 2000; Hohloch, G., Familienrecht,
2000; Thalmann, W./May, G., Praktikum des Familienrechts, 4. A. 2000; Münchener
Prozessformularbuch Bd. 3 Familienrecht, hg. v. Gottwald, P., 2001; Gottwald, P./Schwab,
D./Büttner, E., Family & Succession Law in Germany, 2001; Schwab, D./Wagenitz, T.,
Familienrechtliche Gesetze, 4. A. 2002; Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, hg. v.
Schnitzler, K., 2002; Hohloch, G., Familienrecht, 2002; Schwab, D., Familienrecht, 10. A. 2003
(Prüfe dein Wissen); Familienvermögensrecht, hg. v. Schröder, R./Bergschneider, L., 2003;
Brudermüller, G., Die Entwicklung des Familienrechts seit Mitte 2002, NJW 2003, 3166; Praxis
des Familienrechts, hg. v. Rotax, H., 2. A. 2003; Weber, A., Die Entwicklung des Familienrechts
seit Mitte 2001, NJW 2003, 3597
Familiensache (§§ 606ff. ZPO) ist die vom Gesetz als solche
bezeichnete Streitigkeit in familiären Angelegenheiten (z. B.
Scheidung einer Ehe). Für Familiensachen ist das →Familiengericht
zuständig. Die →Berufung und die →Beschwerde gehen zum
→Oberlandesgericht (§ 119 GVG).
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO; Hoppenz, R., Familiensachen, 7. A. 2001; Firsching, K./Graba, H.,
Familiensachen, 6. A. 1998; Kemnade, G. u. a., Daten und Tabellen zum Familienrecht, 4. A. 2003;
Heintschel-Heinegg, B. v., Das Verfahren in Familiensachen, 7. A. 2003; Dose, H., Einstweiliger
Rechtsschutz in Familiensachen, 2000; Kohler, C., Internationales Verfahrensrecht für Ehesachen,
NJW 2001, 10; Madert, W./Müller-Rabe, S., Kostenhandbuch Familiensachen, 2001; Eckebrecht,
M. u. a., Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2001; Bergschneider, L., Verträge in
Familiensachen, 2. A. 2001; Günther/Hein, Familiensachen in der Anwaltspraxis, 2. A. 2002;
Pauling, D., Rechtsmittel in Familiensachen, 2002
Familienunternehmen ist das im Wesentlichen von den
Angehörigen einer Familie geführte →Unternehmen.
Lit.: Schürmann, W./Körfgen, K., Familienunternehmen auf dem Weg
zur Börse, 3. A. 1997
Fangprämie ist ein Geldbetrag (Prämie) für den Fang eines Tiers
oder die Ermittlung eines Straftäters.
Lit.: Diersch, T., Die Fangprämie beim Ladendiebstahl, 2000
Faschismus ([ital.] fascio [M.] Rutenbündel) ist die politische
Bewegung mit nationalistischer, totalitärer Zielsetzung Italiens, die
ihren historischen Ausgang von Benito Mussolini (1919) genommen
hat.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Faustpfand ist das →Pfandrecht an beweglichen →Sachen, bei dem
der unmittelbare →Besitz an den Pfandgläubiger übertragen wird.
Das Pfandrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist als F. gestaltet
(§ 1205 BGB). Seine rechtstatsächliche Bedeutung ist gering.
Faustrecht ist die Bezeichnung eines Zustands, in dem sich jeder sein
Recht mit eigener Faust (→Selbsthilfe) zu erkämpfen versucht. Das
F. steht im Gegensatz zur staatlichen Gestaltung des Rechtswesens.
Es ist daher in der Gegenwart bis auf geringe Reste (z. B. §§ 227ff.,
859 BGB, 32 StGB) beseitigt.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Fax →Telefax
Fehde ist im mittelalterlichen deutschen Recht der Zustand der
rechtmäßigen Feindschaft zwischen dem Verletzten und dem
Verletzer. Die F. ist zulässige →Selbsthilfe. Sie endet vielfach mit der
Urfehde (Versöhnung).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Fehlen der Vollendung →Vollendung
Fehler (Mangel) ist die dem →Käufer bzw. Mieter usw. ungünstige,
nicht unwesentliche Abweichung des tatsächlichen Zustands einer
→Sache von der von beiden Parteien vereinbarten oder
vorausgesetzten oder allgemein üblichen Beschaffenheit in Bezug auf
irgendein tatsächliches oder rechtliches Verhältnis, das nach der
Verkehrsanschauung auf die Wertschätzung der Sache Einfluss hat
(z. B. falscher Kilometerstand eines Gebrauchtwagens, erheblich
höherer Kraftstoffverbrauch eines Neuwagens, geringere Wohnfläche
als vereinbart, Hochwassergefährdung einer Mietwohnung, früherer
Gebrauch eines Grundstückes als Abfalllagerplatz). Für einen F. im
Zeitpunkt des Gefahrübergangs haftet der Verkäufer.
→Fehlerhaftigkeit
Fehlerhaftigkeit ist die ungünstige Abweichung eines Geschehens
oder Zustands von einer ordnungsmäßigen Beschaffenheit. Im
Verwaltungsrecht ist eine F. des →Verwaltungshandelns und damit
des →Verwaltungsakts gegeben, wenn die betreffende Maßnahme der
Verwaltung materiellem Recht oder formellem Recht widerspricht.
Die F. kann sich gründen auf Inhaltsfehler (z. B. materielle
Rechtswidrigkeit), Zuständigkeitsfehler (z. B. unzuständige Behörde),
Formfehler (z. B. Nichtausstellung einer vorgeschriebenen Urkunde)
und Verfahrensfehler (z. B. Fehlen des rechtlichen Gehörs). Bei
evidenter, schwerwiegender F. tritt →Nichtigkeit, sonst
→Anfechtbarkeit ein (§§ 44ff. VwVfG). Teilweise F. führt zu
gesamter F. nur, wenn der fehlerhafte Teil so wesentlich ist, dass die
Behörde ohne ihn nicht gehandelt haben würde. Im Verfahrensrecht
sind Fehler (fehlerhafte Entscheidungen) mit den jeweils zulässigen
→Rechtsbehelfen zu beseitigen. F. des →Besitzes (§ 858 II 1 BGB)
ist im Sachenrecht gegeben, wenn der Besitz durch verbotene
→Eigenmacht erlangt ist. Diese F. geht grundsätzlich auf den
Besitznachfolger über. Sie begründet einen Besitzherausgabeanspruch
(§ 861 BGB). Für fehlerhafte →Willenserklärungen gelten die
§§ 116ff. BGB.
Lit.: Hufen, F., Fehler im Verwaltungsverfahren, 4. A. 2002; Schnapp, F./Cordewener, A., Welche
Rechtsfolgen hat die Fehlerhaftigkeit eines Verwaltungsakts?, JuS 1999, 39
Fehlgeburt ist die noch nicht lebensfähige, tot geborene Leibesfrucht.
Zur Abgrenzung von der →Totgeburt wird teilweise auf eine
Höchstgröße von 35 cm bzw. auf ein Gewicht unter 500 Gramm
(1994) abgestellt. Eine F. erfüllt nicht die Voraussetzungen einer
Entbindung und ist keine →Leiche.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Feiertag ist der kraft Gesetzes arbeitsfreie Arbeitstag. Maßgeblich
sind hierfür im Wesentlichen Landesgesetze. Einen beschränkten
staatlichen Schutz genießen einzelne kirchliche, staatlich geschützte
Feiertage.
Feldjäger
Lit.: Heinen, J., Rechtsgrundlagen Feldjägerdienst, 5. A. 2001
Felonie (F.) Treubruch
Feme ([F.] Strafe?) ist im spätmittelalterlichen deutschen Recht eine
auf die Verbesserung der Rechtspflege (Strafrechtspflege) abzielende
Bewegung innerhalb der →Gerichtsbarkeit, die von den westfälischen
Grafengerichten ausging, wegen der (möglichen) Missbräuche nach
einem Höhepunkt im 15. Jahrhundert aber rasch an Bedeutung verlor.
→Femegericht
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Femegericht (Femgericht) ist im spätmittelalterlichen deutschen
Recht das mit einem Freigrafen und 7 Freischöffen, die in die Regeln
(Geheimnisse) der →Feme eingeweiht waren, besetzte →Gericht der
Feme. Die Freischöffen hatten auch die Pflicht, ihnen bekannt
gewordene Straftaten zu rügen und bei der Zustellung von Ladungen
mitzuwirken. Blieb der Geladene aus, wurde er verfemt und konnte
ohne Weiteres hingerichtet werden.
Lit.: Mitteis/Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte
Ferien (Feiertage, Ruhetage) des →Gerichts (Gerichtsferien § 199
GVG) war bis 1. 1. 1997 im Verfahrensrecht die Zeit zwischen dem
15. Juli und dem 15. September. Nach Abschaffung der F. besteht
nach § 227 III ZPO in bestimmten Fällen für den Zeitraum vom 1. 7.
bis 31. 8. des Jahres ein Anspruch auf Verlegung des Termins.
Feriensachen →Ferien
Fernabsatz ist der Absatz von Waren und die Erbringung von
Dienstleistungen über →Fernkommunikationsmittel.
→Fernabsatzgesetz, →Fernabsatzvertrag
Lit.: Reuter, M., Der Fernabsatz, 2003; Aigner, D./Hofmann, D.,
Fernabsatzrecht im Internet, 2004
Fernabsatzvertrag (§ 312b BGB) ist der Vertrag über die Lieferung
von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen zwischen
einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher
Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, bei dem der
Vertragsschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten
Vertriebs- und Dienstleistungssystems erfolgt (ausgenommen die in §
312b III BGB genannten Verträge wie z. B. Fernunterrichtsverträge,
Wohngebäudeteilzeitnutzungsverträge, Finanzgeschäftsverträge,
Grundstücksverträge, Warenautomatenverträge usw.). Bei dem F. hat
der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig klar und verständlich zu
unterrichten (§ 312c BGB). Der Verbraucher hat ein Widerrufsrecht
nach § 355 BGB (§ 312d BGB). Von den Vorschriften der §§ 312ff.
BGB darf nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden
(§ 312f BGB).
Lit.: Bülow, P./Artz, M., Fernabsatzverträge und Strukturen eines
Verbraucherprivatrechts im BGB, NJW 2000, 2049
Fernkommunikationsmittel (§ 312b II BGB) ist das zur Anbahnung
oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und
einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der
Vertragspartner einsetzbare Kommunikationsmittel (z. B. Brief,
Katalog, Telefon, Telekopie, e-mail, Rundfunk, Teledienst,
Mediendienst, Internet). →Fernabsatzvertrag
Fernmeldegeheimnis ist die die Tatsache und den Inhalt von
Ferngesprächen, Fernschreiben und Telegrammen schützende
Geheimhaltungspflicht. →Korrespondenzgeheimnis
Lit.: Maunz/Dürig, GG
Fernmelderecht ist die Gesamtheit der das Fernmeldewesen
betreffenden Rechtssätze. →Telekommunikation,
→Telekommunikationsgesetz
Lit.: Klingler, U., Fernmelderecht, Telekommunikationsrecht, 4. A. 1990
Fernmeldewesen ist die zusammenfassende Bezeichnung für die
Verhältnisse der Fernsprechanlagen, Fernschreibanlagen und
Funkanlagen.
Lit.: Klingler, U., Fernmelderecht, Telekommunikationsrecht, 4. A. 1990
Fernsehen ist die Aufnahme, Übertragung und Wiedergabe sichtbarer
Zustände oder Vorgänge mit Hilfe des elektrischen Stroms oder
elektromagnetischer Wellen.
Lit.: Thierfelder, J., Zugangsfragen digitaler Fernsehverbreitung, 1999; Rundfunk und Fernsehen
im digitalen Zeitalter, hg. v. Schwarze, J. u. a., 2000; Olenhusen, A. v., Film und Fernsehen, 2001
Fernsehrecht ist die Gesamtheit der →Fernsehen betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Hartlieb, H. v., Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 4. A. 2000
Fernunterricht ist der örtlich von einer Unterrichtsanstalt getrennte
Unterricht. Für ihn gilt das Fernunterrichtsschutzgesetz. Das Studium
u. a. der Rechtswissenschaft ist möglich an der Fernuniversität Hagen
(insgesamt 55000 Studierende, 6 Fachbereiche, 25 Studiengänge, 80
% Berufstätige, 40 % Graduierte, 70 Studienzentren, 50 %
Studienabbrecher, viele Weiterbildungslehrgänge z. B. Recht für
Patentanwälte, japanisches Zivilrecht, www.fernuni-hagen.de).
Lit.: Faber, K./Schade, R., Fernunterrichtsgesetz, 1980
Fessel ist das zur Einschränkung der Bewegungsmöglichkeiten eines
Menschen oder Tiers verwendete Band oder sonstige Hilfsmittel. Seit
1983 gibt es in den Vereinigten Staaten von Amerika, ausgehend von
Feldfunktion geändert
New Mexico (1977) und Florida, die elektronische, kostensparende
F., die Kanada, Israel, Australien, Schweden, Niederlande,
Großbritannien und die Schweiz übernahmen. 1997 beschlossen die
deutschen Justizminister auf vier Jahre befristete Versuche in
Hamburg und Berlin zur Erprobung der elektronischen F. Bei dieser
F. sollen Straftäter bei einer Freiheitsstrafe von weniger als sechs
Monaten Dauer mit einer am Fußgelenk getragenen Vorkehrung über
Telefonleitung, Monitor und Zentralcomputer zu Hause überwacht
werden. In Hessen begann am 2. 5. 2000 ein Modellversuch mit 36
Fußfesseln bei auf Bewährung verurteilten Straftätern.
Lit.: Bernsmann, H., Elektronisch überwachter Hausarrest, 2000
Festhalten ist das Verhindern der Ortsveränderung. Nach § 177 GVG
kann der Vorsitzende einer Gerichtsverhandlung zur Unterbindung
einer Störung das F. eines Menschen bis zu 24 Stunden anordnen.
Ähnliches gilt nach § 164 StPO für sonstige Amtshandlungen im
Strafverfahren. Das F. verletzt Art. 5c EMRK, wenn eine eindeutig
durch das einzelstaatliche Gesetz vorgeschriebene Frist überschritten
wird.
Festnahme ist die Entziehung der Fortbewegungsfreiheit, die nur in
den gesetzlich besonders zugelassenen Fällen rechtmäßig ist. Sofern
kein →Haftbefehl oder Unterbringungsbefehl vorliegt, kann die F.
nur vorläufig sein (vorläufige F.). Danach ist der Festgenommene
gemäß § 128 StPO spätestens am Tage nach seiner F. dem →Richter
vorzuführen, der entweder die Inhaftierung oder die Freilassung
anordnen muss. Befugt zur vorläufigen F. ist nach § 127 I StPO
jedermann, der einen Straftäter auf frischer Tat betrifft oder verfolgt,
wenn der Täter nicht sofort feststellbar ist oder →Fluchtgefahr
besteht. Dabei darf jedermann den Flüchtenden von hinten
anspringen, dadurch zu Boden werfen, dort festhalten und dann in
Notwehr würgen, wenn ihn die Gegenwehr dazu berechtigt.
→Staatsanwaltschaft und →Polizeibeamte sind darüber hinaus nach
§ 127 II StPO auch dann zur vorläufigen F. berechtigt, wenn die
Voraussetzungen eines Haftbefehls vorliegen. Nach § 127b StPO sind
Staatsanwaltschaft und Beamte des Polizeidiensts zur vorläufigen F.
eines auf frischer Tat Betroffenen oder Verfolgten auch dann befugt,
wenn eine unverzügliche Entscheidung im beschleunigten Verfahren
wahrscheinlich ist und auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten
ist, dass der Betreffende, würde er nicht festgenommen, der
Hauptverhandlung fernbleiben wird. Weitere Rechte zur vorläufigen
F. enthalten die §§ 177, 183 S. 2 GVG, 164 StPO oder 229 BGB. Der
Festgenommene ist, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird,
unverzüglich, spätestens am Tage nach der F. dem Richter bei dem
Amtsgericht, in dessen Bezirk er festgenommen wurde, zur
Einvernahme vorzuführen. Der Richter kann die Freilassung anordnen
oder (auf Antrag der Staatsanwaltschaft) einen Haftbefehl oder
Unterbringungsbefehl erlassen (§ 128 StPO).
Festpreis ist der durch Gesetz, Hoheitsakt oder Rechtsgeschäft in
seiner Höhe festgelegte Preis.
Feststellungsinteresse →Feststellungsklage
Feststellungsklage ist die auf Feststellung des Bestehens oder
Nichtbestehens eines →Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer
→Urkunde oder Feststellung ihrer Unechtheit (§ 256 ZPO) bzw. der
→Nichtigkeit eines →Verwaltungsakts (§ 43 VwGO) gerichtete
→Klage. Sie erfordert ein rechtliches bzw. berechtigtes Interesse des
Klägers an alsbaldiger Feststellung (Feststellungsinteresse). Im
Zweifel ist sie gegenüber andern Klagen subsidiär. Das auf die F. hin
ergehende Feststellungsurteil ist grundsätzlich nicht
vollstreckungsfähig.
Lit.: Chen, C., Die Feststellungsklage im Zivilprozess, Diss. jur. Köln 1997; Selb, W., Die
verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage, 1998
Feststellungsurteil ist das die Feststellung des Bestehens oder
Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, die Anerkennung einer
Urkunde oder die Feststellung ihrer Unechtheit bzw. die Nichtigkeit
eines Verwaltungsakts aussprechende →Urteil.
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO
Feudalismus ist die soziale, wirtschaftliche und politische Ordnung,
in der eine (adlige) Oberschicht mit Rechten an →Grundstücken
(→Grundherrschaft) und andern Gegenständen als Ausgleich für
Kriegsdienste und andere Dienste ausgestattet wird (→Lehnsrecht).
Der F. steht im Gegensatz sowohl zum →Absolutismus wie auch zur
→Volkssouveränität. Der F. wurde seit 1789 beseitigt.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
feudum (lat. [N.]) →Lehen
Feuerschau ist die regelmäßige Überprüfung aller Gebäude auf ihre
Feuersicherheit.
Feuerversicherung (§§ 81ff. VVG) ist die →Versicherung, die
Schäden abdecken soll, die aus Brand, Blitzschlag oder Explosion
entstehen oder damit unmittelbar zusammenhängen.
Lit.: Boldt, H., Die Feuerversicherung, 7. A. 1995; Josten, B., Die Feuerindustrieversicherung,
1999; Bruck, E./Möller, H., Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 8. A. Bd. 3 2002
Feuerwehr ist die zur Bekämpfung gefährlicher Feuer gebildete
menschliche Einrichtung. Sie ist teils freiwillige F., teils
Berufsfeuerwehr. Ihr Recht ist landesrechtlich geregelt.
Lit.: Hasl, A., Die Einordnung der Feuerwehren, Diss. jur. München 1996; Schober, W.,
Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 2002
Fideikommiss (Treueanvertrauung) ist im römischen Recht die
erbrechtliche Verfügung, durch die ein Erblasser die Erfüllung einer
Angelegenheit der Treue eines andern anvertraut. Im deutschen Recht
wird als F. (M.) seit dem Mittelalter das in einer Familie gebundene
Gut, das jeweils der Verwaltung eines Familienmitglieds anvertraut
ist, bezeichnet (→Familienfideikommiss). Seit der Aufklärung wird
seine Aufhebung angestrebt.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht; Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Fides (lat. [F.] Treue) ist im römischen Recht die anfangs moralische,
dann auch rechtliche Verpflichtung, zu seinem Wort zu stehen.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
fiducia (lat. [F.]) Treue, →Treuhand
fiduziarisch (Adj.) treuhänderisch
Fiktion (Erdichtung) ist der Rechtssatz, der eine in Wahrheit nicht
bestehende Tatsache als bestehend behandelt (z. B. § 894 ZPO Ist der
Schuldner zur Abgabe einer →Willenserklärung verurteilt, so gilt die
Erklärung als abgegeben, sobald das →Urteil →Rechtskraft erlangt
hat). Die F. kann im Gegensatz zu einer gesetzlichen →Vermutung
nicht durch Gegenbeweis entkräftet werden.
Lit.: Jochmann, M., Die Fiktion im öffentlichen Recht, 1998
Fiktionstheorie ist die Theorie zur juristischen →Person, die davon
ausgeht, dass für die Zuordnung herrenloser Rechte die juristische
Person durch →Fiktion geschaffen werden müsse. Sie steht im
Gegensatz zur Theorie der juristischen Person als realer
Gesamtpersönlichkeit.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Filiale (F.) Zweigniederlassung
Filmrecht ist die Gesamtheit der Filme betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Hartlieb, H. v., Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 4. A. 2000; Erdemir, M.,
Filmzensur und Filmverbot, 2000; Olenhusen, A. v., Film und Fernsehen, 2001; Homann, H.,
Praxishandbuch Filmrecht, 2001; Klages, C., Grundzüge des Filmrechts, 2003
final (Adj.) den Zweck oder die Absicht umfassend, zweckgerichtet
finale Handlungslehre →Handlungslehre, finale
Finanz, Finanzen, ist die Bezeichnung für die bestehende
Vermögenslage, insbesondere des →Staats.
Lit.: Wiesner, H., Öffentliche Finanzwirtschaft, 10. A. 1997; Brinkmeier, H., Kommunale
Finanzwirtschaft, 6. A. 1998; Henneke, H., Öffentliches Finanzwesen, 2. A. 2000; Zimmermann, H.,
Kommunalfinanzen, 1999
Finanzamt ist die unterste →Behörde der →Finanzverwaltung (§ 2
FVG). Das F. ist zuständig für Personen und Gegenstände, die in
seinem Bezirk ihren →Wohnsitz oder ihre Lage haben. Über dem F.
steht die Oberfinanzdirektion.
Lit.: Weyand, R., Was weiß das Finanzamt vom Steuerzahler?, 8. A. 2000
Finanzausgleich (vgl. Art. 107 GG) ist der angemessene Ausgleich
der ungleichen Steuererträge und der unterschiedlichen Finanzkraft
zwischen →Bund, →Ländern und →Gemeinden. Er ist horizontaler
F., wenn er zwischen Körperschaften gleicher Ebene (z. B. Ländern,
Gemeinden) erfolgt, vertikaler F., wenn er zwischen Körperschaften
verschiedener Ebenen (Bund-Länder) vollzogen wird. Das
Finanzausgleichsgesetz (1993) ist bis zum Ende des Jahrs 2004 als
Übergangsrecht anwendbar, falls der Gesetzgeber bis 31. 12. 2002
angemessene Maßstäbe festlegt.
Lit.: Inhester, M., Kommunaler Finanzausgleich, 1998; Hidien, J., Handbuch
Länderfinanzausgleich, 1999; Kirchhof, P., Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich, 2.
A. 1999; Hidien, J., Der bundesstaatliche Finanzausgleich, 1999; Huber, P., Der kommunale
Finanzausgleich, 1999; Scherf, W., Der Länderfinanzausgleich, 2000; Kämmerer, J., Maßstäbe für
den Bundesfinanzausgleich?, JuS 2003, 214
Finanzderivat ist das von herkömmlichen Finanzbeziehungen wie
Krediten, Aktien, Anleihen oder abstrakten Formen wie Aktienindizes
abgeleitete (derivierte), der Steuerung von Preisänderungsgefahren
dienende Finanzinstrument (Derivat z. B. Option, Future, Swap).
Lit.: Clouth, P., Rechtsfragen der außerbörslichen Finanzderivate,
2001
Finanzgericht ist das Gericht erster Instanz der
→Finanzgerichtsbarkeit. Es ist ein (oberes) Landesgericht. Seine
Senate sind mit 3 Berufsrichtern und 2 ehrenamtlichen Richtern
besetzt. Durch § 33 FGO ist den Finanzgerichten eine Vielzahl von
Rechtsstreitigkeiten im Bereich des Agrarverwaltungsrechts
zugewiesen.
Lit.: Gräber, F., Finanzgerichtsordnung, 5. A. 2002; Ax, R./Große, T./Melchior, J.,
Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 17. A. 2001
Finanzgerichtsbarkeit ist die die öffentlichen →Finanzen,
insbesondere die →Steuern betreffende →Gerichtsbarkeit. Sie ist ein
verselbständigter Sonderfall der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie ist in
der Finanzgerichtsordnung (Gerichte, Verfahren, Kosten und
Vollstreckung, Übergangs- und Schlussbestimmungen) besonders
geregelt. Ihre Organe sind →Finanzgericht und →Bundesfinanzhof.
Eine Klage vor dem Finanzgericht durch den Bürger ist unzulässig,
wenn die betreffende Steuer von einem Unternehmen unmittelbar
abgeführt wird.
Lit.: Sauer, O., Wie führe ich einen Finanzgerichtsprozess, 5. A. 2001; Gerharz, J., Der
Einzelrichter in der Finanzgerichtsbarkeit, 1999
finanzierter Abzahlungskauf →Verbraucherkredit
Finanzierung ist die Beschaffung von Mitteln für bestimmte Zwecke.
Sie kann Eigenfinanzierung oder Fremdfinanzierung sein. Als
Fremdfinanzierung verwendet sie hauptsächlich das Gelddarlehen (§§
488ff. BGB).
Finanzierungsleasing →Leasing
Lit.: Beckmann, H., Finanzierungsleasinggeschäfte, 1996; Girsberger, D., Grenzüberschreitendes
Finanzierungsleasing, 1997; Wolf, J., Die Rechtsnatur des Finanzierungsleasings, JuS 2002, 335
Finanzmarkt ist der Markt für den Handel mit Vermögenswerten,
insbesondere Wertpapieren.
Lit.: Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz, hg. v. Hadding, W. u. a., 1996; Weisgerber, T./Baur,
G., Das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz, 1998; Reuschle, F., Viertes
Finanzmarktförderungsgesetz, 2002
Finanzmonopol (Art. 105, 106 GG) ist die ausschließliche
Berechtigung des →Staats, aus dem Vertrieb eines Gegenstands
Einkünfte zu erzielen (z. B. Branntweinmonopol).
Finanzplanung ist die Planung der künftigen Entwicklung und
Gestaltung der →Finanzen.
Finanzrecht ist die Gesamtheit der die öffentlichen →Finanzen
betreffenden Rechtssätze. Dazu zählen besonders das
Finanzverfassungsrecht, das →Steuerrecht, das Haushaltsrecht und
das sonstige Finanzverwaltungsrecht. Das F. bildet die rechtliche
Grundlage von Finanzwirtschaft, Finanzpolitik und Finanzplanung.
Lit.: Strickrodt, G., Finanzrecht, 1975
Finanzverfassung (Art. 104aff. GG) ist die Gesamtheit der die
Ordnung des Geldwesens und den Ablauf der Finanzvorgänge in der
Haushaltswirtschaft, Vermögenswirtschaft und Schuldenwirtschaft
der →Körperschaften des öffentlichen Rechts betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Richter, H., Die bundesstaatliche Finanzverfassung, JuS 1996, 119; Henneke, H., Die
Kommunen in der Finanzverfassung, 3. A. 1998; Beckmann, K., Analytische Grundlagen einer
Finanzverfassung, 1998
Finanzvermögen ist das →Vermögen öffentlich-rechtlicher
→Körperschaften, das den Zwecken der Verwaltung nur mittelbar
durch seinen Wert oder seine Erträge (z. B. Grundstück, Pachtzins)
dient. Das F. steht neben dem →Verwaltungsvermögen. Es unterliegt
aber grundsätzlich den Regeln des →Privatrechts.
Finanzverwaltung (Art. 108 GG, Finanzverwaltungsgesetz) ist die
Verwaltung der öffentlichen →Einnahmen durch die öffentlichrechtlichen →Körperschaften. Dabei werden →Zölle,
→Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten
→Verbrauchsteuern und die Abgaben im Rahmen der Europäischen
Gemeinschaften bzw. Europäischen Union durch
Bundesfinanzbehörden, die übrigen Steuern durch
Landesfinanzbehörden verwaltet, soweit diese die Verwaltung nicht
den →Gemeinden übertragen haben. Die F. gliedert sich in
Finanzministerium, →Oberfinanzdirektionen (, die sowohl
Bundesbehörden wie auch Landesbehörden sind,) und →Finanzämter.
Lit.: Richter, H., Die bundesstaatliche Finanzverfassung, JuS 1996, 119; Bilsdorfer, P., Die
Informationsquellen, 5. A. 2002
Finanzwissenschaft ist die Wissenschaft von der Vermögenslage
(des Staats).
Lit.: Bohnet, A., Finanzwissenschaft, 2. A. 1999; Wellisch, D., Finanzwissenschaft, 2000;
Dickertmann, D., Finanzwissenschaft, 2000; Brümmerhoff, D., Finanzwissenschaft, 8. A. 2001
Findelkind ist das von unbekannten Eltern ausgesetzte neugeborene
Kind. Die zuständige Verwaltungsbehörde setzt den vermutlichen Tag
und Ort der Geburt fest und bestimmt den Vornamen und
Familiennamen des Findelkinds. Im Zweifel erfolgt danach eine
Annahme an Kindes Statt.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Finder (§ 965 BGB) ist der eine verlorene →Sache entdeckende und
an sich nehmende Mensch.
Finderlohn (§ 971 BGB) ist der Lohn, den der →Finder beim Fund
von dem Empfangsberechtigten verlangen kann. Er beträgt von dem
Wert der Sache bis zu 500 Euro 5%, vom Mehrwert 3%, bei Tieren
3%. Der Finder kann, wenn sich der Eigentümer nicht ermitteln lässt,
nach §§ 973ff. BGB Eigentum erwerben.
Fingerabdruck ist der Abdruck der Fingerspitzen der menschlichen
Hand. Der F. ist seit 1892 (in Deutschland 1903 Fingerabdruckblätter)
eines der wichtigsten Hilfsmittel der Personenfeststellung, dessen
Bedeutung darauf beruht, dass die Tastlinien (Papillaren) der
Fingerspitzen (selbst bei eineiigen Zwillingen) individuell ausgebildet
sind (und seit etwa 1990 auch mit automatisierten
Fingerabdruckidentifizierungssystemen wie z. B. Afis erkannt werden
können). Ergänzt wird der F. durch den Handinnenseitenabdruck.
→Genetischer Fingerabdruck, DNA-Analyse
Lit.: Schwind, Kriminologie
Finnland ist der an Schweden, Norwegen und Russland angrenzende,
nordeuropäische Staat, der seit 1. 1. 1995 Mitglied der Europäischen
Union ist. Das Finnische ist eine nichtindogermanische Sprache. Das
Recht Finnlands ist durch die lange Beherrschung Finnlands durch
Schweden geprägt.
Lit.: Ettmayer, F., Finnland, 1999
Firma (§ 17 HGB) ist (nur) der →Name des →Kaufmanns, unter
dem er im Handel seine Geschäfte betreibt und die →Unterschrift
abgibt(, nicht dagegen auch das →Unternehmen). Für die Gestaltung
einer F. gelten feste Regeln (§§ 18ff. HGB u. a., Personenfirma,
Sachfirma). Insbesondere muss die Firma zur Kennzeichnung des
Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft haben und damit
grundsätzlich wahr, klar, unterscheidungskräftig und frei von
täuschenden Angaben (z. B. GbRmbH) sein. Die F. entsteht (originär)
durch einfache Annahme (des Namens). Sie kann zusammen mit dem
Geschäft übertragen werden. Sie soll nach dem Ausscheiden eines
Gesellschafters regelmäßig fortgeführt werden. Sie endet mit der
Beendigung des kaufmännischen →Handelsgewerbes. Bei
Einzelkaufleuten muss sie seit 1998 die Bezeichnung eingetragener
Kaufmann, eingetragene Kauffrau oder eine allgemein verständliche
Abkürzung dieser Bezeichnung (z. B. e. K., e. Kfm., e. Kfr.) enthalten
(§ 19 HGB). Kapitalgesellschaften dürfen eine Sachfirma annehmen.
Zulässig sind dabei Phantasiebezeichnungen. Unter seiner F. kann der
Kaufmann klagen und verklagt werden. In der Umgangssprache ist F.
gleichbedeutend mit Unternehmen.
Lit.: Scheibe, R., Der Grundsatz der Firmenwahrheit, JuS 1997, 414; Bokelmann, G., Das Recht der
Firmen- und Geschäftsbezeichnungen, 5. A. 2000
firmieren (V.) als Namen führen, Geschäfte treiben
Fischerei ist die Hegung und Aneignung von Fischen.
→Fischereirecht
Fischereirecht ist das Recht, in einem Binnengewässer Fische,
Krebse und andere nutzbare Wassertiere, die nicht Gegenstand des
→Jagdrechts sind, zu hegen und sich anzueignen. Es ist ein absolutes
Recht. Es steht grundsätzlich dem Eigentümer des Gewässers zu,
doch kann der Inhaber des Fischereirechts das
Fischereiausübungsrecht an einen Fischereiausübungsberechtigten
verpachten.
Lit.: Lorz, A./Metzger, E./Stöckel, H., Jagdrecht, Fischereirecht, 3. A. 1998
Fischwilderei (§ 293 StGB) ist das Fischen unter Verletzung fremden
Fischereirechts oder Fischereiausübungsrechts und das Zueignen,
Beschädigen oder Zerstören einer Sache, die dem Fischereirecht
unterliegt.
Fiskal ist im neuzeitlichen Verwaltungsrecht der Interessenvertreter
des →Fiskus.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Fiskus (lat. fiscus [M.] Geldkorb) ist der Träger öffentlicher
→Verwaltung, soweit er in privatrechtlichen Formen tätig wird (z. B.
Land kauft ein Grundstück, Land betreibt Brauerei, Land
bewirtschaftet Domäne). F. ist also der →Staat als juristische Person
(des öffentlichen Rechts) im nichthoheitlichen Bereich
(Privatrechtssubjekt). Der F. kann klagen und verklagt werden und
genießt im Privatrecht einige Vorrechte (z. B. §§ 928 II, 1936 BGB).
fix (Adj.) fest, schnell
Fixgeschäft ist das →Rechtsgeschäft, bei dem die →Leistung genau
zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist
zu bewirken ist und das Geschäft nach der Vereinbarung oder den
sonstigen Umständen mit Einhaltung der Zeitbestimmung stehen oder
fallen soll (vgl. § 232 II Nr. 2 BGB). § 376 HGB (Fixhandelskauf)
gewährt einen →Schadensersatzanspruch wegen →Nichterfüllung.
Im Gegensatz zu dem damit geregelten relativen (echten) F. hat beim
absoluten (unechten) F. die →Leistungszeit die Bedeutung, dass
Leistung zu jeder andern Zeit überhaupt unmöglich ist (z. B.
Lieferung von Weihnachtsbäumen im Januar).
Fläche ist das zweidimensional durch Länge und Breite bestimmte
Gebilde.
Flächennutzungsplan (§ 5 BauGB) ist der den →Bebauungsplan
vorbereitende →Bauleitplan des Bauplanungsrechts, der die
beabsichtigte Art der Bodennutzung einer Gemeinde (z. B. Baugebiet,
Verkehrsfläche) in Grundzügen darstellt. Er ist weder →Rechtsnorm
noch →Verwaltungsakt, sondern eine hoheitliche Maßnahme eigener
Art, welche die beteiligten öffentlich-rechtlichen Planungsträger
bindet. Seine Aufstellung leitet die Gemeinde durch einen bekannt zu
gebenden Beschluss ein. Wirksam wird der F. nach der Bekanntgabe
seiner Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde (§ 6
BauGB).
Lit.: Koppitz, H./Schwarting, G./Finkeldei, J., Der Flächennutzungsplan, 2. A. 2000
Flächenstaat ist der nicht nur aus einer Stadt (→Stadtstaat), sondern
aus einem größeren Staatsgebiet bestehende →Staat (z. B. Bayern,
Nordrhein-Westfalen).
flexibel (Adj.) beugbar, beweglich, veränderbar, anpassungsfähig
Flucht ist die rasche, meist durch die Furcht vor einer Gefahr
veranlasste Ortsveränderung.
Fluchtgefahr (§ 112 II StPO) ist die Wahrscheinlichkeit, dass der
→Beschuldigte sich eher dem Strafverfahren entziehen als sich ihm
stellen werde. Indizien hierfür sind auffälliger Wohnungswechsel und
Arbeitsplatzwechsel, Verwendung falscher Papiere, frühere Flucht,
Besitz größerer Mengen von Bargeld. Die F. ist ein →Haftgrund der
→Untersuchungshaft.
Flüchtling ist allgemein der aus seiner jeweiligen Umgebung
geflohene Mensch. Ihm stehen regelmäßig nur eingeschränkte Rechte
zu. Besonders wichtig ist das →Asylrecht.
Lit.: Lass, C., Der Flüchtling im deutschen internationalen Privatrecht, 1995; Schenckendorff, M. v.,
Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht (Lbl.), 1995; Göbel-Zimmermann, R., Asyl- und
Flüchtlingsrecht, 1999
Fluchtlinie →Baulinie
Flugzeug →Luftfahrzeug
Flurbereinigung ist die Zusammenlegung und Umgestaltung
landwirtschaftlich genutzter →Grundstücke in einem öffentlichrechtlichen Verfahren zum Zweck ertragreicherer Bewirtschaftung
(vgl. § 1 FlurbG).
Lit.: Seehusen, W./Schwede, T., Flurbereinigungsgesetz, 8. A. 2003
Flurstück ist die vermessungstechnische Bezeichnung eines
→Grundstücks (bzw. Grundstücksteils).
Fob ([engl.] free on board, frei an Bord) ist die Klausel des
internationalen Handelsverkehrs, nach welcher der Verkäufer die
→Ware kostenfrei an Bord eines Schiffs (→Erfüllungsort) bringt.
Lit.: Canaris, Handelsrecht
Föderalismus (lat. foedus [N.] Bund) ist die Lehre von der
Gestaltung des →Staats, die neben der Einheit des Ganzen die
Vielheit seiner Glieder (Einzelstaaten, Länder) kennt. Dem F. steht
der →Zentralismus (oder Unitarismus) gegenüber. Föderalistische
Gestaltungsmöglichkeit ist vor allem der →Bundesstaat.
Lit.: Reuter, K., Föderalismus, 5. A. 1996
Folge ist ein auf einem andern Umstand ursächlich beruhender oder
im Verhältnis zu ihm zeitlich späterer Umstand. →Rechtsfolge
Folgenbeseitigungsanspruch ist der (seit 1951 anerkannte)
Anspruch des Einzelnen gegen eine öffentlich-rechtliche
→Körperschaft, vor allem die tatsächlichen Folgen eines wegen den
Eingriffs in ein subjektives Recht ihm nachteiligen rechtswidrigen
hoheitlichen Handelns zu beseitigen und den früheren Zustand
wiederherzustellen. Bei rechtswidrigen →Verwaltungsakten ist
entweder zuvor oder – wie in der Praxis üblich – zumindest
gleichzeitig (§ 113 I 2 VwGO) der Verwaltungsakt aufzuheben.
Gerichtet ist der Anspruch auf →Beseitigung einer →Störung, nicht
auf Ersatz. Allerdings erscheint nach Maßgabe des in § 251 II 1 BGB
enthaltenen Rechtsgedankens ein Folgenentschädigungsanspruch
nicht ausgeschlossen. Der F. verjährt in längstens 30 Jahren.
Lit.: Südhoff, S., Der Folgenbeseitigungsanspruch, 1995; Brugger, W., Gestalt und Begründung des
Folgenbeseitigungsanspruchs, JuS 1999, 626; Erbguth, W., Vom Folgenbeseitigungsanspruch zum
Folgenentschädigungsanspruch?, JuS 2000, 336
Folgerecht ist das Recht des →Urhebers eines →Werks der
bildenden Kunst, bei einer Weiterveräußerung des Originals des
Werks durch einen Kunsthändler oder Versteigerer als Erwerber,
Veräußerer oder Vermittler vom Veräußerer 5% des
Veräußerungserlöses zu verlangen. Nach europäischem Recht soll das
F. (in Höhe von 4 Prozent des Preises, höchstens 12500 Euro) bis zu
70 Jahre nach dem Tod des Urhebers währen.
Lit.: Schneider-Brodtmann, J., Das Folgerecht, 1996
Folgeschaden ist der aus einer Verletzung erst nachfolgende
→Schaden am gesamten Vermögen. Er steht im Gegensatz zum
→Verletzungsschaden. Er braucht bei § 823 I BGB nicht durch die
→Handlung →kausal und →adäquat herbeigeführt worden zu sein.
→Mangelfolgeschaden
Lit.: Maier-Sieg, E., Der Folgeschaden, 2000
Folter ist die Zufügung oder Ausnutzung vermeidbarer nicht ganz
unerheblicher körperlicher oder seelischer Schmerzen oder Leiden,
die unfreiwillige Unterwerfung unter medizinische oder
wissenschaftliche Versuche sowie eine Drohung mit derartigen
Schmerzen, Leiden oder Maßnahmen, die von einem Staat oder einem
entsprechenden Machtorgan selbst bzw. mit dessen Billigung oder
Duldung eingesetzt wird, um den Gefolterten oder einen Dritten zu
einer Aussage oder zu einem Geständnis zu zwingen oder einen
Dritten einzuschüchtern. Sie ist rechtswidrig (vgl. § 136a StPO
[Verbot von Misshandlung, Ermüdung, körperlichem Eingriff,
Verabreichung von Mitteln, Quälerei, Täuschung und Hypnose],
Art. 104 I 2 GG). Sie verdient Bestrafung.
Lit.: Arndt, H./Olshausen, H. v., Grenzen staatlicher Zwangsbefugnisse gegenüber
Untersuchungshäftlingen, JuS 1975, 143
Fonds (M.) ist die Gesamtheit für bestimmte Zwecke gehaltener,
vielfach unter besonderer Verwaltung stehender Geldmittel oder
sonstiger Vermögenswerte.
Lit.: Lüdicke, J./Arndt, J./Götz, G., Geschlossene Fonds, 2. A. 2002
Forderung (§ 398 BGB) ist das Recht des →Gläubigers gegen den
→Schuldner auf die →Leistung. Die F. ist meist ein einzelnes Recht
im Rahmen eines →Schuldverhältnisses in weiterem Sinn. Sie
entsteht durch →Rechtsgeschäft oder →Gesetz und erlischt durch
→Erfüllung oder sonstige Beendigungsgründe.
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Medicus, Schuldrecht, Bd. 1
Forderungspfändung ist die →Pfändung einer →Forderung.
Lit.: Stöber, K., Forderungspfändung, 13. A. 2002
Forderungsübergang ist der Übergang der Inhaberschaft einer
→Forderung von einem bisherigen →Gläubiger auf einen neuen
Gläubiger. Er kann kraft Gesetzes (→Legalzession), durch einen
einzelnen Hoheitsakt (z. B. § 835 ZPO) oder durch →Abtretung
(Verfügungsgeschäft, § 398 BGB) vor sich gehen. Er ist vom Willen
des Schuldners grundsätzlich unabhängig.
Forderungsverletzung ist die Verletzung einer Forderung bzw. eines
→Anspruchs. Positive F. (sonstige Pflichtverletzung) war bis 2002
eine eigene Leistungsstörung des Schuldverhältnisses. Seitdem ist sie
in der allgemeinen Pflichtverletzung aufgegangen (§§ 280, 324, 325
BGB).
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Schünemann, W., Die positive Forderungsverletzung – eine kritische
Bestandsaufnahme, JuS 1987, 1; Wertheimer, F./Eschbach, M., Positive Vertragsverletzung, JuS
1997, 605
Förderungsverwaltung ist der auf Förderung ausgerichtete Unterfall
der →Leistungsverwaltung, bei dem bewusst geldwerte Leistungen
von der Verwaltung ohne Gegenleistung erbracht werden (z. B.
individuelle Ausbildungsförderung, Förderung der
Geldkapitalbildung durch Sparprämien).
forensisch (Adj.) gerichtlich (zu [lat.] forum [N.] Gericht)
Form ist die sinnlich wahrnehmbare Gestalt eines Gegenstands oder
einer Vorstellung. Im Verfahrensrecht bedarf etwa das →Urteil einer
bestimmten F. (z. B. § 313 ZPO). Im Privatrecht besteht zwar
weitgehend →Formfreiheit, doch wird für einzelne
→Willenserklärungen durch →Gesetz oder →Vereinbarung auch
eine F. vorgeschrieben, was der Beweissicherung, der Kontrolle oder
der Warnung vor überstürztem Handeln dienen soll. Die wichtigsten
Formen sind die →Schriftform (§ 126 I BGB, z. B. bei Bürgschaft,
Auflösungsvertrag des Arbeitsverhältnisses), die elektronische Form
(§ 126a BGB), bei welcher der Aussteller der Erklärung dieser seinen
Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer
qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz
versehen muss, die Textform (§ 126b BGB), die öffentliche
→Beglaubigung (§ 129 I BGB, z. B. bei Eintragungsbewilligung) und
die notarielle →Beurkundung (§ 128 BGB, z. B. bei
Grundstückskauf) sowie der ihr gleichstehende gerichtliche Vergleich
(§ 127a BGB). Ein Rechtsgeschäft, das der vorgeschriebenen F.
ermangelt, ist grundsätzlich nichtig (§ 125 BGB, anders z. B. § 518 II
BGB). Im Verwaltungsrecht gilt für Fehler hinsichtlich der F. eines
→Verwaltungsakts § 46 VwVfG.
Lit.: Heiss, H., Formmängel, 1999; Hähnchen, S., Das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften
des Privatrechts, NJW 2001, 2831
formal (Adj.) die Form betreffend, äußerlich
Formalbeleidigung →Beleidigung
Formel ist die förmlich festgelegte, häufig wiederkehrende Aussage
(z. B. Eidesformel), in der Rechtsgeschichte auch das Muster für
Urkunden in typischen Geschäften.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
formell (Adj.) förmlich, die Form betreffend
formelle Rechtskraft →Rechtskraft, formelle
formelle Verfassung →Verfassung, formelle
formelles Recht →Recht, formelles
Formfreiheit ist die Freiheit einer rechtlich relevanten Handlung von
einer besonderen →Form. Sie ist im Privatrecht die Regel. Nur
ausnahmsweise bedürfen →Rechtsgeschäfte einer besonderen Form.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Formkaufmann (§ 6 II HGB) ist der →Kaufmann kraft Rechtsform.
Darunter ist ein →Verein, dem das Gesetz ohne Rücksicht auf den
Gegenstand des →Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmanns
beilegt (z. B. Gesellschaft mit beschränkter Haftung), oder eine
Handelsgesellschaft zu verstehen (str.). Für den F. gelten die
Vorschriften über die →Firma, die →Handelsbücher und die
→Prokura auch, wenn das Unternehmen nach Art oder Umfang
(ausnahmsweise) einen in kaufmännischer Weise eingerichteten
Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
Formular ist das auf die allgemeinen Merkmale einer
Rechtshandlung beschränkte Erklärungsmuster, das durch die
Einfügung von Einzelfallmerkmalen konkretisiert werden kann.
Lit.: Böhme, W./Fleck, D./Bayerlein, W., Formularsammlung für Rechtsprechung und Verwaltung,
16. A. 2003; Wurm/Wagner/Zartmann, Das Rechtsformularbuch, 14. A. 1998; Beck’sches
Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, hg. v. Hoffmann-Becking, M./Rawert,
P., 8. A. 2003; Beck’sches Prozessformularbuch, hg. v. Locher, H./Mes, P., 9. A. 2003;
Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. A. 2001; Vertragsund Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts-, Bank- und Transportrecht, hg. v. Hopt, K., 2. A.
2000; Rechtsformularbuch für den Mittelstand, hg. v. Schachner, G., 4. A. 2001; Beck’sches
Formularbuch für den Strafverteidiger, hg. v. Hamm, R. u. a., 4. A. 2001; Münchener
Prozessformularbuch Verwaltungsrecht, 1998; Steuer-Formular Handbuch mit CD-ROM, hg. v.
Fichtelmann, H. u. a., 7. A. 2002; Anwaltformulare, hg. v. Heidel, T./Pauly, S./Amend, A., 4. A.
2003; Das Prozessformularbuch, hg. v. Vorwerk, V., 7. A. 2002; Schaub, G., Arbeitsrechtliche
Formularsammlung, 7. A. 1999; Münchener Prozessformularbuch Arbeitsrecht, hg. v. Zirnbauer,
U., 2. A. 2004; Münchener Prozessformularbuch Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht,
Presserecht, hg. v. Mes, P., 2000; Beck’sches Formularbuch Immobilienrecht, hg. v. Weise, S.,
2001; Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, hg. v. Bauer, J. u. a., 2001; Anwaltformulare, hg. v.
Heidel, T./Pauly, S./Amend, A., 3. A. 2002; Formularbuch Arbeitsrecht, hg. v. Kittner, M. u. a.,
2002
Formularverfahren ist im römischen Recht das durch die
Verwendung zahlreicher, aus der →actio des Klägers und einer
eventuellen →exceptio des Beklagten gebildeter Verfahrensformeln
(Prozessprogramme) gekennzeichnete Verfahren, das dem älteren
→Legisaktionenverfahren zeitlich nachfolgt und seinerseits durch das
neuere →Kognitionsverfahren abgelöst wird.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Formwechsel (§§ 190ff. UmwG) ist der Wechsel der Rechtsform
eines Rechtsträgers. Der F. ist ein Fall der →Umwandlung. Es gilt das
Umwandlungsgesetz.
Forschung ist die Bemühung um neue nachvollziehbare Erkenntnis.
Lit.: Möffert, F., Der Forschungs- und Entwicklungsvertrag, 2. A. 2001
Forschungsfreiheit ist die grundgesetzlich gewährleistete Freiheit zu
wissenschaftlicher Forschung.
Lit.: Forschungsfreiheit, 1996
fortgesetzt (Adj.) von längerer, nicht durch ein Ereignis
unterbrochener Dauer, weiter geführt.
fortgesetzte Gütergemeinschaft →Gütergemeinschaft, fortgesetzte
fortgesetzte Handlung →Handlung, fortgesetzte
Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 I 4 VwGO) ist die
→Feststellungsklage, die einen nach der Klageerhebung, aber vor
dem →Urteil erledigten →Verwaltungsakt betrifft. Hat der Kläger ein
berechtigtes Interesse daran, so spricht das Gericht auf Antrag durch
Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist. Bei
Verwaltungsakten, die sich vor der Klageerhebung erledigt haben, gilt
§ 113 I 4 VwGO analog. Es ist weder die erfolglose Durchführung
eines Vorverfahrens noch die Wahrung einer Klagefrist erforderlich.
Lit.: Rozek, J., Grundfälle zur verwaltungsgerichtlichen Fortsetzungsfeststellungsklage, JuS 1995,
598, 697; Goepfert, A., Die Fortsetzungsfeststellungsklage, 1998; Rozek, J., Neues zur
Fortsetzungsfeststellungsklage, JuS 2000, 1162
Fortsetzungszusammenhang →Handlung, fortgesetzte
forum (lat. [N.]) Markt, Gericht, Gerichtsstand
forum (N.) delicti commissi (lat.) Gerichtsstand des begangenen
Delikts
forum (N.) rei sitae (lat.) Gerichtsstand der belegenen Sache
Foto (N.) Lichtbild
Fotokopieren ist das fototechnische Vervielfältigen eines
Schriftstücks. Es ist für einzelne urheberrechtliche Beiträge zum
privaten Gebrauch erlaubt. Es kann ein →Urheberrecht verletzen (z.
B. bei gewerbsmäßiger Tätigkeit eines Recherchediensts).
Fotokopierabgabe ist die Gebühr, die Großbetreiber von
Fotokopiergeräten seit der Änderung des § 54 II 1 UrhRG
(24. 6. 1985) an die Verwertungsgesellschaft Wort zu entrichten
haben. Daneben muss der Hersteller für jedes Fotokopiergerät eine
einmalige Abgabe bezahlen. Die F. soll den Urhebern zugute
kommen.
Fotorecht ist die Gesamtheit der Fotos betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Riedel, R., Fotorecht für die Praxis, 4. A. 1988
Fracht (F.) Lohn für Beförderung, auch befördertes Gut
Frachtbrief (§ 408 HGB) ist die (in drei Originalausfertigungen
ausgestellte) →Urkunde, die der Absender von Gütern auf Verlangen
des →Frachtführers über das Frachtgeschäft ausstellt. Der F. ist nach
seiner Übergabe Beweisurkunde über den Abschluss und Inhalt des
Frachtvertrags, nicht dagegen →Wertpapier. Der Empfänger des
Frachtguts hat die noch geschuldete Fracht bis zu dem Betrag zu
zahlen, der aus dem F. hervorgeht (§ 421 II HGB).
Frachtführer (§ 407 HGB) ist der Unternehmer, der es
gewerbsmäßig übernimmt, die Beförderung von Gütern zu Lande
oder auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern auszuüben. Der
Frachtführer hat über seine Stellung als Werkunternehmer hinaus
besondere Rechte und Pflichten (§§ 407ff. HGB). Er ist Kaufmann
(beachte § 407 II HGB).
Frachtgut ist die von einem →Frachtführer beförderte bewegliche
→Sache.
Frachtrecht (§§ 407ff. HBG, 631ff. BGB) ist die Gesamtheit der die
→Fracht bzw. den Frachtvertrag betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Helm, J., Frachtrecht, 4. A. 1994; Helm, J., Frachtrecht II CMR,
2. A. 2002; Frachtrecht, hg. v. Fremuth/Thume, 1997; Krummeich, K.,
Fracht- und Speditionsrecht, 2. A. 1999; Oetker, H.,
Versendungskauf, Frachtrecht und Drittschadensliquidation, JuS
2001, 833
Frachtvertrag (§§ 407ff. HGB) ist der auf entgeltliche
Güterbeförderung gerichtete Vertrag. Er ist ein Fall des
→Werkvertrags. Da bei ihm typischerweise Absender, Frachtführer
und Empfänger beteiligt sind, ist er regelmäßig ein →Vertrag (des
Absenders und Frachtführers) zugunsten Dritter (des Empfängers).
Frage, soziale ist in der Rechtsgeschichte das Problem der vom
Liberalismus verursachten Verelendung der Arbeiter im 19. Jh., zu
dessen Bekämpfung die Betroffenen Selbsthilfeorganisationen
bildeten und der Staat Deutsches Reich seit 1881 die
Sozialgesetzgebung schuf.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Fragestunde (§ 105 GeschOBT) ist die besondere Zeit der
Bundestagssitzung, in der jeder →Abgeordnete berechtigt ist, kurze
Anfragen zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung an die
→Bundesregierung zu stellen und die Bundesregierung, wenn sie
antwortet, zur Wahrheit verpflichtet ist.
Fraktion ist die rechtsfähige Vereinigung der Mitglieder einer – oder
mehrerer nicht miteinander konkurrierender – →Partei(en) im
→Parlament (§ 10 I GeschOBT, im Landtag ein bürgerlichrechtlicher,
nichtrechtsfähiger, aber parteifähiger und grundsrechtsfähiger
Verein). Die F. hat besondere Rechte im Rahmen des
parlamentarischen Geschäftsbetriebs. Seit 11. 3. 1994 ist das Recht
der mindestens 5 Prozent der Mitglieder des Bundestags
voraussetzenden Bundestagsfraktionen Deutschlands im
Abgeordnetengesetz (§§ 45ff.) geregelt.
Lit.: Hölscheidt, S., Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001
Fraktionszwang ist der Zwang zum Anschluss des einzelnen
→Abgeordneten an die von seiner →Fraktion beschlossene Haltung.
Er ist trotz § 38 I GG nicht unzulässig. Rechtstatsächlich findet er
statt.
franchise (franz. [F.]) Privileg, Ausnahmeregelung, Freisein
Franchisevertrag ist der gemischte, pachtähnliche Vertrag, bei dem
der Franchisenehmer im eigenen Namen und für eigene Rechnung
gegen Entgelt Namen, Marken, Schutzrechte, technische Ausstattung
usw. des Franchisegebers beim Vertrieb von Waren oder
Dienstleistungen gewerblich nutzen darf (z. B. McDonald’s, Coca
Cola). Inhalt des Franchisevertrags ist die Gebrauchsüberlassung
eines Geschäftssystems. Sie ist grundsätzlich entgeltlich.
Lit.: Franchising im europäischen Privatrecht, hg. v. Schulze, R., 2001; Franchiserecht, hg. v.
Giesler, P./Nauschütt, J., 2002; Praxishandbuch Franchising, hg. v. Metzlaff, K., 2003
Franchising →Franchisevertrag
Franke (Freier) ist in der Rechtsgeschichte der Angehörige einer aus
den Germanen erwachsenen Völkerschaft, deren Reich (5.–10. Jh.) im
Osten die Grundlage des Heiligen Römischen Reichs (deutscher
Nation) (911–1806) bzw. im Westen Frankreichs bildete. Die Könige
der Franken entstammten den Dynastien der Merowinger und (ab
751) Karolinger. Unter ihnen verschmolzen Germanentum und
römisch-christliche Antike zum Frühmittelalter.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Frankfurter Reichsverfassung (Paulskirchenverfassung) ist die
innerhalb des →Deutschen Bunds von der Frankfurter
Nationalversammlung verabschiedete Reichsverfassung. Sie besteht
aus einem Katalog der →Grundrechte des deutschen Volkes
(27. 12. 1848) und einem organisatorischen Teil (27. 3. 1849) mit
→Bundesstaat, Erbkaiser, Staatenhaus und Volkshaus. Die F. R. kam
infolge Scheiterns der Revolution von 1848 nicht zur praktischen
Anwendung.
Lit.: Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001; Best, H./Weege, W.,
Biographisches Handbuch der Abgeordneten, 1996
Frankreich ist der aus dem westlichen Teil des Reichs der →Franken
entstandene, durch die Revolution von 1789 schrittweise zur Republik
gewordene Einheitsstaat. Seine Rechtsordnung beruht im
Wesentlichen auf der Gesetzgebung Napoleons (→Code civil u. a.).
Seine Verfassungsgeschichte ist bewegt.
Lit.: Hübner, U/Constantinesco, V., Einführung in das französische Recht, 4. A. 2001; Ferid,
M./Sonnenberger, H., Das französische Zivilrecht, Bd. 1 Allgemeine Lehren, 2. A. 1994, Bd. 2
Schuldrecht, Sachenrecht, 2. A. 1986; Doucet, M./Fleck, K., Französisch-deutsch, 4. A. 1988;
Doucet, M./Fleck, K., Deutsch-französisch, 6. A. 2002; Köbler, G., Rechtsfranzösisch, 3. A. 2001;
Sonnenberger, H./Autexier, C., Einführung in das französische Recht, 3. A. 2000
Frau (Herrin) ist der erwachsene weibliche Mensch. Anders als in
vergangenen Zeiten ist auf Grund der Gleichberechtigung der
Geschlechter die Frau dem Mann rechtlich grundsätzlich
gleichgestellt. Nur vereinzelt bestehen Sonderregelungen (z. B.
→Mutterschutz, →Vergewaltigung, →Rente).
Lit.: Frauengleichstellungsgesetz, hg. v. Schiek, D. u. a., 1996
Frauenhandel →Menschenhandel
Frauenraub ist im altrömischen und germanischen Recht die
(vielleicht zum Zweck der Eheschließung begangene) gewaltsame
Entführung einer →Frau. →Entführung, Menschenraub
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Freibetrag ist der besondere steuerfreie Betrag, der zur Ermittlung
des →steuerpflichtigen Betrags vom Gesamtbetrag abgezogen werden
kann (z. B. Weihnachtsfreibetrag bei Einkommensteuer). Er
verringert die Steuerpflicht. Dem der Einkommensteuer
unterworfenen Steuerpflichtigen muss nach Erfüllung seiner
Einkommensteuerschuld als Grundfreibetrag mindestens so viel
verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen
Lebensunterhalts benötigt (z. B. 1. Januar 2004 7664 Euro).
Freibeweis ist der →Beweis, bei dem Erhebung, Verfahren und
Beweismittel im →Ermessen des Gerichts stehen. Er ist zulässig z. B.
zur Feststellung von ausländischem Recht und von Erfahrungssätzen.
Er steht im Gegensatz zum →Strengbeweis.
Lit.: Peters, E., Der sog. Freibeweis, 1962
Freibleibend ([lat.] sine obligo, ohne Verpflichtung) ist die
Bestimmung eines Vertragsantrags, durch die der Erklärende die
→Bindung an seinen →Antrag ausschließt. Seine Erklärung ist daher
nur eine →Einladung zum Angebot. Eine Annahme ist nicht möglich.
frei (Adj.) ungebunden
freier Beruf →Beruf, freier
Freier →Gemeinfreier
freie Rechtsschule →Rechtsschule
freie richterliche Überzeugung →Überzeugung
Freiexemplar (Freistück) ist das Exemplar eines Druckwerks, das der
Verfasser – oder auch ein Sortimenter bei Abnahme einer größeren
Menge – unberechnet erhält. →Verlag
Lit.: Rehbinder, Urheberrecht; Schricker, G., Verlagsrecht, 3. A. 2001
Freigelassener →Freilassung
freihändiger Verkauf →Verkauf, freihändiger
Frei Haus ist die Klausel, nach welcher der →Verkäufer auf seine
Kosten die Kaufsache beim Käufer anzuliefern hat.
Freiheit ist allgemein die Möglichkeit der uneingeschränkten
Entfaltung. Ihre geistige Voraussetzung ist die (vom Lügner
unredlicherweise verlassene) Wahrheit ([lat.] in veritate libertas). Die
F. ist im Verfassungsrecht in der Form der allgemeinen
→Handlungsfreiheit und verschiedener einzelner Freiheiten
grundgesetzlich abgesichert (Art. 2ff. GG). Nach Art. 104 GG kann
die F. der Person nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur
unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt
werden (Freiheitsentziehungsgesetz, §§ 63ff. StGB). Über die
Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der
→Richter zu entscheiden. Im Strafrecht (§ 239 StGB) meint F. nur
die potentielle persönliche Bewegungsfreiheit, im Schuldrecht (§ 823
I BGB) die körperliche Bewegungsfreiheit sowie die F. von einer
Nötigung zu einer Handlung durch Drohung, Zwang oder Täuschung.
Im römischen, germanischen, mittelalterlichen und teilweise auch
neuzeitlichen Recht ist F. ein besonderer sozialer Status, der im
Gegensatz zur Unfreiheit steht.
Lit.: Enderlein, A., Der Begriff der Freiheit, 1995; Fikentscher, W., Freiheit als Aufgabe, 1997;
Morgenthaler, G., Freiheit durch Gesetz, 1999; Arnauld, A. v., Die Freiheitsrechte, 1999; Ladeur,
K., Negative Freiheitsrechte, 2000; Marschner, R./Volckart, B., Freiheitsentziehung und
Unterbringung, 4. A., 2001
freiheitliche demokratische Grundordnung →Grundordnung,
freiheitliche demokratische
Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) ist das widerrechtliche Einsperren
oder anderweitige Berauben des Gebrauchs der persönlichen
→Freiheit eines Menschen (z. B. Wegnahme der Kleidung
Badender). Geschützt wird dabei nur die potentielle persönliche
Bewegungsfreiheit. Die F. ist ein →Dauerdelikt.
Lit.: Bloy, R., Freiheitsberaubung ohne Verletzung fremder Autonomie, ZStW 96, 703
Freiheitsentziehung →Freiheit
Freiheitsstrafe ist die im Entzug der körperlichen Bewegungsfreiheit
bestehende →Strafe (z. B. auch Jugendstrafe). Die F. kann
lebenslange oder zeitige (zwischen 1 Monat und 15 Jahren) F. sein.
Sie wird in einer Strafvollzugsanstalt vollstreckt. Sie hat als
→Einheitsstrafe (Einheitsfreiheitsstrafe) die früher verschiedenen
Formen der F. (Zuchthaus, Gefängnis, Einschließung, Haft) ersetzt.
Auch die lebenslange F. ist verfassungsgemäß. Bei ihr kann nach 15
Jahren der Strafrest zur →Bewährung ausgesetzt werden (§ 57a
StGB). (1997 betrug die Zahl der Häftlinge in deutschen
Justizvollzugsanstalten 68000.) Die Arbeit während der F. ist
angemessen anzuerkennen. →Jugendstrafe
Lit.: Weber, H., Die Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe, 1999
Freikirche ist die nicht mit dem Recht einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts ausgestattete →Religionsgesellschaft, die
Rechtsfähigkeit als rechtsfähiger →Verein erwirbt.
Freilassung ist im römischen und mittelalterlichen Recht die
Entlassung eines Unfreien aus der Unfreiheit. In der Gegenwart
bezeichnet F. die Beseitigung eines rechtmäßigen oder rechtswidrigen
Entzugs der →Freiheit (z. B. nach Beendigung des Vollzugs einer
Freiheitsstrafe).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Freirechtsschule ist die gegen die →Begriffsjurisprudenz gerichtete
Schule (ab 1907 Ehrlich, Fuchs, Kantorowicz) der
Rechtswissenschaft (→Rechtsschule), die davon ausgeht, dass die
konkrete richterliche Fallentscheidung nicht auf logischer
→Subsumtion, sondern auf dem Rechtsgefühl beruhe. Der →Richter
dürfe und müsse vom →Gesetz abweichen, sobald dessen
Anwendung zu ungerechten Ergebnissen führe. Ihr rechtstatsächlicher
Erfolg war gering.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Freisprechung →Freispruch
Freispruch (Freisprechung) (§ 267 V StPO) ist die gerichtliche
Feststellung, dass der →Angeklagte einer Tat nicht überführt ist. Der
F. ist eine durch →Urteil getroffene Bestätigung der
→Unschuldsvermutung. Der F. steht im Gegensatz zur Verurteilung.
Die →Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des
Angeschuldigten fallen grundsätzlich der Staatskasse zur Last (§ 467
I StPO).
Lit.: Kühl, K., Unschuldsvermutung, Freispruch und Einstellung, 1983
Freistaat (M.) Republik
Freistellung ist die Befreiung von einem allgemeinen Rechtssatz oder
von einer besonderen Verpflichtung.
Lit.: Köppen, M., Gruppenfreistellungsverordnungen, 2000; Pukall,
K., Neue Gruppenfreistellungsverordnung für Vertriebsbindungen,
NJW 2000, 1375; Roniger, R., Das neue Vertriebskartellrecht, 2000;
Geers, U., Die Gruppenfreistellung, 2000
Freistellungsanspruch ist der Anspruch eines →Schuldners
gegenüber einem Dritten, von seiner Verpflichtung gegenüber seinem
Gläubiger befreit zu werden (z. B. der Arbeitnehmer, der [bei einer
→Arbeit] einen Dritten schädigt, gegenüber dem Arbeitgeber).
Freiteil ist im frühmittelalterlichen Recht der von der christlichen
Kirche geforderte Anteil des Hausvaters an seinem Vermögen
(Nachlass). Aus dieser Forderung hat sich vielleicht die
Verfügungsfreiheit des Hausvaters über einen Teil des
Familienvermögens entwickelt. Im Hochmittelalter kommt
unterstützend die Aufnahme des im römischen Recht entwickelten
Testaments hinzu.
Lit.: Bruck, E., Kirchenväter und soziales Erbrecht, 1956
freiwillig (Adj.) aus freiem Willen
Lit.: Gutmann, T., Freiwilligkeit als Rechtsbegriff, 2001
freiwillige Gerichtsbarkeit →Gerichtsbarkeit, freiwillige
freiwillige Versicherung →Versicherung, Sozialversicherung
Freizeichnung ist die auf Grund der →Vertragsfreiheit grundsätzlich
ohne Weiteres gegebene Möglichkeit des vertraglichen Ausschlusses
bzw. der vertraglichen Einschränkung der →Haftung. Nach § 276 III
BGB kann die Haftung des Schuldners wegen →Vorsatzes nicht im
Voraus erlassen werden. Die Haftung für Vorsatz eines gesetzlichen
Vertreters oder Erfüllungsgehilfen kann im Voraus erlassen werden.
Lit.: Schmidt-Salzer, J., Produkthaftung, Bd. 2 Freizeichnungsklauseln, 2. A. 1985
Freizeitarrest (§ 16 II JGG) ist die mildeste Form des →Zuchtmittels
→Jugendarrest, die mindestens 1 und höchstens 2 wöchentliche
Freizeiten (Wochenende, meist von Samstag 15 Uhr bis Montag 6
Uhr) umfasst.
Freizügigkeit ist das Recht der freien Ortsveränderung. Nach Art. 11
GG genießen alle →Deutschen F. im ganzen Bundesgebiet. Diese
Freiheit kann unter bestimmten Voraussetzungen durch →Gesetz
oder auf Grund Gesetzes eingeschränkt werden (beschränkter
→Gesetzesvorbehalt, z. B. zur Seuchenbekämpfung). Innerhalb der
Europäischen Gemeinschaft gewähren die Art. 39ff. EGV die F. der
Arbeitnehmer. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union dürfen
Staatsangehörige anderer Staaten der Europäischen Union nicht
allgemein aus dem öffentlichen Dienst (z. B. Schulwesen, Forschung)
ausschließen.
Lit.: Ziekow, J., Über Freizügigkeit und Aufenthalt, 1997; Schulz, G., Freizügigkeit für
Unionsbürger, 1997; Braun, S., Freizügigkeit und Platzverweis, 2000
Fremdbesitz ist der →Besitz einer Person, die eine Sache als einer
andern Person gehörend besitzt (z. B. Mieter). Der F. steht im
Gegensatz zum →Eigenbesitz. Entscheidend ist der erkennbare
→Wille des Besitzers.
Fremdbesitzer →Fremdbesitz
Fremdbesitzerexzess ist die Überschreitung des – tatsächlichen oder
vermeintlichen – Besitzrechts durch den Fremdbesitzer. Der
nichtberechtigte Fremdbesitzer haftet trotz der an sich abschließenden
Regelung des →Eigentümer – nichtberechtigter Besitzer –
Verhältnisses (§§ 987ff. BGB) nach § 823 I BGB, weil er sonst besser
stünde als der berechtigte Fremdbesitzer (z. B. Mieter), der bei
schuldhafter rechtswidriger Eigentumsverletzung ohne Weiteres
→Schadensersatz leisten muss. Die Haftung für F. ist also eine
Ausnahme von dem Ausschluss der §§ 823ff. BGB durch die
§§ 987ff. BGB.
Fremdenrecht ist die Gesamtheit der die Stellung der →Fremden
(→Ausländer) betreffenden Rechtssätze. Es ist insbesondere im
Ausländergesetz enthalten. Globalisierung und
Menschenrechtsanerkennung legen tendenziell Gleichstellung nahe.
Lit.: Renner, G., Ausländerrecht, 7. A. 1999
Fremder ist der nicht die →Staatsangehörigkeit des betreffenden
Landes habende Mensch. Für den Fremden gilt, abgesehen vom
besonderen Fremdenrecht, grundsätzlich das allgemeine staatliche
Recht. In älteren Zeiten war der Fremde vielfach rechtlos. →Asyl
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Fremdkapital ist das dem Unternehmer von einem Dritten zur
Verfügung gestellte →Kapital (→Darlehen und sonstige
Verbindlichkeiten).
Friede ist der Zustand ungestörter Ordnung, in dem sich niemand
gewaltsamer Mittel bedient, um seine besonderen Interessen
durchzusetzen. Im Völkerrecht bildet den Gegensatz zum Frieden der
→Krieg, der durch Abschluss eines Friedensvertrags formell beendet
wird. Im Frieden gelten die friedensrechtlichen Regeln des
→Völkerrechts (z. B. diplomatische Beziehungen, Auslieferung).
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Friedenspflicht ist die (schuldrechtliche) Verpflichtung der Parteien
eines →Tarifvertrags, während der Vertragsdauer Maßnahmen des
→Arbeitskampfs zu unterlassen, vor einem Arbeitskampf über dessen
Vermeidung zu beraten sowie auf ihre Mitglieder mit dem Ziel der
Unterlassung von Arbeitskampfmaßnahmen einzuwirken. Die
Verletzung der F. kann einen →Schadensersatzanspruch begründen.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Friedensvertrag ist der den Kriegszustand zwischen mehreren
→Staaten beendende völkerrechtliche →Vertrag.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Friedhof ist der Ort, an dem die Toten bestattet werden. Er kann
gemeindlicher oder kirchlicher F. sein. Seine Benutzung wird in
öffentlich-rechtlichen Friedhofsordnungen geregelt.
Lit.: Gaedke, J., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 8. A. 2000; Kümmerling, R.,
Rechtsprobleme kirchlicher Friedhöfe, 1997; Spranger, T., Die Beschränkungen des kommunalen
Satzungsgebers, 1999
Friedlosigkeit ist im älteren Recht vermutlich der Zustand des
Ausgestoßenseins aus der Rechtsgemeinschaft (outlaw wie z. B.
Robin Hood), in dem der Friedlose vielleicht folgenlos getötet werden
kann.
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Frist ist der bestimmte oder bestimmbare Zeitraum. Er kann durch
→Gesetz, Hoheitsakt oder →Parteivereinbarung festgelegt sein.
Allgemeine Regeln über die Berechnung von Fristen enthalten die
§§ 187ff. BGB (sog. Zivilkomputation). Fällt der letzte Tag der für
eine Willenserklärung oder eine Leistung gesetzten F. auf einen
Feiertag, Sonntag oder Sonnabend, so tritt an die Stelle dieses Tags
der nächste Werktag (§ 193 BGB). Fristen sind meist
Ausschlussfristen oder Verjährungsfristen. Die F. zur Leistung einer
Zahlung wird durch Absendung eines einen Scheck enthaltenden
Briefs gewahrt. Bei Fristwahrung durch Telefax muss die Versendung
so rechtzeitig begonnen werden, dass unter gewöhnlichen Umständen
mit dem Abschluss innerhalb der F. gerechnet werden kann.
Lit.: Ziegeltrum, A., Grundfälle zur Berechnung von Fristen und Terminen gemäß § 187ff. BGB,
JuS 1986, 705; Metz, H., ABC der Fristen, 19. A. 2000; Buschbell, H./Dollendorf, W., Fristentabelle
für die Anwaltspraxis, 5. A. 2002; Löhning, M., Fristen und Termine im Zivilrecht, 2003
fristlos (Adj.) ohne Frist
Fristsetzung ist die Festlegung einer →Frist zur Vornahme einer
bestimmten →Handlung oder →Unterlassung. Der ergebnislose
Ablauf einer einem andern gesetzten Frist ist oft Voraussetzung für
bestimmte →Rechtsfolgen (z. B. vertragliche
Schadensersatzansprüche, vgl. § 281, 323 I BGB). Im →Zivilprozess
kann das Gericht den Parteien für ihr Vorbringen Fristen setzen
(§§ 273 II Nr. 1, 275 I S. 1, III, IV, 276 I S. 2, III, 520 II ZPO). Bei
Nichteinhaltung dieser Fristen droht die →Präklusion (Ausschluss).
Fron (zu ahd. fro Herr) herrschaftlich, Herren(dienst)
Fronbote ist im mittelalterlichen deutschen Recht die Hilfsperson des
Richters.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Frondienst ist im älteren deutschen Recht bis zur Bauernbefreiung
des 19. Jh.s der einem Grundherrn zu erbringende Dienst (z. B.
Pflügen).
Lit.: Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Fronhof (M.) Herrenhof
Fronung ist im mittelalterlichen deutschen Recht die öffentliche
Beschlagnahme von Gegenständen (Grundstücken) im Zuge der
Zwangsvollstreckung.
Lit.: Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 3. A. 1999
Frucht (§ 99 BGB) einer →Sache (z. B. eines Grundstücks) ist das
Erzeugnis der Sache (z. B. Apfel) und die sonstige ihrer Bestimmung
gemäß aus ihr gewonnene Ausbeute (z. B. Kies), F. eines →Rechts
(z. B. Aktie) ist der seiner Bestimmung gemäß aus ihm gewonnene
Ertrag (z. B. Dividende). Über diese unmittelbaren (natürlichen)
Früchte hinaus sind mittelbare (rechtsgeschäftliche) Früchte auch die
Erträge, die eine Sache oder ein Recht vermöge eines
Rechtsverhältnisses gewährt (z. B. Mietzins, Darlehenszins). Das für
eine F. im Einzelnen geltende Recht ist an verschiedenen Stellen
geregelt (z. B. § 953ff. BGB). Die F. ist ein Unterfall der →Nutzung.
Frühgeburt ist die Geburt eines Menschen vor dem Ende der 37.
bzw. 38. Schwangerschaftswoche (nach § 6 I MuSchutzG das bei der
Geburt weniger als 2500 Gramm wiegende Kind).
Führer ist der bestimmende Leiter einer Gruppe. Nach dem Tode des
Reichspräsidenten Hindenburg 1934 legte sich Adolf Hitler den Titel
F. und Reichskanzler zu.
Lit.: Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Führerschein (§ 2 StVG) ist die amtliche Bescheinigung über die
→Fahrerlaubnis. →Fahrerlaubnis
Lit.: Bodl, H., Ratgeber Führerschein, 4. A. 1999; Meine Führerscheinprüfung, 26. A. 2002
Führerstaat ist der nach dem Führerprinzip (→Führer) organisierte
Staat.
Führungsaufsicht (§§ 61 Nr. 4, 68ff. StGB) ist die →Maßregel der
Besserung und Sicherung, bei der das Verhalten des Verurteilten der
Überwachung durch eine Aufsichtsstelle unterstellt wird. Die F. dient
sowohl der →Resozialisierung des Verurteilten wie auch der
Sicherung der Allgemeinheit. Sie wird entweder vom →Gericht
angeordnet oder tritt kraft →Gesetzes ein.
Führungszeugnis (§§ 30ff. BZRG) ist das Zeugnis über den einen
bestimmten Menschen betreffenden Inhalt des
→Bundeszentralregisters. Es wird auf Antrag des Betroffenen bzw.
seines gesetzlichen Vertreters, der bei der Meldebehörde einzureichen
ist, ausgestellt. Im F. erscheinen grundsätzlich alle noch nicht
getilgten Strafvermerke (strafgerichtliche Verurteilungen,
Anordnungen einer Maßregel der Besserung und Sicherung usw.),
bestimmte Entscheidungen von Verwaltungsbehörden und Gerichten,
Vermerke über Schuldunfähigkeit und besondere gerichtliche
Feststellungen.
Fund (§§ 965ff. BGB) ist das Entdecken und Ansichnehmen
(Besitzerwerb) einer verlorenen (besitzlosen, nicht dagegen
eigentümerlosen) beweglichen →Sache eines andern. Der F. ist ein
→Realakt. Er begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen
→Finder und Empfangsberechtigtem (meist dem Eigentümer). Den
Finder trifft eine Anzeigepflicht, Verwahrungspflicht und
Ablieferungspflicht, den Empfangsberechtigten eine
Aufwendungserstattungspflicht und Finderlohnzahlungspflicht. U. U.
erwirbt der Finder →Eigentum (§ 973 BGB, beachte § 977 BGB).
Besonderheiten gelten für den Fund in öffentlichen Behörden oder
Verkehrsanstalten (§ 978 BGB).
Lit.: Lins, K., Das Fundrecht des BGB, 1994 (Diss.)
Fünfprozentklausel ist die Bestimmung von Wahlgesetzen, nach der
zwecks Schaffung arbeitsfähiger Volksvertretungen nur solche
→Parteien Abgeordnetensitze im →Parlament erhalten, die
mindestens 5% der abgegebenen gültigen Stimmen (im gesamten
Wahlgebiet ausnahmsweise evtl. auch in einem Teilgebiet) erhalten
haben (nicht z. B. Partei des demokratischen Sozialismus). Die F.
begünstigt größere Parteien und deren Besitzstände. Sie ist (für
Kommunalwahlen) deswegen rechtswidrig.
fungibel (Adj.) vertretbar
funktionell (Adj.) von der Funktion her
funktionelles Synallagma →Synallagma, funktionelles
Funktionsnachfolge (Aufgabennachfolge) ist der tatsächliche
Übergang von Aufgaben eines Verwaltungsträgers auf einen andern
ohne Rechtsnachfolge (z. B. Fortführung der Funktionen des
Deutschen Reiches durch die nach seinem Zusammenbruch
entstandenen Länder). Die F. hat einen Übergang auch der
Verpflichtungen zur Folge.
Funktionstheorie ist die Theorie zu Art. 34 GG, § 839 BGB, die aus
→Amtspflichtverletzung die →Körperschaft haften lässt, deren
Funktionen (Aufgaben) der Amtsträger bei Begehung der
Pflichtverletzung wahrgenommen hat. Sie kommt nur dann in
Betracht, wenn der Handelnde mehrere Dienstherren hat.
→Anstellungstheorie
fur (lat. [M.]) Dieb, →furtum
furiosus (lat. [M.]) Geisteskranker (z. B. der sich als Nachtwächter
gerierende Universitätsprofessor, der unter Verfolgungswahn leidende
Kranke, der Jurisprudenz und Medizin verwechselnde Gelehrte)
Fur (M.) semper in mora ([lat.] der Dieb ist immer in Verzug) ist die
rechtssprichwörtliche Beschreibung der Bestimmung, dass, wer zur
Rückgabe einer →Sache verpflichtet ist, die er einem andern durch
eine unerlaubte →Handlung entzogen hat, grundsätzlich auch ohne
→Verschulden für Untergang, Unmöglichkeit der Herausgabe und
Verschlechterung verantwortlich ist (§ 848 BGB).
Lit.: Palandt, BGB
Fürsorgeerziehung →Erziehungshilfe
Fürsorgepflicht ist die Pflicht zur besonderen Berücksichtigung der
Interessen einer andern Person. Sie hat Bedeutung vor allem im Recht
der Dienstleistungen. Im Dienstvertragsrecht (→Arbeitsrecht) trifft
sie den Dienstberechtigten (→Arbeitgeber) (vgl. §§ 617, 618 BGB,
sonst § 242 BGB), im →Beamtenrecht den Dienstherrn (§ 48 BRRG).
Auf ihr beruhen zahlreiche, von Wissenschaft und Rechtsprechung
entwickelte Einzelpflichten (z. B. zur Verwahrung von Sachen des
Dienstverpflichteten, zur Gewährung von Rechtsschutz). Die
Verletzung bestimmter Fürsorgepflichten ist nach § 225 StGB
strafbar. Im →Prozess kann das Gericht auf Grund von →Treu und
Glauben eine F. haben (z. B. durch Hinweise und Fragen dahin zu
wirken, dass sachdienliche Anträge gestellt werden).
Fürsprecher ist im mittelalterlichen deutschen Recht der Vertreter
einer Person vor Gericht im Wort, nicht in der Sache (wie z. B. der
Anwalt oder Rechtsanwalt).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Fürst (Vorderster) ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen
deutschen Recht ein Adeliger, dessen Stellung ursprünglich durch die
unmittelbare Belehnung durch den König gekennzeichnet war.
Unterschieden werden geistliche Fürsten und weltliche Fürsten sowie
Kurfürsten und sonstige Fürsten. Mit der Monarchie ist der F.
verschwunden.
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Furtum (lat. [N.] Wegtragung) ist der wichtigste, Sachen betreffende
Tatbestand des römischen Deliktsrechts (Diebstahl, Unterschlagung,
Begünstigung, Hehlerei). →fur
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte; Kaser, Römisches Privatrecht
furtum (N.) usus (lat.) →Gebrauchsanmaßung (vgl. § 248b StGB)
Fusion (F.) Verschmelzung
Fusionskontrolle →Zusammenschlusskontrolle
Lit.: Stockenhuber, P., Die europäische Fusionskontrolle, 1995; Huggenberger, T., Die
marktbeherrschende Stellung, 2000
Futtermittel ist der Stoff, der zur Tierernährung bestimmt ist sowie
ein zugehöriger Zusatzstoff und eine Vormischung. Für F. gilt das
Futtermittelgesetz vom 2. 7. 1975.
Lit.: Futtermittelrechtliche Vorschriften, hg. v. Koch, V., 7. A. 1989
G
Garage ist der zur Unterstellung von →Kraftfahrzeugen bestimmte
Raum mit mindestens einem Dach und zwei Seitenwänden.
Garagenersatzvertrag ist der öffentlich-rechtliche (, in seiner
Zulässigkeit fragliche) →Vertrag, durch den sich ein Bauherr
gegenüber einer Gemeinde verpflichtet, statt der an sich
vorgeschriebenen Schaffung von →Garagen oder Einstellplätzen für
Kraftfahrzeuge auf seinem Grundstück andere Leistungen (z. B.
Geldleistung) zu erbringen.
Lit.: Reuss, C., Stellplatzverpflichtung – Stellplatzablöse?, 2000
Garant (M.) Gewährleistender, Inhaber einer Garantenstellung
Garantenpflicht ist die Pflicht (zu einer Handlung und damit) zur
Abwendung eines →Erfolgs. Sie ergibt sich aus einer
→Garantenstellung. Erfüllt sie der Verpflichtete nicht, so kann er
durch die Unterlassung eine Bedingung für einen Erfolg setzen. Er
verwirklicht dann ein unechtes →Unterlassungsdelikt. Der →Irrtum
über die Garantenpflicht ist →Gebotsirrtum.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Bärwinkel, R., Zur Struktur der Garantieverhältnisse bei
unechten Unterlassungsdelikten, 1968
Garantenstellung ist die Stellung, kraft deren jemand rechtlich dafür
einstehen muss, dass ein bestimmter →Erfolg nicht eintritt (vgl. § 13
StGB). Sie kann beruhen auf →Gesetz (z. B. § 1353 BGB),
freiwilliger tatsächlicher Übernahme (auf Grund eines →Vertrags,
z. B. Kinderschwester), auf enger Familiengemeinschaft,
Lebensgemeinschaft oder Gefahrengemeinschaft (z. B. Verlöbnis)
oder auf vorausgegangenem gefahrbegründendem und
rechtswidrigem (str.) Verhalten (Ingerenz, z. B. Verursacher eines
Verkehrsunfalls) oder allgemeiner auf besonderen Schutzpflichten für
bestimmte Rechtsgüter oder auf der Verantwortlichkeit für bestimmte
Gefahrenquellen.
Lit.: Albrecht, D., Begründung von Garantenstellungen, 1998
Garantie ist die einem andern gegenüber abgegebene Beteuerung der
Richtigkeit einer Erklärung. Übernimmt der Verkäufer oder ein
Dritter eine G. für die Beschaffenheit der Sache oder dafür, dass die
Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält
(Haltbarkeitsgarantie), so stehen dem Käufer im Garantiefall
unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der G. zu den
in der Garantieerklärung und der einschlägigen Werbung
angegebenen Bedingungen gegenüber dem zu, der die G. eingeräumt
hat, wobei bei einer Haltbarkeitsgarantie vermutet wird, dass ein
während ihrer Geltungsdauer auftretender Sachmangel die Rechte aus
der G. begründet (§ 443 BGB). Institutionelle G. ist die durch das
→Grundgesetz gewährte Absicherung des Bestands bestimmter
Einrichtungen. Die so geschützte →Institution kann dem
→öffentlichen Recht (z. B. Presse und Rundfunk, Art. 5 I S. 2 GG)
oder dem →Privatrecht angehören (z. B. Ehe und Familie oder
Eigentum und Erbrecht, Art. 6 I, 14 I GG). Demgegenüber versteht
ein Teil des Schrifttums unter institutioneller G. nur den Schutz
öffentlich-rechtlicher Einrichtungen und kennzeichnet den Schutz
einer privatrechtlichen Institution mit dem Begriff der
Institutsgarantie. →Garantievertrag
Lit.: Horn, N., Bürgschaften und Garantien, 8. A. 2001; Lienesch, I., Internationale Bankgarantien,
1999; Hammen, H., Zum Verhältnis der Garantie zu den Mängelrechten aus § 437 BGB, NJW
2003, 2588
Garantiegeschäft →Bank
Garantiefrist ist die →Frist, die je nach Sinn und Zweck der
Vereinbarung entweder die →Verjährung, sofern dies zulässig ist, auf
die Dauer der G. abkürzen oder ihren Beginn um die Dauer der G.
hinausschieben soll.
Garantievertrag ist der gesetzlich nicht geregelte selbständige
→Vertrag, durch den jemand einem andern verspricht, für das
Eintreten oder Nichteintreten eines →Erfolgs einzustehen,
insbesondere die Gefahr, die dem andern aus irgendeiner
Unternehmung erwächst, also einen künftigen, noch nicht
entstandenen →Schaden, zu übernehmen. Er ist von der
→Schuldmitübernahme wie von der →Bürgschaft zu trennen.
Lit.: Kleiner, B., Bankgarantie, 4. A. 1990; Horn, N., Bürgschaften und Garantien, 8. A. 2001;
Kratz, N., Rechtsdogmatik des Garantievertrages, 1989 (Diss.)
Garten →Kleingarten
Lit.: Kaub, R., Gartenrecht, 1998
Gas →Energie, Energieversorgungsunternehmen
Gaststätte ist das Unternehmen zur gewerbsmäßigen Bewirtung oder
Beherbergung von Menschen. Der Betrieb einer G. ist ein (stehendes)
→Gewerbe (§ 1 GaststättenG, Schankwirtschaft, Speisewirtschaft,
Beherbergungsbetrieb). Seine Ausübung bedarf einer an besondere
Voraussetzungen (z. B. Zuverlässigkeit, § 4 GaststättenG) geknüpften
→Erlaubnis (§ 2 GaststättenG).
Lit.: Michel, E./Kienzle, W., Das Gaststättengesetz, 14. A. 2003; Paulusch, B./Bühler, U.,
Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Brauerei- und Gaststättenrecht, 10. A. 2002; Metzner, R.,
Gaststättengesetz, 6. A. 2002; Pöltl, R., Gaststättenrecht, 5. A. 2003
Gastwirt ist der Inhaber einer Gaststätte, der gewerbsmäßig Gäste
bewirtet. Er bedarf im Verwaltungsrecht zum Betrieb des
Gaststättengewerbes einer →Erlaubnis (§ 2 GaststättenG). Im
Schuldrecht hat der G., der gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung
aufnimmt, grundsätzlich den →Schaden zu ersetzen, der durch
Verlust, Zerstörung oder Beschädigung von Sachen entsteht, die ein
Gast eingebracht hat (§ 701 BGB, →Erfolgshaftung, ausgenommen
Fahrzeuge, in Fahrzeugen belassene Sachen, Tiere). Er hat ein
gesetzliches →Pfandrecht für seine aus der Aufnahme erwachsenden
→Forderungen an den eingebrachten →Sachen (§ 704 BGB). Im
Interesse des Jugendschutzes ist er verpflichtet, mindestens ein
alkoholfreies Getränk nicht teurer als das billigste alkoholische
Getränk (auch hochgerechnet auf einen Liter) zu verabreichen (§ 6
GaststättenG).
Lit.: Seitter, O., Rechtsbuch des Hoteliers und Gastwirts, 1994; Herzog, M., Die Haftung des
Gastwirts, 1999
GATS (engl., General Agreement on Trade in Services) Allgemeines
Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (1947),
→WTO (1994)
Lit.: Köhler, M., Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit
Dienstleistungen (GATS), 1995
GATT (engl., General Agreement on Tariffs and Trade) Allgemeines
Zoll- und Handelsabkommen, →WTO
Lit.: Yüksel, A., GATT/WTO, 1996; Hummer, W./Weiss, F., Vom GATT '47 zur WTO '94, 1997;
Hilpold, P., Die EU im GATT/WTO-System, 1999
Gattung ist die Gesamtheit von Gegenständen, die sich durch
besondere, gemeinsame Merkmale von andern Gesamtheiten von
Gegenständen wesentlich unterscheidet. Wann eine G. (z. B. Äpfel,
Cox Orange-Äpfel, Haifischfleisch) vorliegt, lässt sich nur nach der
Verkehrsanschauung (und dem Parteiwillen) bestimmen. Die
Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein.
Gattungskauf ist der einen nur nach gattungsmäßigen Merkmalen
bestimmten Gegenstand betreffende Kauf (z. B. ein Volkswagen
Passat Baujahr 2000 blau mit serienmäßiger Ausstattung). Der G. ist
eine →Gattungsschuld (§ 243 BGB). Bei ihm gelten gegenüber dem
gesetzlichen Regelfall der Stückschuld bzw. des →Stückkaufs
Besonderheiten (z. B. Konzentration).
Gattungsschuld ist die →Schuld eines nicht nach individuellen
sondern nur nach gattungsmäßigen Merkmalen bestimmten
Gegenstands (z. B. 1 Zentner Kartoffeln). Die G. steht im Gegensatz
zur →Stückschuld. Ein Unterfall ist die beschränkte G.
(Vorratsschuld). Ob eine G. vorliegt, bestimmt sich nach dem
→Parteiwillen, hilfsweise nach der Verkehrsanschauung. Bei der G.
hat der Schuldner eine Sache mittlerer Art und Güte aus der Gattung
(bzw. aus dem Vorrat) zu leisten (§ 243 I BGB). Aus der G. wird eine
Stückschuld durch →Konzentration (→Konkretisierung, § 243 II
BGB).
Lit.: Medicus, D., Die konkretisierte Gattungsschuld, JuS 1966, 297; Hammen, H., Die
Gattungshandlungsschuld, 1995
Gattungsvermächtnis (§ 2155 BGB) ist das einen nur der Gattung
nach bestimmten Gegenstand betreffende →Vermächtnis.
Gebäude ist das von Menschen errichtete Bauwerk. Im Strafrecht
(§ 243 I Nr. 1 StGB) ist G. ein durch Wände und Dach begrenztes,
mit dem Erdboden fest – wenn auch nur durch eigene Schwere –
verbundenes Bauwerk, das den Eintritt von Menschen gestattet und
Unbefugte abhalten soll. Im Verwaltungsrecht bedarf der Bau der
meisten G. einer →Erlaubnis (Bauerlaubnis, →Baugenehmigung). Im
Privatrecht sind G. grundsätzlich wesentliche Bestandteile des
Grundstücks, auf dem sie errichtet werden. Nach § 836 BGB ist der
Besitzer eines Grundstücks u. U. verpflichtet, den →Schaden zu
ersetzen, der durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines andern
mit einem Grundstück verbundenen Werks (z. B. Gerüst) oder durch
Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werks an Personen oder
Sachen entsteht.
Lit.: Dietz, H., Wohngebäudeversicherung, 1999; Petershagen, J., Die Gebäudehaftung, 2000
Gebiet ist die größere örtlich abgegrenzte Fläche. Das G. unterliegt in
der Regel einer →Gebietshoheit. Im Verwaltungsrecht gibt es neben
den Gebieten der Gemeinden vereinzelt auch gemeindefreies G. In
ihm erfüllt der →Eigentümer die Aufgabe einer Gemeinde.
Lit.: Gebietsreform in ländlichen Räumen, hg. v. Schneider, H. u. a., 1994
Gebietshoheit ist die Befugnis zur Entfaltung hoheitlicher Macht in
einem bestimmten Gebiet. Sie steht dem →Staat und den sonstigen
→Gebietskörperschaften zu. Die G. mehrerer Hoheitsträger wird
durch bestimmte Organisationsnormen aufeinander abgestimmt
(Bund, Länder, Gemeinden, vgl. Art. 28 II GG).
Lit.: Peters, A., Das Gebietsreferendum im Völkerrecht, 1995; Daum, B., Grenzverletzungen und
Völkerrecht, 1999
Gebietskörperschaft ist die →Körperschaft, deren Mitglieder alle
Bewohner eines bestimmten →Gebiets sind (z. B. Gemeinde, Staat).
Die G. steht im Gegensatz zur →Personalkörperschaft (z. B.
Rechtsanwaltskammer) und zur →Realkörperschaft (z. B.
Jagdgenossenschaft), bei denen die Mitgliedschaft von einer
persönlichen Voraussetzung (z. B. Beruf, Willen) oder einer
sachlichen Voraussetzung (z. B. Eigentum, Sitz) abhängt. Bei der
mittelbaren G. sind nur juristische →Personen des öffentlichen
Rechts Mitglieder.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Gebot ist die hoheitliche Anordnung eines bestimmten →Verhaltens.
Den Gegensatz zum G. bildet das →Verbot. In der Regel ist das G.
mit einer Rechtsfolge für den Fall der Unterlassung des gebotenen
Verhaltens zu versehen. Im Zivilverfahrensrecht ist G. ein im Rahmen
der →Zwangsvollstreckung abgegebener Antrag zu einem öffentlichrechtlichen Vertrag (z. B. Meistgebot) (str.).
Lit.: Stadlhofer-Wissinger, A., Das Gebot in der Zwangsversteigerung, 1993
geboten (Adj.) durch Gebot bewirkt, durch Gebot bestimmt
gebotenes Ding →Ding, gebotenes
Gebotsirrtum ist der →Irrtum über die →Garantenpflicht bzw. das
Gebotensein eines Verhaltens. Der Unterlassende kennt zwar alle
Umstände, die seine Garantenstellung begründen, glaubt aber, die
rechtlich geforderte Handlung unterlassen zu dürfen. Der G. wird wie
ein →Verbotsirrtum behandelt.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil
Gebrauchsanmaßung ([lat.] furtum [N.] usus, § 248b StGB) ist die
Ingebrauchnahme eines →Kraftfahrzeugs oder Fahrrads gegen den
Willen des Berechtigten. Sie ist im Gegensatz zur sonstigen
vorübergehenden Benutzung fremder →Sachen auf Antrag des
Berechtigten strafbar. Strafbar ist auch der unbefugte Gebrauch eines
→Pfandgegenstands durch einen öffentlichen Pfandleiher (§ 290
StGB).
Lit.: Franke, D., Zur unberechtigten Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs, NJW 1974, 1803; Kruse,
M., Die scheinbare Rechtsverletzung, 1986
Gebrauchsmuster (§ 1 GebrMG) ist die Gestaltung einer
Arbeitsgerätschaft oder eines Gebrauchsgegenstands oder eines Teils
davon, die dem Arbeitszweck oder Gebrauchszweck durch eine neue
Gestaltung, Anordnung oder Vorrichtung dienen soll. Das G. genießt
einen besonderen Schutz. Bei rechtswidriger Verletzung können
Unterlassungsansprüche und Schadensersatzansprüche entstehen.
Lit.: Bühring, M., Gebrauchsmustergesetz, 6. A. 2002; Benkard, G., Patentgesetz
Gebrauchsmustergesetz, 9. A. 1993; Mes, P., Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, 1997; Nirk,
R./Ullmann, E., Patent-, Gebrauchsmuster- und Sortenschutzrecht, 2. A. 1999; Loth, H.,
Gebrauchsmustergesetz, 2001
Gebrauchsvorteil (§ 100 BGB) ist der natürliche Vorteil, den der
Gebrauch einer →Sache oder eines Rechts gewährt bzw. dessen Wert
(z. B. erzielbarer Mietzins, durch Verwendung erlangten Geldes zur
Schuldentilgung ersparte Darlehenszinsen bei § 818 BGB). Der G. ist
ein Fall der →Nutzung.
Lit.: Würthwein, S., Schadensersatz für Verlust der Nutzungsmöglichkeit, 2001
Gebrechlichkeitspflegschaft →Betreuung (§§ 1896ff. BGB)
Gebühr ist die Geldleistung, die als Gegenleistung für eine
besondere, vom Einzelnen veranlasste Inanspruchnahme der
→Verwaltung verlangt wird. Sie ist eine öffentlich-rechtliche
→Abgabe. Sie kann entweder eine Benutzungsgebühr (z. B. für
Hallenbad, Straßenbahn, Museum) oder eine Verwaltungsgebühr
(z. B. für Beurkundung) sein. Es gilt das →Äquivalenzprinzip für die
einzelne G. und das →Kostendeckungsprinzip für das gesamte
Gebührenaufkommen. Daneben ist G. auch das Entgelt des
Rechtsanwalts, wobei rechtstatsächlich in einem zivilrechtlichen
Gerichtsverfahren durchschnittlich 2,4 Gebührentatbestände für einen
beteiligten Rechtsanwalt anfallen.
Lit.: Lappe, F., Gebührentabellen der Gerichte, Rechtsanwälte, Steuerberater und
Gerichtsvollzieher, 21. A. 2004; Höver, A., Gebührentabellen, 31. A. 2001; Otto, K.,
Gebührentabellen, 21. A. 2001; Kilian, M., Einführung in das Anwaltsgebührenrecht, JuS 1998,
253; Patzelt, G., Schwarzwälder Gebührentabelle, 26. A. 2001; Madert, W., Anwaltsgebühren in
Zivilsachen, 4. A. 2002; Madert, W., Anwaltsgebühren in Straf- und Bußgeldsachen, 4. A. 2002;
Mock, P., Gebührenrecht, 2. A. 2002; Felser, M./Philipp, H., Die erfolgreiche
Gebührenabrechnung, 2000; Lappe, F., Gebührentipps für Rechtsanwälte, 3. A. 2000; Mock, P.,
Zweifelsfälle im Gebührenrecht, 2. A. 2002; Mayer, H./Kroiß, L./Teubel, J., Das neue
Gebührenrecht, 2004
gebührenpflichtig (Adj.) zu einer →Gebühr verpflichtend
Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) ist die vorsätzliche
unberechtigte Erhebung von →Gebühren oder andern Vergütungen
durch einen →Amtsträger, →Anwalt oder sonstigen
→Rechtsbeistand, der Gebühren oder andere Vergütungen für
amtliche Verrichtungen zu seinem Vorteil zu erheben hat. Nach § 353
StGB ist auch die vorsätzlich unberechtigte Erhebung von Steuern,
Gebühren oder andern Abgaben für eine öffentliche Kasse durch
einen Amtsträger, der das Erhobene ganz oder teilweise nicht zur
Kasse bringt, strafbar.
gebundene Verwaltung →Verwaltung, gebundene
Geburt ist der Vorgang, durch den die Leibesfrucht des Menschen –
oder eines höheren Tiers – aus dem mütterlichen Körper an die
Außenwelt gelangt. Die G. setzt ein mit dem Anfang der im weiteren
Verlauf zur Ausstoßung der Frucht führenden Wehen. Im Privatrecht
beginnt mit der Vollendung der Geburt die →Rechtsfähigkeit des
Menschen (§ 1 BGB, in Deutschland 1999 767000 Geburten bei mehr
als 80 Millionen Einwohnern). Im Strafrecht ist bereits die →Tötung
eines Kinds in der G. strafbar.
Lit.: Selb, W., Schädigung des Menschen vor der Geburt – ein Problem der Rechtsfähigkeit, AcP
166, 76
Geburtenbuch (§ 2 II PStG) ist das über die →Geburten geführte
→Personenstandsbuch.
Geburtsname (§ 1355 VI BGB) ist der →Name, der in die
Geburtsurkunde eines Ehegatten zum Zeitpunkt der Erklärung über
einen Ehenamen gegenüber dem Standesbeamten einzutragen ist. Ihn
bekommt man bei der →Geburt von seinen Eltern bzw. bei
→Namenserteilung (§ 1618 BGB) oder →Annahme als Kind. Das
Kind erhält den Ehenamen seiner Eltern als Geburtsnamen (§ 1616
BGB). Führen die Eltern keinen Ehenamen und steht ihnen die Sorge
gemeinsam zu, so bestimmen sie durch (u. U. öffentlich zu
beglaubigende) Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den
Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der Erklärung führt,
zum Geburtsnamen des Kindes (und der weiteren Kinder) (§ 1617
BGB). Treffen die Eltern binnen eines Monats nach der Geburt des
Kindes keine Bestimmung, so überträgt das Vormundschaftsgericht
das Bestimmungsrecht einem Elternteil. Führen die Eltern keinen
Ehenamen und steht die elterliche Sorge nur einem Elternteil zu, so
erhält das Kind den Namen, den dieser Elternteil im Zeitpunkt der
Geburt des Kindes führt (§ 1617a BGB), doch kann der allein
sorgeberechtigte Elternteil dem Kind mit Einwilligung des andern
Elternteils und nach Vollendung des fünften Lebensjahrs auch des
Kinds durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Namen
des andern Elternteils erteilen. →Familienname
Geburtsurkunde ist die die →Geburt eines Menschen beweisende
öffentliche Urkunde.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Gedinge (N.) Vertrag, Übereinkunft
Gefahr ist die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines →Schadens oder
sonstigen Nachteils. Im Schuldrecht betrifft die →Leistungsgefahr die
Frage, ob der Schuldner beim Untergang des Leistungsgegenstands
von seiner Verpflichtung frei wird oder die Leistung noch erbringen
muss, die →Gegenleistungsgefahr (Preisgefahr, Vergütungsgefahr)
die Frage, ob der Gläubiger der untergegangenen Leistung von der
Gegenleistung frei wird oder sie noch bewirken muss (beachte
grundsätzlich § 326 BGB). In bestimmten Fällen legt das Gesetz
besondere Zeitpunkte des Gefahrübergangs fest (z. B. §§ 446, 447
BGB). Im Verwaltungsrecht ist G. eine Sachlage, die bei
ungehindertem Ablauf erkennbar zu einem Schaden führen würde (z.
B. Abstellen eines straßenverkehrsordnungswidrigen Kraftfahrzeugs
auf einem Parkplatz). Es ist die Aufgabe der →Polizei, eine G. für die
öffentliche →Sicherheit und Ordnung abzuwenden (z. B. wird die
Warnung unbefugter Dritter vor verdeckten
Geschwindigkeitskontrollen als eine G. für die öffentliche Sicherheit
eingestuft). G. im Verzug (z. B. § 98 StPO) ist die Möglichkeit, dass
beim Unterlassen sofortigen Handelns ein Schaden eintritt, weshalb in
solchen Fällen vielfach eine normalerweise nicht bestehende
→Zuständigkeit (Eilzuständigkeit) zum Handeln besteht. Gemeine G.
ist im Strafrecht die tatsächliche G. für bestimmte Rechtsgüter einer
unbestimmten Zahl von Personen.
Lit.: Drews, B./Wacke, G./Vogel, K., Gefahrenabwehr, 9. A. 1986; Germann, M., Gefahrenabwehr
und Strafverfolgung im Internet, 2000; Tschaler, T., Das Moment der Schadenszurechnung, 2000;
Einmahl, M., Gefahr im Verzug, NJW 2001, 1393
Gefährdung ist das Verhalten oder der Zustand, die eine →Gefahr in
sich bergen. Eine G. ist in vielen Fällen von der Rechtsordnung
zugelassen, weil andernfalls die allgemeine →Handlungsfreiheit zu
sehr beschränkt würde (z. B. Autofahren). In andern Fällen ist schon
eine G. strafbar →(Gefährdungsdelikt) oder begründet bei
Verursachung eines Schadens eine Ersatzpflicht
(→Gefährdungshaftung).
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil; Will, M., Quellen erhöhter Gefahr, 1980
Gefährdungsdelikt ist das Delikt (→Erfolgsdelikt), zu dessen
Verwirklichung die Herbeiführung einer Gefahrenlage für das im
Tatbestand vorausgesetzte Schutzobjekt ausreicht. Beim konkreten G.
ist der wirkliche Eintritt der →Gefahr im konkreten Einzelfall
erforderlich (z. B. § 315c StGB), beim abstrakten G. wird die
bestimmte Verhaltensweise als für das Schutzobjekt schon generell
gefährlich angesehen (z. B. § 316 StGB). Der Gegensatz des
Gefährdungsdelikts ist das →Verletzungsdelikt.
Lit.: Zieschang, F., Die Gefährdungsdelikte, 1998; Schmid, J., Untersuchung zur Dogmatik und
zum Abstraktionsgrad abstrakter Gefährdungsdelikte, 1999
Gefährdungshaftung ist das einseitig verpflichtende gesetzliche
→Schuldverhältnis, in dessen Rahmen Ersatz zu leisten ist, wenn
durch eine abstrakt gefährliche Betätigung oder Anlage, die als solche
nicht verboten, sondern rechtmäßig ist, ein Schaden entsteht. Der
regelmäßige Gegensatz ist die →Verschuldenshaftung. Die
wichtigsten Fälle der bisher nur in Einzelgesetzen geregelten G. sind
die →Kraftfahrzeughalterhaftung (§ 7 I StVG), die
Eisenbahnunternehmerhaftung (§ 1 HPflG), die Luftfahrzeughaftung
(§ 33 I 1 LuftVG) und die →Tierhalterhaftung (§ 833 S. 1 BGB). Vgl.
weiter die §§ 2 HPflG, 25 AtG, 22 WHG, 29 BJagdG, 1 I 1
ProduktHaftG, 1, 2 UmweltHG. Die Haftung ist meist auf
Höchstbeträge beschränkt.
Lit.: Blaschczok, A., Gefährdungshaftung und Risikozuweisung, 1993; Hehl, S., Das Verhältnis von
Verschuldens- und Gefährdungshaftung, 1999
Gefahrenabwehr ist die →Tätigkeit der →Polizei bzw. der
Ordnungsbehörde zur Aufrechterhaltung der →öffentlichen
Sicherheit und Ordnung durch die Bekämpfung von Sachlagen, die
bei ungehindertem Ablauf zu Beeinträchtigungen der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung führen würden. →Gefahr
Lit.: Wielsch, T., Die europäische Gefahrenabwehr, 1998; Karnop, S., Recht der Gefahrenabwehr,
1998; Zimmermann, A., Polizeiliche Gefahrenabwehr und das Internet, NJW 1999, 3145
gefährlich (Adj.) eine Gefahr umfassend
gefährliche Körperverletzung →Körperverletzung, gefährliche
Gefahrstoffverordnung ist die Verordnung über bestimmte
gefährliche Stoffe.
Lit.: Klöpping, G., Das Recht der Gefahrstoffe, 1996; Mandl, B., Gefahrgut-Transport, 1996
Gefahrtragung ist im Schuldrecht die Belastung mit der Gefahr des
Untergangs des Leistungsgegenstands. Normalerweise trägt im
gegenseitigen →Vertrag der →Schuldner die →Leistungsgefahr
(regelmäßig bis zur →Konkretisierung) und in der Regel mit der
Konkretisierung geht die Gefahr dann auf den Gläubiger über.
Ausnahmsweise kann auch die →Gegenleistungsgefahr auf den
Gläubiger übergehen (z. B. § 379 II BGB).
Lit.: Hager, G., Die Gefahrtragung beim Kauf, 1982
Gefälligkeit ist das freiwillige hilfreiche Verhalten außerhalb einer
Rechtspflicht.
Lit.: Maier, D., Gefälligkeit und Haftung, JuS 2001, 746
Gefälligkeitsverhältnis ist das Verhältnis, auf Grund dessen eine
Person an eine andere (unentgeltlich) eine Leistung erbringt, ohne
dass sie rechtlich zu der Leistung verpflichtet sein will. Ob ein
→Rechtsbindungswille – und damit ein →Schuldverhältnis und kein
G. – vorliegt, beurteilt sich danach, ob der Leistungsempfänger aus
dem Handeln des Leistenden unter den gegebenen Umständen nach
Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf Grund der
Art der Leistung, ihres Grunds und Zwecks, ihrer rechtlichen und
wirtschaftlichen Bedeutung, der Interessenlage der Parteien und
sonstiger begleitender Umstände auf einen solchen →Willen
schließen durfte.
Lit.: Fikentscher, Schuldrecht; Willoweit, D., Schuldverhältnis und Gefälligkeit, JuS 1984, 909
Gefangenenbefreiung (§ 120 StGB) ist das Befreien eines
→Gefangenen sowie das Verleiten zum Entweichen und das Fördern
des Entweichens. Die G. wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.
Gefangenenmeuterei (§ 121 StGB) ist der Tatbestand, bei dem sich
mehrere →Gefangene zusammenrotten und mit vereinten Kräften
entweder Aufsichtspersonen nötigen oder tätlich angreifen oder
gewaltsam ausbrechen oder irgendeinem Gefangenen gewaltsam zum
Ausbruch verhelfen. Die G. wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten
bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.
Lit.: Schomaker, J., Der Tatbestand er Gefangenmeuterei, 1967
Gefangener (§ 120 StGB) ist der Mensch, dem in Ausübung von
Polizeigewalt oder Strafgewalt die →Freiheit in gesetzlicher Form
und im öffentlichen Interesse entzogen ist, so dass er sich in der
Gewalt einer zuständigen →Behörde befindet.
Gefängnis war bis zum 2. Strafrechtsreformgesetz vom 4. 7. 1969
eine Art der →Freiheitsstrafe und das zugehörige Gebäude.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Gefolgschaft ist im germanischen Recht möglicherweise eine Gruppe
von um einen Adligen gescharten jungen Kriegern (str.).
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Gegenbeweis ist der zur Entkräftung eines Beweises (Hauptbeweises)
oder einer Vermutung von der Gegenseite vorgebrachte →Beweis. Er
ist geführt, sobald die Überzeugung des Gerichts vom Beweis oder
der Vermutung erschüttert ist. Eine öffentliche Urkunde begründet
vollen Beweis des beurkundeten Vorgangs (§ 415 ZPO).
Gegendarstellung ist die im Verhältnis zu der Veröffentlichung einer
Tatsache andere Darstellung. Die Darstellung braucht nicht falsch und
die G. braucht nicht objektiv richtig zu sein. Nach den Pressegesetzen
der Länder sind verantwortlicher Redakteur und Verleger eines
periodisch erscheinenden Druckwerks (ähnlich Rundfunk und
Fernsehen) verpflichtet, eine G. einer Person zum Abdruck zu
bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte
Tatsachenbehauptung betroffen ist. Die G. darf nur
Tatsachenbehauptungen enthalten. Es kann u. U. auch ihre
Anbringung auf einer Titelseite verlangt werden. Die Bestimmungen
über das Recht der G. sind ein →Schutzgesetz i. S. v. § 823 II BGB.
Lit.: Seitz, W./Schmidt, G./Schoener, A., Der Gegendarstellungsanspruch in Presse, Film, Funk und
Fernsehen, 3. A. 1998; Wiesener, J., Der Gegendarstellungsanspruch, 1999; Recknagel, R., Das
Recht der Gegendarstellung, 2000; Dürr, M., Der Gegendarstellungsanspruch im Internet, 2000;
Korte, B., Das Recht auf Gegendarstellung, 2002
Gegenforderung ist bei der →Aufrechnung die Forderung des
(aufrechnenden) Schuldners (§ 387 BGB) und allgemein die einer
Forderung gegenüberstehende →Forderung.
Gegenschluss (lat. argumentum [N.] e contrario) →Umkehrschluss
gegenseitig (Adj.) einen andern oder etwas anderes als Gegenseite
umfassend
gegenseitiger Vertrag →Vertrag, gegenseitiger
gegenseitiges Testament →Testament, gegenseitiges
Gegenseitigkeit ist das wechselseitige Gegenüberstehen zweier
Personen oder Momente. Im →Völkerrecht ist G. die Ausrichtung des
eigenen Verhaltens eines Staats auf das Verhalten eines andern Staats
in einer bestimmten Angelegenheit. G. der Forderungen (§ 387 BGB)
liegt vor, wenn der →Schuldner der einen →Forderung →Gläubiger
der andern Forderung ist und umgekehrt.
Lit.: Doser, T., Gegenseitigkeit und Anerkennung, 1999
Gegenstand ist allgemein alles, woran eine Berechtigung entstehen
kann. Zum Teil wird unter G. nur verstanden, was Bestandteil des
→Vermögens sein kann (z. B. Geschäftsgeheimnis, Unternehmen)
oder auch nur →Sachen, Energien und sonstige Vermögensrechte,
nicht dagegen Persönlichkeitsrechte, Familienrechte und
unselbständige Gestaltungsrechte. Nach § 90 BGB sind jedenfalls
→Sachen nur ein Unterfall der Gegenstände.
Gegenstandswert (§ 7 I BRAGO) ist der in Geld bemessene Wert
der vom →Rechtsanwalt behandelten Angelegenheit. Der G.
bestimmt die Gebührenhöhe. Für ihn ist der Streitwert wesentlich.
Lit.: Madert, W., Der Gegenstandswert, 4. A. 1999
Gegenüberstellung (§ 58 II StPO) ist die Vorführung des
→Beschuldigten (allein [Einzelgegenüberstellung] oder neben andern
Menschen [Wahlgegenüberstellung]) vor dem →Zeugen. Sie soll
Aufschluss darüber geben, ob der Zeuge den Beschuldigten als
Tatbeteiligten identifizieren kann. Sie dient der Erkennung eines
Tatverdächtigen.
Lit.: Odenthal, H., Die Gegenüberstellung im Strafverfahren, 3. A. 1999
Gegenvormund (§ 1792 BGB) ist der zur Kontrolle eines
→Vormunds bestellte Vormund. Er soll bestellt werden, wenn mit der
Vormundschaft die Verwaltung erheblichen Vermögens verbunden
ist. Ist das Jugendamt Vormund, kann kein G. bestellt werden.
Gegenvorstellung (Remonstration) ist der formlose, fristlose
→Rechtsbehelf, mit dem sich eine betroffene Person an die
→Behörde wendet, die eine Entscheidung oder sonstige Maßnahme
getroffen hat, um die Änderung oder Aufhebung der Entscheidung
oder Maßnahme zu erreichen. Sie begründet keinen Anspruch auf
Behandlung und Bescheidung. Wendet sich der Betroffene an die
nächst höhere Behörde, liegt eine →Dienstaufsichtsbeschwerde vor.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Gegenwärtig ist ein die zeitlich-räumliche Anwesenheit betreffendes
Merkmal. Ein →Angriff (§§ 32 StGB, 227 BGB) ist g. vom
Augenblick seines unmittelbaren Bevorstehens bis zu seinem
vollständigen Abschluss (z. B. ist der Angriff noch g., wenn der mit
der Beute flüchtende Dieb verfolgt wird). Gegenüber dem
gegenwärtigen Angriff ist die Abwehrhandlung rechtmäßig.
Lit.: Kühl, K., Die Beendigung des vorsätzlichen Begehungsdeliktes, 1974
Gegenzeichnung (Kontrasignatur) ist die Unterschrift eines zweiten
Menschen nach der Unterschrift eines zu einer Handlung in erster
Linie zuständigen Menschen. Die G. dient der Kontrolle. Im
Verfassungsrecht bedürfen Anordnungen und Verfügungen des
→Bundespräsidenten zu ihrer Gültigkeit der G. durch den
→Bundeskanzler oder den zuständigen →Bundesminister (§ 58 GG).
Lit.: Biehl, H., Die Gegenzeichnung, 1971
Gehalt (N.) ist im Recht der Dienstleistungen das Entgelt für die
Tätigkeit der →Beamten und →Angestellten. Es ist Gegenleistung.
Ihm entspricht im Arbeitsverhältnis der →Lohn der →Arbeiter.
Lit.: Zander, E., Handbuch der Gehaltsfestsetzung, 5. A. 1990; Hanau, P./Arteaga, M.,
Gehaltsumwandlung zur betrieblichen Altersversorgung, 1999
geheim (Adj.) nicht öffentlich
geheime Wahl →Wahl, geheime
geheimer Rat →Rat, geheimer
geheimer Vorbehalt →Vorbehalt, geheimer
Gehilfe (§ 27 StGB) ist der Mensch, der vorsätzlich einem andern zu
dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger →Tat Hilfe leistet. Im
Gegensatz zum →Mittäter beschränkt sich der G. auf psychische oder
physische Unterstützung. Es genügt, dass der G. dem Täter ein
Tatmittel willentlich in die Hand gibt und damit bewusst die
Möglichkeit schafft, dass durch den Einsatz des Tatmittels eine
Straftat begangen wird. Die →Strafe für den Gehilfen richtet sich
nach der Strafdrohung für den Täter. Im Schuldrecht steht der Gehilfe
einem Mittäter gleich (§ 830 II BGB, →Erfüllungsgehilfe,
→Verrichtungsgehilfe, Handlungsgehilfe).
Lit.: Scheffler, U., Zur Konkretisierung des Gehilfenvorsatzes, JuS 1997, 598; Fundel, S., Die
Haftung für Gehilfenfehlverhalten, 1999
Gehör ist allgemein das Hören oder Zuhören eines Lebewesens.
Rechtliches G. ist die aus dem Rechtsstaatsgedanken erwachsende
Verpflichtung einer →Behörde, einer beteiligten Person Gelegenheit
zur Stellungnahme zu geben. Nach Art. 103 I GG hat vor →Gericht
jedermann Anspruch auf rechtliches G.
Lit.: Waldner, W., Der Anspruch auf rechtliches Gehör, 2. A. 2000
Gehorsamspflicht ist die Pflicht einer Person, die – verbindlichen –
Anweisungen einer andern Person zu befolgen. Besondere
Gehorsamspflichten bestehen im →Wehrrecht, im →Beamtenrecht,
im →Arbeitsrecht und im →Familienrecht. Allgemein ist der
Hoheitsgewalt Gehorsam zu leisten und besteht nur ausnahmsweise
ein Widerstandsrecht.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Gehweg ist der von der Fahrbahn deutlich abgegrenzte und äußerlich
erkennbar für den Fußgängerverkehr bestimmte Teil einer →Straße.
Lit.: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht
Geisel ist im römischen, germanischen und mittelalterlichen Recht
der in Gewahrsam genommene Mensch, der mit Freiheit oder Leben
für die Erfüllung bestimmter Pflichten haftet. In der Gegenwart ist G.
der zur Erreichung bestimmter, meist strafbarer Ziele gegen seinen
Willen von einem Nichthoheitsträger in Gewahrsam genommene
Mensch. →Geiselnahme
Lit.: Lutteroth, A., Die Geisel im Rechtsleben, 1922; Köbler, G., Lexikon der europäischen
Rechtsgeschichte, 1997
Geiselnahme (§ 239b StGB) ist das Entführen oder Sichbemächtigen
eines andern zu dem Zweck, einen Dritten durch die Drohung mit
dem Tode oder einer schweren Körperverletzung (§ 226 StGB) des
Opfers zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen. G.
ist eine Straftat. G. ist auch im →Völkerrecht verboten (str.).
Lit.: Brambach, M., Probleme der Tatbestände des erpresserischen Menschenraubs und der
Geiselnahme, 2000
Geisteskrankheit ist die Störung der Geistestätigkeit eines
Menschen, die so hochgradig ist, dass die Fähigkeit vernünftiger
Willensbildung der eines Kinds unter 7 Jahren entspricht (z. B.
Erklärender E verwechselt 0 und 1, 1 und 2, Vater und Mutter,
Jurisprudenz und Medizin, ich und du, mein und sein). Wer infolge
von G. seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag, konnte bis
31. 12. 1991 →entmündigt werden (§ 6 BGB) und war dann
→geschäftsunfähig (§ 104 Nr. 3 BGB). Seit 1. 1. 1992 ist eine
→Betreuung möglich. Im Strafrecht kann G. →Schuldunfähigkeit
begründen (§ 20 StGB). Im Verwaltungsrecht kann G. die
Freiheitsentziehung in der Form der Anstaltsunterbringung zur Folge
haben.
Geistesschwäche ist eine Störung der Geistestätigkeit eines
Menschen, die so hochgradig ist, dass die Fähigkeit vernünftiger
Willensbildung nur der eines Kindes über 7 Jahren entspricht. Wer
infolge von G. seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag,
konnte bis 31. 12. 1991 →entmündigt werden (§ 6 BGB) und war
→geschäftsunfähig (§ 104 Nr. 2 BGB), sofern seine freie
Willensbestimmung ausgeschlossen war. Im Strafrecht kann G.
→Schuldunfähigkeit begründen (§ 20 StGB).
Geistiges Eigentum ist die uneingeschränkte Herrschaft über ein
unkörperliches Gut (→Immaterialgut). Die Lehre vom geistigen
Eigentum wurde vom →Naturrecht begründet und fand Eingang in
ein englisches Gesetz von 1709, in französische Gesetze von 1791
und 1793 (propriété littéraire et artistique) und das preußische Gesetz
zum Schutz des Eigentums an Werken der Wissenschaft und Kunst
von 1837. Sie besagt, dass das Werk als verselbständigter Teil des
menschlichen Geists seinem Urheber als g. E. gehört. Demgegenüber
ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900 Eigentum nur an
einem körperlichen Gegenstand möglich. →Urheberrecht
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte, Praxishandbuch Geistiges Eigentum im Internet, hg. v.
Bröcker, T. u. a., 2003
geistlich (Adj.) die Kirche betreffend
Geistlicher ist der Inhaber eines höheren kirchlichen Amts der
anerkannten öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften (z. B.
Priester, Pfarrer). Der Geistliche hat besondere
→Aussageverweigerungsrechte (z. B. § 53 I, II StPO). Er ist nicht
verpflichtet, geplante schwere →Straftaten, die ihm in seiner
Eigenschaft als Seelsorger mitgeteilt werden, anzuzeigen (§ 139 II
StGB) und bestimmte →Ämter zu übernehmen (Schöffe, Vormund
§§ 34 GVG, 1784, 1888 BGB).
geistlicher Vorbehalt →Vorbehalt, geistlicher
Geld (vgl. §§ 146 StGB, 244 I BGB) ist das von einem →Staat oder
einer durch ihn ermächtigten Stelle als Wertträger beglaubigte, zum
Umlauf im öffentlichen Verkehr bestimmte →Zahlungsmittel. Im
engeren Sinn ist G. nur das Zahlungsmittel, das kraft staatlicher
Anordnung als solches angenommen werden muss. Es besteht in der
Gegenwart aus →Münzen (Metallgeld) und →Banknoten
(Papiergeld), die als Sachen behandelt werden (z. B. Übereignung
nach den §§ 929ff. BGB). Vom Stofflichen gelöst sind das
→Buchgeld und das Netzgeld.
Lit.: Blaschczok, A./Schmidt, K., Geldrecht, 1998; Borchert, M., Geld und Kredit, 7. A. 2001;
Heermann, P., Geld und Geldgeschäfte, 2003
Geldbuße (§§ 17f. OWiG) ist die für eine →Ordnungswidrigkeit
(oder sonstige Pflichtverletzung) festgesetzte Rechtsfolge. Sie beträgt
zwischen 5 und grundsätzlich 1000 Euro. Sie wird von der
→Verwaltungsbehörde (Ordnungsbehörde) festgelegt.
Geldersatz ist die statt in einer andern Art und Weise ersatzweise in
→Geld zu erbringende →Leistung. Im Schuldrecht kann beim
Schadensersatz statt der →Naturalherstellung unter bestimmten
Voraussetzungen (z. B. Verletzung einer Person, Beschädigung einer
Sache, ergebnisloser Fristablauf, Unmöglichkeit der
Naturalherstellung, Ungenügendheit der Naturalherstellung,
Unverhältnismäßigkeit der Naturalherstellungskosten) der dazu
erforderliche Betrag oder eine Entschädigung in Geld verlangt werden
(§§ 249 S. 2, 250, 251 BGB).
Lit.: Frotz, G., Der Ersatz in Geld nach § 250 Satz 2 BGB, JZ 1963, 391ff.
Geldfälschung (§ 146 StGB) ist das Nachmachen oder Verfälschen
inländischen oder ausländischen →Gelds in der Absicht, dass es als
echt in Verkehr gebracht oder dass ein solches Inverkehrbringen
ermöglicht werde, das Verschaffen falschen Gelds in dieser Absicht
und das Inverkehrbringen falschen Gelds als echt, nachdem es der
Betreffende entsprechend nachgemacht, verfälscht oder sich
verschafft hat. G. wird grundsätzlich mit Freiheitsstrafe nicht unter
einem Jahr bestraft.
Lit.: Döll, W., Geldfälschungsdelikte, NJW 1952, 289
Geldforderung ist die in →Geld zu erfüllende →Forderung (z. B.
Kaufpreisforderung).
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Geldkarte ist die Karte, deren Inhaber in Höhe eines auf ihr
elektronisch gespeicherten Werts gegenüber dem jeweiligen System
angeschlossenen Händlern unter Verwendung der Karte bargeldlos
bezahlen kann (seit Ende 1996).
Lit.: Pfeiffer, T., Die Geldkarte, NJW 1997, 1036;
Verfahrensbeschreibung zum Geldkarte-System, hg. v. Krauße, H. u.
a., 1998; Tegebauer, I., Die Geldkarte, 2002
Geldrente (z. B. § 1612 BGB bei Unterhalt) ist die in →Geld zu
leistende →Rente.
Geldschuld ist die in →Geld zu erfüllende →Schuld. Die G. ist keine
Sachschuld – anders bei der Verpflichtung zur Leistung konkreter
Geldstücke – sondern grundsätzlich eine →Wertschuld in weiterem
Sinn, die mit Münzen oder Banknoten beliebiger Stückelung erfüllt
werden kann. Sie kann Geldbetragsschuld (z. B. Darlehen) oder
Geldwertschuld (Wertschuld i. e. S. z. B. Schadensersatzschuld) sein.
Geldschulden sind →Schickschulden mit besonderer
Gefahrtragungsregelung (§ 270 I BGB). U. U. kann eine G. durch
Wertsicherungsklausel gesichert werden.
→Geldwertsicherungsklausel
Lit.: Maydell, B. Baron v., Geldschuld und Geldwert, 1974; Schmidt, K., Geld und Geldschuld im
Privatrecht, JuS 1984, 737
Geldstrafe (§§ 40ff. StGB) ist die durch Zahlung von →Geld zu
bewirkende →Strafe. Sie wird in mindestens 5 und grundsätzlich
höchstens 360 Tagessätzen zwischen 1 und 5000 Euro festgesetzt.
Gemäß § 43a StGB ist die Höhe der G. durch das Vermögen des
Täters begrenzt (Vermögensstrafe). An die Stelle einer
uneinbringlichen G. tritt →Freiheitsstrafe (§ 43 StGB,
Ersatzfreiheitsstrafe).
Lit.: Grebing, G., Recht und Praxis der Tagessatzgeldstrafe, JZ 1976, 745
Geldwäsche (§ 261 StGB) ist das Verbergen, Verschleiern der
Herkunft, Vereiteln oder Gefährden der Ermittlung der Herkunft, des
Auffindens, des Verfalls, der Einziehung oder der Sicherstellung
eines aus einem Verbrechen eines andern oder aus bestimmten
Vergehen eines andern herrührenden Gegenstands. Die G. ist strafbar.
Die Strafe ist Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
Nicht als G. beurteilt wird die Annahme eines Honorars aus
Drogengeschäften durch einen Verteidiger (zw.). In der
Rechtswirklichkeit erweisen sich 98 Prozent der Verdachtsanzeigen
als unberechtigt und erfolgen Verurteilungen kaum, obwohl gewaltige
Ströme illegalen Geldes Umlaufvermögen wie Anlagevermögen
berühren.
Lit.: Leip, C., Der Straftatbestand der Geldwäsche, 2. A. 1999; Lang, V. u. a., Regelungen zur
Bekämpfung der Geldwäsche, 3. A. 1999
Geldwäschegesetz ist das die Strafbarkeit der →Geldwäsche (von
Gewinnen aus schweren Straftaten) regelnde Gesetz vom
25. 10. 1993.
Lit.: Fülbier, A./Aepfelbach, R., Das Geldwäschegesetz, 4. A. 1999
Geldwertsicherungsklausel ist die Klausel, die den Wert einer
Geldschuld durch Bindung an eine den Geldwertverlust mittelbar
ausgleichende Bezugsgröße zu sichern versucht.
Lit.: Nies, L., Geldwertsicherungsklauseln, 4. A. 1991
Gelegenheit ist die günstige Handlungsmöglichkeit.
Gelegenheitsgesellschaft (Konsortium) ist die →Gesellschaft (des
bürgerlichen Rechts), die nur vorübergehend zur Erreichung eines
einzelnen Zwecks vereinbart wird (z. B. Konsortium von Banken zur
Emission einer Anleihe).
Lit.: Bick, O., Die Gelegenheitsgesellschaft, 2. A. 1968
Gelegenheitstäter ist der →Täter, der seine Straftat nur auf Grund
einer besonderen Gelegenheit begeht. Er steht im Gegensatz zum
→Hangtäter (Gewohnheitstäter), der aus Veranlagung oder
erworbenem Hang tätig wird. Der G. bedroht die Allgemeinheit nur in
geringerem Maße und braucht in der Regel nicht resozialisiert zu
werden.
Lit.: Göppinger, Kriminologie
Geleit ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen Recht die sichere
Führung eines Reisenden durch Bewaffnete gegen Entgelt. Sicheres
G. (§ 295 StPO) ist im Strafprozessrecht die Zusicherung der
Befreiung von der →Untersuchungshaft durch das Gericht gegenüber
einem abwesenden Beschuldigten wegen einer bestimmten Tat. Es
erlischt, wenn ein auf →Freiheitsstrafe lautendes →Urteil ergeht oder
wenn der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft oder wenn er
Bedingungen, unter denen ihm das sichere Geleit erteilt worden ist,
nicht erfüllt.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Gelöbnis ist das ausdrückliche Versprechen. Im Verwaltungsrecht ist
feierliches G. (§ 9 II SG) die förmliche Erklärung, durch die
Wehrpflichtige sich zu ihren Pflichten bekennen. Hier steht es in
Parallele zum Diensteid der Berufssoldaten und Zeitsoldaten.
GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und
mechanische Vervielfältigungsrechte) ist der wirtschaftliche, durch
staatliche Verleihung rechtsfähige →Verein zur Wahrung der Rechte
der →Urheber von Musikwerken. Aufgabe der G. ist es vor allem, im
Interesse ihrer Mitglieder (Komponisten, Textdichter und
Musikverleger), die mit ihr einen Berechtigungsvertrag geschlossen
haben, die Einhaltung der Urheberrechtsvorschriften und
Wiedergabevorschriften zu überwachen und die anfallenden
Gebühren für die Mitglieder einzuziehen. Mittelbar werden durch die
Erfüllung der Aufgabe auch eigene Interessen der Gesellschaft
befriedigt. Die G. hat zwar nicht rechtlich, aber tatsächlich eine
Monopolstellung.
Lit.: Schulze, E., Geschätzte und geschützte Noten, 1995; Schulze-Rossbach, U., Das neue
Musikerrecht, 2002; Schulze-Rossbach, U., Das AMA-Musikerrecht, 2003
Gemeinde ist im öffentlichen Recht die einfache, unmittelbare
kommunale →Gebietskörperschaft mit – vom Staat abgeleiteter –
→Gebietshoheit zur →Selbstverwaltung (Art. 28 II GG,
Satzungsgewalt, Personalhoheit, Finanzhoheit) universal überlassener
örtlicher Aufgaben (Grundsatz der →Allzuständigkeit, eigener
→Wirkungskreis) und zur Fremdverwaltung zugewiesener Aufgaben
(übertragener →Wirkungskreis). Ihre Größe soll danach bemessen
sein, dass sowohl eine örtliche Verbundenheit der Einwohner wie
auch eine angemessene Leistungsfähigkeit gewährleistet ist. Wegen
des letzten, auch zur Besoldungserhöhung der Funktionsträger
führenden Grunds wurde zu Beginn des letzten Drittels des 20. Jh.s
durch Gemeindereformgesetze die Zahl der Gemeinden auf etwa ein
Drittel verringert. Die G. kann entweder kreisfrei oder kreisangehörig
sein. Die kreisangehörige G. untersteht meist der Kommunalaufsicht
der unteren staatlichen →Verwaltungsbehörde (Landrat). Die
kreisfreie G. erfüllt außer ihren Aufgaben als G. auch die Aufgaben
der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde (Landrat) und untersteht
der →Aufsicht der höheren Verwaltungsbehörde.
Lit.: Schmidt-Jortzig, E., Kommunalrecht, 1982; Gern, A., Gemeindeverzeichnis, 3. A. 2001; Das
Gemeinde- und Behördenverzeichnis, hg. v. Fuhrmann, U., 1999
Gemeindebeamter ist der im Dienst einer →Gemeinde stehende
→Beamte. Er ist mittelbarer Staatsbeamter.
Lit.: Peine, F./Heinlein, D., Beamtenrecht, 2. A. 1999
Gemeindebetrieb ist das wirtschaftliche →Unternehmen einer
→Gemeinde. Der G. kann →Eigenbetrieb, →Anstalt oder juristische
→Person des Privatrechts sein (z. B. Versorgungsbetrieb,
Verkehrsbetrieb, Sparkasse).
Lit.: Schmidt-Jortzig, E., Kommunalrecht, 1982
gemeindefreies Gebiet →Gebiet, gemeindefreies
Gemeindeordnung ist das (staatliche) die →Gemeinden betreffende
→Gesetz. Es ist in der Gegenwart Landesgesetz. Im Dritten Reich
galt die einheitliche Deutsche G. vom 30. 1. 1935.
Lit.: Schmidt-Jortzig, E., Kommunalrecht, 1982; Schmidt-Eichstaedt, G./Stade, I./Borchmann, M.,
Die Gemeindeordnungen und Kreisordnungen in der Bundesrepublik Deutschland (Lbl.); Thiele, R.,
Niedersächsische Gemeindeordnung, 6. A. 2002
Gemeinderat ist die gewählte Gemeindevertretung der
→Gemeindeverfassung.
Lit.: Sixt, W./Balzereit, H., Der Gemeinderat in Baden-Württemberg, 7. A. 1994; Karst, M., Der
rechtswidrige Gemeinderatsbeschluss, 1994 (Diss.)
Gemeinderecht ist die Gesamtheit der die →Gemeinden
betreffenden Rechtssätze. Das G. ist außer in Art. 28 GG und Artikeln
der Landesverfassungen vor allem in den Gemeindegesetzen
(→Gemeindeordnungen) der Länder (landesrechtlich verschieden)
geregelt. Dazu kommt das von der Gemeinde kraft ihrer
Satzungsgewalt geschaffene Recht (→Satzung).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Klüber, H., Das Gemeinderecht in den Ländern der
Bundesrepublik Deutschland, 1972
Gemeindesteuer (Art. 105ff. GG, insbesondere 106 VI) ist die durch
→Gemeinden erhobene →Steuer. Dazu zählen vor allem
→Grundsteuer und →Gewerbesteuer sowie eine Reihe weniger
ertragreicher Steuern. Den Gegensatz bilden Landessteuer und
Bundessteuer.
Lit.: Schwarting, G., Kommunale Steuern, 1999
Gemeindeverband ist die zusammengesetzte, unmittelbare oder
mittelbare →Gebietskörperschaft zur Erfüllung insgesamt
überlassener übergemeindlicher und bzw. oder ergänzender Aufgaben
sowie allgemein oder einzeln zugewiesener →Ausgleichsaufgaben
(z. B. Landkreis, evtl. Bezirk, Landschaftsverband, in einigen
Ländern Ämter, Samtgemeinden). Die Bildung der
Gemeindeverbände soll verhindern, dass die Erledigung bestimmter
Aufgaben an der Leistungsschwäche der einzelnen Gemeinden
scheitert. Der G. hat →Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 II GG).
Lit.: Bovenschulte, A., Gemeindeverbände, 2000
Gemeindeverfassung ist die Gesamtheit der die innere Organisation
der →Gemeinde betreffenden Rechtssätze. Die G. muss nach Art. 28
I GG eine Vertretung des Volks, die aus allgemeinen, unmittelbaren,
freien, gleichen und geheimen →Wahlen hervorgegangen ist
(Gemeinderat), oder eine Gemeindeversammlung enthalten. Im
Übrigen kann sie durch die Landesgesetzgebung verschieden
organisiert sein. Bei der monistischen G. ist der Rat beschließend und
vollziehend das einzige Organ der Gemeinde, so dass die einzelnen
Funktionsträger (z. B. Bürgermeister, Magistrat) nicht Organ sind,
sondern nur im Auftrag des Rats handeln (z. B. Baden-Württemberg)
und jede Verwaltungsmaßnahme als unmittelbar vom Rat vollzogen
gilt. Die dualistische G. enthält neben der gewählten
Vertretungskörperschaft (Gemeindevertretung, Rat) einen für die
Führung der laufenden Geschäfte zuständigen Amtsträger
(Verwaltungsausschuss, Magistrat, Bürgermeister, Gemeindedirektor)
(z. B. Bayern). Trialistisch ist eine G., wenn die Erstzuständigkeiten
bei drei Organen liegen (Gemeindevertretung, Gemeindevorstand
[Magistrat], Gemeindevorsteher) (so z. B. Hessen). Die G. kann
→Bürgermeisterverfassung oder →Magistratsverfassung sein.
Lit.: Waibel, G., Gemeindeverfassungsrecht Baden-Württemberg, 4. A. 1999
gemeine Gefahr →Gefahr
Gemeineigentum (Art. 15 GG) ist das →Eigentum der Gemeinschaft
(Gesellschaft) im Gegensatz zum Individualeigentum einer einzelnen
Person. Nach Art. 15 GG können Grund und Boden, Naturschätze
und Produktionsmittel durch ein →Gesetz, das Art und Ausmaß der
→Entschädigung regelt, in G. überführt werden (Sozialisierung). Im
älteren deutschen Recht steht die →Allmende (z. B. Alm) in G.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
gemeines Recht →Recht, gemeines
gemeinfrei (Adj.) allgemein frei
Gemeinfreier ist in der deutschen Rechtsgeschichte der einfache
Freie, der nach klassischer Ansicht in germanischer und fränkischer
Zeit die breite Masse des Volkes gebildet hat.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Gemeingebrauch ist das jedermann zustehende subjektiv-öffentliche
Recht, eine der Öffentlichkeit zur Verfügung stehende (gewidmete)
→Sache im Rahmen der bestimmungsgemäßen Nutzung ohne
besondere Zulassung – und unentgeltlich – zu gebrauchen (z. B.
Fahren auf einer Straße, vgl. § 7 BFStrG, Verteilen von Schriften in
einer Fußgängerzone, Anbringen von Kreuzen für
Verkehrsunfallopfer am Straßenrand, Parken auf öffentlichem
Parkplatz). Ein gesteigerter G. kommt dem Anlieger
(→Anliegergebrauch) zu (str.). Ein darüber hinausgehender Gebrauch
ist →Sondernutzung (z. B. Freihalten eines Abstellplatzes auf einem
öffentlichen Parkplatz durch einen Dritten, Rollhockeyspielen auf
einer öffentlichen Straße, Inlineskating [zweifelhaft]).
Lit.: Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1; Fehling, M., Gemeingebrauch und
Sondernutzung, JuS 2003, 246
gemeingefährlich →Gemeingefährlichkeit
gemeingefährliche Mittel →Mittel, gemeingefährliche
gemeingefährliche Vergiftung →Vergiftung, gemeingefährliche
Gemeingefährlichkeit ist die Gefährlichkeit eines Verhaltens für
eine unbestimmte Vielzahl von Menschen oder Sachen.
Lit.: Bauhofer, S., Gemeingefährliche Straftäter, 2000
Gemeinkosten sind →Kosten, die einem Erzeugnis oder einer
Leistung nicht unmittelbar zugeordnet werden können und deshalb im
Wege einer Umrechnung aufgeteilt werden (z. B. allgemeine
Verwaltungskosten).
Lit.: Hedfeld, K., Die Gemeinkosten im Baubetrieb, 1980
Gemeinnützigkeit ist die (im Gegensatz zum Eigennutz stehende)
Nützlichkeit eines Verhaltens für die Allgemeinheit. Im Steuerrecht
werden gemeinnützige Zwecke u. a. dadurch gefördert, dass ihr
Träger von einer →Steuer befreit wird (z. B. FÜR TIROL Konto
210092998 Hypobank Tirol A 6020 Innsbruck) und Spender eine
steuerlich verwendbare Quittung erhalten können. Gemäß § 52 I 1
AO sind dabei gemeinnützig solche Zwecke, durch deren Erfüllung
ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit auf materiellem,
geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos gefördert wird. Die
steuerbegünstigende Wirkung der G. ist in steuerlichen
Einzelgesetzen angeordnet. Die G. kann dadurch verloren werden,
dass der Träger unangemessen hohe Aufwendungen für Verwaltung
oder Werbung tätigt.
Lit.: Burhenne, W./Gesell, R., Recht der gemeinnützigen Organisationen und Einrichtungen (Lbl.),
1993; Kießling, H., Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 7. A. 2000; Schauhoff, S., Handbuch der
Gemeinnützigkeit, 2000; Troll/Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine
und Stiftungen, 4. A. 2000
gemeinsame Außenpolitik und Sicherheitspolitik (GASP)
→Europäische Union
gemeinsamer Senat →Senat, gemeinsamer
Gemeinschaft ist die Mehrheit von Personen, die durch eine
Gemeinsamkeit verbunden sind (u. a. Staatsvolk). Im Schuldrecht
(§ 741 BGB) ist G. jede gemeinschaftliche Inhaberschaft eines
einzelnen →Rechts durch mehrere, für die keine besonderen
gesetzlichen Regeln eingreifen. Sie ist Bruchteilsgemeinschaft, wobei
im Zweifel den Teilhabern gleiche ideelle Anteile zustehen (§ 742
BGB). Die Verwaltung des Rechts erfolgt gemeinschaftlich. Jeder
Teilhaber kann über seinen Anteil verfügen (§ 747 BGB). Die
Aufhebung der G. erfolgt durch Teilung oder Verkauf (§§ 749ff.
BGB). Besondere Vorschriften gelten für die Bruchteilsgemeinschaft
an Eigentum (→Miteigentum). Im Gegensatz zur allgemeinen G.
steht die besondere →Gesamthandsgemeinschaft (Gesamthand).
Lit.: Eheliche Gemeinschaft, Partnerschaft und Vermögen im europäischen Vergleich, hg. v.
Henrich, D. u. a., 1999; Paulus, A., Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht, 2001
gemeinschaftliches Testament →Testament, gemeinschaftliches
Gemeinschaftsaufgabe (Art. 91a GG) ist die Aufgabe der →Länder,
bei deren Erfüllung der →Bund, weil sie für die Gesamtheit
bedeutsam ist und die Mitwirkung des Bunds zur Verbesserung der
Lebensverhältnisse erforderlich ist, mitwirkt. Gemeinschaftsaufgaben
sind der Ausbau und Neubau von →Hochschulen sowie die
Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes. Durch
Bundesgesetze sind die Gemeinschaftsaufgaben näher bestimmt.
Danach trägt der Bund grundsätzlich die Hälfte der für
Gemeinschaftsaufgaben erforderlichen Ausgaben in jedem Land. Im
weiteren Sinne sind Gemeinschaftsaufgaben auch andere Aufgaben,
zu deren Erfüllung Bund und Länder zusammenarbeiten (z. B. Art. 87
S. 2 GG).
Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist das durch die Verordnung der
Europäischen Gemeinschaft über das G. geregelte
→Geschmacksmuster. Das G. ohne Eintragung bietet drei Jahre
Nachahmungsschutz ab Offenbarung. Bei dem eingetragenen G. hat
der Inhaber ein ausschließliches Benutzungsrecht von 5 (evtl. 25)
Jahren.
Gemeinschaftsmarke ist die bei dem Harmonisierungsamt für den
Binnenmarkt der Europäischen Union in Alicante eintragbare, für alle
Mitgliedstaaten geschützte →Marke.
Lit.: Prandzioch, A., Das Europäische Markenamt, 1999; Just, C., Die Gemeinschaftsmarke, 2001
Gemeinschaftsrecht ist die Gesamtheit der eine →Gemeinschaft
betreffenden Rechtssätze. →Gemeinschaft, Europäisches
Gemeinschaftsrecht
Lit.: Böse, M., Strafen und Sanktionen im europäischen Gemeinschaftsrecht, 1996; Hakenberg, W.,
Grundzüge des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 3. A. 2003
Gemeinschaftsschule ist die →Schule, an der Lehrer verschiedener
Bekenntnisse Schüler verschiedener Bekenntnisse nach allgemeinen
abendländischen Grundsätzen erziehen. Die G. steht im Gegensatz zur
→Bekenntnisschule. Sie ist in Deutschland die Regelschule.
Lit.: Fischer, E., Bekenntnis- oder Gemeinschaftsschule?, 1966
Gemeinschaftswert ist der allgemein für die Gemeinschaft
bestehende Wert. Er ist absoluter G., wenn er unabhängig von einer
bestimmten politischen Ausrichtung ist (z. B. Volksgesundheit). Er
kann Freiheitseinschränkungen rechtfertigen.
Gemeinschuldner →Schuldner
Gemeinwohl →Allgemeinwohl
gemischt (Adj.) aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt
gemischte Schenkung →Schenkung, gemischte
gemischter Vertrag →Vertrag, gemischter
Gen (N.) (molekular definierte) Erbanlage, →Genrecht
genehmigt (Adj.) mit einer →Genehmigung versehen
genehmigtes Kapital →Kapital, genehmigtes
Genehmigung ist die Erklärung des Einverständnisses mit einem
Verhalten. Im Verwaltungsrecht ist G. vielfach gleichbedeutend mit
(vorheriger) →Erlaubnis (z. B. Baugenehmigung), vielfach aber auch
die notwendige nachträgliche Billigung durch eine Aufsichtsbehörde
(Satzungsgenehmigung). Im Privatrecht (§ 184 I BGB) ist G. die zur
Wirksamkeit erforderliche nachträgliche →Zustimmung zu einem
→Rechtsgeschäft. Sie wirkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt der
Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück (ex tunc). Eine Verfügung, die
ein →Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, wird wirksam,
wenn eine G. durch den Berechtigten erfolgt (§ 185 II 1 BGB).
Lit.: Labuhn, G., Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, 2. A. 1995; Fortun, S., Die
behördliche Genehmigung im strafrechtlichen Deliktsaufbau, 1998; Schröder, A., Die personelle
Reichweite öffentlich-rechtlicher Genehmigungen, 2000
General Aggreement (N.) on Trade in Services (GATS)
Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen
Lit.: Köhler, M., Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit
Dienstleistungen (GATS), 1995
Generalanwalt →Europäischer Gerichtshof
Generalbundesanwalt (§ 142 GVG) ist der oberste Beamte der
→Staatsanwaltschaft beim →Bundesgerichtshof. Er darf auch wegen
versuchten Mords oder gefährlicher Körperverletzung ermitteln, wenn
durch diese Taten die innere Sicherheit Deutschlands beeinträchtigt
wird.
Generaleinwilligung →Generalkonsens
generalis (lat.) allgemein, →lex generalis
Generalklausel ist der Rechtssatz, der nur einen allgemeinen
Grundsatz aufstellt und die konkrete Bestimmung im Einzelfall den
→Gerichten überlässt (z. B. §§ 242, 138 BGB). Die G. steht im
Gegensatz zur →Enumeration. Sie verringert die →Rechtssicherheit,
gewährt andererseits aber in weitem Umfang die Möglichkeit der
Rechtsfortbildung, was allerdings u. U. auch von Nachteil sein kann.
Polizeiliche G. ist der Satz, dass die Polizeibehörden im Rahmen der
geltenden Gesetze die nach pflichtgemäßem →Ermessen
notwendigen Maßnahmen zu treffen haben, um von der
Allgemeinheit oder dem Einzelnen →Gefahren abzuwehren, durch
welche die öffentliche →Sicherheit oder Ordnung bedroht wird (vgl.
den früheren § 14 I PrPVG von 1931). Sie bildet eine umfassende
Generalermächtigung für das Eingreifen der →Polizeibehörden und
Ordnungsbehörden.
Lit.: Hedemann, J., Die Flucht in die Generalklauseln, 1933; Bähr, G., Das Generalklausel- und
Aufsichtssystem des VAG, 2000
Generalkonsens (Generaleinwilligung) ist die umfassende
→Einwilligung in (bzw. Zustimmung zu) eine(r) ganze(n) Reihe von
zunächst nicht individualisierten Geschäften (z. B. eines
Minderjährigen).
Generalprävention ist die allgemeine Abschreckung möglicher
Täter, die durch eine Strafdrohung, die durch Verurteilung und
Vollzug in ihrer Ernstlichkeit bekräftigt wird, von der Begehung einer
→Straftat zurückgehalten werden sollen. Die Theorie der G. ist eine
relative →Straftheorie. Die G. steht im Gegensatz zur
→Spezialprävention.
Lit.: Neuß, F., Der Strafzweck der Generalprävention, 2001
Generalsekretär ist vielfach ein Geschäftsführer einer Vereinigung
(z. B. Vereinte Nationen, Partei, Wirtschaftsverband).
Generalstreik ist die besondere Form des →Streiks, bei der alle
Arbeitnehmer eines Gebiets unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit
die Arbeit niederlegen.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Generalversammlung ist die allgemeine Versammlung aller
Mitglieder einer Personengemeinschaft (z. B. G. der Vereinten
Nationen). Im Gesellschaftsrecht (§ 43 GenG) ist G. das Hauptorgan
der →Genossenschaft, das aus den Mitgliedern unmittelbar oder aus
gewählten Vertretern bestehen kann. Diese G. entspricht der
→Hauptversammlung der →Aktiengesellschaft. Sie beschließt über
den Jahresabschluss, die Verteilung von Gewinn und Verlust und die
Entlastung anderer Organe.
Generalvollmacht ist die umfassende, keinen Beschränkungen
unterliegende →Vollmacht im Gegensatz zur →Spezialvollmacht.
Lit.: Leiner, R., Die Generalvollmacht, Diss. jur. Bielefeld 1998
genetisch (Adj.) die Entstehung betreffend, die Gene betreffend
genetischer Fingerabdruck →DNA-Analyse
Lit.: Wagner, U., Das genetische Fingerabdruckverfahren, 1993 (Diss.); Klumpe, P., Der genetische
Fingerabdruck, 1993 (Diss.)
genetisches Synallagma →Synallagma, genetisches
Genfer Konventionen sind verschiedene, seit dem 22. 8. 1864 (in
Genf) abgeschlossene völkerrechtliche Verträge zur Humanisierung
des →Kriegsrechts. Davon sind die vier Genfer Rotkreuz-Abkommen
vom 12. 8. 1949 die bislang umfassendste Regelung des humanitären
Kriegsrechts.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht; Kimminich, O., Schutz der Menschen in bewaffneten Konflikten, 1979
Genom (N.) ist die Gesamtheit der Gene eines Chromosomensatzes
eines Lebewesens.
Lit.: Hofmann, C., Rechtsfragen der Genomanalyse, 1999
Genosse (Mitbenützender) ist das Mitglied einer →Genossenschaft
oder sonstigen →Gemeinschaft.
Genossenschaft (§ 1 GenG) ist die →Gesellschaft mit nicht
geschlossener Mitgliederzahl (mindestens 7), welche die Förderung
des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels
gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs bezweckt (z. B. Konsumverein,
Raiffeisengenossenschaft, Wohnungsbaugenossenschaft). Die
(eingetragene) G. ist juristische →Person und →Kaufmann
(Formkaufmann), aber nur uneigentliche →Handelsgesellschaft (§ 17
GenG). Sie wird gegründet durch →Vertrag (Statut, Satzung) und
entsteht durch →Eintragung in das vom Registergericht geführte
Genossenschaftsregister (§§ 3, 13 GenG). Ihre Organe sind
→Generalversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat. Die Genossen
haften der ihrerseits ihren Gläubigern unbeschränkt haftenden G. je
nach Vereinbarung entweder unbeschränkt oder auf eine bestimmte
Haftungssumme beschränkt. Wird die G. aufgelöst, so erfolgt
grundsätzlich →Liquidation. Rechtsgeschichtlich leitet sich die
neuzeitliche G. von älteren Vereinigungen zur gemeinsamen
Wahrnehmung bestimmter Aufgaben her (z. B.
→Markgenossenschaft).
Lit.: Lang/Weidmüller u. a., Genossenschaftsgesetz, 33. A. 1997; Beuthien, V.,
Genossenschaftsgesetz, 13. A. 2000; Hettrich, E./Pöhlmann, P., Genossenschaftsgesetz, 2. A. 2001;
Stumpf, C., Die eingetragene Genossenschaft, JuS 1998, 701; Berliner Kommentar zum
Genossenschaftsgesetz, bearb. v. Hillebrand, K. u. a., 2001
Genozid (N.) Völkermord
Lit.: Schabes, W., Genozid im Völkerrecht, 2003
Genrecht ist die Gesamtheit der das Erbgut von Lebewesen
betreffenden Rechtssätze. Das G. befasst sich insbesondere mit den
von der modernen Wissenschaft eröffneten Möglichkeiten der
künstlichen Veränderung der Gene. Hiergegen gerichtete
Beschränkungen sind am Verfassungsgrundsatz der Menschenwürde
ausgerichtet. Gesetzlich geregelt sind einzelne Fragen durch das
Gesetz zur Regelung von Fragen der Gentechnik vom 20. 6. 1990.
Gentechnisch veränderte neuartige Lebensmittel (novel food) müssen
besonders gekennzeichnet sein. In Großbritannien kann eine
Lebensversicherung vom Ergebnis eines Gentests abhängig gemacht
werden. In Deutschland bietet eine Versicherung freiwillige Gentests
an.
Lit.: Hirsch, G./Schmidt-Didczuhn, A., Gentechnikgesetz, 1991; Kamekee, C. v.,
Gemeinschaftliches Gentechnikrecht, 1995; Tünnesen-Harmes, C., Risikobewertung im
Gentechnikrecht, 2000; Winter, S./Fenger, H./Schreiber, H., Genmedizin und Recht, 2001
Gentechnik →Genrecht
genus (lat. [N.]) Geschlecht, Gattung
Genuskauf →Gattungskauf
Genusschuld →Gattungsschuld
Genussrecht ist das im →Genussschein verkörperte Recht auf einen
besonderen Vermögensvorteil.
Lit.: Luttermann, C., Unternehmen, Kapital und Genussrechte, 1998
Genussschein (§ 221 AktG) ist das →Wertpapier (meist
Inhaberschuldverschreibung), das unabhängig von einer
Mitgliedschaft einen Anspruch auf einen besonderen
Vermögensvorteil (Genussrecht) einräumt (z. B. Anteil an
Reingewinn oder Liquidationserlös als Belohnung für Angestellte
oder Entgelt für Überlassung von Patenten).
Lit.: Schott, K., Genussscheine, 1995
Gerade ist im mittelalterlichen deutschen Recht der Familienhausrat,
der im Wege einer Sondererbfolge an die nächste weibliche
Verwandte fällt.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
gerade Linie →Linie, gerade
Geräte- und Produktsicherheitsgesetz ist das vorrangig dem Schutz
der Verbraucher dienende, die Sicherheit von (Geräten und)
→Produkten betreffende, zum 1. 5. 2004 in Kraft getretene Gesetz.
Lit.: Jeiter, W./Klindt, T., Gerätesicherheitsgesetz, 3. A. 2003; Kollmer, N., Zivilrechtliche und
arbeitsrechtliche Wirkungen des Gerätesicherheitsgesetzes, NJW 1997, 2015; Klindt, T., Das neue
Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, NJW 2004,465
gerecht (Adj.) →Gerechtigkeit anstrebend
gerechter Krieg →Krieg, gerechter
Gerechtigkeit ist das zeitlos gültige Maß richtigen Verhaltens. Es soll
im jeweils geltenden positiven Recht verwirklicht werden. Dies
gelingt aber stets nur verhältnismäßig und damit unvollkommen.
Nach dem antik-griechischen Philosophen Aristoteles wird zwischen
ausgleichender G. ([lat.] iustitia [F.] commutativa) und austeilender
G. ([lat.] iustitia [F.] distributiva) unterschieden. Die ausgleichende
G. gilt vor allem im Verhältnis der Einzelnen zueinander und fordert
mengenmäßige Gleichheit (z. B. Ersatz des vollen Schadens). Die
austeilende G. gilt vor allem für das Verhältnis des Einzelnen zum
Ganzen und fordert nur eine den unterschiedlichen Verhältnissen
angepasste Gleichheit (Zuteilung an jeden nach seinen Fähigkeiten
oder Leistungen).
Lit.: Zippelius, R., Recht und Gerechtigkeit, 2. A. 1996; Dreier, H., Was ist Gerechtigkeit?, JuS
1996, 580; Oechsler, J., Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997
Gericht (Art. 92 GG, § 1 GVG) ist das Organ, das →Rechtsprechung
(richterliche Gewalt) auszuüben hat. Das G. ist grundsätzlich
staatlich, ausnahmsweise privat (→Schiedsgericht). Es ist mit
mindestens einem →Richter besetzt, ist aber überwiegend
→Kollegialgericht, obgleich aus Kostengründen auch am
Kollegialgericht vielfach der Einzelrichter tätig wird. Innerhalb der
Gerichte wird nach den Zweigen der →Gerichtsbarkeit (z. B.
Verwaltungsgericht, ordentliches Gericht) und nach dem Aufbau der
Gerichtszweige (z. B. →Amtsgericht, →Landgericht) unterschieden.
Besondere Gerichte (§ 14 GVG) sind die für bestimmte
Angelegenheiten der Schifffahrt besonders zugelassenen Gerichte.
Lit.: Kissel O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001; Schick, K., Beck’scher Gerichtsführer, 2000;
Das Orts- und Gerichtsverzeichnis, 7. A. 2002
Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in
Luxemburg ist das auf Art. 225 EGV gegründete, am 31. 10. 1989
konstituierte Gericht der →Europäischen Gemeinschaften, das der
Entlastung des Europäischen Gerichtshofs dienen soll. Es ist mit 15
Richtern besetzt. Es ist zuständig für Beamtenklagen,
Wettbewerbsstreitigkeiten, bestimmte Verfahren nach dem
Europäische Gesellschaft für Kohle und Stahl-Vertrag sowie damit in
Zusammenhang stehende Schadensersatzklagen. 1999 wurden bei
ihm 384 Verfahren rechtshängig. Seine Zuständigkeit soll erweitert
werden.
Lit.: Brandt, K., Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Europäische Gericht erster Instanz
(EuG), JuS 1994, 300; Kirschner, H./Klüpfel, K., Das Gericht erster Instanz der Europäischen
Gemeinschaften, 2. A. 1998
Gerichtsassessor ist die ältere Bezeichnung für den im Bereich der
Rechtspflege tätigen →Beamten des höheren Dienstes auf Probe
(§ 12 DRiG). Sie ist durch die Bezeichnung des Eingangsamts
(Richter, Staatsanwalt) mit dem Zusatz zur Anstellung ersetzt.
Spätestens fünf Jahre nach der Ernennung ist der Richter auf Probe
zum Richter auf Lebenszeit oder zum Staatsanwalt zu ernennen.
Gerichtsbarkeit ist im weiteren Sinn die auf Verwirklichung der
bestehenden Rechtsordnung gerichtete Tätigkeit des →Staats
(Justizhoheit des Bunds und der Länder). Sie zerfällt in die
Justizverwaltung und in die G. im engeren Sinn. Diese ist die
Tätigkeit der →Gerichte bei der Rechtsanwendung im Einzelfall, die
richterliche oder rechtsprechende Gewalt. Die G. ist Teil der
gesamten Staatstätigkeit. Sie zerfällt einerseits in die streitige und in
die freiwillige G., anderseits in die ordentliche und die sonstige G.
Die streitige G. ist nach den Gerichtszweigen gegliedert in
Verfassungsgerichtsbarkeit, ordentliche G.,
Verwaltungsgerichtsbarkeit, Arbeitsgerichtsbarkeit,
Finanzgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit, Patentgerichtsbarkeit,
Disziplinargerichtsbarkeit (eigenständig bis 2003),
Ehrengerichtsbarkeit und Wehrdienstgerichtsbarkeit. Ordentliche G.
ist die nach dem Gerichtsverfassungsgesetz (§§ 12, 13 GVG)
bestehende G. in Zivilsachen und Strafsachen. Freiwillige G. ist die
staatliche Organisation und das staatliche Verfahren (im Rahmen der
ordentlichen Gerichtsbarkeit) zur Hilfe in privatrechtlichen
Angelegenheiten, bei denen es sich meist nicht um die zwangsweise
Durchführung eines privatrechtlichen Anspruchs handelt. Für die
freiwillige G. gilt das Gesetz über die Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG). Es kennt →Beteiligte,
→Beschlüsse und →Beschwerden. Sein Verfahren ist durch
→Untersuchungsgrundsatz und Entbehrlichkeit der →Öffentlichkeit
und →Mündlichkeit gekennzeichnet. Zur freiwilligen G. gehören
sachlich vor allem Vormundschaftssachen, (einzelne)
Familiensachen, Betreuungssachen, Unterbringungssachen,
Nachlasssachen, Grundbuchsachen und Registersachen.
Eingangsgericht ist grundsätzlich das →Amtsgericht.
Lit.: Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. A. 2003; Bumiller, U./Winkler, K., Freiwillige Gerichtsbarkeit,
7. A. 1999; Freiwillige Gerichtsbarkeit, hg. v. Keidel, T. u. a. 15. A. 2003; Bassenge, P./Herbst,
G./Roth, H., Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 9. A. 2002; Brehm,
W., Freiwillige Gerichtsbarkeit, 3. A. 2002; Knöringer, D., Freiwillige Gerichtsbarkeit, 3. A. 1999;
Kollhosser, H./Bork, R./Jacoby, F., Freiwillige Gerichtsbarkeit, 2. A. 2002; Menne, M., Die
Organisation des Gerichtswesens, JuS 2003, 26
Gerichtsferien →Ferien
Gerichtsgebrauch ist die von einem oder mehreren →Gerichten
eingehaltene Übung. Der G. kann sich auf die Bildung von
→Gewohnheitsrecht auswirken. Eine allgemeine Bindung an eine
konkrete Entscheidung eines Gerichts besteht allerdings grundsätzlich
nicht.
Gerichtshilfe ist die Unterstützung (einer Behörde oder eines
Gerichts) durch ein →Gericht. Nach § 160 III StPO kann die
→Staatsanwaltschaft G. in Anspruch nehmen. Die G. entspricht der
→Amtshilfe unter Behörden (§ 4 VwVfG).
Gerichtshof ist die Bezeichnung für ein mit mehreren →Richtern
besetztes (höheres) →Gericht (z. B. →Bundesgerichtshof,
→Verwaltungsgerichtshof). →Europäischer Gerichtshof,
→Internationaler Gerichtshof).
Gerichtskasse ist die bei einem →Gericht eingerichtete Zahlstelle
(für →Gerichtskosten). Sie ist Amtskasse bei der Justizverwaltung bei
den Amtsgerichten. Sie ist zugleich Vollstreckungsbehörde nach der
Justizbeitreibungsordnung.
Lit.: Kommentar zum Gerichtskostengesetz, hg. v. Oestreich, A. u. a., 1993
Gerichtskosten (§§ 1 GKG, 1 KostO) sind die →Abgaben, die der
→Staat für die Inanspruchnahme der →Gerichte fordert. Die G.
setzen sich zusammen aus →Gebühren und Auslagen. Dabei sind die
Gebühren (z. B. die Prozessgebühr) die Gegenleistung für die
Inanspruchnahme des Gerichts, Auslagen auch die Kosten der
Dienstleistungen von Hilfspersonen. Geregelt sind die G. für die
streitige Gerichtsbarkeit im Gerichtskostengesetz, für die
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Notare
(§ 140 KostO) in der Kostenordnung. Sie bestimmen sich vor allem
nach dem →Streitwert oder Geschäftswert. Sie werden in der
Kostenrechnung festgelegt.
Lit.: Markl, H./Meyer, D., Gerichtskostengesetz, 5. A. 2003; Lappe, F., Die Entwicklung des
Gerichts- und Notarkostenrechts im Jahr 2003, NJW 2004, 489
Gerichtskostenvorschuss ist der verschiedentlich vor Ingangsetzung
eines Gerichtsverfahrens erforderliche Vorschuss auf die
→Gerichtskosten (§§ 65 GKG, 8 KostO).
Lit.: Markl, H./Meyer, D., Gerichtskostengesetz, 5. A. 2003
Gerichtsreferendar →Referendar
Gerichtsschreiber war bis etwa 1923/1927 die Bezeichnung für die
wichtigste Hilfsperson des Richters, an die seit 1909/1921 zunehmend
richterliche Aufgaben übertragen worden waren. →Rechtspfleger,
Urkundsbeamter
Lit.: Dumke, D., Vom Gerichtsschreiber zum Rechtspfleger, 1992 (Diss.); Köbler, G., Lexikon der
europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Gerichtssprache (§ 184 GVG) ist die vom →Gericht verwandte
Sprache, in der das Verfahren durchgeführt wird. Vor deutschen
Gerichten ist die G. deutsch. Allerdings ist, wenn unter Beteiligung
von des Deutschen nicht mächtigen Personen verhandelt wird, ein
Dolmetscher zuzuziehen (§ 185 I 1 BGB).
Lit.: Lüke, G., Die Sprache in Gerichtsurteilen, NJW 1995, 1067
Gerichtsstand (lat. [N.] forum) ist grundsätzlich die örtliche –
teilweise auch die sachliche – →Zuständigkeit eines →Gerichts. Sie
ist für den Zivilprozess insbesondere in den §§ 12ff. ZPO geregelt.
Der allgemeine G. eines Menschen wird grundsätzlich durch den
→Wohnsitz bestimmt (§ 13 ZPO). Ihm geht aber jeder durch Gesetz
als ausschließlicher G. angeordnete G. vor (z. B. § 29a ZPO in Miet-
und Pachtsachen). Dieser kann auch nicht durch eine
Gerichtsstandsvereinbarung (Prorogation) ausgeschlossen werden
(§ 40 II ZPO). Der G. des Vermögens (§ 23 ZPO) gilt europarechtlich
nicht mehr.
Lit.: Brandes, F., Der gemeinsame Gerichtsstand, 1998; Dollinger, C., Gerichtsstände im
Verbraucherkreditgeschäft, 1999
Gerichtstag (§ 500 ZPO a. F.) ist der Tag, an dem Sitzungen des Gerichts stattfinden. In
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten konnten bis 1976 die Parteien beim →Amtsgericht an einem G.
auch ohne Einreichung einer Klage und ohne Ladung zur Verhandlung erscheinen.
Gerichtsverfahren ist das vor und von Gerichten durchgeführte
→Verfahren, das im Einzelnen in den Prozessgesetzen geregelt ist.
Gerichtsverfassung (§§ 1ff. GVG) ist die organisatorische
Gestaltung der →Rechtspflege. Sie betrifft vor allem den Aufbau und
die Zuständigkeit der →Gerichte und anderer Rechtspflegeorgane, die
hauptsächlich in der →Verfassung, im Gerichtsverfassungsgesetz und
in andern Gerichtsordnungen festgelegt sind. Das Recht der G. ist Teil
des öffentlichen Rechts.
Lit.: Schilken, E., Gerichtsverfassungsrecht, 3. A. 2003; Grundfragen der Gerichtsverfassung, hg. v.
Gottwald, P., 1999
Gerichtsverfassungsgesetz ist das die →Gerichtsverfassung
betreffende Gesetz von 1877/1879.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001; Pfeiffer, G.,
Strafprozessordnung, Gerichtsverfassungsgesetz, 5. A. 2003
Gerichtsverwaltung (bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit
Justizverwaltung) ist der die →Gerichte betreffende Teil der
→Verwaltung (z. B. Beschaffung von Grundstücken, Arbeitsmitteln
und Personal für Gerichte). Sachlich ist die G. Verwaltung, wird aber
aus praktischen Überlegungen der rechtsprechenden Gewalt
zugeordnet. →Verwaltungsakte der G. der ordentlichen Gerichte
können nach §§ 23ff. EGGVG angefochten werden.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Gerichtsvollzieher (§ 154 GVG) ist der mit den →Zustellungen,
→Ladungen und →Vollstreckungen zu betrauende →Beamte (in
Deutschland 1996 rund 4000 G.). Der G. ist regelmäßig ein
selbständiger Beamter des mittleren Dienstes mit eigenem Bezirk, der
neben festen →Dienstbezügen →Gebühren und Kosten nach dem
Gerichtsvollzieherkostengesetz erhält. Seine Rechtsstellung ist in
besonderen landesrechtlichen Gerichtsvollzieherordnungen geregelt.
Sein Hauptaufgabengebiet ist die →Zwangsvollstreckung. Hier wird
der G. auf Grund eines sog. Auftrags (d. h. eines ein öffentlichrechtliches Verhältnis begründenden Vollstreckungsantrags) einer
Partei tätig. Einen Verwahrungsvertrag z. B. zur Unterbringung nicht
der Zwangsvollstreckung unterliegender Sachen schließt der G. nicht
in eigenem Namen, sondern in Vertretung des Staats (Fiskus). Seit
1998 ist der G. auch für die Entgegennahme der Versicherungen an
Eides Statt zuständig.
Lit.: Dütz, Der Gerichtsvollzieher, 1973; Schröder-Kay, J./Gerlach, K./Winter, G., Das
Kostenwesen der Gerichtsvollzieher, 11. A. 2002; Winterstein, B., Gerichtsvollzieherkostenrecht,
1995
geringfügig (Adj.) von geringer Bedeutung
geringstes Gebot →Gebot, geringstes
Germane ist der Angehörige einer (zuerst) in Norddeutschland und
(dann in) Südskandinavien am Ende der jüngeren Steinzeit (2. Jt.
v. Chr.?) feststellbaren Gruppe von indogermanischen
Völkerstämmen. Ihr Name erscheint erstmals kurz vor der Zeitwende.
Aus mehreren germanischen Völkerschaften (Franken, Alemannen,
Bayern, Sachsen, Thüringer, Friesen u. a.) entwickeln sich im Laufe
des Frühmittelalters die Deutschen.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Gerüft ist im mittelalterlichen Recht die durch Geschrei erfolgende
Verlautbarung eines – rechtswidrigen – Geschehens (z. B. bei
Vergewaltigung).
Lit.: Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
gesamt (Adj.) gemeinschaftlich, vollständig
Gesamtakt ist das aus parallel gerichteten →Willenserklärungen
mehrerer Personen bestehende →Rechtsgeschäft (z. B. Beschluss der
Mitglieder eines Vereins).
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Gesamtgläubiger (§ 428 BGB) ist einer von mehreren →Gläubigern,
die eine →Leistung in der Weise zu fordern berechtigt sind, dass
jeder die ganze Leistung fordern kann, der →Schuldner aber die
Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist. Da der Schuldner
nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten kann, vermeiden
Gläubiger nach Möglichkeit eine Gesamtgläubigerschaft.
Lit.: Selb, W., Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, 1984
Gesamtgläubigerschaft →Gesamtgläubiger
Gesamtgut (§ 1416 BGB) ist bei dem Güterstand der
→Gütergemeinschaft das aus dem vorehelichen und ehelichen
Vermögen des Manns und dem vorehelichen und ehelichen
Vermögen der Frau gebildete gemeinschaftliche →Vermögen der
Ehegatten. Von ihm ausgenommen sind nur das →Sondergut (§ 1417
BGB) und das →Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB). Das G. ist
gesamthänderisch gebunden (§ 1419 BGB) und kann von jedem der
Ehegatten allein oder von beiden gemeinsam verwaltet werden.
Lit.: Sontheimer, J., Güterstand und Steuerrecht, NJW 2001, 1315
Gesamthand ist eine Mehrheit von Personen, denen ein
→Sondervermögen in besonderer Art und Weise (gesamthänderisch)
zusteht. Die Beteiligten haben weder einen realen (wirklichen) noch
einen ideellen (gedachten) Anteil am Einzelnen
Vermögensgegenstand des Sondervermögens, sondern nur eine
Beteiligung und einen →Auseinandersetzungsanspruch hinsichtlich
des gesamten Sondervermögens. Die G. steht zwischen natürlicher
Person und juristischer Person. Eine G. ist nur möglich als –
nichtrechtsfähige – →Gesellschaft (§§ 705ff. BGB, 105ff. HGB), als
→Gütergemeinschaft (§§ 1415ff. BGB) und als →Erbengemeinschaft
(§§ 2032ff. BGB). Bei der G. kann der Gesamthänder über einen
Anteil an einem Einzelnen Gegenstand, meist auch über einen Anteil
am Gesamthandsvermögen (anders bei der Erbengemeinschaft) nicht
verfügen. Im Zweifel muss er die Auseinandersetzung betreiben.
Lit.: Schünemann, W., Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft, 1975; Ulmer, P., Die
Gesamthandsgesellschaft, AcP 198 (1998), 113
Gesamthandsgemeinschaft →Gesamthand
Gesamthochschule ist die gestufte Studiengänge mit verschiedenen
Abschlüssen anbietende →Hochschule. Sie kann integrierte oder
kooperative G. sein. Sie soll die Bildungschancen des Einzelnen
erhöhen, scheint das Ziel, eine insgesamt erfolgreichere Möglichkeit
zu sein, aber zu verfehlen.
Lit.: Reich, A., Hochschulrahmengesetz, 8. A. 2002
Gesamthypothek (§ 1132 BGB) ist die für eine →Forderung an
mehreren →Grundstücken bestellte oder durch Teilung eines
hypothekarisch belasteten Grundstücks entstehende →Hypothek. Bei
ihr haftet jedes Grundstück für die gesamte Forderung. Wird der
Gläubiger aus einem der Grundstücke befriedigt, werden alle
Grundstücke von der Belastung frei (§ 1181 II BGB).
Gesamtprokura (§ 48 II HGB) ist die an mehrere Personen
gemeinschaftlich erteilte →Prokura. Sie bedeutet eine Beschränkung
der Prokura, weil Gesamtprokuristen nur gemeinschaftlich handeln
können. Sie ist zur →Eintragung in das →Handelsregister
anzumelden (§ 53 I HGB).
Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) ist die Nachfolge in
einen Inbegriff von Vermögensgegenständen ohne einzelne
Übertragungsakte. Sind im →Vermögen →Grundstücke enthalten,
muss folglich nur eine Grundbuchberichtigung vorgenommen
werden. Der wichtigste Fall der G. ist die →Erbfolge, bei der mit dem
Tod des Erblassers sein Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben
übergeht (§ 1922 BGB). Den Gegensatz zu G. bildet die normale
→Sonderrechtsnachfolge (Einzelrechtsnachfolge,
Singularsukzession). Bei ihr sind Einzelübertragungsgeschäfte
erforderlich.
Lit.: Enneccerus/Kipp/Coing, Erbrecht
Gesamtschuld (§ 421 BGB) ist die →Schuld, die mehrere Schuldner
in der Weise schulden, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken
verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung insgesamt nur einmal zu
fordern berechtigt ist. Bei ihr kann der Gläubiger die Leistung nach
seinem Belieben von jedem Schuldner ganz verlangen. Durch die
Leistung des einen Schuldners erlischt die Schuld aller Schuldner
(§ 422 BGB). Im Innenverhältnis besteht bei G. eine gesetzliche
Ausgleichspflicht (§ 426 BGB) unter den Gesamtschuldnern. Die G.
entsteht durch →Gesetz oder →Rechtsgeschäft. Die Regeln über die
G. gelten nicht bei der sog. unechten G. (scheinbaren G., z. B.
Brandstifter und Feuerversicherung), zu deren Abgrenzung von der G.
aber noch kein allgemein anerkanntes gemeinsames Merkmal aller
(echten) G. gefunden worden ist (z. B. Zweckgemeinschaft,
wechselseitige Tilgungswirkung, Gleichstufigkeit der
Verbindlichkeiten).
Lit.: Reinicke, D./Tiedtke, K., Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. A. 1988; Preißer, M.,
Grundfälle zur Gesamtschuld im Privatrecht, JuS 1987, 208; Plänker, K., Der
Gesamtschuldnerausgleich im internationalen Deliktsrecht, 1998; Schwedhelm, U., Das
Gesamtschuldverhältnis, 2003; Stamm, J., Die Gesamtschuld auf dem Vormarsch, NJW 2003,
2940; Stamm, J., Die Bewältigung der „gestörten Gesamtschuld“, NJW 2004, 811
Gesamtschuldner →Gesamtschuld
Gesamtsteuerung ist die umfassende Einflussnahme auf einen
Sachverhalt zu dessen Regelung.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Gesamtstrafe (§§ 53ff. StGB) ist die bei →Tatmehrheit zu
verhängende →Strafe. Die G. ist zu bilden, wenn mehrere Straftaten
gleichzeitig abgeurteilt werden oder wenn ein rechtskräftig
Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt
oder erlassen ist, wegen einer andern Straftat verurteilt wird, die er
vor der früheren →Verurteilung begangen hat. Bei ihr wird die
höchste verwirkte Strafe erhöht, ohne dass die Summe der
→Einzelstrafen erreicht werden darf (Asperationsprinzip).
Lit.: Greil, H., Die nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe nach §§ 55 StGB, 460 StPO, JuS 1994,
690; Wolff, M., Grundfälle zur Gesamtstrafe, JuS 1999, 800
Gesamtvertretung ist die gemeinschaftliche →Stellvertretung einer
Person durch mehrere Vertreter (z. B. beide Eltern als gesetzliche
Vertreter des Kinds). Sie erfordert grundsätzlich gemeinschaftliches
Handeln der mehreren Vertreter, doch kann jeder den andern von
ihnen bevollmächtigen oder sein Handeln genehmigen. Zur
Empfangnahme einer →Willenserklärung ist jeder allein ermächtigt.
Lit.: Kunstreich, T., Gesamtvertretung, 1992 (Diss.)
Gesamtvorsatz ist der →Vorsatz, der sämtliche Teile einer Handlungsreihe als Teilstücke eines
einheitlichen Geschehens so umfasst, dass die einzelnen Teilakte als unselbständige Bestandteile
einer Tat erscheinen. Der G. ist Tatbestandsmerkmal der fortgesetzten →Handlung.
Gesandter im weiteren Sinne ist der diplomatische Vertreter eines
→Staats bei einem andern Staat oder einer internationalen
Organisation. Im engeren Sinn ist G. ein Angehöriger der zweiten der
seit dem 19. Jh. unterschiedenen vier – jetzt drei – Rangklassen der
diplomatischen Vertreter, die sich in →Botschafter und apostolische
Nuntien, Gesandte i. e. S. und apostolische Internuntien
(Ministerresidenten) sowie Geschäftsträger gliedern. Die Botschafter
und Gesandte i. e. S. werden beim Staatsoberhaupt beglaubigt. Die
Bestimmung der Rangklasse seines diplomatischen Vertreters steht
dem Entsendestaat zu. Der Gesandte hat diplomatischen Schutz.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Geschäft ist allgemein die einen bestimmten Zweck verfolgende
Tätigkeit und zwar sowohl die einzelne, evtl. an gewisse
Voraussetzungen geknüpfte Handlung (vgl. Rechtsgeschäft) wie auch
der Inbegriff der Tätigkeit samt den damit verbundenen Substraten
(vgl. Handelsgeschäft, Unternehmen). G. mit dem (oder für den), den
es angeht, ist das →Rechtsgeschäft mit einer zwar nicht selbst
handelnden, aber wirtschaftlich eigentlich betroffenen Person. Es ist
ein Fall der →Stellvertretung, bei der das Vertretungsverhältnis nicht
offenbart wird. Es ist zulässig bei schuldrechtlichen Bargeschäften
des täglichen Lebens und bei Übereignung beweglicher Sachen, bei
denen es dem Veräußerer meist gleichgültig ist, wer erwirbt. Mit
Hilfe dieses Geschäfts treten die Rechtsfolgen nicht beim handelnden
→Vertreter, sondern unmittelbar beim unbekannten →Vertretenen
ein.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
geschäftsähnliche Handlung →Handlung, geschäftsähnliche
Geschäftsanteil (§§ 14 GmbHG, 7 GenG) ist – bei einigen –
→Gesellschaften – der Anteil eines Gesellschafters am
→Gesellschaftsvermögen. Bei der Gesellschaft mit beschränkter
Haftung bestimmt er sich nach der →Stammeinlage und ist
veräußerlich und vererblich. Bei der →Genossenschaft stellt er den
Betrag dar, bis zu dem sich die einzelnen Genossen mit Einlagen
beteiligen können.
Lit.: Schäfer, Der stimmrechtslose Geschäftsanteil, 1997
Geschäftsbedingung, allgemeine (§ 305 BGB) ist die für eine
Vielzahl (mindestens drei) von →Verträgen vorformulierte
Vertragsbedingung, die eine Vertragspartei (Verwender, meist
Unternehmer) der andern Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags
stellt (und die nicht zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen
ausgehandelt ist) (vgl. zum Anwendungsbereich im Einzelnen auch §
310 BGB). Die allgemeinen Geschäftsbedingungen werden nur dann
Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
ausdrücklich oder bei Vorliegen besonderer Umstände durch deutlich
sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist
und der andern Partei die Möglichkeit der Kenntnisnahme in
zumutbarer Weise verschafft und die andere Vertragspartei mit ihrer
Geltung einverstanden ist (§ 305 II BGB). Eine G., die so
ungewöhnlich ist, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihr
nicht zu rechnen brauchte, wird nicht Vertragsbestandteil (§ 305c I
BGB). Zweifel bei der Auslegung einer allgemeinen G. gehen zu
Lasten des Verwenders (§ 305c II BGB). Ist eine allgemeine G. nicht
Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, bleibt der Vertrag im
Übrigen grundsätzlich wirksam und richtet sich insoweit nach den
gesetzlichen Vorschriften (§ 306 BGB). Eine allgemeine G. ist nach §
307 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders
unangemessen benachteiligt (z. B. mit wesentlichen Gedanken der
abgeänderten gesetzlichen Regelungen unvereinbar ist oder die
Erreichung des Vertragszwecks gefährdet). Bestimmte (missbilligte)
Klauseln sind allgemein mit Wertungsmöglichkeit oder ohne
Wertungsmöglichkeit unwirksam (§§ 308f. BGB). Unwirksam sind
z. B. eine Zehnjahreslaufzeitklausel für Unfallversicherungsverträge,
weil sie es dem Verbraucher verwehrt, die Versicherung an
unvorhergesehene Umstände anzupassen, oder die Klauseln im
Versandhandel mit neuen Waren gegenüber Nichtkaufleuten bei
Lieferung gegen Nachnahme übernimmt der Käufer die
Nachnahmekosten oder offensichtliche Mängel sind binnen einer
Woche vorzubringen oder die Klausel, dass der Kunde sein
Einverständnis mit telefonischer Werbung erklärt, oder die Klausel,
dass entwickelte Filme nur gegen Vorlage eines bestimmten
Ausweises zurückgegeben werden, oder die Klausel, dass aus
technischen und betrieblichen Gründen zeitweilige Beschränkungen
und Unterbrechungen des Zugangs zum Bankrechner ohne jede
Haftungsfolge möglich sein sollen. Noch nicht allgemeine
Geschäftsbedingungen sind Standardformulierungen eines Notars, die
dieser in eine Vielzahl individueller Verträge aufgenommen hat. Die
individuelle Vertragsabrede hat den Vorrang vor der allgemeinen G.
(§ 305b BGBG).
Lit.: Ulmer, P./Brandner, H./Hensen, H. u. a., AGB-Gesetz, 9. A. 2001; Locher, H., Das Recht der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 3. A. 1997; Westphalen, F. Graf v., Allgemeine
Verkaufsbedingungen, 3. A. 1999; Niebling, J., Allgemeine Geschäftsbedingungen, 5. A. 2002;
Schraub, R., Das AGB-Gesetz in der Fallbearbeitung, JuS 2000, 555; Maidl, J., Ausländische AGB
im deutschen Recht, 2000; Niebling, J., Allgemeine Geschäftsbedingungen von A-Z, 4. A. 2000;
Westphalen, F. Graf v., AGB-Recht ins BGB, NJW 2002, 12; Westphalen, F. Graf. v., Die
Entwicklung des AGB-Rechts, NJW 2002, 1688; Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke (Lbl.), hg.
v. Westphalen, F. Graf v., 13. A. 2003; Stoffels, M., AGB-Recht, 2003; Westphalen, F. Graf v.,
AGB-Recht im Jahr 2002, NJW 2003, 1635
Geschäftsbericht (§ 160 AktG) ist der inhaltlich gesetzlich
vorgeschriebene periodische Bericht über den Geschäftsverlauf und
die Lage der →Gesellschaft (Lagebericht).
Geschäftsbesorgung (z. B. §§ 662, 675 BGB) ist die Ausführung
einer Tätigkeit für einen andern. Die Tätigkeit kann
rechtsgeschäftlicher Natur (z. B. Vertragsschluss) oder rein
tatsächlicher Natur (z. B. Mauerbau) sein. Sie kann im Rahmen eines
entgeltlichen Rechtsgeschäfts (z. B. Werkvertrag) oder eines
unentgeltlichen →Rechtsgeschäfts (z. B. Auftrag) oder ohne bereits
vorliegendes →Rechtsverhältnis (Geschäftsführung ohne Auftrag)
ausgeführt werden. Im Rahmen eines →Geschäftsbesorgungsvertrags
wird der Begriff der G. in einem engeren Sinn verstanden.
Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) ist ein →Dienstvertrag
oder →Werkvertrag, der eine →Geschäftsbesorgung zum Gegenstand
hat. Die Geschäftsbesorgung erfordert eine Verpflichtung zu einer
selbständigen Tätigkeit wirtschaftlicher Art in fremdem Interesse
gegen Entgelt (z. B. Bankvertrag, Vermögensverwaltung,
Rechtsanwalt). Für einen G. gilt – auch bei Entgeltlichkeit –
weitgehend das Recht des →Auftrags. Ein eine Rechtsbesorgung
betreffender G. kommt ihm Zweifel nur mit den Rechtsanwälten,
nicht auch mit den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern einer aus
Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern
zusammengesetzten Sozietät zustande.
Lit.: Isele, H., Geschäftsbesorgung, 1935
Geschäftsbetrieb (§ 1 II HGB) ist die äußerliche Organisation eines
→Kaufmanns, mit deren Hilfe er seine Geschäfte betreibt.
Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, mit rechtlicher Wirkung durch
eigene Handlung →Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Die G. ist ein
Unterfall der →Handlungsfähigkeit. Sie steht grundsätzlich jedem
volljährigen Menschen unbeschränkt zu. Sie wird durch
→Geschäftsunfähigkeit ausgeschlossen (§ 104 BGB). Beschränkte G.
ist die nach Maßgabe der §§ 107-113 BGB eingeschränkte G. Bei ihr
bedarf der Handelnde zu einer →Willenserklärung, durch die er nicht
lediglich einen rechtlichen (nicht: wirtschaftlichen) Vorteil erlangt
(z. B. Kaufvertrag, anders Einigung über Eigentumserwerb), der
→Einwilligung (vorherigen Zustimmung) seines gesetzlichen
→Vertreters. Ein ohne Einwilligung geschlossener →Vertrag, der
nicht mit dazu überlassenen Mitteln erfüllt worden ist, ist bis zur
Genehmigung (nachträglichen Zustimmung) durch den gesetzlichen
Vertreter (schwebend und nach Verweigerung der Genehmigung
endgültig) unwirksam, ein ohne Einwilligung vorgenommenes
einseitiges →Rechtsgeschäft ist überhaupt unwirksam. Beschränkte
G. kommt →Minderjährigen, die das 7. Lebensjahr vollendet haben,
zu. Die Regeln über die beschränkte G. sind zwingende
Schutzvorschriften. Teilweise G. ist die in §§ 112, 113 BGB geregelte
G. (Handelsmündigkeit, Arbeitsmündigkeit).
Lit.: Müller, G., Betreuung und Geschäftsfähigkeit, 1998; Kulke, U., Probleme der beschränkten
Geschäftsfähigkeit, JuS 2000, L 81; Czeguhn, I., Geschäftsfähigkeit, 2003
Geschäftsführer ist allgemein der tatsächliche Leiter oder Führer
eines Unternehmens oder Verbands. Im Gesellschaftsrecht ist G. ein
Organ der →Gesellschaft mit beschränkter Haftung und im
Schuldrecht der Handelnde bei der →Geschäftsführung ohne Auftrag.
G. einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann nur sein, wer
jederzeit in das zugehörige territoriale Rechtsgebiet einreisen darf.
Lit.: Jaeger, G., Der Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers, 4. A. 2001; Hoffmann,
D./Liebs, R., Der GmbH-Geschäftsführer, 2. A. 2000; Heubeck, K., Die Alterversorgung der
Geschäftsführer, 4. A. 1998; Schmidt, A., GmbH-Geschäftsführertaschenbuch, 1999; Evers,
H./Grätz, F./Näser, C., Die Gehaltsfestsetzung bei GmbH-Geschäftsführern, 5. A. 2001;
Spönemann, M., Checkbuch Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, 2001
Geschäftsführung ist die Führung eines oder mehrerer Geschäfte
insbesondere für einen oder mehrere andere. →Geschäftsführer,
→Geschäftsführung ohne Auftrag
Lit.: Metz, E., Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, 6. A. 1997
Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677ff. BGB) ist das
gesetzliche, unvollkommen zweiseitige →Schuldverhältnis, das
dadurch entsteht, dass eine Person (Geschäftsführer – ohne Auftrag –)
ein Geschäft für einen andern (Geschäftsherrn) besorgt, obwohl
zwischen ihnen noch kein →Rechtsverhältnis (z. B. Vertrag,
Amtsstellung) besteht. Der Geschäftsführer hat das Geschäft so zu
führen, wie das →Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf
dessen wirklichen oder mutmaßlichen →Willen es erfordert, hat die
Übernahme anzuzeigen und hat (§§ 681 S. 2, 667 BGB) das Erlangte
herauszugeben. Der Geschäftsherr hat ihm unter besonderen weiteren
Voraussetzungen die Aufwendungen zu erstatten (§§ 683 S. 1, 670
BGB). Die G. ist unberechtigt, wenn die Besorgung des Geschäfts in
Widerspruch mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen, ohne die
Voraussetzungen des § 679 BGB oder ohne die Genehmigung durch
den Geschäftsherrn erfolgt. Dann kann der Geschäftsführer
Herausgabe des Erlangten (§ 684 S. 1 BGB) und der Geschäftsherr
Schadensersatz (§ 678 BGB) verlangen. Keine G. ist die unerlaubte
Eigengeschäftsführung oder die irrtümliche →Eigengeschäftsführung
(§ 687 BGB).
Lit.: Nedden, C., Die Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht, 1994; Martinek,
M./Theobald, U., Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612;
Bamberger, C., Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung im öffentlichen Recht, JuS 1998, 706
Geschäftsgeheimnis ist das dem Inhaber eines Unternehmens und
seinen Arbeitnehmern bekannte besondere geschäftliche Wissen. Der
Verrat eines Geschäftsgeheimnisses ist strafbar (§ 17 UWG,
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe). Die Verletzung des
Geschäftsgeheimnisses kann Schadensersatzansprüche begründen.
Geschäftsgrundlage ist die Gesamtheit der Vorstellungen und
Erwartungen von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt
bestimmter Umstände, von denen sich die Parteien beim Abschluss
eines →Rechtsgeschäfts haben leiten lassen (subjektive G.) bzw. die
Gesamtheit der sonstigen objektiven Verhältnisse (objektive G.).
Haben sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden
sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die
Parteien den Vertrag nicht oder mit anderm Inhalt geschlossen, wenn
sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, oder stellen sich
wesentliche, zur Grundlage des Vertrags gewordene Vorstellungen als
falsch heraus, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden,
soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen
Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht
zugemutet werden kann, oder kann, wenn Anpassung des Vertrags
nicht möglich oder nicht zumutbar ist, der benachteiligte Teil vom
Vertrag zurücktreten und bei Dauerschuldverhältnissen kündigen (§
313 BGB).
Lit.: Oertmann, P., Die Geschäftsgrundlage, 1921; Larenz, K., Geschäftsgrundlage und
Vertragserfüllung, 3. A. 1963
Geschäftsguthaben ist der sich in seiner Obergrenze aus dem
→Geschäftsanteil ergebende Geldbetrag, mit dem ein →Genosse an
einer Genossenschaft tatsächlich beteiligt ist.
Lit.: Glenk, H., Die eingetragene Genossenschaft, 1996
Geschäftsherr ist die ein Geschäft verantwortlich durchführende
Person.
Geschäftsherrnpflichtverletzung (§ 831 BGB, Haftung für
→Verrichtungsgehilfen) ist das gesetzliche →Schuldverhältnis, auf
Grund dessen der Geschäftsherr den von seinem Verrichtungsgehilfen
verursachten →Schaden eines Dritten zu ersetzen hat. Die G. ist eine
unerlaubte →Handlung. Sie setzt voraus, dass jemand als
Geschäftsherr einen Verrichtungsgehilfen bestellt hat, dass dieser
durch rechtswidrige (nicht [notwendig] schuldhafte) Handlung einen
Dritten geschädigt hat, dass dies in Ausführung der Verrichtung
geschehen ist und dass der Geschäftsherr nicht die Vermutung
entkräften kann, bei der Auswahl der bestellten Person und bei der
eventuellen Beschaffung von Vorrichtungen oder Gerätschaften oder
Leitung der Ausführung der Verrichtung eine Pflicht schuldhaft
verletzt zu haben. Sie begründet also eine
Schadensersatzverpflichtung bzw. eine Haftung des Geschäftsherrn
aus vermutetem →Verschulden, die nur durch →Exkulpation
(Entlastung) ausgeschlossen werden kann.
Lit.: Kupisch, B., Die Haftung für Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB), JuS 1984, 250
Geschäftsjahr (§ 242 HGB) ist der Zeitabschnitt, für den der
Unternehmer die →Bilanz (Jahresbilanz) aufstellt. Es fällt mit dem
Kalenderjahr nicht notwendig zusammen. Es darf 12 Monate nicht
überschreiten, wohl aber unterschreiten.
Geschäftsmäßigkeit (§ 1 RBerG) ist die gegebenenfalls
strafbegründende Qualifikation einer Handlung, die voraussetzt, dass
der Täter bei der Tat die Absicht hat, die Wiederholung gleichartiger
Taten zu einem dauernden oder mindestens wiederkehrenden
Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen.
Lit.: Schönke/Schröder, StGB
Geschäftsordnung ist die Gesamtheit der Regeln, nach denen
bestimmte Personenmehrheiten bei der Durchführung ihrer
→Geschäfte verfahren. Sie wird meist von den Betroffenen selbst
aufgestellt. Bedeutsam ist insbesondere im Verfassungsrecht die G.
des →Parlaments (GeschOBT für den Bundestag). Im
Verwaltungsrecht kann eine G. als →Verwaltungsvorschrift für
nachgeordnete Behörden erlassen werden (str.).
Lit.: Roll, H., Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, 2001
Geschäftsraum ist der geschäftlichen Zwecken dienende Raum (z. B.
Büro, Werkstatt, Laden).
Geschäftsraummiete ist die →Miete von geschäftlichen Zwecken
dienenden Räumen. →Gewerberaummietrecht
Lit.: Bub, W./Treier, G., Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. A. 1999; Schultz, M.,
Gewerberaummiete, 2. A. 1999
Geschäftsstelle ist allgemein der Ort, der einer Organisation für den
Verkehr mit ihren Mitgliedern oder Dritten dient. Im Verfahrensrecht
(§ 153 GVG) ist eine G. zur Erledigung der nicht von →Richtern oder
→Rechtspflegern wahrgenommenen Aufgaben bei jedem →Gericht
und jeder →Staatsanwaltschaft einzurichten und mit der
erforderlichen Zahl von →Urkundsbeamten zu besetzen (früher
Gerichtsschreiberei). Die wichtigsten Tätigkeitsbereiche sind
Verwaltung des Schriftguts und Mitwirkung bei →Ladungen und
→Zustellungen.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Geschäftsträger ist der Angehörige der untersten Rangklasse der
diplomatischen Vertreter (→Gesandten).
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Geschäftsunfähigkeit (§ 104 BGB) ist die Unfähigkeit, mit
rechtlicher Wirkung durch eigene Handlung →Rechtsgeschäfte
vorzunehmen. Geschäftsunfähig ist, wer nicht das siebente
Lebensjahr vollendet hat und wer sich in einem seiner Natur nach
nicht nur vorübergehenden, die freie Willensbestimmung
ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit
befindet (bis 31. 12. 1991 auch wer wegen →Geisteskrankheit
entmündigt war). Die →Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen
ist →nichtig (§ 105 BGB, zwingende Schutzvorschrift), doch können
nach § 105a BGB volljährige Geschäftsunfähige Geschäfte des
täglichen Lebens in Ansehung von Leistung und Gegenleistung
wirksam vornehmen.
Lit.: Knieper, J., Geschäfte von Geschäftsunfähigen, 1999; Casper, M., Geschäfte des täglichen
Lebens, NJW 2002, 3425; Czeguhn, i., Geschäftsfähigkeit, 2003
Geschäftsverteilung ist die Verteilung der Dienstaufgaben innerhalb
einer →Behörde auf die verschiedenen Ämter und die verschiedenen
Amtswalter. Im Bereich der Gerichtsverwaltung sichert die G. das
Recht auf den gesetzlichen →Richter (vgl. Art. 101 I GG). Sie erfolgt
teils hierarchisch, teils kollegial (vgl. § 21g GVG).
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001; Marquardt, M.,
Die Rechtsnatur präsidialer Geschäftsverteilungspläne, 1998
Geschäftswert (§ 18 KostO) ist der die Bestandteile eines
Unternehmens übersteigende Gesamtwert des →Unternehmens.
→Kostenordnung
Geschäftswille ist der Wille, mit einer Erklärung eine bestimmte
Rechtsfolge herbeizuführen. →Willenserklärung
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Geschmacksmuster (§ 1 GeschmMG) ist das ästhetisch wirkende,
gewerbliche Muster (flächig, z. T. Tapetenmuster) oder Modell
(räumlich, z. B. Geschirr), das, wenn es neues und eigentümliches
Erzeugnis ist, durch Gesetz zugunsten des →Urhebers besonders
geschützt ist. Der Urheber hat das ausschließliche Recht der freien
Nachbildung und Verbreitung. Der Schutz umfasst bis zu 3 (evtl. 15)
Jahre vom Tag der Anmeldung zur Eintragung in das Musterregister
an. Zum 6. 3. 2002 ist die europäische Verordnung über das
Gemeinschaftsgeschmacksmuster in Kraft getreten.
Lit.: Eichmann, H./Falckenstein, R., Geschmacksmustergesetz, 2. A. 1997; Nirk/Kurtze,
Geschmacksmustergesetz, 2. A. 1997; Gerstenberg/Buddeberg, Geschmacksmustergesetz, 3. A.
1996; Kahlenberg, S., Ein europäisches Geschmacksmusterrecht, 1997
Geschworener ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen Recht, wer
unter Ablegung eines Schwurs ein besonderes Amt (der Rechtspflege)
übernommen hat (z. B. ehrenamtlicher Richter am Schwurgericht).
→Schöffe
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 2
Geselle (Saalgenosse) ist der →Handwerker, der die nach einer
Lehrzeit abzulegende Gesellenprüfung bestanden hat.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Gesellschaft ist im Privatrecht die Vereinigung mehrerer Personen
und bei Kapitalgesellschaften mindestens einer Person
(→Einmanngesellschaft) durch →Rechtsgeschäft zur Erreichung
eines gemeinsamen →Zwecks. Sie kann →rechtsfähig sein
(→Verein, z. B. Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter
Haftung) oder nichtrechtsfähig (G. des bürgerlichen Rechts, offene
Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft). Bei ihr kann die
persönliche Beteiligung (→Personengesellschaft) oder der
kapitalmäßige Anteil (→Kapitalgesellschaft) im Vordergrund stehen.
Geregelt ist die G. im Bürgerlichen Gesetzbuch, im
Handelsgesetzbuch und in Sondergesetzen. Die wichtigsten
Gesellschaften sind die G. des bürgerlichen Rechts (einschließlich der
→stillen Gesellschaft), die offene →Handelsgesellschaft, die
→Kommanditgesellschaft, die G. mit beschränkter Haftung, die
→Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die
→Genossenschaft, die →Reederei, und der →Versicherungsverein
auf Gegenseitigkeit. Fehlerhafte G. ist die G., die fehlerhaft
entstanden, geändert oder aufgelöst worden ist. Für sie gelten die
allgemeinen Vorschriften über die Folgen von Vertragsmängeln
grundsätzlich nur für die Zukunft (ex nunc, anders aber bei Mängeln
der Willenserklärungen einer nicht unbeschränkt geschäftsfähigen
Person). Die bloß faktische G., bei der ein Gesellschaftsvertrag nicht
abgeschlossen worden ist, ist keine G.
Lit.: Klunzinger, E., Grundzüge des Gesellschaftsrechts, 12. A. 2002; Unternehmenshandbuch
Familiengesellschaften, hg. v. Hennerkes, B. u. a., 2. A. 1998; Maul, S., Die faktisch abhängige SE
(Societas Europaea), 1998; Brönner, H., Die Besteuerung der Gesellschaften, 17. A. 1999; Neue
Wege in die europäische Privatgesellschaft, hg. v. Hommelhoff, P. u. a., 2001
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB) ist die im
Bürgerlichen Gesetzbuch geregelte Grundform der nichtrechtsfähigen
Gesellschaft (Personengesellschaft) (str.). Die G. d. b. R. entsteht
durch formlos mögliches →Rechtsgeschäft (Gesellschaftsvertrag)
zwischen mindestens zwei Personen, die sich zur Erreichung eines
bestimmten Zwecks zusammenschließen. Sie ist als →Gesamthand
mit unbeschränkter →Haftung organisiert, so dass durch die
Aufnahme der Wendung mit beschränkter Haftung in den Namen der
G. d. b. R. oder durch Beschränkung der Haftung in allgemeinen
Geschäftsbedingungen eine Haftungsbeschränkung auf das
Gesellschaftsvermögen nicht erreicht werden kann, vielmehr eine
besondere Haftungsbeschränkungsvereinbarung im Einzelfall
erforderlich bleibt. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs
vom 29. 1. 2001 hat eine (Außen-) G. d. b. R. Rechtsfähigkeit, soweit
sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten
begründet und kann eine G. d. b. R. unter ihrem Namen klagen und
verklagt werden, so dass eine Klage gegen einen Gesellschafter nur
noch erforderlich ist, wenn auch in dessen Privatvermögen vollstreckt
werden soll. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Deutschlands vom 2. 10. 2002 ist eine G. d. b. R. für Art. 14, 101 I 2
und 103 I GG grundrechtsfähig. →Geschäftsführung und
→Vertretung stehen im Zweifel allen Gesellschaftern gemeinsam zu.
Die G. d. b. R. endet u. a. durch Vereinbarung oder durch
Übertragung aller Mitgliedschaftsrechte auf einen einzigen Erwerber,
während sie bei Ausscheiden eines Gesellschafters im Regelfall
fortgeführt wird. Der →Auflösung folgt eine Abwicklung. Ihr Name
kann fortgeführt werden. Die G. d. b. R. kann reine Innengesellschaft
sein (z. B. →stille Gesellschaft). Sie kann im Grundbuch nicht ohne
Angabe der einzelnen Gesellschafter eingetragen werden, wohl aber
unter ihrer im Rechtsverkehr verwendeten Sammelbezeichnung einen
Scheck oder Wechsel ausstellen (vgl. BGH NJW 1997, 2755). Sie
kann Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, einer
Handelsgesellschaft oder einer Genossenschaft sein. Die
Gesellschafter haften für Schulden der Gesellschaft entsprechend §
128 HGB. Die G. d. b. R. kann als solche Bauherrin sein.
Lit.: Brönner, H., Die Besteuerung der Gesellschaften, 17. A. 1999;5, Kübler, F.,
Gesellschaftsrecht, 5. A. 2001; Langenfeld, G., Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, 6. A.
2003; Tzschaschel, H., Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 10. A. 2002; Ulmer, P., Gesellschaft
bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft, 4. A. 2004; Katterbe, B., Die BGB-Gesellschaft
im Steuerrecht, 2. A. 1999; Terlau, M., Das internationale Privatrecht der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts, 1999; Eickhoff, A., GbR-Verträge, 1999; Giefers, H./Ott, H., Die Gesellschaft bürgerlichen
Rechts, 4. A. 2000; Weber, R., Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, JuS 2000, 313; Schmidt, K.,
Die BGB-Außengesellschaft, NJW 2001, 993; Lang, V., Die BGB-Gesellschaft, 2000; Waldner,
W./Wölfel, E., GbR, OHG, KG, 6. A. 2004; Wertenbruch, J., Die Parteifähigkeit der GbR, NJW
2002, 324; Ulmer, P./Steffek, F., Grundbuchfähigkeit einer rechts- und parteifähigen GbR, NJW
2002, 330; Nagel, R., Grundeigentum und Grundbucheintragung der GbR, NJW 2003, 1646
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist die im Gesetz
über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung geregelte rechtsfähige
Gesellschaft (Kapitalgesellschaft, 1997 500 000 in Deutschland, 2001
nahezu eine Million) mit beschränkter Haftung (der Gesellschafter,
aber unbeschränkter Haftung der Gesellschaft selbst). Die G. m. b. H.
(GmbH) erfordert mindestens einen Gesellschafter
(→Einmanngesellschaft), ein →Stammkapital von mindestens 25000
Euro (§ 5 GmbHG) und entsteht mit der →Eintragung im
→Handelsregister. Die nach dem Recht eines Mitgliedstaats der
Europäischen Union wirksam gegründete G. m. b. H. ist auf Grund
der Art. 52, 56 EGV in allen Mitgliedstaaten ohne Weiteres
anzuerkennen, auch wenn sich die Beziehung zum Gründungsstaat im
Gründungsvorgang, der womöglich im Gründungsstaat besonders
einfach ist, erschöpft. Die G. m. b. H. gilt stets als
→Handelsgesellschaft (§ 13 III GmbHG, Formkaufmann). Ihre
Organe sind →Geschäftsführer (, Aufsichtsrat) und
Gesellschafterversammlung. Die Firma der G. m. b. H. muss die
Bezeichnung Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder eine
allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten (§ 4
GmbH). Hält ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer G. m. b. H. in
maßgeblichem Umfang Anteile an mehreren Gesellschaften mit
beschränkter Haftung, so droht ihm die unbeschränkte persönliche
Haftung für alle Verbindlichkeiten. Gesellschafter, Geschäftsführer,
Prokurist und Handlungsbevollmächtigter einer Anwaltsgesellschaft
mit beschränkter Haftung (in Deutschland 1999 rund 40, 2003 159)
darf nur ein Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater,
Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter
Buchprüfer sein. Gesichert werden muss, dass Rechtsanwälte die
Mehrheit der Gesellschafter und Geschäftsführer stellen. Die
Mindesthaftpflichtversicherungssumme dieser Gesellschaft muss
2500000 Euro betragen. Zugelassen wird die Anwalts-GmbH von der
örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer. Im Streit um die
Parteifähigkeit oder Prozessfähigkeit einer G. m. b. H. gilt die G. m.
b. H. bis zur Klärung der Frage als parteifähig und prozessfähig. Die
G. m. b. H. wird hauptsächlich durch Zeitablauf, Beschluss der
Gesellschafter, gerichtliches Urteil oder Eröffnung eines
Insolvenzverfahrens aufgelöst (§ 60 GmbhG). Bei bloßer
Vermögenslosigkeit ist sie nicht zwangsläufig zu löschen.
Lit.: Aktiengesetz, GmbH-Gesetz, 35. A. 2003; Roth, G./Altmeppen, H., GmbH-Gesetz, 4. A. 2003;
Sudhoff, H., GmbH & Co. KG, 5. A. 2000; Rowedder, H./Schmitt-Leithoff, C., GmbHG, 4. A. 2002;
Baumbach, A./Hueck, G., GmbH-Gesetz, 17. A. 2001; Lutter, M./Hommelhoff, P., GmbH-Gesetz,
15. A. 2000; Scholz, GmbH-Gesetz, 9. A. 2000; Goette, W., Die GmbH, 2. A. 2002; Bartl, H. u. a.,
Heidelberger Kommentar zum GmbH-Recht, 5. A. 2002; Die GmbH in Europa, hg. v. Herberstein,
G., 1998; Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 9. A. 2003; Tillmann, G., GmbH-Praktikum, 3. A.
1999; Waldner, W./Wölfel, E., So gründe und führe ich eine GmbH, 7. A. 2003; Balser,
H./Bokelmann, G./Piorreck, K., Die GmbH, 12. A. 2000; Priester, H., Vertragsgestaltung bei der
GmbH & Co, 3. A. 2000; Reichert, J./Harbarth, S., Der GmbH-Vertrag, 3. A. 2001; Lutz, R., Der
GmbH-Gesellschafterstreit, 2001; Beck’sches Handbuch der GmbH, hg. v. Müller, W. u. a., 3. A.
2002; Bartl, H./Fichtelmann, H./Schlarb, E./Schulze, H., GmbH-Recht, 5. A. 2002; GmbHG, hg. v.
Michalski, L., 2002; Münchener Anwaltshandbuch GmbH-Recht, hg. v. Römermann, V., 2002;
Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 1ff., hg. v. Riegger, P. u. a., 2. A. 2003ff.;
Altmeppen, H., Die Einflussrechte der Gemeindeorgane in einer kommunalen GmbH, NJW 2003,
2561
Gesellschaft, stille →stille Gesellschaft
Gesellschafter ist der →Teilhaber (Mitglied) einer →Gesellschaft,
der auf Grund des Gesellschaftsvertrags Rechte (Verwaltungsrechte,
Vermögensrechte) und Pflichten (Beitragspflicht, Treupflicht)
gegenüber der Gesellschaft hat. Ein G. kann Organ der Gesellschaft
sein. Ein G. kann auch Arbeitnehmer der Gesellschaft sein.
Lit.: Spitaler, A./Niemann, U., Die Angemessenheit der Bezüge geschäftsführender Gesellschafter,
7. A. 1999; Barnert, T., Die Gesellschafterklage, 2004
Gesellschafterbeschluss ist der →Beschluss der Gesellschafter einer
→Gesellschaft. Nach § 709 I BGB ist bei der Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts für jedes Geschäft grundsätzlich die Zustimmung
aller →Gesellschafter erforderlich. Die Befugnis zur Geltendmachung
der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses kann verwirkt
werden.
Lit.: Eickhoff, A., Die Praxis der Gesellschafterversammlung bei GmbH & Co. KG, 2001
Gesellschaftsanteil ist der Anteil eines Gesellschafters an einer
→Gesellschaft.
Lit.: Huber, H., Vermögensanteil, Kapitalanteil und Geschäftsanteil, 1970
Gesellschaftsrecht ist das Recht der →Gesellschaft(en des
Privatrechts). Das G. ist ein Teil des bürgerlichen Rechts und des
→Handelsrechts und zerfällt in das Recht der einzelnen
Gesellschaften. Deren Recht ist teilweise im Bürgerlichen Gesetzbuch
und im Handelsgesetzbuch, teilweise aber auch in besonderen
Gesetzen geregelt (z. B. Aktiengesetz, Gesetz betreffend die
Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsgesetz).
Lit.: Gesellschaftsrecht, 6. A. 2004; Kübler, F., Gesellschaftsrecht, 5. A. 1999; Schmidt, K.,
Gesellschaftsrecht, 3. A. 1997; Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 1ff. 1988ff., 2.
A. 1999ff.; Klunzinger, E., Grundzüge des Gesellschaftsrechts, 12. A. 2002; Grunewald, B.,
Gesellschaftsrecht, 5. A. 2002; Hüffer, U., Gesellschaftsrecht, 6. A. 2003; Kraft, A./Kreutz, P.,
Gesellschaftsrecht, 12. A. 2004; Alpmann, J., Gesellschaftsrecht, 11. A. 2001; Habermeier, S.,
Grundfragen des Gesellschaftsrechts, JuS 1998, 865; Habersack, M., Europäisches
Gesellschaftsrecht, 2. A. 2003; Internationales Gesellschaftsrecht, bearb. v. Großfeld, B., 13. A.
1998 (Staudinger); Schwarz, G., Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000; Nagel, B., Deutsches und
europäisches Gesellschaftsrecht, 2000; Casebook europäisches Gesellschafts- und
Unternehmensrecht, hg. v. Saenger, I., 2002; Wiedemann, H./Frey, K., Gesellschaftsrecht, 6. A.
2002 (Prüfe dein Wissen); Hueck, G./Windbichler, C., Gesellschaftsrecht, 20. A. 2003; Eisenhardt,
U., Gesellschaftsrecht, 11. A. 2003
Gesellschaftsschuld ist die →Schuld einer →Gesellschaft. Zu ihrer
Erfüllung steht das →Gesellschaftsvermögen zur Verfügung.
Daneben haften bei den nicht rechtsfähigen Gesellschaften auch die
Gesellschafter (§§ 427, 431 BGB, 128, 161 II HGB).
Gesellschaftsvermögen (z. B. § 718 BGB) ist das →Vermögen der
→Gesellschaft. Das G. entsteht durch Leistung der
Gesellschafterbeiträge und Erwerb von Gegenständen durch die
→Geschäftsführung für die Gesellschaft. Bei der Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts, der offenen Handelsgesellschaft und der
Kommanditgesellschaft ist das G. vom Vermögen der Gesellschafter
getrenntes, gesamthänderisch gebundenes →Sondervermögen. Es
wird bei der Abwicklung oder →Liquidation durch
Auseinandersetzung aufgeteilt. Zur →Zwangsvollstreckung in das G.
einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ist seit einer Entscheidung
des Bundesgerichtshofs vom 29. 1. 2001 ein →Vollstreckungstitel
gegen alle Gesellschafter nicht mehr erforderlich (§ 736 ZPO), weil
die Gesellschaft unter ihrem Namen klagen und verklagt werden
kann.
Lit.: Müller-Christmann, B. u. a., Durchblick, JuS 1998, 1080
Gesellschaftsvertrag (z. B. § 705 BGB) ist der zum Zweck der
Gründung einer →Gesellschaft unter den Gesellschaftern
abgeschlossene →Vertrag. Er ist ein schuldrechtlicher, grundsätzlich
auch gegenseitiger (str.) Vertrag. Er bedarf als solcher keiner
besonderen →Form (anders bei Einbringung von Grundstücken und
bei rechtsfähigen Gesellschaften). Mängel des Vertrags sind vielfach
nur für die Zukunft zu beachten (fehlerhafte →Gesellschaft).
Lit.: Peter, K./Crezelius, G., Gesellschaftsverträge und Unternehmensreformen, 6. A. 1995;
Sommer, M., Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co KG, 2. A. 1997; Hey, F., Freie Gestaltung
in Gesellschaftsverträgen, 2004
Gesetz ist im materiellen Sinn jede abstrakte und generelle (auf
hoheitlicher Anordnung beruhende) →Regelung (z. B. die meisten
[formellen] Gesetze, die Rechtsverordnungen, die Satzungen) und im
formellen Sinn jeder vom →Parlament (Bundestag, Landtag) im
besonderen →Gesetzgebungsverfahren verabschiedete Beschluss
(z. B. auch Haushaltsgesetz). Das G. ist eine Rechtsquelle. Es kann
entweder →Bundesgesetz oder →Landesgesetz sein sowie
→Einspruchsgesetz (ungefähr 50% der Bundesgesetze) oder
→Zustimmungsgesetz. Möglich ist ein Blankettgesetz (d. h. ein noch
ausfüllungsbedürftiges Gesetz). Allgemeine Gesetze im Sinne des
Art. 5 II GG sind Gesetze, die sich nicht gegen die
→Meinungsfreiheit als solche richten, sondern den Kreis des
erlaubten Verhaltens unabhängig von der Meinungsbildung abstecken
und dabei nur nebenbei auch die Meinungsfreiheit berühren.
Lit.: Starck, C., Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, 1970; Das missglückte Gesetz, hg. v.
Diederichsen, U., 1997; Lücke, J., Die allgemeinen Gesetze, 1998
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen →Kartellgesetz, →Wettbewerbsbeschränkung
Lit.: Bechtold, R., GWB. Kartellgesetz, 3. A. 2002
Gesetzblatt (vgl. Art. 82 GG) ist das amtliche Druckwerk, in dem
→Gesetze (und →Rechtsverordnungen) zu verkünden sind (z. B.
Bundesgesetzblatt).
Gesetzbuch ist das umfangreiche Gesetz (z. B. Bürgerliches
Gesetzbuch, Handelsgesetzbuch, Strafgesetzbuch, Sozialgesetzbuch,
Baugesetzbuch, Zivilgesetzbuch). →code, →codex
Gesetzesanalogie ist die an eine einzelne Bestimmung eines Gesetzes
geknüpfte →Analogie (z. B. Anwendung des § 31 BGB auf den
nichtrechtsfähigen Verein, Verbindlichkeit der staatlich genehmigten
Wette analog § 763 BGB). Sie ist ein Fall der Analogie. Innerhalb der
Analogie steht die G. im Gegensatz zur →Rechtsanalogie.
Lit.: Zippelius, R., Methodenlehre, 8. A. 2003
Gesetzeseinheit (Gesetzeskonkurrenz) ist der Fall der unechten
→Konkurrenz. Zwar sind dem Gesetzeswortlaut nach mehrere
Straftatbestände erfüllt, doch verdrängt das in erster Linie
anzuwendende →Gesetz die übrigen Gesetze bzw. Tatbestände (z. B.
räuberischer Diebstahl verdrängt Diebstahl, dagegen verdrängt
versuchter Raub mit Todesfolge nicht vollendete Körperverletzung
mit Todesfolge). Im Einzelnen kann dabei →Spezialität,
→Subsidiarität oder →Konsumtion vorliegen.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil
gesetzesfreie Verwaltung →Verwaltung, gesetzesfreie
Gesetzesinitiative ist die Initiative von Gesetzen durch Einbringung
von Gesetzesvorlagen im →Parlament. Nach Art. 76 I GG haben die
→Bundesregierung, die Mitglieder des →Bundestags und der
→Bundesrat das Recht zur G. für →Bundesgesetze. Am häufigsten
geht in der Rechtswirklichkeit die G. von der Bundesregierung aus.
Gesetzeskonkurrenz →Gesetzeseinheit
Gesetzeskraft (Art. 82 GG) ist die Verbindlichkeit einer Regel als
→Gesetz. Ein Gesetz erlangt G. an dem von den
Gesetzgebungsorganen festgesetzten Tag. Fehlt eine besondere
Bestimmung, so tritt jedes Gesetz (und jede Rechtsverordnung) mit
dem 14. Tage nach Ablauf des Tags in Kraft, an dem das betreffende
→Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist.
Gesetzespositivismus ist das Festhalten am (Wortlaut des) Gesetz(es)
als einziger Richtschnur. Der G. leugnet jegliche übergesetzlichen
Werte. Ihm garantiert das formell ordnungsmäßig zustande
gekommene Gesetz als solches die →Gerechtigkeit.
Gesetzesrecht ist das durch →Gesetz geschaffene Recht. Es steht im
Gegensatz zum →Gewohnheitsrecht und zum →Fallrecht
(Richterrecht). Es ist in Deutschland der wichtigste Teil des Rechts.
Gesetzessammlung ist die Sammlung von →Gesetzen. Sie kann
privat oder amtlich betrieben sein. Sie zielt auf die Vermittlung
einwandfreier Übersicht über die geltenden Gesetze.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Gesetzesumgehung ist das Anstreben eines vom →Gesetz
missbilligten oder verbotenen Erfolgs durch ein vom Gesetz nicht
ausdrücklich verbotenes, dem Zweck des Verbotsgesetzes
zuwiderlaufendes Verhalten. Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein
gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig (§ 134 BGB). Die
Abgrenzung des noch erlaubten Verhaltens von der rechtswidrigen G.
ist schwierig und zweifelhaft. →Umgehungsgeschäft
Lit.: Teichmann, A., Die Gesetzesumgehung, 1961; Heeder, O., Fraus legis, 1998
Gesetzesvorlage ist die den Beratungen des Gesetzgebungsorgans
zugrunde zu legende schriftliche Fassung eines
Gesetzgebungsvorhabens. →Gesetzesinitiative
Gesetzesvorbehalt (Art. 19 GG) ist der den einzelnen Grundrechten
beigegebene – oder auch u. U. sonst anzunehmende (str.) – Vorbehalt,
unter welchen Voraussetzungen das →Grundrecht durch →Gesetz
eingeschränkt werden darf. Ein beschränkter G. ist der G., bei dem
nur aus den bei den Grundrechten aufgeführten Gründen eine
Grundrechtsbeschränkung zulässig ist. Der G. ist zu unterscheiden
vom →Vorbehalt des Gesetzes.
Lit.: Sachs, M., Die Gesetzesvorbehalte der Grundrechte, JuS 1995, 693; Holoubek, M., Die
Struktur der grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte, 1997
gesetzgebende Gewalt →Gewalt, gesetzgebende, Gewaltenteilung
Gesetzgebung ist das Verfahren der Schaffung von →Gesetzen. Zur
Vermeidung von Streitigkeiten und Überschneidungen ist im
Bundesstaat eine Regelung der →Zuständigkeit zur G. erforderlich.
Nach Art. 70ff. GG ist der Bund für bestimmte Materien
ausschließlich für die G. zuständig, für andere konkurrierend mit den
Ländern sowie für wieder andere überhaupt nicht (ausschließliche
Landeszuständigkeit). Für bestimmte Angelegenheiten hat der Bund
das Recht, →Rahmenvorschriften oder Grundsätze zu erlassen
(Art. 75, 109 III GG). Widerspricht das →Landesrecht dem
→Bundesrecht, so wird es von diesem gebrochen (Art. 31 GG).
→Gesetzgebungsverfahren, →Gesetzesinitiative
Lit.: Zum gegenwärtigen Stand der Gesetzgebungslehre, hg. v. Karpen, U., 1998; National
Legislation in the European Framework, hg. v. Karpen, U. u. a., 1998; Handbuch der
Rechtsförmlichkeiten, hg. v. Bundesministerium der Justiz, 2. A. 1999; Schneider, H.,
Gesetzgebung, 3. A. 2002
Gesetzgebungsnotstand →Gesetzgebungsverfahren
Gesetzgebungsverfahren (z. B. Art. 76ff. GG) ist das Verfahren der
Schaffung von formellen →Gesetzen. Zu Beginn des
Gesetzgebungsverfahrens steht die auf Grund eines Rechts zur
→Gesetzesinitiative beim →Bundestag eingebrachte
Gesetzesvorlage, die in bestimmten Fällen zunächst dem →Bundesrat
oder über die Bundesregierung dem →Bundestag zuzuleiten ist. Der
Bundestag beschließt – grundsätzlich mit einfacher Mehrheit – das
Gesetz in drei Lesungen und leitet es dem Bundesrat zu. Bei
Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat kann
ein →Vermittlungsverfahren in Gang gesetzt werden.
→Einspruchsgesetze können gegen den Einspruch des Bundesrats,
→Zustimmungsgesetze nur mit Zustimmung des Bundesrats zustande
kommen. Das zustande gekommene Gesetz wird vom
Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im
→Bundesgesetzblatt verkündet. Ein erleichternd abgewandeltes G.
kommt für den Fall des Gesetzgebungsnotstands (Art. 81 GG) zur
Anwendung.
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht; Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Gesetzgebungszuständigkeit ist die →Zuständigkeit zum Erlass von
→Gesetzen. Die G. beruht grundsätzlich auf der →Verfassung (z. B.
Art. 70ff. GG). Daneben wird sie für bestimmte Fälle auch auf die
→Natur der Sache (z. B. Bestimmung des Sitzes der Bundesregierung
durch den Bund) oder auf den →Sachzusammenhang gegründet.
gesetzlich (Adj.) auf Gesetz beruhend, dem Gesetz entsprechend
gesetzliche Erbfolge →Erbfolge, gesetzliche
gesetzlicher Güterstand →Güterstand, gesetzlicher
gesetzlicher Richter →Richter, gesetzlicher
gesetzlicher Vertreter →Vertreter, gesetzlicher
gesetzliches Erbrecht →Erbrecht, gesetzliches
gesetzliches Pfandrecht →Pfandrecht, gesetzliches
gesetzliches Schuldverhältnis →Schuldverhältnis, gesetzliches
gesetzliches Zahlungsmittel →Zahlungsmittel, gesetzliches
Gesetzlichkeitsprinzip ist der Grundsatz, dass jemand für eine →Tat
nur bestraft werden kann, wenn die →Strafbarkeit gesetzlich
bestimmt war, ehe die Tat begangen wurde (Art. 103 II GG, § 1
StGB, [lat.] nullum crimen, nulla poena sine lege).
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist der Grundsatz, dass die
→Verwaltung keine Maßnahmen treffen darf, die gesetzwidrig sind.
Einzelausprägungen dieses Prinzips sind die Grundsätze des
→Vorrangs des Gesetzes und des →Vorbehalts des Gesetzes.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Gesetzwidrigkeit ist der Widerspruch eines Verhaltens oder Zustands
zur →Rechtsordnung. Insbesondere kann ein →Rechtsgeschäft
gesetzwidrig sein (§ 134 BGB). Dann ist es beim Verstoß gegen ein
Verbot im Zweifel →nichtig.
Gesinde (N.) (Reisegefährten, Gefolgsleute) ist im neuzeitlichen
deutschen Recht die Gesamtheit der in einem Hauswesen
beschäftigten und der Personalgewalt (ahd. →munt) des Hausvaters
unterstehenden Dienstboten.
Lit.: Kähler, W., Gesindewesen und Gesinderecht in Deutschland, 1896
Gestaltungsakt ist die →Handlung, durch die unmittelbar eine
Rechtslage gestaltet wird. Dies kann z. B. im Privatrecht durch
Ausübung eines →Gestaltungsrechts geschehen. Im Verfahrensrecht
kann das Gericht einen G. vornehmen (z. B. Vollzug der Wandlung,
str.).
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil
Gestaltungsklage ist die →Klage, mit welcher der Kläger vom
Gericht die Vornahme einer rechtlichen Gestaltung begehrt. Der G.
liegt kein Anspruch zugrunde (str.). Die auf Grund einer G. folgende
Gestaltung wirkt (ohne Vollstreckung) für und gegen alle (z. B.
Ehescheidung, Aufhebung eines angefochtenen Verwaltungsakts).
Lit.: Köhler, H., Der Streitgegenstand bei Gestaltungsklagen, 1995
Gestaltungsrecht ist das (einseitige) →Recht auf unmittelbare
Rechtsänderung. Es ist ein subjektives Recht. Das G. kann ein
selbständiges G. (z. B. →Aneignungsrecht) oder ein unselbständiges,
aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis erwachsendes G.
(z. B. →Anfechtung einer Willenserklärung, →Kündigung,
→Rücktritt) sein. Es kann sich auf Erwerb, Änderung oder
Aufhebung einer Rechtsstellung richten. In der Regel wird es durch
(tatsächliche Handlung oder) formlose →Erklärung geltend gemacht.
Die als einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft
durchzuführende Ausübung ist grundsätzlich unwiderruflich.
Lit.: Gottgetreu, S., Gestaltungsrechte als Vollstreckungsgegenstände, 2001
Gestaltungsurteil ist das auf eine zulässige und begründete
→Gestaltungsklage hin ergehende Urteil. Das G. führt mit seiner
→Rechtskraft unmittelbar zu einer Veränderung des Rechtszustands,
ohne dass es einer →Vollstreckung bedarf. Es setzt voraus, dass ein
materielles oder prozessuales →Recht hierauf besteht und dass der
Berechtigte diese Änderung nicht einseitig herbeiführen kann (vgl.
die §§ 315 III, 319 I 2, 2342 BGB, §§ 117, 127, 131 I Nr. 4 HGB,
§§ 323, 767, 771 ZPO).
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Geständnis (§§ 288 ZPO, 264 StPO) ist das Zugestehen der Wahrheit
einer von einem andern behaupteten Tatsache durch einen
Verfahrensbeteiligten. Im Strafverfahrensrecht, in dem die
Erzwingung eines Geständnisses ausdrücklich verboten ist (§ 136a
StPO), unterliegt das G. der freien →Beweiswürdigung. Im
Zivilverfahrensrecht bedarf die in einem gerichtlichen G.
zugestandene Tatsache keines →Beweises mehr.
Lit.: Schneider, E., Das Geständnis im Zivilprozess, MDR 1991, 297
Gestattung ist bei der →Sondernutzung die neben der behördlichen
→Erlaubnis (z. B. des Straßenbaulastträgers) vielfach noch
erforderliche Einverständniserklärung des Eigentümers der benutzten
Sache (z. B. des Straßeneigentümers). Daneben kann G. auch ein
behördlicher Akt sein.
Lit.: Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1.
Gesundheit ist der ungestörte Ablauf der inneren Lebensvorgänge.
Im Verwaltungsrecht ist G. der Zustand, der dem Einzelnen die
Ausübung der körperlichen und geistigen Funktionen ermöglicht.
Verletzung der G. ist im Schuldrecht (§ 823 I BGB) die Störung der
inneren Lebensvorgänge.
Lit.: Gesundheitsrecht, 5. A. 2003; Domeier, D., Gesundheitsschutz und Lebensmittelstrafrecht,
1999
Gesundheitsamt ist die bei der unteren →Verwaltungsbehörde
eingerichtete (staatliche) →Behörde des Gesundheitswesens. Das G.
wird von →einem Amtsarzt geleitet. Seine Aufgaben sind u. a.
Schulgesundheitspflege, Mütterberatung, Überwachung von
Geschlechtskrankheiten.
Lit.: Hellmeier, W., Aufgabenwahrnehmung durch die Gesundheitsämter, 1990
Gesundheitsschädigung (§ 223 StGB, bis 1998
Gesundheitsbeschädigung) ist das Herbeiführen oder Steigern einer
körperlichen oder seelischen Krankheit. Die G. ist ein Fall der mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedrohten
Körperverletzung. Der Versuch ist strafbar.
Gesundheitsverletzung →Gesundheit
Getrenntleben (§ 1567 BGB) ist der Zustand zwischen Ehegatten,
bei dem zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht
(Nichtbestehen einer häuslichen Gemeinschaft) und ein Ehegatte sie
erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche
→Lebensgemeinschaft, zu der die Ehegatten einander nach § 1353
BGB verpflichtet sind, ablehnt (Trennungsabsicht). Das G. über drei,
evtl. auch ein Jahr begründet eine unwiderlegbare →Vermutung
dafür, dass die Ehe gescheitert ist (Zerrüttungsvermutung). Nach
fünfjährigem G. kann die Ehe in jedem Fall geschieden werden. Das
G. hat außerdem Auswirkungen auf den →Unterhalt, die
Hausratsverteilung und die Eigentumsvermutungen (§§ 1361ff.
BGB).
Lit.: Erbarth, A., Der Anspruch des die Ehewohnung verlassenden Ehegatten auf Entrichtung einer
Benutzungsvergütung für die Zeit des Getrenntlebens, NJW 2000, 1379
Gewährleistung (§§ 434ff., 633ff. BGB) ist die gesetzliche
Verpflichtung des →Schuldners, für die Mangelfreiheit einer Sache
oder eines Werks einzustehen. Der →Verkäufer einer Sache hat dem
Käufer die Sache frei von Sachmängeln und Rechtsmängeln zu
verschaffen (§ 433 I 2 BGB). Die Sache ist frei von Sachmängeln,
wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat.
Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von
Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte
Verwendung eignet, sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche
Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen
der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache
erwarten kann. Zu der Beschaffenheit gehören auch Eigenschaften,
die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des
Herstellers oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder
bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache
erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht
kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie
die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte (§ 434 BGB). Die
Sache ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache
keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den
Käufer geltend machen können oder im Grundbuch ein Recht
eingetragen ist, das nicht besteht (§ 435 BGB). Ist die Sache
mangelhaft, kann der Käufer grundsätzlich nach § 439 BGB
Nacherfüllung verlangen, nach den §§ 440, 323 und 326 V BGB von
dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 BGB den Kaufpreis
mindern und nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB
Schadensersatz oder nach § 284a BGB Ersatz vergeblicher
Aufwendungen verlangen. Die Mängelansprüche verjähren in 30
Jahren bei in dinglichen Rechten oder sonstigen im Grundbuch
eingetragenen Rechten bestehenden Mängeln, in fünf Jahren bei
Bauwerken und im Übrigen in zwei Jahren (§ 438 BGB). Bei einem
Werkvertrag hat der Unternehmer dem Besteller das Werk frei von
Rechts- und Sachmängeln zu verschaffen. Das Werk ist frei von
Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die
Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von
Sachmängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte,
sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine
Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist
und die der Besteller nach der Art des Werks erwarten kann. Einem
Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als
das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt. Das
Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk
keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den
Besteller geltend machen können (§ 633 BGB). Bei Mängeln kann
der Besteller nach § 635 BGB Nacherfüllung verlangen, nach § 637
BGB den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen
Aufwendungen verlangen, nach den §§ 636, 323 und 326 V BGB von
dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 BGB die Vergütung
mindern und nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a BGB
Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher
Aufwendungen verlangen (§ 634 BGB). Die Mängelansprüche
verjähren in zwei Jahren bei Herstellung, Wartung oder Veränderung
einer Sache, in fünf Jahren bei einem Bauwerk und im Übrigen in der
regelmäßigen Verjährungsfrist (§ 634a BGB).
Lit.: Reform des Gewährleistungsrechts und europäische Rechtsangleichung, hg. v. Schermaier, M.,
1998; Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, hg. v. Grundmann, S. u. a., 2001; Siegburg, P.,
Handbuch der Gewährleistung beim Bauvertrag, 4. A. 2000; Weisner, A., Die EGKaufrechtsgewährleistungsrichtlinie, JuS 2001, 759
Gewahrsam (§ 242 StGB) ist ein tatsächliches, von einem
Herrschaftswillen getragenes Herrschaftsverhältnis. Objektiv setzt G.
voraus, dass nach den Anschauungen des täglichen Lebens der
Verwirklichung des Willens zur unmittelbaren Einwirkung auf die
Sache keine Hindernisse entgegenstehen. Subjektiv ist der Wille
erforderlich, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die
Sache zu erhalten. G. hat danach z. B. der Autofahrer über das
geparkte Auto (→Gewahrsamsbruch, →Diebstahl). Im
Verfahrensrecht (§ 808 ZPO) ist G. die rein tatsächliche Herrschaft
über die Sache. Im Polizeirecht ist G. das Herrschaftsverhältnis der
Polizei über einen Menschen oder eine Sache.
Lit.: Kargl, W., Gewahrsamsbegriff, JuS 1996, 971; Stoermer, C., Der polizeirechtliche
Gewahrsam, 1999; Oldemeier, H., Rechtsgrundlagen des Verbringungsgewahrsams, Diss. jur.
Bielefeld 1999
Gewahrsamsbruch (§ 242 StGB) ist die Aufhebung des
→Gewahrsams ohne Willen des Gewahrsamsinhabers. Es genügt,
dass der Gewahrsamsinhaber die Sache unabhängig von seinem
Einverständnis oder seiner Mitwirkung dem Zugriff des Täters
preisgegeben glaubt (z. B. Vortäuschen einer Beschlagnahme,
Vorbeigehen an der Ladenkasse des Selbstbedienungsgeschäftes mit
versteckter Ware, Einschieben eines mit einem Klebestreifen
versehenen Geldscheins in einen Geldwechselautomaten und
Herausziehen des Geldscheins mittels des Klebestreifens nach Erhalt
des Wechselgelds). Der Bruch fremden Gewahrsams (auch des
bloßen Mitgewahrsams eines andern) ist ein Tatbestandsmerkmal der
→Wegnahme und damit des →Diebstahls.
Lit.: Mayer, H., Zum Begriff der Wegnahme, JZ 1962, 617
Gewährschaft ist im mittelalterlichen Recht die Verpflichtung des
Veräußerers einer Sache für den Fall, dass ein Dritter von dem
Erwerber die Sache herausverlangt, an Stelle des Erwerbers dem
Verlangen des Dritten entgegenzutreten oder den Kaufpreis zu
erstatten und weitere Nachteile (Buße) auf sich zu nehmen.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Gewalt ist allgemein der Einsatz von Kraft zur Erreichung eines Ziels
sowie die Möglichkeit hierzu. Im Verfassungsrecht wird zwischen
gesetzgebender G., vollziehender G. und rechtsprechender G.
unterschieden (→Gewaltenteilung). Verfassunggebende G. ist die
Macht, eine Verfassung zu schaffen. Im Strafrecht (§ 240 StGB) ist
G. die zur Überwindung eines wirklichen oder vermuteten
Widerstands eingesetzte körperliche Kraft. Dabei genügt es nach
umstrittener Ansicht, wenn der Täter auf den Körper des andern ohne
dessen Willen mit einem betäubenden Mittel einwirkt. Nicht
genügend ist, dass sich ein Mensch dort aufhält, wo ein einzelner
anderer Mensch durchgehen möchte. Die G. kann ihrer Art nach eine
Willensentscheidung oder Willensverwirklichung des andern gänzlich
ausschließen ([lat.] vis [F.] absoluta, absolute G., z. B. Fesselung)
oder nur beeinträchtigen ([lat.] vis [F.] compulsiva, zwingende G.,
z. B. Zerstörung von Sachen des Betroffenen). Höhere G. (§ 203
BGB) ist ein (von außen kommendes) außergewöhnliches Ereignis,
das unter den gegebenen Umständen auch durch äußerste, nach Lage
der Sache vom Betroffenen zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert
werden kann. Es muss ihn daher in bestimmten Fällen gerechterweise
von negativen Folgen entlasten. Elterliche G. war bis 1980 die Gewalt
der Eltern über ein →Kind. Nach § 1631 II BGB hat das Kind ein
Recht auf Erziehung ohne G. →Sorge, elterliche
Lit.: Callies, R., Der Begriff der Gewalt im Systemzusammenhang der Straftatbestände, 1974;
Arnold, J., Die neue Auslegung des Gewaltbegriffs in § 240 StGB, JuS 1996, 289; Löhning,
M./Sachs, R., Zivilrechtlicher Gewaltschutz, 2002
Gewaltenteilung ist seit der frühen Neuzeit (Locke 1689,
Montesquieu 1748) die Aufteilung der staatlichen Hoheitsgewalt in
mehrere, sich gegenseitig kontrollierende und beschränkende
Gewalten, die von verschiedenen und deshalb einander grundsätzlich
kontrollierenden Menschen ausgeübt werden. Die G. ist im
→Grundgesetz angestrebt (Art. 1 III, 20 II GG), wenn auch nicht
vollständig durchgeführt (z. B. Rechtssetzung durch
Rechtsverordnung der vollziehenden Gewalt, Haushaltsfestlegung
durch Gesetz der gesetzgebenden Gewalt). Herkömmlich wird dabei
zwischen gesetzgebender (legislativer), vollziehender (exekutiver,
ausübender) und rechtsprechender (judikativer, richterlicher) Gewalt
unterschieden. Die G. kennzeichnet den →Rechtsstaat im Gegensatz
zum absoluten Staat.
Gewalttätigkeit (§ 125 StGB) ist der Einsatz physischer Kraft durch
aggressives Tun von einiger Erheblichkeit, mit dem unmittelbar auf
Menschen oder Sachen, u. U. auch mittelbar auf Menschen eingewirkt
wird. Die Beteiligung an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder
Sachen kann →Landfriedensbruch sein.
Lit.: Eilsberger, R., Die Kölner Straßenblockade – BGH, NJW 1969, 1770ff., in: JuS 1970, 164
Gewaltverhältnis ist das auf →Gewalt gegründete Verhältnis
zwischen zwei Beteiligten wie z. B. zwischen →Staat und Einzelnem.
Dabei ist das allgemeine G. das zwischen dem Staat und jedem seiner
Angehörigen bestehende, aus dem Wesen des Staats entspringende
Verhältnis. Das (als Rechtsfigur zwischen 1870 und 1918
entstandene,) als solches mehr und mehr umstrittene besondere G.
(→Sonderrechtsverhältnis, besonderes Pflichtenverhältnis) ist das für
bestimmte Gruppen von Einzelnen – teils kraft freiwilligen Eintritts,
teils kraft gesetzlicher Anordnung – bestehende, ihnen besondere
Pflichten auferlegende Verhältnis des Staats zu ihnen (z. B.
Strafgefangene, Schüler, Studenten, Beamte). In ihm wird zwischen
Grundverhältnis und Betriebsverhältnis unterschieden. Zum
Grundverhältnis gehören die Maßnahmen, die das besondere G.
begründen, ändern und aufheben und wegen ihrer Gewichtigkeit
→Verwaltungsakte sind, die einer gesetzlichen Grundlage bedürfen.
Dagegen zählen zum Betriebsverhältnis solche Maßnahmen, die nur
der Verwirklichung des Zwecks dienen, zu dem das jeweilige
besondere G. begründet wurde (Einzelweisungen). Im Privatrecht
bestand zwischen Eltern und →Kindern ein G. (elterliche Gewalt
bzw. jetzt elterliche →Sorge).
Lit.: Loschelder, W., Vom besonderen Gewaltverhältnis zur Sonderverbindung, 1982
Gewässer ist die (nicht ganz unbedeutende) Ansammlung von
Wasser. Das G. kann Binnengewässer, Küstengewässer oder hohes
Meer sein, das Binnengewässer oberirdisches G. oder Grundwasser,
das oberirdische G. (nach landesgesetzlicher Regelung) je nach seiner
Größe und Bedeutung ein G. der ersten Ordnung
(Bundeswasserstraßen und besonders aufgeführte Flüsse und Seen),
der zweiten Ordnung (alle sonstigen bedeutenderen G.) oder dritter
Ordnung. Das →Eigentum an den Gewässern der ersten Ordnung
steht dem Bund (Art. 89 GG) oder den Ländern, das Eigentum an den
übrigen Gewässern meist den jeweiligen Eigentümern der
Ufergrundstücke zu. Die Benutzung der G. bedarf, soweit sie nicht
→Gemeingebrauch (z. B. Kahnfahren, Schwimmen, Schöpfen mit
Handgefäßen) ist, einer behördlichen →Erlaubnis oder einer
Bewilligung (§§ 2ff. WHG, z. B. Entnahme von Wasser, Einleitung
von Stoffen, Einleitung von →Abwasser).
Lit.: Kotulla, M., Rechtliche Instrumente des Grundwasserschutzes, 1999; Seidel, W.,
Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000
Gewerbe (§ 1 GewO, vgl. auch § 1 GewStDV) ist die erlaubte, auf
Dauer und Gewinnerzielung (str.) gerichtete selbständige Tätigkeit
(kein G. soll deshalb z. B. der Betrieb eines gemeindlichen
Schlachthofs sein, bei dem durch Satzung die Gewinnerzielung
ausgeschlossen ist). Ausgenommen sind herkömmlicherweise
allerdings Urproduktion (Bergbau, Landwirtschaft, Jagd), freie
→Berufe (Arzt, Rechtsanwalt, Architekt) und die Wahrnehmung
öffentlicher Aufgaben (Notar) sowie die schlichte Verwaltung
eigenen Vermögens. Für alle G. gilt die allgemeine
→Gewerbeordnung, für besondere G. das besondere Gesetz (z. B.
Handwerksordnung, Gaststättengesetz, Personenbeförderungsgesetz,
Lebensmittelgesetz), für →Handelsgewerbe auch das
→Handelsgesetzbuch. Das G. kann stehendes G. (§§ 14ff. GewO)
oder Reisegewerbe sein (§ 55ff. GewO). Wer den selbständigen
Betrieb eines stehenden Gewerbes oder den Betrieb einer
Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle anfängt,
muss dies der zuständigen Behörde gleichzeitig anzeigen. Bei
Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kann die zuständige
Behörde die Ausübung des Gewerbes untersagen (§ 35 GewO).
Lit.: Steisslinger, J., Der Gewerbebegriff im Handels- und Steuerrecht, 1989
Gewerbeaufsicht (§ 139b GewO) ist die staatliche →Aufsicht über
die →Gewerbe. Hierzu gehört im weiteren Sinn das Recht der
→Zulassung zu einem Gewerbe bzw. der Untersagung eines
Gewerbes, im engeren Sinn vor allem die Überwachung der
Einhaltung des →Arbeitsschutzrechts. Ausgeübt wird die G.
hauptsächlich durch die Gewerbeaufsichtsämter.
Lit.: Buck-Heilig, L., Die Gewerbeaufsicht, 1989
Gewerbebetrieb ist im Verwaltungsrecht die Ausübung eines
→Gewerbes und die dazu erforderliche organisatorische Einheit. Im
Schuldrecht (§ 823 I BGB) ist das Recht am eingerichteten und
ausgeübten G. ein sonstiges →Recht, dessen Verletzung zu einem
→Schadensersatzanspruch führen kann (str.). Erforderlich ist
allerdings ein unmittelbarer, betriebsbezogener →Eingriff (z. B.
Blockade des Gewerbebetriebs, Aufforderung zum Boykott,
herabsetzendes Werturteil, unberechtigte Behauptung eines Patents).
Lit.: Kellenberger, C., Der verfassungsrechtliche Schutz des eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetriebs, 1999
Gewerbefreiheit (§ 1 GewO, Art. 12 GG) ist die (seit 1869
gewährleistete) Freiheit der gewerblichen Betätigung. Danach ist der
→Betrieb eines →Gewerbes grundsätzlich jedermann gestattet und
darf der Beginn und die Fortsetzung des Gewerbebetriebs nur den
gesetzlich festgelegten Beschränkungen (z. B. Gewerbeerlaubnis,
Konzession) unterworfen werden. Die Ausübung eines Gewerbes darf
weitergehend geregelt werden. Rechtstatsächlich bedarf die
Ausübung eines Gewerbes vielfach der verwaltungsrechtlichen
Zulassung.
Gewerbeordnung (GewO) ist das am 21. 6. 1869 (im Norddeutschen
Bund) zur grundsätzlichen Regelung des Rechts der →Gewerbe
geschaffene →Gesetz. Die G. enthält besondere Vorschriften vor
allem für das stehende Gewerbe, das Reisegewerbe, den
Marktverkehr sowie die gewerblichen Arbeiter. Die Verletzung
gewerblicher Vorschriften wird meist als →Ordnungswidrigkeit,
ausnahmsweise auch als →Straftat behandelt.
Lit.: GewerbeO, 34. A. 2003; Landmann, R./Rohmer,G. v., Gewerbeordnung (Lbl.) 44. A. 2003;
Gewerbeordnung (Lbl.), 41. A. 2002; Kommentar zur Gewerbeordnung (Lbl.), hg. v. Friauf, K.
u. a.; Tettinger, P./Wank, R.,Gewerbeordnung, 6. A. 1999
Gewerberecht ist die Gesamtheit der →Gewerbe betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Gewerberecht (Lbl.), 50. A. 2003; Stollenwerk, D., Praxishandbuch zum Gewerberecht, 1998;
Lexikon des Rechts. Gewerberecht, hg. v. Stober, R., 1999
Gewerberaum ist der zur Ausübung eines Gewerbes genützte oder
geplante Raum.
Gewerberaummietrecht ist das Recht der Miete von Gewerberaum.
→Geschäftsraummiete
Lit.: Fritz, J., Gewerberaummietrecht, 3. A. 2000; Rittner, R., Der Gewerberaummietvertrag, 3. A.
1999; Schultz, M., Gewerberaummiete, 2. A. 1999
Gewerbesteuer ist die von den →Gewerbebetrieben erhobene
→Steuer. Sie ist →Ertragsteuer (→Realsteuer) und
→Gemeindesteuer. Steuerobjekt sind grundsätzlich die
Gewerbeerträge (Gewinne aus Gewerbebetrieb), die aber in den
einzelnen Gemeinden unterschiedlich hoch besteuert werden.
Lit.: Gewerbesteuerrecht, 16. A. 2004; Glanegger, P./Güroff, G., Gewerbesteuergesetz, 5. A. 2002;
Spangemacher, K., Gewerbesteuer, 13. A. 2000; Wüstenhöfer, U., Gewerbesteuer, 5. A. 2001;
Boruttau, E., Gewerbesteuergesetz, 14. A. 1997; Blümich, W., Einkommensteuergesetz (Lbl.), 80.
A. 2003; Handbuch zur Gewerbesteuerveranlagung 2003, 2004
Gewerbetreibender ist, wer ein →Gewerbe ausübt.
Lit.: Robinski, S., Gewerberecht, 2. A. 2002
Gewerbezentralregister (§ 149 GewO) →Bundeszentralregister
gewerblich (Adj.) ein Gewerbe betreffend
gewerblicher Rechtsschutz →Rechtsschutz, gewerblicher
gewerbsmäßig →Gewerbsmäßigkeit
Gewerbsmäßigkeit (z. B. § 180a I StGB [Prostitutionsförderung],
§ 292 II StGB [Jagdwilderei]) ist die Qualifikation einer →Handlung,
die vorliegt, wenn es einer Person darauf ankommt, sich aus
wiederholter Begehung einer Tat eine fortlaufende
Haupteinnahmequelle oder auch nur Nebeneinnahmequelle von
einiger Dauer und einigem Umfang zu schaffen. Die G. kann ein
Tatbestandsmerkmal einer →Straftat sein.
Gewere ist im mittelalterlichen deutschen Recht ein
(sachenrechtlicher Vorgang [Einkleidung mit einer Sache, lat.
investitura] und das hieraus erwachsende) Verhältnis eines Menschen
zu einer →Sache (oder auch einem Recht), kraft dessen ihr Träger
rechtswidrige Eingriffe abwehren (Defensivfunktion), die Sache nach
Wegnahme zurückfordern (Offensivfunktion) und die Sache
übertragen darf (Translativfunktion). Formelhaft wird die G. in der
Gegenwart als Kleid d. h. äußere Erscheinungsform (z. B. Innehaben,
Nutzen) des (als solchen nicht sichtbaren, aber übertragen unter dem
Kleid verborgenen) Rechts (z. B. Eigentum) an der Sache
beschrieben. Sie kann leibliche (körperliche) G. oder ideelle
(unkörperliche) G. sein. Die Rechtsfigur könnte als Folge
komplizierterer Rechtsverhältnisse an Sachen am Übergang von der
Antike zum Mittelalter von der Kirche entwickelt worden sein. In der
Neuzeit tritt an die Stelle des Begriffs G. der von lat. (F.) possessio
abgeleitete Begriff →Besitz (leibliche G. unmittelbarer Besitz, ideelle
G. mittelbarer Besitz).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Gewerkschaft ist allgemein ein Zusammenschluss von tätigen
Menschen zu einem bestimmten Zweck. Im Gesellschaftsrecht war
die bergrechtliche G. die nichtrechtsfähige (gesamthänderische)
Mehrheit (G. alten Rechts) oder rechtsfähige Mehrheit (G. neueren
Rechts) von Eigentümern eines Bergwerks. Durch § 163 BBergG ist
die G. zum 1. 1. 1986 aufgelöst worden. Im Arbeitsrecht ist die G. ein
auf Grund der sog. sozialen →Frage im 19. Jh. entstandener
freiwilliger – durch Art. 9 III geschützter – Zusammenschluss von
→Arbeitnehmern zur Sicherung und Verbesserung der
wirtschaftlichen und sozialen Lage ihrer Mitglieder insbesondere
gegenüber →Arbeitgebern. Die G. ist ein nichtrechtsfähiger
→Verein, dem aber →Tariffähigkeit und →Parteifähigkeit (vgl. § 10
I ArbGG) zukommen. Organisiert sind die Gewerkschaften in der
Regel nach Industrieverbänden (z. B. Bau, Steine, Erden; Metall,
Dienstleistungen), wobei die Einzelgewerkschaften im Deutschen
Gewerkschaftsbund (2001 rund 7 Millionen Mitglieder) (und im
wenig bedeutenden Christlichen Gewerkschaftsbund)
zusammengeschlossen sind. Ihre Organe sind regelmäßig
Hauptversammlung und Vorstand.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Däubler, W.,
Gewerkschaftsrechte im Betrieb, 10. A. 2000; Schneider, M., Kleine Geschichte der
Gewerkschaften, 2. A. 2000
Gewillkürt ist eine Qualifikation eines Geschehens, die voraussetzt,
dass es durch →Willen (Parteiwillen) bewirkt worden ist (z. B.
gewillkürte →Erbfolge, gewillkürte Form, gewillkürte
Stellvertretung). Den Gegensatz bildet die kraft Gesetzes eintretende
Bewirkung (z. B. gesetzliche Erbfolge, gesetzliche Form, gesetzliche
Vertretung).
gewillkürte Erbfolge →Erbfolge, gewillkürte
Gewinn ist allgemein der Ertrag einer Gütererzeugung abzüglich der
aufgewandten Kosten. Gegensatz des Gewinns ist der →Verlust. Im
Handelsrecht und Steuerrecht ist G. grundsätzlich die durch Vergleich
der Jahresbilanz mit der vorangehenden Jahresbilanz festzustellende
Vermehrung des →Vermögens bzw. bei der Überschussrechnung der
Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben.
Lit.: Bombita, R./Köstler, B., Gewinnermittlung, 1998; Halfpap, F., Der entgangene Gewinn, 1999;
Dreßler, G., Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer, 3. A. 2000;
Oestreicher, A., Konzern-Gewinnabgrenzung, 2000
Gewinnanteil (z. B. § 121 HGB) ist der Anteil des einzelnen
Gesellschafters am →Gewinn der →Gesellschaft. In der Regel kann
der Gesellschafter jährliche Auszahlung seines Gewinns verlangen.
Der ausgezahlte G. ist Einkunft.
Gewinnermittlung →Gewinn
Gewinnzusage (§ 661a BGB) ist die Zusage eines Gewinns. Ein
Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an
Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den
Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat,
hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten. Ein Vertragsschluss ist
nicht erforderlich.
Lit.: Schröder, R./Thiessen, J., Gewinnzusagen, NJW 2004, 719
Gewissen ist die Gesamtheit der Überzeugungen des Einzelnen vom
sittlich gesollten Verhalten. Nach Art. 4 III GG darf niemand gegen
sein G. zum Kriegsdienst mit der →Waffe gezwungen werden. Es
muss aber für die Befreiung vom Wehrdienst ein etwa gleichwertiger
Belastungsausgleich vorgenommen werden.
Lit.: Filmer, F., Das Gewissen als Argument im Recht, 2000
Gewissensfreiheit (Art. 4 I GG) ist die Freiheit der Gewissensbildung
wie der Gewissensbetätigung. Die Berufung auf das →Gewissen
befreit unter Umständen von einem äußeren Zwang zu einem
bestimmten Handeln (z. B. Kriegsdienst mit Waffen) oder
Unterlassen. Die Freiheit des Gewissens ist nach Art. 4 I GG
unverletzlich.
Lit.: Muckel, S., Die Grenzen der Gewissensfreiheit, NJW 2000, 689; Höcker, R., Das Grundrecht
der Gewissensfreiheit, 2000
gewohnheitsmäßig →Gewohnheitsmäßigkeit
Gewohnheitsmäßigkeit (z. B. Wilderei § 292 III StGB) ist die
Qualifikation einer Handlung, die vorliegt, wenn der Täter aus einem
durch Übung ausgebildeten, selbständig fortwirkenden Hang tätig
wird, dessen Befriedigung ihm bewusst oder unbewusst ohne innere
Auseinandersetzung gleichsam von der Hand geht. Die G. kann ein
Tatbestandsmerkmal einer →Straftat sein.
Gewohnheitsrecht ist das durch langdauernde Übung in der
Überzeugung, damit recht zu handeln, von den Beteiligten
geschaffene →Recht. Es steht als ungesetztes Recht dem →Gesetz
(gesetzten Recht) gegenüber. Durch Art. 2 EGBGB ist es
ausdrücklich anerkannt. Es kann geschrieben oder ungeschrieben sein
und ist rechtstatsächlich in älteren Zeiten verbreitet, im Rechtsstaat
selten.
Lit.: Neuhaus, K., Gewohnheitsrecht, JuS 1996, L 41; Ostertun, D., Gewohnheitsrecht in der
Europäischen Union, 1996
Gift ist der chemische Stoff, der zu Gesundheitsschäden führen kann
(z. B. Arsen, auch Alkohol oder Kochsalz in großen Mengen). In
geringen Mengen kann G. Heilmittel sein. Die Beibringung von G. ist
als gefährliche Körperverletzung strafbar (§ 224 StGB).
Gilde ist im mittelalterlichen deutschen Recht eine Berufsvereinigung
(z. B. Kaufmannsgilde).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Giralgeld (N.) Buchgeld
Giro (it. [M.]) Umlauf
Girovertrag (§ 676f BGB) ist der →Vertrag eines Betreibers eines
→Kreditinstituts mit einem Kunden, der die bargeldlose Abwicklung
von Ansprüchen oder Schulden des Kunden zum Gegenstand hat. Er
ist →Geschäftsbesorgungsvertrag. Er verpflichtet den Unternehmer,
für den Kunden ein Konto einzurichten, eingehende Zahlungen auf
dem Konto gutzuschreiben und abgeschlossene
Überweisungsverträge zu Lasten dieses Kontos abzuwickeln. Die
Überweisungen erfolgen über die verschiedenen Gironetze der
einzelnen Unternehmer. Für die Frage, wer Inhaber eines Girokontos
ist, kommt der Bezeichnung bei der Kontoeröffnung regelmäßig
besonderes Gewicht zu. Fortführende Miterben erlangen eine eigene
persönliche Rechtsbeziehung zum jeweiligen Kreditinstitut.
Lit.: Klamt, A./Koch, C., Das neue Überweisungsgesetz, NJW 1999, 2776; Brügmann, S., Das Recht
auf ein Girokonto, 1999
Glaube (Art. 4 I GG) ist im Verfassungsrecht die Gesamtheit der
Überzeugungen des Einzelnen von der Stellung des Menschen in der
Welt und seiner Beziehung zu höheren Mächten und tieferen
Seinsschichten. Im Privatrecht ist der öffentliche G. der Schutz, den
der genießt, der sich auf die Richtigkeit bestimmter öffentlicher
→Urkunden verlässt (z. B. →Grundbuch §§ 892, 893 BGB,
→Erbschein § 2366 BGB). Der auf die öffentliche Urkunde
vertrauende Erwerber erwirbt (kraft gesetzlicher Bestimmung) ein
Recht auch dann, wenn die öffentliche Urkunde in Widerspruch zur
wahren Rechtslage steht. Der wahre Berechtigte erleidet kraft
Gesetzes einen entsprechenden Rechtsverlust. Erforderlich ist
allerdings guter G. des Erwerbers. Dies bedeutet hier, dass der
Erwerber nicht (positiv) wissen darf, dass z. B. das Grundbuch
unrichtig ist. Beim Erwerb des →Eigentums an beweglichen
→Sachen vom →Nichtberechtigten (§ 932 BGB) ist der Erwerber
nicht in gutem G., wenn ihm bekannt oder infolge grober
→Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer
gehört. Bei der →Ersitzung (§ 937 BGB) fehlt der gute G., wenn der
Besitzer im Zeitpunkt des Besitzerwerbs weiß oder infolge grober
Fahrlässigkeit nicht weiß, dass er nicht Eigentümer wird.
Glaubensfreiheit (§ 4 I GG) ist die Freiheit, einen eigenen
→Glauben zu bilden, zu äußern und dafür zu werben. Gemäß Art. 4 I
GG ist die Freiheit des Glaubens unverletzlich. Dem →Staat ist es
verboten, die Bildung und den Bestand des Glaubens des Einzelnen
zu beeinflussen.
Lit.: Grulich, R., Religions- und Glaubensfreiheit als Menschenrechte, 1980; Jakobs, C., Kreuze in
der Schule, 2000
Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) ist die Begründung zumindest der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit eines bestimmten
Geschehensablaufs. Die G. ist eine abgeschwächte Form der
Beweisführung. Sie ist nur in den gesetzlich bestimmten Fällen
zulässig (z. B. § 44 II ZPO). Sie geschieht außer durch die (sofort
erhebbaren) →Beweismittel durch →Versicherung an Eides statt
seitens der →Partei oder eines Dritten. Eine →Beweisaufnahme ist
nur statthaft, wenn sie sofort erfolgen kann (§ 294 II ZPO).
Lit.: Scherer, I., Das Beweismaß bei der Glaubhaftmachung, 1996
Gläubiger (§ 241 BGB) ist die Person, die aus einem
→Schuldverhältnis berechtigt ist, von dem →Schuldner eine Leistung
zu fordern. Der Begriff wird über das materielle Recht hinaus auch im
Verfahrensrecht verwandt (z. B. §§ 710ff. ZPO). Der G. einer
Forderung kann zugleich Schuldner einer Gegenforderung sein (z. B.
Käufer und Verkäufer im Kaufvertrag oder allgemein beide Beteiligte
des gegenseitigen Vertrags). Der G. braucht nicht Vertragspartei des
der Forderung zugrundeliegenden Schuldverhältnisses zu sein
(→Abtretung, berechtigender →Vertrag zugunsten Dritter).
Lit.: Selb, W., Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, 1984; Rütten, W., Mehrheit von
Gläubigern, 1989
Gläubigeranfechtung (§ 1 AnfG) ist die →Anfechtung einer seine
Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung eines →Schuldners
außerhalb des Insolvenzverfahrens durch den Gläubiger zum Zweck
seiner Befriedigung. Die G. ist im besonderen, mit Wirkung vom
1. 1. 1999 seinen Vorläufer aufhebenden Anfechtungsgesetz geregelt.
Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen
vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist,
wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht
zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder
wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde. Anfechtbar
ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren
vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu
benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil den Vorsatz
des Schuldners kannte. Anfechtbar ist weiter ein vom Schuldner mit
einer nahestehenden Person geschlossener entgeltlicher, die Gläubiger
unmittelbar benachteiligender Vertrag. Anfechtbar ist schließlich eine
unentgeltliche Leistung des Schuldners in den letzten vier Jahren vor
der Anfechtung. Was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem
Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben
ist, muss dem Gläubiger, soweit es zu dessen Befriedigung
erforderlich ist, zur Verfügung gestellt werden. Die Anfechtbarkeit
kann durch Einrede, der Anfechtungsanspruch im Wege der Klage
geltend gemacht werden.
Lit.: Allgayer, P., Rechtsfolgen und Wirkungen der Gläubigeranfechtung, 2000
Gläubigerversammlung (§ 74 InsO) ist die Versammlung der
→Gläubiger eines Schuldners. Sie wirkt bei besonders wichtigen
Fragen des →Insolvenzverfahrens mit (z. B. Wahl oder Überwachung
eines Insolvenzverwalters, Schließung oder Fortführung des
Geschäfts). Im Übrigen wird der Insolvenzverwalter selbständig tätig.
Gläubigerverzug (§ 293 BGB) oder Annahmeverzug ist die
Verzögerung der →Erfüllung durch Fehlen eines zum Eintritt der
Erfüllung notwendigen Verhaltens des Gläubigers, insbesondere der
Annahme der →Leistung. G. ist ein Fall der →Leistungsstörung. Der
G. erfordert eine Leistungspflicht des Schuldners, die →Erfüllbarkeit
der →Schuld, die Möglichkeit der Leistung, das Angebot der
Leistung oder dessen Entbehrlichkeit (§ 296 BGB) und die
Nichtannahme bzw. Nichtmitwirkung seitens des Gläubigers. Seine
Rechtsfolgen (§§ 300ff. BGB) können Einschränkung des
→Vertretenmüssens, →Gefahrübergang, Wegfall einer Zinspflicht,
Einschränkung einer Nutzungsherausgabepflicht, Hinterlegungsrecht,
Besitzaufgaberecht und Aufwendungserstattungsrecht sein.
Lit.: Lammich, K., Gläubiger- und Schuldnerverzug, 2003
Glaubwürdigkeit →Zeuge
Lit.: Nack, Glaubwürdigkeits- und Vernehmungslehre, JA 1993, Übungsblätter für Referendare 161
gleichartig (Adj.) von gleicher Art
gleichartige Tateinheit →Tateinheit, gleichartige
Gleichartigkeit ist die Zugehörigkeit zweier Handlungen oder
Gegenstände zur gleichen Art (z. B. Geldforderung und
Geldforderung). Im Schuldrecht ist die G. der geschuldeten
Leistungen Voraussetzung der →Aufrechnung (§ 387 BGB).
Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) ist der aus der
→Verfassung (alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich) folgende
Grundsatz, dass alle Personen rechtlich gleich zu behandeln sind. Er
hat über das Verfassungsrecht hinaus aber nur in einigen Bereichen
konkrete Bedeutung. Insbesondere sind im Verwaltungsrecht alle
→Behörden verpflichtet, verschiedene Personen bei gleichen
Voraussetzungen gleich zu behandeln (z. B. Unterrichtung mehrerer
Zeitungsunternehmer durch eine Verwaltungsbehörde). Andernfalls
ist das →Verwaltungshandeln fehlerhaft. Im Gesellschaftsrecht hat
die →Gesellschaft ihre Gesellschafter (z. B. Stimmrecht), im
Arbeitsrecht der →Arbeitgeber seine Arbeitnehmer (z. B.
Gratifikation) grundsätzlich gleich zu behandeln (str.) (§ 611a BGB
verbietet eine Benachteiligung wegen des Geschlechts durch den
Arbeitgeber). Die Verletzung der Verpflichtung begründet regelmäßig
einen Gleichstellungsanspruch der Benachteiligten.
Lit.: Hueck, G., Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, 1959; Leisner, W.,
Der Gleichheitsstaat, 1980
Gleichberechtigung (Art. 3 II GG) ist der Grundsatz der gleichen
Rechte für Männer und Frauen. Gemäß Art. 3 III GG darf niemand
wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden.
Allerdings können nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts objektive biologische und funktionale
Unterschiede eine verschiedene Behandlung von Männern und Frauen
rechtfertigen. Die G. ist ein Unterfall des allgemeinen
→Gleichheitsgrundsatzes (str.). Nach Art. 3 II 2 GG fördert der Staat
die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen
und Männern. Nach einer Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs vom 17. 10. 1995 dürfen Frauen bei gleicher
Qualifikation nicht grundsätzlich gegenüber Männern bevorzugt
werden.
Lit.: Hofmann, J., Das Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 II GG, JuS 1988, 249; Leicht-Scholten,
C., Das Recht auf Gleichberechtigung, 2000
gleiche Wahl →Wahl, gleiche
Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 I GG) ist der Grundsatz, dass alle
Menschen vor dem →Gesetz gleich sind. Gemäß Art. 3 III GG darf
niemand wegen (seines Geschlechts,) seiner Abstammung, seiner
Rasse, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens oder seiner
religiösen oder politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt
werden. Dadurch wird der Gesetzgeber verpflichtet, in →Gesetzen
wesentlich Gleiches gleich zu regeln. Jede Anwendung von Gesetzen
muss dem Rechnung tragen (unterschiedliche Auslegung eines
Gesetzes ist aber zulässig). Aus dem G. leitet sich auch das Verbot
der willkürlich verschiedenen Ordnung oder Behandlung ab. Der G.
ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im
Vergleich zu andern Normadressaten anders behandelt wird, obwohl
zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und
solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung
rechtfertigen können (z. B. ungleiche Behandlung von Soldaten und
Soldatinnen hinsichtlich der Haartracht, ungleiche Behandlung von
Durchschnittszeitstudierenden und Langzeitstudierenden hinsichtlich
der Gebühren).
Lit.: Bleckmann, A., Die Struktur des allgemeinen Gleichheitssatzes, 1995; Gleichheit im
Familienrecht, hg. v. Verschragen, B., 1997; Jarass, H., Folgerungen aus der neueren
Rechtsprechung, NJW 1997, 2545; Michael, L., Der allgemeine Gleichheitssatz, 1997
global (Adj.) (den Globus) umfassend
Globalzession ist die →Abtretung einer allgemein bestimmten
Vielzahl von →Forderungen. Sie ist grundsätzlich zulässig. Sie kann
aber im Einzelfall gegen die guten →Sitten verstoßen.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Glossator ist der Verfasser einer →Glosse (Worterklärung). In der
Rechtsgeschichte sind die Glossatoren die mittelalterlichen
oberitalienischen Rechtswissenschaftler, die seit etwa 1100 (bis
ungefähr 1230) vor allem die römischen und kanonischen
Rechtsquellen mit Glossen versehen (z. B. Irnerius, Bulgarus, Hugo,
Jacobus, Martinus). Ihnen folgen Kommentatoren bzw. Konsiliatoren
(Postglossatoren).
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte
Glosse (griech. [F.] Zunge) ist ursprünglich das ungewöhnliche,
erklärungsbedürftige Wort, später die Erklärung eines solchen Worts
sowie die Gesamtheit der einzelnen Glossen (Erklärungen) zu einem
bestimmten Text (z. B. zum später sog. →corpus iuris civilis oder
zum →Sachsenspiegel).
Glücksspiel (§§ 284f. StGB) ist das Spiel, bei dem im Wesentlichen
nicht die Fähigkeiten des Spielers, sondern der Zufall über Gewinn
und Verlust entscheidet. Wer ohne behördliche Erlaubnis (§ 33d
GewO) öffentlich ein G. veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen
hierzu bereitstellt, oder wer sich an einem öffentlichen G. beteiligt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft.
Lit.: Kummer, Das Recht der Glücksspiele, 1977
GmbH →Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gnade ist die großzügige, nicht zu erwartende Nachsicht, Milde oder
Gunst. Sie wirkt sich im Recht vor allem in der Minderung einer
→Strafe aus außerrechtlichen Gründen aus. Rechtsgeschichtlich wird
sie entweder auf eine göttliche Einwirkung, die Willensfreiheit des
Verletzten oder die Macht eines Herrschers zurückgeführt.
Lit.: Schätzler, J., Handbuch des Gnadenrechts, 2. A. 1992; Mickisch, C., Die Gnade im
Rechtsstaat, 1996
Gnadenakt ist der nicht auf →Recht, sondern auf →Gnade
(Wohlwollen und Ermessen) beruhende Akt (Gnade geht vor Recht,
z. B. →Begnadigung eines einzelnen Strafgefangenen oder
allgemeine →Abolition, →Amnestie). Der G. ist grundsätzlich
gerichtlich nicht überprüfbar. Er ist im Rechtsstaat vor allem wegen
des Gleichheitsgrundsatzes nicht unproblematisch, weshalb eine
Ansicht im Vordringen ist, die eine gerichtliche Überprüfung zulässt.
Lit.: Schätzler, J., Handbuch des Gnadenrechts, 2. A. 1992
Gnadenerweis →Gnadenakt, →Begnadigung
Goldene Bulle (1356) ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen
deutschen Recht das Gesetz bzw. Privileg, das vor allem die Rechte
der Kurfürsten regelt (u. a. Unteilbarkeit der Kurfürstentümer). Es ist
von Kaiser Karl IV. den sieben →Kurfürsten erteilt. Das nicht
begünstigte Herzogtum →Österreich teilt sich vergleichbare
Vorrechte durch Fälschung einer Urkunde selbst zu (sog. privilegium
maius 1358/9).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Good will (engl. [N.] guter Wille) ist die Gesamtheit der tatsächlichen
Beziehungen und Verhältnisse eines →Kaufmanns zu Lieferanten
und Kunden. Der g. w. ist ein wesentlicher Teil des →Unternehmens,
der den inneren Geschäftswert (Firmenwert) ausmacht. Zahlenmäßig
schlägt er sich nur bei einer Veräußerung oder Abfindung nieder.
Lit.: Canaris, Handelsrecht
Gottes Gnaden, von (lat. dei gratia [F.]) ist im älteren deutschen
Recht eine dem Herrschertitel beigefügte, die Unabhängigkeit von
anderer irdischer Gewalt anzeigende Formel.
Lit.: Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Gottesfriede ist im hochmittelalterlichen Recht das (seit dem 10. Jh.
in Südfrankreich) von der Kirche ausgehende Friedensgebot, dessen
Verletzung mit kirchlichen Sanktionen verfolgt wurde. →Landfriede
Lit.: Achter, V., Über den Ursprung der Gottesfrieden, 1955
Gotteslästerung ist die seit 1969 straflose besonders verletzende
öffentliche Kundgabe der Missachtung des christlichen Gottes.
Gottesstaat (M.) der von Gott geprägte Staat
Gottesurteil (Ordal) ist im mittelalterlichen, wohl insofern von der
christlichen Kirche beeinflussten Recht die Entscheidung über die
Schuld oder Unschuld eines Beschuldigten durch ein auf (einen
einzigen d. h. den christlichen) Gott zurückgeführtes äußeres Zeichen
(z. B. Tragen eines glühenden Eisens, Bahrprobe, Eintauchen in
Wasser, str. ob auch Los, Zweikampf).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Nottarp, H., Gottesurteilsstudien, 1955
Grad (Schritt) ist das Maß zur Bestimmung der Nähe der
→Verwandtschaft, das auf die Zahl der vermittelnden Geburten
abstellt. Akademischer G. ist die auf Grund wissenschaftlicher
Qualifikation von einer staatlichen →Hochschule kraft staatlicher
→Ermächtigung verliehene, dem Namen hinzufügbare öffentliche
Würde (z. B. Doktorgrad, Diplomgrad). Der akademische G. kann
auch ehrenhalber verliehen werden (z. B. Ehrendoktor, Verleihung
kann kollusiv sein z. B. an einen Geldwäscher).
Lit.: Köbler, Jurist; Zimmerling, W., Akademische Grade und Titel, 2. A. 1995
Gradualsystem ist das von den →Graden der →Verwandtschaft
ausgehende System zur Bestimmung der gesetzlichen →Erben, das
nach den §§ 1928 II, 1929 II BGB von der vierten Ordnung
(→Parentel) der Erbfolge an zur Anwendung kommt.
Graduierter ist der einen akademischen →Grad erlangt oder eine
Staatsprüfung erfolgreich abgeschlossen habende Mensch.
Lit.: Köbler, Jurist
Graf ist im mittelalterlichen deutschen Recht der ursprünglich
königliche, örtliche Amtsträger und Richter, später ein Angehöriger
des höheren →Adels.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Gratifikation ist die Vergütung, die aus besonderem Anlass
zusätzlich zu dem →Arbeitslohn gewährt wird (z. B.
Weihnachtsgratifikation). Sie ist keine →Schenkung. Sie darf den
Arbeitnehmer nicht übermäßig an den Betrieb binden.
Lit.: Weinrich, B., Gratifikationen, Anwesenheits- und Treueprämien, Tantiemen, 4. A. 1998
grausam →Grausamkeit
Grausamkeit (§ 211 II StGB) ist das (für Mord mögliche)
Qualifikationsmerkmal einer →Tötung, das voraussetzt, dass dem
Opfer besonders starke Schmerzen oder Qualen körperlicher oder
seelischer Art aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung zugefügt
werden.
Lit.: Witt, O., Das Mordmerkmal grausam, 1996
gravamen (lat. [N.]) Beschwer
Grenze ist die Trennungslinie zwischen zwei Bereichen. Im
Völkerrecht ist G. die Trennungslinie zwischen zwei →Staaten. Im
Sachenrecht ist G. die durch amtliche Markierung festgelegte
Trennungslinie zwischen zwei →Grundstücken. Bei einer
Grenzverwirrung entscheidet u. U. der →Besitzstand (§ 920 BGB).
Grenzanlagen unterliegen im Zweifel der gemeinschaftlichen
Benutzung und Unterhaltung (§ 922 BGB). Dabei ist z. B. eine Hecke
insgesamt Grenzeinrichtung, wenn auch nur einige Stämme der
Bepflanzung dort, wo sie aus dem Boden herausragen, von der
Grenzlinie betroffen sind.
Griechenland ist der von Albanien, Makedonien, Bulgarien, der
Türkei und dem Mittelmeer begrenzte südosteuropäische, seit
1. 1. 1981 der Europäischen Gemeinschaft (Europäischen Union)
angehörende Staat (131990 qkm, 10,5 Mill. Einwohner). 1995
beschloss G. als letzter Mitgliedstaat der Europäischen Union (bis
2009) ein →Grundbuch einzurichten. (Deutsch-griechische
Juristenvereinigung, Spitalerstraße 4, D 20095 Hamburg.)
Lit.: Becher, K., Griechenland. Handels- und Wirtschaftsrecht, 1993; Introduction into Greek law,
hg. v. Kerameus, K./Kozyris, P., 2. A. 1993; Papagiannis, I., Griechisches Wirtschafts- und
Unternehmensrecht, 1998; Griechenland in Europa, hg. v. Gornig, G., 2000; Rusch, D., Studieren in
Griechenland, JuS 2001, Heft 12, XXXV
grob (Adj.) auffällig, bedeutsam
grobe Fahrlässigkeit →Fahrlässigkeit, grobe
grober Unfug →Unfug, grober
grober Unverstand →Unverstand, grober
Groß (§ 306b StGB) ist im Ausmaß erheblich oder
überdurchschnittlich. 14 Menschen können strafrechtlich eine große
Zahl von Menschen sein.
Großbritannien ist das auf dem Boden der ursprünglich von Kelten
besiedelten römischen Kolonie Britannia erwachsene, von
Angelsachsen (5. Jh.) wie französisierten Normannen (1066) geprägte
nordwesteuropäische Königreich. Es hat trotz oder gerade wegen
seiner freiheitsrechtlich geprägten Geschichte (z. B. 1215 →Magna
charta libertatum) keine formelle Verfassung. In →England und
Nordirland gelten common law und equity (Billigkeitsrecht), in
Schottland ein stark römischrechtlich beeinflusstes Gewohnheitsrecht.
Einzelne Rechtsgebiete sind gesetzlich geregelt (statute law). Seit
1. 1. 1973 gehört G. den →Europäischen Gemeinschaften bzw. der
→Europäischen Union an.
Lit.: Blumenwitz, D., Einführung in das angloamerikanische Recht, 7. A. 2003; Dietl, C.,
Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik, Deutsch-Englisch, 4. A. 1992, Englisch-Deutsch,
6. A. 2000; Romain, A./Bader, H./Byrd, B., Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache,
Englisch-Deutsch, 5. A. 2000, Deutsch-Englisch, 4. A. 2002; Lyall, F., An Introduction to British
law, 2. A. 2002; Triebel, V., u. a. Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. A. 1995; Bunge, J.,
Zivilprozess und Zwangsvollstreckung in England, 1995; Bernstorff, C. Graf v., Einführung in das
englische Recht, 2. A. 2000; Kloth, A., English for Law, JuS 1996, 758; Ebenroth, C. u. a., Das
Wettbewerbs- und Kartellrecht Großbritanniens, 1996; Byrd, B., Einführung in die angloamerikanische Rechtssprache, 2. A. 2001; Köbler, G., Rechtsenglisch, 5. A. 2001; Dietl, C./Lorenz,
E., CD-Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik, 2002; Jewell, M., An Introduction to English
Contract Law, 2. A. 2002; Henrich, D./Huber, P., Einführung in das englische Privatrecht, 3. a.
2003
großer Senat →Senat, großer
Großhandel ist der Handel von Zwischenhändlern mit
Wiederverkäufern sowie die Lieferung von Fertigwaren oder
Maschinen an Produzenten.
Grundabtretung →Bergrecht
Grundbuch (§§ 873ff. BGB, 1ff. GBO) ist das vom
→Grundbuchamt geführte, alle die Rechtsverhältnisse an
→Grundstücken betreffenden →Beurkundungen aufnehmende
öffentliche →Register. Das G. enthält für jedes Grundstück
grundsätzlich eine besondere Stelle (Grundbuchblatt,
Realfoliensystem), doch können auch mehrere Grundstücke eines
Eigentümers auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt
(Personalfolium) geführt werden. Das Grundbuchblatt gliedert sich in
das beschreibende Bestandsverzeichnis und drei Abteilungen
(Eigentumsverhältnisse, dingliche Belastungen, Grundpfandrechte).
Das G. kann von jedem, der ein berechtigtes →Interesse hat,
eingesehen werden (z. B. auch von recherchierenden Journalisten).
Eine Rechtsänderung an einem Grundstück setzt zu ihrer Wirksamkeit
regelmäßig die →Eintragung voraus (§§ 873ff. BGB,
Buchungszwang). Das G. genießt öffentlichen →Glauben, so dass
trotz Unrichtigkeit bei Glauben an die Richtigkeit der Inhalt als
richtig gilt (§ 892 BGB). Bei dem maschinell geführten
(elektronischen) G. ist der in den dafür bestimmten Datenspeicher und
auf Dauer unverändert in lesbarer Form wiedergabefähig eingegebene
Inhalt des Grundbuchblatts das G.
Lit.: Schöner, H./Stöber, K., Grundbuchrecht, 13. A. 2004; Schmitz, K., Wegweiser durch das
Grundbuchverfahren, JuS 1994, 962; Meikel, G., Grundbuchrecht, 8. A. 1997; Grziwotz, H., PraxisHandbuch Grundbuch- und Grundstücksrecht, 1999; Grundbuch, Grundstück, Grenze, hg. v.
Bengel, M., 5. A. 2000
Grundbuchamt (§ 1 GBO) ist das für die Führung des
→Grundbuchs zuständige Amt. Das G. ist in der Regel eine
Abteilung des →Amtsgerichts (anders z. T. in Baden-Württemberg)
im Rahmen der freiwilligen →Gerichtsbarkeit. Die meisten Aufgaben
werden von →Rechtspflegern ausgeführt.
Lit.: Grundbuch, Grundstück, Grenze, hg. v. Bengel, M., 5. A. 2000
Grundbuchberichtigung →Berichtigung
Grundbuchordnung ist das das formelle Grundstücksrecht regelnde
→Gesetz. Die G. fordert für eine →Eintragung grundsätzlich die
Eintragungsfähigkeit, einen an sich formlosen Eintragungsantrag
(§ 13 GBO) des Betroffenen oder Begünstigten, die
Eintragungsbewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO, beachte § 20
GBO) und die Voreintragung des Betroffenen (§ 39 GBO, beachte
§ 40 GBO). Bei mehreren Anträgen gilt das →Prioritätsprinzip (§ 17
GBO).
Lit.: GBO, 17. A. 2003; Demharter, GBO; Bauer, H./Oefele, H. Frhr. v., Grundbuchordnung, 1999
Grundbuchverfügung ist die verfahrensrechtliche Vorschriften in
Ergänzung der →Grundbuchordnung enthaltende Verordnung vom
8. 8. 1935 (Neufassung vom 24. 1. 1995).
Lit.: Demharter, GBO
Grunddienstbarkeit (§§ 1018ff. BGB) ist die →Dienstbarkeit, bei
der ein →Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines
andern Grundstücks in der Weise belastet wird, dass dieser das
Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf
dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden
dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das
sich aus dem →Eigentum an dem belasteten Grundstück dem andern
Grundstück gegenüber ergibt (z. B. Gehrecht, Leitungsrecht,
Bebauungsverbot).
Gründe →Urteilsgrund, →Entscheidungsgrund
Grundeigentum (§ 903 BGB) ist das →Eigentum an einem
→Grundstück. Es erfasst auch den Luftraum über ihm und den
Erdraum unter ihm – soweit die normale Herrschaftsgewalt reicht –.
Es unterliegt zahlreichen gesetzlichen Beschränkungen (z. B.
Baurecht).
Gründer →Gründungsvertrag
Grunderwerbsteuer ist die beim Erwerb (Kauf) eines
→Grundstücks zu entrichtende →Steuer. Sie beträgt (seit 1. 1. 1997)
in der Regel 3,5% (§ 11 I Grunderwerbsteuergesetz). Unter
bestimmten Umständen können die Kosten eines Bauplans einen
grunderwerbsteuerpflichtigen Sachverhalt bilden.
Grunderwerbsteuergesetz ist das die Besteuerung des Erwerbs von
→Grundstücken regelnde Gesetz (BGBl. 1997, 419).
Lit.: Boruttau, E., Grunderwerbsteuergesetz, 15. A. 2002; Pahlke, A./Franz, W.,
Grunderwerbsteuergesetz, 2. A. 1999; Hofmann, R./Hofmann, G., Grunderwerbsteuergesetz, 7. A.
2001
Grundgehalt ist der grundlegende Teil der →Dienstbezüge eines
→Beamten. Das G. berücksichtigt die Leistung und die
Verantwortung des →Amts. Seine Höhe ist durch die
→Besoldungsordnung festgesetzt.
Lit.: Peine, F./Heinlein, D., Beamtenrecht, 2. A. 1999
Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland (23. 5. 1949)
ist die →Verfassung Deutschlands. Das G. wurde vom
→Parlamentarischen Rat auf der Grundlage des Entwurfs eines
Sachverständigenausschusses (Herrenchiemseer Entwurf) am
8. 5. 1949 beschlossen, von den alliierten Besatzungsmächten
genehmigt und mit Ausnahme Bayerns von allen seinerzeitigen
Bundesländern angenommen. Es zerfällt in eine Präambel, einen
Grundrechtsteil und einen organisatorischen Teil (Verhältnis
zwischen Bund und Ländern, Bundestag, Bundesrat, Bundespräsident,
Bundesregierung, Bundesgesetzgebung, Bundesgesetzausführung,
Bundesverwaltung, Rechtsprechung, Finanzverwaltung). Es kann nur
durch ein →Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des
Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Eine solche
Änderung bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder
des →Bundestags und zwei Dritteln der Stimmen des →Bundesrats.
Eine Änderung, durch welche die Gliederung des Bunds in Länder,
die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder
die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt
werden, ist unzulässig (Art. 79 GG). Tragende Grundsätze sind
Bundesstaatlichkeit, Volkssouveränität, Rechtsstaatlichkeit und
Sozialstaatlichkeit.
Lit.: Maunz, T./Dürig, G., Grundgesetz (Lbl.), 42. A. 2003; Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG;
Model/Müller, GG; Grundgesetz, 56. A. 2003; Leibholz, G./Rinck, H./Hesselberger, G.,
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Lbl.), 7. A. 2002; Grundgesetz, hg. v. Hömig, D.,
7. A. 2003; Jarass, H./Pieroth, B., Grundgesetz, 7. A. 2004; Mangoldt, H. v./Klein, F. u. a., Das
Bonner Grundgesetz, 4. A. Bd. 1ff. 1999; Hesselberger, D., Das Grundgesetz, 12. A. 2001; Münch,
V./Kunig, P., Grundgesetzkommentar, Bd. 1ff. z. T. 5. A. 2000; Grundgesetz, hg. v. Sachs, M., 3. A.
2003; Schade, P., Grundgesetz, 5. A. 2000; Reich, A., Magdeburger Kommentar zum Grundgesetz,
1998; Berliner Kommentar zum Grundgesetz (Lbl.), hg. v. Friauf, K./Höfling, W., 2000;
Dokumente zur neuesten deutschen Verfassungsgeschichte, III/2 hg. v. Wilms, H., 2001; Geiger, R.,
Grundgesetz und Völkerrecht, 3. A. 2002
Grundherrschaft ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen
deutschen Recht (bis zur Agrarreform bzw. Bauernbefreiung im
frühen 19. Jh.) der vielleicht nach römischem Vorbild einem
(weltlichen oder geistlichen) Grundherrn (z. B. König, Erzbischof,
Herzog, Abt) gehörende Güterkomplex, den dieser – von einem
Haupthof (Fronhof, Salhof) aus – mit Hilfe abhängiger Bauern
(Grundholden, Hintersassen) bewirtschaftet.
Lit.: Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Grundkapital (§ 6 AktG) ist das von den →Aktionären der
→Aktiengesellschaft mindestens aufzubringende Kapital. Das G.
muss auf einen Nennbetrag in Euro lauten. Sein Mindestnennbetrag
ist 50000 Euro (§ 7 AktG). Es zerfällt in →Aktien
(Nennbetragsaktien oder Stückaktien). Seine Veränderung bedarf
einer Satzungsänderung. Das G. ist →Eigenkapital und in der
→Bilanz unter die →Passiva aufzunehmen. Es ist nicht identisch mit
dem vom Geschäftsverlauf abhängigen →Gesellschaftsvermögen.
Lit.: Bordt, K., Das Grund- und Stammkapital der Kapitalgesellschaften, 2. A. 1999
Grundlohn ist im Arbeitsrecht der auf den Kalendertag
umgerechnete Arbeitslohn, der im Sozialverwaltungsrecht vielfach
Bemessungsgrundlage für Beiträge und Leistungen ist.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Grundordnung ist die grundlegende Ordnung. Freiheitliche
demokratische G. (Artt. 18, 91 GG) ist der Inbegriff der
unveränderbaren Bestandteile der freiheitlichen Ordnung. Sein
Bestand ist für die Bundesrepublik Deutschland vor allem aus den
Art. 79 III, Art. 1 und Art. 20 GG zu entnehmen (str.) und betrifft das
→Rechtsstaatsprinzip, das →Demokratieprinzip, das
→Sozialstaatsprinzip und die →Bundesstaatlichkeit.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Grundpfandrecht ist im Sachenrecht das Sicherungsrecht
(Pfandrecht) an →Grundstücken. Es ist ein beschränktes dingliches
→Recht. Es ist entweder →Hypothek, →Grundschuld oder
→Rentenschuld.
Lit.: Gerhardt, W., Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, 9. A. 2001; Reischl, K., Grundfälle zu
den Grundpfandrechten, JuS 1998, 125
Grundpflicht ist die grundlegende Pflicht.
Lit.: Schmidt, T., Grundpflichten, 1999
Grundrecht (Art. 1ff., 142 GG) ist das dem Einzelnen und in
eingeschränktem Umfang auch der Vereinigung (z. B. der juristischen
Person) zustehende, verfassungsmäßig verbürgte grundlegende Recht
(Artt. 1-19, 20 II, IV, 101ff. GG). Das G. gewährt in erster Linie
Schutz gegenüber staatlichem →Eingriff (Freiheitsrechte). Daneben
strahlen die Grundrechte als Wertordnung auf das gesamte Recht aus
(→Drittwirkung) (str.). Gegen die Verletzung eines Grundrechts
durch die öffentliche →Gewalt kann jeder Betroffene die
→Verfassungsbeschwerde erheben (Art. 93 I Nr. 4a GG). Vom G. als
verfahrensrechtlich durchsetzbarem subjektivem Recht zu trennen ist
die bloße, den Staat verpflichtende Norm des objektiven
Verfassungsrechts (z. B. Recht auf Genuss der Naturschönheiten und
Erholung in der freien Natur in Sachsen).
Lit.: Pieroth, B./Schlink, B., Grundrechte, 18. A. 2002; Bleckmann, A., Staatsrecht II – Die
Grundrechte, 4. A. 1997; Pieper, H., Grundrechte, 9. A. 2000; Kugelmann, D., Grundrechte in
Europa, 1997; Kröger, K., Grundrechtsentwicklung, 1998; Wetter, I., Die Grundrechtscharta des
Europäischen Gerichtshofes, 1998; Eiffler, S., Der Grundrechtsschutz, JuS 1999, 1068; Manssen,
G., Grundrechte, 2. A. 2002; Jestaedt, M., Grundrechtsentfaltung im Gesetz, 2000; Schnapp,
F./Kaltenborn, M., Grundrechtsbindung nichtstaatlicher Institutionen, JuS 2000, 937; Gellermann,
M., Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande, 2000; Koch, T., Der Grundrechtsschutz des
Drittbetroffenen, 2000; Weber-Fas, R., Grundrechte Lexikon, 2001; Poscher, R., Grundrechte als
Abwehrrechte, 2003; Handbuch der Grundrechte, hg. v. Merten, D. u. a., Bd. 1ff. 2004ff.
Grundrechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von →Grundrechten
zu sein. Sie besteht beim Menschen grundsätzlich von der →Geburt
an. Sie steht nicht dem Staatsorgan Staatsanwaltschaft als
Strafverfolgungsorgan zu.
Lit.: Barden, S., Grundrechtsfähigkeit gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen, 2002
Grundrechtsmündigkeit ist die Fähigkeit des Menschen,
→Grundrechte selbständig geltend zu machen.
Grundrechtsschranke ist die durch →Gesetzesvorbehalt oder durch
das →Grundgesetz selbst (Verfassungsvorbehalt, z. B. Art. 9 II GG)
vorgenommene Begrenzung von →Grundrechten. Immanente G. ist
die nicht durch Gesetzesvorbehalt oder Verfassungsvorbehalt
ausdrücklich angeordnete, sondern dem Grundrecht selbst
ungeschrieben innewohnende und durch →Auslegung zu ermittelnde
G. Die Notwendigkeit immanenter Grundrechtsschranken ergibt sich
daraus, dass die Grundrechtsausübung des einen dort enden muss, wo
die Grundrechtsausübung des andern dies erfordert (Art. 1 GG).
Lit.: Sachs, M., Grundrechtsbegrenzungen außerhalb von Gesetzesvorbehalten, JuS 1995, 984;
Kube, H., Einzelfragen zur Rechtmäßigkeitsprüfung von Grundrechtsschranken, JuS 2003, 461
Grundrente ist zum einen in der Wirtschaftswissenschaft der Ertrag,
den der Grund (Grundstücke) ohne Arbeitsaufwand und ohne
Kapitalaufwand des Eigentümers abwirft. Zum andern ist G. im
Sozialverwaltungsrecht ein Teil der →Rente, der unabhängig vom
Einkommen des Bezugsberechtigten gewährt wird.
Grundsatz ist die allgemeine, unbestreitbare Regel. Diese wird aber
vielfach durch einzelne Ausnahmen durchbrochen. Durch
→Zustimmungsgesetz (Art. 109 III GG) können für Bund und Länder
gemeinsam geltende Grundsätze für das Haushaltsrecht, eine
konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und eine mehrjährige
Finanzplanung festgelegt werden. Im Verwaltungsrecht (Art. 33 V
GG) sind die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums die
das Beamtentum tragenden, seit längerem anerkannten Grundregeln
(z. B. die Ausgestaltung des →Beamtenverhältnisses als öffentlichrechtliches Dienst- und Treueverhältnis, die Gewährung
angemessener Bezüge – nicht die Gewährung von →Beihilfe –, der
G. parteipolitischer Neutralität im Amt, das Koalitionsrecht, der
Schutz gegen willkürliche Beendigung des Beamtenverhältnisses und
die Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes).
Lit.: Wagner, F., Beamtenrecht, 7. A. 2002; Hain, K., Die Grundsätze des Grundgesetzes, 1999
Grundschuld (§ 1191 BGB) ist die Belastung eines →Grundstücks
in der Weise, dass an den, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt,
eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist. Die G.
ist ein beschränktes dingliches →Recht (→Grundpfandrecht). Sie
entsteht durch Einigung und Eintragung in das Grundbuch (§ 873 I
BGB). Im Gegensatz zur →Hypothek ist sie nicht vom Bestand einer
→Forderung abhängig (nicht akzessorisch) und wird deswegen in der
Rechtswirklichkeit – in der Form der zur Sicherung einer Forderung
geschaffenen Sicherungsgrundschuld – der Hypothek vielfach
vorgezogen. Die G. kann als →Briefgrundschuld oder
→Buchgrundschuld und für den Eigentümer (§ 1196 BGB,
→Eigentümergrundschuld) oder für den jeweiligen Inhaber des
Grundschuldbriefs (§ 1195 Inhabergrundschuld) bestellt werden.
Lit.: Rauch, W./Zimmermann, S., Grundschuld und Hypothek, 2. A. 1998; Goertz, A./Roloff, S., Die
Anwendung des Hypothekenrechts auf die Grundschuld, JuS 2000, 762; Gaberdiel, H.,
Kreditsicherung durch Grundschulden, 6. A. 2000
Grundsteuer ist die von →Grundstücken und grundstücksgleichen
Rechten zu entrichtende →Steuer. Sie ist →Realsteuer
(→Ertragsteuer) und →Gemeindesteuer. Sie wird auf Grund des
→Einheitswerts erhoben, wobei zwischen landwirtschaftlichen und
forstwirtschaftlichen Grundstücken, baureifen Grundstücken und
bebauten Grundstücken unterschieden wird.
Lit.: Troll, M., Grundsteuergesetz, 7. A. 1998; Halaczinsky, R., Grundsteuer – Kommentar, 1995;
Horschitz, H., Bewertungsrecht, Grundsteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer, 14. A. 1999
Grundstück ist der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der
im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts unter einer besonderen
Nummer gebucht ist. Das G. ist eine unbewegliche →Sache. Für
Grundstücke gelten im Sachenrecht teilweise besondere Regeln (z. B.
→Übereignung durch →Auflassung und →Eintragung in das
→Grundbuch, §§ 873ff. BGB). Vom G. ist zu unterscheiden die
vermessungstechnische Flurstücknummer (Katasterparzelle). Ein G.
kann verändert werden durch Vereinigung, Abschreibung oder
Zuschreibung (§§ 5ff. GBO).
Lit.: GrundstR, 4. A. 2004; Bub, W./Schmid, M., Grundstücke, 9. A. 2003; Keller, U., Grundstücke
in Vollstreckung und Insolvenz, 1998; Grundstücksrecht Ost (Lbl.), hg. v. Prütting, H. u. a., 2003;
Wegmann, B., Grundstücksüberlassung, 2. A. 1999; Handbuch der Grundstückspraxis, hg. v.
Lambert-Lang/Tropf/Frenz, 2000; Simon, J./Cors, C./Halaczinsky, R./Teß, W., Handbuch der
Grundstückswertermittlung, 2003
Grundstückskauf ist der →Kauf eines →Grundstücks. Nach § 311b
BGB bedarf ein →Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet,
das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben,
der notariellen →Beurkundung. Ein ohne Beobachtung dieser Form
geschlossener Vertrag ist grundsätzlich nichtig (§ 125 BGB), wird
aber seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die
Eintragung in das Grundbuch erfolgen (§ 311b S. 2 BGB). Nicht
formbedürftig ist dagegen beispielsweise der Auftrag zum
treuhänderischen Erwerb von Miteigentumsanteilen an einem
Grundstück.
Lit.: Hagen, H./Brambring, G., Der Grundstückskauf, 9. A. 2003; Dubischar, R., Der
fehlgeschlagene Grundstückskauf, JuS 2002, 131; Waldner, W., Praktische Fragen des
Grundstückskaufvertrages, 2003
Grundstücksrecht ist die Gesamtheit der →Grundstücke
betreffenden →Rechtssätze. Rechte an einem Einzelnen Grundstück
sind neben dem →Eigentum (und dem →Erbbaurecht) bestimmte
beschränkte dingliche →Rechte (z. B. →Grundpfandrecht,
Grunddienstbarkeit, Nießbrauch, Vorkaufsrecht, Reallast), die
entweder einer Person (Personalrecht) oder dem jeweiligen
Eigentümer eines Grundstücks (Realrecht) zustehen. Die Übertragung
des Eigentums an einem Grundstück, die Belastung eines
Grundstücks mit einem Recht sowie die Übertragung oder Belastung
eines Rechts bedürfen der Einigung und Eintragung in das
→Grundbuch (§ 873 BGB). Die Aufhebung eines Rechts an einem
Grundstück setzt grundsätzlich die Aufgabeerklärung und die
→Löschung des Rechts im Grundbuch voraus (§ 875 BGB). Für
Änderungen des Inhalts eines Rechts an einem Grundstück gelten die
§§ 873, 875 BGB entsprechend (§ 877 BGB).
Lit.: Wolf, Sachenrecht; Weirich, H., Grundstücksrecht, 2. A. 1996; Prütting, H., u. a.,
Grundstücksrecht Ost (Lbl.), 1998; Eickmann, D., Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern,
3. A. 1996; GrdstR, hg. v. Stürner, R., 3. A. 2002
Grundstücksverkehr ist der →Erwerb bzw. die →Veräußerung von
→Grundstücken. Er unterliegt teilweise öffentlich-rechtlichen
Genehmigungspflichten (Grundstücksverkehrsgesetz für
landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Grundstücke). Er
unterfällt der Grunderwerbsteuerpflicht.
Lit.: Balser, H./Rühlicke, I., Handbuch des Grundstücksverkehrs, 2. A. 1979; Bub, W./Schmid, M.
Grundstücke, 9. A. 2003; Langenfeld, G./Günther, K., Grundstückszuwendungen, 4. A. 1999
Gründung einer Gesellschaft (z. B. §§ 23ff. AktG) ist die Bildung
der →Gesellschaft durch Abschluss des →Gesellschaftsvertrags. Sie
ist meist eine von mehreren Voraussetzungen für die Entstehung der
Gesellschaft. Mit der G. entsteht mindestens eine Vorform der
angestrebten Gesellschaft (Vorgesellschaft), die mit dieser
grundsätzlich identisch ist.
Lit.: Kießling, E., Vorgründungs- und Vorgesellschaften, 1999; Koch, J., Die Nachgründung, 2002
Gründungsfreiheit →Vereinigungsfreiheit
Gründungsgesellschaft →Gründung
Gründungsvertrag ist der zum Zweck der Bildung einer
→Gesellschaft unter den künftigen Mitgliedern (Gründern)
abgeschlossene Vertrag (→Satzung, Statut). Der Vertrag wird
vielfach als →Gesamtakt angesehen. Sein Mindestinhalt ist von der
Art der zu bildenden Gesellschaft abhängig (z. B. §§ 57f. BGB, 23
AktG).
Lit.: Eisenhardt, Gesellschaftsrecht; Westermann, H., Handbuch der Personengesellschaft (Lbl.)
Grundurteil (z. B. §§ 304 ZPO, 111 VwGO) ist das →Urteil, in dem
über den Grund des klägerischen →Anspruchs vorab entschieden
wird. Es ist ein →Zwischenurteil, wird aber hinsichtlich der
Rechtsmittel wie ein →Endurteil behandelt. Es setzt voraus, dass ein
Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist und das Gericht den
Anspruch dem Grunde nach als begründet ansieht.
Lit.: Arnold, H., Das Grundurteil, 1996; Schröer, Urteilsformel bei Teil-, Schluss- und Grundurteil,
JA 1997, 318
Grundwehrdienst ist der Teil des →Wehrdiensts eines
Wehrpflichtigen, welcher der grundlegenden militärischen
Ausbildung dient.
Gruppe ist die Mehrzahl von Menschen, die durch einen Umstand zu
einer Einheit zusammengefasst ist. Sie ist Primärgruppe, wenn sie
durch enge, persönliche Bekanntschaft verbunden ist (z. B. Familie),
im Übrigen sekundäre G. (z. B. Übungsteilnehmer). Innerhalb der G.
besteht Gruppendynamik (z. B. Bildung von Rangverhältnissen,
Minoritäten, Rollen).
Lit.: Köbler, Jurist
Gruppenfreistellung ist die Freistellung einer Gruppe Beteiligter von
einer allgemeinen Bestimmung.
Lit.: Coenen, A., Rechtsfragen zur Anwendung von
Gruppenfreistellungsverordnungen, 1999; Roniger, R., Das neue
Vertriebskartellrecht, 2000; Köppen, M.,
Gruppenfreistellungsverordnungen, 2000; Liebscher/Flohr/Petsche,
Handbuch der EU-Gruppenfreistellungsverordnungen, 2003
Gruppenklage ist die von einer Gruppe Berechtigter erhobene Klage.
Lit.: Die Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, hg. v.
Basedow, J., 1999; Kollektiver Rechtsschutz im Zivilprozessrecht, hg.
v. Brönneke, T., 2001; Eichholz, S., Die US-amerikanische class
action, 2002
Gruppenwahl ist die Form der →Wahl, bei der die Wahlberechtigten
vorweg in Gruppen aufgeteilt werden und innerhalb dieser nach dem
Grundsatz der Verhältniswahl wählen. Das Prinzip der G. gilt für die
Wahl des →Personalrats.
günstig (Adj.) vorteilhaft
Günstigkeitsprinzip (§ 4 III TVG) ist der Grundsatz, dass von
mehreren auf ein Arbeitsverhältnis anwendbaren Bestimmungen
jeweils die für den →Arbeitnehmer günstigste gilt.
Lit.: Hein, J. v., Das Günstigkeitsprinzip, 1999
Gutachten ist die Beurteilung einer Frage durch einen Fachmann. Im
Verfahrensrecht wird ein G. eines Mitglieds eines Gerichts vielfach
als Entscheidungsvorschlag verwandt. Deshalb besteht die juristische
Ausbildung vor allem in der Erstellung von G. zu (vereinfachten)
Rechtsfällen. Diese G. sind nach der Gutachtenmethode zu verfassen,
die mit den Voraussetzungen beginnt und auf ein Ergebnis hinführt.
Sie ist gekennzeichnet durch die Wörter also, folglich und steht im
Gegensatz zur Urteilsmethode, die ein vorangestelltes Ergebnis
nachträglich begründet (denn, weil). In einer Ausbildungsarbeit ist
meist dann, wenn die Zulässigkeit einer Klage im G. verneint wird,
die Begründetheit der Klage in einem Hilfsgutachten zu prüfen.
Daneben dienen im Verfahrensrecht die G. von →Sachverständigen
den Gerichten als Entscheidungshilfen bei der Beurteilung von
Tatsachen (z. B. Fahruntauglichkeit, Vaterschaft), vermitteln also nur
fehlende Sachkunde. Die Würdigung des Gutachtens steht allein dem
→Gericht zu (vgl. § 286 ZPO).
Lit.: Emde, R., Formulierungshilfen zu Gutachten, Anklageschrift und Begleitverfügung, JuS 1996,
442ff.; Sattelmacher, P./Sirp, W./Schuschke, W., Bericht, Gutachten und Urteil, 33. A. 2003; Berg,
H./Zimmermann, W., Gutachten und Urteil, 17. A. 1997; Schnapp, F., Wann und warum fertigt man
ein Hilfsgutachten?, JuS 1998, 420; Medizinisches Gutachten im Prozess, hg. v. Ehlers, A., 2. A.
2000; Rabe von Kühlewein, M., Das sog. B-Gutachten in der staatsanwaltschaftlichen
Assessorklausur, JuS 2002, 271
Güterabwägung ist der Vergleich des Werts zweier Güter. Die G. ist
vielfach dann erforderlich, wenn von zwei →Rechtsgütern nur eines
auf Kosten des andern gerettet werden bzw. sich entfalten kann. Dann
darf nur das minderwertige Gut zu Gunsten des höherwertigen
verletzt bzw. eingeschränkt werden (vgl. §§ 228, 904 BGB).
Lit.: Zippelius, Rechtsphilosophie
Gütergemeinschaft (§ 1416 BGB) ist der vertragliche →Güterstand,
bei dem grundsätzlich das gesamte →Vermögen der Ehegatten, das
sie bei Eingehung der →Ehe haben oder später erwerben, kraft
Gesetzes gemeinschaftliches →Vermögen (Gesamtgut) wird.
Ausgenommen bleiben nur Sondergut und Vorbehaltsgut. Das
Gesamtgut der G. ist gesamthänderisch gebunden und wird
regelmäßig gemeinschaftlich verwaltet, kann aber auch von jedem der
Ehegatten einzeln verwaltet werden. Stirbt einer der Ehegatten, so
endet grundsätzlich die G. Es kann aber auf Grund vorherigen
→Ehevertrags der überlebende Ehegatte die G. mit den
gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortsetzen (fortgesetzte G.,
§§ 1483ff. BGB).
Lit.: Rohr, M., Die fortgesetzte Gütergemeinschaft, Diss. jur. Münster 1999; Wittich, T. Die
Gütergemeinschaft, 2000
guter Glaube →Glaube, guter
Güterkraftverkehr ist die geschäftsmäßige oder entgeltliche
Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen mit einem höheren
zulässigen Gesamtgewicht als 3,5 Tonnen (in Deutschland 1997 rund
50000 Unternehmen). Für den G. gilt das Güterkraftverkehrsgesetz.
Nach ihm ist der gewerbliche G. erlaubnispflichtig, ausgenommen der
Werksverkehr (Beförderung eigener Güter). Auf Grund der sog.
Kabotagefreiheit kann ab 1. 7. 1998 jeder Transportunternehmer mit
sog. Gemeinschaftslizenz in beliebigem Umfang Transportaufträge in
andern Ländern der Europäischen Union ausführen.
Lit.: Koller, I., Transportrecht, 4. A. 2000; Martell, M., Das neue Güterkraftverkehrsgesetz, NJW
1999, 193
Güterrecht, eheliches (§§ 1363ff. BGB) ist die Gesamtheit der die
Vermögensverhältnisse der Ehegatten betreffenden Rechtssätze.
Gesetzliches Güterrecht ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch die
→Zugewinngemeinschaft (Gütertrennung mit Zugewinnausgleich bei
Ehebeendigung). Sie kann aber durch →Ehevertrag abbedungen
werden (§ 1408 BGB). →Gütergemeinschaft, Gütertrennung
Lit.: Krüger, Steuerrechtsfolgen ehelicher Güterrechtsgestaltungen, 1978; Börger, U., Eheliches
Güterrecht, 1989
Güterrechtsregister (§§ 1558ff. BGB) ist das öffentliche →Register
für die das vertragliche eheliche →Güterrecht betreffenden
Eintragungen. Es wird beim →Amtsgericht (des gewöhnlichen
Aufenthaltsorts eines Ehegatten) im Rahmen der freiwilligen
→Gerichtsbarkeit geführt und genießt negative →Publizität. Die
Einsicht ist jedem gestattet.
Güterstand ist der das →Güterrecht der Eheleute betreffende Stand
(Zustand) der Vermögensverhältnisse. Der G. kann gesetzlicher G.
(→Zugewinngemeinschaft) oder gewillkürter (vertraglicher) G.
(Wahlgüterstand, →Gütergemeinschaft, →Gütertrennung) sein. Er
kann auch über die Beendigung der Ehe hinauswirken (fortgesetzte
Gütergemeinschaft). Vor dem 1. 7. 1958 (Gleichberechtigungsgesetz)
geschlossene →Eheverträge, die auf ältere Güterstände Bezug
nehmen, gelten fort. Der bloße Ausschluss des gesetzlichen
Güterstands ohne Vereinbarung eines vertraglichen Güterstands
bewirkt den Eintritt der →Gütertrennung (§ 1414 BGB).
Lit.: Schwab, D., Familienrecht; Kanzleiter, R., Vereinbarungen unter Ehegatten, 5. A. 1997
Gütertrennung (§ 1414 BGB) ist der Zustand, der hinsichtlich der
Vermögensverhältnisse der Ehegatten eintritt, wenn die Ehegatten den
gesetzlichen →Güterstand (→Zugewinngemeinschaft) ausschließen
oder aufheben und nicht in einem →Ehevertrag etwas anderes
vereinbaren. Dann werden sie ehegüterrechtlich so behandelt, als
wären sie nicht verheiratet. Jedem von ihnen stehen die ihm
gehörigen und die von ihm erworbenen Gegenstände ausschließlich
zu.
gute Sitten →Sitten, gute, →Sittenwidrigkeit
Gütestelle ist die für den vor bestimmten →Klagen (nicht z. B.
Mahnverfahren) erforderlichen Einigungsversuch vorgesehene Stelle.
Ihre Einrichtung ist dem Landesgesetzgeber überlassen (derzeit in
Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und
Thüringen nicht geplant). Dadurch ist bereits am Ende des Jahrs 2001
in Deutschland unnötige Rechtsunsicherheit eingetreten.
Lit.: Zietsch, U./Roschmann, K., Die Regelungen des vorprozessualen
Güteverfahrens, NJW 2001, Heft 51, Beilage 3*; Serwe, A.,
Gütestellen- und Schlichtungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2002
Güteverfahren oder gütliche Beilegung des Rechtsstreits (§ 278 I
ZPO) ist das Verfahren, das eine einverständliche Lösung eines
Streits anstrebt. Im Zivilverfahrensrecht geht der mündlichen
Verhandlung eine Güteverhandlung voraus, sofern nicht bereits ein
Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle
stattgefunden hat (derzeit in Bremen, Hamburg, Niedersachsen,
Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen nicht geplant) oder die
Güteverhandlung erkennbar aussichtslos erscheint. Im
Arbeitsverfahrensrecht (§ 54 ArbGG) beginnt die mündliche
→Verhandlung mit einer Verhandlung vor dem →Vorsitzenden zum
Zweck der gütlichen Einigung der Parteien (Güteverhandlung). Das
G. endet vielfach mit einem →Vergleich.
Lit.: Morasch, Schieds- und Schlichtungsstellen in der Bundesrepublik, 1984
Güteverhandlung (§ 278 II 1 ZPO) ist die im Rahmen des
→Güteverfahrens stattfindende mündliche Verhandlung vor dem
Vorsitzenden des Gerichts bzw. Arbeitsgerichts (§ 54 ArbGG). Nach
§ 278 II 2 ZPO hat nach Anordnung des persönlichen Erscheinens der
Parteien das Gericht in der G. den Sach- und Streitstand mit den
Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und,
soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Erscheinen beide Parteien
nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Erscheint eine Partei
nicht oder ist die G. erfolglos, soll sich die mündliche Verhandlung
unmittelbar anschließen (§ 279 I 1 ZPO).
Gutglaubensschutz →Erwerb, gutgläubiger
gutgläubiger Erwerb →Erwerb, gutgläubiger
Gutschein ist die einfache Urkunde über ein Recht. Sie kann
→Inhaberzeichen oder →Schuldschein sein. Des Öfteren wird statt
Geld ein G. ausgegeben.
Gutsherrschaft ist im frühneuzeitlichen Recht Ostmitteleuropas der
geschlossene, in Eigenwirtschaft durch Tagelöhner bewirtschaftete
Großgrundbesitz, wobei der Eigentümer meist auch die unteren
hoheitlichen Funktionen (Gerichtsbarkeit, Polizei) ausübt.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
H
Haager Kaufrechtsübereinkommen vom 1. 7. 1964 ist das
völkerrechtliche Übereinkommen über den Abschluss und die
Ausgestaltung eines internationalen →Kaufs beweglicher Sachen, das
durch das Wiener UNCITRAL-Übereinkommen über internationale
Warenkaufverträge vom 11. 4. 1980 (in Kraft seit 1. 1. 1988)
fortgeführt ist.
Haager Landkriegsordnung (HLKO) ist das auf den Haager
Friedenskonferenzen von 1899/1907 geschlossene Abkommen über
die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs. Die HLKO regelt vor
allem die erlaubten Kriegshandlungen, die Behandlung von
→Kriegsgefangenen und die Rechte der →Besatzungsmächte. Sie gilt
in der Gegenwart als Bestandteil des allgemeinen →Völkerrechts.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Habeas-Corpus-Act (du mögest einen Körper haben-Akte) ist das
englische Gesetz von 1679, das es verbietet, dass ein englischer
Untertan ohne gerichtliche Untersuchung in →Haft gehalten wird.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Habgier (§ 211 II StGB) ist das Qualifikationsmerkmal eines
Verhaltens, das ein übertriebenes Streben nach wirtschaftlichen
Vorteilen voraussetzt. Es genügt, dass der Täter von dem Verlangen
getrieben ist, um jeden Preis und ohne jede Rücksicht irgendeinen
dem Opfer zustehenden Vermögensgegenstand zu erwerben. Wer aus
H. einen Menschen tötet, ist →Mörder.
Habilitation ist der Nachweis einer erhöhten wissenschaftlichen
Befähigung an einer →Universität. Die H. setzt die – gute bis sehr
gute – →Promotion voraus. Sie erfolgt durch den →Fachbereich
(Fakultät) meist auf Grund einer Habilitationsschrift und eines
wissenschaftlichen Kolloquiums (sowie einer Probevorlesung). Die
H. begründet in den meisten Bundesländern die Befugnis zur
Abhaltung von Lehrveranstaltungen →(venia legendi), gewährt
allerdings keinen Anspruch auf ein →Amt oder eine →Besoldung.
Meist ist sie eine tatsächliche Voraussetzung für die Berufung in ein
Amt (→Professur, Lehrstuhl, Dozentur) an einer Universität. (1997
wurden in Deutschland 1740 Habilitationen abgeschlossen.) Ab 2002
soll die H. in Deutschland durch Einrichtung von →Juniorprofessoren
entbehrlich werden.
Lit.: Köbler, Jurist
Haft ist die amtliche Entziehung der Bewegungsfreiheit vor allem
zum Zweck der Untersuchung (oder Bestrafung, →Freiheitsstrafe)
und der Erzwingung einer →Handlung. Im Strafverfahrensrecht
(§ 112 StPO) kann der Beschuldigte bei Vorliegen dringenden
→Tatverdachts sowie eines →Haftgrunds in →Untersuchungshaft
genommen werden. Ein auf frischer Tat festgenommener Täter kann
bis zu eine Woche in H. genommen werden, wenn in dieser Zeit in
einem beschleunigten Verfahren auf Grund des einfachen
Sachverhalts oder der klaren Beweislage die →Hauptverhandlung zu
erwarten ist (§§ 127b II, 417ff. StPO). Im Zivilverfahrensrecht (§ 901
ZPO) hat das Gericht gegen den →Schuldner, der in dem zur Abgabe
einer →Versicherung an Eides Statt bestimmten Termin nicht
erscheint oder die Abgabe der Versicherung ohne Grund verweigert,
zur Erzwingung der Abgabe auf Antrag die H. anzuordnen. Ebenso
kann der persönliche →Arrest durch die H. erfolgen (§ 933 ZPO).
Gegen →Zeugen kann zur Erzwingung des →Zeugnisses die H.
angeordnet werden (§§ 390 II ZPO, 70 II StPO). (In Deutschland
kostete die Haft eines Häftlings rund 75 Euro täglich.) →Zwangshaft
Lit.: Heischel, O., § 455 StPO – Die Haftverschonung aus Gesundheitsgründen, 1998
Haftbefehl (z. B. § 114 StPO) ist die schriftliche →Anordnung des
→Richters, einen Menschen in →Haft zu nehmen. Der H. hat
grundsätzlich einen bestimmten Mindestinhalt. Er ist dem Betroffenen
bei der →Verhaftung bekannt zu geben. Von der Verhaftung ist ein
→Angehöriger oder eine Vertrauensperson zu unterrichten. Im
Haftprüfungsverfahren ist zu prüfen, ob der H. aufzuheben oder sein
Vollzug auszusetzen ist. Der H. ist aufzuheben, wenn seine
Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Vom H. ist die →Festnahme
zu unterscheiden.
Lit.: Volk, E., Haftbefehle, 1995
Haftgrund ist der Grund, weshalb ein Mensch in →Haft genommen
werden kann. Im Strafverfahrensrecht (§§ 112ff. StPO) sind die
Haftgründe genau bestimmt. Ein H. besteht danach vor allem, wenn
auf Grund bestimmter Tatsachen festgestellt wird, dass der
→Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält (Flucht), bei
Würdigung der Umstände des Einzelfalls die →Gefahr besteht, dass
der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde
(Fluchtgefahr) oder das →Verhalten des Beschuldigten den
dringenden Verdacht begründet, er werde →Beweismittel vernichten,
verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder auf
Mitbeschuldigte, →Zeugen oder →Sachverständige in unlauterer
Weise einwirken oder andere zu solchem Verhalten veranlassen, und
wenn deshalb die Gefahr droht, dass die Ermittlung der Wahrheit
erschwert werde (Verdunklungsgefahr) oder wenn bei bestimmten
Straftaten die Gefahr der Fortsetzung oder Wiederholung besteht
(Wiederholungsgefahr). Bei einzelnen besonders schweren Straftaten
genügt als H. der dringende →Tatverdacht.
Lit.: Anagnostopoulos, Haftgründe der Tatschwere und der Wiederholungsgefahr (§§ 112 II, 112a
StPO), 1984
Häftling ist der in →Haft befindliche Mensch.
Haftpflicht ist die Verpflichtung zum →Ersatz eines →Schadens.
Die H. kann sich auf eine rechtswidrige schuldhafte →Handlung
gründen oder auf eine rechtswidrige, schuldlose Schädigung durch
eine gefährliche →Anlage oder einen gefährlichen →Gegenstand.
Gegen Inanspruchnahme aus einer H. ist der Abschluss einer
Versicherung möglich.
Lit.: Hofmann, E., Haftpflichtrecht für die Praxis, 1989; Budewig, K./Gehrlein, M., Das
Haftpflichtrecht nach der Reform, 2003
Haftpflichtgesetz ist das am 7. 6. 1871 als →Reichshaftpflichtgesetz
geschaffene und seit dem 4. 1. 1978 umbenannte Gesetz über die
Haftpflicht (→Gefährdungshaftung) von Bahnbetriebsunternehmern,
Energieanlageinhabern und sonstigen bestimmten
Betriebsunternehmern.
Lit.: Filthaut, W., Haftpflichtgesetz, 6. A. 2003
Haftpflichtprozess ist der eine →Haftpflicht betreffende
→Zivilprozess.
Lit.: Geigel, Haftpflichtprozess, hg. v. Schlegelmilch, G., 24. A. 2004
Haftpflichtversicherung (§§ 149ff. VVG) ist die →Versicherung
gegen Inanspruchnahme aus einer →Haftpflicht (z. B.
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung). Die H. ist eine
→Schadensversicherung, bei welcher der Versicherer vor allem
verpflichtet ist, dem Versicherungsnehmer die Leistung zu ersetzen,
die dieser auf Grund seiner Verantwortlichkeit für eine während der
Versicherungszeit eintretende Tatsache an einen Dritten zu bewirken
hat. Vielfach leistet der Versicherer dem Dritten unmittelbar.
Lit.: Heimbücher, B., Einführung in die Haftpflichtversicherung, 4. A. 1998; Vogel, J./Stockmeier,
H., Umwelthaftpflichtversicherung, 1997; Dengler, M., Die Haftpflichtversicherung, 3. A. 2004;
Büsken, R., Allgemeine Haftpflichtversicherung, 4. A. 2000; Littbarski, S., AHB
Haftpflichtversicherung, 2001
Haftprüfung (§ 117 StPO) ist die gerichtliche Prüfung, ob der
→Haftbefehl aufzuheben oder sein Vollzug auszusetzen ist. Der
→Beschuldigte kann die H. jederzeit beantragen. Statt dessen kann er
auch →Beschwerde erheben (§ 304 StPO).
Lit.: Solbach, Probleme der Haftbeschwerdeentscheidung und des Haftprüfungsantrags, JA 1991,
85ff.
Haftstrafe war bis zum 4. 8. 1953 die durch Haft vollzogene
besondere Form der →Freiheitsstrafe.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Haftunfähigkeit ist die körperlich bedingte Unfähigkeit eines
Menschen, in →Haft genommen und bzw. oder gehalten zu werden.
Sie führt entweder zur Aufhebung der Haft oder zur Überwachung in
einer Krankenanstalt oder sonstigen geeigneten →Anstalt.
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht
Haftung ist in erster Linie das Unterworfensein des →Schuldners als
Person mit dem →Vermögen – nicht der Person selbst – unter den
Vollstreckungszugriff des →Gläubigers. Gegensatz hierzu ist die
→Schuld als das Leistensollen des Schuldners, das seinem Inhalt
nach auf eine bestimmte Leistungshandlung gerichtet ist. Dabei gilt
zwar der Grundsatz wer schuldet, der haftet (grundsätzlich mit seinem
gesamten Vermögen), doch gibt es ausnahmsweise auch Schuld ohne
Haftung (z. B. bei dauernder Einrede) und Haftung ohne Schuld (z. B.
bei →Pfandrechten). Beschränkte H. ist die entweder auf einzelne
Gegenstände, eine bestimmte Höchstsumme oder einen bestimmten
Teil einer Schuld beschränkte H., wobei zu beachten ist, dass die sog.
→Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ebenso wie
grundsätzlich jeder Schuldner unbeschränkt, also mit ihrem ganzen
Vermögen, haftet. Nach § 1629a BGB ist die Haftung eines
Minderjährigen auf den Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit
vorhandenen Vermögens beschränkt. Im Übrigen wird Haftung auch
im Sinn von Schuld gebraucht (z. B. § 840 I BGB) oder bedeutet, dass
bei Vorliegen gewisser Tatbestände die Rechtsfolge →Schadensersatz
eintritt (z. B. →Verschuldenshaftung, →Gefährdungshaftung,
→Billigkeitshaftung, →Aufopferungshaftung).
Lit.: Stoll, H., Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, 1993; Greger, R., Haftungsrecht des
Straßenverkehrs, 3. A. 1997; Rüßmann, H., Vertragshaftung, Schadensersatz und Interessenschutz,
JuS 2000, L 38; Wertenbruch, J., Die Haftung von Gesellschaften, 2000; Sandmann, B., Die
Haftung von Arbeitnehmern, Geschäftsführern und leitenden Angestellten, 2001
haftungsausfüllende Kausalität →Kausalität, haftungsausfüllende
Haftungsausschluss ist der gesetzliche oder rechtsgeschäftliche
Ausschluss einer →Haftung. Er ist grundsätzlich zulässig. Der
rechtsgeschäftliche H. kann aber durch Gesetz besonders
ausgeschlossen sein (z. B. § 276 III BGB).
Lit.: Thyssen, B., Die Haftungsfreizeichnung, 1997; Waltermann, R., Haftungsfreistellung bei
Personenschäden, NJW 2004, 901
haftungsbegründende Kausalität →Kausalität,
haftungsbegründende
Haftungsbeschränkung ist die Beschränkung der →Haftung. Die H.
kann auf Gesetz oder Rechtsgeschäft beruhen. Die Haftung wegen
(eigenen) Vorsatzes kann dem Schuldner im voraus nicht erlassen
werden (§ 276 III BGB). Nach § 1629a BGB ist die Haftung eines
Minderjährigen auf den Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit
vorhandenen Vermögens beschränkt.
Lit.: Haftungsbeschränkungen/Karlsruher Forum 1999, 1999; Meyer, J., Haftungsbeschränkung im
Recht der Handelsgesellschaften, 2000; Bruns, A., Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung,
2003
Haftungsrecht ist das die →Haftung betreffende Recht.
→Schadensersatz
Lit.: Deutsch, E., Allgemeines Haftungsrecht, 2. A. 1996; Greger, R., Haftungsrecht des
Straßenverkehrs, 3. A. 1997; Prinzipien des Haftungsrechts, hg. v. Brüggemeier, G., 1999; Körner,
M., Zur Aufgabe des Haftungsrechts, NJW 2000, 241; Rotermund, C., Haftungsrecht in der
kommunalen Praxis, 2. A. 2001; Wurmnest, W., Grundzüge eines europäischen Haftungsrechts,
2003
Halbwaise ist das Kind, dessen Vater oder Mutter verstorben ist,
dessen anderer Elternteil also noch lebt.
Halsgerichtsordnung ist im spätmittelalterlichen und
frühneuzeitlichen deutschen Recht eine Bezeichnung für ein
Strafgesetz und Strafverfahrensgesetz (z. B. die Peinliche
Gerichtsordnung Karls V. von 1532, [lat.] Constitutio [F.] Criminalis
Carolina).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997; Die Peinliche Gerichtsordnung
Kaiser Karls V., hg. v. Schroeder, F., 2000
Halten ist im Straßenverkehrsrecht jede gewollte, nicht
verkehrsbedingte Unterbrechung der Fahrt. Nach § 12 I StVO ist an
zahlreichen Stellen H. unzulässig. →Parken
Halter →Kraftfahrzeughalter, Tierhalter
Hamburg ist das an der unteren Elbe gelegene, überwiegend von
Niedersachsen und Schleswig-Holstein eingeschlossene
→Bundesland (Freie und Hansestadt Hamburg). Seine
Landesverfassung stammt vom 6. 6. 1952. Seine Organe sind
→Bürgerschaft und →Senat.
Lit.: Hamburgische Gesetze (Lbl.), hg. v. Ramsauer, U., 9. A. 2004; Sammlung des hamburgischen
Rechts, hg. v. Hoffmann-Riem, W., 4. A. 2003; Hamburgisches Staats- und Verwaltungsrecht, hg. v.
Hoffmann-Riem, W. u. a., 2. A. 1998; Thieme, W., Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg,
1998; Die Bundesrepublik Deutschland, Staatshandbuch Hamburg, hg. v. Kammer, M., 2. A. 2002
Hammelsprung (§ 51 GO-BTag) ist das Verfahren zur Ermittlung
eines Abstimmungsergebnisses, bei dem die →Abgeordneten den
Sitzungssaal durch eine von drei mit ja, nein, oder Enthaltung
gekennzeichneten Türen betreten und dabei gezählt werden.
Hand ist der zum Greifen geeignete Körperteil eines Primaten.
Öffentliche H. ist die Bezeichnung für die Gesamtheit der juristischen
→Personen des öffentlichen →Rechts in ihrer Eigenschaft als
Teilnehmer am allgemeinen Wirtschaftsverkehr.
Hand wahre Hand ist im hochmittelalterlichen deutschen Recht die
in Alter und Herkunft streitige Wendung, die zum Ausdruck bringen
soll, dass der Eigentümer, der einem andern eine bewegliche Sache
anvertraut, diese nur von diesem, nicht dagegen von einem Dritten, an
den die Sache vom unmittelbaren Empfänger aus gelangt ist,
zurückverlangen kann.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Anners, E., Hand wahre Hand, 1952
Handel ist im engeren Sinn der Ankauf und Verkauf von →Waren,
im weiteren Sinn die Gesamtheit der Tätigkeiten, die den Umlauf der
Güter vom Hersteller zum Verbraucher vermitteln. Das Recht des
Handels ist in der →Gewerbeordnung, dem →Handelsgesetzbuch und
verschiedenen Einzelgesetzen geregelt. In der Wirtschaft wird vor
allem zwischen →Großhandel und →Einzelhandel unterschieden.
Handeln ist das willensgetragene menschliche Verhalten zur
Gestaltung der Wirklichkeit (→Handlung, Verhalten). Konkludentes
(schlüssiges) H. ist das Verhalten, das eine Zielsetzung nicht
unmittelbar durch eine ausdrückliche →Erklärung, sondern nur
mittelbar erkennen lässt (z. B. Tanken und Bezahlen an einer
Selbstbedienungstankstelle als auf den Abschluss eines Kaufvertrags
[und auf Einigung über den Eigentumsübergang] gerichtetes
→wortloses H.). Wann konkludentes H. – und damit nicht bloßes
→Schweigen – vorliegt, muss durch (oft schwierige) →Auslegung
ermittelt werden. H. auf eigene Gefahr ist das bewusste
Sichselbstgefährden (z. B. Mitfahren mit einem Fahrer ohne
Führerschein). Wird der Handelnde bei dem Geschehen verletzt, so ist
sein Verhalten nach § 254 BGB zu berücksichtigen. Dadurch kann
sich die Pflicht des andern zur Leistung von →Schadensersatz
verringern. H. im eigenen Namen ist das Auftreten einer Person für
sich selbst, H. im fremden Namen das Auftreten für einen andern. Die
unmittelbare →Stellvertretung erfordert die Abgabe einer
Willenserklärung im Namen des Vertretenen. Schlicht-hoheitliches H.
ist das H. eines Trägers hoheitlicher Gewalt zu öffentlich-rechtlichem
Zweck in öffentlich-rechtlicher Form unter Verzicht auf
Verwaltungszwang (z. B. Daseinsvorsorge).
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil; Maurer, Verwaltungsrecht; Choi, S., Handeln auf eigene
Gefahr, Diss. jur. Würzburg 1996
Handelsbilanz →Bilanz
Lit.: Wöhe, G., Die Handels- und Steuerbilanz, 4. A. 2001; HGBBilanzrecht, hg. v. Ulmer, P., 2002
Handelsbrauch (§ 346 HGB) ist die Gesamtheit der unter
→Kaufleuten im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten (nicht
→Gewohnheitsrecht) und Gebräuche bzw. die →Verkehrssitte des
Handels. Der H. entsteht durch tatsächliche Übung während eines
gewissen Zeitraums auf Grund der Zustimmung der Beteiligten. Er
gilt ohne besondere Bezugnahme im Einzelvertrag und geht
nachgiebigem →Recht vor (teilweise str.). Der H. dient der
Ausfüllung von Lücken in Einzelvereinbarungen. Er wird vom
Gericht auf Grund von →Gutachten der →Industrie- und
Handelskammern ermittelt.
Lit.: Schroeter, W., Die Auswirkungen tatsächlicher und technischer Veränderungen im Ablauf des
Handelsverkehrs auf Handelsbräuche und Incoterms, 1999; Lißner, S., Handelsbräuche, 1999;
Merkblatt für die Feststellung von Handelsbräuchen, 2000
Handelsbuch (§§ 238ff. HGB) ist das vom →Kaufmann geführte
Buch, in dem dieser seine →Handelsgeschäfte und die Lage seines
→Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger
→Buchführung ersichtlich zu machen verpflichtet ist. Bei der
Führung der Handelsbücher hat sich der Kaufmann einer lebenden
Sprache zu bedienen. Die Handelsbücher sollen gebunden und Blatt
für Blatt oder Seite für Seite mit fortlaufenden Zahlen versehen sein
und sind 10 Jahre aufzubewahren.
Lit.: Leffson, U., Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, 7. A. 1987
Handelsgericht →Bundesoberhandelsgericht
Handelsgeschäft (§ 343 I HGB) ist das →Geschäft (Tätigkeit) eines
→Kaufmanns, das zum Betrieb seines →Handelsgewerbes gehört.
Dabei gelten (§ 344 I HGB) die von einem Kaufmann
vorgenommenen →Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb
seines Handelsgewerbes gehörig. Einseitige Handelsgeschäfte sind
Rechtsgeschäfte, die nur für einen der beiden Teile Handelsgeschäfte
sind (§ 345 HGB), beiderseitige Handelsgeschäfte solche, die für
beide Teile Handelsgeschäfte sind. Für Handelsgeschäfte gelten
teilweise besondere, vom bürgerlichen Recht abweichende Regeln
(§§ 343ff. HGB). Darüber hinaus hat H. auch die Bedeutung
→Betrieb bzw. →Unternehmen (§§ 22ff. HGB) eines Kaufmanns.
Lit.: Handbuch der Handelsgeschäfte, hg. v. Pfeiffer, T., 1999; Gildeggen, R., Internationale
Handelsgeschäfte, 2000; Steinicke, R., Schuldenhaftung, 2000; Theißen, M., Die Schuldenhaftung
nach § 25 HGB, 2000
Handelsgesellschaft ist die →Gesellschaft, die notwendig oder doch
in der Regel ein →Handelsgewerbe betreibt. Dazu gehören vor allem
die offene Handelsgesellschaft, die →Kommanditgesellschaft, die
→Aktiengesellschaft, die →Kommanditgesellschaft auf Aktien und
die →Gesellschaft mit beschränkter Haftung sowie uneigentlich auch
die →Genossenschaft und der große →Versicherungsverein auf
Gegenseitigkeit, nicht dagegen die stille →Gesellschaft. Die H. kann
rechtsfähig oder nichtrechtsfähig sein. Die offene H. (OHG)
(§§ 105ff. HGB) ist die →Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb
eines →Handelsgewerbes unter – irgendeiner – gemeinschaftlichen
→Firma gerichtet ist und bei der sämtliche Gesellschafter den
Gläubigern unbeschränkt haften. Die offene Handelsgesellschaft kann
unter ihrer →Firma →Rechte erwerben und →Verbindlichkeiten
eingehen, klagen und verklagt werden und ist dadurch einer
juristischen →Person angenähert, ohne eine solche zu sein. Sie ist
→Gesamthand. Nach § 105 II HGB kann auch eine Gesellschaft,
deren Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 II HGB ein
Handelsgewerbe ist oder die nur eigenes Vermögen verwaltet, als
offene Handelsgesellschaft (bzw. nach den §§ 105 II, 161 II HGB als
Kommanditgesellschaft) in das Handelsregister eingetragen werden.
Lit.: Handelsgesellschaften in Osteuropa, hg. v. Gralla, E./Sonnenberger, H., 1993; Michalski, L.,
OHG-Recht, 2000; Waldner, W./Wölfel, E.., GbR, OHG, KG, 6. A. 2004; Ensthaler, J./Fahse, H.,
OHG, KG, Stille Gesellschaft, 2002; Schubel, C., Verbandssouveränität und Binnenorganisation in
Handelsgesellschaften, 2003
Handelsgesetzbuch (HGB, 1897/1900) ist das das Recht des
→Handels regelnde →Gesetzbuch. Es gliedert sich in 5 Bücher
(Handelsstand, →Handelsgesellschaften und stille →Gesellschaft,
Handelsbücher, →Handelsgeschäfte und Seehandel). Es ist
insbesondere durch die Regelung des Aktienrechts im besonderen
→Aktiengesetz sowie durch die ausführliche Regelung des Rechts der
Handelsbücher verändert worden. Ihm geht zeitlich das im Deutschen
Bund vereinbarte →Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch
(ADHGB, 1861ff.) voraus.
Lit.: Handelsgesetzbuch, 71. A. 2003; Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 31. A. 2003; HGB, 41.
A. 2004; Schlegelberger, Handelsgesetzbuch, erl. v. Geßler, E./Hefermehl, W./Hildebrandt,
W./Schröder, G., 5. A., 1973ff.; Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch, hg. v.
Ensthaler, J. u. a., 6. A. 1999; Heymann, E., Handelsgesetzbuch. Kommentar, hg. v. Horn, N., 2. A.
1995ff.; Glanegger, P. u. a., HGB Handelsrecht, Bilanzrecht, Steuerrecht (Heidelberger Kommentar
zum Handelsgesetzbuch), 6. A. 2002; Koller, I./Roth, H./Morck, W., Handelsgesetzbuch, 4. A.
2003; Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, hg. v. Schmidt, K. u. a., Bd. 1ff. 1996ff.;
Handelsgesetzbuch, hg. v. Röhricht, V./Westphalen, F. Graf v., 1997; Ebenroth, C./Boujong,
K./Joost, D., HGB, Bd. 1f. 2001; Hadding, W./Hennrichs, J., Die HGB-Klausur, 3. A. 2003
Handelsgewerbe (§ 1 II HGB) ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn,
dass das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer
Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Ein
gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach
§ 1 II HGB H. ist, gilt als H., wenn die Firma des Unternehmens in
das →Handelsregister eingetragen ist. Der Unternehmer ist
berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Eintragung nach den für die
Eintragung kaufmännischer Firmen geltenden Vorschriften
herbeizuführen (Kannkaufmann, § 2 HGB). Auf den Betrieb der
Landwirtschaft und Forstwirtschaft findet § 1 HGB keine
Anwendung. Für ein landwirtschaftliches Unternehmen oder ein
forstwirtschaftliches Unternehmen, das nach Art und Umfang einen in
kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, gilt
§ 2 HGB mit der Maßgabe, dass nach der Eintragung in das
Handelsregister eine Löschung der Firma nur nach den allgemeinen
Vorschriften über die Löschung kaufmännischer Firmen stattfindet.
Lit.: Lieb, M., Probleme des neuen Kaufmannsbegriffs, NJW 1999, 35
Handelskammer ist die Körperschaft des öffentlichen Rechts zur
Wahrung und Förderung der Interessen der ein Handelsgewerbe
betreibenden Mitglieder. →Industrie- und Handelskammer
Lit.: Frentzel, G./Jäkel, E./Junge, W., Industrie- und Handelskammergesetz, 6. A. 1999
Handelskauf (§§ 373ff. HGB) ist der →Kauf, der ein
→Handelsgeschäft ist. Für ihn gelten einige, vom Kaufrecht des
bürgerlichen Rechts abweichende Vorschriften (insbesondere
→Untersuchungspflicht und Rügepflicht §§ 377, 378 HGB). Im
Übrigen unterfällt er dem allgemeinen Kaufrecht.
Lit.: Emmerich, V., Der Handelskauf, JuS 1997, 98
Handelsklasse ist die Güteklasse für Handelswaren. Für
Handelsklassen gilt das Handelsklassengesetz vom 23. 11. 1972.
Danach sind Handelsklassen (durch Rechtsverordnung) nach
bestimmten Merkmalen (Qualität, Herkunft usw.) festzulegen.
Lit.: Rinck/Schwark, Wirtschaftsrecht
Handelsmakler (§ 93 I HGB) ist der gewerbsmäßig für andere, ohne
von ihnen vertragsmäßig ständig damit betraut zu sein, den Abschluss
von →Kaufverträgen über Gegenstände des Handelsverkehrs gegen
→Provision vermittelnde Mensch (nicht Grundstücksmakler, weil
Grundstücke keine Waren sind). Der H. vertritt vielfach beide
Vertragsparteien. Für die Vermittlung erhält er im Zweifel den
Maklerlohn von jeder Partei zur Hälfte (§ 99 HGB).
Lit.: Hoyningen-Huene, G. v., Die kaufmännischen Hilfspersonen, 1996
Handelsmündigkeit (§ 112 BGB) ist die unbeschränkte
→Geschäftsfähigkeit eines Minderjährigen für alle Rechtsgeschäfte,
die der Geschäftsbetrieb eines Erwerbsgeschäfts mit sich bringt. Sie
ergibt sich daraus, dass der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts den Minderjährigen zum Betrieb des
Erwerbsgeschäfts ermächtigt.
Handelsrecht ist das Sonderprivatrecht der →Kaufleute (§§ 1ff.
HGB, Art. 2 EGHGB), das vor allem im →Handelsgesetzbuch
geregelt ist. Teilweise wird es als Gesamtheit der Rechtssätze
angesehen, die das →Unternehmen in seiner eigenartigen Stellung
und Bedeutung im Verkehrsleben regeln sollen (Unternehmensrecht).
Grundlegender Bezugspunkt ist jedoch der →Kaufmann (§§ 1ff.
HGB). In einem weiteren Sinn umfasst es das H. i. e. S., das
→Gesellschaftsrecht, das →Wertpapierrecht, das Bankrecht und
Börsenrecht, das →Versicherungsrecht und das Recht des
gewerblichen →Rechtsschutzes (bzw. bestimmter Immaterialgüter).
Lit.: Brox, H., Handelsrecht und Wertpapierrecht, 16. A. 2003; Canaris, Handelsrecht; Roth,
Handelsrecht; Schmidt, K., Handelsrecht, 5. A. 1999; Hofmann, P., Handelsrecht, 11. A. 2002;
Klunzinger, E., Grundzüge des Handelsrechts, 12. A. 2003; Puttfarken, H., Seehandelsrecht, 1997;
Fezer, V., Handelsrecht, 2. A. 2001; Oetker, H., Handelsrecht, 3. A. 2002; Herber, R.,
Seehandelsrecht, 1999; Hübner, U., Handelsrecht, 4. A. 2000; The Unification of International
Commercial Law, hg. v. Ferrari, E., 1998; Timm, W., Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. A. 1999;
Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, 3. A. 1999 (Band 11 des Münchener Kommentars
zum BGB); Bülow, P., Handelsrecht, 3. A. 1999; Jung, P., Handelsrecht, 3. A. 2004; Wörlen, R.,
Handelsrecht, 4. A. 1999; Wiedemann, H./Fleischer, H., Handelsrecht, 7. A. 2001 (Prüfe dein
Wissen); Weiß, W./Herrmann, C., Welthandelsrecht, 2003
Handelsregister ist das öffentliche Verzeichnis gewisser Tatsachen,
die für den Handelsverkehr bedeutsam sind. Es wird im Rahmen der
freiwilligen →Gerichtsbarkeit von den →Gerichten (Amtsgerichten)
geführt (§ 8 HGB), doch können seit 1998 die Landesregierungen
bzw. Landesjustizverwaltungen probeweise den Industriekammern
bzw. Handelskammern die Führung des Handelsregisters übertragen
(Art. 28 des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22. 6. 1998). Es kann
von jedem eingesehen werden (§ 9 I HGB). In die Abteilung A
werden vor allem eingetragen die Einzelkaufleute, offene
→Handelsgesellschaften und →Kommanditgesellschaften, in
Abteilung B hauptsächlich die →Aktiengesellschaften und
→Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Ist eine einzutragende
Tatsache unrichtig bekannt gemacht, so kann sich ein Dritter dem
Eintragspflichtigen gegenüber auf die bekannt gemachte Tatsache
berufen, es sei denn, dass er die Unrichtigkeit kannte (§ 15 III HGB).
Im Übrigen kann eine einzutragende, aber nicht eingetragene
Tatsache einem Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn dieser sie
kannte (negative →Publizität, § 15 I HGB), während eine
eingetragene und bekannt gemachte Tatsache grundsätzlich jedem
Dritten entgegengehalten werden kann (positive →Publizität, § 15 II
HGB).
Lit.: Gustavus, E., Handelsregisteranmeldungen, 5. A. 2001; Gustavus, E., Handels- und
Registerrecht, 4. A. 2001; Kramm, B., Handelsregisterrecht, 1998; Holzborn, T. u. a., Internationale
Handelsregisterpraxis, NJW 2003, 3014
Handelsregisterverfügung ist die Einzelheiten der Einrichtung und
Führung des →Handelsregisters regelnde Verordnung vom
12. 8. 1937.
Lit.: Keidel/Schmatz/Stöber, Registerrecht, 7. A. 2003
Handelsrichter (§§ 93ff. GVG) ist der ehrenamtliche →Richter in
→Handelssachen. Voraussetzung ist insbesondere die Eintragung in
das →Handelsregister als →Kaufmann, als →Vorstand einer
→Aktiengesellschaft, als →Geschäftsführer einer →Gesellschaft mit
beschränkter Haftung oder eine Tätigkeit als Vorstand einer
juristischen →Person des öffentlichen Rechts. Die Kammern für
Handelssachen sind mit einem Vorsitzenden und zwei
Handelsrichtern besetzt.
Lit.: Weil, H./Horstmann, K., Der Handelsrichter und sein Amt, 4. A. 1993
Handelssache (§ 95 GVG) ist im Verfahrensrecht die bürgerliche
Rechtsstreitigkeit, in der durch →Klage ein in § 95 GVG besonders
benannter →Anspruch geltend gemacht wird (z. B. gegen einen
Kaufmann aus beiderseitigen Handelsgeschäften). Für Handelssachen
ist am →Landgericht die mit Handelsrichtern besetzte →Kammer für
Handelssachen zuständig.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Handelsvertrag ist der den Handel zwischen mindestens zwei
→Staaten oder sonstigen Völkerrechtssubjekten betreffende
→Vertrag.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Handelsvertreter (§ 84 HGB) ist, wer als selbständiger
Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen andern
→Unternehmer →Geschäfte zu vermitteln (→Vermittlungsvertreter)
oder in dessen Namen abzuschließen (→Abschlussvertreter). Der H.
ist grundsätzlich →Kaufmann und vom →Angestellten
(→Handlungsgehilfen) zu trennen. Er wird auf Grund eines
→Geschäftsbesorgungsvertrags (Geschäftsbesorgungsdienstvertrags)
tätig. Er erhält für seine (erfolgreiche) Tätigkeit →Provision (§§ 87ff.
HGB) und Ersatz seiner →Aufwendungen. Nach Beendigung des
Vertragsverhältnisses hat er u. U. einen →Ausgleichsanspruch (§ 89b
HGB). Infolge einer EG-Richtlinie wurde das Recht der H.
vereinheitlicht (23. 10. 1989).
Lit.: Eberstein, H., Der Handelsvertretervertrag, 8. A. 1999; Hopt, K., Handelsvertreterrecht, 3. A.
2003; Küstner, W./Thume, K., Das Recht des Handelsvertreters, 3. A. 2000; Handbuch des
Handelsvertreterrechts in EU-Staaten, hg. v. Westphalen, F. Graf v., 1995; Abrahamczik, J., Der
Handelsvertretervertrag, 2. A. 2000; Westphal, B., Handelsvertretervertrag, 1997; Ausländisches
Recht der Handelsvertreter, hg. v. Dotzer, K., 1997; Westphal, B., Handelsvertreter, 1998; Stöttner,
K., Das Recht der Handelsvertreter, 5. A. 1999; Detzer/Ullrich, Gestaltung von Verträgen mit
ausländischen Handelsvertretern und Vertragshändlern, 2000
Handgeschäft ist im Privatrecht das Geschäft, bei dem
→Verpflichtungsgeschäft (z. B. Kauf) und →Erfüllungsgeschäft (z.
B. Übereignung) äußerlich ununterscheidbar zusammenfallen.
Rechtlich sind sie gleichwohl streng zu trennen. Das H. findet sich
vor allem bei den Kleingeschäften (z. B. Barkäufen) des täglichen
Lebens.
handhaft (Adj.) den Täter bei der Ausführung ergreifen lassend
handhafte Tat →Tat, handhafte
Handkauf ist der sofort vollzogene Barkauf (→Handgeschäft), bei
dem →Verpflichtungsgeschäft und →Erfüllungsgeschäft
ununterscheidbar zusammenfallen.
Handlung ist das menschliche →Verhalten, das als vom →Willen
beherrschbar gedacht ist und daher objektiv zugerechnet werden
kann. Im →Strafrecht versteht die Lehre vom sozialen
Handlungsbegriff unter H. jedes sozial-erhebliche Verhalten im Sinne
einer Antwort des Menschen auf eine erkannte oder wenigstens
erkennbare Situationsanforderung durch Verwirklichung einer nach
seiner Freiheit zu Gebote stehenden Reaktionsmöglichkeit.
Demgegenüber stellt die finale Handlungslehre auf die (finale)
Steuerung des kausalen Geschehens in Richtung auf eine vorgestellte
Umweltveränderung ab. Für die kausale Handlungslehre ist H. das auf
menschliches Wollen zurückführbare Bewirken einer Veränderung in
der Außenwelt. Die H. kann entweder in einem →Tun oder in einem
→Unterlassen bestehen. In Gegensatz zu ihr steht vor allem der bloße
Reflex. Mit öffentlicher Strafe bedrohte H. ist die H., die
Voraussetzung für die Verhängung einer Strafe ist. Fortgesetzte H. ist
die von der Rechtsprechung angenommene Erscheinungsform der
rechtlichen →Handlungseinheit (§ 52 StGB), bei der sich die
Einzelakte einer Handlungsreihe gegen dasselbe →Rechtsgut richten,
in der Begehungsweise gleichartig sind und von einem Gesamtvorsatz
(str.), der die konkrete Tat in ihren wesentlichen Grundzügen nach
Zeit, Ort und Art der Begehung sowie der Person des Verletzten
erfassen muss, getragen werden. Voraussetzung für die Verbindung
mehrerer Verhaltensweisen, die jede für sich einen Straftatbestand
erfüllen, zu einer fortgesetzten H. ist dabei, dass dies zur
sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der Schuld
unumgänglich ist. Die Rechtsprechung schränkt seit 1994 die
Anwendung der fortgesetzten Handlung erheblich ein (vgl. BGH
NJW 1994, 1663). Sexuelle H. (§ 184c StGB) ist die H., die entweder
schon nach ihrem äußeren Erscheinungsbild für das allgemeine
Verständnis als geschlechtsbezogen erscheint oder die, obschon
äußerlich nicht erkennbar geschlechtsbezogen, durch die Absicht
motiviert ist, eigene oder fremde Geschlechtslust zu erregen oder zu
befriedigen. Die sexuelle H. muss im Hinblick auf das jeweils
geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sein. Die sexuelle H.
vor einem anderem muss vor einem andern vorgenommen werden,
der den Vorgang wahrnimmt. Exhibitionistische H. (§ 183 StGB) ist
die sexuelle H., deren Schwerpunkt darin liegt, dass eine Person einer
andern ihren entblößten Geschlechtsteil vorweist, um sich sexuell zu
erregen oder zu befriedigen. Rechtsgeschäftsähnliche oder
geschäftsähnliche H. ist im Privatrecht die Vorstellungsäußerung oder
Willensäußerung, die nur auf einen tatsächlichen und damit nicht auf
einen rechtlichen →Erfolg gerichtet ist, diesen aber nach sich zieht
(z. B. →Mahnung, Anzeige, Benachrichtigung, Mitteilung,
Aufforderung, Androhung, Weigerung). Sie ist keine
→Willenserklärung, wird aber weitgehend analog zu ihr behandelt.
Unerlaubte H. (§§ 823ff. BGB) ist das einseitig verpflichtende
gesetzliche →Schuldverhältnis, bei dem grundsätzlich bei Vorliegen
von H., →Rechtswidrigkeit, →Schuld und →Schaden ein
→Schadensersatzanspruch entsteht. Die wichtigsten einzelnen
Tatbestände der unerlaubten H. sind in den §§ 823 I (Verletzung des
Lebens, Körpers, der Gesundheit, der Freiheit, des Eigentums oder
eines sonstigen Rechts eines andern), 823 II (Verletzung eines den
Schutz eines andern bezweckenden Gesetzes), 826 (sittenwidrige
vorsätzliche Schädigung), 831 (→Geschäftsherrnpflichtverletzung)
und 839 BGB (→Amtspflichtverletzung) festgelegt. Vertretbare H.
ist die H., bei der es für den Gläubiger gleichgültig ist, ob sie statt des
Schuldners ein Dritter vornimmt.
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil; Jakobs, G., Der strafrechtliche Handlungsbegriff, 1992;
Deutsch, E., Unerlaubte Handlungen, Schadensersatz und Schmerzensgeld, 3. A. 1995; Miller, G.,
Neuere Entwicklungen zur fortgesetzten Handlung, Diss. jur. Tübingen 1997; Bar, C. v., The
Common European Law of Torts, Bd. 1f. 1998ff.; Ulrici, B., Geschäftsähnliche Handlungen, NJW
2003, 2053
Handlungsbevollmächtigter (§ 54 HGB) ist, wer ohne Erteilung der
→Prokura zum Betrieb eines →Handelsgewerbes oder zur Vornahme
einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörenden Art von
Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe
gehöriger Geschäfte ermächtigt ist (→Handlungsvollmacht).
Lit.: Honsell, T., Die Besonderheiten der handelsrechtlichen Stellvertretung, JA 1984, 178;
Hoyningen-Huene, G. v., Die kaufmännischen Hilfspersonen, 1996
Handlungseinheit (§ 52 StGB) ist zunächst die →Handlung, bei der
sich ein Handlungsentschluss in einer Willensbetätigung verwirklicht.
Darüber hinaus liegt rechtlich auch dann eine H. vor, wenn der
gesetzliche Tatbestand mehrere natürliche Willensbetätigungen zu
einer rechtlich-sozialen Bewertungseinheit verbindet (z. B.
Dauerdelikt, Raub). Mehrere gleichartige Tätigkeitsakte bilden dann
eine H., wenn sie auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhen
und den gleichen →Straftatbestand in unmittelbarer Aufeinanderfolge
wiederholt verwirklichen (z. B. mehrere Verkehrsstraftaten im
Rahmen einer Verfolgung). Bei H. liegt nur eine einzige →Handlung
im Sinn von § 52 I StGB vor. Das führt hinsichtlich der Konkurrenz
zur →Tateinheit.
Handlungsfähigkeit ist die Fähigkeit, durch eigenes →Handeln
Rechtswirkungen (Rechte, Pflichten) herbeizuführen. Die H. ist von
der →Rechtsfähigkeit zu trennen. Sie hat auf einzelnen
Rechtsgebieten unterschiedliche Voraussetzungen und ist
dementsprechend aufzugliedern (z. B. →Geschäftsfähigkeit,
→Ehefähigkeit, →Testierfähigkeit, →Deliktsfähigkeit). Bei Fehlen
der H. muss ein →Vertreter oder →Organ statt der
handlungsunfähigen Person handeln oder die Handlung muss
unterbleiben.
Lit.: Hübner, H., Allgemeiner Teil
Handlungsfreiheit ist die →Freiheit des menschlichen →Handelns.
Allgemeine H. (Art. 2 I GG) ist das →Recht des Einzelnen auf freie
Entfaltung seiner →Persönlichkeit. Schranken bilden die Rechte
anderer, die verfassungsmäßige →Ordnung und das →Sittengesetz.
Zum unantastbaren →Wesensgehalt der H. gehören Intimsphäre,
Eigenständigkeit und Selbstverantwortlichkeit der Person.
Lit.: Kukk, A., Verfassungsgeschichtliche Aspekte zum Grundrecht der allgemeinen
Handlungsfreiheit, 2000
Handlungsgehilfe (§§ 59ff. HGB) ist der →Arbeitnehmer, der in
einem →Handelsgewerbe zur Leistung kaufmännischer Dienste
angestellt ist (z. B. Verkäufer, Buchhalter). Für den
Handlungsgehilfen gelten als arbeitsrechtliche Sonderregeln die
§§ 59ff. HGB neben den §§ 611ff. BGB. Insbesondere besteht
während des Dienstverhältnisses ein gesetzliches und danach u. U. ein
(vertragliches) →Wettbewerbsverbot (§§ 60, 74 HGB).
Lit.: Hoyningen-Huene, G. v., Die kaufmännischen Hilfspersonen, 1996
Handlungshaftung ist die polizeiliche Verantwortlichkeit einer
Person für eine eine →Störung verursachende →Handlung. Sie steht
im Gegensatz zur →Zustandshaftung. Bei der H. richten sich die zur
Abwehr erforderlichen Maßnahmen der →Polizei gegen die
handelnde Person.
Lit.: Götz, Polizeirecht
Handlungslehre ist im Strafrecht die Lehre vom Wesen einer
→Handlung. Nach naturalistisch-kausaler H. ist Handlung ein
gewillkürtes Körperverhalten, eine auf menschliches Wollen
zurückführbare Bewirkung einer Veränderung in der Außenwelt.
Nach der sozialen H. ist Handlung das vom menschlichen Willen
beherrschte oder beherrschbare sozialerhebliche Verhalten. Die finale
H. versteht unter Handlung das bewusst auf ein Ziel ausgerichtete
Wirken.
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil; Gössel, K., Wertungsprobleme des Begriffs der
finalen Handlung, 1966
Handlungsobjekt ist der einzelne →Gegenstand, an dem die
Tathandlung vollzogen wird (z. B. ein Mensch, eine Sache).
Handlungsort ist der Ort, an dem der Schuldner die zur →Erfüllung
nötige →Handlung vornehmen muss. Er ist zu unterscheiden vom
→Erfolgsort. Er bestimmt sich nach § 269 BGB.
Handlungspflicht ist die →Verpflichtung, eine bestimmte
→Handlung vorzunehmen. Sie ist eine Verhaltenspflicht und steht im
Gegensatz zur Unterlassungspflicht. Sie kann auf →Gesetz (bzw.
sonstigem Recht), hoheitlicher Einzelanordnung oder
→Rechtsgeschäft beruhen.
Lit.: Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil
Handlungsunrecht ist die →Rechtswidrigkeit, die aus einem
Verstoß gegen ein Verhaltensgebot abgeleitet wird. Dieser Verstoß
gegen eine Verhaltenspflicht muss als solcher besonders festgestellt
werden. Das H. steht im Gegensatz zum →Erfolgsunrecht. Die Lehre
vom H. prüft die Verletzung eines Gebots zu sorgfältigem Verhalten
im Bereich der Rechtswidrigkeit. Zum Verschulden gehört dann
Fahrlässigkeit nur insofern, als damit gesagt sein soll, dass das
schadenstiftende Verhalten dem Schädiger auch persönlich
vorgeworfen werden kann. Insofern kommt es nach ihr auf ein
Verschulden grundsätzlich nicht mehr an.
Lit.: Duttge, G., Zur Bestimmtheit des Handlungsunwerts von Fahrlässigkeitsdelikten, 2001
Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) ist die →Vollmacht, die – ohne
Prokura zu sein – zum Betrieb eines →Handelsgewerbes
(Generalhandlungsvollmacht) oder zur Vornahme einer bestimmten
zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von →Geschäften
(Arthandlungsvollmacht) oder zur Vornahme einzelner zu einem
Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt
(Spezialhandlungsvollmacht). Bestimmte bedeutendere Geschäfte
(z. B. Veräußerung von →Grundstücken) werden von ihr nur auf
Grund besonderer Erklärung umfasst. Sonstige Beschränkungen
braucht ein Dritter nur gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte
oder kennen musste.
Lit.: Müller, K., Prokura und Handlungsvollmacht, JuS 1997, 1000
Handlungswille ist der Wille, ein äußeres Verhalten durchzuführen.
→Willenserklärung
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Handschenkung (§ 518 II BGB) ist die →Schenkung, bei der
Abschluss und Vollzug (Verpflichtungsgeschäft und
Erfüllungsgeschäft) äußerlich ununterscheidbar zusammenfallen.
Rechtlich sind sie dennoch streng zu unterscheiden. Der Mangel der
notariellen Beurkundung des Schenkungsversprechens der H. wird
durch die gleichzeitige Bewirkung der Leistung geheilt (§ 518 II
BGB). →Handgeschäft
Handschrift ist die mit der Hand geschriebene, menschliche
→Schrift im Gegensatz zu der mit einer Maschine geschriebenen oder
gedruckten Schrift. Die H. jedes Menschen weist besondere
Merkmale auf. Dadurch lassen sich auch anonym arbeitende
Schmierer (Schmierpalmen) von jedermann oder zumindest von
Schriftsachverständigen eindeutig erkennen.
Lit.: Seibt, A., Forensische Schriftgutachten, 1999
Hand- und Spanndienst →Frondienst
Handwerk ist materiell die selbständige Erwerbstätigkeit auf dem
Gebiet der Bearbeitung und Verarbeitung von Stoffen, gerichtet auf
die Befriedigung individualisierter Bedürfnisse durch Arbeiten und
Leistungen, die ein Ergebnis der umfassenden Ausbildung und des
Einsatzes der persönlichen Kräfte und Mittel des gewerblichen
Unternehmers sind. Formell ist H. die Summe der in der
→Handwerksrolle verzeichneten, eine der in der Anlage A zur
→Handwerksordnung genannten Tätigkeiten ausführenden
→Betriebe (§ 1 II HandwO, nicht z. B. Trockenbau, Akustikbau). Die
Eintragung eines Inhabers eines Betriebs setzt grundsätzlich das
Bestehen der →Meisterprüfung voraus (§ 7 HandwO, großer
→Befähigungsnachweis, Ausnahmen seit 1. 1. 1994 erweitert), doch
wird das →Grundrecht der →Berufsfreiheit verletzt, wenn jede
handwerkliche Tätigkeit (z. B. einfache Reparatur eines elektrischen
Geräts) von dem Bestehen der betreffenden Meisterprüfung abhängig
gemacht wird. Sachlich gekennzeichnet ist H. im Gegensatz zu
sonstigem →Gewerbe durch persönlich-fachliche Mitarbeit des
Inhabers, Beschäftigung ausgebildeter Fachkräfte, Einzelfertigung,
Auftragsfertigung, örtlich beschränkten Kundenkreis, Verwendung
verhältnismäßig weniger Maschinen). Der Inhaber eines
Handwerksbetriebs ist meist →Kaufmann (§§ 1f. HGB).
Lit.: Musielak, H./Detterbeck, S., Das Recht des Handwerks, 3. A. 1995; Ziekow, J., Zur Einführung
– Handwerksrecht, JuS 1992, 728
Handwerker ist der in einem →Handwerk tätige Mensch.
Handwerksinnung →Innung
Handwerkskammer (§ 90 HandwO) ist die →Körperschaft des
öffentlichen →Rechts, deren Mitglieder die selbständigen
→Handwerker und Inhaber handwerksähnlicher Betriebe sowie die
→Gesellen und Lehrlinge (Auszubildende) dieser Gewerbetreibenden
in einem bestimmten Bezirk sind. Sie ist eine
→Selbstverwaltungskörperschaft, deren wichtigste Aufgaben die
Wahrung und Förderung der Interessen des →Handwerks sind. Ihre
Organe sind Vollversammlung, Vorstand und Ausschüsse. Die
Pflichtmitgliedschaft in der H. verletzt nicht die verfassungsmäßigen
Freiheitsrechte des Einzelnen.
Lit.: Musielak, H./Detterbeck, S., Das Recht des Handwerks, 3. A. 1995
Handwerkskarte →Handwerksrolle
Handwerksordnung (HandwO) ist das das →Recht des
→Handwerks ordnende →Gesetz. Es geht der →Gewerbeordnung als
Spezialgesetz vor. Es regelt die Ausübung eines Handwerks, die
→Berufsbildung, die →Meisterprüfung und die Organisation des
Handwerks. Die Anlage A enthält ein Verzeichnis von (ursprünglich
125, 1998 94 Handwerke, 57 handwerksähnliche Gewerbe)
→Gewerben, die als Handwerk betrieben werden können.
Lit.: Kübler/Aberle/Schubert, Die Deutsche Handwerksordnung (Lbl.); Honig, G.,
Handwerksordnung, 2. A. 1999
Handwerksrolle (§ 6 HandwO) ist das von den
→Handwerkskammern geführte öffentliche →Verzeichnis, in das die
selbständigen →Handwerker des Bezirks mit dem von ihnen
betriebenen →Handwerk einzutragen sind. Die Einsicht in die H. ist
jedermann gestattet. Die Eintragung ist Voraussetzung für den
selbständigen Betrieb eines Handwerks. Über die Eintragung hat die
Handwerkskammer eine Bescheinigung auszustellen
(Handwerkskarte, § 10 II HandwO).
Lit.: Musielak, H./Detterbeck, S., Das Recht des Handwerks, 3. A. 1995
Hardware ist die aus dem Angloamerikanischen stammende
Bezeichnung für Geräte der elektronischen Datenverarbeitung (z. B.
Computer, Drucker, Bildschirm, Scanner).
Hare-Niemeyersches Sitzverteilungsverfahren ist das Verfahren
der Verteilung der Sitze (Mandate) eines →Parlaments oder eines
sonstigen Gremiums, bei dem die Zahl der zu vergebenden Sitze mit
den auf eine Liste abgegebenen Stimmen vervielfacht und dann durch
die Gesamtzahl aller für die Sitzverteilung maßgeblichen Stimmen
geteilt wird. Falls hinter dem Komma der sich dabei ergebenden
Sitzzahl eine Bruchstelle verbleibt, werden die restlichen Sitze in der
Reihenfolge der Höhe der Bruchteile vergeben. (Sind z. B. von
110 000 gültigen Stimmen 60 000 auf A, 30 000 auf B, 10 000 auf C
und die restlichen auf Gruppierungen entfallen, die unter die
→Fünfprozentklausel fallen, und sind 50 Sitze zu vergeben, so
erhalten A 50 x 60 000 : 100 000 = 30, B 50 x 30 000 : 100 000 = 15
und C 50 x 10 000 : 100 000 = 5 Sitze.) Hierbei können kleinere
Parteien, die an der Sitzverteilung teilnehmen, günstiger abschneiden
als nach dem →d’Hondtschen Höchstzahlverfahren. →St. LagueSchepersches Sitzzuteilungsverfahren
Häresie ist im katholischen →Kirchenrecht die dem kirchlichen
Dogma widersprechende Irrlehre (Ketzerei).
Hauptantrag ist der in erster Linie gestellte →Antrag einer
Antragshäufung. Er ist H. im Verhältnis zu eventuell gestellten
→Hilfsanträgen.
Lit.: Schröer, Haupt- und Hilfsvorbringen, JA 1990, Übungsblätter für Referendare 231
Hauptforderung ist bei der →Aufrechnung die →Forderung (des
Gläubigers), gegen die der →Schuldner aufrechnet (§ 387 BGB). Sie
steht im Gegensatz zur →Gegenforderung (des aufrechnenden
Schuldners). Daneben kann H. auch die Grundforderung im
Gegensatz zu Nebenforderungen sein.
Hauptintervention (§ 64 ZPO) ist die →Klage eines Dritten, der die
→Sache oder das →Recht, worüber zwischen andern Personen ein
→Rechtsstreit anhängig geworden ist, ganz oder teilweise für sich in
Anspruch nimmt. Die H. richtet sich gegen beide Parteien. Sie ist eine
selbständige Klage, die einen neuen selbständigen →Prozess
begründet (Interventionsprozess). Der Hauptprozess kann auf Antrag
einer Partei bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die H.
→ausgesetzt werden. Den Gegensatz zur H. bildet die
→Nebenintervention.
Hauptpflicht ist die im Verhältnis zu andern Pflichten
(→Nebenpflichten) besonders wichtige Pflicht (z. B.
Übereignungspflicht im Verhältnis zur Verpackungspflicht beim
Kauf).
Hauptsache ist die von der streiteinleitenden Partei vor allem
begehrte →Rechtsfolge (z. B. →Streitgegenstand). Haben die
Parteien den Rechtsstreit in der H. für erledigt erklärt, so entscheidet
das Gericht (nur noch) über die →Kosten (§ 91a ZPO). Im
materiellen Recht steht die H. vor allem im Gegensatz zu
→Bestandteilen und →Zubehör.
Hauptsacheklage ist die Bezeichnung der →Klage im Verhältnis
zum Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz durch →Arrest oder
einstweilige →Verfügung. Bei ihr geht es um die Verwirklichung,
nicht nur um die vorläufige Sicherung des →Anspruchs.
Hauptsatzung ist die →Satzung einer Gemeinde, in der die
Grundzüge der kommunalen →Selbstverwaltung festgelegt sind. Die
Hauptsatzung bestimmt u. a. die →Form für öffentliche
→Bekanntmachungen. Die Errichtung einer H. wird durch die
→Gemeindeordnungen vorgeschrieben.
Lit.: Gönnenwein, O., Gemeinderecht, 1963
Hauptstrafe (§§ 38ff. StGB) ist die →Strafe, die als solche allein
verhängt werden kann (→Freiheitsstrafe, →Geldstrafe).
→Nebenstrafe.
Haupttermin ist im →Zivilprozess der zur →Erledigung des
→Rechtsstreits dienende, umfassend vorbereitete →Termin (§ 272 I
ZPO). Seine Vorbereitung kann durch einen frühen ersten Termin
oder durch schriftliches Vorverfahren erfolgen (§ 272 II ZPO). Die
Güteverhandlung und die mündliche Verhandlung sollen so früh wie
möglich stattfinden (§ 272 III ZPO).
Hauptverfahren (§§ 199ff. StPO) ist der Teil des →Strafverfahrens,
in dem vor dem →Gericht über die →Anklage verhandelt wird. Sein
Kernstück bildet die →Hauptverhandlung. Das H. endet mit der
→Rechtskraft des →Urteils.
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht; Schmidt, E., Der Strafprozess, NJW 1969, 1137
Hauptverhandlung (§§ 226ff. StPO) ist die →Verhandlung, in der
das →Gericht über →Schuld und →Strafe eines →Angeklagten
entscheidet. Sie erfolgt in ununterbrochener Gegenwart der zur
Urteilsfindung berufenen Menschen, der →Staatsanwaltschaft sowie
eines →Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und in der Regel auch
des →Angeklagten. Die H. steht unter der Leitung des
→Vorsitzenden. Sie darf bis zu 10 (evtl. 30) Tagen →unterbrochen
werden (§ 229 StPO). Die H. beginnt (§ 243 StPO) mit dem →Aufruf
der Sache. Es folgen die Feststellung der Anwesenheit des
Angeklagten, seines →Verteidigers und der →Beweismittel, die
→Vernehmung des Angeklagten über seine persönlichen
Verhältnisse, die Verlesung des →Anklagesatzes, die eventuelle
Äußerung des Angeklagten zur Sache, die →Beweisaufnahme, die
→Schlussvorträge (→Plädoyers) des Staatsanwalts und des
Angeklagten (letztes Wort) sowie die →Beratung und →Verkündung
des →Urteils (§ 260 StPO, →Freisprechung, →Verurteilung,
Anordnung einer →Maßregel, →Einstellung). Nach den §§ 417ff.
StPO kann ein auf frischer Tat festgenommener Täter bis zu einer
Woche in Haft genommen werden, wenn auf Grund des einfachen
Sachverhalts oder der klaren Beweislage in dem beschleunigten
Verfahren die H. in dieser Zeit zu erwarten ist
(Hauptverhandlungshaft).
Lit.: Burhoff, D., Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 4. A. 2002; Schellenberg, F.,
Die Hauptverhandlung, 2. A. 2000; Greiser, P./Artkämper, H., Die gestörte Hauptverhandlung,
3. A. 2001; Schlothauer, H., Vorbereitung der Hauptverhandlung, 2. A. 1998; Fülber, T., Die
Hauptverhandlungshaft, 2000
Hauptversammlung (§§ 118ff. AktG) ist die Versammlung der
→Aktionäre einer →Aktiengesellschaft (oder
→Kommanditgesellschaft auf Aktien). Sie ist ein Organ der
Aktiengesellschaft. Die H. findet als ordentliche H. jährlich innerhalb
der ersten acht Monate des Geschäftsjahrs statt, die außerordentliche
H. in besonderen Fällen. Die H. beschließt vor allem über die
Bestellung (eines Teils) der Mitglieder des →Aufsichtsrats, die
Verwendung des Bilanzgewinns, die Entlastung der Mitglieder des
→Vorstands und des Aufsichtsrats, Satzungsänderungen sowie die
→Auflösung der Gesellschaft. Der →Beschluss der H. kann in
einzelnen Fällen →nichtig oder →anfechtbar sein (§§ 241ff. AktG).
Lit.: Schaaf, A., Die Praxis der Hauptversammlung, 2. A. 1999; Arbeitshandbuch für die
Hauptversammlung, hg. v. Semler, J. u. a., 2. A. 2003; Martens, K., Leitfaden für die Leitung der
Hauptversammlung, 2. A. 2000
Hauptversammlungsbeschluss ist der →Beschluss der
→Hauptversammlung.
Hausarbeit ist die zu Hause vorgenommene Arbeit. In der
juristischen Ausbildung ist H. die nicht unter Aufsicht verfasste
Bearbeitung einer Aufgabe.
Lit.: Poppe, Häufige Fehler in der praktischen häuslichen Arbeit, JA 1992, Übungsblätter für
Referendare 60
Hausfriede ist das Recht, innerhalb der eigenen →Wohnung und des
umfriedeten Lebensbereiches ungestört zu sein.
Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) ist das widerrechtliche Eindringen
in die →Wohnung, die Geschäftsräume oder das befriedete Besitztum
eines andern oder in abgeschlossene, zum öffentlichen Dienst oder
Verkehr bestimmte Räume, das unbefugte Verweilen darin sowie das
Ausbleiben des Entfernens auf eine Aufforderung des Berechtigten
hin. H. wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe
bestraft. H. ist auf →Antrag strafbar. Schwerer H. (§ 124 StGB) liegt
vor, wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet und
in der Absicht, Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen mit
vereinten Kräften zu begehen, in die Wohnung, die Geschäftsräume,
das befriedete Besitztum eines andern oder in abgeschlossene, zum
öffentlichen Dienst bestimmte Räume widerrechtlich eindringt.
Lit.: Schall, H., Die Schutzfunktion der Strafbestimmung gegen Hausfriedensbruch, 1974; Olizeg,
R., Hausrecht und Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) in Gerichtsgebäuden, 2001
Hausgehilfe ist der im Haushalt hauswirtschaftliche Dienste leistende
der →Arbeitnehmer (z. B. Wirtschafterin, Köchin, Butler).
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Hausgemeinschaft ist die Gemeinschaft der im Haushalt lebenden
Menschen, die im →Dienstvertragsrecht besondere Ansprüche der in
der H. lebenden Menschen (§§ 617, 618 Verpflegung, ärztliche
Behandlung § 1969 BGB), aber auch besondere Verpflichtungen
(z. B. § 2028 Auskunftspflicht gegenüber dem Erben) begründet.
Hausgesetz (Hausvertrag) ist im älteren deutschen Recht die
Gesamtheit der Rechtssätze, die adlige Familien kraft Autonomie für
sich gesetzt haben (z. B. Ausschluss der Töchter von der Erbfolge).
Haushalt ist die der Erfüllung der (öffentlichen) Aufgaben dienende
Gesamtheit der →Einkünfte und →Ausgaben (eines Hauses bzw.)
einer (juristischen) →Person (des öffentlichen Rechts). Der
ordentliche H. einer juristischen Person des öffentlichen Rechts
erfasst die ordentlichen Einkünfte bzw. Ausgaben, der
außerordentliche H. die außerordentlichen Einnahmen (vor allem aus
der Aufnahme von Darlehen) bzw. Ausgaben. Im Privatrecht ist H.
die häusliche Wohngemeinschaft und Verbrauchsgemeinschaft.
Lit.: Wiesner, H., Das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, 6. A. 2000; Piduch, E.,
Das Bundeshaushaltsrecht (Lbl.), 2. A. 1997; Hering, A., Die Kreditfinanzierung des Bundes über
Nebenhaushalte, 1998; Blümich, H., Der Haushalt der Europäischen Union, 1999
Haushaltsgesetz (Art. 110 III, IV GG) ist das den →Haushalt
feststellende formelle →Gesetz. Es ist materiell kein Gesetz. Es
bindet hinsichtlich der Verwendung der Mittel die →Verwaltung,
ohne dass es Ansprüche Dritter begründet.
Haushaltsgrundsatz ist der für eine geordnete Führung eines
→Haushalts allgemein anerkannte grundlegende Rechtssatz. Die
Haushaltsgrundsätze sind teilweise in Art. 110 GG, teilweise in
besonderen Gesetzen niedergelegt (Haushaltsgrundsätzegesetz,
Bundeshaushaltsordnung). Die wichtigsten Haushaltsgrundsätze sind
die Vollständigkeit der Veranschlagung aller →Einnahmen und
→Ausgaben, die Beschränkung auf einen →Haushaltsplan für jedes
Jahr, die Gesamtdeckung (alle Einnahmen dienen als Deckung für alle
Ausgaben), die Vorherigkeit, die Haushaltsklarheit und
Haushaltswahrheit sowie der formale Ausgleich der Einnahmen und
Ausgaben.
Lit.: Heller, R., Haushaltsgrundsätze, 1998
Haushaltsplan (Art. 110 GG) ist die vor Beginn einer
Rechnungsperiode aufgestellte Übersicht über die der Erfüllung der
öffentlichen Aufgaben dienenden voraussichtlichen →Einkünfte und
→Ausgaben. Der H. ist in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.
Er wird in der Haushaltsvorlage von der →Verwaltung (Regierung)
dem beschließenden Organ (→Parlament) vorgelegt und durch dessen
Billigung für die staatlichen Organe verbindlich (→Haushaltsgesetz,
bei Gemeinden →Satzung).
Haushaltsrecht (Art. 110ff. GG) ist die Gesamtheit der den
→Haushalt betreffenden Rechtssätze. Der Haushalt von →Bund,
→Ländern und sonstigen juristischen →Personen des öffentlichen
Rechts ist getrennt aufzustellen. Der Haushalt wird von der Regierung
(→Verwaltung) geplant und vom →Parlament durch formelles
→Gesetz festgestellt. Seine ordnungsgemäße Ausführung wird
nachträglich vom →Rechnungshof überprüft (Art. 114 GG). Seit
1998 sind Kostenrechnung, Leistungsrechnung und Budgetierung
möglich.
Lit.: Haushaltsrecht, hg. v. Schuy, J., 18. A. 2001; Haushaltsrecht (Lbl.), hg. v. Friauf, K. u. a.,
17. A. 1998; Brinkmeier, H., Kommunale Finanzwirtschaft, 6. A. 1997; Coenen, A., Die
Strafbarkeit von Verstößen, Diss. jur. Köln 2000; Gröpl, C., Haushaltsrecht und Reform, 2001
Haushaltsvorlage →Haushaltsplan
Lit.: Piduch, Bundeshaushaltsrecht (Lbl.), 2. A. 1997
Hausmeier ([lat.] maior [M.] domus, Größerer des Hauses) ist im
Frühmittelalter der (karolingische) Inhaber eines königlichen Hofamts
(der Merowinger, bis 751).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Hausrat ist die Gesamtheit der Gegenstände, die tatsächlich der
Bewirtschaftung eines →Haushalts dienen (z. B.
Wohnungseinrichtung, Geschirr, Wäsche, Bücher, Haustiere,
Gartenmöbel, u. U. auch Motoryacht). Im Gegensatz hierzu stehen die
zum persönlichen Gebrauch bestimmten Gegenstände (z. B. Kleider,
Schmuck).
Lit.: Kobusch, C., Der Hausrat, 1995
Hausratsteilung ist die Aufteilung des →Hausrats bei einer →
Ehescheidung auf die Ehegatten. Sie erfolgt grundsätzlich durch
→Vereinbarung der Eheleute. Können diese sich nicht einigen, so
regelt auf →Antrag der →Richter die Rechtsverhältnisse (an der
Wohnung und) am Hausrat nach den Vorschriften der
Hausratsverordnung vom 21. 10. 1944.
Lit.: Schöpf, S., Die Hausratsteilung im System der ehelichen Vermögensordnung, 1991 (Diss.)
Hausratsverordnung →Hausratsteilung
Hausratversicherung ist die →Versicherung von →Hausrat gegen
Beschädigung.
Lit.: Hugel, C., Die Hausratversicherung, 3. A. 1999
Hausrecht ist das Recht, über die Benutzung eines Raums zu
bestimmen. Es kann jedem Dritten gegenüber geltend gemacht
werden (z. B. vom Mieter gegenüber dem Vermieter oder einem
Nachbarn [str.]). Seine Verletzung ist →Hausfriedensbruch.
Lit.: Engeln, W., Das Hausrecht und die Berechtigung zu seiner Ausübung, 1989; Olizeg, R.,
Hausrecht und Hausfriedensbruch, 2001
Haussuchung →Durchsuchung
Haustürgeschäft (§ 312 BGB) ist das zwischen einem Unternehmer
und einem Verbraucher durch Vertrag abgeschlossene
Rechtsgeschäft, das eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat
und zu dessen Abschluss der Verbraucher durch mündliche
Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer
Privatwohnung oder anlässlich einer vom Unternehmer oder von
einem Dritten zumindest auch im Interesse des Unternehmers
durchgeführten Freizeitveranstaltung oder im Anschluss an ein
überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich
öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen bestimmt worden ist (z. B.
Kauf, Bürgschaft [, aber nicht die der Absicherung einer im Rahmen
einer Erwerbstätigkeit oder nicht eines Haustürgeschäfts
eingegangenen Verpflichtung dienende Bürgschaft]), bei dem der
Kunde typischerweise unvorbereitet getroffen wird (str. für
Wohnungsmietverträge). Nach § 312 I BGB steht dem Verbraucher
ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu (evtl. ein Rückgaberecht
nach § 356 BGB) (ausgenommen die in § 312 III BGB genannten
Rechtsgeschäfte und Gegebenheiten wie Versicherungsverträge,
vorherige Bestellung des Verbrauchers, sofortige Erfüllung mit
weniger als 40 Euro, Beurkundung vor Notar). Die erforderliche
Belehrung über das Widerrufsrecht oder das Rückgaberecht muss auf
die Rechtsfolgen des § 357 I, III BGB hinweisen.
Hausverbot ist das Verbot eines Trägers eines →Hausrechts
gegenüber einem Dritten, sich in dem betreffenden Raum aufzuhalten.
Bezüglich öffentlicher Gebäude kann ein H. privatrechtlich (z. B. bei
Sparkasse) oder öffentlich-rechtlich sein. Öffentlich-rechtlich und
damit belastender →Verwaltungsakt ist es dann, wenn es den Zugang
zu einer Verwaltungsstelle mit dem Ziel der Verfolgung eigener
verwaltungsrechtlicher Angelegenheiten betrifft.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Haverei ist die Einbuße an Schiff oder Ladung während einer
Seereise. Dabei umfasst die kleine H. (§ 621 HGB) nur die durch die
Schifffahrt entstehenden Kosten (z. B. Hafengebühr), die große H.
(§ 700 HGB) alle Schäden, die der Schiffer dem Schiff und der
Ladung zur Rettung aus einer gemeinsamen Gefahr zufügt (z. B.
Seewurf, Aufgrundsetzen). Bei der großen H. werden die Schäden auf
Schiff, Fracht und Ladung aufgeteilt. Besondere H. sind alle sonstigen
Schäden und Kosten (§ 701 HGB).
Lit.: Prüßmann, H./Rabe, D., Seehandelsrecht, 2. A. 1983; Bemm, G., Rechtsprobleme der großen
Haverei, 1997
Hebesatz (§§ 16 GewStG, 25 GrStG) ist ein Prozentsatz, mit dem der
→Steuermessbetrag der →Gewerbesteuer und →Grundsteuer zur
Berechnung der Steuerschuld zu vervielfältigen ist.
Heer ist der zu Land kämpfende Teil der Streitkräfte.
Heerbann ist im mittelalterlichen deutschen Recht das königliche
Aufgebot der Heerfolge.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Heergewäte oder Hergewäte (Heerbekleidung) ist im
mittelalterlichen deutschen Recht die Ausrüstung als Krieger, die in
einer Sondererbfolge ungeteilt an den nächsten männlichen
Verwandten vererbt wird.
Lit.: Bungenstock, W., Heergewäte und Gerade, 1966 (Diss.)
Hegemonie (griech. [F.]) Vorherrschaft
Hehler (§ 259 StGB) ist, wer (vorsätzlich) eine →Sache, die ein
anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen
gerichtete rechtswidrige (nicht notwendigerweise schuldhafte) Tat
erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft,
absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern.
H. kann nicht sein, wer an der Vortat mitgewirkt hat. Allerdings
können →Teilnehmer der Vortat H. hinsichtlich der durch andere
Teilnehmer erlangten Sachen sein.
Hehlerei (§ 259 StGB) ist im Strafrecht die Tat des →Hehlers. Die H.
ist ein →Vermögensdelikt, das mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft wird. § 259 StGB wendet sich
(Perpetuierungstheorie) gegen die Aufrechterhaltung (Perpetuierung)
der durch die Tat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage durch
einverständliches Zusammenwirken mit dem Täter. Gewerbsmäßige
H., Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei sind
qualifizierte Begehungsformen. Wer gewerbsmäßig mit Edelmetallen
und Edelsteinen Handel treibt und einen derartigen Gegenstand, von
dem er fahrlässig nicht erkannt hat, dass ihn ein anderer durch eine
gegen ein fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat (z. B.
Diebstahl) erlangt hat, ankauft oder sich oder einem Dritten
verschafft, ihn absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten
zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit
Geldstrafe bestraft (§ 148b GewO).
Lit.: Seelmann, K., Grundfälle zur Hehlerei (§ 259 StGB), JuS 1988, 39; Bessel, S., Hehlerei durch
deliktische Sachverschaffung, 1995
Heilige Allianz ist die am 26. 9. 1815 zwischen dem Zaren von
Russland, dem Kaiser von Österreich und dem König von Preußen
vereinbarte Absichtserklärung, die christlichen Grundsätze zur
Grundlage der Politik zu machen.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Heiliger Stuhl (Apostolischer Stuhl) ist die Bezeichnung des Papsts
als Völkerrechtssubjekt.
Lit.: Köck, H., Die völkerrechtliche Stellung des Heiligen Stuhls, 1975
Heiliges Römisches Reich (deutscher Nation) ist die amtliche,
stückweise entstandene Bezeichnung des ersten deutschen Reiches
(911–1806) (1034 Romanum Imperium, 1157 Sacrum Imperium,
1254 Sacrum Romanum Imperium, 15. Jh. H. R. R. [deutscher
Nation]).
Lit.: Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Heilkunde ist die Lehre von der Feststellung, Heilung oder
Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden von
Menschen (nicht z. B. Prüfung der Sehschärfe durch Optiker). Ihre
Ausübung bedarf der →Approbation oder der →Erlaubnis (bei
Heilpraktikern). →Arztrecht
Heilmittelwerbegesetz ist das Gesetz über die Werbung auf dem
Gebiet der Heilmittel.
Lit.: Bülow, P., Heilmittelwerbegesetz, 1996; Grönig, J./Weihe-Gröning, C., Heilmittelwerberecht,
1998; Doepner, U., Heilmittelwerbegesetz, 2. A. 2000
Heil- und Pflegeanstalt ist das Krankenhaus für die Behandlung
seelisch Kranker. Die zwangsweise →Unterbringung in einer H.
bedarf wegen des dafür erforderlichen Eingriffs in die Freiheit des
Betroffenen der richterlichen Anordnung oder Bestätigung (vgl.
Art. 104 GG).
Heilung ist allgemein das Gesundmachen oder Gesundwerden. Im
Privatrecht ist die H. eines →Mangels eines →Rechtsgeschäfts die
Beseitigung seiner Folgen. So wird z. B. der Mangel der notariellen
→Beurkundung eines Grundstückskaufs durch die →Auflassung und
→Eintragung in das →Grundbuch geheilt (§ 311b I 2 BGB). Im
Verwaltungsrecht können →Fehler eines →Verwaltungsakts geheilt
werden (§ 45 VwVfG, z. B. durch nachträgliche Antragstellung oder
nachträgliche Begründung).
Lit.: Casper, M., Die Heilung nichtiger Beschlüsse, 1998
Heimarbeit ist die gewerbliche →Arbeit, die der Beschäftigte in
seiner eigenen Wohnung oder Betriebsstätte gegen Entgelt im Auftrag
von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern leistet, wobei er die
Verwertung seiner Arbeitsergebnisse und damit den kaufmännischen
Gewinn und das Risiko seinen Auftraggebern überlässt. Die H. ist
durch das Heimarbeitszeitgesetz besonders geschützt.
Lit.: Schmidt, K./Koberski, W./Tiedemann, B. u.
a., Heimarbeitsgesetz, 4. A. 1998
Heimarbeiter (§ 2 I HArbG) ist, wer →Heimarbeit leistet. Der H. ist
nicht →Arbeitnehmer, aber arbeitnehmerähnliche Person. Für ihn gilt
das Heimarbeitsgesetz.
Heimat ist der geographische Bereich, aus dem jemand stammt und
in dem er zu Hause ist. Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte
der Vereinten Nationen schützt das Recht jedes Menschen – zum
Verlassen seines Staats und – zur Rückkehr in ihn.
heimatloser Ausländer →Ausländer
Heimatvertriebener (§ 2 BVFG) ist der aus seiner (ostdeutschen)
→Heimat vertriebene →Deutsche bzw. dessen →Angehöriger. Ihm
gewährte das Bundesvertriebenengesetz gewisse Hilfen und
Erleichterungen.
Heimfallsrecht ist das Recht auf Rückfall eines Gegenstands an
einen ursprünglich Berechtigten. Im Sachenrecht hat der
→Grundstückseigentümer, der ein →Erbbaurecht bestellt, bei Eintritt
bestimmter Voraussetzungen einen Anspruch auf Übertragung des
Erbbaurechts (§§ 2ff. ErbbauVO). Im älteren deutschen Recht hatte
der Lehnsherr (ausgenommen der deutsche König) ein H. am
erledigten Lehen.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Heimgesetz ist das die Heime betreffenden Angelegenheiten regelnde
Gesetz. Es befasst sich u. a. mit Fragen des Mietrechts, Baurechts und
Sozialrechts.
Lit.: Kunz, E./Butz, M./Wiedemann, E., Heimgesetz, 9. A. 2003; Crößmann, G. u. a., Heimgesetz, 5.
A. 2002
Heimtücke →heimtückisch
Heimtückisch (§ 211 II StGB) ist die Qualifikation eines Verhaltens,
bei dem der Täter die tatsächlich vorhandene Arglosigkeit und
Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst ausnützt (z. B. Herabwerfen von
Steinen von einer Autobahnbrücke auf nahende Fahrzeuge). Das
Opfer ist arglos, wenn es sich im Zeitpunkt der Tat keines Angriffs
oder keiner Feindseligkeit versieht bzw. versehen kann, also erwartet,
es werde ihm von Seiten des Täters nichts Arges zustoßen, und auf
Grund der Arglosigkeit wehrlos, wenn es keine Möglichkeit zur
Abwehr des Angriffs hat bzw. infolge seiner Arglosigkeit in seiner
natürlichen Abwehrbereitschaft und Abwehrfähigkeit stark
eingeschränkt ist. H. ist ein Tatbestandsmerkmal des →Mords.
Lit.: Hassemer, W., Die Mordmerkmale, insbesondere heimtückisch und niedrige Beweggründe,
JuS 1971, 626
Heirat →Eheschließung
Heiratsbuch →Personenstandsbuch
Heiratserlaubnis ist die →Einwilligung einer dritten Person in eine
→Eheschließung. Im älteren deutschen Recht war verschiedentlich
eine H. erforderlich (z. B. bei Beamten, Unfreien). Nach § 1303 BGB
bedürfen beschränkt →Geschäftsfähige zur Eingehung der Ehe
grundsätzlich der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters.
Widerspricht der gesetzliche Vertreter oder sonstige Inhaber der
Personensorge, so darf das Familiengericht die Befreiung von der
Voraussetzung der Volljährigkeit nur erteilen, wenn der Widerspruch
nicht auf triftigen Gründen beruht.
Heiratsurkunde ist die öffentliche →Urkunde, welche die
Eheschließung zweier Menschen verschiedenen Geschlechts beweist.
Lit.: Schwab, D., Familienrecht, 12. A. 2003
Heiratsvermittlung →Ehevermittlung
Heizkostenverordnung ist die die Grundsätze der Abrechnung von
Heizkosten betreffende →Verordnung.
Lit.: Lammel, S., Heizkostenverordnung, 1990; Pfeiffer, F., Die Heizkostenverordnung, 3. A. 1994
Hemmung (§§ 203ff. BGB) ist allgemein die Behinderung eines
Geschehens oder Ablaufs. Bei der H. der →Verjährung (z. B. durch
schwebende Verhandlungen der Beteiligten, Erhebung der Klage auf
Leistung oder auf Feststellung, Zustellung des Mahnbescheids usw.)
wird der Zeitraum, während dessen die V. gehemmt ist, in die
Verjährungsfrist nicht eingerechnet (§ 209 BGB). Nach Fortfall der
H. läuft die Frist weiter.
Lit.: Mork, K., Die Verjährungshemmung des § 204 BGB, 1992
Heranwachsender (§ 1 II JGG) ist, wer zur Zeit der Tat achtzehn,
aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist. Auf einen
Heranwachsenden ist →Jugendstrafrecht anzuwenden, wenn die
Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters ergibt, dass er zur
Zeit der Tat einem →Jugendlichen gleichstand oder es sich bei der
Tat um eine Jugendverfehlung handelt (§ 105 JGG). Im Übrigen gilt
auch das allgemeine →Strafrecht für einen Heranwachsenden nur
abgemildert (§ 106 JGG).
Lit.: Eisenberg, U., Jugendgerichtsgesetz, 10. A. 2004
Herausgabe ist allgemein die Hingabe eines Gegenstands – oder
auch eines Menschen, z. B. Kind – an einen andern. Im Sachenrecht
ist die H. (z. B. § 985 BGB) die Übertragung des unmittelbaren
→Besitzes an den Berechtigten.
Herausgabeanspruch ist der Anspruch auf die →Herausgabe eines
Gegenstands – oder eines Menschen –. Der H. kann sich auf
→Vertrag (z. B. § 667 BGB) oder →Gesetz (z. B. §§ 812, 823 i. V.
m. den §§ 249, 985 BGB) gründen. Er kann den Besitz einer Sache
oder einen sonstigen Gegenstand (z. B. § 812 BGB etwas, z. B.
Gebrauchsvorteil) betreffen. Der wichtigste H. ist der des
→Eigentümers gegen den nichtberechtigten →Besitzer (§ 985 BGB).
Allgemeine Grundsätze über Herausgabeansprüche fehlen (vgl. aber
§ 292 BGB).
Herausgeber ist, wer eine Druckschrift veröffentlicht, ohne
(alleiniger) →Urheber zu sein. Nach § 10 II 1 UrhG gilt er in
bestimmten Fällen als Urheber.
Lit.: Rehbinder, Urheberrecht; Sellier, A., Die Rechte der Herausgeber, Mitarbeiter und Verleger bei
Sammelwerken, 1964 (Diss.)
hereditas (lat., [F.]) Erbschaft, Erbe (N.)
heres (lat., [M.]) Erbe (M.)
hergebrachter Grundsatz →Grundsatz, hergebrachter
Hergewäte →Heergewäte
Herkommen ist die hergebrachte →Sitte oder →Gewohnheit. Das H.
ist keine Rechtsquelle. Es kann aber im Rahmen der →Verkehrssitte
bei →Auslegung von →Verträgen Beachtung finden.
Hermeneutik ist die Lehre von der →Auslegung, also zunächst das
wissenschaftliche Verfahren der Erklärung eines Schriftwerks, dann
aber auch die philosophische Methode des Verstehens des
menschlichen Seins.
Lit.: Zippelius, R., Methodenlehre, 8. A. 2003; Betti, D., Die Hermeneutik als allgemeine Methode
der Geisteswissenschaft, 1962; Seifert, H., Einführung in die Hermeneutik, 1992
Herrenchiemseer Verfassungskonvent ist der von der Konferenz
der Ministerpräsidenten der Länder 1948 bestellte Ausschuss von
Sachverständigen zur Vorbereitung eines →Grundgesetzes für die
→Bundesrepublik Deutschland.
Lit.: 50 Jahre Herrenchiemseer Verfassungskonvent, hg. v. Bundesrat, 1999
Herrenlos (§ 958 BGB) ist die im Fehlen von →Eigentum
bestehende Eigenschaft einer →Sache (z. B. wildes Tier,
derelinquierte Sache). Wer eine herrenlose bewegliche Sache – ohne
Verletzung eines gesetzlichen Verbots oder eines Aneignungsrechts
einer andern Person – in →Eigenbesitz nimmt, erwirbt das
→Eigentum. H. ist zu unterscheiden von besitzlos (→Fund). Bei der
→Zwangsvollstreckung in ein herrenloses Grundstück ist ein
→Vertreter zu bestellen (§ 787 ZPO).
Herrschaft ist die Macht oder Gewalt eines Herrn über einen
Menschen oder einen Gegenstand. In der Rechtssoziologie
(M. Weber) werden als Idealtypen der H. nach deren Legitimation die
charismatische (heilsbetonte) H., die traditionelle
(herkommensbestimmte) H. und die rationale (vernunftbezogene) H.
unterschieden.
Lit.: Herrschaft und Charisma, hg. v. Nippel, W., 2000
Herrschaftsrecht ist das →Recht, das eine →Herrschaft über – einen
Menschen oder – einen Gegenstand begründet (absolutes →Recht).
Das H. ist ein subjektives Recht und steht im Gegensatz zum relativen
→Recht und zum →Gestaltungsrecht.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Herrschaftsvertrag ist der →Vertrag, durch den die →Herrschaft
einer Person über andere begründet wird (Unterwerfungsvertrag,
Gesellschaftsvertrag).
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
herrschend (Adj.) überwiegend, vorherrschend
herrschende Lehre →Lehre, herrschende
herrschende Meinung →Meinung, herrschende
Herstellungsklage ist die →Klage auf Herstellung der ehelichen
→Lebensgemeinschaft (§ 1353 BGB). Sie ist im Verfahren in
→Ehesachen geltend zu machen (§ 606 ZPO). Das →Urteil kann
nicht vollstreckt werden (§ 888 II ZPO).
Herzog ist im mittelalterlichen deutschen Recht der Heeresführer
oder Stammesführer eines Volks (z. B. Bayern, Sachsen, Alemannen,
Franken, Friesen, Thüringer), seit dem 12. Jh. der →Fürst eines
größeren Gebiets (z. B. auch Österreich, Westfalen, Braunschweig).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Herzogtum ist das Herrschaftsgebiet eines →Herzogs (zunächst
Stammesherzogtum, später Amtsherzogtum).
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon
Hessen ist das 1945 aus Teilen des Volksstaats Hessen
(Großherzogtum Hessen-Darmstadt) und Preußens (Provinz HessenNassau) entstandene, von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen,
Niedersachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg
begrenzte →Bundesland. Seine →Verfassung stammt vom
1. 12. 1946. Seine Organe sind →Landtag und →Landesregierung.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Landesrecht Hessen, hg. v. Zezschwitz, F. v., 16. A. 2003;
Hessisches Staats- und Verwaltungsrecht, hg. v. Meyer, H./Stolleis, M., 4. A. 2000; Fuhr, E./Pfeil,
E., Hessische Verfassungs- und Verwaltungsgesetze (Lbl.), 74. A. 2003; Hinkel, K., Nachbarrecht
in Hessen, 1989; Hornmann, G., Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung,
1997; Birkenfeld-Pfeiffer, D., Kommunalrecht, 3. A. 2001; Hinkel, K., Verfassung des Landes
Hessen, 1999; Eiding, L./Ruf, L./Herrlein, J., Öffentliches Baurecht in Hessen, 2003
Heuer (§§ 30ff. SeemG) ist der →Arbeitslohn eines
Besatzungsmitglieds eines Seeschiffs.
Heuervertrag (§§ 23ff. SeemG) ist der zwischen einem
Besatzungsmitglied eines Seeschiffs und dem Reeder unter
Mitwirkung des Seemannsamts geschlossene →Arbeitsvertrag.
Hexe ist nach dem Volksglauben eine zauberkundige Frau mit
magisch-schädigenden Kräften (seit etwa 1430 bis zur Aufklärung des
18. Jh.s systematisch verfolgt).
Lit.: Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 3. A. 1999
Hexenprozess ist der →Hexen betreffende Strafprozess.
Lit.: Merzbacher, F., Die Hexenprozesse in Franken, 2. A. 1970
Hierarchie (griech. [F.] heilige Herrschaft) ist die stufenmäßig
aufgebaute, auf Überordnung und Unterordnung beruhende Ordnung
(z. B. Beamtenhierarchie in der Verwaltung, kirchliche H.).
Lit.: Rausch, R., Hierarchie, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 3 1982, 103
Hilfe zur Erziehung (§ 27 SGB VIII) ist die staatliche Unterstützung
des Personensorgeberechtigten bei der Erziehung eines Kinds oder
eines Jugendlichen. Auf H. z. E. besteht Anspruch, wenn eine dem
Wohl des Kinds oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht
gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und
notwendig ist. H. z. E. umfasst insbesondere die Gewährung
pädagogischer und therapeutischer Leistungen.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Hilfeleisten (§ 27 StGB) ist das Erbringen eines Tatbeitrags, der die
Haupttat ermöglicht oder erleichtert oder die vom Täter begangene
Rechtsgutsverletzung verstärkt. Es genügt, dass die Haupttat
irgendwie gefördert wird, ohne dass das H. Voraussetzung für den
→Erfolg der Haupttat sein muss. Das H. führt zur Bestrafung als
→Gehilfe.
Lit.: Roxin, C., Täterschaft und Tatherrschaft, 7. A. 2000
Hilfeleistung ist die Erbringung von Unterstützung. Unterlassene H.
(§ 323c StGB) ist das Unterlassen der H. bei Unglücksfällen oder
gemeiner Gefahr oder Not, obwohl die H. erforderlich und zumutbar
wäre. Die unterlassene H. ist ein echtes →Unterlassungsdelikt.
Lit.: Seelmann, K., Unterlassene Hilfeleistung, JuS 1995, 281; Harzer, R., Die tatbestandsmäßige
Situation der unterlassenen Hilfeleistung, 1999; Gieseler, K., Unterlassene Hilfeleistung, 1999
Hilflos (z. B. § 243 I S. 1 Nr. 6 StGB) ist, wer – wenn auch nur
vorübergehend – nicht ohne fremde Hilfe sein bzw. sich nicht ohne
fremde Hilfe aus einer Notlage befreien kann (nicht z. B. Schlaf).
Hilfsantrag ist der →Antrag, den der Kläger neben einem
→Hauptantrag für den Fall stellt, dass er mit dem Hauptantrag nicht
durchdringt. Ein H. kann in allen Verfahren, in denen die
→Dispositionsmaxime (→Verfügungsgrundsatz) gilt, gestellt werden.
Über ihn wird nur entschieden, wenn der Hauptantrag unzulässig oder
unbegründet ist.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht; Schröer, Haupt- und Hilfsvorbringen, JA 1990, Übungsblätter für
Referendare 231
Hilfsbeamter der →Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG) ist der
Angehörige einer durch →Rechtsverordnung oder →Gesetz (z. B.
§ 404 AO) besonders zu Hilfsbeamten bestimmten Gruppe von
→Beamten oder →Angestellten. Der Hilfsbeamte darf in besonderen
Fällen besondere Ermittlungshandlungen vornehmen (§§ 81a II, 81c
V, 98, 100b III StPO u. a.). Im Übrigen hat er den Anordnungen der
Staatsanwaltschaft Folge zu leisten.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Hilfsbegründung ist die Begründung eines →Antrags, die nur neben
einer hauptsächlichen Begründung angeführt wird.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Hilfsgutachten →Gutachten
hinkendes Inhaberpapier →Inhaberpapier, hinkendes
hinreichend (Adj.) genügend, ausreichend
Hinterbliebener ist der nahe →Angehörige eines Verstorbenen. Der
Hinterbliebene kann zum Bezug von →Rente, →Versorgung oder
sonstigen finanziellen Leistungen berechtigt sein.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Hinterlegung (§§ 372ff. BGB) ist die im Rahmen eines
→Schuldverhältnisses erfolgende Übergabe einer
hinterlegungsfähigen →Sache durch den →Schuldner an die
öffentliche Hinterlegungsstelle. Hinterlegungsfähig sind →Geld,
→Wertpapiere, sonstige →Urkunden sowie Kostbarkeiten (§ 372
BGB). Hinterlegungsstelle ist nach der Hinterlegungsordnung das
→Amtsgericht des →Leistungsorts. Erforderlich ist ein
Hinterlegungsgrund (§ 372 BGB, z. B. →Annahmeverzug,
unverschuldete Ungewissheit über den Gläubiger). Ist die Rücknahme
der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch
H. wie durch eine →Leistung befreit (§ 378 BGB). Im Übrigen kann
er den Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen. Die
handelsrechtliche H. (§ 373 I HGB) ermöglicht unter vereinfachten
Voraussetzungen die H. jeder →Ware. Zwischen dem Schuldner und
der Hinterlegungsstelle entsteht durch die Hinterlegungsanordnung
(Verwaltungsakt) ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis.
Lit.: Bülow, A./Mecke, F./Schmidt, J., Hinterlegungsordnung mit Nebenbestimmungen, 3. A. 1993;
Gernhuber, J., Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. A. 1994
Hinterlist (§ 224 I Nr. 3 StGB) ist die planmäßige Täuschung unter
Verdeckung der wahren Absicht.
Hinweispflicht →Aufklärungspflicht
Lit.: Schaefer, T., Was ist denn neu an der Hinweispflicht?, NJW
2002, 849; Rensen, H., Die richterliche Hinweispflicht, 2002
Hirtenbrief ist die zur Verbreitung bestimmte Stellungnahme eines
→Bischofs oder einer Bischofskonferenz zu kirchlichen, aber auch
weltlichen Fragen.
historisch (Adj.) geschichtlich
historische Rechtsschule →Rechtsschule, historische
Hochgerichtsbarkeit ist im mittelalterlichen deutschen Recht die
Gerichtsbarkeit über besonders schwere Verbrechen (überwiegend
Blutgerichtsbarkeit, →Todesstrafe).
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Hochschuldozent (§§ 48c, 48d HRG) ist ein in der Regel auf 6 Jahre
beamteter, meist habilitierter Hochschullehrer, der nicht Professor ist.
Lit.: Reich, A., Hochschulrahmengesetz, 8. A. 2002
Hochschule (§ 58 HRG) ist (in der Regel) die →Körperschaft des
öffentlichen →Rechts, deren Aufgaben in Forschung und Lehre
bestehen. Sie untersteht hinsichtlich des Lehrbetriebs und des
Lehrergebnisses der →Aufsicht der Länder, wobei für staatliche
Angelegenheiten →Fachaufsicht, für
Selbstverwaltungsangelegenheiten →Rechtsaufsicht Platz greift (§ 59
HRG). Sie hat hinsichtlich der Organisation der Forschung und der
Lehre das Selbstverwaltungsrecht (Zusammensetzung des
Lehrkörpers, Anstellung von wissenschaftlichen und
nichtwissenschaftlichen Dienstkräften, Festlegung der
Lehrveranstaltungen, Abhaltung von Universitätsprüfungen).
Hochschulen sind die →Universitäten und andere Hochschulen (§ 1
HRG, z. B. Fachhochschule). Ihre Organe sind für die Gesamtheit
Präsident (Rektor), Konzil und Senat sowie für die Fachgebiete die
Organe der →Fakultät (→Fachbereich). Das Recht der Hochschulen
ist im Hochschulrahmengesetz (26. 1. 1976) geregelt. (In Deutschland
gab es 2003 329 staatliche oder staatlich anerkannte Hochschulen mit
mehr als 9300 Studienmöglichkeiten.)
Lit.: Thieme, W., Grundprobleme des Hochschulrechts, 1978; Bahro, H. u. a.,
Hochschulzulassungsrecht, 3. A. 1994; Reich, A., Bayerisches Hochschulgesetz, 4. A. 1999
Hochschulgrad →Grad
Hochschulrahmengesetz ist das →Rahmengesetz des Bunds vom
26. 1. 1976, welches das Recht der →Hochschulen allgemein regelt
und durch Hochschulgesetze der Länder ausgefüllt wird.
Lit.: Reich, A., Hochschulrahmengesetz, 8. A. 2002
Höchstbetragshypothek ist die auf einen Höchstbetrag beschränkte
→Hypothek. →Sicherungshypothek
Höchstpersönlich ist die Qualifikation eines →Rechts, die vorliegt,
wenn ein Recht ausschließlich an einen individuellen Berechtigten
gebunden ist. Höchstpersönliche Rechte erlöschen mit dem Tod des
Berechtigten. Sie können von diesem auch nicht übertragen werden
(z. B. § 1059 BGB Nießbrauch, § 727 Gesellschaft).
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Höchstpreis ist ein durch eine Höchstgrenze festgelegter Preis oder
auch der höchste von mehreren möglichen Preisen.
Höchstzahlverfahren →d’Hondtsches H.
Hochverrat (§ 81 StGB) ist das →Unternehmen der
Beeinträchtigung des Bestands der →Bundesrepublik Deutschland
(oder eines Lands) oder der Änderung der auf dem →Grundgesetz der
Bundesrepublik Deutschland beruhenden verfassungsmäßigen
Ordnung mit →Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt. H. ist ein
→Staatsschutzdelikt. H. wird grundsätzlich mit lebenslanger
Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren
bestraft.
Hof ist allgemein zunächst der zu einem Haus unmittelbar gehörige
Platz, dann der landwirtschaftliche Betrieb und schließlich der engere
Lebensbereich und Wirtschaftsbereich eines Adeligen, Fürsten oder
Königs.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Lange, J., Auswirkungen der Hofaufhebung, 1997
Hofamt ist im Anschluss an die Spätantike im mittelalterlichen und
neuzeitlichen deutschen Recht das →Amt der →Verwaltung eines
Teilbereichs des fürstlichen oder königlichen Hofs (z. B. Truchsess,
Kämmerer, Marschall, Schenk).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Höfeordnung →Höferecht
Höferecht ist das für bestimmte landwirtschaftliche →Betriebe
geltende Sonderrecht (Bundesrecht), das in der ehemaligen britischen
Besatzungszone in der Höfeordnung geregelt ist. Zur Erhaltung der
Wirtschaftsfähigkeit eines Hofs ist eine gesetzliche Sondererbfolge
eines einzelnen →Erben festgesetzt, gegen den die sonstigen
(weichenden) →Miterben nur einen beschränkten
Abfindungsanspruch haben. Die Bestimmung des Hoferben erfolgt
durch letztwillige →Verfügung oder durch →Gesetz.
Lit.: Faßbender, H./Hötzel, H./Jeinsen, U. v. u. a., Höfeordnung, 3. A. 1994; Lange, R./Wulff,
H./Lüdtke-Handjery, C., Höfeordnung, 10. A. 2001; Tykwer, F., Hofnachfolge, 1997
Hofgericht ist seit dem Hochmittelalter das am fürstlichen oder
königlichen Hof befindliche Gericht (Obergericht).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Urkundenregesten zur Geschichte des deutschen Königsund Hofgerichts, hg. v. Diestelkamp, B., Bd. 1ff. 1988ff.
Hofrat ist im hochmittelalterlichen und neuzeitlichen deutschen
Recht das oberste Verwaltungsorgan und Rechtsprechungsorgan eines
Fürsten.
Lit.: Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 3. A. 1999
hoheitlich (Adj.) kraft staatlicher Hoheitsgewalt, in öffentlichrechtlicher Handlungsform
Lit.: Leitges, K., Die Entwicklung des Hoheitsbegriffes, 1998
Hoheitsakt ist der von einem Träger von →Hoheitsgewalt in deren
Wahrnehmung vorgenommene Akt (z. B. Verwaltungsakt, Urteil).
Hoheitsgewalt ist die Befugnis des →Staats, einseitig rechtlich
verbindliche →Anordnungen zu erlassen. Die H. ergibt sich aus dem
Wesen des Staats. Die Ausübung der H. erfolgt durch die
→Verwaltung, insbesondere durch →Beamte.
Lit.: Klinke, R., Bestimmungsmerkmale von Hoheitsgewalt im Völkerrecht, Diss. jur. Bonn 1999
Hoheitsgewässer ist das der →Hoheitsgewalt eines →Staats
unterstehende →Gewässer. Zum 1. 1. 1995 dehnte die
Bundesrepublik Deutschland ihre H. an Nordsee und Ostsee zum
Schutz des Wattenmeers auf eine Tiefe von 12 Seemeilen aus.
Hoheitsrecht ist das dem →Staat (→Bund und →Ländern) zur
Ausübung der →Hoheitsgewalt zustehende Recht. Dabei wird
unterschieden zwischen den Befugnissen zur →Rechtsprechung,
Vollziehung und →Rechtssetzung. Nach Art. 24 I GG kann der Staat
ein H. durch Gesetz auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen.
Hoheitszeichen ist das die →Hoheitsgewalt des Staats verkörpernde
Zeichen (z. B. Flagge, Wappen, Amtsschild, Siegel). →Bundesflagge
höhere Gewalt →Gewalt, höhere
Holdinggesellschaft ist die →Gesellschaft, die nicht selbst erzeugt,
sondern nur als Dachgesellschaft – eines →Konzerns – die
Geschäftsanteile oder Aktien anderer Gesellschaften verwaltet.
Lit.: Holding-Handbuch, hg. v. Lutter, M., 3. A. 1998; Kessler, W., Die Euro-Holding, 1996
holographisch (Adj.) ganz (selbst) geschrieben
holographisches Testament →Testament, holographisches
Holschuld ist die →Schuld, bei welcher der Handlungsort des
Schuldners (und →Erfolgsort) der Ort des →Wohnsitzes des
→Schuldners ist (z. B. Kauf im Geschäft). Sie ist zu trennen von der
→Bringschuld und der →Schickschuld. Bedeutung hat die
Unterscheidung für den Leistungsinhalt und die →Konkretisierung
und damit für die Rechtsfolgen beim Untergang von Gegenständen.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
homosexuell →Homosexualität
Homosexualität (Gleichgeschlechtlichkeit) ist die sexuelle
Beziehung zu einem Menschen desselben Geschlechts. 1994 wurde
die Strafbarkeit homosexueller Handlungen zwischen bestimmten
Männern (§ 175 StGB) aufgehoben. Durch § 182b StGB werden
Jugendliche unter 16 Jahren unabhängig von ihrem Geschlecht gegen
sexuellen →Missbrauch geschützt. In den Niederlanden besteht seit
Februar 1998, in Hamburg seit Mai 1999 und in Deutschland
allgemein seit 2001 die Möglichkeit, dass homosexuelle Paare ihre
→Partnerschaft beim Standesamt registrieren lassen. Geplant ist auch
die Zulassung der Annahme als Kind.
Lit.: Frank, O., Die Strafbarkeit homosexueller Handlungen, 1997; Risse, J., Der
verfassungsrechtliche Schutz der Homosexualität, 1998
Hondt →d’Hondtsches Höchstzahlverfahren
Honorar (Ehrengeschenk) ist im →Dienstvertragsrecht die
Vergütung für höhere Dienste (z. B. Arzt, Künstler, Rechtsanwalt).
Für Rechtsanwälte setzt die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung im
Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit durch den Gegner in streitigen
Verfahren enge Grenzen. Im außergerichtlichen Bereich kann das H.
aber vereinbart werden (Erfolgshonorar).
Lit.: Madert, W., Die Honorarvereinbarung des Rechtsanwalts, 2. A. 2002
Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist die
gesetzliche Rahmenregelung für das →Honorar von Architekten und
Ingenieuren.
Lit.: VOB HOAI, hg. v. Werner, U./Pastor, W., 22. A. 2003; Hesse, G./Korbion, H./Mantscheff, J.,
Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, 6. A. 2004; Locher, H./Koeble, W./Frick, W.,
Kommentar zur Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, 8. A. 2002; Jochem, R., HOAIKommentar, 5. A. 2002; Höbel, P./Friess, A., HOAI-Praxis bei Architektenleistungen, 7. A. 2003
Honorarprofessor →Professor
honoris causa (lat.) (h. c.) ehrenhalber (z. B. Ehrendoktor,
Honorarprofessor)
Hörensagen ist das Hören der Mitteilung (des Sagens) eines andern.
Ein Zeuge vom H. ist ein Mensch, der eine die Tat betreffende
Tatsache nicht unmittelbar wahrgenommen (gesehen, gehört usw.)
hat, sondern nur den (mittelbaren) Bericht eines unmittelbaren
Zeugen hiervon. Der Zeuge vom H. ist mittelbarer Zeuge. Ein
→Urteil kann auf seine Aussage grundsätzlich nur dann gestützt
werden, wenn diese durch andere wichtige Gesichtspunkte bestätigt
wird.
Lit.: Joachim, N., Der Hörensagenbeweis im Strafverfahren, 1991 (Diss.)
Höriger ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen deutschen Recht
der grundherrschaftlich abhängige, dem Grundherrn in gewisser
Weise gehörige Mensch (bis zur →Bauernbefreiung im 19. Jh.).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
horizontal (Adj.) auf gleicher Ebene liegend
horizontaler Finanzausgleich →Finanzausgleich, horizontaler
Hospitant (M.) Gast
House (N.) of Commons (engl.) Unterhaus
House (N.) of Lords (engl.) Oberhaus
Hundesteuer ist die gemeindliche →Steuer für das Halten eines
Hundes. Sie darf für Kampfhunde, für die im Übrigen ein besonderes
Bundesgesetz vom 12. April 2001 gilt, entsprechend der größeren
Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit erhöht sein.
Lit.: Kunze, T., Kampfhunde, NJW 2001, 1608
Hundertschaft ist im frühmittelalterlichen deutschen Recht vielleicht
die kleinste familienübergreifende Untergliederung des Volks (str.).
Im Verwaltungsrecht bezeichnet H. eine Formationseinheit der
Bereitschaftspolizei und des Bundesgrenzschutzes.
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1; Götz, Polizeirecht
Hygiene (F.) Reinheit, Reinlichkeit
Lit.: Hygiene und Recht, hg. v. Schneider, A. u. a., 1997
Hypothek (Unterpfand) (§ 1113 BGB) ist die →Belastung eines
→Grundstücks (oder Miteigentumsanteils an einem Grundstück) in
der Weise, dass an den (Hypothekengläubiger), zu dessen Gunsten die
Belastung erfolgt bzw. besteht, eine bestimmte Geldsumme zur
Befriedigung wegen einer ihm zustehenden →Forderung (gegen
einen Schuldner, der mit dem Eigentümer des sichernden
Grundstücks nicht identisch zu sein braucht,) aus dem Grundstück zu
zahlen ist. Die H. ist ein der Sicherung einer Forderung (z. B. eines
Darlehens) dienendes, beschränktes dingliches →Recht
(→Grundpfandrecht), das nicht zum →Besitz berechtigt. Sie ist von
dem Bestand der Forderung abhängig (akzessorisch,
→Akzessorietät). Sie kann →Briefhypothek (selten) oder
→Buchhypothek sein (§ 1116 BGB), →Verkehrshypothek oder
(streng akzessorische) →Sicherungshypothek (§ 1185 BGB). Die H.
entsteht grundsätzlich – sofern die zu sichernde Forderung besteht –
durch →Einigung und →Eintragung in das →Grundbuch – sowie
Ausschluss der Erteilung eines Hypothekenbriefs bzw. →Übergabe
des Hypothekenbriefs oder →Übergabesurrogat –. Sie endet mit der
Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück (§ 1181 BGB),
Ausfall in der →Zwangsversteigerung oder →Aufhebung. Vielfach
geht sie auf den →Eigentümer oder den persönlichen →Schuldner
über. Wird die Schuld vom Schuldner getilgt, entsteht kraft Gesetzes
eine Eigentümergrundschuld (§§ 1163, 1177 BGB).
Lit.: Büdenbender, U., Grundsätze des Hypothekenrechts, JuS 1996, 665 und L 57; Rauch,
W./Zimmermann, S., Grundschuld und Hypothek, 2. A. 1998
Hypothekenbank ist die →Bank, deren Geschäftsbetrieb darauf
gerichtet ist, durch →Hypotheken gesicherte Darlehen (bis zu 60%
des Grundstückswerts) zu gewähren und auf Grund der erworbenen
Hypotheken Schuldverschreibungen (Hypothekenpfandbriefe)
auszugeben.
Lit.: Goedecke, W., Die Deutschen Hypothekenbanken, 4. A. 1997; Bellinger, D./Kerl, V.,
Hypothekenbankgesetz, 4. A. 1995
Hypothekenbrief (§ 1116 BGB) ist die über eine →Hypothek (, bei
der die Erteilung eines Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen ist,)
vom →Grundbuchamt ausgestellte öffentliche →Urkunde. Der H. ist
ein sachenrechtliches →Wertpapier (Namenspapier). Der Gläubiger
erwirbt die Hypothek (Briefhypothek) mit →Übergabe des
Hypothekenbriefs oder →Übergabesurrogat. Der H. ist wesentlich für
die →Übertragung, →Belastung, →Pfändung und Geltendmachung
der Hypothek. Er genießt keinen öffentlichen →Glauben, kann aber
den öffentlichen Glauben des →Grundbuchs zerstören (§ 1140 BGB).
Das →Eigentum am H. steht dem Gläubiger der Hypothek zu (§ 952
II BGB).
Hypothekenpfandbrief →Hypothekenbank
Hypothekenübernahme →Schuldübernahme
I
IAO (F.) Internationale Arbeitsorganisation (1919), →ILO (N.)
International Labour Organization
Lit.: Schaub, G., Globalisierung des Arbeitsrechts, FS A. Söllner,
2000
IAS (F. Pl.) International Accounting Standards, →Standards der
→Rechnungslegung
IATA (F.) Internationale Lufttransportvereinigung
Lit.: Gran, A., Die IATA, 1998
ICAO (F.) International Civil Aviation Organization
ICC (F.) International Chamber of Commerce →Internationale
Handelskammer
Idealkonkurrenz →Tateinheit
Idealverein (§ 21 BGB) ist der →Verein, dessen Zweck ideell
bestimmt und damit nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
gerichtet ist. Er erlangt →Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das
→Vereinsregister. Er steht im Gegensatz zum wirtschaftlichen Verein
(z. B. Aktiengesellschaft).
Idee (F.) Einfall, Gedanke
Lit.: Harke, D., Ideen schützen lassen, 2000
ideell (Adj.) unkörperlich, nichtvermögensmäßig
Identität (F.) Gleichheit, Übereinstimmung, →Repräsentation
Ideologie ([F.] Ideenlehre) ist die Gesamtheit der einer bestimmten
Gruppe zugeordneten Denkweisen und Wertvorstellungen (Ideen)
(str.).
Lit.: Rüthers, B., Ideologie und Recht im Systemwechsel, 1992
illegal (Adj.) ungesetzlich
Lit.: Besozzi, Illegal, legal – egal?, 2001
illegitim (Adj.) ungesetzlich, unehelich
ILO (F.) (engl.) International Labour Organization →IAO
immanent (Adj.) innewohnend
immanente Grundrechtsschranke →Grundrechtsschranke,
immanente
Immaterialgut ist das unkörperliche, geistige Gut (Idee). An
Immaterialgütern können ebenso wie an Sachen →Rechte bestehen
(allerdings [wegen der Definition des Eigentums als absoluter
Herrschaft über eine Sache] nicht z. B. Eigentum).
Immaterialgüterrechte sind etwa →Urheberrecht oder →Patentrecht.
Lit.: Forkel, H., Grundfälle zu den Immaterialgüterrechten, JuS 1989, 869; Legal Aspects of
Intellectual Property Rights in Electronic Commerce, hg. v. Kaestner, J., 2000; Heinemann, A.,
Immaterialgüterschutz in der Wettbewerbsordnung, 2002
Immaterialgüterrecht →Immaterialgut
immateriell (Adj.) unkörperlich
immaterieller Schaden →Schaden, immaterieller
Immatrikulation (F.) Einschreibung (in eine Universität), formeller
Beginn von Studien im Gegensatz zur →Exmatrikulation
(Ausschreibung)
immediat (Adj.) unmittelbar, ohne vermittelndes Zwischenstück
Immission ([F.] Hineinsendung) ist die Zuführung (nicht Abhaltung)
unwägbarer Stoffe (z. B. Gase, Dämpfe, Gerüche, Rauch, Ruß, Licht,
Strahlen, Wärme, Geräusch, Erschütterung). Im Sachenrecht kann der
→Eigentümer eines →Grundstücks Immissionen insoweit nicht
verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht
oder nur unwesentlich →beeinträchtigt oder eine wesentliche
→Beeinträchtigung ortsüblich ist und durch zumutbare Maßnahmen
nicht verhindert werden kann (→Nachbarrecht). Er hat dafür aber
u. U. einen Ausgleichsanspruch (§ 906 BGB). Im Verwaltungsrecht
bedürfen gewisse →Anlagen wegen der von ihnen ausgehenden
Immissionen (§ 3 II BImSchG) einer behördlichen →Genehmigung.
Dies dient dem Schutz von Menschen, Tieren, Pflanzen und andern
Sachen vor den durch Immissionen möglichen Gefahren, Nachteilen
und Belästigungen (§ 1 BImSchG).
Lit.: Abraham, E., Schutz vor industriellen Immissionen, 1997; Johlen, M., Die Beeinflussung
privater Immissionsabwehransprüche durch das öffentliche Recht, 2001
Immissionsschutz ist der Schutz vor schädlichen →Immissionen, der vor allem im
Bundesimmissionsschutzgesetz geregelt ist.
Lit.: Jarass, H., Bundesimmissionsschutzgesetz, 5. A. 2002
immobil (Adj.) unbeweglich
Immobilie (F.) unbewegliches Vermögensstück, Grundstück
Lit.: Rechtshandbuch Immobilien (Lbl.), hg. v. Koeble, W., Bd. 1f. 13. A. 2002; Gerhardt, W.,
Immobiliarsachenrecht, 5. A. 2001; Immobilienrecht Handbuch, hg. v. Schreiber, K., 2001;
Schäfer/Conzen, Praxishandbuch der Immobilienprojektentwicklung, 2002; Gottschalk, G.,
Immobilienwertermittlung, 2. A. 2003; Franke, H./Zanner, C./Kemper, R. u. a., Die Immobilie,
2004; Immobilienwirtschaft, hg. v. Gondring, H., 2004
Immobiliarzwangsvollstreckung →Zwangsvollstreckung
Lit.: Knees, K., Immobilienzwangsvollstreckung, 3. A. 2000
Immobilie (F.) unbewegliche Sache
immun (Adj.) abgabenfrei, sicher
Immunität (Art. 46 IIff. GG) ist der Schutz des →Abgeordneten vor
bestimmten Maßnahmen, die sich gegen sein Verhalten außerhalb des
→Parlaments richten. Nach Art. 46 II GG darf ein Abgeordneter des
→Bundestags wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung nur mit
(nicht offensichtlich rechtswidriger) Zustimmung des Bundestags zur
Verantwortung gezogen oder verhaftet werden (Aufhebung der I.), es
sei denn, dass er bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden
Tags festgenommen wird. Die I. ist ein Verfahrenshindernis
(Prozesshindernis). Sie wird ergänzt durch die →Indemnität. Im
älteren deutschen Recht ist die (aus der Spätantike übernommene) I.
die Freiheit einer →Grundherrschaft von königlicher Gewalt.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997; Lüke, M., Die Immunität
staatlicher Funktionsträger, 2000
imperativ (Adj.) befehlend
imperatives Mandat →Mandat, imperatives
imperium (lat. [N.]) Befehl, Macht, Reich
Impfen (V.) ist das Zuführen einer geringen Menge von Krankheitserregern zwecks Aufbaus
körpereigener Abwehrstoffe. →Impfschaden, →Impfzwang
Impfschaden (§§ 60ff. InfektionsschutzG) ist der durch eine Impfung
verursachte, über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion
hinausgehende Gesundheitsschaden. Wer durch gesetzlich
vorgeschriebene, auf Grund →Gesetzes angeordnete oder von einer
zuständigen Behörde öffentlich empfohlene Impfung einen I. erleidet,
erhält auf →Antrag →Versorgung.
Impfzwang ist der (durch Gesetz) angeordnete Zwang zur Impfung.
Import (M.) Einfuhr
Impressum ([N.] Eindruck) ist die für →Druckwerke gesetzlich
vorgeschriebene Benennung des Druckers und Verlegers, bei
Zeitschriften und Zeitungen auch des verantwortlichen Redakteurs.
Lit.: Rehbinder, Urheberrecht
Im Zweifel ist in Gesetzestexten die Auslegungsregel, die immer
dann die gesetzliche →Rechtsfolge eintreten lässt, wenn das Handeln
beteiligter Personen eine (andere) gewünschte Rechtsfolge nicht
eindeutig erkennen lässt (z. B. § 262 BGB).
Inbegriff (§ 260 BGB) ist die Gesamtheit unter einheitlicher
Bezeichnung zusammengefasster →Gegenstände, die als solche
wirtschaftliche Bedeutung hat (z. B. Nachlass, Unternehmen,
Bibliothek, Herde). Wer einen I. von Gegenständen herauszugeben
hat, hat dem Berechtigten ein Bestandsverzeichnis vorzulegen.
Inbesitznahme →Besitznahme
Incoterms ([N. Pl.] international commercial terms) ist die von der
Internationalen Handelskammer 1936 erstmals veröffentlichte
Zusammenstellung internationaler Handelsbegriffe wie z. B. von
Handelsklauseln und deren Inhalt (z. B. cif, fob).
Lit.: Schroeter, W., Die Auswirkungen tatsächlicher und technischer Veränderungen im Ablauf des
Handelsverkehrs auf Handelsbräuche und Incoterms, 1999; Bredow, J./Seiffert, B., Incoterms 2000,
2000
Indemnität ([F.] Straflosigkeit) (Art. 46 I GG, § 36 StGB) ist die
Befreiung der →Abgeordneten von der gerichtlichen oder
dienstlichen Verfolgung wegen einer Abstimmung oder Äußerung im
→Parlament, ausgenommen verleumderische Beleidigungen. Die I.
ist ein persönlicher materiellrechtlicher →Strafausschließungsgrund.
Der Schutz durch I. wird ergänzt durch die →Immunität.
Lit.: Rinck, H., Die Indemnität des Abgeordneten, JZ 1961, 248
Index ([M.] Anzeiger, Verzeichnis) ist im katholischen Kirchenrecht
das Verzeichnis der Bücher, welche die Kirchenmitglieder (bis 1966)
ohne Erlaubnis nicht lesen durften. Nach wie vor dürfen aber nach
katholischem Kirchenrecht Bischöfe Schriften prüfen und verwerfen.
Lit.: Steuner, A., Index Romanus, 11. A. 1956
Indien ist das von Pakistan, China, Nepal, Bhutan, Birma und
Bangladesh begrenzte südasiatische Land.
Lit.: Jain, M., Outlines of Indian legal history, 5. A. 1996; Zilm, A., Das Kastensystem in der
Rechtsordnung Indiens, 1997; Rubbra, D., Rechtstipps für Exporteure, 2000
Indigenat ([N.] Eingeborensein, Staatsangehörigkeit,
Ortsangehörigkeit, Heimatrecht) ist die Zugehörigkeit zu einem
Gemeinwesen. Das in Art. 33 GG enthaltene gemeinsame I. (aller
Bundesländer) bedeutet, dass jeder →Deutsche in jedem →Land die
gleichen staatsbürgerlichen Rechte hat.
Indignität (F.) Unwürdigkeit
Indikation ([F.] Anzeichen, Anzeige) ist allgemein ein Hinweis. Im
Strafrecht ist (z. B. medizinische oder soziale) I. (Angezeigtsein) eine
Voraussetzung, die den mit Einwilligung der Schwangeren durch
einen Arzt vorgenommenen →Schwangerschaftsabbruch rechtfertigt.
Lit.: Lau, H., Indikationen zum Schwangerschaftsabbruch, 1976
indirekt (Adj.) mittelbar
indirekte Stellvertretung →Stellvertretung, indirekte
indirekte Steuer →Steuer, indirekte
indirekter Verbotsirrtum →Verbotsirrtum, indirekter;
→Erlaubnisirrtum
indirekter Vorsatz →Vorsatz, indirekter
Individualarbeitsrecht ist das das einzelne →Arbeitsverhältnis
betreffende →Arbeitsrecht. Es umfasst insbesondere die Begründung,
den Inhalt (Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien) und die
Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es steht im Gegensatz zum
→Kollektivarbeitsrecht.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Hromadka,
W./Maschmann, F., Arbeitsrecht, Bd. 1 2. A. 2001
Individualrechtsgut ist das Rechtsgut eines Einzelnen im Gegensatz
zu dem Rechtsgut einer Gemeinschaft oder der →Allgemeinheit
(z. B. Leben, Ehre, Gesundheit). Der Einzelne wird vom Recht vor
allem hinsichtlich seiner Individualrechtsgüter geschützt (z. B.
→Strafrecht, unerlaubte →Handlung, Abwehransprüche).
Lit.: Pfeifer, K., Individualität im Zivilrecht, 2001
Indiz ([N.] Anzeichen) ist die Tatsache, aus deren Vorhandensein auf
eine andere Tatsache geschlossen werden kann (z. B. Rauch →Feuer,
Lüge →Unredlichkeit, Schmiere →Betrug, schlechte Noten
→Mängel, Rechtsbruch →Korruption).
Indizienbeweis (Anzeichenbeweis, vgl. § 267 I 2 StPO) ist der
→Beweis auf Grund von Tatsachen, die nicht unmittelbar den zu
beweisenden Vorgang beweisen, wohl aber mittelbar auf diesen
schließen lassen (z. B. Spuren der Bekleidung oder der Haut des
Täters unter den Fingernägeln des Opfers). Der I. ist zulässig. Stützt
sich das Strafurteil auf Indizien, so sollen diese angegeben werden.
Lit.: Hansen, U., Der Indizienbeweis, JuS 1992, 327
Indossament ([lat.] in dorso auf dem Rücken) (z. B. Art. 11 WG) ist
im →Wertpapierrecht eine Erklärung (für mich an X, gez. Y), durch
die eine Person (Indossant) die Rechte aus einem →Orderpapier auf
eine andere Person (Indossatar) überträgt. Das allgemeine
(ausführliche) I. muss schriftlich auf den →Wechsel oder auf ein mit
diesem verbundenes Blatt, das in der bloßen Unterschrift des
Indossanten bestehende I. (Blankoindossament) auf die Rückseite des
Wechsels oder auf ein mit diesem verbundenes Blatt gesetzt werden.
Das I. überträgt alle Rechte aus dem Wertpapier (Art. 14 WG,
Transportfunktion). Das I. weist in ununterbrochener Kette den
Inhaber als Berechtigten aus (Art. 16 WG Legitimationsfunktion).
Das I. lässt den Indossanten für Annahme und Zahlung haften
(Art. 15 WG Garantiefunktion). Das I. kann im Einzelnen noch
verschieden gestaltet werden (Vollmachtindossament,
Pfandindossament, Treuhandindossament u. a.).
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
In dubio pro reo ([lat.] im Zweifel für den Angeklagten) ist im
Strafverfahrensrecht ein ungeschriebener Grundsatz, nach dem dann,
wenn der →Richter keine volle Überzeugung von der →Schuld des
→Angeklagten gewinnt, dieser freizusprechen oder nur wegen einer
milderen, nachgewiesenermaßen erfüllten Strafvorschrift zu bestrafen
ist. Dieser Grundsatz beruht darauf, dass der Angeklagte nicht seine
Unschuld, sondern der Ankläger die Schuld des Angeklagten
nachweisen muss (→Unschuldsvermutung). Er ist in dieser Form seit
1811 belegt, aber in Vorläufern schon unter Trajan und im gelehrten
Strafprozessrecht des Spätmittelalters nachzuweisen.
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht; Zopfs, J., Der Grundsatz in dubio pro reo, 1999
Industrie- und Handelskammer (IHK) ist die →Körperschaft des
öffentlichen →Rechts, deren Zwangsmitglieder (verfassungsgemäß)
alle Gewerbetreibenden des betreffenden Bezirks sind. Die I. ist eine
→Selbstverwaltungskörperschaft, deren wichtigste Aufgabe die
Wahrung und Förderung der Interessen ihrer Mitglieder ist. Ihre
Organe sind nach dem Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts
der Industrie- und Handelskammern (18. 12. 1956) Vollversammlung,
Präsidium und Hauptgeschäftsführer.
Lit.: Frentzel, G./Jäkel, E./Junge, W., Industrie- und Handelskammergesetz, 6. A. 1999; Jahn, R.,
Wirtschaftskammer statt Staat, JuS 2002, 434
Industrieverbandsprinzip ist der Grundsatz der Gliederung der
Organisationen der →Arbeitgeber und →Arbeitnehmer nach
Wirtschaftsbereichen (z. B. Einzelgewerkschaften) statt etwa nach
→Berufen.
Industrielle Revolution ist der durch wissenschaftlich-technischen
Fortschritt bewirkte Übergang von der Agrargesellschaft zur
Industriegesellschaft (in England seit 1760, im Deutschen Bund seit
1850).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Infallibilität (F.) Unfehlbarkeit
Infamie ([F.] Ehrlosigkeit) ist im römischen Recht die mit gewissen
Handlungen (z. B. Schauspielerei, Wucher) verbundene Rechtsfolge
des Verlusts der bürgerlichen →Ehre.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Infektion (F.) Ansteckung mit Krankheitserregern
Infektionsschutzgesetz (F.) ist das am 1. 1. 2001 in Kraft getretene,
dem Schutz vor Infektionen dienende Gesetz.
Lit.: Bales, S./Baumann, H., Infektionsschutzgesetz, 2001
Informatik (F.) Informationswissenschaft
Lit.: Informatikrecht im europäischen Umfeld, hg. v. Weber, R., 1997;
Hering, E. u. a., Handbuch der praktischen und technischen
Informatik, 2. A. 2000
Information (F.) Nachricht, Unterrichtung, Datum,
Kenntnisbeziehung
Lit.: Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (Lbl.), hg. v. Hoeren, T. u. a., 3. A.
2002; Kloepfer, M., Informationsrecht, 2002; Hoeren, T., Zur Einführung Informationsrecht, JuS
2002, 947
informationell (Adj.) Informationen betreffend
Lit.: Riepl, F., Informationelle Selbstbestimmung im Strafverfahren, 1998
Informationsfreiheit (Art. 5 I 1 GG) ist die Freiheit der Beschaffung
von Informationen. Sie ist das Gegenstück zur Freiheit der
Meinungsäußerung. Sie ist ein Teil der →Meinungsfreiheit. Das
Recht zum Empfang von Nachrichten nach Art. 10 EMRK verbietet
einer Regierung, eine Person am Empfang von Nachrichten zu
hindern.
Lit.: Löffler, M./Ricker, R., Handbuch des Presserechts, 4. A. 2000; Kröger, D., Informationsfreiheit
und Urheberrecht, 2002
Informationssystem ist die systematisch mit Hilfe der Methoden der
Datenverarbeitung geschaffene Sammlung von Informationen (z. B.
das Juristische Informationssystem JURIS).
Lit.: Mielke, B., Bewertung juristischer Informationssysteme, 2000; Külper, K., Das polizeiliche
Informationssystem INPOL, Diss. jur. Konstanz 2000
Informations- und Kommunikationsdienstegesetz ist das
einheitliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Informationsund Kommunikationsdienste (z. B. Telebanking, Datendienst,
Internetnutzung, Telespiele, nicht dagegen Rundfunk) festlegende
Gesetz vom 22. 7. 1997.
Lit.: Beck’scher IuKDGKommentar, hg. v. Engel-Flechsig, S. u. a., 2001
Infrastruktur (F.) Gesamtheit von Einrichtungen zur Gestaltung von
Abläufen
Lit.: Hermes, G., Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998; Theobald, C., Aktuelle
Entwicklungen des Infrastrukturrechts, NJW 2003, 324
in fraudem legis (lat.) unter Umgehung des Gesetzes
Ingenieur ist der technikwissenschaftlich oder naturwissenschaftlich
ausgebildete Fachmann (z. B. Elektroingenieur,
Maschinenbauingenieur).
Lit.: Rechtshandbuch für Ingenieure und Architekten, hg. v.
Sangenstedt, 1999; Heiermann, W./Knipp, B., Architekten- und
Ingenieurverträge, 1999
Ingerenz (F.) ist das vorausgehende gefahrbegründende Verhalten
(z. B. Verursachen eines Verkehrsunfalls). Die I. begründet eine
→Garantenstellung. Aus dieser folgt die Pflicht zu einer →Handlung
(z. B. Sicherung der Unfallstelle), deren Unterlassung u. U. strafbar
ist →(Unterlassungsdelikt).
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil
Inhaber ist der einen Gegenstand unmittelbar in seiner
Verfügungsgewalt habende Mensch. Im Wertpapierrecht ist I., wer
rein tatsächlich in der Lage ist, dem →Schuldner das Papier zur
Einlösung vorzulegen (z. B. Gläubiger einer Forderung, Besitzer
eines Wertpapiers).
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Inhaberaktie (§ 10 AktG) ist die auf den →Inhaber lautende →Aktie
(→Inhaberpapier).
Inhaberanteilsschein ist der auf den Inhaber ausgestellte
Anteilsschein (z. B. Investmentzertifikat einer
→Kapitalanlagegesellschaft,→Inhaberpapier).
Lit.: Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere
Inhaberklausel ist die den Wertpapierschuldner zu Leistung an den –
berechtigten – →Inhaber des →Wertpapiers verpflichtende Klausel
(z. B. an X oder Überbringer, →Inhaberscheck.)
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Inhaberpapier ist das →Wertpapier, bei dem das verbriefte →Recht
grundsätzlich von jedem →Inhaber geltend gemacht werden kann
(z. B. →Aktie, →Grundschuldbrief, →Inhaberschuldverschreibung,
Inhaberscheck, Briefmarke). Der Inhaber braucht seine Berechtigung
nicht nachzuweisen. Der Verpflichtete kann aber die →Leistung
verweigern, wenn er nachweist, dass der Inhaber in Wahrheit nicht
der Berechtigte ist. Beim I. wird das verbriefte Recht durch
→Einigung und →Übergabe (§§ 929ff. BGB) des Papiers übertragen.
(Das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier.) Hinkendes I.
(§ 808 BGB) ist das →Namenspapier (qualifiziertes
→Legitimationspapier), das mit der Bestimmung ausgegeben wird,
dass die in der →Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber
bewirkt werden kann (Inhaberklausel). Es ist kein I., weshalb der
Inhaber nicht berechtigt ist, die Leistung zu verlangen. Der Schuldner
wird aber durch die →Leistung an den →Inhaber befreit (z. B.
→Sparkassenbuch).
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Inhaberscheck ist der auf den →Inhaber (bzw. Überbringer)
ausgefertigte (heute übliche) →Scheck.
Lit.: Haertlein, L., Der abhanden gekommene Inhaberscheck, 1999
Inhaberschuldverschreibung (§ 793 BGB) ist die →Urkunde
(Schuldverschreibung), in welcher der →Aussteller dem →Inhaber
(der Urkunde) eine →Leistung verspricht (z. B. Industrieanleihe,
Hypothekenpfandbrief, Lotterielos). Nach § 793 I 1 BGB kann der
jeweilige Inhaber der Urkunde von dem Aussteller Leistung des
urkundlich Versprochenen verlangen. Die I. ist (wie die
→Anweisung) eine der bürgerlichrechtlichen Grundfiguren des
→Wertpapiers. Sie ist →Inhaberpapier.
Inhaberzeichen (§ 807 BGB) ist die Karte (Inhaberkarte), die Marke
(Inhabermarke) oder das ihnen ähnliche Zeichen, in dem ein
→Gläubiger nicht bezeichnet ist und das von dem →Aussteller unter
Umständen ausgegeben wird, aus denen sich ergibt, dass er dem
Inhaber zu einer Leistung verpflichtet sein will (z. B. Fahrkarte). Das
I. wird nach § 807 BGB teilweise wie eine
→Inhaberschuldverschreibung behandelt. Insbesondere kann der
Inhaber des Zeichens von dem Aussteller →Leistung des urkundlich
Versprochenen verlangen.
Inhalt ist allgemein das in etwas Enthaltene im Gegensatz vor allem
zur Form als einer äußeren Erscheinung.
Inhaltsfreiheit ist die Freiheit, den Inhalt eines →Rechtsgeschäfts
festzulegen. Die I. ist durch Art. 2 I GG gewährleistet. Sie ist aber
durch zahlreiche gesetzliche Bestimmungen wie durch allgemeine
Geschäftsbedingungen u. a. in wichtigen Bereichen wesentlich
eingeschränkt (z. B. →Mietrecht, →Arbeitsrecht).
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Inhaltsirrtum (§ 119 BGB) ist der →Irrtum (lat. [M.] error) über den
Inhalt einer →Erklärung. Er kann die Person des Erklärungsgegners,
die Rechtsnatur des Geschäfts oder den Gegenstand des Geschäfts
betreffen (z. B. Irrtum über die Identität des Gegenstands). Als Irrtum
über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche
→Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als
wesentlich angesehen werden (§ 119 II BGB, z. B. Sachkunde einer
Person, Echtheit eines Kunstwerks, nicht Wert einer Sache). Der I.
berechtigt grundsätzlich zur →Anfechtung der Erklärung (anders
z. B. im Kaufrecht bei Sachmängeln).
Inhaltskontrolle ist die (gerichtliche) Überprüfung des Inhalts einer
Bestimmung oder Vereinbarung (auf ihre Übereinstimmung mit
höherrangigem Recht).
Lit.: Fastrich, L., Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992; Borges, G., Die
Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen, 2000; Kappus, A., Inhaltskontrolle
gesetzesrezitiereneder Klauseln, NJW 2003, 322
Initiativrecht ist das Recht zur →Gesetzesinitiative.
In iure cessio (lat. [F.] Übergang in der Entscheidungsstätte) ist im
römischen Recht eine auf ein Scheinverfahren vor dem Magistrat
gestützte Übertragung der Gewalt an einem Gegenstand.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
iniuria (lat. [F.]) Unrecht
Inkasso ist die Einziehung einer Forderung. Das I. kann für den
Gläubiger von einem Dritten gegen den Schuldner durchgeführt
werden. Ein Inkassobüro darf auch von einem Rechtsanwalt betrieben
werden.
L.: Seitz, W., Das Inkasso-Handbuch, 3. A. 2000
Inkassomandat →Einziehungsermächtigung
Inkassozession ist die lediglich zum Zweck der Einziehung der
→Forderung erfolgende →Abtretung. Hier wird zwar der Erwerber
der Forderung neuer Gläubiger, doch ist er aus dem
zugrundeliegenden Grundverhältnis (→Geschäftsbesorgungsvertrag)
zwischen ihm und dem Abtretenden verpflichtet, das Erlangte an den
Abtretenden (bisherigen Gläubiger) herauszugeben.
Lit.: Rudloff, T., Ausgewählte Rechtsfragen der Inkassounternehmen, 1997
inkognito (Adv.) unbekannt
Inkompatibilität ist die Unverträglichkeit zweier Erscheinungen, insbesondere die aus dem
Gedanken der Gewaltenteilung entspringende Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Bekleidung
mehrerer bestimmter öffentlicher →Ämter durch dieselbe Person (z. B. Bundespräsident und
Mitglied der Bundesregierung oder Abgeordneter, Art. 55 GG).
Inkorporation (F.) Einverleibung, Eingliederung, Eingemeindung
Lit.: Dörr, O., Die Inkorporation, 1995
Inkrafttreten →Gesetzeskraft
Inland ist grundsätzlich das Gebiet innerhalb der Grenzen eines
→Staats (Geltungsgebiet seines Rechts) im Gegensatz zum
→Ausland.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Innenbereich ist der im räumlichen Geltungsbereich eines
qualifizierten →Bebauungsplans liegende (beplanter I.) oder einen im
Zusammenhang bebauten Ortsteil bildende (unbeplanter I.) Teil eines
Gemeindegebiets. Er steht im Gegensatz zum →Außenbereich. Im I.
darf entsprechend dem Bebauungsplan oder hilfsweise der
bestehenden Bebauung gebaut werden.
Innengesellschaft ist die im Innenverhältnis der Gesellschafter
zueinander bestehende →Gesellschaft. Eine reine I. ist gegeben,
wenn die Parteien lediglich ihr Innenverhältnis zueinander
gesellschaftlichen Regeln unterstellen, während sie nach außen nicht
gemeinschaftlich hervortreten (z. B. stille Gesellschaft). Im Übrigen
ist normalerweise die Gesellschaft im Innenverhältnis auch eine
Gesellschaft im Außenverhältnis.
Innentendenz ist die innere Zielsetzung des Täters (→Absicht). Sie
ist überschießende I., wenn der Täter einen →Erfolg zwar ins Auge
gefasst haben muss, diesen aber nicht erreicht zu haben braucht (z. B.
Bereicherungsabsicht bei Betrug, § 263 StGB, oder
Zueignungsabsicht bei Diebstahl, § 242 StGB). Die überschießende I.
kann dabei entweder auf einen Erfolg gerichtet sein, der nach der Tat
ohne Zutun des Täters eintreten soll (z. B. § 263 StGB) oder den der
Täter durch eigenes Handeln selbst herbeiführen will (z. B. § 242
StGB).
Innenverhältnis ist das allein die unmittelbar beteiligten Personen
betreffende Verhältnis. →Außenverhältnis
Innenvollmacht →Vollmacht
innere Verwaltung →Verwaltung, innere
Innung ist der freiwillige Zusammenschluss selbständiger
Gewerbetreibender desselben →Gewerbes eines bestimmten Bezirks
zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen. Der
Hauptfall der I. ist die Handwerksinnung. Sie ist eine →Körperschaft
des öffentlichen Rechts (§ 53 HandwO), die mit der Genehmigung
der Satzung rechtsfähig wird. Organe der Handwerksinnung sind die
Innungsversammlung, der Vorstand und die Ausschüsse. Die Aufsicht
über die Handwerksinnung führt die →Handwerkskammer. Andere
Innungen sind wirtschaftliche, rechtsfähige →Vereine.
Lit.: Musielak, H./Detterbeck, S., Das Recht des Handwerks, 3. A. 1995
Inquisition (lat. inquisitio [F.] Untersuchung) ist seit dem
Hochmittelalter im kirchlichen Recht das geistliche →Gericht zur
Verfolgung der Ketzer, das sich zur Wahrheitsermittlung der
Verschärfung der Befragung durch die →Folter bedient. Parallel zur
kirchlichen I. setzte sich auch im weltlichen Recht die Verfolgung
von Unrecht durch amtliche Untersuchung (gegenüber der bisherigen
Selbsthilfe bzw. Klage des Verletzten) durch. Hieraus entstand der
Inquisitionsprozess.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Inquisitionsmaxime (→Untersuchungsgrundsatz) ist der Grundsatz,
dass das →Gericht von sich aus die materielle Wahrheit erforscht.
Die I. steht im Gegensatz zum →Verhandlungsgrundsatz, bei dem
sich das Gericht mit der formellen Wahrheit begnügt. Die I. gilt u. a.
im Strafprozessrecht (§ 155 II StPO), im Verwaltungsprozessrecht
und in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nicht dagegen im
Zivilprozessrecht.
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht
Inquisitionsprozess (Untersuchungsprozess) ist der von der
amtlichen Verfolgung und Untersuchung (sowie Anklage)
gekennzeichnete →Strafprozess (im Gegensatz zum
→Akkusationsprozess).
Lit.: Strafrecht, Strafprozess und Rezeption, hg. v. Landau, P./Schroeder, F., 1984
Insemination (F.) Einsäen, Besamung
Lit.: Hager, J., Die Stellung des Kindes nach heterologer Insemination, 1997
Insichgeschäft (§ 181 BGB) ist das →Geschäft zwischen zwei
Beteiligten, bei dem auf jeder Seite (infolge Vertretung) dieselbe
Person steht (Selbstkontrahieren). Dies kann zu einer
→Interessenkollision führen. Nach § 181 BGB kann ein →Vertreter,
soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist (z. B. →Vollmacht), im
Namen des Vertretenen (z. B. des A) mit sich im eigenen Namen oder
als Vertreter eines Dritten (z. B. des D) ein Rechtsgeschäft nicht
vornehmen (Verbot des Selbstkontrahierens), es sei denn, dass das
Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit
(z. B. Übereignung von Geld) besteht. Das unzulässige I. des
Vertreters ist schwebend →unwirksam, das zulässige I. dagegen
wirksam. Die Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts kann im
Handelsregister eingetragen werden.
Lit.: Hübner, U., Interessenkonflikt und Vertretungsmacht, 1977; Altmeppen, H., Gestattung zum
Selbstkontrahieren in der GmbH, NJW 1995, 1182
Insichprozess ist der →Prozess, bei dem auf beiden Seiten dieselbe
Person steht. Von der Natur des Prozesses als Streitverfahren zur
Austragung von Interessengegensätzen her ist der I. unzulässig.
Ausnahmsweise wird er aber für den →Staat zugelassen, wenn eine
Einigung verschiedener Organe des Staats nicht im Wege der
→Aufsicht erreicht werden kann (str.) oder wenn Organe (desselben
Rechtsträgers) eigene Rechte geltend machen können.
Lit.: Ule, Verwaltungsprozessrecht
Insider (engl. [M.] Angehöriger, Vertrauter, Wissender) ist im
Wirtschaftsrecht (z. B. § 13 WpHG) ein Mensch, der auf Grund seiner
Stellung (z. B. Beteiligung, Beruf, Tätigkeit, u. a. Vorstandsmitglied,
Journalist, Bankangestellter) Kenntnisse über nicht öffentlich
bekannte Ziele eines Unternehmens hat, die im Fall ihres
Bekanntwerdens den Kurs eines Wertpapiers erheblich zu
beeinflussen geeignet sind. Die Verwertung seines Wissens zu seinem
persönlichen Vorteil (z. B. Spekulation mit Aktien) ist seit 1994
strafbar.
Lit.: Siebold, H., Das neue Insiderrecht, 1994; Peters, P., Das deutsche Insiderstrafrecht, 1997;
Heise, D., Der Insiderhandel, 2000
Insignie (F.) Machtkennzeichen
Insinuation (F.) Bekanntgabe, Vorlage, Zustellung
Insolvenz (F.) ist die Zahlungsunfähigkeit. Der Schuldner ist
insolvent, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten
zu erfüllen (§ 17 II InsO). Die I. ist allgemeiner Eröffnungsgrund des
Insolvenzverfahrens. Beantragt der Schuldner die Eröffnung, so ist
schon die drohende I. Eröffnungsgrund. Bei einer juristischen Person
ist bereits die Überschuldung Eröffnungsgrund.
Lit.: Insolvenzen in Europa, hg. v. Jahn, U., 4. A. 2003; Picot, G./Aleth, F., Unternehmenskrise und
Insolvenz, 1999; Handbuch Unternehmensinsolvenz, hg. v. Weisemann, U. u. a. 1999; Frotscher,
G., Besteuerung bei Insolvenz, 5. A. 2000; Lwowski, H./Tetzlaff, C., Umweltrisiken und Altlasten in
der Insolvenz, 2002; Praxis der Insolvenz, hg. v. Beck, S./Depré, P., 2003; Haarmeyer, H., Guter
Rat bei Insolvenz, 2003
Insolvenzanfechtung (§ 129 InsO) ist die Anfechtung der vor der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommenen, die
Insolvenzgläubiger benachteiligenden anfechtbaren Handlungen des
Schuldners durch den Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130ff.
InsO.
Insolvenzdelikt ist die die Insolvenz betreffende Straftat.
Lit.: Weyand, R., Insolvenzdelikte, 5. A. 2001
Insolvenzgericht (§ 2 InsO) ist das für das →Insolvenzverfahren
zuständige Gericht. Dies ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein
Landgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Landgerichts oder
ein weiteres von der jeweiligen Landesregierung durch
Rechtsverordnung zum I. bestimmtes Amtsgericht. Örtlich zuständig
ist grundsätzlich das I., in dessen Bezirk der Schuldner seinen
allgemeinen Gerichtsstand hat.
Insolvenzgesetz ist das die →Insolvenz betreffende Gesetz.
Lit.: Schmidt, K., Insolvenzgesetze, 17. A. 1997
Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) ist im →Insolvenzverfahren der
persönliche Gläubiger, der einen zur Zeit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den
Schuldner hat(, den er schriftlich bei dem →Insolvenzverwalter
anzumelden hat, § 174 InsO).
Lit.: Der Gläubiger im Insolvenzverfahren, hg. v. Huntemann, E. u. a., 1999; Kersting, A., Die
Rechtsstellung der Gläubiger, 1999; Gogger, M., Insolvenzgläubiger-Handbuch, 2002
Insolvenzmasse (§ 35 InsO) ist im →Insolvenzverfahren das
gesamte, der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen, das dem
Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und
das er während des Verfahrens erlangt. Es ist Aufgabe des
Insolvenzverwalters, ein Verzeichnis aufzustellen, in dem die
einzelnen Vermögensgegenstände und ihr Wert aufgeführt sind. Aus
der I. werden die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen
Masseverbindlichkeiten vorweg befriedigt.
Insolvenzordnung ist das die Konkursordnung, Vergleichsordnung
und Gesamtvollstreckungsordnung zum 1. 1. 1999 ablösende, die
→Insolvenz eines Schuldners regelnde Gesetz.
Lit.: InsO, 8. A. 2003; Insolvenzordnung, 30. A. 2003; Insolvenzordnung, hg. v. Uhlenbruck, W.,
12. A. 2003; Haarmeyer, H./Wutzke, W./Förster, K., Handbuch zur Insolvenzordnung, 3. A. 2001;
Hess, H./Weis, M./Wienberg, R., Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. A. 2001; Heidelberger
Kommentar zur Insolvenzordnung, hg. v. Eickmann, D., 3. A. 2003; Insolvenzordnung (Lbl)., hg. v.
Nerlich, J./Römermann, V., 6. A. 2003; Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, hg. v.
Wimmer, K., 3. A. 2002; Insolvenzordnung (Lbl.), hg. v. Kübler, B. u. a., 2002; Münchener
Kommentar zur Insolvenzordnung hg. v. Kirchhof, H./Lwowski, H./Stürner, R., 2001ff.;
Insolvenzordnung, hg. v. Braun, E., 2002; Handbuch zur Insolvenzordnung (Lbl.),
Gesamtverantwortung Kraemer, J., 2002
Insolvenzplan (§ 217ff. InsO) ist der von den Vorschriften der
→Insolvenzordnung abweichende, dem Schuldner und dem
→Insolvenzverwalter mögliche Plan über die Befriedigung der
absonderungsberechtigten Gläubiger und der →Insolvenzgläubiger,
über die Verwertung der →Insolvenzmasse und deren Verteilung an
die Beteiligten sowie über die Haftung des Schuldners nach der
Beendigung des Insolvenzverfahrens. Zur Annahme des
Insolvenzplans (nach grundsätzlicher Prüfung durch das
Insolvenzgericht) durch die Gläubiger sind grundsätzlich die
Zustimmung der Mehrheit der abstimmenden Gläubiger und eine
summenmäßige Mehrheit der Ansprüche der zustimmenden
Gläubiger erforderlich (§ 244 InsO). Den angenommenen Plan muss
das Gericht durch Beschluss bestätigen.
Lit.: Hess, H./Obermüller, M., Insolvenzplan, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz, 3. A.
2003; Smid, S./Rattunde, R., Der Insolvenzplan, 1998
Insolvenzrecht ist die Gesamtheit der die →Insolvenz eines
Schuldners betreffenden Rechtssätze. →Zahlungsunfähigkeit,
→Insolvenz, →Konkurs, →Vergleich
Lit.: Hess, H., Insolvenzrecht, 5. A. 1999; Breuer, W., Insolvenzrechts-Formularbuch, 2. A. 1999;
Hess, H./Binz, F., Formulare und Muster zum Insolvenzrecht, 2. A. 2001; Bork, R., Einführung in
das neue Insolvenzrecht, 3. A. 2002; Wellensiek, J./Braun, E., Insolvenzrecht-CD-ROM, 2. A.
2000; Smid, S., Grundzüge des Insolvenzrechts, 4. A. 2002; Hess, H./Kranemann, K./Weis, M.,
Insolvenzrecht, 4. A. 2000; Insolvenzrechtshandbuch, hg. v. Gottwald, P., 2. A. 2001; Hess, H.,
Insolvenzarbeitsrecht, 2. A. 2000; Zimmermann, W., Insolvenzrecht, 5. A. 2003; Grohmann, T.,
Insolvenzrecht, 2. A. 2001; Pape, G./Uhlenbruck, W., Insolvenzrecht, 2002; Frege, M./Keller,
U./Riedel, E., Insolvenzrecht, 6. A. 2002; Wimmer/Dauernheim/Wagner/Weidekind, Handbuch des
Fachanwalts Insolvenzrecht 2002; Hess, H./Weis, M., Insolvenzrecht, 2. A. 2002; Haarmeyer,
H./Wutzke, W./Förster, K., Insolvenzrechtliche Vergütung, 3. A. 2002; Breuer, W., Insolvenzrecht,
2. A. 2003; Foerste, U., Insolvenzrecht, 2003
Insolvenzverfahren (§ 1 InsO) ist das bei →Insolvenz
anzuwendende Verfahren. Es dient dazu, die →Gläubiger eines
→Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen
des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem
→Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum
Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner
wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen
Verbindlichkeiten zu befreien. Das I. kann über das Vermögen jeder
natürlichen und jeder juristischen Person, eines nichtrechtsfähigen
Vereins, einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, einen Nachlass
oder über ein Gesamtgut einer Gütergemeinschaft eröffnet werden
(§ 11 InsO). Es wird nur auf Antrag des Schuldners oder eines
Gläubigers eröffnet. Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit und
evtl. die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie die
Überschuldung einer juristischen Person (§§ 17ff. InsO). Wird der
Antrag auf Eröffnung mangels Masse abgewiesen, können die Kosten
dem Antragsteller auferlegt werden. Der →Insolvenzverwalter hat die
→Insolvenzmasse zu verwalten und zu verwerten (§§ 148ff. InsO)
und die →Insolvenzgläubiger, die ihre Forderung bei ihm anmelden
müssen, zu befriedigen (§§ 174ff. InsO). Dazu werden die bei ihm
angemeldeten Forderungen nach Betrag und Rang geprüft. Wird
gegen eine Forderung weder vom Verwalter noch von einem
Gläubiger Widerspruch erhoben, gilt sie als festgestellt. Bei
Bestreiten muss sie gerichtlich festgestellt werden. Verteilungen an
Insolvenzgläubiger sind möglich, so oft ausreichende Barmittel
vorliegen. Die Schlussverteilung findet nach Abschluss der
Verwertung der Masse statt.
Lit.: Keller, U., Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 2000; Pape, G., Entwicklung des
Regelinsolvenzverfahrens, NJW 2003, 2502
Insolvenzverwalter ist der vom →Insolvenzgericht bestellte
(geeignete, geschäftskundige und von den Gläubigern und dem
Schuldner unabhängige) Mensch, der das →Insolvenzverfahren leitet
(§ 56 InsO). Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das
Recht des Schuldners, das zur →Insolvenzmasse gehörende
Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den I. über (§ 80
InsO). Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die
→Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der I. anfechten (§ 129
InsO).
Lit.: Pohlmann, U., Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998; Stapper,
F., Neue Anforderungen an den Insolvenzverwalter, NJW 1999, 3441; Blersch, J.,
Insolvenzrechtliche Vergütungsordnung, 2000; Römermann, V., Die Bestellung des
Insolvenzverwalters, NJW 2002, 3729
Instanz (F.) zuständige Stelle
Instanzentbindung ist im neuzeitlichen Strafprozessrecht die
vorläufige Beendigung eines →Verfahrens aus Mangel an Beweisen
mit der jederzeitigen Möglichkeit des Neubeginns. →absolutio ab
instantia
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Instanzenweg (M.) ist der vorgeschriebene Gang durch die
zuständigen Instanzen (Stellen).
Institut ([N.] Einrichtung) ist die als relative Einheit zu begreifende
Anzahl von →Rechtssätzen zur Bewältigung eines Sachproblems
(z. B. I. der Stellvertretung, der Ehe, des Berufsbeamtentums oder der
Strafaussetzung zur Bewährung). Im Wissenschaftsverwaltungsrecht
ist I. die der Wissenschaft dienende, rechtlich meist unselbständige
Einheit von persönlichen und sachlichen Mitteln (z. B. I. für
Arbeitsrecht), deren Nachteile meist ihre Vorteile überwiegen.
Institution (F.) Einrichtung
institutionell (Adj.) die Institution betreffend
institutionelle Garantie →Garantie, institutionelle
Institutionen (F. [Pl.]) ist die schon in der römischen Antike
gebrauchte Bezeichnung für Einführungslehrbücher des (römischen)
Rechts (z. B. I. des Gaius um 160 n. Chr., I. (Kaiser) Justinians 533 n.
Chr.).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Institutsgarantie →Garantie
Lit.: Mager, U., Einrichtungsgarantien, 2003
Instruktion (F.) Belehrung, Aufklärung
Instruktionsfehler ist der in unzureichender Aufklärung über die bei
Benutzung einer Ware mögliche Gefahr bestehende Fehler (vgl.
BGHZ 116, 60 Karies durch Kindertee). →Aufklärungspflicht
Instrumentum (N.) sceleris (lat.) ist das der Einziehung (§§ 74ff.
StGB) unterliegende Werkzeug eines Straftäters.
Insubordination (F.) Nichtunterordnung, Ungehorsam
Integration (F.) Vereinheitlichung, Zusammenschluss
Lit.: Integration und Recht, hg. v. Sahlfeld, K. u. a., 2003
Integrationslehre ist die auf →Integration abstellende, von Rudolf
Smend begründete Lehre vom Wesen des →Staats. Danach ist der
Staat ein geistiger Zusammenhang, ein Einheitsgefüge im Wollen und
Erleben der Einzelnen. Daraus, dass die Bürger eines Staats
gemeinsam miteinander leben wollen und ihr Verhalten darauf
einstellen, entsteht eine geistige Einheit.
Lit.: Menger, Verfassungsgeschichte
Integritätsinteresse →Interesse
Interaktion (F.) Zwischenhandlung, Zwischenbeziehung
Interesse ist im Schuldrecht meist der Umfang des zu ersetzenden
→Schadens. Dabei wird vor allem zwischen Erfüllungsinteresse
(positivem I.) und Vertrauensinteresse (negativem I.) unterschieden.
Als Integritätsinteresse wird das Interesse des Geschädigten daran,
dass sein Vermögen in seiner konkreten Zusammensetzung erhalten
bleibt, bezeichnet, als Wertinteresse oder Summeninteresse das I.
daran, dass es in seinem Wert Bestand hat. Daneben spricht das
Bürgerliche Gesetzbuch auch von I. an einer →Leistung als dem
bestehen gebliebenen Verlangen nach ihrer Bewirkung (z. B. § 286 II
BGB). Im öffentlichen Recht ist das öffentliche I. das
→Allgemeinwohl. Es ist ein unbestimmter →Rechtsbegriff. Sein
Inhalt muss jeweils an Hand von Sinn und Zweck der betreffenden
gesetzlichen Regelung ermittelt werden.
Lit.: Knobbe-Keuk, B., Vermögensschaden und Interesse, 1972; Uerpmann, R., Das öffentliche
Interesse, 2000
Interessenjurisprudenz ist die methodische Richtung in der
Rechtswissenschaft, die davon ausgeht, dass wegen der
Lückenhaftigkeit der Rechtsordnung der →Richter sein →Urteil nicht
logisch ableiten kann, sondern als wertende Entscheidung eines
Konflikts abgeben muss. Dabei hat er sich der vom Gesetzgeber in
den gesetzlichen Regeln abstrakt gefassten Konfliktentscheidungen
und der dabei getroffenen Wertung der beteiligten Interessen oder
Begehrenspositionen zu bedienen. Fehlt eine solche
Interessenbewertung, darf er selbst so entscheiden, wie vermutlich der
Gesetzgeber entscheiden würde.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Interessenjurisprudenz,
hg. v. Ellscheid, G./Hassemer, H., 1974
Interessenkollision ist das Zusammentreffen zweier widerstreitender
Interessen. Hierfür kennt die Rechtsordnung keine allgemeine
Lösung. Im Zweifel ist das höherwertige Interesse dem
geringerwertigen Interesse vorzuziehen und darf das eigene Interesse
dem fremden Interesse vorangestellt werden. Verschiedentlich
verbietet sich bei I. ein Tätigwerden.
Lit.: Zippelius, R., Methodenlehre, 8. A. 2003
Interessentheorie ist die auf das Interesse abstellende Theorie zur
Abgrenzung von öffentlichem →Recht und →Privatrecht. Nach ihr
gehört eine →Norm, die überwiegend dem Interesse der
Allgemeinheit dient, zum öffentlichen Recht, eine Norm, die
überwiegend dem Interesse von Einzelnen dient, zum Privatrecht.
Lit.: Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1
Interimsschein (M.) Zwischenschein
interlokal (Adj.) zwischenörtlich (z. B. [bis 3. 10. 1990] zwischen
Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer
Republik)
international (Adj.) zwischenstaatlich
Lit.: Die internationale Dimension des Rechts, 1996
Internationale Handelskammer (ICC [F.] International Chamber of
Commerce) ist der 1919 erfolgte private Zusammenschluss von
Unternehmen und Unternehmensverbänden mit Sitz in Paris.
Lit.: Derains, Y./Schwartze, E., A Guide to the New ICC Rules, 1998
internationale Organisation →Organisation, internationale
internationale Zuständigkeit →Zuständigkeit
Internationaler Gerichtshof ist das richterliche Hauptorgan der
→Vereinten Nationen. Der Internationale Gerichtshof setzt sich aus
15 auf je 9 Jahre gewählten Richtern zusammen. Vor ihm können vor
allem alle Mitglieder der Vereinten Nationen klagen und verklagt
werden. (Vgl. BGBl 1973 II 505.)
Lit.: Ipsen, Völkerrecht; Rosenne, S., The World Court, 5. A. 1995
internationaler Rechtsverkehr
Lit.: Bülow, A./Böckstiegel, K./Geimer, R./Schütze, R., Der internationale Rechtsverkehr in Zivilund Handelssachen (Lbl.), 4. A. 2002; Bülow, A./Böckstiegel, K./Geimer, R./Schütze, R.,
Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen (Lbl.), 26. A. 2003
Internationaler Seegerichtshof ist der durch das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen
(United Nations Convention on the Law of the Sea) geschaffene, als zweites ständiges
internationales Gericht mit universeller Zuständigkeit tätige, am 1. 10. 1996 konstituierte
Gerichtshof in Hamburg mit 21 unabhängigen, auf 9 Jahre gewählten Richtern.
Lit.: Talmon, S., Der Internationale Seegerichtshof, JuS 2001, 550; Brevern, H. v., Die Wogen
glätten, Anwalt 2002, 7, 21
Internationaler Strafgerichtshof ist das in Den Haag ansässige, mit
18 hauptamtlichen Richtern besetzte Gericht für innere Streitigkeiten
in den Vertragsstaaten und für das Verbrechen des Angriffskriegs
(Aggression, Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit,
Kriegsverbrechen). Das Vertragsstatut (17. 7. 1998) tritt durch die
Ratifizierung durch 60 der 148 beteiligten Staaten in Kraft. Der
Internationale Strafgerichtshof soll dann tätig werden, wenn ein Staat
die genannten Straftaten nicht ernsthaft verfolgen will. In
Deutschland ist in diesem Zusammenhang das grundgesetzliche
Verbot, Deutsche auszuliefern, eingeschränkt worden (Art. 16 III
GG).
Lit.: Roggemann, H., Die internationalen Strafgerichtshöfe, 2. A. 1998; Commentary on the Rome
Statute of the International Criminal Court, 2000; Wäspi, S., Die Arbeit der Internationalen
Strafgerichtshöfe, NJW 2000, 2449; Bruer-Schäfer, A., Der internationale Strafgerichtshof, 2001;
Meißner, J., Die Zusammenarbeit mit dem internationalen Strafgerichtshof, 2003
internationales Einheitskaufrecht →Kauf, einheitliches Kaufrecht
Lit.: Jagert, U./Derichsweiler, S., Internationales Einheitskaufrecht, JuS 1989, 972
internationales Privatrecht →Privatrecht, internationales
internationales Recht →einzelne Rechtsgebiete
Internet ist der Name des umfassenden internationalen
Datenverarbeitungsnetzwerks (der Netzwerke). Für das I. werden von
Vergabestellen (z. B. DENIC) Adressen (domains) vergeben. Eine
Internetadresse kann gepfändet werden.
Lit.: Kröger, D./Kuner, C., Internet für Juristen, 3. A. 2001; Köhler, M./Arndt, H., Recht des
Internet, 4. A. 2003; Vertragsrecht der Internetprovider, hg. v. Spindler, G., 2000; Handbuch zum
Internetrecht, hg. v. Kröger, D./Gimmy, M., 2. A. 2002; Internetauktionen, hg. v. Spindler,
G./Wiebe, A., 2001; Hoeren, T., Grundzüge des Internetrechts, 2. A. 2002; Noack, U./Spindler, G.,
Unternehmen und Internet, 2001; Haft, F./Eisele, J., Zur Einführung – Rechtsfragen des
Datenverkehrs im Internet, JuS 2001, 112; Hoffmann, H., Die Entwicklung des Internet-Rechts,
NJW 2001, Beilage zu Heft 14; Diringshofen, D. v., Internet für Juristen, 3. A. 2001; Strömer, T.,
Das ICANN-Schiedsverfahren, 2002; Taggesell, D., PHP 4 – Dynamische Webseiten, 2002;
Kröger, D./Hanken, C., Casebook Internetrecht, 2002; Tesmer, H., International Business Forms of
Internet, 2002; Hoffmann, H., Die Entwicklung des Internet-Rechts, NJW 2002, 2602; Das WebAdressbuch für Deutschland 2003, hg. v. Weber, M., 6. A. 2002; Ernst, E./Vassilaki, I./Wiebe, A.,
Hyperlinks, 2002; Pierson, M./Seiler, D., Internet-Recht im Unternehmen, 2002; Lelley/Leclaire,
Internet, Hyperlinks, ISP & Co, 2003; Kröger, D., Internetstrategien für Versicherungen, 2003
Internuntius (lat. [M.]) niederer päpstlicher Gesandter
Interpellation (F.) Unterbrechung, Anfrage
Interpellationsrecht (vgl. z. B. Art. 42 I GG) ist das Recht des
→Parlaments, die →Regierung um Auskunft über bestimmte
Angelegenheiten zu ersuchen.
Interpolation ([F.] Einschaltung) ist die – oft verfälschende –
Einschaltung von Wörtern oder Sätzen in den ursprünglichen
Wortlaut eines Texts, insbesondere im Rahmen der die Schriften der
klassischen Juristen verwertenden Gesetzgebungstätigkeit Justinians
(527-533 n. Chr.).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Interpretation (F.) Auslegung
Interregnum (lat. [N.] Zwischenherrschaft) ist die Zeit zwischen dem
Ende der einen und dem Beginn einer andern Herrschaft wie z. B. die
Zeit zwischen 1254 (Tod Konrads IV. aus der Familie der Staufer)
und 1273 (Wahl Rudolfs von Habsburg).
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
intertemporal (Adj.) zwischenzeitlich
Lit.: Dannecker, G., Das intertemporale Strafrecht, 1993; Heß, B., Intertemporales Privatrecht, 1998
Intervention (F.) Dazwischentreten, Eingreifen,
→Hauptintervention, →Nebenintervention
Lit.: Trautner, T., Die Einmischung, 1999; Ziegert, K., Die
Interventionswirkung, 2003
Interventionsklage →Drittwiderspruchsklage
Interzession (Dazwischentreten) ist das Eintreten eines Dritten für
die Schuld des Schuldners (z. B. →Schuldmitübernahme,
→Bürgschaft).
Lit.: Werner, S., Schuldrechtliche Interzessionen, 1998
Intestaterbfolge ist die beim Fehlen eines →Testaments oder einer
sonstigen →Verfügung von Todes wegen eintretende (gesetzliche)
→Erbfolge.
Intimsphäre ist der letzte innerste Bereich menschlicher →Freiheit.
Die I. wird durch Art. 2 I GG als wesentlicher Teil (Wesensgehalt)
der allgemeinen →Handlungsfreiheit geschützt. Dadurch wird sie der
Einwirkung der gesamten öffentlichen →Gewalt entzogen (z. B. ist
die I. verletzt, wenn von einem Menschen grundlos Lichtbilder oder
Fingerabdrücke in einer polizeilichen Kartei aufbewahrt werden).
Lit.: Arzt, G., Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, 1970
Invalide (M.) Arbeitsunfähiger
Invalidenversicherung →Rentenversicherung
Inventar ([N.] Bestand, Bestandsverzeichnis) ist zunächst die
Gesamtheit von →Gegenständen, die zum Betrieb eines
→Unternehmens bestimmt sind (totes und lebendes I.) und als
→Zubehör behandelt werden (z. B. § 98 BGB). Daneben ist I. ein
genaues Verzeichnis der Vermögensgegenstände und Schulden mit
Angabe ihres Werts. Im Handelsrecht hat der →Kaufmann (§ 240
HGB) beim Beginn seines →Handelsgewerbes und für den Schluss
des Geschäftsjahrs ein I. zu errichten. Im Erbrecht erhält sich der
→Erbe durch die Errichtung eines Inventars die Möglichkeit der
Beschränkung der →Haftung auf den →Nachlass (§§ 1994 I 2, 2005 I
BGB).
Inventur ist der Vorgang der Errichtung des →Inventars
(insbesondere im Handelsrecht).
Investition ist die Verwendung von Kapital zur Anschaffung von
Wirtschaftsgütern.
Investitur ([F.] Einkleidung) ist im mittelalterlichen Recht die
Übertragung eines Gegenstands, insbesondere eines →Lehens, durch
eine äußerlich sichtbare formale, vielfach symbolische Handlung,
durch die der Investierte die →Gewere erlangt.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Investiturstreit ist in der Rechtsgeschichte der zwischen Kirche (vor
allem Papst Gregor VII.) und Königen (vor allem Heinrich IV.)
geführte Streit um die Zuständigkeit zur Übertragung geistlicher
Ämter bzw. Einkleidung in geistliche Ämter (1059/75–1122).
Lit.: Mitteis/Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte
Investment (N.) →Kapitalanlage
Lit.: Förster, W./Hertrampf, U., Das Recht der Investmentfonds, 3. A. 2001; Abdala, M., Das Recht
der Investmentfonds, 2001
Investmentgesellschaft →Kapitalanlagegesellschaft
invitatio (F.) ad offerendum (lat.) Aufforderung zur Abgabe eines
Antrags (Angebots), →Einladung zum Antrag (Angebot)
Inzest (M.) Unreinheit, →Blutschande
Inzidentkontrolle ist die Prüfung einer Rechtsfrage im Rahmen eines
nicht unmittelbar hierauf gerichteten →Verfahrens (z. B. prüft das
Gericht, das untersucht, ob für einen Vollzugsakt eine
Rechtsgrundlage vorhanden ist, inzident, ob die dafür in Frage
kommende Norm rechtmäßig ist).
Inzucht ist die Paarung überdurchschnittlich nahe verwandter
Lebewesen. Sie birgt die Gefahr des Erbreinwerdens und
Inerscheinungtretens unerwünschter Anlagen. Übertragen ist die
Wechsel, Wettbewerb und wirkliche Kontrolle ausschließende I.
wegen der mit ihr regelmäßig verbundenen Korruptivität auch in einer
Verwaltungsorganisation (z. B. Behörde, Fakultät) höchst gefährlich.
ipso iure (lat.) schon durch das Recht selbst – also ohne zusätzlichen
Willensäußerung einer Person – tritt eine Rechtsfolge ein (z. B.
Erbfolge bei Erbfall).
Irland ist der nordwestlichste Staat Europas, der seit 1. 1. 1973 den
→Europäischen Gemeinschaften bzw. der →Europäischen Union
angehört.
Lit.: Michel, U., Gesellschaftsrecht in Irland, 1996
irrevisibel (Adj.) nicht durch Revision überprüfbar
Irrtum ist die unbewusste Unkenntnis vom wirklichen Sachverhalt,
das Auseinanderfallen der (subjektiven) Vorstellung eines
Handelnden und der (objektiven) Wirklichkeit. Im Strafrecht lässt der
beachtliche →Tatbestandsirrtum (§ 16 I StGB) den →Vorsatz
entfallen (z. B. der beachtliche →error in obiecto, I. über den
Kausalverlauf, →aberratio ictus, I. über die Voraussetzungen einer
Garantenstellung). Der →Verbotsirrtum (I. über die Rechtswidrigkeit)
führt je nach Vermeidbarkeit oder Unvermeidbarkeit zur möglichen
Milderung der →Strafe oder zum Wegfall der →Schuld (§ 17 StGB).
Der I. über einen →Rechtfertigungsgrund (indirekter Verbotsirrtum)
wird je nach seiner Art entweder in den Rechtsfolgen analog dem
→Tatbestandsirrtum behandelt (→Erlaubnistatbestandsirrtum) oder
uneingeschränkt als (indirekter) Verbotsirrtum (→Erlaubnisirrtum).
Der I. über eine →Garantenpflicht (→Gebotsirrtum) wird nach den
Regeln des Verbotsirrtums beurteilt. Der I. über das Vorliegen eines
anerkannten →Entschuldigungsgrunds entschuldigt bei
Unvermeidbarkeit und mildert (str.) die Schuld bei Vermeidbarkeit
(§ 35 II StGB). Der I. über persönliche →Strafausschließungsgründe
oder →Strafaufhebungsgründe ist unbeachtlich (Strafbarkeitsirrtum i.
e. S.). Der umgekehrte I. (z. B. Täter hält untaugliches Mittel für
tauglich oder erlaubtes Verhalten für verboten) führt zum strafbaren
untauglichen →Versuch bzw. zum straflosen →Wahndelikt. Ein I. im
Sinne des § 263 StGB setzt die positive Vorstellung einer der
Wirklichkeit widersprechenden Tatsache voraus, während das bloße
Fehlen der Vorstellung einer wahren Tatsache nicht genügt. Im
Privatrecht führt der I. bei der Abgabe einer →Willenserklärung zur
→Anfechtbarkeit der Willenserklärung (§ 119 I BGB). Dies gilt
sowohl für den Erklärungsirrtum wie auch den →Inhaltsirrtum,
wobei der I. über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person
oder einer Sache als Inhaltsirrtum angesehen wird. Unbeachtlich ist
der bloße →Motivirrtum.
Lit.: Hettinger, M., Der Irrtum im Bereich der äußeren Tatumstände, JuS 1991, L 25; Schroth, U.,
Vorsatz und Irrtum, 1998; Kramer, E., Der Irrtum beim Vertragsschluss, 1998; Schwaab, D., Zum
Irrtum beim Vertragsschluss, 2000
ISBN (F.) Internationale Standard-Buchnummer (seit 1972)
ISDN (N.) Integrated Services Digital Network, Integriertes Digitales
Fernmeldenetz
Islam ist die von Mohammed (um 569–632) in Arabien gestiftete,
auch das Recht beeinflussende Weltreligion.
Lit.: Lohlker, R., Das islamische Recht im Wandel, 1999; Rohe, M., Der Islam, 2001; Beiträge zum
islamischen Recht, hg. v. Ebert, H. u. a.,Bd. 1ff. 2000ff.; (Gesellschaft für arabisches und
islamisches Recht, Sachsenring 81, D 50677 Köln)
Istkaufmann (§ 1 HGB) ist die Person, die ein Handelsgewerbe
betreibt. →Kaufmann
Italien ist der im 19. Jahrhundert aus zahlreichen unterschiedlichen
Herrschaften (Neapel-Sizilien, Parma-Piacenza, Modena, Toskana,
Österreich, Kirchenstaat, Sardinien-Piemont u. a.) erwachsene
südeuropäische Einheitsstaat. Seine republikanische Verfassung
stammt vom 27. 12. 1947. Das nach dem Vorbild Frankreichs
kodifizierte Privatrecht wurde 1939/41 umgestaltet und nach 1945
teilweise geändert.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Conte, G./Boss, H., Wörterbuch der Rechts- und
Wirtschaftssprache, Teil 1 5. A. 2001, Teil 2 6. A. 2003; Kindler, P., Einführung in das italienische
Recht, 1993 (vgl. dazu NJW 1995, 1076); Köbler, G., Rechtsitalienisch, 1996; Hofmann, M. u. a.,
Arbeitsrecht in Italien, 1996; Cavagnoli, S./Woelk, J., Einführung in die italienische Rechtssprache,
1997; Hofmann, M., Gesellschaftsrecht in Italien, 2. A. 1997; Troike Strambaci, H./Helffrich
Mariani, E., Wörterbuch für Recht und Wirtschaft, Deutsch-Italienisch, 2. A. 1997; Funke, C.,
Trennung und Scheidung im italienischen Recht, 1997; Ciola, B. u. a., Terminologisches
Wörterbuch zum Gesellschaftsrecht, 2000; Maganzi Gioeni d’Angiò, F. u. a., Terminologisches
Wörterbuch zum Schuldrecht, 2001; http://www.italrecht.de
itio (F.) in partes (lat.) Vorgehen in Teilen, Trennung nach Parteien
iudex (lat., [M.]) Richter
iudex (M.) ad quem (lat.) Richter, zu dem (die Anfechtung der
Entscheidung geht)
iudex (M.) a quo (lat.) Richter, von dem (die anzufechtende
Entscheidung kommt)
iudex (M.) inhabilis (lat.) ausgeschlossener Richter
iudex (M.) suspectus (lat.) wegen Befangenheit abgelehnter Richter
iudicium (lat. [N.]) Gericht, Urteil
iudicium (N.) parium (lat.) Pairsgericht, Gericht der
Standesgenossen (z. B. in der →Magna Charta)
iura (lat. [N. Pl.]) Rechte, →ius
Iura (N. Pl.) novit curia ([lat.] das Recht bzw. die Rechtsregeln
kennt das Gericht) ist der Rechtsgrundsatz, der besagt, dass die
→Parteien nur Tatsachen beizubringen und zu beweisen haben, nicht
dagegen Rechtssätze (gilt nicht für das in einem andern Staate
geltende Recht sowie die dem Gericht unbekannten
→Gewohnheitsrechte und Statuten, § 293 ZPO).
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
ius (lat. [N.]) Recht, Gericht, →iura
Ius (N.) ad rem ([lat.] Recht auf die Sache) ist im
spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Recht das Recht einer
Person, die (z. B. schon gekauft, aber) noch nicht das Eigentum
erlangt hat, auf eine Sache.
Lit.: Mitteis/Lieberich, Deutsches Privatrecht
Ius (N.) civile ([lat.] Zivilrecht) ist im römischen Recht das Recht der
römischen Bürger im Gegensatz zu dem auch für Nichtrömer
geltenden römischen Recht (ius gentium, ius honorarium, ius
praetorium), im mittelalterlichen deutschen Recht meist das
Stadtrecht.
Lit.: Dulckeit/Schwarz/Waldstein, Römische Rechtsgeschichte; Köbler, G., Das Recht im frühen
Mittelalter, 1971
Ius (N.) cogens ([lat.] zwingendes Recht) ist das Recht, das durch
Parteivereinbarung nicht abgeändert werden kann (z. B. § 276 III
BGB, Haftung des Schuldners wegen eigenen Vorsatzes).
Ius (N.) dispositivum ([lat.] nachgiebiges Recht) ist das Recht, das
Feldfunktion geändert
durch Parteivereinbarung abgeändert werden kann und nur dann gilt,
wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben (z. B. § 276 I 1
BGB, Haftung des Schuldners wegen Fahrlässigkeit).
Ius (N.) divinum ([lat.] göttliches Recht) ist im Kirchenrecht das auf
Gott zurückzuführende Recht (im Einzelnen str.).
ius (N.) evocandi (lat.) Evokationsrecht
ius (N.) gentium (lat.) Fremdenrecht, Völkerrecht
Ius (N.) honorarium ([lat.] Amtsrecht) ist im römischen Recht das
von den Magistraten (→Prätor, Ädil) geschaffene, auch für Fremde
geltende Recht (im Gegensatz zum →ius civile).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
ius (N.) humanum (lat.) menschliches Recht
ius (N.) praetorium (lat.) Prätorenrecht, →ius honorarium
ius (N.) privatum (lat.) Privatrecht
ius (N.) publicum (lat.) öffentliches Recht
Ius (N.) sanguinis ([lat.] Recht des Bluts) ist der Grundsatz, dass das
→Kind die →Staatsangehörigkeit seiner Eltern (Vater, Mutter)
erlangt.
Ius (N.) soli ([lat.] Recht des Bodens) ist der Grundsatz, dass das
→Kind die →Staatsangehörigkeit des Geburtsorts erlangt.
Ius (N.) utrumque ([lat.] beide Rechte) ist seit dem 12. Jh. die
Sammelbezeichnung für das geistliche (kanonische) Recht und das
weltliche (römische) Recht.
Lit.: Köbler, Jurist
iustitia (lat. [F.]) Gerechtigkeit
iustitium (lat. [N.]) Stillstand der Rechtspflege
Iustum pretium (N.) ([lat.] gerechter Preis) ist der im spätantiken,
spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Recht beim →Kauf zu
berücksichtigende Preis. Ist die Abweichung des wirklichen Preises
vom gerechten Preis (Wert) zu groß ([lat.] laesio [F.] enormis), so
kann seit Justinian der Verkäufer, wenn der Käufer den
Unterschiedsbetrag nicht nachentrichtet, in verschiedenen Rechten
(anders das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch) den Vertrag anfechten.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
IWF (M.) Internationaler Währungsfonds mit Sitz in Washington
Lit.: Lucke, P., Internationaler Währungsfonds, 1997
J
Jagd ist das Erlegen und Fangen jagdbarer →Tiere nach den Regeln
des →Jagdrechts.
Lit.: Scholz, P., Jagdgenossenschaft und Jagdrecht, 1996
Jagdausübungsrecht →Jagdrecht, Jagdpacht
Jagdbezirk (§ 4 BJagdG) ist der zu einer Einheit
zusammengeschlossene →Bezirk, in dem die Jagd ausgeübt werden
darf. Er ist entweder →Eigenjagdbezirk oder gemeinschaftlicher J.
Jagdgenossenschaft (§ 9 BJagdG) ist die von den →Eigentümern der
Grundstücke, die zu einem →Jagdbezirk gehören, gebildete
→Genossenschaft (str. ob →Körperschaft des öffentlichen Rechts).
Sie nutzt die →Jagd durch Verpachtung oder durch Jagd für eigene
Rechnung. Organe der J. sind Jagdvorstand und
Genossenschaftsversammlung.
Lit.: Scholz, P., Jagdgenossenschaft und Jagdrecht, 1996
Jagdpacht (§ 11 BJagdG) ist die die Ausübung des →Jagdrechts
betreffende →Pacht. Der Jagdpachtvertrag ist schriftlich auf
mindestens 9 Jahre abzuschließen. Pächter darf nur sein, wer einen
Jahresjagdschein besitzt und schon vorher während dreier Jahre
besessen hat.
Jagdrecht in objektivem Sinn ist die Gesamtheit der die →Jagd
betreffenden Rechtssätze. J. in subjektivem Sinn (§ 1 BJagdG) ist die
ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende
Tiere, die dem J. unterliegen, zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben
und sie sich anzueignen. Es steht untrennbar vom →Eigentum dem
→Eigentümer auf seinem Grund und Boden zu (§ 3 BJagdG), kann
also nicht selbständiges dingliches Recht sein, seine Ausübung kann
aber den Gegenstand eines Pachtvertrags bilden.
Lit.: Lorz, A./Metzger, E./Stöckel, H., Jagdrecht, Fischereirecht, 3. A. 1998; Blase, Deutsches
Jagdrecht, CD-ROM, 1998; Kümmerle, G., Jagdrecht in Baden-Württemberg, 9. A. 2003; Kopp, R.,
Das Jagdrecht im Lande Hessen, 8. A. 2000
Jagdschein (§ 15 BJagdG) ist die von der unteren
→Verwaltungsbehörde – auf höchstens 3 Jahre – ausgestellte
→Urkunde über die Jagdausübungsberechtigung. Die erstmalige
Ausstellung des Jagdscheins setzt die erfolgreiche Ablegung einer
Prüfung voraus. Wer die Jagd ausübt, muss einen auf seinen Namen
lautenden J. bei sich führen (§ 15 BJagdG).
Jagdwilderei (§ 292 StGB) ist das Nachstellen, Fangen, Erlegen oder
sich oder einem Dritten Zueignen von →Wild unter Verletzung
fremden →Jagdrechts oder Jagdausübungsrechts sowie das Zueignen,
Beschädigen oder Zerstören einer dem Jagdrecht unterliegenden
→Sache.
Jahr ist der durch die Dauer des Erdumlaufs um die Sonne bestimmte
Zeitraum von rund 365 Tagen.
Jahr und Tag ist im mittelalterlichen deutschen Recht die auf den
Zeitraum eines Jahrs abstellende →Frist, die meist 1 Jahr, 6 Wochen
und 3 Tage umfasst (z. B. für Erlangung der rechten →Gewere auf
Grund Verschweigung, Gewinnung der →Freiheit durch Aufenthalt
in einer Stadt).
Lit.: Mitteis/Lieberich, Deutsches Privatrecht; Hardenberg, L., Die Frist von Jahr und Tag, ZRG
GA 87 (1970), 287
Jahresbilanz (§ 242 HGB, Jahresabschluss) ist die nach Ablauf eines
Jahrs (Geschäftsjahrs) innerhalb eines angemessenenen
Bearbeitungszeitraums erstellte →Bilanz.
Lit.: Kaiser, T., Berichtigung und Änderung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses, 2000;
Niemann, W., Jahresabschlussprüfung, 2002; Niemann, W., Jahresabschlusserstellung, 2003
Japan ist das aus vier Hauptinseln bestehende ostasiatische
Kaiserreich. Seine als Kompromiss zwischen hergebrachten
altjapanischen Vorstellungen und eingeführten amerikanischdemokratischen Auffassungen entstandene Verfassung stammt vom
3. 11. 1946/3. 5. 1947. Sein Recht wurde im späten 19. Jahrhundert
unter dem Vorbild des →Deutschen Reichs und →Frankreichs in
Gesetzbücher gefasst.
Lit.: Igarashi, K., Einführung in das japanische Recht, 1990; Yamada, A., Deutsch-japanisches
Rechtswörterbuch, 2. A. 1992; Oda, H., Japanese law, 2. A. 1999; Götze, J., Deutsch-japanisches
Rechtswörterbuch, 1993; Japanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, hg. v. Baum, H. u. a., 1994;
Lauer, R., Japanisches Recht, JuS 1996, 181; Freyer, H., Japan, Rechtstipps, 1998; Marutschke, H.,
Einführung in das japanische Recht, 1999; Heath, C./Petersen, A., Das japanische
Zivilprozessrecht, 2002
Job sharing (engl. [N.]) →Teilzeitarbeit
Joint venture (engl. [N.] Unternehmensverbindung) ist die meist
zeitlich begrenzte vertragliche Beteiligung (rechtlich oft Gesellschaft)
an einem Unternehmen oder Projekt durch Kapital, Produktionsmittel
und bzw. oder Beratung unter Mitübernahme des
Verwirklichungsrisikos.
Lit.: Braun, H., Joint ventures, 2000
Jude ist der Angehörige der von Abraham abgeleiteten
Nachkommenschaft bzw. der Nachfahre der Bewohner des Landes
Juda bzw. der Angehörige der Religionsgemeinschaft Judentum. Seit
dem 1. Jh. n. Chr. zerstreuten sich die Juden nach einem missglückten
Aufstand gegen die Römer in viele Gebiete. Seit dem 5. Jh. v. Chr.
wurden sie wegen ihrer wirtschaftlichen Erfolge vielfach grausam
verfolgt, zuletzt am stärksten durch den →Nationalsozialismus.
Lit.: Donner, H., Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn, 1983ff.; Benöhr, H.,
Judenverfolgung, Judensteuern und Judenrecht im Mittelalter und in der Neuzeit, JuS 1988, 8;
Deutsche Juristen jüdischer Herkunft, hg. v. Heinrichs, H. u. a., 1993
Judikat (N.) Urteil
Judikation (F.) Beurteilung
Judikative ist im gewaltengeteilten →Staat die gemäß Art. 92 GG den Richtern anvertraute
rechtsprechende →Gewalt (→Gewaltenteilung, →Rechtsprechung).
Judikatur (F.) Rechtsprechung
Jugendamt (§ 70 SGB VIII) ist die für die (→Jugendwohlfahrt bzw.)
Jugendhilfe zuständige, bei kreisfreien Städten und Landkreisen
errichtete →Behörde. Das J. ist ein Organ der öffentlichen
→Jugendhilfe. Seine wichtigsten Aufgaben sind der Schutz und die
Beaufsichtigung der Pflegekinder, Beistandschaft, Pflegschaft und
Vormundschaft für Kinder und Jugendliche und Schutz der
straffälligen →Jugendlichen. Die Aufgaben des Jugendamts werden
durch den Jugendhilfeausschuss und durch die Verwaltung des
Jugendamts wahrgenommen.
Jugendarbeitsschutz ist der besondere gesetzliche →Arbeitsschutz
der →Jugendlichen. Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz vom
12. 4. 1976 besteht ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot für
Kinder unter 15 Jahren. Kinder, die nicht mehr vollzeitschulpflichtig
sind, dürfen nur in Berufsausbildungsverhältnissen und sonst nur mit
leichten geeigneten Arbeiten bis zu 7 Stunden täglich und 35 Stunden
wöchentlich beschäftigt werden (§ 7 JArbSchG). Jugendliche
(Menschen zwischen 15 und 18 Jahren), die vollzeitschulpflichtig
sind, sind Kindern gleichgestellt (§ 2 III JArbSchG). Andere
Jugendliche dürfen höchstens 40 Wochenstunden beschäftigt werden
und haben mindestens 30 bzw. 27 bzw. 25 Arbeitstage Jahresurlaub.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Zmarzlik, J./Anzinger,
R., Jugendarbeitsschutzgesetz, 5. A. 1998; Weber, H., Jugendarbeitsschutzgesetz, 10. A. 2000;
Bachmann, U., Handbuch des Jugendarbeitsschutzrechts, 9. A. 1997
Jugendarrest (§ 16 JGG) ist der kurzfristige Freiheitsentzug mit
zugleich sühnendem und erzieherischem Charakter. Er ist ein
→Zuchtmittel, keine →Jugendstrafe. Er kann →Freizeitarrest,
→Kurzarrest oder →Dauerarrest sein.
jugendgefährdende Schriften →Schrift, jugendgefährdende
Jugendgericht (§ 33 JGG) ist das über Verfehlungen →Jugendlicher
entscheidende →Gericht. Das J. ist der Strafrichter als Jugendrichter,
das Schöffengericht (Jugendschöffengericht) und die Strafkammer
(Jugendkammer), wobei als Jugendschöffen zu jeder
Hauptverhandlung ein Mann und eine Frau herangezogen werden
sollen. Der Jugendrichter leitet die Vollstreckung aller nach dem
Jugendgerichtsgesetz festgelegten Maßnahmen.
Lit.: Eisenberg, U., Jugendgerichtsgesetz, 10. A. 2004
Jugendgerichtsgesetz ist das das →Jugendgericht betreffende
Gesetz.
Lit.: Eisenberg, U., Jugendgerichtsgesetz, 10. A. 2004; Brunner, R./Dölling, D.,
Jugendgerichtsgesetz, 11. A. 2002; Diemer, H./Schoreit, A./Sonnen, B., Jugendgerichtsgesetz, 4. A.
2002; Ostendorf, H., Jugendgerichtsgesetz, 5. A. 2000
Jugendgerichtshilfe (§ 38 JGG) ist die von den →Jugendämtern im
Zusammenwirken mit den Vereinigungen für →Jugendhilfe von den
→Jugendgerichten für das Gericht und den jugendlichen
Beschuldigten ausgeübte Hilfe, in deren Rahmen die Vertreter der J.
im Verfahren vor den Jugendgerichten die erzieherischen, sozialen
und fürsorgerischen Gesichtspunkte zur Geltung bringen.
Lit.: Laubenthal, K., Jugendgerichtshilfe im Strafverfahren, 1993; Wilbrand, I./Unbehend, D.,
Praxisleitfaden für die Jugendgerichtshilfe, 1995
Jugendhilfe (§§ 1ff. SGB VIII) ist die →Erziehungshilfe für
→Jugendliche, welche die in der Familie begonnene Erziehung
unterstützen und ergänzen bzw. bei deren Fehlen ersetzen soll. Die J.
kann öffentlich (staatlich) oder frei (privat) sein (§ 3 SGB VIII).
Organe der öffentlichen J. sind grundsätzlich die Jugendämter und
Landesjugendämter (§ 69ff. SGB VIII).
Lit.: Mrozynski, P., Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII), 3. A. 1998; Kunkel, P., Grundlagen
des Jugendhilferechts, 4. A. 2001; Münder, J., Familien- und Jugendrecht, 4. A. 1999
Jugendkriminalität ist die Kriminalität →Jugendlicher und
→Heranwachsender (→Diebstahl, →Unterschlagung,
Straßenverkehrsdelikte).
Lit.: Walter, M., Jugendkriminalität, 2. A. 2000
Jugendlicher im Sinne des § 1 II JGG ist, wer zur Zeit der Tat 14,
aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Für den Jugendlichen gilt das
besondere →Jugendrecht. Im Privatrecht ist der J. beschränkt
→geschäftsfähig.
Lit.: Terpitz, W., Rechte der Jugendlichen, 3. A. 2000
Jugendrecht ist das besondere, für →Jugendliche geltende →Recht.
Seine Schwerpunkte sind das →Jugendstrafrecht und das
→Jugendhilferecht, die in besonderen Gesetzen (z. T. im SGB VIII,
26. 6. 1990) geregelt sind. Daneben ist J. auch in allgemeinen
Gesetzen enthalten.
Lit.: JugR, 25. A. 2003; Ramm, T., Jugendrecht, 1990; Bindzus, D./Musset, K., Grundzüge des
Jugendrechts, 1999
Jugendrichter →Jugendgericht
Lit.: Rösch, B., Handbuch für den Jugendrichter, 2001
Jugendschutz ist der besondere öffentliche Schutz von →Kindern
und →Jugendlichen. Er ist vor allem im Jugendschutzgesetz geregelt
(z. B. Verbot des Aufenthalts in Gaststätten, der Abgabe von Alkohol
u. a.), das sich in erster Linie an die Inhaber der Gefahrenquellen
wendet (z. B. Gastwirte). Hinzu kommt besonders der Schutz vor
jugendgefährdenden Schriften (Gesetz vom 12. 7. 1985).
Lit.: Scholz, R./Liesching, M., Jugendschutz, 4. A. 2004; Liesching, M., Das neue
Jugendschutzgesetz, NJW 2002, 3281; Ukrow, J., Jugendschutzrecht, 2004
Jugendstrafe (§ 17 JGG) ist →die freiheitsentziehende →Strafe des
→Jugendstrafrechts in einer Jugendstrafanstalt. Sie ist zu verhängen,
wenn wegen der schädlichen Neigungen des →Jugendlichen, die in
der Tat hervorgetreten sind, →Erziehungsmaßregeln oder
→Zuchtmittel zur →Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der
Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist. Ihr Mindestmaß beträgt 6
Monate, ihr Höchstmaß 5 Jahre.
Lit.: Schöler, T., Die Rechtsfolgen der Jugendstraftat, JuS 1999, 973
Jugendstrafrecht ist das bei →Straftaten →Jugendlicher – und
→Heranwachsender – anzuwendende Recht. Das J. ist Täterstrafrecht
und sieht als Folgen der Verfehlungen Jugendlicher
→Erziehungsmaßregeln, →Zuchtmittel oder →Jugendstrafe vor. Das
vor allem in den §§ 33-81 und 107-109 JGG geordnete, –
nichtöffentliche – Verfahren ist vor dem besondern →Jugendgericht
durchzuführen.
Lit.: Schaffstein/Beulke, Jugendstrafrecht; Albrecht, P., Jugendstrafrecht, 3. A. 2000; Kaiser,
G./Schöch, H., Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, 5. A. 2001; Eisenberg, U.,
Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, 7. A. 2004; Ziegler, M., Verteidigung in
Jugendstrafsachen, 4. A. 2002; Nothacker, G., Jugendstrafrecht, 3. A. 2001; Kudlich, H.,
Besonderheiten des jugendstrafgerichtlichen Verfahrens, JuS 1999, 877; Keiser, C., Grundfälle zum
Jugendstrafrecht, JuS 2002, 983; Meier, B./Rössner, D./Schöch, H., Jugendstrafrecht, 2002
Jugendvertretung (§ 57 BPersVG) ist die besondere
→Personalvertretung jugendlicher Beschäftigter.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Jugendwohlfahrt ist die leibliche, seelische und gesellschaftliche
Tüchtigkeit eines →Kinds oder →Jugendlichen. Jeder junge Mensch
(bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs) hat nach § 1 I SGB VIII
(26. 6. 1990) ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf
Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit. Soweit der Anspruch von der Familie nicht erfüllt
wird, tritt, unbeschadet der Mitarbeit freiwilliger Tätigkeit,
→Jugendhilfe (durch →Jugendamt, Landesjugendamt und oberste
Landesbehörden) ein.
Lit.: Mrozynski, P., Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII), 3. A. 1998
Jugoslawien ist der u. a. aus Gebieten Österreich-Ungarns 1918
entstandene, seit 1991 durch Abspaltung einzelner Teilrepubliken
(Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Makedonien) auf
Serbien und Montenegro verkleinerte südosteuropäische Staat.
Lit.: Bär, S., Der Zerfall Jugoslawiens, 1995
jüngster Reichsabschied →Reichsabschied, jüngster
Juniorprofessor (§§ 47f. HRG) ist (seit 2002) der auf drei Jahre (mit
der Möglichkeit der Verlängerung um weitere drei Jahre) als Beamter
auf Zeit ernannte, zu selbständiger Lehre und Forschung berechtigte
Nachwuchsprofessor. Einstellungsvoraussetzungen sind
Hochschulstudium; pädagogische Eignung und die in der Regel durch
die hervorragende Qualität (mindestens magna cum laude) einer
Promotion nachgewiesene besondere Befähigung zu
wissenschaftlicher Arbeit. Die Tätigkeit als J. soll in der Regel
Voraussetzung für die Berufung als Professor sein, wodurch die
früher übliche Habilitation entbehrlich werden soll.
Junktimklausel (Art. 14 III 2 GG) ist die Vorschrift, nach der eine
→Enteignung nur dann rechtmäßig ist, wenn das sie regelnde Gesetz
zugleich (lat. [Adv.] iunctim) Art und Ausmaß der zu gewährenden
→Entschädigung regelt.
juridisch (Adj.) rechtswissenschaftlich
JURIS ist das bekannteste deutschsprachige juristische
Informationssystem auf der Grundlage der automatisierten
Datenverarbeitung (kostenpflichtig, 2001 gab es 19 juris CD-ROMs
auf der Grundlage von mehr als 600 ausgewerteten Fachzeitschriften,
juris GmbH, Gutenbergstraße 23, D 66117 Saarbrücken, Tel.
0681/58660, Fax 0681/5866/274, vertrieb@juris.de,
http://www.juris.de).
Jurisdiktion (F.) Rechtsprechung
Lit.: Reinhardt, M., Konsistente Jurisdiktion, 1997
Jurisprudenz (F.) Rechtswissenschaft
Jurist ist der planmäßig rechtswissenschaftlich ausgebildete
Rechtskundige. →Volljurist
Lit.: Köbler, Jurist; Juristen, hg. v. Stolleis, M., 1995; Deutsche und europäische Juristen, hg. v.
Kleinheyer, G./Schröder, J., 4. A. 1995; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997; Greßmann, M., Die Reform der Juristenausbildung, 2002; Gilles, P. u. a., Juristenausbildung
2003, NJW 2003, 707; Köbler, G., Who’s who im deutschen Recht, 2003; Juristenjahrbuch, hg. v.
Krüger-Knief, H., 20. A. 2004
Juristentag →Deutscher Juristentag
juristisch (Adj.) rechtlich, rechtswissenschaftlich
juristische Ausbildung →Ausbildung, Richteramtsbefähigung
juristische Person →Person, juristische
Justitiar ist der angestellte oder beamtete Rechtsberater einer
Behörde, eines Verbands oder eines Unternehmens.
Lit.: Köbler, Jurist
Justiz (F.) Rechtspflege (vielfach nur der ordentlichen
Gerichtsbarkeit)
Lit.: Handbuch der Justiz, bearb. v. Fölster, U., 26. A. 2002; Harfst, G., An-Tel-Fax. Wegweiser zu
den Justizbehörden, 8. A. 2000; Heyde, W., Justiz in Deutschland, 6. A. 1999
Justizausbildung →Ausbildung, →Richteramtsbefähigung
Justizbeitreibungsordnung ist das die Einziehung der →Ansprüche
der Justizbehörden regelnde →Gesetz vom 11. 3. 1937. Danach ist
Vollstreckungsbehörde die →Gerichtskasse. Für das Verfahren gilt
vor allem die →Zivilprozessordnung.
Lit.: Lappe/ Steinbild, Justizbeitreibungsordnung, 1960
Justizgewährungsanspruch ist der z. B. in Deutschland durch Art. 19 IV GG gesicherte Anspruch
auf Behandlung einer Angelegenheit durch ein →Gericht.
justiziabel (Adj.) gerichtlich entscheidbar
Justizkosten →Kosten
Justizministerium ist das für die →Justiz zuständige →Ministerium.
Ob es mit einem Innenministerium zusammengelegt wird, ist eine
vom zuständigen Parlament zu treffende Organisationsentscheidung.
In Hessen wurden zum 1. 1. 2000 alle fünf Gerichtszweige unter dem
J. zusammengefasst.
Justizmitteilungsgesetz ist das Mitteilungen personenbezogener
Daten in Zivilsachen und Strafsachen an öffentliche Stellen regelnde
Gesetz.
Lit.: Golembiewski, C., Mitteilungen durch die Justiz, 2000
Justizprüfungsamt ist die für die organisatorische Durchführung
juristischer →Prüfungen zuständige Landesbehörde. Das J. erteilt in
Zweifelsfragen Auskunft und trifft notfalls auch verbindliche
Entscheidungen. Bei ihm ist die Zulassung zu juristischen
Staatsprüfungen zu beantragen.
Lit.: Köbler, Jurist
Justizverwaltung (Gerichtsverwaltung)
Lit.: Piller, R./Hermann, G., Justizverwaltungsvorschriften (Lbl.), 4. A. 1998
Justizverwaltungsakt →Gerichtsverwaltung
Justizvollzugsanstalt (§ 1 StVollzG) ist die staatliche Einrichtung, in
der die →Freiheitsstrafen einschließlich der Jugendstrafe und die
freiheitsentziehenden →Maßregeln der Besserung und Sicherung
sowie die →Untersuchungshaft vollzogen werden. Verschiedentlich
wird derzeit geprüft, ob eine J. von einem Unternehmer betrieben
werden kann. →Strafvollzug
Lit.: JVA-Verzeichnis, 1994
Justizwachtmeister ist der ausführende Beamte des einfachen
Diensts bei Gericht. Seine Aufgaben betreffen u. a. die
Aufrechterhaltung der Ordnung im Gerichtssaal und die Zustellung
von Schriftstücken.
K
Kabinett (franz. [M.] cabinet) Nebenzimmer, →Regierung
Kabinettsjustiz ist im neuzeitlichen deutschen Recht die
unmittelbare Entscheidung eines Rechtsstreits durch Machtspruch des
Kabinetts bzw. des Fürsten unter Umgehung der →Gerichtsbarkeit.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Kabinettsvorlage ist die der →Regierung meist von einem
→Minister zur Beratung und Beschlussfassung (schriftlich)
unterbreitete Angelegenheit (insbesondere der Entwurf eines Gesetzes
oder einer Rechtsverordnung), aus der sich vielfach eine
→Gesetzesvorlage entwickelt.
Kabotage ist das Recht der Beförderung von Menschen oder Sachen
durch Ausländer innerhalb des Hoheitsgebiets eines Staats.
→Güterkraftverkehr
Lit.: Gröhe, C., Kabotage im Güterkraftverkehr in Italien, 1996
Kadi (M.) islamischer Richter
Kaduzierung (§§ 21 GmbHG, 64 AktG) ist der Verlust des
Gesellschaftsanteils und der geleisteten Beiträge eines →Aktionärs
oder →Gesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
der seine Einlage nicht rechtzeitig voll geleistet hat, durch Erklärung
seitens der Gesellschaft nach fruchtlosem Ablauf einer gesetzten
Nachfrist.
Kaiser (zu lat. Caesar) ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen
deutschen Recht die Bezeichnung für den Träger der höchsten
weltlichen Würde des westlichen Abendlands (seit 800).
Lit.: Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Kaiserliche Botschaft ist die am 17. 11. 1881 von Kaiser Wilhelm I.
abgegebene Ankündigung, welche die Grundlage der anschließenden
Gesetzgebung im Bereich der →Sozialversicherung wurde.
Lit.: Ein Jahrhundert Sozialversicherung, hg. v. Köhler, P. u. a., 1981
Kaiserrecht ist im mittelalterlichen deutschen Recht alles tatsächlich
oder angeblich vom Kaiser ausgehende Recht (z. B.
Schwabenspiegel).
Lit.: Krause, H., Kaiserrecht und Rezeption, 1952
Kalender (M.) ist die astronomische Festsetzung zwecks Einteilung der Zeit in allgemein
verständliche Einheiten. →Dies interpellat pro homine
Lit.: Beck’scher Juristenkalender 2003, 2003
Kalkül (lat. [M.] calculus) Steinchen, Rechenstein, Berechnung
Kalkulation (F.) Berechnung
Kalkulationsirrtum ist der →Irrtum über die Grundlagen der
Berechnung der Höhe eines Preises (Erklärung [infolge eines
Kalkulationsirrtums] 10 kg kosten 10 Euro, richtige Kalkulation 10 kg
kosten den zehnfachen Preis eines Kilogrammpreises von 1,20 Euro).
Der K. ist unbeachtlich (→Motivirrtum), sofern die Kalkulation nicht
so in der Erklärung zum Ausdruck gekommen ist, dass der
Erklärungsempfänger sie erkennen konnte. Dann berechtigt er zur
→Anfechtung (str.) oder zur Geltendmachung der Störung der
→Geschäftsgrundlage. Unter den Gesichtspunkten des Verschuldens
bei Vertragsschluss ([lat.] culpa in contrahendo) oder der
unzulässigen Rechtsausübung kann der Erklärungsempfänger
verpflichtet sein, den Erklärenden auf seinen K. hinzuweisen.
Lit.: Hübner, Allgemeiner Teil
Kammer ist im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen deutschen
Recht vor allem die fürstliche Behörde zur Verwaltung der
Einnahmen. In der Gegenwart ist K. die Volksvertretung (z. B.
Zweikammersystem), die berufständische Körperschaft (z. B.
Handwerkskammer, Rechtsanwaltskammer) oder der kollegiale
Spruchkörper eines Gerichts (z. B. Strafkammer, Kammer für
Baulandsachen, Kammer für Handelssachen [§ 94 GVG]).
Detachierte K. ist die K. eines Gerichts, die ihren Sitz an einem
andern Ort des Gerichtsbezirks hat als die übrigen Kammern des
Gerichts.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsrecht, 3. A. 2001; Tettinger, P., Kammerrecht, 1997
Kammergericht ist im mittelalterlichen deutschen Recht das Gericht
der königlichen Kammer (1415–1480). Nach seinem Verschwinden
entsteht 1495 auf Drängen der Reichsstände das
→Reichskammergericht. Daneben bestand seit dem 14. Jh. ein K. des
Reichskämmerers (Markgraf von Brandenburg) für die Mark
Brandenburg, dessen Nachfolger in der Gegenwart das K. als
Oberlandesgericht Berlin ist.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Kanada ist der aus Kolonien Englands und Frankreichs hervorgegangen, nördlich der Vereinigten
Staaten von Amerika gelegene Staat (Verfassung 1892), dessen Recht hauptsächlich englisch (und
in Québec französisch) geprägt ist.
Lit.: Handschug, S., Einführung in das kanadische Recht, 2003
Kannkaufmann (§§ 2f. HGB) ist der Inhaber eines gewerblichen
Unternehmens, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 II HGB
Handelsgewerbe ist (, weil es nach Art oder Umfang einen in
kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht
erfordert,) wenn die Firma des Unternehmens in das
→Handelsregister eingetragen ist, wozu der Unternehmer berechtigt,
aber nicht verpflichtet ist. K. ist auch der →Inhaber eines
landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen →Unternehmens, das
nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten
→Geschäftsbetrieb (§ 3 II HGB) erfordert. Er ist ebenfalls zur
→Eintragung in das Handelsregister berechtigt, aber nicht
verpflichtet. Mit der Eintragung wird der Unternehmer →Kaufmann.
Kanon (M.) Stab, Regel, Vorschrift, →canon
kanonisch (Adj.) kirchlich, kirchenrechtlich
kanonisches Recht →Recht, kanonisches, →Kirchenrecht
kanonisches Zinsverbot →Zinsverbot, kanonisches
Kanton ist die Bezeichnung des Bundeslands des Bundesstaats →Schweiz.
Lit.: Die Kantone im Integrationsprozess, hg. v. Cottier, T. u. a., 2000; Weber-Mandrin, M.,
Öffentliche Aufgaben der Kantonsverfassungen, 2001
Kanzlei (F.) mit Schranken umgebener Schreibort, Schreibstube,
Büro
Lit.: Erfolgreiches Kanzleimanagement, hg. v. Dudek, M., 2000;
Maier, R./Krämer, A./Becker, R., Kanzleiführung, 2. A. 2000; Seer,
R., Die Besteuerung der Anwaltskanzlei, 2001; Ploss, D./Kramer, S.,
Der erfolgreiche Ausbau der Anwaltskanzlei, 2002; Hoeflmayr, D.,
Kanzleimarketing, 2003
Kanzler ist im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen deutschen
Recht der Angehörige oder Leiter einer →Kanzlei, in der Gegenwart
ein leitender Beamter der Universitätsverwaltung. →Reichskanzler,
→Bundeskanzler
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Kaperei (zu Kauf) ist im frühneuzeitlichen Recht die Aufbringung
feindlicher Schiffe durch bewaffnete, staatlich dazu ermächtigte
Privatschiffe.
Lit.: Ziegler, K., Völkerrechtsgeschichte, 1994
Kapital (Haupt[-teil einer Schuld im Gegensatz zu den Zinsen]) ist
jede verzinsliche Geldsumme, volkswirtschaftlich jedes
ertragbringende Vermögen und betriebswirtschaftlich die Gesamtheit
der in ein Unternehmen eingebrachten Mittel, die nach ihrer
Verwendung Anlagekapital oder Umlaufkapital und nach ihrer
Herkunft Eigenkapital oder Fremdkapital sein können. Die Erhöhung
des Kapitals einer →Aktiengesellschaft ist in den §§ 182ff. AktG, die
Herabsetzung des Kapitals in den §§ 222ff. AktG geregelt.
Genehmigtes K. (§ 202 AktG) ist der Betrag, um den auf Grund
Ermächtigung (in der Satzung) der Vorstand einer
→Aktiengesellschaft das →Grundkapital durch Ausgabe neuer
Aktien gegen Einlage erhöhen darf.
Lit.: Preuß, N., Grundsätze der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung, JuS 1999, 342; Wagner,
K., Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern, 1999; Kracht, R., Kapitalvermögen und Kapitalerträge,
2000
Kapitalanlage ist die Anlage von →Kapital im Geschäftsverkehr zur
Erzielung von Einkünften.
Lit.: Barth, K./Barth, T./Schmidt, V., Steueroptimierungsstrategien bei
der Kapitalanlage, 3. A. 1999; Lohr, J., Kapitalanlage nach der
Unternehmenssteuerreform, 2001; Geibel, S., Der
Kapitalanlegerschaden, 2003
Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) ist das Erklären unrichtiger
vorteilhafter Angaben oder das Verschweigen nachteiliger Tatsachen
im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren,
Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem
Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen.
Lit.: Jacobi, C., Der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs, 2000
Kapitalanlagegesellschaft (Investmentgesellschaft) ist die
→Aktiengesellschaft oder →Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, eingelegtes →Geld in
eigenem Namen für Rechnung der Einleger nach dem Prinzip der
Risikomischung in →Wertpapieren anzulegen und über die hieraus
sich ergebenden →Rechte der Einleger →Urkunden (Zertifikate,
Anteilscheine) auszustellen. Das Recht der K. ist in einem besonderen
Gesetz vom 14. 1. 1970 geregelt (KAGG). Zum Schutz der Einleger
bilden die eingelegten Gelder und die damit angeschafften
Wertpapiere ein →Sondervermögen (§ 6 KAGG), das für die
Schulden der K. nicht haftet.
Lit.: Handbuch des Kapitalanlagerechts, hg. v. Assmann, H./Schütze, R., 2. A. 2001; Loipfinger, S.,
Lexikon der steuersparenden Kapitalanlagen, 1996; Brinkhaus, J./Scherer, P., Gesetz über
Kapitalanlagegesellschaften, Auslandsinvestment-Gesetz, 2003
Kapitalanteil ist der auf einen bestimmten Geldbetrag lautende
Anteil eines →Gesellschafters an einer offenen →Handelsgesellschaft
oder einer →Kommanditgesellschaft.
Lit.: Huber, U., Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, 1970
Kapitalersatz ist der →Kapital ersetzende Gegenstand (z. B.
Forderung).
Kapitalersatzrecht ist die Gesamtheit der Kapitalersatz betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Hommelhoff, P./Goette, W., Eigenkapitalersatzrecht in der Praxis, 2000; Handbuch des
Kapitalersatzrechts, hg. v. Gerkan, H. v. u. a., 2000; Bieder, M., Das Kapitalersatzrecht im
Umbruch, 2000
kapitalersetzendes Darlehen →Darlehen, kapitalersetzendes
Kapitalertragsteuer (§ 20 EStG) ist die die Einkünfte aus
→Kapitalvermögen (Aktien, bestimmte verzinsliche Wertpapiere)
erfassende →Einkommensteuer bzw. →Körperschaftsteuer. Sie wird
vom Schuldner der Kapitalerträge (z. B. Aktiengesellschaft)
abgeführt. 1992 wurde durch das Gesetz zur Neuregelung der
Zinsenbesteuerung eine K. (mit Freibeträgen) auf Zinsen aus
Sparguthaben usw. gesetzlich durchgesetzt.
Lit.: Lindberg, K., Die Besteuerung der Kapitaleinkünfte, 1996
Kapitalgesellschaft ist die →Gesellschaft, bei der die reine
Kapitalbeteiligung im Vordergrund steht und es nicht wesentlich auf
die Persönlichkeit des einzelnen Gesellschafters ankommt (vor allem
→Aktiengesellschaft, →Kommanditgesellschaft auf Aktien und
→Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Kennzeichen der K. sind
→Rechtsfähigkeit, →Drittorganschaft, Veräußerlichkeit der Anteile
und Fehlen persönlicher →Haftung der Gesellschafter. Allerdings
kann die K. auch gewisse personalistische Züge annehmen.
Lit.: Raiser, T., Recht der Kapitalgesellschaften, 3. A. 2001; Hirte, H., Kapitalgesellschaftsrecht, 3.
A. 2001; Wilhelm, J., Kapitalgesellschaftsrecht, 2. A. 2003; Maul, S./Pentz, A., Recht der
Kapitalgesellschaften, 2000; Escher-Weingart, C., Reform durch Deregulierung, 2000
Kapitalismus ist die Wirtschaftsordnung auf der Grundlage des
Liberalismus und der Anerkennung des Privateigentums, in welcher
der Einzelne für sich im Wettbewerb mit andern den größtmöglichen
Gewinn anstrebt. Als maßgeblicher Wirtschaftsfaktor erscheint das
→Kapital (im volkswirtschaftlichen Sinn). Alle Erzeugung erfolgt für
den Markt (Marktwirtschaft, Verkehrswirtschaft).
Lit.: Hilger, M., Kapital, Kapitalist, Kapitalismus, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 3 1982
Kapitalmarkt ist der Markt für den Handel mit Kapital
(Wertpapieren).
Lit.: Kümpel, S., Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. A. 2000; Groß, W., Kapitalmarktrecht, 2. A.
2002; Konzernrecht und Kapitalmarktrecht, hg. v. Hommelhoff, P. u. a., 2001; Elster, N.,
Europäisches Kapitalmarktrecht, 2001; Lenenbach, M., Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002;
Merkt, H./Rossbach, O., Zur Einführung Kapitalmarktrecht, JuS 2003, 217;
Kapitalmarktrechtskommentar, hg. v. Schwark, E., 3. A: 2004; Weber, M., Die Entwicklung des
Kapitalmarktrechts 2003, NJW 2004, 28
Kapitalverkehrsfreiheit ist die Freiheit des Kapitalverkehrs
(Art. 56ff. EGV). Sie besteht in dem Maß, in dem sie für das
Funktionieren des Gemeinsamen Markts erforderlich ist.
Grundsätzlich sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs
zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.
Lit.: Rohde, A., Freier Kapitalverkehr, 1999; Müller, J., Kapitalverkehrsfreiheit, 2000
Kapitular ist im frühmittelalterlichen deutschen Recht eine in Kapitel
eingeteilte Anordnung des Königs.
Lit.: Boretius, A./Krause, V., Capitularia regum Francorum, Bd. 1f. 1883ff.
Kapitulation (in Kapitel eingeteilter Vertrag) ist die militärische
Vereinbarung der Übergabe der eigenen Truppen oder sonstigen
militärischen Mittel. →Wahlkapitulation
Kardinal ist im katholischen →Kirchenrecht der vom Papst ernannte
höchste kirchliche Würdenträger nach dem Papst. Das Kollegium der
Kardinäle bildet ein päpstliches Beratungsgremium, das den jeweils
neuen Papst wählt. Ihm gehören Kardinalbischöfe, Kardinalpriester
und Kardinaldiakone an.
Karenz (F.) Enthaltsamkeit, Verzicht
Karenzentschädigung ist die Entschädigung, die der →Arbeitgeber
nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer eines
vereinbarten →Wettbewerbsverbots an den →Arbeitnehmer kraft
Rechtsgeschäfts zahlen muss.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Karenzzeit (Wartezeit) (§§ 74ff. HGB) ist die Zeit, innerhalb deren
sich der →Arbeitnehmer nach Beendigung des →Arbeitsverhältnisses
vereinbarungsgemäß des →Wettbewerbs enthalten muss, in andern
Fällen die Zeit einer beruflichen Nichttätigkeit (z. B. →Elternzeit).
Karte ist allgemein das der zeichnerischen Wiedergabe menschlicher
Überlegungen gewidmete einzelne Stück Schreibstoff. Besondere
Bedeutung gewinnt in der Gegenwart wegen ihres Speicherumfangs
und ihrer maschinellen Nutzbarkeit die elektronisch beschriftete
→Chipkarte. Wird bei einer Zahlung eine dafür bestimmte K. oder
ein zugehöriges Merkmal von einem Dritten missbräuchlich
verwendet, muss der Aussteller oder die betreffende Bank den
Schaden tragen, nicht der Inhaber der K.
Kartell ist die Abrede selbständiger →Unternehmer zwecks
bestimmten gemeinsamen Verhaltens am Markt. Nach § 1 I 1 GWB
sind →Verträge, die Unternehmen oder Vereinigungen von
Unternehmen zu einem gemeinsamen Zweck schließen, und
Beschlüsse von Vereinigungen von Unternehmen grundsätzlich
unwirksam, soweit sie geeignet sind, die Erzeugung oder die
Marktverhältnisse für den Verkehr mit →Waren oder gewerblichen
Leistungen durch →Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen.
Verboten ist dabei bereits ein (bloß) aufeinander abgestimmtes
Verhalten (§ 25 GWB). Ausgenommen sind z. B.
Konditionenkartelle, Rabattkartelle, Rationalisierungskartelle u. a.
(§§ 2ff. GWB). Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
ist verboten (§ 26 IV GWB). →Kartellrecht
Lit.: Bechtold, R., Das neue Kartellgesetz, NJW 1998, 2769; Dreher, M., Gemeineuropäisches
Kartellrecht, FS A. Söllner, 2000, 217
Kartellbehörde (§§ 44ff. GWB) ist die für die Überwachung der
→Kartelle zuständige →Behörde. Dies ist grundsätzlich das
→Bundeskartellamt, daneben der Bundesminister für Wirtschaft und
in allen übrigen Fällen die nach Landesrecht zuständige oberste
Landesbehörde. Ihre Befugnisse sind gesetzlich geregelt (§ 46 GWB
Auskunftsrecht, Einsichtsrecht, Prüfungsrecht).
Lit.: Emmerich, Kartellrecht
Kartellgesetz ist das zum 1. 1. 1999 stark veränderte Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschränkungen.
Lit.: Bechtold, R., GWB. Kartellgesetz, 3. A. 2002; Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschränkungen Kommentar zum Kartellgesetz, hg. v.
Immenga, U./Mestmäcker, E., 3. A. 2001
Kartellrecht ist die Gesamtheit der den Schutz der
Entscheidungsfreiheit auf wirtschaftlichem Gebiet – insbesondere
gegenüber →Kartellen – betreffenden Rechtssätze. Das K. enthält
u. a. →Schuldrecht, →Verwaltungsrecht und →Strafrecht. Es ist vor
allem im Gesetz gegen →Wettbewerbsbeschränkungen
(Kartellgesetz) geregelt.
Lit.: Emmerich, Kartellrecht; WettbR/KartR, 24. A. 2003; Rittner, F., Wettbewerbs- und
Kartellrecht, 6. A. 1999; Schultz, K./Wagemann, M., Kartellrechtspraxis und Kartellrechtsprechung,
16. A. 2001; Langen, E./Bunte, H., Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. A.
1999; EG-Kartellrecht (Lbl.), hg. v. Ensthaler, J./Stopper, M., 2001; Handbuch zum deutschen und
europäischen Kartellrecht, hg. v. Lange, K., 2001; Wallenberg, G. v., Kartellrecht, 2. A. 2002;
Bunte, H., Kartellrecht, 2003; Trafkowski, A., Medienkartellrecht, 2002; Zagouras, G., Konvergenz
und Kartellrecht, 2002; Commichau, G/Schwartz, H., Grundzüge des Kartellrechts, 2. A. 2002;
Bechtold, R./Buntscheck, M., Die Entwicklung des deutschen Kartellrechtsw 2001 bis 2003, NJW
2003, 2866; Kling, M./Thomas, S., Grundkurs Wettbewerbs- und Kartellrecht, 2004
Kartengeld ist das auf einer (vorausbezahlten) →Karte in
Werteinheiten gespeicherte →Geld.
Kasko (F.) (zu span. casco [M.] Schiffsrumpf, Beförderungsmittel)
→Kaskoversicherung
Kaskoversicherung ist die freiwillige →Versicherung gegen
Schäden durch eigene (oder fremde) Einwirkung an
Beförderungsmitteln des Versicherten. Sie kann
Vollkaskoversicherung oder Teilkaskoversicherung (für bestimmte
Schäden) sein. Die K. steht im Gegensatz zur
→Haftpflichtversicherung für Schäden an fremden Sachen, die durch
Handlung des Versicherten entstanden sind.
Lit.: Maier, K./Biela, A., Die Kaskoversicherung, 1998; Stade, T., Die Kaskoversicherung für
Luftfahrzeuge, 1999
Kassation ([zu lat.] cassus [Adj.] leer) ist im älteren und
ausländischen Recht die Vernichtung eines →Urteils auf Grund eines
→Rechtsmittels (Nichtigkeitsbeschwerde).
Lit.: Skedl, F., Die Nichtigkeitsbeschwerde in ihrer geschichtlichen Entwicklung, 1886
kassatorisch (Adj.) vernichtend, →Verfallsklausel
Kasse (F.) Zahlstelle, →Krankenkasse
Kasse gegen Faktura ist die Klausel, nach welcher der →Schuldner
schon gegen Empfang der Rechnung (das Entgelt) zu leisten hat, ohne
dass die ihm geschuldete →Ware auch nur abgesandt zu sein braucht.
Kasse gegen Verladungsdokumente (Verladedokumente) ist die
Klausel, nach welcher der →Schuldner gegen Empfang der
Verladepapiere (das Entgelt) zu leisten hat.
Kassenarzt ist der für die Behandlung der Mitglieder der
gesetzlichen →Krankenkassen und ihrer Angehörigen zugelassene
Arzt. Die Zulassung erfolgt nach einem Bedarfsplan, wobei seit dem
1. 1. 1999 eine Altersgrenze von 68 Jahren gilt. Seit 1989 hat ein Arzt
über 55 wegen des überragenden Gemeinschaftsguts Stabilität der
Krankenversicherung keinen Anspruch auf Zulassung mehr.
Lit.: Schneider, G., Handbuch des Kassenarztrechts, 1994; Wiegand, D., Kassenarztrecht, 3. A.
1995; Plagemann, H., Kassenarztrecht, 2. A. 1997; Handbuch des Vertragsarztrechts, hg. v.
Schnapp, F. u. a., 2002
Kastration (F.) Entfernen der Keimdrüsen
Lit.: Heim, Die Kastration und ihre Folgen bei Sexualstraftätern, 1980
Kasuistik (F.) Rechtsprechung in Einzelfällen, Lehre von
Einzelfällen, →Fallrecht
Kataster ist das Verzeichnis von Personen oder Gegenständen,
insbesondere das Verzeichnis der →Grundstücke eines Bezirks mit
genauen Angaben über die tatsächlichen Verhältnisse des
Grundstücks (wichtig z. B. für Steuerveranlagung,
Grundbuchführung). →Liegenschaftsbuch
Kauf (§§ 433ff. BGB) ist der gegenseitige, grundsätzlich formlose
(anders § 311b I 1 BGB für Grundstücke) →Vertrag, durch den sich
der eine Teil (Verkäufer) zur endgültigen Übertragung eines
Gegenstands (z. B. Übergabe einer Sache und Verschaffung des
Eigentums an der Sache, Verschaffung der Berechtigung an Rechten
oder sonstigen Gegenständen, Verschaffung der Berechtigung an
einem zum Besitz einer Sache berechtigenden Recht und Übergabe
der Sache), der andere Teil (Käufer) sich zur Zahlung (Übertragung)
des vereinbarten Kaufpreises verpflichtet. Der K. kann sich auf ein
Recht (Rechtskauf § 453 BGB) oder eine Sache (Sachkauf § 433
BGB) beziehen, wobei es genügt, dass eine Sache mit rechtlicher
Selbständigkeit erst künftig entsteht (z. B. Ausstellungshalle mit
Abbau vom Grundstück). Die Kaufsache kann der Gattung nach
(→Gattungskauf, Genuskauf) oder nach individuellen Merkmalen
(→Stückkauf, Spezieskauf) bestimmt sein. Beim
Verbraucherkreditkauf (Darlehensvertrag § 488 BGB) ist der
Kaufpreis in Raten zu entrichten, beim Eigentumsvorbehaltskauf (§
449 BGB) behält sich der Verkäufer das →Eigentum an der
Kaufsache bis zur Bezahlung des Kaufpreises vor (bedingte
→Übereignung, unbedingter K.). Beim Verbrauchsgüterkauf kauft
ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache (§§
474ff. BGB). Handelskauf (§ 373 HGB) ist der K., der ein
→Handelsgeschäft ist. K. auf Probe (§ 454 BGB) ist der – bedingte –
K., bei dem die Billigung des gekauften Gegenstands (innerhalb einer
vereinbarten oder angemessenen Frist) im Belieben des Käufers steht.
Besonders geregelt sind beim K. die Fälle, dass der Kaufgegenstand
einen →Sachmangel (§ 434 BGB) (→Gewährleistung) oder einen
→Rechtsmangel (§ 435 BGB) hat (Nacherfüllung, Rücktritt,
Minderung, Schadensersatz, Aufwendungsersatz, § 437 BGB). Die
Mängelansprüche verjähren in 30 Jahren (dingliches Recht, im
Grundbuch eingetragenes Recht), fünf Jahren (Bauwerk) oder zwei
Jahren ab Übergabe bzw. Ablieferung (§ 438 BGB). Neben dem
Bürgerlichen Gesetzbuch kann das am 1. 1. 1991 in Kraft getretene,
auf dem Wiener CISG-Übereinkommen beruhende (, bis 2003 von 62
Staaten ratifizierte) →Einheitliche UN-Kaufrecht Anwendung finden.
Lit.: Reinicke, D./Tiedtke, K., Kaufrecht, 6. A. 1997; Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht,
hg. v. Schlechtriem, P., 3. A. 2000; Reinking, K./Eggert, C., Der Autokauf, 8. A. 2003; International
Sales Law under CISG, hg. v. Will, M., 6. A. 1998; Piltz, B., Neue Entwicklungen im UNKaufrecht, NJW 2000, 553; Achilles, W., Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG),
2000; Witz, W./Salger, H./Lorenz, M., International einheitliches Kaufrecht, 2000; Westermann, H.,
Das neue Kaufrecht, NJW 2002, 241; Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, hg. v.
Hölters, W., 5. A. 2002; Westphalen, F. Graf v., Allgemeine Einkaufsbedingungen, 3. A. 2002;
Westphalen, F. Graf v., Allgemeine Verkaufsbedingungen, 4. A. 2002; Schlechtriem, P.,
Internationales UN-Kaufrecht, 2. A. 2003; Haedicke, M., Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung,
2003; Haedicke, M., Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung, 2003; Piltz, B., Neue Entwicklungen im
UN-Kaufrecht, NJW 2003, 2056
Käufer →Kauf
Kauffrau (§ 1 I HGB) ist die ein →Handelsgewerbe betreibende
→Frau.
Kaufmann (§ 1 I HGB) ist der ein →Handelsgewerbe betreibende
Mann bzw. Mensch. Der K. kann →Istkaufmann oder
→Kannkaufmann sein. Nicht K. ist der nicht in das →Handelsregister
eingetragene Kleingewerbetreibende, dessen Gewerbebetrieb nach
Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten
Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Auf →Handelsgesellschaften finden
als solche die Vorschriften über den K. Anwendung (§ 6 HGB
Formkaufmann). Für den K. gilt neben dem allgemeinen Recht das
→Handelsgesetzbuch.
Lit.: Lieb, M., Probleme des neuen Kaufmannsbegriffs, NJW 1999, 35; Winkler, P., Kaufmann quo
vadis?, 1999; Mönkemöller, L., Die Kleingewerbetreibenden nach neuem Kaufmannsrecht, JuS
2002, 30
kaufmännisches Bestätigungsschreiben →Bestätigungsschreiben,
kaufmännisches
Kaufpreis →Kauf
Kaufrecht ist die Gesamtheit der den →Kauf betreffenden
Rechtssätze (§§ 433ff. BGB u. a.).
Lit.: Reinicke, D./Tiedtke, K., Kaufrecht, 7. A. 2003; Piltz, B., UN-Kaufrecht, 3. A. 2001; Schubel,
C., Schuldrechtsmodernisierung, JuS 2002, 313; EU-Kaufrechts-Rictlinie, hg. v. Grundmann, S. u.
a., 2002; Schlechtriem, P., Internationales UN-Kaufrecht, 2. A. 2003
Kaufschein (§ 6b UWG) ist der Berechtigungsschein
(Einkaufsausweis), der vom Einzelhändler an Letztverbraucher zum
unmittelbaren Kauf beim Hersteller ausgegeben wird.
Lit.: Fezer, K., Der Kaufscheinbegriff, 1989
Kaufvertrag (§ 433 BGB) ist der zwischen Verkäufer und Käufer
über den →Kauf eines Gegenstands (z. B. Sache, Recht bzw.
Forderung) oder eines Inbegriffs von Gegenständen abgeschlossene,
gegenseitige →Vertrag.
Lit.: Reinicke, D./Tiedtke, K., Kaufrecht, 6. A. 1997
kausal (Adj.) die Ursache betreffend, ursächlich
kausale Handlungslehre →Handlungslehre, kausale
Kausalgeschäft ist das einem andern Geschäft ursächlich
zugrundeliegende Geschäft. K. ist im Verhältnis zu einem
→Erfüllungsgeschäft (z. B. →Übereignung, →Abtretung) das
→Verpflichtungsgeschäft (z. B. →Kauf der Sache oder Kauf der
Forderung). Nach dem →Abstraktionsprinzip des geltenden Rechts
sind →Verpflichtungsgeschäft und Erfüllungsgeschäft in ihrem
Bestand grundsätzlich voneinander unabhängig, so dass Mängel des
Kausalgeschäfts die Erfüllung grundsätzlich nicht beeinträchtigen und
nur einen →Herausgabeanspruch nach § 812 BGB begründen (anders
z. B. bei Mängeln, die auch das Erfüllungsgeschäft betreffen).
Lit.: Mazza, F., Kausale Schuldverträge, 2002
Kausalität ist die (rechtlich beachtliche) Ursächlichkeit eines
Ereignisses für einen →Erfolg. Die K. eines menschlichen Verhaltens
für einen Erfolg ist Voraussetzung für dessen Zurechnung. Die zu
berücksichtigende K. wird im Privatrecht (innerhalb der
Äquivalenztheorie) nach der →Adäquanztheorie, im Strafrecht nur
nach der →Äquivalenztheorie bestimmt. Alternative K.
(Sprachgebrauch aber nicht einheitlich) – und damit K. überhaupt –
liegt vor, wenn ein Ergebnis von zwei Ereignissen gleichermaßen
herbeigeführt wurde, von denen jedes für sich allein genügt hätte, den
→Erfolg herbeizuführen (z. B. A und B geben C gleichzeitig je eine
tödliche Dosis Gift und sind daher jeweils wegen vollendeter
→Tötung zu bestrafen). Kumulative K. (Sprachgebrauch aber nicht
einheitlich) – und damit keine K. – ist gegeben, wenn ein Ergebnis
nur durch das Zusammenwirken zweier als solchen für den Erfolg
nicht genügender Ereignisse herbeigeführt wird (z. B. A und B geben
C gleichzeitig je eine noch nicht tödliche Dosis Gift, die aber in ihrem
Zusammentreffen tödlich wirken. A und B können mangels K. nicht
wegen vollendeter Tötung bestraft werden, beachte aber →Versuch).
Haftungsbegründende K. ist im Schuldrecht die K. zwischen
→Verhalten (Handlung) und →Verletzung (Erfolg) (z. B. Schuss Körperverletzung), haftungsausfüllende K. die K. zwischen
→Verletzung und →Schaden (z. B. Körperverletzung Heilungskosten bzw. Verdienstausfall). Überholende K. oder
hypothetische K. ist im Schuldrecht eine Frage des Umfangs des
→Schadensersatzes (nicht der K.), die dann auftritt, wenn ein späteres
Ereignis denselben Schaden verursacht hätte, den die zum
Schadensersatz verpflichtende Handlung bereits angerichtet hat (z. B.
Einschlagen einer Fensterscheibe eines Hauses, das wenig später
durch Blitzschlag zerstört wird). Grundsätzlich ist hier das spätere
Ereignis außer Betracht zu lassen (anders bei Schadensanlagen z. B.
Krankheit oder bei mittelbaren Schäden z. B. Nutzungsausfall einer
beschädigten Sache). Im Strafrecht ist die K. (Ursächlichkeit) der
überholten Handlung zu verneinen (z. B. K. der von A
vorgenommenen, aber im Verhältnis zu der von B durchgeführten,
langsamer wirkenden Giftbeibringung), doch kann Strafbarkeit wegen
→Versuchs in Betracht kommen.
Lit.: Schulin, B., Der natürliche – vorrechtliche – Kausalitätsbegriff, 1976; Frank, R./Löffler, W.,
Grundfragen der überholenden Kausalität, JuS 1985, 689; Dencker, F., Kausalität und Gesamttat,
1996; Weber, H., Der Kausalitätsbeweis im Zivilprozess, 1997; Denicke, S., Kausalitätsfeststellung
im Strafprozess, 1997; Winter, A., Der Abbruch rettender Kausalität, 2000; Rothenfußer, C.,
Kausalität und Nachteil, 2003; Röckrath, L., Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Haftung, 2004
Kautel (F.) Vorsicht, Sicherung, Sicherungsmittel
Kautelarjurisprudenz ist die der vorsorglichen Verhütung von
Rechtsstreitigkeiten durch vorherige Sicherung dienende juristische
Tätigkeit (z. B. Beratung bei Gestaltung einer Willenserklärung).
Lit.: Köbler, Jurist
Kaution (§ 551 BGB) ist die rechtliche →Sicherheitsleistung. Hat der
Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu
leisten, so darf diese grundsätzlich höchstens das Dreifache der
Monatsmiete betragen. Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit
überlassene Geldsumme grundsätzlich bei einem Kreditinstitut zu
dem üblichen Zinssatz anzulegen.
Lit.: Jauernig, BGB; Kossen, K., Die Kautionsversicherung, 1996; Schmid, M., Mietkaution und
Vermieterpfandrecht, 1997
Keinmanngesellschaft ist die Gesellschaft, bei der alle Gesellschafter
entfallen und alle Gesellschaftsanteile auf die Gesellschaft übergehen.
Die K. erlischt mit dem Erwerb des letzten Anteils eines
Gesellschafters durch die Gesellschaft. Es ist eine Auflösung
notwendig.
Lit.: Paulick, H., Die GmbH ohne Gesellschafter, 1979; Bretschneider, A., Die gesellschafterlose
Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1994; Rück, H., Die Keinmann-Gesellschaft mit
beschränkter Haftung, 1994 (Diss.)
Kelloggpakt ist der am 27. 8. 1928 von mehreren Staaten
unterzeichnete Vertrag über die Ächtung des Kriegs.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Kennenmüssen (§ 122 II BGB) ist die auf →Fahrlässigkeit
beruhende Unkenntnis eines Umstands seitens eines Menschen. Das
K. des Grunds der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit seitens des
Geschädigten bewirkt etwa bei Nichtigkeit bei Mangel der
Ernstlichkeit oder bei →Anfechtung wegen →Irrtums den Ausschluss
eines →Schadensersatzanspruchs.
Kenntnis ist das Wissen eines Umstands seitens eines Menschen. K.
ist Voraussetzung für Vorsatz. Der Vertretene muss sich
grundsätzlich die Kenntnis seines Vertreters zurechnen lassen (§ 166 I
BGB).
Kettenarbeitsverhältnis ist das auf mehreren unmittelbar aneinander
angeschlossenen, zeitlich befristeten →Arbeitsverträgen zwischen
demselben Arbeitgeber und demselben Arbeitnehmer beruhende
→Arbeitsverhältnis. Es ist, wenn dadurch der Kündigungsschutz
vereitelt wird, unzulässig, so dass dann das Arbeitsverhältnis
grundsätzlich als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Dass ein
Arbeitnehmer mit einer sog. Nebentätigkeit nicht seinen vollen
Lebensunterhalt verdient, rechtfertigt allein noch nicht die Befristung
eines Arbeitsvertrags.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Ketzer ist im katholischen Kirchenrecht jeder bewusste Leugner
eines kirchlichen Grundsatzes.
kidnapping (engl. [N.]) →Kindesentziehung
Kind (§§ 1591ff. BGB) ist im Gegensatz zu andern Verwandten der
Abkömmling ersten Grads, sonst vielfach der Mensch zwischen der
Geburt und der Vollendung des 14. Lebensjahrs, öfter auch darüber
hinaus. Das K. konnte bis 1998 →ehelich oder →nichtehelich sein.
Ein Mensch, der nicht Abkömmling eines bestimmten andern
Menschen ist, kann durch →Annahme an Kindes Statt (→Adoption)
von dem bestimmten andern Menschen als K. angenommen werden.
Im Privatrecht steht das K. zu den Eltern in einem Eltern-KindVerhältnis (elterliche →Sorge) und ist bis zu seiner →Volljährigkeit
entweder (überhaupt) nicht oder (nur) beschränkt →geschäftsfähig.
Es teilt bis zur Volljährigkeit den Wohnsitz der Eltern bzw. des
Personensorgeberechtigten, wobei im Streitfall grundsätzlich die
Mutter das Kind kriegt und der Vater zahlt. Es hat einen Anspruch auf
Unterhalt (§ 1601 BGB, z. B. auch trotz Volljährigkeit im
Berufsschulgrundjahr) und einen Anspruch auf Erziehung ohne
Gewalt (§ 1631 II BGB). Die Geburt eines Kinds kann unter
bestimmten Umständen als ein Schaden eingestuft werden (str.). Im
Arbeitsrecht darf ein K. erst ab 15 Jahren leichte Arbeiten verrichten.
Im Strafrecht ist das K. im Gegensatz z. B. zum →Jugendlichen nicht
verantwortlich. Im Steuerrecht sind auch zugunsten in ehelicher
Lebensgemeinschaft lebender Eltern Kinderbetreuungskosten und ein
Haushaltsfreibetrag steuermindernd zu berücksichtigen. Unter dem
20. 11. 1989 legten die Vereinten Nationen eine Konvention für die
Rechte des Kinds vor.
Lit.: Luxburg, H. Graf v., Das neue Kindschaftsrecht, 1997; Pahmeier, L., Die Geburt eines Kindes,
1997; Ein Kind hat ein Recht auf beide Eltern, hg. v. Brauns-Hermann, C., 1997; Sangmeister, B.,
Der Krieg der Richter, JuS 1999, 21; Van Els, H., Das Kind im einstweiligen Rechtsschutz im
Familienrecht, 2000; Löhning, M., Das Recht des Kindes nicht verheirateter Eltern, 2001;
Handbuch Anwalt des Kindes, hg. v. Röchling, W., 2001
Kindererziehung ist die Beeinflussung der körperlichen, geistigen
und seelischen Form eines →Kinds, die grundsätzlich den →Eltern
zusteht (§ 1631 BGB). Religiöse K. (§§ 1ff. RelKErzG) ist die
Formung im religiösen Bereich. Hierüber bestimmt in erster Linie die
freie Einigung der Eltern. Nach der Vollendung des 14. Lebensjahrs
steht dem Kind die Entscheidung darüber zu, ob und zu welchem
religiösen Bekenntnis es sich halten will.
Kindergarten ist die der Betreuung und Erziehung von Kindern im
Vorschulalter dienende außerhäusliche Einrichtung.
Lit.: Engel, H./Holfelder, Kindergartenrecht in Baden-Württemberg,
8. A. 2004
Kindergeld (§§ 1ff. BKGG) ist die staatliche Leistung an Menschen
mit →Kindern (bis zur Vollendung des 18. evtl. 27. Lebensjahres,
evtl. auch Enkeln) oder gegebenenfalls auch an Kinder selbst zur
Verminderung ihrer Belastung. Das K. ist nach der Zahl der Kinder
und der Höhe des Einkommens der Eltern gestaffelt (2002 154 Euro
für das erste Kind, zweite und dritte Kind, 179 Euro für jedes weitere
Kind). Die Durchführung des Bundeskindergeldgesetzes vollzieht die
Bundesanstalt für Arbeit als Familienkasse. Die Bezugsberechtigung
und die Betragshöhe werden von den Arbeitsämtern geprüft. Die
Auszahlung erfolgt monatlich durch das Arbeitsamt. Ein Anspruch
auf K. kann auch während eines Praktikums eines Studenten, während
eines Volontariats, während eines Collegebesuchs, während eines
Sprachaufenthalts oder während eines Auslandspraktikums als
Fremdsprachenassistent an einer Schule im Ausland sowie während
einer ernsthaften und nachhaltigen Vorbereitung auf eine Promotion
bestehen. Eltern eines behinderten volljährigen Kinds haben auch
dann Anspruch auf K., wenn das Kind auf Kosten eines
Sozialleistungsträgers in einem Heim lebt. Eine Anrechnung des
Kindergelds auf den Unterhaltsanspruch unterbleibt nach § 1612b V
BGB, soweit der Barunterhaltsverpflichtete außer Stande ist,
Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrags nach der
Regelbetragsverordnung zu leisten.
Lit.: Novak, R., Lexikon zum Kindergeldrecht, 1998; Hönsch, R., Erziehungs- und Kindergeldrecht,
3. A. 1998; Marburger, F., Kindergeld, 5. A. 2000
Kinderhandel (§ 236 StGB) ist das Überlassen des noch nicht
vierzehn Jahren alten Kinds auf Dauer unter grober Vernachlässigung
der Fürsorgepflicht oder Erziehungspflicht an einen andern gegen
Entgelt oder um sich oder einen Dritten zu bereichern. K. wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der
Versuch ist strafbar.
Kinderhilfe (§§ 1ff. SGB VIII) ist die Erziehungshilfe für Kinder.
→Jugendhilfe
Lit.: Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum Kinder- und Jugendhilfegesetz, SGB VIII, hg. v.
Münder, J., 3. A. 1999; Mrozynski, P., Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII), 3. A. 1998;
Wiesner, R. u. a., SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe (Lbl.), 2. A. 1999; Kinder- und
Jugendhilferecht, hg. v. Fieseler u. a., 1998; Sozialgesetzbuch achtes Buch, Kinder- und
Jugendhilfe, hg. v. Schellhorn, W., 2. A. 2000
Kindesannahme →Annahme als Kind, →Adoption
Kindesentziehung (§ 235 StGB) →Entziehung Minderjähriger
Lit.: Jorzik, M., Das neue zivilrechtliche Kindesentführungsrecht, 1995; Vomberg, W./Nehls, K.,
Rechtsfragen der internationalen Kindesentführungen, 2002
Kindesraub →Entziehung Minderjähriger, Menschenraub
Kindschaft ist die Stellung als →Kind. →Kindschaftssache
Lit.: Mühlens, E. u. a., Kindschaftsrecht, 2. A. 1999; Oberloskamp, H., Kindschaftsrechtliche Fälle,
5. A. 1998; Lipp, M./Wagenitz, T., Das neue Kindschaftsrecht, 1999
Kindschaftssache (§ 640 II ZPO) ist die Rechtsstreitigkeit, die eine
bestimmte familienrechtliche Frage (Feststellung des Bestehens oder
Nichtbestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den
Parteien, Feststellung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer
Anerkennung der Vaterschaft, Anfechtung der →Vaterschaft oder
Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen
→Sorge der einen Partei über die andere) zum Gegenstand hat. Für
Kindschaftssachen gelten besondere Verfahrensvorschriften (§§ 640
I, 640aff. ZPO).
Lit.: Walter, G., Der Prozess in Familiensachen, 1985; Vespermann, H., Familiensachen (Lbl.),
5. A. 1993; Diederichsen, U., Die Reform des Kindschafts- und Beistandsrechts, NJW 1998, 1977;
Grün, K., Das neue Kindschafts- und Unterhaltsrecht, 1998
Kirche (Art. 140 GG, 137 WRV) ist die in eigenen
Verfassungsformen geordnete, im christlichen Bekenntnis vereinigte
Gemeinde und Glaubensgemeinschaft. Sie ist eine
→Religionsgesellschaft. Die Zugehörigkeit zu den Kirchen beginnt
mit der Taufe und endet mit dem Tod oder dem Austritt. Die römischkatholische K. ist nach ihrem Selbstverständnis die alleinige, wahre
K., die von Christus zum Wohle der Menschheit gestiftet worden ist
und dem Papst als Stellvertreter Christi und Nachfolger Petri als
sichtbare Organisation untersteht. Die evangelische K.
(→Landeskirche) sieht sich als Gemeinschaft der Gläubigen, in deren
Mittelpunkt das Evangelium Jesu Christi steht, wie es in der Bibel
bezeugt und in den Bekenntnissen der von Martin Luther 1517
ausgelösten Reformation verbindlich ausgelegt ist.
Lit.: Staat und Kirche in der Europäischen Union, hg. v. Robbers, G., 1995; Heintzen, M., Die
Kirchen im Recht der Europäischen Union, in: Dem Staate was des Staates ist, hg. v. Isensee, J. u.
a., 1999; Klostermann, G., Der Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen, 2000
Kirchenbuch ist das – in Deutschland seit dem 16. Jh. – vom
jeweiligen Pfarrer der Ortskirche geführte Register der Taufen.
Konfirmationen, Firmungen, Trauungen und Todesfälle.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Kirchenbuße →Buße
Kirchengemeinde ist im →Kirchenrecht die unterste Stufe der
kirchlichen Territorialgliederung. Die K. ist nach staatlichem Recht
eine öffentlich-rechtliche →Körperschaft (Art. 140 GG i. V. m.
Art. 137 WRV). Nach evangelischem Kirchenrecht ist sie ein örtlich
bestimmter Kreis von Gliedern der Kirche, der die Verantwortung für
die Verkündigung des Evangeliums, die Verwaltung der Sakramente
und die Übung christlicher Liebe und Zucht trägt. Ihr leitendes Organ
ist der Kirchenvorstand (Gemeindekirchenrat), der aus den Pfarrern
und gewählten Gemeindevertretern (Kirchenvorsteher) besteht.
Kirchenrecht ist die Gesamtheit der das Leben innerhalb der
→Kirchen (inneres K., katholisch kanonisches Recht) oder das
Verhältnis des Staats zur Religion und zu den
Religionsgemeinschaften (äußeres K., →Staatskirchenrecht)
betreffenden Rechtssätze. Das innere K. wird von der Kirche kraft
→Autonomie (Art. 140ff. GG) gesetzt. Das äußere K. wird vom
→Staat durch →Gesetz oder →Vertrag geschaffen.
Lit.: Campenhausen, Staatskirchenrecht; Erler, Kirchenrecht; Ruf, N., Das Recht der katholischen
Kirche nach dem Codex Iuris Canonici, 5. A. 1989; Aymans, W., Kanonisches Recht, 13. A. 1997;
Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht, hg. v. Campenhausen, A. Frhr. v. u. a., Bd. 1ff.
1999ff.; Müller, L., Der Rechtsbegriff im Kirchenrecht, 1999; Handbuch des katholischen
Kirchenrechts, hg. v. Listl, J., 2. A. 1999
Kirchenstaat ist das Staatsgebiet unter päpstlicher Oberhoheit in
Italien.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Kirchensteuer ist die durch die öffentlich-rechtlichen
→Religionsgesellschaften erhobene →Steuer. Sie beruht auf
staatlicher →Ermächtigung (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 III WRV).
Sie beläuft sich auf 8–10% der staatlichen →Einkommensteuer und
wird durch die staatlichen →Finanzbehörden eingezogen. Als
Einkommen eines Ehegatten einer konfessionsverschiedenen Ehe
wird dabei die Hälfte des gemeinsamen Einkommens beider
Ehegatten angesehen.
Lit.: Gilog, J./König, W., Kirchensteuerrecht in der Praxis, 1993; Suhrbier-Hahn, U., Das
Kirchensteuerrecht, 1999; Hammer, F., Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2001
Kirchenvertrag ist der Vertrag des Staats mit der (evangelischen)
→Kirche.
Lit.: Campenhausen, Staatskirchenrecht
Kirchenverwaltung ist die →Verwaltung der inneren
Angelegenheiten der →Kirchen durch deren Organe. Die rein
weltlichen Verwaltungsaufgaben werden durch Kirchenbeamte
ausgeführt, für die subsidiär die staatlichen Beamtengesetze gelten.
Teilweise ist für die Kirchenbeamten der →Rechtsweg zu den
→Verwaltungsgerichten eröffnet.
Kirchenzehnt →Zehnt
Klage (§ 253 ZPO) ist das Begehren des →Klägers an das →Gericht
auf Rechtsschutz gegenüber dem →Beklagten. Die K. ist eine
→Prozesshandlung. Sie kann →Leistungsklage, →Gestaltungsklage
oder →Feststellungsklage und im Strafprozess öffentliche K.
(→Anklage) oder (seltener) private K. (→Privatklage) sein. Sie wird
in der Regel schriftlich eingereicht. Ihre wesentlichen Teile sind die
Bezeichnung der →Parteien (z. B. Kläger [ungenügend ist
grundsätzlich die Angabe eines Postfachs als Adresse], Beklagter),
des →Gerichts und des →Streitgegenstands (Angabe des
Gegenstands und des Grunds des erhobenen Anspruchs) sowie ein
bestimmter Antrag. Über sie wird durch →Urteil entschieden. Sie
kann nur durchdringen, wenn ihre →Zulässigkeit und
→Begründetheit gegeben sind. Seit 1999 kann Landesrecht
vorschreiben, dass einer Klage mit einem Streitwert bis 750 Euro,
bestimmten Nachbarrechtsstreitigkeiten oder einer gerichtlichen
Auseinandersetzung wegen einer nicht in Presse oder Rundfunk
begangenen Verletzung der persönlichen Ehre ein erfolgloser
Einigungsversuch vor einer von der Landesjustizverwaltung
eingerichteten oder anerkannten →Gütestelle vorausgehen muss.
Lit.: Schneider, E., Die Klage im Zivilprozess, 2000
Klageänderung (z. B. § 263 ZPO) ist die Änderung der →Klage
durch Änderung des →Streitgegenstands (Stellung eines andern
Klageantrags, Stützung auf einen andern Lebenssachverhalt). Die K.
ist nur zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für
objektiv sachdienlich erachtet. Sie führt zur Ersetzung der bisherigen
Klage durch die geänderte Klage.
Lit.: Bernreuther, J., Die Klageänderung, JuS 1999, 479; Liebheit, U., Streitwert nach einer
Klageänderung, JuS 2001, 687
Klageantrag (§§ 253 ZPO, 82 VwGO) ist der vom →Kläger zu
stellende bestimmte →Antrag auf eine Entscheidung des →Gerichts.
Der K. ist ein für die Zulässigkeit notwendiger Teil der
→Klageschrift. Er bildet – in seiner endgültigen Form – im
→Zivilprozess die obere Grenze dessen, was das Gericht dem Kläger
zuzusprechen befugt ist.
Lit.: Röhl, F., Der unbezifferte Klageantrag, ZZP 85, 52
Klageart ist die besondere Art des Begehrens des →Klägers. K. kann
im Zivilprozessrecht →Leistungsklage, →Gestaltungsklage oder
→Feststellungsklage und im Verwaltungsprozessrecht
→Anfechtungsklage (Gestaltungsklage), →Verpflichtungsklage
(Leistungsklage), (allgemeine) Leistungsklage oder
Feststellungsklage sein. Die einzelne K. kann besondere
Voraussetzungen erfordern und verschiedene Wirkungen äußern.
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Klagebefugnis ist die (behauptete) Berechtigung des →Klägers zur
→Klage. Die K. ergibt sich im Zivilprozessrecht regelmäßig aus der
(behaupteten) Inhaberschaft des materiellen Rechts
(→Prozessführungsbefugnis). Im Verwaltungsprozessrecht ist sie,
damit verhindert wird, dass jede beliebige Person jeden
→Verwaltungsakt angreifen kann, eine besonders genannte
→Prozessvoraussetzung. Sie ist gegeben, wenn der Kläger die
schlüssige Behauptung aufstellen kann (str.), dass gerade er durch den
Verwaltungsakt oder dessen Ablehnung oder Unterlassung in seinen
Rechten verletzt werde, falls sich der Verwaltungsakt oder seine
Ablehnung oder Unterlassung als objektiv rechtswidrig erweist.
Lit.: Hipp, A./Hufeld, U., Grundfälle zur Klagebefugnis im Verwaltungsprozess, JuS 1998, 802
Klagebegehren (§ 44 VwGO) ist im Verwaltungsprozessrecht der
prozessuale →Anspruch des →Klägers. Mehrere K. des Klägers
können in einer Klage zusammen verfolgt werden.
Klagebegründung (z. B. § 253 ZPO) ist die Angabe des Grunds des
erhobenen →Anspruchs. Dies ist der konkrete Lebensvorgang
(→Sachverhalt), aus dem der Kläger die begehrte →Rechtsfolge
ableitet, nicht dagegen eine rechtliche Begründung seines Antrags.
Die Angabe aller klagebegründenden Tatsachen gehört zur
→Schlüssigkeit. Die K. ist ein Bestandteil der →Klageschrift. Fehlt
sie gänzlich, ist die →Klage →unzulässig.
Klageerhebung ist im Zivilprozessrecht die Einreichung der
→Klageschrift des →Klägers und die →Zustellung einer Abschrift an
den →Beklagten von Amts wegen (§ 253 ZPO), in andern
Verfahrensarten die Einreichung der Klageschrift oder der
Klagevortrag zur Niederschrift des →Urkundsbeamten der
→Geschäftsstelle (z. B. § 81 VwGO). Die K. ist eine
→Prozesshandlung. Sie begründet die →Rechtshängigkeit (z. B.
§ 261 ZPO). Im Strafverfahren erfolgt die K. durch die
→Staatsanwaltschaft entweder durch Einreichung der
→Anklageschrift (§ 170 StPO) oder durch Erlass eines →Strafbefehls
(§ 407 StPO).
Klageerwiderung (z. B. § 277 ZPO) ist die Antwort (Replik) des
→Beklagten auf die →Klage. Zur Vorbereitung des frühen ersten
Termins zur mündlichen →Verhandlung kann der →Vorsitzende des
Prozessgerichts dem Beklagten eine Frist zur schriftlichen K. setzen.
Geschieht dies nicht, so ist der Beklagte aufzufordern, etwa
vorzubringende Verteidigungsmittel unverzüglich durch den zu
bestellenden Rechtsanwalt in einem Schriftsatz dem Gericht
mitzuteilen. Bleibt eine K. gänzlich aus, so dringt die →schlüssige
Klage durch.
Klageerzwingungsverfahren (§ 172 StPO) ist das Verfahren, durch
das der Verletzte, der die Strafverfolgung des →Beschuldigten
wünscht, aber wegen des →Anklagemonopols der
→Staatsanwaltschaft selbst kein Strafverfahren gegen den
Rechtsbrecher in Gang setzen darf, die Staatsanwaltschaft zur
Erhebung der →Anklage zwingen kann. Zu diesem Zweck kann der
Verletzte, der eine →Strafanzeige erstattet hat, gegen den Bescheid,
in dem die Staatsanwaltschaft ihm die Ablehnung der
Anklageerhebung mitteilt, binnen zweier Wochen →Beschwerde an
den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft erheben –
ausgenommen in Privatklagesachen und Verfahren, in denen für die
Staatsanwaltschaft das →Opportunitätsprinzip gilt –. Gegen dessen
ablehnenden Bescheid kann der Verletzte binnen eines Monats
gerichtliche Entscheidung – des Oberlandesgerichts – beantragen. Der
Antrag auf gerichtliche Entscheidung muss die Tatsachen, welche die
Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die
→Beweismittel angeben. Er muss von einem →Rechtsanwalt
unterzeichnet sein. Er ist bei dem für die Entscheidung zuständigen
→Oberlandesgericht einzureichen. Erachtet das Gericht nach
Anhörung des Beschuldigten den Antrag für begründet, so beschließt
es die Erhebung der öffentlichen Klage (§ 175 StPO).
Lit.: Machalke, A., Die Funktion des Oberlandesgerichts im Klageerzwingungsverfahren 1996;
Imberger-Bayer, N., Der Verletztenbegriff im Klageerzwingungsverfahren, 2000
Klagenhäufung ist die Verbindung mehrerer →Ansprüche (objektive
K., Anspruchshäufung) gegen denselben →Beklagten oder desselben
Anspruchs für mehrere →Kläger oder gegen mehrere Beklagte
(subjektive K.). Die objektive K. ist zulässig, wenn für sämtliche
Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart
zulässig ist (vgl. § 260 ZPO). Die subjektive K.
(→Streitgenossenschaft) ist vor allem zulässig, wenn die
Betreffenden hinsichtlich des →Streitgegenstands in
→Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben
tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind
(vgl. § 59 ZPO). Das Gericht kann von sich aus die K. auflösen oder
herbeiführen (vgl. §§ 145ff. ZPO).
Kläger ist die Person, die vom Gericht durch Erhebung der Klage
Rechtsschutz begehrt (Partei im →Prozess).
Klagerücknahme (§ 269 ZPO) ist der Widerruf des Begehrens von
Rechtsschutz in diesem Prozess durch den →Kläger. Die K. ist
→Prozesshandlung und das Gegenstück zur →Klageerhebung. Sie
kann im Zivilprozess ohne →Einwilligung des →Beklagten nur bis
zum Beginn der mündlichen →Verhandlung des Beklagten zur
Hauptsache erfolgen. Sie bewirkt dort, dass der Rechtsstreit als nicht
anhängig geworden anzusehen ist. Den materiellrechtlichen Anspruch
berührt sie nicht.
Lit.: Walther, R., Klageänderung und Klagerücknahme, 1969; Brammsen, J./Leible, S., Die
Klagerücknahme, JuS 1997, 54
Klageschrift (§ 253 ZPO) ist der Schriftsatz des →Klägers, in dem er
die →Klage erhebt. Die K. erfordert einen gewissen Mindestinhalt
(Bezeichnung der Parteien und des Gerichts, bestimmte Angabe des
Gegenstands und des Grunds des erhobenen Anspruchs sowie einen
bestimmten Antrag). Sie muss eigenhändig unterschrieben sein und
mit der erforderlichen Zahl von Abschriften eingereicht werden.
Klassenjustiz ist eine nach Klassen unterscheidende, im Dienst einer
(herrschenden) Klasse stehende Rechtspflege.
Lit.: Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 3
Klassenkampf ist die Auseinandersetzung zwischen einer
herrschenden und einer beherrschten Klasse einer Gesellschaft. Nach
dem historischen Materialismus besteht in der Gegenwart ein durch
K. zu lösender Gegensatz zwischen der ausbeutenden Bourgeoisie
und dem ausgebeuteten Proletariat. Nach Beendigung des
Klassenkampfs durch die proletarische Revolution ist eine klassenlose
Gesellschaft vorhanden, in der Recht entbehrlich ist.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Klausel ist die einzelne Bestimmung im Rahmen einer umfassenden
Festlegung auf den verschiedensten Rechtsgebieten (z. B.
Generalklausel, clausula rebus sic stantibus, cif u. a. m.,
→Vollstreckungsklausel).
Klausur ist die räumliche Abgeschlossenheit und die in räumlicher
Abgeschlossenheit bezüglich unerlaubter Hilfsmittel zu bearbeitende
Prüfungsaufgabe.
Lit.: Köbler, Anfängerübung; Prütting, H./Stern, K./Wiedemann, H., Die Examensklausur, 2. A.
2000; Knödler, C., Zur Vermeidung von formalen Fehlern, JuS 1996, L 65; Knöringer, D., Die
Assessorklausur im Zivilprozess, 9. A. 2002; Schmitz, G., Zivilrechtliche Musterklausuren für die
Assessorprüfung, 4. A. 2002; Wimmer, A., Klausurtipps für das Assessorexamen, 3. A. 2003;
Eckert, J./Hattenhauer, C., 75 Klausuren aus dem BGB, 11. A. 2003; Schurmann, W./Buchbinder,
N., Die Assessorklausur im Steuerrecht, 3. A. 1997; Schmehl, M./Vollmer, W., Die Assessorklausur
im Strafprozess, 6. A. 2001; Olzen, D./Wank, R., Zivilrechtliche Klausurenlehre, 3. A. 2001;
Heinen, H./Knemeyer, M., Zivilrechtliche Assessorklausur, 3. A. 2003; Diederichsen, U./Wagner,
D., Die BGB-Klausur, 9. A. 1998; Roth, H., Die FGG-Klausur, 2. A. 2000; Heintschel-Heinegg, B.
v./Gerhardt, P., Assessorklausuren im Familienrecht, 3. A. 1999; Schmitz, G./Hüßtege, R.,
Strafrechtliche Musterklausuren für die Assessorprüfung, 4. A. 2000; Pape, I./Pape, G./Radtke, H.,
Ausgewählte Assessorklausuren im Zivilrecht, 2. A. 2000; Deckert, A./Konrad, C., Öffentlichrechtliche Assessorklausuren, 3. A. 2003; Examensklausurenkurs, hg. v. Coester-Waltjen, D. u. a.,
2000; Rotsch, T./Nolte, M./Peifer, K./Weitemeyer, B., Die Klausur im ersten Staatsexamen, 2003;
Hagspiel, C., Die Bearbeitung der kautelarjuristischen Klausur im zweiten juristischen
Staatsexamen, JuS 2003, 482; Fischer, K./Uthoff, R., Die Richter- und Anwaltsklausur im
Zivilrecht, 2003; Schimmel, R., Juristische Klausuren und Hausarbeiten richtig formulieren, 4. A.
2003
Kleingartengesetz →Bundeskleingartengesetz
Lit.: Mainczyk, L., Bundeskleingartengesetz, 8. A. 2002; Bork, G., Bundeskleingartengesetz, 6. A.
1999
Kleriker →Klerus
Klerus (griech./lat. [M.] Los, Erbteil) ist im katholischen
→Kirchenrecht der geistliche Stand im Gegensatz vor allem zu den
Laien. Kleriker ist, wer wenigstens eine bestimmte Weihe (Tonsur)
erlangt hat. Dadurch ist er zugleich besonderer Träger der
Weihegewalt und Rechtsprechungsgewalt über die Laien.
Kloster (Abgeschlossenes) ist im →Kirchenrecht eine geschlossene,
Ordensangehörigen als gemeinsame Wohnung, Gebetsstätte und
Arbeitsstätte dienende Anlage.
Knappschaft ist der Zusammenschluss der Bergleute zur Sicherung
gegen Unglücksfälle. Die K. wirkt sich in der Gegenwart vor allem in
der besonderen Knappschaftsversicherung (→Rentenversicherung,
→Krankenversicherung) als Teil der →Sozialversicherung aus. Ihr
Träger ist die Bundesknappschaft als öffentlich-rechtliche
→Selbstverwaltungskörperschaft.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Knebelung →Knebelungsvertrag
Knebelungsvertrag ist der →Vertrag, durch den die wirtschaftliche
Bewegungsfreiheit einer Person ganz oder zu einem Wesentlichen
Teil beseitigt wird. Ein solcher Vertrag ist nach § 138 BGB wegen
→Sittenwidrigkeit nichtig. Er kann einen →Schadensersatzanspruch
wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB)
begründen.
Know-how (engl., wissen-wie) ist das vor allem auf Erfahrung
gegründete unternehmerisch-technische Wissen.
Lit.: Henn, G., Patent- und Know-how-Lizenzvertrag, 4. A. 1999; Bartenbach, K./Gennen, K.,
Patentlizenz- und Know-how-Vertrag, 5. A. 2001
Koadjutor (M.) Weihbischof, Hilfsbischof, Titularbischof
Koalition ist der Zusammenschluss mehrerer im →Parlament
vertretener →Parteien zu einer →Regierung. Im Arbeitsrecht ist K.
die freiwillige und überbetriebliche Vereinigung von
→Arbeitnehmern oder →Arbeitgebern zur Wahrung oder Förderung
ihrer Interessen bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen und
Wirtschaftsbedingungen.
Koalitionsfreiheit (Art. 9 III GG) ist die →Freiheit der →Koalition,
insbesondere die Freiheit, zur Wahrung und Förderung der
Arbeitsbedingungen und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu
bilden. Die K. steht sowohl einzelnen →Arbeitgebern und
→Arbeitnehmern wie auch ihren Vereinigungen zu. Geschützt wird
die Gründungsfreiheit und die Betätigungsfreiheit (positive K.) sowie
die Freiheit des Einzelnen, sich keiner Koalition anzuschließen
(negative K.). Gegenläufige Abreden bzw. Maßnahmen sind nichtig
bzw. rechtswidrig. Die K. einer Gewerkschaft ist verletzt, wenn sie
nicht Mitglieder u. a. durch Ausschluss maßregeln darf, die auf einer
konkurrierenden Liste kandidieren.
Lit.: Friese, B., Kollektive Koalitionsfreiheit und Betriebsverfassung, 2000
Kodifikation ist die grundsätzlich erschöpfend gedachte
Zusammenfassung des gesamten Stoffs eines oder mehrerer
Rechtsgebiete in einem einheitlichen Gesetzbuch (Gesetz) (z. B.
Preußisches Allgemeines Landrecht 1794, Code civil 1804,
Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch [Österreichs 1811/1812],
Bürgerliches Gesetzbuch 1900, Zivilgesetzbuch [Schweiz] 1907). Die
K. will vielfach weitere Rechtsquellen (z. B. Gewohnheitsrecht)
gänzlich ausschließen. In der Praxis hat sie sich aber stets als
ergänzungsbedürftig und entwicklungsbedürftig erwiesen.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte
Kognat ist der – durch Abstammung von denselben Eltern oder
Voreltern verbundene – Blutsverwandte. →Agnat, →Verwandter
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Kognition (F.) Erkenntnis
Kognitionsverfahren ist im römischen Recht das einheitlich vor
einem beamteten Richter durchgeführte Verfahren, das seit der
Zeitenwende das ältere →Formularverfahren ablöst (→cognitio).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Kollation (F.) Vergleich (mehrerer Handschriften), Ausgleich (der
Vorempfänge einzelner Miterben)
kollegial (Adj.) mitabgeordnet, gemeinschaftlich
Lit.: Knauer, C., Die Kollegialentscheidung im Strafrecht, 2001
Kollegialbehörde ist die aus mehreren gleichberechtigten
Mitgliedern bestehende, meist durch Stimmenmehrheit beschließende
→Behörde (z. B. Kreisausschuss) im Gegensatz zur monokratisch
organisierten Behörde.
Lit.: Groß, T., Das Kollegialprinzip in der Verwaltungsorganisation, 1999
Kollegialgericht ist das aus mehreren Mitgliedern bestehende, durch
Abstimmung entscheidende →Gericht (z. B. →Kammer, →Senat) im
Gegensatz zum →Einzelrichter.
Kollegialorgan →Kollegialbehörde, →Kollegialgericht
Kollektiv (N.) Gruppe, Arbeitsgemeinschaft
Kollektivarbeitsrecht (kollektives Arbeitsrecht) ist die Gesamtheit
der die einheitliche Gestaltung von Arbeitsbedingungen und deren
Voraussetzungen betreffenden Rechtssätze. Das K. steht im
Gegensatz zum →Individualarbeitsrecht. Es umfasst das Recht der
Verbände der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das Arbeitskampfrecht
und das Schlichtungsrecht, das Tarifvertragsrecht, das
Betriebsverfassungsrecht und das Personalvertretungsrecht.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Hromadka,
W./Maschmann, F., Arbeitsrecht, Bd. 2 2. A. 2001
Kollektivbeleidigung →Beleidigung (einer Personenmehrheit)
Kollektiveigentum (N.) Gruppeneigentum
Kollektivschuld (F.) Gruppenschuld
Kollektivvertrag (M.) Gruppenvertrag, Tarifvertrag
Lit.: Flüchter, A., Kollektivverträge und Konfliktlösung im SGB V,
2000
Kollision (F.) Zusammenstoß
Kollisionsnorm ([F.] Grenznorm) ist im internationalen →Privatrecht
der Rechtssatz, der den Anwendungsbereich der deutschen
Rechtsordnung festlegt (einseitige K.) oder den maßgeblichen
Anknüpfungspunkt (z. B. Staatsangehörigkeit, Ort der Handlung, Ort
der belegenen Sache) für die Frage, welche von mehreren
Rechtsordnungen anzuwenden ist, bestimmt (zweiseitige,
vollkommene K.).
Lit.: Reithmann, C./Martiny, D., Internationales Vertragsrecht, 6. A. 2004
Kollisionsrecht →Privatrecht, internationales
Lit.: Reichert-Facilides, D., Fakultatives und zwingendes Kollisionsrecht, 1995; Systemwechsel im
europäischen Kollisionsrecht, hg. v. Dauner-Lieb, B., 2002
Kollusion ([F.] Zusammenspiel) ist das unerlaubte Zusammenwirken
Gelöscht: Kegel/Schurig,
Internationales Privatrecht;
mehrerer Menschen zum Schaden eines andern (z. B. Bischof und
Professor besorgen einem unqualifizierten gescheiterten überalterten
Pressesprecher eine Stelle als Universitätsassistent, Arzt schreibt
Universitätsassistenten krank, damit dieser im Krankenstand des
öffentlichen Diensts privatwirtschaftlich tätig die Bücher des Arzts
gewinnbringend verlegen kann, Dekan und Institutskonferenz
kolludieren bei der Entziehung zugesagter Mittel eines
Leistungsträgers, lügender Erklärer E. und journalistischer Höfling H.
wirken bei einer Medienkampagne gegen einen erfolgreichen
Forscher zusammen, Berufungskommissionsmitglieder setzen
ungeeigneten Kandidaten gegen Leistungen auf einen Listenplatz und
weisen qualifizierte Bewerber auf geplantes Mobbing im Fall ihrer
Rufannahme hin, Rektor verschafft seiner Freundin trotz mangelnder
Qualifikation eine hochdotierte Stelle, Kanzler versucht mit
parteiischer Presse Rufmord eines Präsidentschaftskandidaten,
Präsident befördert seine Geliebte zwecks leichteren Zugangs auf eine
Spitzenposition in seinem Vorzimmer) zum Nachteil eines Dritten
(u. a. des Staats). K. kann im Strafverfahrensrecht
→Verdunklungsgefahr (§ 112 StPO) begründen. Im Privatrecht kann
K. zur →Nichtigkeit eines →Rechtsgeschäfts wegen
→Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) und zu einem
→Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger
Schädigung (§ 826 BGB) führen.
Lit.: Menzel, C., Kollusion in Auktionen, 2000
Komitien →comitia
Kommanditgesellschaft (KG) (§ 161 I HGB) ist die →Gesellschaft,
deren Zweck auf den Betrieb eines →Handelsgewerbes unter
gemeinschaftlicher →Firma gerichtet ist und bei der bei mindestens
einem Gesellschafter die Haftung gegenüber den
Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten
Vermögenseinlage beschränkt (→Kommanditist), bei mindestens
einem andern Gesellschafter – der auch eine juristische →Person sein
kann (z. B. GmbH bei der GmbH & Co. KG) – unbeschränkt ist
(→Komplementär). Die K. ist →Handelsgesellschaft und
→Personengesellschaft. Abgesehen vom Sonderrecht der beschränkt
haftenden Gesellschafter gilt für die K. das Recht der offenen
→Handelsgesellschaft (§§ 161 II, 105ff. HGB). Die K. kann im
Einzelfall stärker personalistisch (geringere Bedeutung der
kapitalistischen Beteiligung) oder stärker kapitalistisch (geringere
Bedeutung des persönlichen Einsatzes) ausgestaltet sein. K. auf
Aktien (KGaA) (§ 278 AktG) ist die (→Kapital-)Gesellschaft mit
eigener Rechtspersönlichkeit, bei der mindestens ein Gesellschafter
den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt haftet (Komplementär,
kann z. B. GmbH sein) und die übrigen an dem in →Aktien zerlegten
→Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die
Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften. Für die K. auf Aktien
gilt, von einigen Sonderregeln abgesehen, das Recht der
→Aktiengesellschaft (§ 278 III AktG).
Lit.: Bayreuther, F., Die Kapitalgesellschaft & Co. KGaA, JuS 1999, 651; Schlitt, M., Die Satzung
der Kommanditgesellschaft auf Aktien, 1999; Wichert, J., Die Finanzen der Kommanditgesellschaft
auf Aktien, 1999; Sudhoff, H., GmbH & Co. KG, 5. A. 2000; Schaumburg, H./Schulte, C., Die
KGaA, 2000; Waldner, W./Wölfel, E., GbR, OHG, KG, 6. A. 2004; Veltins, M., Der
Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft, 2. A. 2002; Schütz/Bürgers/Riotte, Die
Kommanditgesellschaft auf Aktien, 2004
Kommanditist (§ 161 I HGB) ist der →Gesellschafter einer
→Kommanditgesellschaft, dessen →Haftung gegenüber den
Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten
Vermögenseinlage beschränkt ist. Er ist von der →Geschäftsführung
ausgeschlossen (§ 164 HGB). Sein Tod hat die →Auflösung der
Gesellschaft nicht zur Folge (§ 177 HGB). Nach dem Ausscheiden
des einzigen Komplementärs und dem Erwerb aller
Gesellschaftsanteile kann der K. die Firma und das Unternehmen
fortführen. K. kann eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sein.
Lit.: Sudhoff, H., Rechte und Pflichten des Kommanditisten, 2. A. 1986; Blaurock, U./Suttmeyer, J.,
Kommanditeinlage und negatives Kapitalkonto, JuS 1989, 96
Kommentator ([M.] Erläuterer) ist der Verfasser eines Kommentars.
In der Rechtsgeschichte sind Kommentatoren die spätmittelalterlichen
oberitalienischen Rechtswissenschaftler, die das gelehrte Recht durch
Kommentare und Gutachten so erläutern, dass es in der Praxis
verwendbar wird (z. B. Bartolus, Baldus). Wegen ihrer Tätigkeit als
Gutachter heißen sie auch →Konsiliatoren.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
Kommilitone (M.) Mitkämpfer, Mitstudent, Student
Kommissar ([M.] Beauftragter) (z. B. Art. 84 III 2 GG) ist der Beauftragte, der notfalls zur
Verwirklichung von →Aufsichtsbefugnissen eingesetzt werden kann.
kommissarisch (Adj.) beauftragt, vertretungsweise, →Richter,
beauftragter, →Richter, ersuchter
Kommission (§§ 383ff. HGB) ist das besondere – schuldrechtliche –
→Handelsgeschäft, bei dem es eine Person (Kommissionär)
übernimmt, – gegen Entgelt – →Waren oder →Wertpapiere für
Rechnung eines andern (des Kommittenten) in eigenem Namen zu
kaufen oder zu verkaufen. Der Kommissionsvertrag ist ein
→Geschäftsbesorgungsvertrag. Die K. kann →Einkaufskommission
oder →Verkaufskommission sein. Der Kommissionsvertrag zieht ein
Ausführungsgeschäft mit einem Dritten sowie ein
Abwicklungsgeschäft des Kommissionärs mit dem Kommittenten
nach sich. Als K. werden auch gewisse ähnliche Geschäfte behandelt
(§ 406 HGB). Die §§ 383ff. HGB finden ebenfalls Anwendung, wenn
das Unternehmen des Kommissionärs nach Art oder Umfang einen in
kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert
und die Firma des Unternehmens nicht nach § 2 HGB in das
Handelsregister eingetragen ist. Daneben ist K. auch eine Gruppe von
Menschen (Ausschuss).
Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist das geschäftsführende Hauptorgan der
Europäischen Gemeinschaften (bzw. Europäischen Union). →Europäische Kommission
Kommissionär (§ 383 HGB) ist, wer es gewerbsmäßig übernimmt,
→Waren oder →Wertpapiere für Rechnung eines andern im eigenen
Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Der K. ist zur Ausführung des
Geschäfts, zur Rechnungslegung und zur Herausgabe des Erlangten
verpflichtet (§ 384 HGB). Er ist grundsätzlich Kaufmann.
→Kommission
Kommittent (§ 383 HGB) ist, wer einen →Kommissionär mit einer
→Kommission betraut. Er ist zur Zahlung eines Entgelts
(→Provision) im Falle der Ausführung verpflichtet. Zu dem Käufer
oder Verkäufer tritt er grundsätzlich in keine unmittelbare Beziehung.
Kommorient (M.) Mitsterbender
Kommorientenvermutung (§ 11 VerschG) ist die bei Unklarheit
über die Reihenfolge des Versterbens mehrerer zusammen
versterbender Menschen eintretende →Vermutung, dass sie
gleichzeitig verstorben sind. Demnach kann keiner von ihnen den
andern beerben. Die Vermutung kann widerlegt werden.
kommunal (Adj.) gemeindlich
Kommunalaufsicht ist die →Aufsicht des →Staats über die
→Gemeinden in ihrem eigenen →Wirkungskreis. Sie ist
Rechtmäßigkeitskontrolle, nicht auch Zweckmäßigkeitskontrolle. Die
Gemeinden müssen dazu Auskunft geben und u. U. Anzeige machen.
Die Aufsichtsbehörde kann beanstanden und Änderungen oder
Aufhebungen verlangen sowie Anordnungen treffen, denen die
Gemeinde folgen muss. Daneben ist →Ersatzvornahme und
schließlich auch die Bestellung eines →Kommissars (Beauftragten)
möglich. →Aufsichtsbehörde ist bei kreisangehörigen Gemeinden
meist die untere staatliche →Verwaltungsbehörde (Landrat), bei
kreisfreien Gemeinden und Kreisen (ausgenommen z. B.
Brandenburg, Saarland und Schleswig-Holstein, wo eine
Mittelbehörde fehlt,) die Mittelbehörde (→Regierungspräsident).
Lit.: Lübking, U., Die Kommunalaufsicht, 1998
Kommunalrecht ist die Gesamtheit der die →Gemeinden und
→Gemeindeverbände betreffenden Rechtssätze. Das K. ist
öffentliches →Recht, das teils staatlich (z. B. Art. 28 GG
[Bundesrecht], daneben vor allem Landesrecht wie Gemeindeordnung
und Landkreisordnung), teils →autonom (Satzung) gesetzt ist. Es
betrifft in erster Linie die Rechtsstellung der Gemeinden und
Gemeindeverbände, die Bildung und Auflösung, die innere
Verfassung, die Bestellung von Organen, die Willensbildung, die
Rechte und Pflichten der Angehörigen sowie die Beschaffung der zur
Erfüllung der Aufgaben benötigten Mittel.
Lit.: Knemeyer, F., Bayerisches Kommunalrecht, 10. A. 2000; Gern, A., Kommunalrecht BadenWürttemberg, 8. A. 2001; Stober, R., Kommunalrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 3. A.
1996; Waechter, Kommunalrecht, 3. A. 1998; Gern, A., Deutsches Kommunalrecht, 3. A. 2003;
Mutius, A. v., Kommunalrecht, 2. A. 1997; Erichsen, H., Kommunalrecht des Landes NordrheinWestfalen, 2. A. 1997; Lissack, G., Bayerisches Kommunalrecht, 2. A. 2001; Meyer, H.,
Kommunalrecht, 1998; Wohlfarth, J., Kommunalrecht, 2. A. 1998; Püttner, G., Kommunalrecht
Baden-Württemberg, 2. A. 1999; Dols, H./Plate, K., Kommunalrecht, 5. A. 1999
Kommunalverfassung ist die Gesamtheit der die Grundordnung der
→Gemeinden und →Gemeindeverbände betreffenden Rechtssätze. In
Deutschland setzte sich dabei in den 90er Jahren des 20. Jh.s die duale
Rat-Bürgermeister-Verfassung gegen die Magistratsverfassung durch.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Reiners, T., Kommunalverfassungsrecht in den neuen
Bundesländern, 1991; Grashoff, P., Die Kommunalverfassung des Landes Brandenburg, 1999;
Lingk, A., Die Reform der nordrhein-westfälischen Kommunalverfassung, 1999; Schweriner
Kommentierung der Kommunalverfassung, hg. v. Darsow, T., 2. A. 1999
Kommunalverfassungsklage ist die Klage gegen eine
organisatorische Entscheidung eines kommunalen Organs im Rahmen
der kommunalen Verfassung, die kein →Verwaltungsakt ist. Sie ist
ein Verfahren eigener Art (str., a. M. Feststellungsklage), das
entwickelt wurde, um eine Möglichkeit zu eröffnen, organisatorische
Entscheidungen kommunaler Organe anzugreifen. Jeder, der sich
durch einen Vorgang in seinen Rechten als Organ, Organwalter,
Fraktion oder Fraktionsmitglied einer Vertretungskörperschaft für
verletzt hält, kann die K. mit dem Ziel der Feststellung der
Verfassungswidrigkeit oder Gesetzwidrigkeit des Vorgangs betreiben.
Lit.: Bleutge, R., Der Kommunalverfassungsstreit, 1970; Martensen, J., Grundfälle zum
Kommunalverfassungsrecht, JuS 1995, 989, 1077; Lin, M., Vorläufiger Rechtsschutz im
Kommunalverfassungsstreit, 2001
Kommunalverwaltung ist die →Verwaltung der →Gemeinden und
→Gemeindeverbände (teilweise →Selbstverwaltung).
Lit.: Mutius, A. v., Kommunalrecht, 2. A. 1997
Kommunalwahl ist die Wahl eines Organs einer →Kommune durch
deren Mitglieder.
Lit.: Saftig, Kommunalwahlrecht in Deutschland, 1990; Barley, K., Das Kommunalwahlrecht für
Ausländer, 1999
Kommune ([F.] Gemeinschaft, Gemeinde) sind die →Gemeinde und
der →Gemeindeverband. Die K. ist →Gebietskörperschaft des
öffentlichen Rechts. Sie hat →Selbstverwaltungsrecht.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Handbuch Kommunale Unternehmen, hg. v. Hoppe-Uechtritz,
2004
Kommunikation (F.) Mitteilung, Gespräch
Kommunikationsfreiheit →Meinungsfreiheit
Lit.: Bullinger, M., Kommunikationsfreiheit, 1986
Kommunismus ist die Wirtschaftsordnung und
Gesellschaftsordnung, in der alle Gegenstände allen Menschen,
entsprechend ihren Bedürfnissen, gemeinsam (kommun) zustehen und
alle Menschen gesellschaftlich gleichgestellt sind.
→Kommunistisches Manifest
Lit.: Weber, H., Der deutsche Kommunismus, 1963
Kommunistisches Manifest ist das von Karl Marx und Friedrich
Engels erarbeitete, 1848 veröffentlichte Dokument, das die politischideologische Grundlage der kommunistischen Partei bildet.
→Kommunismus
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Kompensation ist allgemein der Ausgleich eines Unterschieds. Im
Strafrecht ist Kompensation einer mit Strafe bedrohten →Handlung
durch die gleiche Handlung möglich (z. B. § 199 StGB wechselseitig
begangene →Beleidigungen). Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass
der erste Täter dadurch eine Vergeltung erfahren und der zweite
häufig in Erregung gehandelt hat.
Lit.: Vosskuhle, A., Das Kompensationsprinzip, 1999; Dreier, T., Kompensation und Prävention,
2002
Kompetenz (F.) Zuständigkeit
Kompetenzkompetenz ist die →Zuständigkeit, über eine (Änderung
der) Zuständigkeit zu entscheiden (beachte Art. 79 GG).
Kompetenzkonflikt ist der Streit (Konflikt) über die →Zuständigkeit
(Kompetenz). Eine allgemeine Regelung für den Bereich der
ordentlichen →Gerichtsbarkeit enthält § 17 GVG, wonach ein Gericht
grundsätzlich an die Entscheidung eines andern Gerichts hinsichtlich
der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Rechtswegs gebunden ist.
Im Verwaltungsrecht entscheidet den K. grundsätzlich die vorgesetzte
→Behörde.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Komplementär (§ 161 I HGB) ist der unbeschränkt persönlich
haftende →Gesellschafter einer →Kommanditgesellschaft oder
Kommanditgesellschaft auf Aktien. Für ihn gilt grundsätzlich das
Recht eines Gesellschafters einer offenen →Handelsgesellschaft
(§ 161 II HGB). Demnach steht ihm regelmäßig die
Geschäftsführungsbefugnis zu.
Komposition (F.) Zusammenstellung, Buße
Kompositionensystem ist im altrömischen, germanischen und
frühmittelalterlichen Recht das System, das wohl als Folge schwacher
Herrschaftsgewalt Unrecht (nur) durch Bußleistung an den Verletzten
(→Wergeld, →Buße) ausgleicht (z. B. bei den Franken bei Tötung
eines Freien Ausgleich durch Sachen im Wert von 200 Schillingen)
und im Mittelalter mit dem Erstarken des Staats durch das System der
staatlichen peinlichen →Strafen einerseits und des privatrechtlichen
→Schadensersatzes andererseits abgelöst wird.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Kondiktion (zu lat. [F.] condictio, Ansagung) ist der →Anspruch aus
ungerechtfertigter →Bereicherung (§§ 812ff. BGB). Die K. kann
→Leistungskondiktion oder →Nichtleistungskondiktion sein. Der
Umfang der Herausgabepflicht bestimmt sich nach den §§ 818ff.
BGB.
Lit.: Wilhelm, J., Die Kondiktion, NJW 1999, 3519; Schall, A., Leistungskondiktion und sonstige
Kondiktion, 2003
Kondition (F.) Bedingung
Kondominat, Kondominium (Gemeinschaftsgewalt) ist die
gemeinsame Ausübung der →Hoheitsgewalt durch mehrere
Hoheitsträger (→Staaten) auf einem ihnen gehörigen Gebiet (z. B.
Preußen und Österreich in Schleswig-Holstein 1864-1866).
Kondominium (N.) →Kondominat
Konfession (F.) Bekenntnis
Konfiskation (F.) Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung
Konföderation (F.) Staatenbund
Konfusion ([F.] Zusammengießung) ist die Vereinigung des
→Schuldners und →Gläubigers (bzw. ihrer Rechtsstellung) (z. B. der
Schuldner wird Erbe des Gläubigers). Dadurch erlischt die
→Forderung und grundsätzlich auch das →Pfandrecht an
beweglichen Sachen (§ 1256 BGB). Anders verhält es sich bei der
→Konsolidation.
Kongregation (F.) Vereinigung
König ist im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen deutschen Recht
der Anführer des Volks. Er erlangt seine Stellung auf Grund des
Geblütsrechts und der Wahl durch die Großen, seit dem
13. Jahrhundert durch die Wahl durch die →Kurfürsten. Seine
Herrschaft beruht wesentlich auf seinen Gütern und bestimmten
Rechten (z. B. →Königsbann). In der Neuzeit erlangen auch die
Fürsten einzelner Territorien die Stellung als König (z. B. →Preußen,
→Bayern). Das Königtum verschwindet in Deutschland 1918 mit
dem Übergang zur →Republik.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A.
2001
Königsbann ist im frühmittelalterlichen deutschen Recht die
Berechtigung des →Königs, Gebote und Verbote unter Androhung
von Nachteilen für den Fall der Nichtbeachtung auszusprechen.
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
konkludent (Adj.) schlüssig
konkludentes Handeln →Handeln, konkludentes
Konklusion (F.) Schluss, Folgerung
Konkordat ([N.] Übereinkunft) ist im katholischen →Kirchenrecht
der völkerrechtliche →Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und
einem Staat zur Regelung einer kirchenpolitischen Angelegenheit.
konkret (Adj.) zusammengewachsen, bestimmt
konkrete Normenkontrolle →Normenkontrolle, konkrete
konkretes Gefährdungsdelikt →Gefährdungsdelikt, konkretes
Konkretisierung ([F.] Konzentration, Verdichtung) (§ 243 II BGB)
ist der Vorgang der Umwandlung einer →Gattungsschuld in eine
→Stückschuld. Voraussetzung ist, dass der Schuldner das seinerseits
Erforderliche getan hat, d. h. einen solchen Zustand hergestellt hat,
dass die weitere Durchführung der K. ohne sein Zutun geschehen
kann. Dazu muss er bei der →Holschuld die einzelne zur Leistung
bestimmte Sache aussondern und wörtlich anbieten, bei der
→Schickschuld an die Transportperson übergeben und bei der
→Bringschuld dem Gläubiger tatsächlich anbieten. Die K. bewirkt,
dass der Schuldner von der →Verpflichtung zur →Leistung frei wird,
soweit die Leistung infolge eines nach der Entstehung des
Schuldverhältnisses eintretenden Umstands, den er nicht zu vertreten
hat, (ihm oder jedermann) →unmöglich wird (§ 275 I BGB, z. B.
Vernichtung durch Blitzschlag).
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Konkubinat (M., N.) ist bis in die jüngste Vergangenheit die
missbilligte, auf längere Zeit abgestellte außereheliche
Geschlechtsgemeinschaft. →Lebensgemeinschaft, nichteheliche
Lit.: Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 3. A. 1999
Konkurrent (M.) Mitwettbewerber
Lit.: Nowak, C., Konkurrentenschutz in der EG, 1997
Konkurrentenklage ist im Wirtschaftsrecht die →Klage gegen die
Gewährung einer →Subvention an einen Konkurrenten, durch die der
Kläger geltend macht, durch hoheitliches Handeln in seiner
Wettbewerbsstellung und damit seinen →Rechten verletzt zu sein, im
Arbeitsrecht K. die Klage eines nicht berücksichtigten
Stellenbewerbers, die zwischen dem Abschluss des
Bewerbungsverfahrens und der endgültigen Besetzung der Stelle
erhoben werden muss.
Lit.: Kernbach, K., Die Konkurrentenklage im Beamtenrecht 1995; Körber, T., Die
Konkurrentenklage im Fusionskontrollrecht, 1996; Zimmerling, W., Arbeitsrechtliche
Konkurrentenklage, 1999; Lausnicker, F./Schwirtzek, T., Die Konkurrentenklage im Arbeitsrecht,
NJW 2003, 2481
Konkurrenz ([F.] Zusammenlauf) ist der Wettbewerb. Insbesondere
betrifft die K. die Frage des Zusammentreffens von →Ansprüchen
(→Anspruchskonkurrenz) und von →Straftaten auf Grund einer
wenigstens teilweisen Gleichheit von Tatbeständen
(Straftatkonkurrenz). Dabei wird im Strafrecht unterschieden
zwischen →Gesetzeseinheit (unechter K. bzw. Gesetzeskonkurrenz,
scheinbarem Zusammentreffen [Spezialität, Subsidiarität,
Konsumtion]), →Tateinheit (Idealkonkurrenz, § 52 StGB) und
→Tatmehrheit (Realkonkurrenz, § 53 StGB). Bei Gesetzeseinheit
werden die miterfassten Straftatbestände verdrängt, bei Tateinheit
wird die Strafe der Vorschrift, welche die schwerste Strafe androht
(→Absorptionsprinzip), entnommen, bei Tatmehrheit mehreren
Strafvorschriften unter Bildung einer →Gesamtstrafe
(→Asperationsprinzip, →Kumulationsprinzip).
Lit.: Wegscheider, H., Echte und scheinbare Konkurrenz, 1980; Mitsch, W., Konkurrenzen im
Strafrecht, JuS 1993, 385
konkurrierend (Adj.) wettbewerblich, in Wettbewerb stehend
konkurrierende Bundesgesetzgebung →Bundesgesetzgebung,
konkurrierende
Konkurs ([M.] Zusammenlauf [der Gläubiger]) (§§ 1ff. KO) war bis
31. 12. 1998 das Verfahren zur gleichzeitigen und gleichmäßigen
Befriedigung aller →Gläubiger eines →Schuldners
(Gemeinschuldners) aus dessen →Vermögen, das wegen meist
fehlender Vermögensmasse zuletzt nur noch in einem Viertel aller
Fälle eröffnet wurde. →Insolvenz
Lit.: Kuhn, G./Uhlenbruck, W., Konkursordnung, 11. A. 1994; Hess, H., Kommentar zur
Konkursordnung, 6. A. 1998
Konnexität (§ 273 I BGB) ist die technische Bezeichnung dafür, dass
ein Anspruch und ein Gegenanspruch auf demselben rechtlichen
Verhältnis beruhen. Für K. genügt ein innerlich zusammengehöriges,
einheitliches Lebensverhältnis, ein innerer, natürlicher,
wirtschaftlicher Zusammenhang (z. B. nichtiger Vertrag). Die K. ist
Voraussetzung für das bürgerlich-rechtliche
→Zurückbehaltungsrecht.
Lit.: Lüpfert, J., Konnexität in EuGVÜ, 1997
Konnivenz (§ 357 StGB) ist die Verleitung eines Untergebenen zu
einer rechtswidrigen Tat im →Amt durch einen Vorgesetzten, das
Unternehmen der Verleitung oder das Geschehenlassen einer
rechtswidrigen Straftat im Amt durch den Vorgesetzten. Gegenüber
K. sind die allgemeinen Vorschriften über →Anstiftung und
→Beihilfe →subsidiär.
Lit.: Maiwald, M., Die Amtsdelikte, JuS 1977, 353
Konnossement ([N.] Anerkenntnis) (§§ 642ff. HGB) ist der
Seefrachtbrief, den der Verfrachter (Reeder) dem Ablader (Absender)
ausstellt und in dem der Verfrachter die Annahme der Güter
anerkennt und sich zur Auslieferung an den Inhaber der →Urkunde
verpflichtet. Das K. ist ein →Orderpapier. Es ist entweder
Übernahmekonnossement oder Bordkonnossement.
Lit.: Zeller, S., Die neue Skripturhaftung bei Konnossementen, 1994; Giermann, H., Die Haftung
des Verfrachters für Konnossementsangaben, 2000
Konrektor (M.) Mitrektor
Konsens (M.) Zustimmung, Übereinstimmung
Konsensprinzip ist der Grundsatz der Zustimmung. Formelles K.
(§ 19 GBO) ist der Grundsatz, dass die Eintragungsbewilligung des
durch eine Eintragung in das Grundbuch Belasteten die Grundlage der
Eintragung bildet, ohne dass auf den materiellen Konsens (inhaltliche
Übereinstimmung) im Rahmen der zugrundeliegenden
Rechtsgeschäfte (z. B. Kaufvertrag, Einigung) abgestellt wird.
Lit.: Demharter, GBO; Ertl, R., Antrag, Bewilligung und Einigung im Grundstücks- und
Grundbuchrecht, Rpfleger 1980, 41
Konsensualvertrag ist der →Vertrag, der auf der bloßen Übereinstimmung der Willenserklärungen
der Vertragsparteien (→Antrag, →Annahme) beruht, also beispielsweise keine zusätzliche
Schriftform oder Hingabe einer Sache erfordert.
konservativ (Adj.) bewahrend
Konsignation ist die →Kommission im Auslandsgeschäft, bei
welcher der Konsignant dem Konsignatar eine Ware gibt.
Konsiliator (oder Kommentator) ist in der Rechtsgeschichte der
spätmittelalterliche oberitalienische Jurist, der auf Grund des
römischen Rechts praktische Gutachten verfasste (früher
Postglossator) (z. B. Bartolus, Baldus).
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
Konsiliensammlung (F.) Gutachtensammlung
Konsistorium ist im katholischen Kirchenrecht die Vollversammlung
der →Kardinäle unter Vorsitz des →Papsts, im älteren evangelischen
Kirchenrecht die territoriale Kirchenbehörde.
Konskription (F.) Zusammenschreibung (zwecks Heranziehung zum
Kriegsdienst)
Konsolidation ([F.] Festigung) ist der Zusammenfall eines
beschränkten dinglichen →Rechts (an einem Grundstück) mit dem
Eigentum. Das beschränkte dingliche Recht (an →Grundstücken)
erlischt nicht durch K. (§ 889 BGB, →Eigentümerhypothek,
→Eigentümergrundschuld). Bei beweglichen Sachen erlischt das
beschränkte dingliche Recht meist (z. B. § 1256 BGB, →Konfusion).
Konsortium ([N.] Anteilsgemeinschaft) ist die
Gelegenheitsgesellschaft zur Erledigung vorübergehender
Einzelaufgaben (z. B. Bankenkonsortium zur Ausgabe einer Anleihe),
meist eine →Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.
Lit.: Schaub, B., Der Konsortialvertrag, 1991; Meo, de, Bankkonsortien, 1994
Konstitution (F.) Zusammensetzung, Festsetzung, Gesetz,
Verfassung
Konstitutionalismus ist die Staatsform, bei der das Staatsoberhaupt
durch eine (formelle) →Verfassung in seinen Rechten beschränkt ist
(z. B. konstitutionelle Monarchie im Gegensatz zur absoluten
Monarchie).
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
konstitutiv (Adj.) begründend, →Wirkung
Konstruktion (F.) Zusammenbau
Konstruktionsfehler ist der auf der Konstruktion oder
Zusammensetzung beruhende Fehler einer Sache (z. B. Unterwäsche
aus feuergefährlichem Stoff), für den der Hersteller einstehen muss.
→Produzentenhaftung, Produkthaftung
konstruktiv (Adj.) aufbauend
konstruktives Misstrauensvotum →Misstrauensvotum,
konstruktives
Konsul ist der – nicht mit der Stellung als →Gesandter versehene –
Vertreter eines →Staats in einem andern Staat. Der K. kann
Berufskonsul oder Honorarkonsul bzw. Wahlkonsul sowie
Generalkonsul, Konsul oder Vizekonsul sein und bedarf zur
Aufnahme seiner Tätigkeit des →Exequaturs. In der Rechtsgeschichte
ist K. der Höchstmagistrat der römischen Republik.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht; Hecker, G., Handbuch der konsularischen Praxis (Lbl.), hg. v. MüllerChorus, G., 2. A. 2003
Konsument (M.) →Verbraucher
Konsumtion (Verbrauch) ist der Fall der →Gesetzeseinheit
(Gesetzeskonkurrenz), der vorliegt, wenn ein Tatbestand in einem
andern Tatbestand zwar nicht notwendig enthalten ist, die eine Tat
aber regelmäßig und typischerweise mit der Begehung einer andern
zusammentrifft, so dass ihr Unrechtsgehalt und ihr Schuldgehalt
durch die schwerere Deliktsform miterfasst und aufgezehrt wird.
Unterschieden werden dabei mitbestrafte (straflose) →Nachtat (z. B.
Betrug mit anschließender Unterschlagung, Diebstahl mit
nachfolgender Sachbeschädigung) und typische Begleittat (z. B.
Einbruchsdiebstahl [§ 243 I S. 2 Nr. 1 StGB] und Hausfriedensbruch
[§ 123 StGB] sowie Sachbeschädigung [§ 303 StGB]).
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Krauss, D., Zum Begriff der straflosen Nachtat, GA 1965,
173
Kontakt ist die Berührung zweier Gegebenheiten. Geschäftlicher K.
(§ 311 II Nr. 3 BGB) oder geschäftliche Beziehung ist die in der
Ausführung mindestens begonnene Anbahnung von Verhandlungen
mit dem grundsätzlichen Ziel des Abschlusses eines
→Rechtsgeschäfts. Geschäftlicher K. ist eine mögliche
Voraussetzung eines →Anspruchs aus →culpa in contrahendo.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Kontaktsperre (§ 31 EGGVG) ist die Unterbrechung der Verbindung
eines Gefangenen mit der Außenwelt. Die Anordnung einer K. ist
(seit 1977) unter engen Voraussetzungen möglich. Diese sind von der
zuständigen Landesregierung oder der von ihr bestimmten obersten
Landesbehörde oder dem Bundesjustizminister festzustellen und
innerhalb von zwei Wochen vom zuständigen Oberlandesgericht oder
vom Bundesgerichtshof zu bestätigen.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Konterbande (F.) Kriegsgut, Schmuggelgut
Konterrevolution (F.) Gegenrevolution
Kontokorrent ([N.] laufende Rechnung) (§ 355 HGB) ist die
Geschäftsverbindung mit einem →Kaufmann (z. B. Inhaber einer
Bank), bei der die aus der Verbindung entspringenden beiderseitigen
→Ansprüche und →Leistungen nebst →Zinsen in Rechnung gestellt
und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und
Feststellung des für den einen oder andern Teil sich ergebenden
Überschusses (Saldo) ausgeglichen werden. Durch die Saldierung
werden die Einzelansprüche durch den einen Saldoanspruch ersetzt.
Im Einzelnen ist die Gestaltung des gesetzlich nur unvollkommen
geregelten Kontokurrents streitig.
Lit.: Maier, A., Das Kontokorrent, JuS 1988, 196; Römer, H., Die Auswirkungen des Kontokorrents
auf die Haftung ausgeschiedener Personenhandelsgesellschafter, 1991
Kontokorrentvorbehalt ist der →Eigentumsvorbehalt, der den
Erwerb des Eigentums davon abhängig macht, dass der Käufer alle
oder einen bestimmten Teil der gesamten aus der
Geschäftsverbindung stammenden →Forderungen beglichen hat.
kontrahieren (V.) zusammenziehen, abschließen, vereinbaren
Kontrahierungszwang →Abschlusszwang
Lit.: Busche, J., Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999;
Grüneklee, S., Der Kontrahierungszwang für Girokonten, 2001;
Cornils, M., Vertragsfreiheit und kartellrechtlicher
Kontrahierungszwang, NJW 2001, 3758
Kontratabularersitzung (§ 927 S. 1 BGB) ist die →Ersitzung des
→Eigentums an einem →Grundstück durch den nichteingetragenen
Eigenbesitzer entgegen der →Eintragung ([lat.] contra tabulas, gegen
die Bücher). Sie erfordert 30 Jahre →Eigenbesitz. Sie erfolgt durch
Ausschluss des Eingetragenen im Wege des →Aufgebotsverfahrens
und anschließende Eintragung des Eigenbesitzers als Eigentümer.
Kontrollrat (alliierter) ist das im Nachkriegsdeutschland vom
5. 6. 1945 bis 20. 3. 1948 tätige oberste, aus den vier Befehlshabern
der →Besatzungszonen gebildete, durch Auszug der Vertreter der
Sowjetunion auf Dauer beschlussunfähig gewordene Kontrollorgan
der →Besatzungsmächte.
Lit.: Mai, G., Der Alliierte Kontrollrat in Deutschland, 1995
Kontumazialverfahren (N.) Ungehorsamsverfahren,
Abwesenheitsverfahren, Versäumnisverfahren
Konvaleszenz ([F.] Gesundung, Heilung) ist das nachträgliche
Wirksamwerden eines nicht oder nicht voll wirksamen Geschäftes
(z. B. →Heilung oder →Bestätigung eines nichtigen Geschäfts,
Genehmigung →eines schwebend unwirksamen Geschäfts).
Lit.: Pletscher, U., Genehmigung und Konvaleszenz des Rechtsgeschäfts, Diss. jur. Mannheim
2000
Konvent (M.) Zusammenkunft, Vereinigung
Konvention (F.) Übereinkunft, Sitte
Konventionalscheidung (F.) Ehescheidung auf Grund vertraglicher
Übereinkunft
Konventionalstrafe (F.) →Vertragsstrafe
Konvention über den Rechtsschutz von Kindern ist die den
Kinderschutz betreffende, 1996 in Kraft getretene →Konvention der
Mitgliedstaaten des →Europarats.
Konvention zum Schutz der Menschenrechte →Europäische
Konvention
Konversion (F.) Umwendung, →Umdeutung
Lit.: Krampe, C., Die Konversion des Rechtsgeschäfts, 1980
Konvertibilität (F.) Umtauschbarkeit
Konzentration (Verdichtung, Zusammenfassung) ist im Schuldrecht
der Vorgang, der die Umwandlung einer →Gattungsschuld in eine
→Stückschuld bewirkt (→Konkretisierung), im Wirtschaftsrecht die
Vereinigung von mehreren kleineren →Unternehmen zu wenigeren
größeren Unternehmen, im Verwaltungsrecht die Zusammenfassung
von Zuständigkeiten in einer →Verwaltungsbehörde und im
Verfahrensrecht die Beschränkung einer Streitsache auf möglichst
einen →Verhandlungstermin.
Konzern (§ 18 AktG) ist die unter Wahrung der rechtlichen
Selbständigkeit erfolgende Zusammenfassung eines herrschenden und
eines oder mehrerer abhängiger →Unternehmen
(Unterordnungskonzern) oder mehrerer rechtlich selbständiger, nicht
von einander abhängiger Unternehmen (Gleichordnungskonzern)
unter einheitlicher Leitung. Der K. ist ein verbundenes Unternehmen
(§ 15 AktG). Es gelten die §§ 291ff. AktG.
Lit.: Emmerich, Kartellrecht; Milde, T., Der Gleichordnungskonzern, 1996; Altmeppen, H., Die
Haftung des Managers im Konzern, 1998; Heitzer, E., Konzerne im europäischen
Wettbewerbsrecht, 1999; Konzernsteuerrecht, hg. v. Kessler, W. u. a., 2004
Konzernrecht ist die Gesamtheit der den →Konzern betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Emmerich, V./Sonnenschein, J./Habersack, M., Konzernrecht, 7. A. 2001; Emmerich,
V./Habersack, M., Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. A. 2003; Timm, W., Grundfälle zum
Konzernrecht, JuS 1999, 553; Konzernrecht und Kapitalmarktrecht, hg. v. Hommelhoff, P. u. a.,
2001; Kuhlmann, J./Ahnis, E., Konzernrecht, 2001; Henze, H., Konzernrecht, 2001
Konzernvorbehalt ist der →Eigentumsvorbehalt, der den Erwerb des
Eigentums davon abhängig macht, dass der Käufer alle
→Forderungen des →Konzerns des Vorbehaltseigentümers beglichen
hat.
Konzession ([F.] Zugeständnis, Erlaubnis) ist vielfach eine besondere
behördliche →Erlaubnis, insbesondere zur Aufnahme bestimmter
gewerblicher Tätigkeiten.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Konzessionsabgabe ist die →Abgabe für eine →Konzession.
Lit.: Feuerborn, A./Riechmann, V., Verordnung über Konzessionsabgaben für Strom und Gas, 1994
Konzessionssystem ist das im 19. Jh. geltende System, das die
Entstehung einer juristischen →Person von einer staatlichen
Verleihung (→Konzession, →Erlaubnis, →Genehmigung) abhängig
macht. Es wurde durch das liberale System der
→Normativbestimmungen ersetzt.
Lit.: Köhler, BGB Allgemeiner Teil
Konzil ([N.] Versammlung) ist im katholischen →Kirchenrecht ein
kollegiales, nichtständiges Organ zur Behandlung kirchlicher
Angelegenheiten (Bischofsversammlung).
Kopieren →Fotokopieren
Körper ist allgemein ein räumlich begrenzter Gegenstand. Der K. des
Menschen ist die Gesamtheit seiner Knochenteile und Weichteile,
einschließlich aller festverbundenen künstlichen Körperteile als eine
Einheit. Seine Verletzung kann Schadensersatzansprüche begründen
und strafbar machen.
Lit.: Taupitz, J., Der deliktsrechtliche Schutz des menschlichen Körpers und seiner Teile, NJW
1995, 745
körperlich (Adj.) einen Körper betreffend, räumlich abgrenzbar
körperliche Misshandlung →Misshandlung, körperliche
Körperschaft ist die mitgliedschaftlich verfasste, vom Wechsel der
→Mitglieder unabhängige Personenvereinigung (z. B. Verein). Im
Verwaltungsrecht ist K. der mitgliedschaftlich verfasste, vom
Wechsel der Mitglieder unabhängige, mit →Hoheitsgewalt
ausgestattete Verwaltungsträger. Die öffentlich-rechtliche K. ist
grundsätzlich juristische →Person des öffentlichen →Rechts. Je nach
der Abgrenzung der Mitgliedschaft kann sie →Gebietskörperschaft
(z. B. Gemeinde), →Realkörperschaft (z. B. Jagdgenossenschaft),
→Personalkörperschaft (z. B. Ärztekammer) oder
→Verbandskörperschaft (z. B. →Zweckverband) sein. Nicht K. sind
(zweifelhaft) z. B. (wegen mangelnder Loyalitätspflicht gegenüber
dem Staat) die Zeugen Jehovas.
Lit.: Flume, W., Die juristische Person, 1983; Bohl, E., Der öffentlich-rechtliche
Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaften, 2001
Körperschaftsteuer (§§ 1ff. KStG) ist die →Einkommensteuer der
→Körperschaften und ihnen gleichgestellten juristischen →Personen
(Kapitalgesellschaft, Genossenschaft, Versicherungsverein auf
Gegenseitigkeit, sonstige juristische Personen des privaten Rechts,
nichtrechtsfähiger Verein, Anstalt, Stiftung, Zweckvermögen,
gewerbliche Betriebe öffentlicher Körperschaften). Zu versteuern ist
das →Einkommen, das nach dem Körperschaftsteuergesetz und dem
Einkommensteuergesetz ermittelt wird. Die K. beträgt 25 Prozent
(2003 26,5 Prozent). Ausschüttungen werden auf Ebene der
Gesellschaft nur zur Hälfte bei der Besteuerung erfasst.
Lit.: Körperschaftsteuerrecht, hg. v. Streck, M., 15. A. 2004; Lange, J./Reiß, W., Lehrbuch der
Körperschaftsteuer, 8. A. 1996; Kießling, H./Pelikan, H., Körperschaftsteuer, 14. A. 1995;
Cattelaens, H. u. a., Körperschaftsteuer, 13. A. 2002; Haas, H., Körperschaftsteuer, 6. A. 2001;
Blümich, W., Einkommensteuergesetz (Lbl.), 80. A. 2003; Handbuch zur
Körperschaftsteuerveranlagung 2003, 2004; Heidelberger Kommentar zum
Körperschaftsteuergesetz, hg. v. Erle, B. u. a., 2003; Körperschaftsteuergesetz, hg. v. Streck, M., 6.
A. 2003
Körperverletzung ist im Schuldrecht (§ 823 I BGB) der äußere
Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, im Strafrecht (§ 223 StGB)
die körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung eines
Menschen (möglich z. B. bei unnötigem Röntgen). Die K. kann einen
→Schadensersatzanspruch bzw. eine Bestrafung (Freiheitsstrafe bis
zu 5 Jahren oder Geldstrafe, Versuch strafbar) nach sich ziehen.
Gefährliche K. (§ 224 StGB) ist die durch Beibringung von Gift oder
andern gesundheitsschädlichen Stoffen, mittels einer →Waffe,
insbesondere eines Messers oder eines andern gefährlichen
Werkzeugs, mittels eines hinterlistigen Überfalls, mit einem andern
Beteiligten gemeinschaftlich oder mittels einer das Leben
gefährdenden Behandlung begangene K. Schwere K. (§ 226 StGB) ist
die K., die zur Folge hat, dass der Verletzte ein wichtiges Glied seines
Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann, das
Sehvermögen auf mindestens einem Auge, das Gehör, das
Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert, in
erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung
oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt. Strafbar sind auch
K. mit Todesfolge (Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, § 227
StGB) und fahrlässige Körperverletzung (Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe, § 229 StGB). Fahrlässige K. und einfache
vorsätzliche K. werden grundsätzlich nur auf Antrag bestraft (§ 230
StGB).
Lit.: Heinrich, M., Die gefährliche Körperverletzung, 1993; Wolters, G., Die Neufassung der
Körperverletzungsdelikte, JuS 1998, 582; Niedermair, H., Körperverletzung mit Einwilligung, 1999
Korporation (F.) Körperschaft
korrespektiv (Adj.) →wechselbezüglich
korrespektives Testament →Testament, korrespektives
Korrespondenz (F.) Mitteilungsgemeinschaft, Briefwechsel
Korrespondenzgeheimnis (Art. 10 GG) ist die die Tatsache und den
Inhalt von Briefen, Ferngesprächen, Fernschreiben, Telegrammen und
allen Postsendungen schützende Geheimhaltungspflicht (
→Briefgeheimnis, →Postgeheimnis, →Fernmeldegeheimnis). Der
Schutz besteht im →Verbot staatlicher Übergriffe und im →Gebot
staatlichen Schutzes gegen Übergriffe Dritter. Das K. unterliegt nach
Art. 10 II GG einem →Gesetzesvorbehalt.
Korruption (F.) (zu lat. corruptio [F.] Verderbnis, Verderben,
Verdorbensein) ist im weiteren Sinn eine allgemeine Bezeichnung für
oft sehr subtil gestaltete, elegant maskierte rechtswidrige
Gegebenheiten (z. B. Duldung und Förderung von Lügnern,
Schmierern, Fälschern, Betrügern und Hochstaplern im öffentlichen
Dienst, Sittenverfall, Rechtsbruch), im engeren Sinn für die in der
Form der →Bestechung und der →Bestechlichkeit strafbaren
Sachverhalte. K. ist bedingungslos zu bekämpfen, so sehr die
korrupten Beteiligten auch durch kollusive Gegenwehr das Recht zu
schädigen versuchen. Sie schadet in jedem Fall der Allgemeinheit.
Einen besonderen Straftatbestand der K. gibt es nicht. Zum 15. 2.
1999 sind das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der
Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen
Geschäftsverkehr und das Gesetz zur Bekämpfung internationaler
Bestechung in Kraft getreten.
Lit.: Korte, M., Kampfansage an die Korruption, NJW 1997, 2556; Überhoven, M., Korruption und
Bestechungsdelikte, 1999; Korruption, hg. v. Pieth, M., 1999; Bannenberg, B./Schaupensteiner, W.,
Korruption in Deutschland. Portrait einer Wachstumsbranche, 2004
Kostbarkeit (§ 372 BGB) ist die kleine Sache von großem Wert. Sie
ist hinterlegungsfähig. Durch Hinterlegung kann der Schuldner frei
werden.
Kosten (F. Pl. von Kost) sind allgemein die Werte, die für die
Beschaffung oder Herstellung eines Guts aufgewendet werden.
Rechtlich sind besonders bedeutsam die K. einer Leistung der
Verwaltung (→Gebühr) oder eines Gerichts (gerichtliche K.,
→Gerichtskosten) oder eines sonstigen Organs der Rechtspflege oder
einer Partei (außergerichtliche K.). Die K. eines Rechtsstreits hat
grundsätzlich die unterliegende →Partei zu tragen (§§ 91ff. ZPO),
doch entscheidet im Einzelfall das →Gericht. Werden die K. zweier
Parteien gegeneinander aufgehoben, so trägt jede Partei ihre eigenen
außergerichtlichen K. und die Hälfte der gerichtlichen K.
Lit.: Hartmann, P., Kostengesetze, 33. A. 2004; Lappe, F., Justizkostenrecht, 2. A. 1995; Lappe, F.,
Kostenrechtsprechung, 4. A. 1995; Olivet, C., Die Kostenverteilung im Zivilurteil, 3. A. 1996;
Kostenübersichtstabellen, hg. v. Schmeckenbecher, M., 20. A. 2004; Langenberg, H.,
Betriebskostenrecht, 3. A. 2002; Hünnekens, H., Kostenabwicklung, 2. A. 1998; Loibl, Die
Baumbachsche Kostenformel, JA 1998, 56; Hensen, Die Kostenlast beim Zug-um-Zug-Urteil, NJW
1999, 395
Kostendeckungsprinzip ist der Grundsatz, dass die Gesamtheit der
→Gebühren für bestimmte →Leistungen der →Verwaltung die
Gesamtheit der Aufwendungen in diesem Verwaltungszweig nicht
übersteigen darf. Das K. gilt meist auf Grund ausdrücklicher
gesetzlicher Anordnung. Es folgt aber nicht schon aus dem Wesen der
Gebühr. Außerdem lässt es der Behörde einen gewissen Spielraum.
Für die einzelne Gebühr gilt das →Äquivalenzprinzip.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Kostenentscheidung ist die von Amts wegen zu treffende
Entscheidung über die Tragung der gerichtlichen →Kosten. Sie ist in
der Regel Bestandteil der Entscheidung in der Hauptsache. Sie kann
grundsätzlich nicht selbständig angegriffen werden.
Lit.: Schröer, Die Kostenentscheidung, JA 1990, Übungsblätter für Referendare 15; StegemannBockl, Die Baumbachsche Formel in der Kostengrundentscheidung, JuS 1991, 320;
Viefhues/Viefhues, Kostenentscheidungen und Sicherheitsleistungen, JuS 1992, 944
Kostenfestsetzung (z. B. §§ 103ff. ZPO) ist die auf Antrag des
Berechtigten erfolgende förmliche Festlegung der ihm tatsächlich
vom Gegner zu erstattenden →Kosten. Das Gesuch um K. ist bei der
→Geschäftsstelle des →Gerichts des ersten →Rechtszugs
anzubringen. Für die Entscheidung ist der →Rechtspfleger zuständig.
Lit.: Eicken, K. v./Hellstab, H./Lappe, F./Madert, W., Die Kostenfestsetzung, 18. A. 2003
Kostenfestsetzungsbeschluss (z. B. § 104 ZPO) ist der durch den
→Urkundsbeamten der →Geschäftsstelle getroffene Beschluss über
die Höhe der einer Partei zu erstattenden →Kosten. Gegen den K. ist
eine sofortige Beschwerde zulässig.
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO; Eicken, K. v./Lappe, F./Madert, W., Die Kostenfestsetzung, 18. A. 2003
Kostenordnung ist das die →Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
regelnde Gesetz.
Lit.: Korintenberg, W./Lappe, F./Bengel, M. u. a., Kostenordnung, 15. A. 2002; Assenmacher,
H/Mathias, W., Kostenordnung, 15. A. 2003; Waldner, W., Die Kostenordnung, 6. A. 2002
Kostenrechnung (§§ 49ff. GKG, 2ff. KostO) ist die dem zur Tragung
der Kosten Verurteilten von der →Geschäftsstelle erteilte Rechnung
über die von ihm zu zahlenden →Gerichtskosten. Die eventuell
erforderliche Erzwingung der Begleichung erfolgt nach der
→Justizbeitreibungsordnung.
Lit.: Hartmann, P., Kostengesetze, 33. A. 2004; Zimmermann, G., Grundzüge der Kostenrechnung,
8. A. 2001
Kostenrecht ist die Gesamtheit der die Kosten betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Deubner, G., Wegweiser in das Kostenrecht des Zivilprozesses,
JuS 1989, 905; Bundeskostengesetze, 24. A. 2003; Mutschler, B.,
Kostenrecht in öffentlichrechtlichen Streitigkeiten, 2003; Petzold,
R./Seltmann, J. v., Das neue Kostenrecht GKG, JVEG, RVG, 2004;
Schaefer, R., Das neue Kostenrecht in Arbeitssachen, 2004
Kraftfahrt ist die Fahrt mit einem Kraftfahrzeug.
Kraftfahrtbundesamt ist die oberste Bundesbehörde für den
Straßenverkehr mit Sitz in Flensburg.
Lit.: Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht
Kraftfahrtversicherung →Kraftfahrzeugversicherung
Kraftfahrzeug (§ 1 II StVG) ist das ohne Bindung an Bahngleise
durch Maschinenkraft bewegte Landfahrzeug. Ein K. muss zum
Betrieb auf öffentlichen Wegen oder Plätzen von der zuständigen
→Behörde besonders →zugelassen werden. Hierfür gelten das
Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrszulassungsordnung.
Für den öffentlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen sind besondere
Regeln in der →Straßenverkehrsordnung aufgestellt. Für Schäden
Dritter, die beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstehen (z. B. durch
Verursachen einer Ausweichbewegung eines Radfahrers, durch
Verschmutzen einer Fahrbahn, durch Zerstören eines
Weidegeländetors), hat der →Kraftfahrzeughalter auf Grund einer
→Gefährdungshaftung einzustehen (§ 7 StVG), daneben auch der
Fahrzeugführer, der nicht nachweisen kann, dass der →Schaden nicht
durch sein →Verschulden verursacht ist (§ 18 StVG).
Lit.: Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht; Becker, H./Böhme, K., Kraftverkehrs-HaftpflichtSchäden, 22. A. 2002; Schieferdecker, B., Die Entfernung von Kraftfahrzeugen, 1998; Engel,
J./Paul, D., Handbuch Kraftfahrzeugleasing, 2000; Ensthaler, J./Funk, M./Stopper, M., Handbuch
des Automobilvertriebsrechts, 2003
Kraftfahrzeugbrief (§ 25 StVZO, Fahrzeugbrief) ist die (auf Grund
einer allgemeinen Betriebserlaubnis für Typen) vom
Fahrzeughersteller ausgefüllte →Urkunde, in der ein bestimmtes
→Kraftfahrzeug beschrieben und weiter bescheinigt wird, dass das
Fahrzeug den geltenden Bestimmungen entspricht. Der vom
→Kraftfahrzeugschein zu unterscheidende K. dient der Sicherung von
Rechten am Kraftfahrzeug. Er ist kein →Wertpapier.
Lit.: Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht
Kraftfahrzeughalter (§ 7 StVG) ist, wer das →Kraftfahrzeug für
eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt, die ein
solcher Gebrauch voraussetzt, über das Kraftfahrzeug hat. Der K.
braucht nicht →Eigentümer des Kraftfahrzeugs zu sein. Er haftet nach
§ 7 StVG aus →Gefährdungshaftung für →Schäden Dritter beim
Betrieb des Kraftfahrzeugs (ausgenommen höhere Gewalt).
Lit.: Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht
Kraftfahrzeugschein (§ 24 StVZO, Fahrzeugschein) ist →die
Urkunde über die behördliche →Zulassung des einzelnen
→Kraftfahrzeugs zum Betrieb auf öffentlichen Wegen und Plätzen.
Vor der Zulassung ist der Abschluss einer →Haftpflichtversicherung
über mindestens 250000 Euro nachzuweisen. Der K. ist vom
→Kraftfahrzeugbrief zu unterscheiden.
Lit.: Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht
Kraftfahrzeugsteuer (§ 1 KraftStG) ist die für das Halten eines
→Kraftfahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen erhobene
→Steuer.
Lit.: Egly, H./Mößlang, G., Kraftfahrzeugsteuerkommentar, 3. A. 1980; Teß, W., Die Veranlagung,
7. A. 2003
Kraftfahrzeugversicherung ist die →Kraftfahrzeuge betreffende
Privatversicherung. Sie ist weitgehend →Haftpflichtversicherung. Als
solche betrifft sie die mit dem Kraftfahrzeug verursachten Schäden
Dritter.
Lit.: Stiefel, E./Hofmann, E., Kraftfahrtversicherung, 17. A. 2000; Bauer, G., Die
Kraftfahrtversicherung, 5. A. 2002; Becker, H./Böhme, K/Biele, A.,
Kraftverkehrshaftpflichtschäden, 22. A. 2002; Feyock, H. u. a., Kraftfahrtversicherung, 2. A. 2002;
Müringer, A., Der Kraftfahrtversicherungsvertrag, 1999; Maier, K./Biela, A., Die
Kraftfahrthaftpflichtversicherung, 2001
Kraftverkehrsordnung
Lit.: Willenberg, J., Kraftverkehrsordnung, 4. A. 1991; Kraftverkehrsordnung von A–Z (Lbl.), hg.
v. Weigelt, W., 3. A. 1991
krank (Adj.) in der Gesundheit beeinträchtigt, mit vom Durchschnitt
ungünstig abweichenden Störungen der Lebensvorgänge versehen,
→Krankheit
Krankengeld ist im Sozialrecht die von den gesetzlichen
→Krankenkassen aufgrund der →Krankenversicherung an den
erkrankten →Arbeitnehmer gewährte Geldleistung zur Deckung des
Verdienstausfalls. Da der →Arbeitgeber i. d. R. für die ersten
Wochen der Erkrankung zur Fortzahlung von →Entgelt verpflichtet
ist, gewinnt der →Anspruch auf K. erst Bedeutung, wenn die Dauer
der Erkrankung diesen Zeitraum übersteigt. Die Höhe des
Krankengelds beträgt 80% des Regellohns (§ 47 SGB V).
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Geyer, K./Knorr, G./Krasney, O.,
Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld (Lbl.), 7. A. 1996; Gerlach, H., Das
Krankengeld, 7. A. 1997
Krankenhaus (§ 2 Nr. 1 KHG) ist die Einrichtung, in der durch
ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder
Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen und
in der die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt
werden können. Verbleibt ein Patient trotz Unterrichtung über das
Ende der Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse im
K., so kann trotz Widerspruchs gegen die Zahlungspflicht durch das
konkludente Verhalten des Verbleibens im K. ein
Krankenhausbehandlungsvertrag in Betracht kommen.
Lit.: Krankenhausrecht, 2. A. 2004; Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Deutsch, E., Das
Organisationsverschulden des Krankenhausträgers, NJW 2000, 1745; Buse, H., Geeignete
Rechtsformen für kommunale Krankenhäuser, 2000; Tuschen, K., Bundespflegesatzverordnung, 5.
A. 2001
Krankenkasse ist der Träger sozialer →Krankenversicherung. Die K.
ist eine öffentlich-rechtliche →Selbstverwaltungskörperschaft mit
einer Vertreterversammlung, einem Vorstand und einer
Geschäftsführung als Organ. Sie kann allgemeine Ortskrankenkasse,
Innungskrankenkasse, Betriebskrankenkasse, landwirtschaftliche K.,
knappschaftliche K., Seekrankenkasse oder →Ersatzkasse sein. (In
Deutschland bestanden 1999 rund 770 Krankenkassen.)
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Brinkschulte, E., Krankenhaus und Krankenkassen,
1998
Krankenschein ist die von einer →Krankenversicherung einem
Versicherten zur Vorlage beim →Kassenarzt ausgestellte
Bescheinigung über den Anspruch auf Krankenhilfe. Für jedes
Kalendervierteljahr wird grundsätzlich nur ein K. ausgestellt. Der K.
dient als Grundlage für die Abrechnung der Krankheitskosten
zwischen Arzt und Krankenkasse.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Eberle, G., Krankenschein-Ausgabesysteme, 1980
Krankenversicherung ist die →Versicherung gegen Krankheit. Im
Verwaltungsrecht ist die (soziale) K. die Versicherung gegen Kosten
aus Krankheit, Mutterschaft und Tod. Sie ist ein Zweig der
→Sozialversicherung, für den SGB V gilt. Versicherungspflichtig
sind alle →Arbeitnehmer mit einem Jahresverdienst bis zu 75% der
für die Rentenversicherung geltenden →Beitragsbemessungsgrenze,
→Arbeitslose, Rentner, Lehrlinge und gewisse Selbständige sowie
Studenten, soweit sie nicht als Familienangehörige Anspruch auf
Familienhilfe haben oder durch eine private Krankenversicherung
ausreichend geschützt sind. Die K. gewährt Krankenhilfe,
Mutterschaftshilfe, Sterbegeld und Familienhilfe. Die private K.
beruht auf einem →Versicherungsvertrag zwischen einem
Versicherten und einem →Versicherer. Der Versicherte leistet bei ihr
unmittelbar z. B. an den Arzt und erhält die Kosten vom Versicherer
satzungsgemäß erstattet. (In Deutschland waren 1995 rund 88,5% der
Bevölkerung in der gesetzlichen K., 9,0% in einer privaten K., 2,4%
in sonstigen staatlichen Krankenschutzeinrichtungen versichert und
nur 0,1% ohne Krankenversicherungsschutz.)
Lit.: Aichberger, F., Gesetzliche Krankenversicherung, Soziale Pflegeversicherung (Lbl.), 5. A.
2002; SGB V Gesetzliche Krankenversicherung, 11. A. 2002; Bach, P./Moser, H., Private
Krankenversicherung, 3. A. 2002; Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung (Lbl.), hg. v.
Krauskopf, D., 46. A. 2003; Straub, V., Gesetzliche Krankenversicherung, 2. A. 1999; Cramer, D.,
Der medizinische Dienst der Krankenversicherung, 1998; Merkens, G./Birkelen, W. v., Gesetzliche
oder private Krankenversicherung, 2. A. 1998; Muckel, S., Das Krankenversicherungsrecht in der
ständigen Reform, JuS 1999, 946; Urteilssammlung für die gesetzliche Krankenversicherung –
USK (CD-ROM); Gesetzliche Krankenversicherung, hg. v. Kruse, J./Hänlein, A., 2. A. 2003;
Hiddemann, T., Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, NJW 2004,
7
Krankheit ist der regelwidrige Körperzustand oder Geisteszustand,
der ärztlicher Behandlung bedarf (oder bzw. und Arbeitsunfähigkeit
zur Folge hat). Die K. löst Ansprüche aus der →Krankenversicherung
aus. Im Arbeitsrecht entsteht ein Anspruch auf →Fortzahlung von
→Entgelt, doch kann der Arbeitgeber mittlerer oder kleiner
Unternehmen bei lang dauernder K. eines Arbeitnehmers diesem
gegebenenfalls auch kündigen. Ist die K. von einem Dritten
verursacht worden, kommt ein Anspruch auf →Schadensersatz gegen
den Dritten in Betracht.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Peter, J., Das Recht auf Einsicht in
Krankenunterlagen, 1989; Bauer, J. u. a., Krankheit im Arbeitsverhältnis, 2. A. 1996; Dodegge,
G./Zimmermann, W., Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten, 2000
Kreation (F.) Schaffung, Erschaffung, Ausstellung
Kreationstheorie ist die auf die Kreation abstellende Theorie über
die Entstehung der Verpflichtung (im Wertpapierrecht). Sie nimmt an,
dass die →Verpflichtung aus einem →Wertpapier mit der bloßen
Ausstellung (Kreation) des Papiers entsteht. Dabei wird der Schutz
des →Ausstellers zu wenig beachtet.
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Kredit ist die zeitweise Überlassung von eigenen Mitteln an einen
andern zur wirtschaftlichen Verwertung (z. B. Darlehen, s. a. §§ 19
KWG, 265b III StGB). Die Gewährung von K. geschieht zumeist im
Rahmen eines schuldrechtlichen →Rechtsgeschäfts. Nach der
Ausgestaltung im Einzelnen können verschiedene Arten von K.
unterschieden werden (z. B. Personalkredit, Realkredit, Akzeptkredit,
Verbraucherkredit u. a.).
Lit.: Köndgen, J., Gewährung und Abwicklung grundpfandrechtlich gesicherter Kredite, 3. A. 1994;
Lauer, J., Notleidender Kredit, 3. A. 1998; Europäisches Recht der Kreditwirtschaft, koord. v.
Heegemann, V., 1999
Kreditauftrag (§ 778 BGB) ist der Auftrag an eine andere Person, im
eigenen Namen und auf eigene Rechnung einem Dritten Kredit
(Darlehen oder Finanzierungshilfe) zu geben. Der K. ist ein Auftrag.
Er führt zur Haftung des Auftraggebers als →Bürge für die
entstehende Verbindlichkeit.
Lit.: Frese, J., Der Kreditauftrag, 1966
Kreditbetrug (§ 265b StGB) ist die falsche Angabe wirtschaftlicher
Verhältnisse gegenüber einem andern Unternehmen anlässlich der
Gewährung, Belassung oder Veränderung der Bedingungen eines
Kredits für ein Unternehmen.
Lit.: Lampe, E., Der Kreditbetrug, 1980
Kreditbrief ist die →Anweisung (§ 783 BGB), bei welcher der
Aussteller (Anweisende) eine andere Person (Anweisungsempfänger)
ermächtigt, bei dem Angewiesenen für Rechnung des Anweisenden
unter Vorzeigung des Briefs Geldbeträge bis zu einem Höchstbetrag
zu erheben (z. B. Reisekreditbrief).
Kreditgeber ist eine Person, die in Ausübung ihrer gewerblichen
oder beruflichen Tätigkeit einen →Kredit gewährt (Darlehensgeber §
491 BGB).
Kreditinstitut (§ 1 KWG) ist ein Unternehmen, das Bankgeschäfte
gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreibt, der einen in
kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert
(ausgenommen aber z. B. Bundesbank § 2 KWG). Der Betrieb eines
Kreditinstituts bedarf der →Erlaubnis des Bundesaufsichtsamtes für
das Kreditwesen. Der Betreiber ist Kaufmann.
Lit.: Lehnhoff, J./Mielk, H., Gesetz über das Kreditwesen, 3. A. 1998
Kreditkarte ist die von einem →Aussteller ausgestellte →Urkunde,
die den →Inhaber berechtigt, bei bestimmten (angeschlossenen)
Personen eine Leistung ohne sofortige Gegenleistung in Anspruch zu
nehmen. Über die dabei entstehenden Darlehen wird periodisch
abgerechnet. Die K. beruht auf einem Rechtsgeschäft zwischen
Aussteller und Empfänger.
Lit.: Pense, J., Kreditkartenbedingungen, 1998; Pichler, R., Kreditkartenzahlungen im Internet,
NJW 1998, 3234; Meder, S., Die Haftung im beleglosen Fernabsatz-Kreditkartengeschäft, NJW
2000, 2076; Kienholz, G., Die Zahlung mit Kreditkarte, 2000; Schnauder, F., Risikozuordnung bei
unbefugter Kreditkartenzahlung, NJW 2003, 849
Kreditkauf ist der →Kauf, bei dem der Kaufpreis nicht sofort bezahlt
wird (Barkauf), sondern als Kredit belassen wird.
Lit.: Hopt, K./Mülbert, P., Kreditrecht, 1989
Kreditsicherung ist die Sicherung eines →Kredits durch
Rechtsgeschäft (z. B. Bürgschaft, Pfandrecht, Hypothek,
Grundschuld, Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung).
Lit.: Bülow, P., Recht der Kreditsicherheiten, 6. A. 2003; Das Recht der Kreditsicherung, hg. v.
Lwowski, H., 8. A. 2000; Reinicke, D./Tiedtke, K., Kreditsicherung, 4. A. 2000; Wilmowsky, P. v.,
Europäisches Kreditsicherungsrecht, 1996; Weber, H., Kreditsicherheiten, 7. A. 2002; Gaberdiel,
H., Kreditsicherung durch Grundschulden, 6. A. 2000; Lwowski, J./Merkel, H., Kreditsicherheiten,
8. A. 2003
Kreditvermittlungsvertrag oder Darlehensvermittlungsvertrag (§§
655aff. BGB) ist der schriftformbedürftige Vertrag (Maklervertrag),
nach dem ein Unternehmer es unternimmt, einem Verbraucher gegen
Entgelt einen Verbraucherdarlehensvertrag zu vermitteln oder ihm die
Gelegenheit zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags
nachzuweisen.
Kreditvertrag ist der Vertrag, durch den ein Kreditgeber einem
Verbraucher einen entgeltlichen Kredit in Form eines Darlehens,
eines Zahlungsaufschubs oder einer sonstigen Finanzierungshilfe
gewährt oder zu gewähren (Verbraucherdarlehensvertrag) verspricht.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Kreditwesengesetz ist das das Kreditwesen ordnende Gesetz.
Lit.: Kreditwesengesetz (Lbl.), hg. v. Consbruch, J./Möller, A./Bähre, I./Schneider, M., 69. A. 2003;
Szagunn/Haug/Ergenzinger, Gesetz über das Kreditwesen, 6. A. 1997; Nirk, R., Das
Kreditwesengesetz, 11. A. 1999; Gesetz über das Kreditwesen (Lbl.), hg. v. Consbruch, J. u. a.,
13. A. 2002; Schork, L., Gesetz über das Kreditwesen, 21. A. 2001; Lehnhoff, J./Mielk, H., Gesetz
über das Kreditwesen, 3. A. 1998; KWG-Kommentar, hg. v. Boos, K. u. a., 2000; Reischauer,
F./Kleinhans, J., Kreditwesengesetz (Lbl.), 2003; Schlette, V., Grundlinien des
Kreditwirtschaftsrechts, JuS 2001, 1151
Kreditwucher →Leistungswucher
Kreis ist die kleinere →Gebietskörperschaft, die eine Mehrzahl von
→Gemeinden zur Erledigung gemeinsamer Aufgaben (z. B.
öffentlicher Sicherheit und Ordnung, Bauaufsicht) in der Form der
→Selbstverwaltung zusammenfasst (, wobei das Verhältnis von Kreis
und Gemeinden im Einzelnen umstritten ist). Organe des Kreises sind
→Kreistag, →Kreisausschuss und →Landrat. Daneben ist der K.
zugleich unterer staatlicher Verwaltungsbezirk, so dass der Landrat
gleichzeitig kommunale Aufgaben und staatliche Aufgaben
wahrnimmt.
Lit.: Schmidt-Eichstaedt, G./Stade, I./Borchmann, M., Die Gemeindeordnungen und
Kreisordnungen in der Bundesrepublik Deutschland, (Lbl.); Seele, G., Die Kreise in der
Bundesrepublik Deutschland, 1990; Kreisrecht, hg. v. Henneke, H., 1994
Kreisausschuss ist das kollegiale, vollziehende Verwaltungsorgan
des →Kreises. Der K. vertritt den Kreis, bereitet die Beschlüsse des
Kreistags vor und vollzieht sie. Er besteht aus dem →Landrat und
mehreren vom Kreistag gewählten Kreisbeigeordneten.
Lit.: Scholler, H., Grundzüge des Kommunalrechts in der Bundesrepublik Deutschland, 4. A. 1990;
Kreisrecht, hg. v. Henneke, H., 1994
Kreisfrei ist im Verwaltungsrecht eine Eigenschaft einer
→Gemeinde, die im Fehlen der Zugehörigkeit zu einem →Kreis
besteht (bestimmte große Städte wie Düsseldorf, Frankfurt am Main,
München, Nürnberg, Stuttgart). Die kreisfreie Stadt nimmt in ihrem
Gebiet außer ihren Selbstverwaltungsaufgaben auch die Aufgaben des
Kreises und der unteren staatlichen →Verwaltungsbehörde wahr. Sie
unterliegt insoweit der →Aufsicht der höheren Verwaltungsbehörde.
Lit.: Schmidt-Jortzig, E., Kommunalrecht, 1982
Kreislaufwirtschaftsrecht ist die Gesamtheit der der
Wiederverwertung von →Abfall dienenden Rechtssätze.
Lit.: Fritsch, K., Das neue Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, 1996; Jarass, H./Ruchay,
D./Weidemann, C., Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (Lbl.), 12. A. 2003; Kunig, P./Paetow,
S./Versteyl, L., Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 2. A. 2003; Frenz, W., Kreislaufwirtschafts-
und Abfallgesetz, 2. A. 1998; Queitsch, P., Das kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 2. A. 1999;
Kunig, P./Paetow, S./Versteyl, L., Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 2. A. 2003
Kreisordnung ist das (staatliche,) →Kreise betreffende
Landesgesetz.
Lit.: Kreisrecht, hg. v. Henneke, H., 1994
Kreistag ist das das Kreisrecht beschließende (, willensbildende)
Verwaltungsorgan des →Kreises. Gemäß Art. 28 I 2 GG muss der K.
aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen
→Wahlen hervorgegangen sein. Als Vertretungskörperschaft sind
ihm die Entscheidungen grundsätzlicher Art vorbehalten (z. B.
Änderung der Kreissatzung, Feststellung des Kreishaushalts,
Bestellung des Hauptverwaltungsbeamten). In einigen Ländern steht
statt des Hauptverwaltungsbeamten ein besonders gewählter
Vorsitzender dem K. vor.
Lit.: Trumpp, E./Pokrop, R., Der Kreistag in Baden-Württemberg, 3. A. 1994
Kreisverfassung ist die Gesamtheit der die innere Organisation des
→Kreises betreffenden Rechtssätze. Die K. sieht regelmäßig einen
→Kreistag als willensbildendes und leitendes Organ vor. Dazu
kommen →Kreisausschuss und Hauptverwaltungsbeamter
(→Landrat).
Lit.: Scholler, H., Grundzüge des Kommunalrechts, 4. A. 1990
Kreuzverhör (§ 239 StPO) ist die Vernehmung der von der
→Staatsanwaltschaft und dem →Angeklagten benannten →Zeugen
und →Sachverständigen durch den Staatsanwalt und den
→Verteidiger (statt durch den Vorsitzenden des →Gerichts). Das K.
ist auf übereinstimmenden Antrag der →Staatsanwaltschaft und des
Verteidigers zulässig. Es ist in der Praxis ungebräuchlich, hat aber im
angloamerikanischen Strafprozess grundlegende Bedeutung.
Krieg (Anstrengung) ist die Austragung von Streitigkeiten zwischen
→Staaten mit Gewalt (str.). Als gerechter K. galt seit der Spätantike
(Augustin) der K. als Mittel zur Wiederherstellung verletzten Rechts,
mit einem gerechten Ziel und unter Anwendung rechtmäßiger
Methoden. Die Gegenwart bemüht sich, Kriege wegen ihrer
verheerenden Folgen möglichst zu vermeiden, weswegen
insbesondere der →Angriffskrieg (anders als der Krieg gegen den
Terrorismus) verboten wurde (vgl. Art. 26 GG).
Lit.: Ipsen, Völkerrecht; Schroeder, J., Die Kriegsgefahr im deutschen Versicherungsrecht, 1996
Kriegsdienst ist die tätige Mitwirkung an einem →Krieg durch
Leistung einer kriegerischen Handlung. Dies kann mit und ohne
Waffen geschehen. Der →Staat kann grundsätzlich den K. zur Pflicht
des →Staatsbürgers machen.
Kriegsdienstverweigerung (Art. 4 III GG) ist die aus
Gewissensgründen folgende Verweigerung des →Kriegsdiensts mit
der →Waffe. Sie ist nach Art. 4 III GG zulässig. Als
Belastungsausgleich kann gemäß Art. 12a II GG an die Stelle des
Kriegsdiensts ein →Ersatzdienst treten.
Lit.: Steinlechner, W., Kriegsdienstverweigerungsgesetz, 1990; Brecht, H.,
Kriegsdienstverweigerung und Zivildienst, 4. A. 1999; Ciezki, N., Für das Recht auf
Kriegsdienstverweigerung, 1999
Kriegsgefangener ist der während eines →Kriegs in die
Herrschaftsgewalt (Gefangenschaft) des Kriegsgegners geratene
→Soldat. Im Gegensatz zur früheren völligen Rechtlosigkeit
gewähren ihm neuzeitliche völkerrechtliche Vereinbarungen
(→Haager Landkriegsordnung, Genfer Abkommen) bestimmte
Mindestrechte (z. B. ausreichende Versorgung, Unterbringung in
hygienisch einwandfreien Lagern, Unzulässigkeit der Erzwingung
von Aussagen, Entlassung nach Ende der Feindseligkeiten). Die
Freiheit ist ihm entzogen.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Kriegsgericht ist im neuzeitlichen Recht das besondere →Gericht für
→Soldaten, später für Straftaten der Soldaten, insbesondere während
eines →Kriegs.
Lit.: Ziegler, K., Völkerrechtsgeschichte, 1994
Kriegsrecht ist die Gesamtheit der in einem →Krieg zwischen den
beteiligten →Staaten und gegenüber neutralen Staaten geltenden
Rechtssätze sowie im innerstaatlichen Recht die Gesamtheit der
während eines Kriegs geltenden besonderen innerstaatlichen
Rechtssätze (z. B. Zwangswirtschaft). Das völkerrechtliche K. ist
teilweise in Form von völkerrechtlichen Vereinbarungen (→Haager
Landkriegsordnung) festgelegt worden (z. B. Verbot unnötiger Leiden
verursachender Waffen). Eine Verletzung des Kriegsrechts kann
→Kriegsverbrechen sein.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht; Berber, F., Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. 2 Kriegsrecht, 2. A. 1969;
Kimminich, O., Schutz der Menschen in bewaffneten Konflikten, 1979; Hinz, J., Kriegsvölkerrecht,
1984
Kriegsverbrechen ist das in Zusammenhang mit einem →Krieg
begangene →Verbrechen.
Lit.: Kriegsverbrechen, hg. v. Gutmann, R., 2000
Kriegswaffenkontrollgesetz ist das der Kontrolle von Kriegswaffen
dienende Gesetz.
Lit.: Poltmeyer, Kriegswaffenkontrollgesetz, 2. A. 1994; Poser und Groß Naedlitz, H. v., Die
Genehmigungsentscheidung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz, 1999; Hinder, J., Der
Ausfuhrverantwortliche, 1999
Kriminalistik ist die Lehre von der Aufklärung und Verhinderung
des →Verbrechens. Sie umfasst Kriminaltaktik und Kriminaltechnik.
Teilweise wird sie als Teilgebiet der →Kriminologie angesehen.
Lit.: Ackermann, R./Clages, H./Roll, H., Handbuch der Kriminalistik, 2000; Brodag, W.,
Kriminalistik, 8. A. 2001
Kriminalität (Straffälligkeit) ist die Begehung von →Straftaten. Sie
ist ein Teil menschlichen →Verhaltens überhaupt. Sie lässt sich nach
der Art der Tat (z. B. Vermögenskriminalität) wie des Täters (z. B.
→Jugendkriminalität) gliedern. Die K. ist der Gegenstand sowohl der
→Kriminologie wie auch des →Strafrechts.
Lit.: Schwind, Kriminologie; Walter, M., Jugendkriminalität, 2. A. 2000; Sieber, U./Bögel, M.,
Logistik der organisierten Kriminalität, 1993
Kriminalpolizei ist die Abteilung der (→Vollzugs-)Polizei, die für
die Bekämpfung von →Straftaten (Aufklärung begangener Straftaten,
u. U. Verhütung drohender Straftaten) zuständig ist. Die K. hat im
Verhältnis zur →Staatsanwaltschaft im →Ermittlungsverfahren ein
Recht des ersten Zugriffs (§ 163 StPO), ist aber insgesamt nur
Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft (→Hilfsbeamte der
Staatsanwaltschaft). Die Kriminalpolizeibehörden sind grundsätzlich
→Landesbehörden, ausgenommen das →Bundeskriminalamt in
Wiesbaden.
Lit.: Götz, Polizeirecht
Kriminalprognose ist die vermutende Vorausschau (Prognose) über
das wahrscheinliche Verhalten eines Täters oder eines andern
Menschen.
Lit.: Volckart, B., Praxis der Kriminalprognose, 1999
Kriminalstatistik ist die zahlenmäßige Übersicht über die bekannt
gewordenen →Straftaten, die ermittelten Täter und die verurteilten
Täter.
Lit.: Kerner, H., Verbrechenswirklichkeit und Strafverfolgung, 1973; Polizeiliche Kriminalstatistik
2002 Bundesrepublik Deutschland, hg. v. Bundeskriminalamt, 2003
kriminell (Adj.) verbrecherisch
Kriminologie ist die geordnete Gesamtheit des Erfahrungswissens
über das →Verbrechen, über den Rechtsbrecher, über die negativ
soziale Auffälligkeit und über die Kontrolle dieses Verhaltens. Sie
gliedert sich in Kriminalanthropologie (Kriminalbiologie,
Kriminalpsychologie) und Kriminalsoziologie. Für das Strafrecht ist
sie empirische Grundlagenwissenschaft.
Lit.: Göppinger, Kriminologie; Schwind, Kriminologie; Eisenberg, U., Kriminologie, 5. A. 2000;
Kaiser, G./Schöch, H., Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, 5. A. 2001; Bock, M.,
Kriminologie, 2. A. 2000; Eisenberg, U., Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, 7. A. 2004;
Kunz, K., Kriminologie, 3. A. 2001; Albrecht, P., Kriminologie, 2. A. 2002; Meier, B.,
Kriminologie, 2003
Kroatien ist der südlich von Slowenien liegende, 1991 von
Jugoslawien verselbständigte südosteuropäische Staat.
Lit.: Heidersbach, U., Kroatien, Rechtstips für Exporteure, 1997; Brandic, D., Njemacko-hrvatski
gospodarski pravni rjecnik – Deutsch-kroatisches Wirtschafts- und Rechtswörterbuch, 1998
Krone (Kranz) ist in der Rechtsgeschichte (und im ausländischen
Recht) das Sinnbild der Würde und Macht des Kaisers, Königs oder
sonstigen Fürsten bzw. stellvertretend die damit verbundene Person
bzw. das damit verbundene Amt.
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Kronzeuge ist im (angloamerikanischen) Strafverfahrensrecht der
→Zeuge des →Staats (bzw. der Krone im Verfahren der Krone)
gegen den →Angeklagten (vielfach ein Mittäter oder Teilnehmer der
Straftat, vgl. §§ 19 VI, 129a V, 261 X StGB).
Lit.: Breucker, M., Die Bewährung der Kronzeugenregelung, 1997; Mühlhoff, U./Mehrens, S., Das
Kronzeugengesetz, 1999
KSZE (F.) (regionale) Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit
in Europa →OSZE
Kulpakompensation ist im gemeinen Recht die Berücksichtigung
des Mitverschuldens im Wege einer Aufrechnung, die zum Verlust
des Ersatzanspruchs führt.
Lit.: Coing, H., Europäisches Privatrecht, Bd. 1f. 1985ff.
Kultur ist die Gesamtheit der Lebensäußerungen eines Volks,
insbesondere die Gesamtheit der Bestrebungen nach Verfeinerung der
menschlichen Persönlichkeit unter Zurückdrängung ihrer Triebnatur.
Sie umfasst vor allem Bildung, Wissenschaft und Kunst. Ihre
Verwaltung ist in Deutschland Teil der Landesverwaltung
(Kulturverwaltungsrecht).
Lit.: Kultur und Recht, hg. v. Röckrath, G. u. a., 1998; Streinz, R., Internationaler Schutz von
Museumsgut, 1998; Berndt, J., Internationaler Kulturgüterschutz, 1998; Hipp, A., Schutz von
Kulturgütern in Deutschland, 2000; Naucke, M., Der Kulturbegriff, 2000; Britz, G., Kulturelle
Rechte und Verfassung, 2000; Kleeberg/Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. A. 2001; Klein, A.,
Kultur-Marketing, 2001; Fiedler, W./Turner, S., Bibliographie zum Recht des internationalen
Kulturgüterschutzes, 2003
Kulturhoheit ist die Zuständigkeit in kulturellen Angelegenheiten
(z. B. Schule, Rundfunk). Sie steht nach dem Grundgesetz den
→Ländern zu (vgl. Art. 30 GG). Durch Art. 91a GG ist allerdings der
Ausbau und Neubau von →Hochschulen zur
→Gemeinschaftsaufgabe geworden.
Kulturkampf ist in der Rechtsgeschichte der Kampf zwischen dem
→Staat und der katholischen →Kirche um die Säkularisierung von
Staat und Gesellschaft (1871–1890).
Lit.: Schmidt-Volkmer, E., Der Kulturkampf in Deutschland 1871–1890, 1962
Kulturverwaltungsrecht ist die unter Anerkennung freiheitlichautonomer Eigengesetzlichkeiten vom →Staat erlassene verbindliche
Ordnung für die Bereiche →Bildung, →Wissenschaft und →Kunst.
Bildung ist dabei jede staatliche Tätigkeit, durch welche die geistige
Entwicklung des Einzelnen gefördert wird (Schule,
Erwachsenenbildung). Im K. besteht ein höheres Maß an Autonomie,
Freiheit und Distanz zur Zwangsgewalt des Staats als in andern
Verwaltungszweigen.
Lit.: Oppermann, T., Kulturverwaltungsrecht, 1969; Ehrhardt, M., Kulturverwaltungsrecht im
Wandel, 1980; Häberle, P., Kulturstaatlichkeit und Kulturverfassungsrecht, 1982
Kummer ist die seit dem 17. Jahrhundert verdrängte ältere
Bezeichnung für →Arrest.
Lit.: Köbler, G., Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995
Kumulation (F.) Häufung
Kumulationsprinzip (§ 53 II StGB) ist der Grundsatz, dass mehrere
→Strafen nebeneinander (kumulativ) ausgesprochen werden. Es
kommt bei →Tatmehrheit zur Anwendung, soweit das
→Asperationsprinzip ausnahmsweise nicht gilt oder im Einzelfall
nicht angewandt wird.
Lit.: Schweling, O., Die Bemessung der Gesamtstrafe, GA 1955, 289
kumulativ (Adj.) häufend
kumulative Kausalität →Kausalität, kumulative
kumulative Schuldübernahme →Schuldübernahme, kumulative
kündigen →Kündigung
Kündigung ist die auf die Beendigung eines →Schuldverhältnisses
(Dauerschuldverhältnisses) gerichtete empfangsbedürftige
→Willenserklärung (z. B. §§ 542, 543, 620 II, 671, 723 BGB). Sie ist
ein einseitiges →Rechtsgeschäft. Im Gegensatz zum →Rücktritt ist
sie nicht auf Rückabwicklung, sondern nur auf gegenwärtige oder
zukünftige Abwicklung gerichtet. Sie kann ordentliche K. und
außerordentliche K., befristete K. und unbefristete (fristlose) K. sein,
wobei die ordentliche K. meist befristete K. und die außerordentliche
K. meist fristlose K. ist. Die außerordentliche Kündigung bedarf
eines wichtigen Grunds (§ 314 BGB), d. h. des Vorliegens von
Tatsachen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der
beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses
bis zur vereinbarten Beendigung des Vertragsverhältnisses oder bis
zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (z. B.
Diebstahl im Betrieb, dringender Diebstahlsverdacht, beharrliche
Arbeitsverweigerung, beharrliches Leugnen vorsätzlicher
Gleitzeitmanipulation, Alkoholismus, nicht Einschlafen während der
Nachtarbeit, im Vereinsrecht z. B. rückwirkende Beitragserhöhung).
Langjährig Beschäftigten, die wegen Krankheit nur noch
eingeschränkt beschäftigt werden können, darf nur in Ausnahmefällen
außerordentlich gekündigt werden. Einer Prostituierten, die in einem
zur privaten Nutzung gemieteten Wohnhaus Freier empfängt, darf
nicht ohne Abmahnung gekündigt werden. Im Arbeitsrecht muss
(außer der außerordentlichen K. auch) die ordentliche, nach § 623
BGB der Schriftform bedürftige K. sozial gerechtfertigt sein (§ 1 I
KSchG), wenn sie wirksam sein soll. Sozial gerechtfertigt ist eine K.
dann, wenn sie durch Gründe, die in der Person oder in dem
Verhalten des Arbeitnehmers liegen (z. B. mangelnde Eignung), oder
durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer
Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.
Ein Sonderfall der K. ist die →Änderungskündigung. Für das
Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist, legt § 621 BGB die
allgemeinen Kündigungsfristen der ordentlichen K. fest. Die
einheitliche Kündigungsfrist der ordentlichen Kündigung von
Arbeitsverhältnissen beträgt 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines
Monats (§ 622 I BGB). Die Kündigungsfrist bei K. durch den
Arbeitgeber (1–7 Monate) hängt von der Dauer der
Betriebszugehörigkeit ab (§ 622 II BGB).
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Stahlhacke, E./Preis,
U./Vossen, R., Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. A. 2002; Berkowsky, W.,
Die betriebsbedingte Kündigung, 5. A. 2002; Berkowsky, W., Die personen- und verhaltensbedingte
Kündigung, 3. A. 1997; Pfeifer, F., Kündigung von Wohnraummietverhältnissen, 6. A. 1998;
Lepke, A., Kündigung bei Krankheit, 11. A. 2003; Kiel, H./Koch, U., Die betriebsbedingte
Kündigung, 2000; Kündigung und Kündigungsschutz in der betrieblichen Praxis, hg. v. Henssler,
M./Moll, W., 2000; Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 2. A. 2004
Kündigungsschutz ist der gesetzliche Schutz gegen eine Kündigung
(z. B. KSchG im Arbeitsrecht, § 133 HGB im Gesellschaftsrecht).
Der K. kann verschiedene Personengruppen erfassen (z. B.
Betriebsratsmitglieder und Personalratsmitglieder). Er kann auf
verschiedene Weise geltend zu machen sein (z. B. § 4 KSchG
Kündigungsschutzklage).
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003; Hoyningen-Huene, G.
v./Linck, R. Kündigungsschutzgesetz, 13. A. 2002; Stahlhacke, E./Preis, U./Vossen, R., Kündigung
und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. A. 2002; Gemeinschaftskommentar zum
Kündigungsschutzgesetz, red. v. Becker, F. u. a., 6. A. 2002; Löwisch, M., Kommentar zum
Kündigungsschutzgesetz, 8. A. 2000; Dorndorf, E./Weller, B./Hauck, F., Heidelberger Kommentar
zum Kündigungsschutzgesetz, 4. A. 2001; Backmeister, T./Trittin, W./Mayer, U.,
Kündigungsschutzgesetz, 2. A. 2002; Kittner, M./Däubler, W./Zwanziger, B.,
Kündigungsschutzrecht, 5. A. 2001; Kündigungsschutzgesetz, hg. v. Sowka, 2. A. 2000; Fiebig,
S./Gallner, I./Griebeling, J., Handkommentar Kündigungsschutzgesetz, 2. A. 2004; Rüthers, B.,
Vom Sinn und Unsinn des geltenden Kündigungsschutzrechts, NJW 2002, 1601; Willemsen, H. u.
a., Kündigungsschutz nach der Reform, NJW 2004, 177
Kunst ist allgemein das bestimmte Können und besonders die an
ästhetischen Werten ausgerichtete Gestaltung gleich welcher Form
(z. B. Dichtung, Malerei, Musik, Plastik). →Kunstfreiheit
Lit.: Maaßen, W., Kunst oder Gewerbe, 3. A. 2001; Braun, J., Kunstprozesse, 1995; Gerlach, T.,
Haftung für fehlerhafte Kunstexpertisen, 1998
Kunstfehler ist der Verstoß gegen die anerkannten Regeln einer
Kunst oder Wissenschaft, insbesondere der medizinischen
Wissenschaft, der im Schuldrecht eine →Schadensersatzverpflichtung
begründen, im Strafrecht eine →Straftat darstellen kann.
Lit.: Högermeyer, H., Ärztliche Kunstfehler, 1995
Kunstfreiheit (Art. 5 III GG) ist im Verfassungsrecht die Freiheit des
künstlerischen Schaffens sowie die Möglichkeit, Geschaffenes in den
Kommunikationsvorgang einzubringen. Eine Schranke der K. bildet
das Persönlichkeitsrecht anderer. Die Abgrenzung von straffreier
Kunst und strafbarer Rechtsverletzung ist im Einzelfall schwierig.
Lit.: Henschel, F., Die Kunstfreiheit in der Rechtsprechung des BVerfG, NJW 1990, 1937;
Würkner, J., Das Bundesverfassungsgericht und die Freiheit der Kunst, 1994; Beisel, D., Die
Kunstfreiheitsgarantie, 1998
Künstler ist der →Kunst schaffende Mensch.
Lit.: Der Künstler und sein Recht, hg. v. Fischer, H./Reich, S., 1992; Jürgensen, A., Ratgeber
Künstlersozialversicherung, 2002
künstlich (Adj.) durch Kunst erfolgend, nicht natürlich
Kunstverwaltungsrecht →Kulturverwaltungsrecht
Kupon (franz. [M.] coupon) (§§ 803, 804 BGB) ist das →Wertpapier
(Inhaberpapier), dessen Vorlage den Vorlegenden als zur
Entgegennahme von →Zinsen und →Dividenden berechtigt erweist.
Kuppelei war bis 1973 der Straftatbestand der Förderung sexueller
Handlungen zwischen andern. In der Gegenwart werden die
Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger (unter 16 Jahren)
und die Förderung der Prostitution mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§§ 180 I, 180a StGB).
Kuratel (F.) Pflegschaft, Vormundschaft
Kurator ([M.] Pfleger) ist vielfach der Leiter der staatlichen
Verwaltung einer →Universität.
Kurfürst ist im deutschen Recht (seit dem 13. Jh.) ein Fürst, dem
(aus bisher nicht eindeutig gesicherten Gründen) das Recht zusteht,
bei der →Wahl (Kur) des →Königs mitzuwirken. Die Kurfürsten
bilden einen geschlossenen Kreis von 7 (Erzbischöfe von Mainz,
Trier und Köln, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Sachsen, Markgraf
von Brandenburg, König von Böhmen), später bis zu 10 Fürsten.
1806 gehen mit dem Heiligen Römischen Reich die Kurfürsten unter.
Lit.: Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Kurie (lat. coviria [F.] Männergemeinschaft) ist im römischen Recht
eine Untergliederung der →Volksversammlung (comitia curiata) und
im katholischen →Kirchenrecht die aus mehreren
Kardinalskongregationen, Ämtern und Gerichtshöfen (darunter die
→rota Romana) bestehende, zentrale Verwaltungsbehörde des
→Papsts.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Kurs ist der Preis eines →Wertpapiers oder einer andern
börsenfähigen →Ware an der →Börse.
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Kurzarbeit ist die aus betrieblichen Gründen zeitmäßig verkürzte
→Arbeit. Sie ist auf Grund von →Tarifverträgen oder auf →Antrag
des →Arbeitgebers mit Genehmigung des Landesarbeitsamts
zulässig. Durch sie wird der Lohnanspruch entsprechend verringert
und entsteht u. U. ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld aus der
Arbeitslosenversicherung (§§ 169ff. SGB III, bei Arbeitskämpfen
§ 174 SGB III).
Lit.: Bähringer, H./Spiegelhalter, H., Kurzarbeit, 12. A. 1993
Kurzarrest (§ 16 III JGG) ist der →Arrest bis zu 6 Tagen. Er ist
→Jugendarrest und damit →Zuchtmittel. Er wird statt
→Freizeitarrest verhängt, wenn dieser aus erzieherischen Gründen
unzweckmäßig und der zusammenhängende Vollzug aus
erzieherischen Gründen zweckmäßig erscheint und weder die
Ausbildung noch die Arbeit des →Jugendlichen beeinträchtigt
werden.
Kurzvortrag ist der kurze Vortrag (als Teil einer Prüfung).
Lit.: Kaiser, W./Schöneberg, B., Der Kurzvortrag im Assessorexamen, 3. A. 2001; MüllerChristmann, B., Der Kurzvortrag, 3. A. 2000
Küste ist die Begrenzung des Meers durch das Land.
Küstengewässer ist das der Küste eines Staats angrenzende Gewässer
des offenen Meers (bis zu einer bestimmten Entfernung von 3, 12
oder 200 Seemeilen). Über die K. beanspruchen die angrenzenden
Staaten in bestimmter abgeschwächter Form eine →Hoheitsgewalt.
Für deutsche K. gilt das →Wasserhaushaltsgesetz.
→Hoheitsgewässer
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Kustos ist der Wächter. Wer als K. ein Instrument des Staats (z. B.
sehr teueres Universitätsklavier) unter Entrechtung aller andern
Nutzer ausschließlich der eigenen Nutzung für Etüden in seinem
Dienstzimmer vorzubehalten versucht, missbraucht seine Stellung.
Das Instrument darf ihm zwangsweise entzogen werden, wenn er
nicht freiwillig seine rechtswidrig usurpierte Position aufgibt.
Kux (§§ 101ff. PrABG) war bis 1980 ein Anteil an einer
bergrechtlichen →Gewerkschaft.
Lit.: Hübner, R., Deutsches Privatrecht
L
Laden (M.) Brett, Verkaufsstand, Geschäft
Ladenangestellter (§ 56 HGB) ist, wer von einem →Kaufmann in
einem →Laden oder einem offenen Warenlager angestellt, d. h. mit
Wissen und Wollen des Inhabers mit bestimmten Verrichtungen
(Verkauf, Empfangnahme) beschäftigt ist. Er gilt als ermächtigt zu
Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder
Warenlager gewöhnlich geschehen (gesetzliche →Scheinvollmacht).
Ladendiebstahl ist der →Diebstahl aus einem Laden
(Selbstbedienungsladen).
Lit.: Schmitz, U., Der Ladendiebstahl, 2000
Ladenschluss ist die tägliche Schließung der Verkaufsstellen für
Waren. Nach dem Ladenschlussgesetz muss der Laden zu bestimmten
Zeiten geschlossen sein (vor allem [zwecks Freihaltung der
kirchlichen Gottesdienstbesuchszeiten von irdisch-weltlichen
Ablenkungen] an Sonntagen, an Feiertagen, montags bis freitags bis 6
Uhr und ab 20 Uhr, samstags grundsätzlich bis 6 Uhr und ab 20 Uhr).
Für einzelne Arten von Verkaufsstellen gelten Sonderregeln. Die
Verlängerung der Ladenöffnungszeiten im Jahr 1996 soll weder die
Zahl der Beschäftigten noch den Umsatz erhöht haben.
Lit.: Ladenschlussgesetz, hg. v. Stober, R., 4. A. 2000; Neumann, D., Ladenschlussgesetz, 4. A.
2003
Ladeschein (§ 444 HGB) ist die →Urkunde, die der →Frachtführer
über die Verpflichtung zur Ablieferung ausstellt. Der Frachtführer ist
zur Ablieferung des Guts nur gegen Rückgabe des (nur in der
Binnenschifffahrt üblichen) Ladescheins, auf dem die Ablieferung
bescheinigt ist, verpflichtet (§ 445 HGB). Der L. ist →Orderpapier.
Ladung (1) (z. B. § 214 ZPO) ist die Aufforderung, vor einer
→Behörde oder einem →Gericht zu einem bestimmten Zeitpunkt zu
erscheinen. Die L. wird meist von Amts wegen veranlasst. Zwischen
ihr und dem Termin muss eine bestimmte →Frist (Ladungsfrist)
liegen. Die Missachtung der L. hat meist rechtliche Nachteile zur
Folge. Eine L. eines Angeklagten zu einem außerhalb der
Hauptverhandlung bestimmten Fortsetzungstermin kann durch
telefonische Mitteilung an den Verteidiger erfolgen.
Laesio (F.) enormis ([lat.] ungeheure Verletzung) ist das erhebliche
Missverhältnis zwischen Leistung (Wert) und Gegenleistung (Preis).
Im römischen Recht konnte, wenn der →Kaufpreis unter dem halben
Warenwert lag, der →Verkäufer den →Rücktritt erklären oder den
Differenzbetrag verlangen. Die Grundsätze der l. e. sind in neuere
→Kodifikationen aufgenommen worden, nicht aber in das
→Bürgerliche Gesetzbuch.
Lit.: Schulze, W., Die laesio enormis in der deutschen Privatrechtsgeschichte, Diss. jur. Münster
1973
Lager (N.) Aufbewahrungsort
Lagergeschäft (§§ 467ff. HGB) ist der zwischen →Lagerhalter und
Einlagerer geschlossene, entgeltliche →Verwahrungsvertrag über
Lagerung und Aufbewahrung lagerfähiger Güter.
Lit.: Koller, I., Das Lagergeschäft, 1981; Krien, E., Speditions- und Lagerrecht, 1982
Lagerhalter (§ 467 HGB) ist, wer gewerbsmäßig die Lagerung und
Aufbewahrung von Gütern übernimmt (Kaufmann).
Lagerschein (§ 475c HGB) ist die →Urkunde des Lagerhalters über
seine Herausgabepflicht (Verpflichtung zur Auslieferung des
erhaltenen Guts) (→Orderpapier, →Inhaberpapier oder
→Namenspapier).
Lit.: Weimer, W., Der Orderlagerschein und das Frachtbriefduplikat, MDR 1971, 550
Lagervertrag →Lagergeschäft
Laie (zu [griech.] laikos, zum Volk gehörig) ist allgemein der
Nichtfachmann, im Kirchenrecht der einfache Gläubige im Gegensatz
zum Kleriker (Klerus).
Laienrichter (§§ 1, 44ff. DRiG) ist der nicht rechtskundige,
ehrenamtliche →Richter (z. B. →Schöffe, →Handelsrichter). Er ist
neben dem →Berufsrichter in verschiedenen Gerichten an der
Rechtsprechung beteiligt (z. B. § 29 GVG Schöffengericht). Er übt
grundsätzlich das Richteramt in vollem Umfang aus.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001; Spona, D., Laienbeteiligung im
Strafverfahren, 2000
Land ist im Staatsrecht der Gliedstaat des →Bundesstaats. Die
→Bundesrepublik Deutschland besteht aus 16 →Bundesländern
(Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen,
Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, SachsenAnhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen). Die Zuständigkeit des
Landes innerhalb des Bundesstaats ergibt sich aus dem
→Grundgesetz (Artt. 30, 70, 83 GG). Grundlegende Rechtssätze für
die Landesverfassung enthält Art. 28 GG (republikanischer,
demokratischer und sozialer Rechtsstaat, Volksvertretung aus
allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen).
Die Länder wirken an der →Verwaltung und →Gesetzgebung des
Bundes durch den →Bundesrat mit.
Landesarbeitsgericht (§§ 33ff. ArbGG) ist das in Arbeitssachen in
zweiter Instanz zuständige →Gericht der →Arbeitsgerichtsbarkeit.
Landesbank ist die von einem oder mehreren Bundesländern
errichtete Bank.
Lit.: Wagener, D., Organisationsrecht der Landesbanken und
öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten, 1999
Landesgesetz ist das vom Landesparlament entsprechend dem in der
Landesverfassung vorgesehenen Gesetzgebungsverfahren geschaffene
→Gesetz. Ein L. kann nur auf einem Rechtsgebiet zustande kommen,
auf dem die Länder die Gesetzgebungszuständigkeit haben. Im Rang
steht es unter der Bundesrechtsverordnung (vgl. Art. 31 GG).
Landesgesetzgebung ist die →Gesetzgebung eines →Landes
(Art. 70 GG) im Gegensatz zu der des →Bundes. Die Länder haben
das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund
Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Die L. kann ausschließlich oder
konkurrierend (z. B. auch im Strafrecht, Artt. 3ff. EGStGB) sein. Bei
der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit muss die L. der
Bundesgesetzgebung weichen, soweit diese stattfindet (Art. 31 GG).
Lit.: Wettach, U., Ländergesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994
Landeskirche ist im evangelischen Kirchenrecht die Kirche eines
Lands oder Landesteils (früheren Lands, z. B. Kurhessen-Waldeck).
Sie ist eine →Körperschaft des öffentlichen →Rechts und
Gliedkirche der evangelischen Kirche in Deutschland. Sie kann
evangelische, lutherische, reformierte oder unierte L. sein. Ihre
Organe sind die Landessynode und der leitende Amtsträger (Bischof).
Sie gliedert sich in Kirchenbezirke und Kirchengemeinden.
Lit.: Erler, Kirchenrecht
Landesplanung ist die überörtliche zusammenfassende
→Raumplanung im Gebiet eines →Lands.
Lit.: Koch, H./Hendler, R., Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 3. A. 2001
Landesrecht ist das besondere Recht eines einzelnen →Lands im
Gegensatz zum →Bundesrecht. Es ist entweder Landesgesetz oder
Landesrechtsverordnung (Baden-Württembergs 1997 rund 300
Landesgesetze, 1100 Rechtsverordnungen und 2100
Verwaltungsvorschriften). Dem L. geht das Bundesrecht vor (Art. 31
GG).
Landessozialgericht (§§ 28ff. SGG) ist das in
Sozialrechtsstreitigkeiten in zweiter Instanz zuständige →Gericht der
→Sozialgerichtsbarkeit.
Landesstrafrecht ist das nach Artt. 74 Nr. 1 GG, 3 EGStGB
zulässige, insgesamt bedeutungslose →Strafrecht eines →Landes.
Landesverfassung ist die →Verfassung eines →Landes (der
Bundesrepublik Deutschland). Der L. geht das Bundesrecht vor (Art.
31 GG). Macht ein Kläger die Verletzung eines Rechts geltend, das
mit gleichem Inhalt in einer Landesverfassung und im Grundgesetz
enthalten ist (z. B. Recht auf rechtliches Gehör), so kann auch das
Landesverfassungsgericht eine Entscheidung aufheben, der gegenüber
die fehlerhafte Anwendung von Bundesrecht geltend gemacht wird
(z. B. Zurückweisung eines Beweisantrags in einem Urteil eines
Amtsgerichts). Ist die Verletzung eines Grundrechts durch eine
Landesbehörde (z. B. Landesgericht) unter Berufung auf
gleichlautende Grundrechte der Bundesverfassung und der
Landesverfassung (z. B. Hessens) vor dem Bundesverfassungsgericht
und dem Landesverfassungsgericht behauptet, ist zur Vermeidung
abweichender Entscheidungen das Bundesverfassungsgericht in erster
Linie zur Entscheidung berufen.
Lit.: Verfassungen der deutschen Bundesländer, 7. A. 2001; Martina, D., Die Grundrechte, 1999;
Klein, E./Haratsch, A., Die Landesverfassungsbeschwerde, JuS 2000, 209; Tjarks, E., Zur
Bedeutung der Landesgrundrechte, 1999; Dreier, H., Grundrechtsschutz durch
Landesverfassungsgerichte, 2000; Coelln, C. v., Anwendung von Bundesrecht nach Maßgabe der
Landesgrundrechte?, 2001
Landesverrat (§ 94 StGB) ist der Verrat des Landes. L. ist ein
→Staatsschutzdelikt. L. begeht, wer ein →Staatsgeheimnis einer
fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner mitteilt oder sonst,
um die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine
fremde Macht zu begünstigen, an einen Unbefugten gelangen lässt
oder öffentlich bekannt macht und dadurch die Gefahr eines schweren
Nachteils für die äußere Sicherheit der →Bundesrepublik
Deutschland herbeiführt.
Lit.: Kersten, K., Die Entwicklung der allgemeinen Strafbestimmungen gegen den Landesverrat in
Deutschland, 1975
Landesverwaltung ist die →Verwaltung durch Landesbehörden. Die
L. ist unmittelbare →Staatsverwaltung. Sie gliedert sich meist in
Oberbehörde, Mittelbehörde und Unterbehörde. Sie kann eigene
Verwaltung oder →Auftragsverwaltung sein. Die eigene L. ist zu
unterscheiden von (der Auftragsverwaltung und) der
→Selbstverwaltung der →Gemeinden.
Lit.: Badura, Staatsrecht
Landeszentralbank (§ 8 BBankG) ist die Hauptverwaltungsbehörde
der Deutschen →Bundesbank in einem →Bundesland. Sie ist eine
→Bundesbehörde. Der L. ist das Geschäft mit dem Land und mit den
öffentlichen Verwaltungen im Land sowie mit den Kreditinstituten
des Landes vorbehalten.
Lit.: Marsh, D., Die Bundesbank, 1992
Landfriede ist im mittelalterlichen deutschen Recht das in der
Nachfolge der →Gottesfrieden zur Verhütung von Unrecht seit dem
späten 11. Jh. erlassene Friedensgebot. Der →Landfriedensbruch ist
Unrecht und wird meist mit peinlicher Strafe geahndet. 1495 kam im
Heiligen Römischen →Reich (deutscher Nation) der ewige L.
zustande.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Landfriedensbruch (§ 125 StGB) ist der Bruch des Friedens im
Land. L. begeht, wer sich an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder
Sachen oder Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit,
die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit
gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als
→Täter oder →Teilnehmer beteiligt oder wer auf die
Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen
Handlungen zu fördern. Der L. ist eine →Straftat gegen die
öffentliche →Ordnung.
Landgericht (§§ 59ff. GVG) ist das zwischen →Amtsgericht und
→Oberlandesgericht stehende →Gericht der ordentlichen
→Gerichtsbarkeit, das teils in erster, teils in zweiter Instanz zuständig
ist (§§ 71ff. GVG). Es wird in →Zivilkammern und →Strafkammern
tätig. Im Zivilprozess besteht vor dem L. →Anwaltszwang (§ 78
ZPO, →Anwaltsprozess). In Strafsachen ist das L. zuständig für alle
→Verbrechen, die nicht zur Zuständigkeit des Amtsgerichts oder des
Oberlandesgerichts gehören (§ 74 GVG).
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Landkreis →Kreis
Lit.: Linder, E./Olzog, G., Die deutschen Landkreise, 2. A. 1996; Lusch, U., Die
Selbstverwaltungsaufgaben der Landkreise, 1998
Landpacht (§ 585 BGB) ist die (durch den Landpachtvertrag
erfolgende) Verpachtung eines Grundstücks mit den seiner
Bewirtschaftung dienenden Wohngebäuden oder
Wirtschaftsgebäuden (Betrieb) oder eines Grundstücks ohne solche
Gebäude überwiegend zur Landwirtschaft. Für sie gilt zusätzlich das
Landpachtverkehrsgesetz vom 8. 11. 1985.
Lit.: Lange, R./Wulff, H./Lüdtke-Handjery, C., Landpachtrecht, 4. A. 1997; Lange, J.,
Landpachtrecht, 1997
Landrat ist das an der Spitze einer kleineren Gebietskörperschaft
(Landkreis) stehende Verwaltungsorgan mit Doppelfunktion.
Einerseits ist der L. der Hauptverwaltungsbeamte der
→Gebietskörperschaft (Selbstverwaltungskörperschaft) →Kreis,
andererseits der Leiter der unteren staatlichen →Verwaltungsbehörde.
Als Vorsitzender des →Kreistags und des →Kreisausschusses
bereitet er (in einigen Ländern) dessen Beschlüsse vor und vollzieht
sie. Als Leiter der unteren staatlichen →Verwaltungsbehörde führt er
staatliche Aufgaben aus und unterliegt der →Dienstaufsicht des
→Regierungspräsidenten. Der L. wird, außer in Baden-Württemberg
und in Brandenburg, von der Bevölkerung unmittelbar gewählt.
Lit.: Scholler, H., Grundzüge des Kommunalrechts, 4. A. 1990
Landrecht ist im hochmittelalterlichen, spätmittelalterlichen und
frühneuzeitlichen deutschen Recht das für die Bewohner eines Lands
geltende allgemeine Recht im Gegensatz vor allem zum →Stadtrecht
oder →Lehnsrecht (z. B. Sachsenspiegel Landrecht, vgl. auch
preußisches Allgemeines L.) sowie zum älteren →Volksrecht.
Lit.: Köbler, G., Das Recht im frühen Mittelalter, 1971
Landschaft ist das genossenschaftlich organisierte
Bodenkreditinstitut eines Lands. Die L. ist →Körperschaft des
öffentlichen Rechts. Sie will ihren Mitgliedern durch über
→Pfandbriefe aufgebrachte Mittel Kredite gewähren.
Lit.: Rinck/Schwark, Wirtschaftsrecht
Landschaftsverband ist im Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfalens
der gebietskörperschaftliche, aus benachbarten →Landkreisen und
kreisfreien →Städten zusammengesetzte höhere Kommunalverband
(z. B. Rheinland, Westfalen-Lippe), dem Einzelne überörtliche
Aufgaben zugeteilt sind (z. B. Straßenwesen).
Lit.: Scholler, H., Grundzüge des Kommunalrechts, 4. A. 1990
Landstand ist im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen
deutschen Recht die Gesamtheit der Vertreter einer gewissen
Bevölkerungsgruppe, die vor dem Absolutismus zusammen mit dem
Landesherrn die Herrschaft über das →Land ausübt. Die Landstände
sind rechtsfähige →Körperschaften, deren wichtigstes Recht das
→Steuerbewilligungsrecht ist. Sie gliedern sich meist in →Ritter,
Prälaten und →Städte, während die →Bauern nur ausnahmsweise
erfasst werden (z. B. Tirol).
Lit.: Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Landtag ist in den meisten Ländern die Volksvertretung (sonst
Abgeordnetenhaus, →Bürgerschaft). Der L. wird nach
rechtsstaatlichen Wahlgrundsätzen vom Volk des jeweiligen →Lands
gewählt. Seine wichtigsten Aufgaben sind die Schaffung von
Landesgesetzen und die Kontrolle der Landesregierung.
Lit.: Greß, F./Huth, R., Die Landesparlamente, 1998; Hemmer, H., Der Präsident des Landtags,
2000
Landwirt ist der Unternehmer in der →Landwirtschaft.
Landwirtschaft (§ 585 I 2 BGB) ist die Nutzung des Bodens zur
Erzeugung pflanzlicher und tierischer Rohstoffe. Die L. erfährt wegen
ihres relativen Produktivitätsrückstands gegenüber Gewerbe und
Dienstleistungen in erheblichem Umfang staatliche Förderung. Nach
§ 3 HGB finden die Vorschriften des § 1 HGB (Istkaufmann) auf den
Betrieb der Landwirtschaft (und Forstwirtschaft) keine Anwendung,
doch gilt nach § 3 II HGB die Vorschrift des § 2 HGB, so dass ein
Unternehmer berechtigt ist, die Eintragung in das →Handelsregister
gemäß § 2 HGB herbeizuführen (Kannkaufmann).
Lit.: Leingärtner, W., Besteuerung der Landwirte (Lbl.), 3. A. 1999; Engel, E., Landwirtschaft oder
Gewerbe, 1998
Landwirtschaftskammer ist die berufsständische Vereinigung der
Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (Landwirte) auf
landesrechtlicher Grundlage. Sie ist eine
→Selbstverwaltungskörperschaft des öffentlichen Rechts. Ihre
Aufgabe ist die Wahrnehmung berufsständischer Belange.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Landwirtschaftsrecht ist die Gesamtheit der besonderen, die
→Landwirtschaft betreffenden Rechtssätze (z. B. im Erbrecht,
Grundstücksverkehrsrecht). → Agrarrecht
Lit.: Kroeschell, K., Deutsches Agrarrecht, 1983; Wöhrmann, O./Stöcker, H., Das
Landwirtschaftserbrecht, 7. A. 1999; Barnstedt, F./Steffen, W., Gesetz über das gerichtliche
Verfahren in Landwirtschaftssachen, 6. A. 2001; Schweitzer, D., Das Recht der landwirtschaftlichen
Betriebe, 2. A. 1994
Lärm ist das laute, störende Geräusch. Der Verursacher eines Lärms
(z. B. Läuten der Zeit von einem Kirchturm aus) kann zu
Unterlassung, evtl. auch zu Schadensersatz, verpflichtet sein. Erregen
unzulässigen Lärms ist eine Ordnungswidrigkeit (§ 117 OWiG).
Lit.: Pfeifer, F., Lärmstörungen, 9. A. 1999; Hansmann, K., TA Lärm, 2000; Geulen, R./Klinger, R.,
Rechtsschutz Dritter gegen Flughafenlärm, NJW 2001, 1038
Last ist die den Träger beschwerende Gegebenheit. Im Schuldrecht
ist L. eine Leistung, die aus einer →Sache selbst zu entrichten ist und
dadurch deren Nutzwert mindert. Öffentliche Lasten (§ 436 BGB)
sind Leistungen, die kraft öffentlichen Rechts aus einem
→Grundstück zu entrichten sind oder auf diesem selbst ruhen (z. B.
Straßenanliegerbeitrag). Der Verkäufer eines Grundstücks haftet nicht
für die Freiheit des Grundstücks von andern öffentlichen Abgaben
und andern öffentlichen Lasten, die zur Eintragung in das Grundbuch
nicht geeignet sind. Die öffentliche L. kann eine Geldleistungspflicht
oder eine Naturalleistungspflicht sein. →Baulast
Lastenausgleich (§ 1 LAG) ist der generelle Ausgleich der Schäden
und Verluste, die sich infolge der Vertreibungen und Zerstörungen
der Kriegszeit und Nachkriegszeit ergeben haben oder in der
sowjetischen Besatzungszone Deutschlands oder im Sowjetsektor
Berlins entstanden sind, sowie die Milderung von Härten, die infolge
der Neuordnung des Geldwesens nach dem Kriege eingetreten sind.
Der L. erfolgt durch Erhebung von Ausgleichsabgaben einerseits und
Erbringung von Ausgleichsleistungen (z. B. Kriegsschadensrente,
Hauptentschädigung, Eingliederungsdarlehen, Hausratentschädigung
usw.) andererseits.
Lit.: Gallenkamp, G., Der Lastenausgleich, NJW 1999, 2486
Lastschrift ist die im Rahmen eines →Girovertrags erfolgende
Belastung eines Kontos eines Kunden einer →Bank. Auf Antrag eines
Gläubigers erteilt dessen Bank ihm eine vorläufige Gutschrift in Höhe
der bekannt gegebenen →Forderung und belastet damit die Bank des
→Schuldners, die ihrerseits das Konto des Schuldners belastet. Das
Lastschriftverfahren kann darauf beruhen, dass der Schuldner seine
Bank dazu beauftragt (Abbuchungsverfahren) oder dass er seinen
Gläubiger dazu ermächtigt (Einzugsermächtigungsverfahren).
Lit.: Rinze, J., Das Lastschriftverfahren – Rechtsprobleme um das Einzugsermächtigungsverfahren,
JuS 1991, 202; Meder, S., Rechtsfragen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, JuS 1996, 89; Bauer,
K., Das Lastschriftverfahren, Diss. jur. Bayreuth 1998
Lastschriftverfahren →Lastschrift
latent (Adj.) im Verborgenen vorhanden
laudatio (F.) auctoris (lat.) Urheberbenennung
Laufbahn (z. B. § 11 BRRG) ist die Zusammenfassung aller
→Ämter derselben Fachrichtung, die eine gleiche Vorbildung und
Ausbildung voraussetzen (z. B. auswärtiger Dienst,
Lokomotivbetriebsdienst). Die Laufbahnen gehören zu den
Laufbahngruppen des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren
Diensts (Regierungsrat bis Staatssekretär) mit jeweils verschiedenen
Zulassungsvoraussetzungen (Besuch der Volksschule, Mittelschule
[Realschule], Oberschule [Gymnasium] oder Hochschule).
Laufbahnbewerber haben einen →Vorbereitungsdienst abzuleisten.
Lit.: Schröder, H./Lemhöfer, B./Krafft, R., Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten (Lbl.), 1985
Leasing ist der (1962 aus den Vereinigten Staaten von Amerika in
Deutschland gewohnheitsrechtlich übernommene) →Vertrag, bei dem
sich der Leasinggeber zur Überlassung von →Besitz und →Nutzung
an einer Sache, der Leasingnehmer zur Zahlung eines Entgelts
verpflichtet. Im Gegensatz zur →Miete trägt der Leasinggeber weder
die Gefahr des Untergangs der Mietsache noch hat er für →Mängel
oder →Schäden der Mietsache einzutreten. Beim Produzentenleasing
tritt der Produzent als Leasinggeber auf, beim Finanzierungsleasing
dagegen ein (das Leasinggut beim Produzenten kaufender und dem
Leasingnehmer leasender) Geldgeber (Bank). Die rechtliche
Ausgestaltung ähnelt meist der Miete (atypischer Mietvertrag),
teilweise auch dem →Kauf. Die periodisch anfallenden Kosten des
Leasings werden steuerlich als Werbungskosten behandelt. (In
Deutschland wurden 2003 etwa 25 Prozent der neu verkauften
Personenkraftwagen geleast.)
Lit.: Westphalen, F. Graf v., Der Leasingvertrag, 5. A. 1998; Engel, J./Paul, D., Handbuch
Kraftfahrzeugleasing, 2000; Wolf, E./Eckert, H./Ball, W., Handbuch des gewerblichen Miet-, Pachtund Leasingrechts, 8. A. 2000; Weber, J., Die Entwicklung des Leasingrechts; NJW 2003, 2348
Leben ist das aus unbekannter Ursache mögliche, natürliche, zeitlich
begrenzte Dasein eines Lebewesens. Die Verletzung des Lebens eines
Menschen ist im Strafrecht eine →Straftat (§§ 211ff. StGB, →Mord,
→Totschlag, →Tötung) und im Schuldrecht eine unerlaubte
→Handlung (§ 823 I BGB).
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Lebensalter ist das Alter eines Lebewesens. Das L. eines Menschen
kann für seine Rechtsstellung von wesentlicher Bedeutung sein (z. B.
Vollendung des 7. Lebensjahrs [beschränkte →Geschäftsfähigkeit
und privatrechtliche Deliktsfähigkeit, §§ 106ff., 828 II BGB], des
14. Lebensjahrs [beschränkte →Strafmündigkeit, §§ 1ff. JGG], des
16. Lebensjahrs [beschränkte →Testierfähigkeit, mögliche
→Ehefähigkeit und →Eidesfähigkeit, §§ 2229 BGB, 1303 II BGB,
393 ZPO], des 18. Lebensjahrs [→Geschäftsfähigkeit,
→Ehemündigkeit, →Strafmündigkeit, aktives und passives
→Wahlrecht, Fähigkeit zum Erwerb der Fahrerlaubnis,
→Wehrpflicht] sowie des 60.–65. Lebensjahrs [Steuerfreibeträge,
→Rentenversicherung]).
Lit.: Thema Alter, hg. v. Real, K., 2000; Fenge, A., Selbstbestimmung im Alter, 2002; Schmidt, G.,
Das recht der Senioren, 2. A. 2003
Lebenserfahrung ist die Erfahrung, die der Mensch im Laufe seines
Lebens im Umgang mit seinen Mitmenschen macht. Die allgemeine
L. ist die durchschnittliche L. des Menschen. Sie kann als
ergänzendes Hilfsmittel bei der Ermittlung und Beurteilung von
Geschehensabläufen und Verhaltensweisen von Bedeutung sein (z. B.
objektive Vorhersehbarkeit eines Erfolgs).
Lit.: Mummenhoff, W., Erfahrungssätze, 1997
Lebensgemeinschaft ist das auf Dauer angelegte gemeinschaftliche
Zusammenleben mehrerer Menschen. Eheliche L. (§ 1353 I BGB) ist
der gesamte Inhalt des persönlichen Verhältnisses der →Ehegatten
zueinander. Die Ehegatten sind einander grundsätzlich zur ehelichen
L. verpflichtet. Dazu zählen vor allem häusliche Gemeinschaft sowie
Geschlechtsgemeinschaft. Nichteheliche L. ist das eheähnliche
Zusammenleben zweier Menschen verschiedenen (str.) Geschlechts,
die nicht die →Ehe mit einander geschlossen haben (1994 4
Millionen Menschen in Deutschland). Für sie gilt das →Eherecht
nicht. Die Anwendung einzelner Bestimmungen des Familienrechts
ist zweifelhaft. Grundsätzlich soll jedenfalls die nichteheliche L. nicht
besser gestellt werden als die grundgesetzlich geschützte eheliche L.
Beim Tod des Mieters tritt auch der überlebende Angehörige seiner
nichtehelichen L. in ein Mietverhältnis über Wohnraum (§ 563 I 2, II
4 BGB) ein. Hinsichtlich einzelner Gegenstände kann eine
Gesellschaft oder Gemeinschaft der Beteiligten vorliegen.
Lit.: Grziwotz, H., Partnerschaftsvertrag für die nichteheliche und nicht eingetragene
Lebensgemeinschaft, 4. A. 2002; Tzschaschel, H., Vereinbarungen bei nichtehelichen
Lebensgemeinschaften, 3. A. 1997; Wagner, J., Die nichteheliche Lebensgemeinschaft im
deutschen Ausländerrecht, 1998; Burhoff, D., Handbuch der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 2.
A. 1998; Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, hg. v. Hausmann, R. u. a., 1999; Die
Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, hg. v. Basedow, J. u. a., 2000;
Münch, E. v., Zusammenleben ohne Trauschein, 7. A. 2001; Grziwotz, H., Rechtsfragen zur Ehe
und Lebenspartnerschaft, 3. A. 2004
Lebensmittel (§ 1 LMBG) ist der zur Ernährung oder zum Genuss
des Menschen durch Verzehr bestimmte Stoff. Die L. unterliegen in
erheblichem Umfang staatlicher Überwachung. Verletzungen des
Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes sind teilweise
Straftaten und teilweise Ordnungswidrigkeiten. Die Fragwürdigkeit
der Überwachung der L. in der Europäischen Union zeigt sich
beispielhaft bei dem lange als für den Menschen gefährlich
geleugneten Rinderwahnsinn, bei dem als Folge der Kaufenthaltung
der verunsicherten Verbraucher Millionen von Rindern durch
Verbrennung vernichtet wurden.
Lit.: Zipfel, W./Rathke, K., Lebensmittelrecht (Lbl.), 115. A. 2004; Lebensmittelrechts-Handbuch
(Lbl.), hg. v. Streinz, R., 21. A. 2003; Lebensmittelrecht, hg. v. Zipfel, W./Zipfel, G., 15. A. 1996;
Lebensmittelrecht (Lbl.), hg. v. Meyer, A., 93. A. 2003; Schlacke, S., Risikoentscheidungen im
europäischen Lebensmittelrecht, 1998; Lips/Beutner, Ratgeber Lebensmittelrecht, 5. A. 2000;
Hagenmeyer, M., Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, 2001
Lebenspartnerschaft ist die auf unbestimmte Zeit eingegangene
Partnerschaft zweier Menschen zur gemeinsamen Lebensführung. Sie
ist seit 1. 8. 2001 für gleichgeschlechtliche Partner als eingetragene L.
mit eheähnlichen Wirkungen gestaltet (Gesetz zur Beendigung der
Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften). Sie wird
durch gegenseitige persönliche und bei gleichzeitiger Anwesenheit
vor der zuständigen Behörde abgegebene, bedingungsfeindliche und
zeitbestimmungsfeindliche Erklärung, miteinander eine Partnerschaft
auf Lebenszeit führen zu wollen, begründet. Die Lebenspartner sind
einander zu Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen
Lebensgestaltung verpflichtet. Sie können einen gemeinsamen Namen
bestimmen. Sie sind einander zum angemessenen Unterhalt
verpflichtet. Sie müssen entweder erklären, den Vermögensstand der
Ausgleichsgemeinschaft vereinbart zu haben, oder einen
Lebenspartnerschaftsvertrag abgeschlossen haben. Die Vereinbarung
der Vermögenstrennung durch Lebenspartnerschaftsvertrag ist nicht
im Güterrechtsregister einzutragen. Der überlebende Lebenspartner
ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben
Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte
der Erbschaft gesetzlicher Erbe. Ein Lebenspartner gilt als
Familienangehöriger des andern Lebenspartners. Bei Getrenntleben
ist Unterhalt zu leisten. Die L. wird auf Antrag mindestens eines
Lebenspartners durch gerichtliches Urteil aufgehoben.
Lit.: Lebenspartnerschaftsgesetz, hg. v. Bruns, M./Kemper, R., 2001;
Muscheler, K., Das Recht der eingetragenen Lebenspartnerschaft,
2001; Die eingetragene Lebenspartnerschaft, hg. v. Schwab, D., 2002;
Wellenhofer-Klein, M., Die eingetragene Lebenspartnerschaft, 2003;
Grziwotz, H., Beratungshandbuch Lebenspartnerschaft, 2003
Lebensrisiko ist die Gefahr eines Schadens, die das menschliche
Leben als solches mit sich bringt. Das allgemeine L. ist insoweit das
übliche Risiko, dem jeder Mensch unterliegt und das der Einzelne
selbst zu tragen hat. →Schäden, die auf Grund des allgemeinen
Lebensrisikos eintreten, kann der Geschädigte nicht ersetzt verlangen
(z. B. Erkrankung infolge der allgemeinen Umweltbelastung,
Ciguateravergiftung durch ein Essen in einem von einem
Reiseveranstalter vermittelten Hotel). Ein Schaden kann einem
Verhalten nur dann zugerechnet werden, wenn die Verhaltenspflicht
auch gerade dieses Schadensrisiko erfassen wollte. Andernfalls gehört
er zum Bereich des allgemeinen Lebensrisikos.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Lebensversicherung (§§ 159ff. VVG) ist die Versicherung des
Lebens eines Menschen. Sie ist eine →Personenversicherung, die sich
auf das Leben des →Versicherungsnehmers oder eines Dritten
beziehen kann. Sie ist entweder Erlebensfallversicherung oder
Todesfallversicherung sowie entweder Summenversicherung (bzw.
Kapitalversicherung) oder Rentenversicherung. Der Versicherte kann
vereinbaren, dass die Versicherungsleistung an einen Dritten zu
erbringen ist (Bezugsberechtigter, →Vertrag zu Gunsten Dritter).
Lit.: Tonndorf, F./Horn, G., Lebensversicherung von A–Z, 13. A. 1999; Kurzendörfer, V.,
Einführung in die Lebensversicherung, 3. A. 2000; Reuter, H., Die Lebensversicherung im
Steuerrecht, 9. A. 1997; Häffner-Schroeder, S., Ratgeber Lebensversicherung, 2. A. 2000; Elfring,
C., Das System der drittbezogenen Ansprüche bei der Lebensversicherung, NJW 2004, 483
legal (Adj.) gesetzlich
Legaldefinition ist die vom Gesetzgeber in ein →Gesetz eingefügte
Bestimmung des Inhalts eines Begriffs, mit dem der Gesetzgeber
diesen Begriff verbunden wissen will (z. B. § 1 I HGB Kaufmann im
Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt). Die
L. kann sich als zu eng oder zu weit herausstellen (str.), so dass
→Analogie oder →Reduktion erforderlich sein können.
Lit.: Ebel, F., Über Legaldefinitionen, Diss. jur. Tübingen 1973; Bund, E., Heutige Anforderungen
an Legaldefinitionen, in: Rationalisierung der Gesetzgebung, 1984
Legalenteignung ist die durch ein Gesetz erfolgende →Enteignung,
gegen die der Betroffene nur mit der →Verfassungsbeschwerde gegen
das die Enteignung anordnende Gesetz vorgehen kann.
Legalisation (F.) Beglaubigung (bestimmter Urkunden)
Legalität ([formelle] Gesetzmäßigkeit) ist die Übereinstimmung
eines Verhaltens mit den Anforderungen der Rechtsordnung.
Lit.: Pott, C., Die Außerkraftsetzung der Legalität, 1996; Erb, V., Legalität und Opportunität, 1999
Legalitätsprinzip (Gesetzmäßigkeitsgrundsatz) (z. B. § 152 II StPO)
ist das Prinzip, dass die →Staatsanwaltschaft, soweit nicht gesetzlich
ein anderes bestimmt ist, verpflichtet ist, wegen aller verfolgbaren
Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche
Anhaltspunkte für eine solche Straftat vorliegen. Das L. beruht in der
Gegenwart auf dem →Gleichheitsgrundsatz des →Grundgesetzes. Es
ist an sich nur für wenige Randbereiche vom →Opportunitätsprinzip
durchbrochen. Es ist durch den Tatbestand der →Strafvereitelung im
Amt strafrechtlich abgesichert (§ 258a StGB). Es bedeutet im
Verwaltungsrecht die Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht.
Lit.: Bottke, W., Grundlagen des polizeilichen Legalitätsprinzips, JuS 1990, 81; Pott, C., Die
Außerkraftsetzung der Legalität, 1996; Eisenberg, U. u. a., § 152 II StPO, NJW 1998, 2241;
Döhring, S., Ist das Strafverfahren vom Legalitätsprinzip beherrscht?, 1999
legal realism ([engl.] N.) Rechtsrealismus
Legalzession ([F.] Gesetzesabtretung) (§ 412 BGB) ist der Übergang
einer →Forderung kraft Gesetzes. Die L. ist vom Gesetzgeber in
zahlreichen Einzelfällen angeordnet (z. B. §§ 268 III, 426 II, 774 I
BGB, 67 VVG). Nach § 412 BGB finden auf die L. die Vorschriften
über die →Abtretung entsprechende Anwendung.
Legat (M.) →Gesandter
Legat (N.) →Vermächtnis
legatus (lat. [M.]) Legat, →Gesandter
legatum (lat. [N.]) Legat, →Vermächtnis
Legis actio (lat. [F.] Vorgehen aus Recht, Legisaktion) ist im älteren
römischen Recht die Art und Weise, wie in feierlichen Spruchformen
ein Recht verfolgt werden kann. Insgesamt gibt es 5 Formen des
Legisaktionsverfahrens, das in zwei Abschnitten (vor dem
Gerichtsmagistrat [in iure], vor dem Geschworenenrichter [apud
iudicem]) abläuft. Das Legisaktionenverfahren wird vom
Formularverfahren abgelöst.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Legislative ([F.] Gesetzgebung) ist im gewaltengeteilten Staat die
gesetzgebende →Gewalt (→Parlament).
Legislaturperiode (Gesetzgebungsperiode) ist die Wahlperiode, für
welche die gesetzgebende Körperschaft gewählt wird.
Legitimation ([F.] Rechtfertigung, Nachweis) ist der Nachweis der
Berechtigung eines Verhaltens oder Zustands. Im Familienrecht
(§§ 1719ff. BGB) war bis zum Gesetz vom 16. 12. 1997 L.
(nichtehelicher Kinder) die Verschaffung der Stellung eines ehelichen
→Kindes für ein nichteheliches Kind.
Legitimationspapier ist die →Urkunde, bei deren Vorlage der
→Schuldner ohne Prüfung der Berechtigung (grundsätzlich) mit
befreiender Wirkung an den Vorlegenden leisten kann (z. B.
→Sparbuch, § 808 I 1 BGB). Das L. kann →Wertpapier sein (z. B.
Sparbuch), braucht es aber nicht (z. B. Garderobenschein,
Gepäckschein, § 807 BGB [Inhaberkarte]). Ebenso ist nicht jedes
Wertpapier auch L. (z. B. Wechsel).
Legitimierung (F.) Rechtfertigung
Legitimität ([F.] Gesetzmäßigkeit, Rechtmäßigkeit) ist die
Rechtfertigung des →Staats durch inhaltliche Werte bzw. in einem
weiteren Sinn die Übereinstimmung eines Verhaltens oder Zustands
mit einer behaupteten Wertordnung.
Lehen, Lehn (zu leihen) ist im mittelalterlichen und
frühneuzeitlichen deutschen Recht ein Gut, das ein (adliger) Mensch
(Lehnsherr, z. B. König) gegen (höhere) Dienste und Treue einem
andern Menschen (Lehnsmann, z. B. Herzog) – ursprünglich nur auf
Zeit – zur Nutzung überlässt. Für L. gilt das →Lehnsrecht. Vom L.
streng zu trennen ist die →Grundherrschaft mit ihrem
Rechtsverhältnis zwischen adligem Grundherrn und unfreiem, zu
einfachen Diensten und Abgaben verpflichtetem Bauern.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Lehnsrecht ist im älteren deutschen Recht objektiv die Gesamtheit
der das →Lehen betreffenden Rechtssätze sowie subjektiv die
Berechtigung zu einem Lehen.
Lit.: Hübner, R., Deutsches Privatrecht; Köbler, G., Lehnrechtsbücher, in: Handwörterbuch zur
deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 2 1978, 1690
Lehrbeauftragter (§ 55 HRG) ist der im Hauptamt außerhalb der
→Universität tätige Mensch, der zur Ergänzung des Lehrangebots für
eine besondere Lehrveranstaltung an der Universität eine besondere
Beauftragung (Dienstvertrag) erhalten hat.
Lit.: Reich, A., Hochschulrahmengesetz, 8. A. 2002
Lehre ist die Gesamtheit der von der Wissenschaft zu Rechtsfragen
vorgetragenen Ansichten sowie deren Vermittlung. Herrschende L.
ist die Ansicht, die von der Mehrzahl der Autoren vertreten wird. Sie
braucht nicht unbedingt auch richtige L. zu sein. Bis 1969 wurde auch
die →Berufsbildung als L. bezeichnet.
Lit.: Köbler, Jurist
Lehrfreiheit (Art. 5 III GG) ist die Freiheit, die wissenschaftlich
gewonnenen Einsichten und Überzeugungen uneingeschränkt zu
verbreiten.
Lehrling ist die ältere Bezeichnung für den, der nach dem
→Berufsbildungsgesetz eine Berufsbildung durchläuft
(→Auszubildender).
Lehrstuhl ist die planmäßige Stelle eines (ordentlichen) Professors.
Sie wird auf Grund einer Berufung erlangt. Dem L. sind meist
persönliche und sachliche Mittel zugeordnet, die mit der
Berufungsvereinbarung dem Berufenen zugesichert werden und nur
durch Rechtsbruch entzogen werden können (→Pacta sunt servanda).
Lit.: Köbler, Jurist
Leibeigenschaft ist im neuzeitlichen deutschen Recht die meist durch
Überlassung von Bodennutzung und damit verbundener
grundherrlicher Bindung erreichte persönliche Abhängigkeit eines
Menschen von einem andern.
Lit.: Sugenheim, S., Geschichte der Aufhebung der Leibeigenschaft und Hörigkeit, 1861; Henning,
F., Herrschaft und Bauernuntertänigkeit, 1969
Leibesfrucht (lat. [M.] nasciturus) ist das →Kind im Mutterleib von
der Zeugung bis zur Vollendung der Geburt. Die L. ist nicht
rechtsfähig. Sie wird aber in einzelnen Beziehungen von der
Rechtsordnung geschützt (z. B. § 844 II Sicherung des
→Unterhaltsanspruchs, § 1923 II BGB →Erbrecht, § 823 I BGB
→Schadensersatz wegen vorgeburtlicher Schädigung, in Deutschland
z. B. rund 2750 durch das von Schwangeren eingenommene
Schlafmittel Contergan Geschädigte).
Leibgedinge (§ 96 EGBGB) ist der →Vertrag, in dem eine Person
sich zur Leistung von →Unterhalt auf Lebenszeit gegenüber einem
Menschen verpflichtet.
Leibrente (§ 759 BGB) ist das einheitlich nutzbare Recht, eingeräumt
auf die Lebenszeit des Berechtigten oder eines andern Menschen,
dessen Erträge (Nutzungen) aus regelmäßig wiederkehrenden
gleichmäßigen Leistungen von →Geld oder andern →vertretbaren
Sachen bestehen. Die Verpflichtung zur Bestellung einer L. kann auf
unterschiedliche Weise erfolgen. Diese Verpflichtung wird erfüllt
durch den Leibrentenvertrag, der hinsichtlich der
Versprechenserklärung grundsätzlich formbedürftig ist (§ 761 BGB).
Lit.: Lafrentz, K., Die Leibrente, 1994 (Diss.)
Leiche ist der Körper eines gestorbenen oder tot geborenen
Menschen. Die L. ist privatrechtlich eine Sache, die aus Gründen der
Pietät dem Rechtsverkehr entzogen ist (str.). Sie ist strafrechtlich in
gewisser Weise geschützt (§ 168 StGB). Im Verwaltungsrecht sind
für die Bestattung der L. bestimmte Fristen vorgeschrieben.
Lit.: Strätz, H., Zivilrechtliche Aspekte der Rechtsstellung des Toten, 1971; Stellpflug, M., Der
strafrechtliche Schutz des menschlichen Leichnams, 1996
Leichenschau (§ 87 StPO) ist die Betrachtung einer →Leiche. Sie ist
eine Form des →Augenscheins. Sie kann äußere oder innere L.
(Leichenöffnung) sein.
Lit.: Müller, K., Leichenschau, 2. A. 1999
leicht (Adj.) einfach, gering an Gewicht
Leichtfertigkeit (z. B. § 251 StGB) ist der erhöhte Grad von
→Fahrlässigkeit, der objektiv der groben Fahrlässigkeit des
Privatrechts – Außerachtlassung der Sorgfalt in ungewöhnlich hohem
Maße – entspricht, subjektiv aber die persönlichen Fähigkeiten und
Kenntnisse des Täters zugrunde legt. L. kann ein
Qualifikationsmerkmal sein. Vgl. a. § 18 StGB.
Lit.: Uekötter, K., Das Merkmal Leichtfertigkeit bei strafrechtlichen Erfolgsdelikten, 1992 (Diss.)
Leihe (§§ 598ff. BGB) ist der unvollkommen zweiseitig
verpflichtende →Vertrag, in dem sich der eine Teil (Verleiher)
verpflichtet, dem andern Teil (Entleiher) den Gebrauch der →Sache
auf Zeit unentgeltlich zu gestatten. Im Gegensatz zum →Darlehen ist
dieselbe Sache, die geliehen wurde, – nach Ablauf der Leihzeit –
zurückzuerstatten, so dass der Entleiher nur →Besitz, nicht auch
→Eigentum an der geliehenen Sache erlangt. Im Gegensatz zur
→Miete ist der Entleiher nicht zu einem Entgelt verpflichtet. Der
Verleiher hat nur für →Vorsatz und grobe →Fahrlässigkeit zu haften.
Leistung (§§ 241, 362 I BGB) ist der Gegenstand der Verpflichtung
des Schuldners gegenüber dem Gläubiger (z. B. Willenserklärung,
tatsächliche Handlung, Unterlassung). Zur Entstehung eines
→Schuldverhältnisses ist erforderlich, dass die L. bestimmt oder
mindestens bestimmbar ist. Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die
geschuldete L. – ganz (, nicht nur teilweise, vgl. § 266 BGB – so, wie
Treu und Glauben es mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern,)
an den Gläubiger bewirkt wird, ohne dass ein besonderer
Erfüllungsvertrag nötig ist (str.). Hat der Schuldner nicht selbst zu
leisten, kann ein Dritter die L. ohne Einwilligung des Schuldners
bewirken (§ 267 BGB). Teilbare L. ist die L., die sich ohne
Wertminderung und ohne Beeinträchtigung des Leistungszwecks in
gleichartige Teile zerlegen lässt. L. im Bereicherungsrecht ist jede
bewusste und gegenüber dem Empfänger zweckgerichtete
Vermögensvermehrung. Sie ist Voraussetzung der
→Leistungskondiktion. L. an Erfüllung Statt (§ 364 I BGB) ist die L.
eines andern als des an sich geschuldeten Gegenstands. Sie ist
grundsätzlich ein erfolgloser Erfüllungsversuch. Sie bewirkt jedoch
→Erfüllung, wenn der Gläubiger die andere, nichtgeschuldete
Leistung annimmt. L. erfüllungshalber ist die L. eines andern als des
geschuldeten Gegenstands, ohne dass der Schuldner damit
unmittelbar erfüllen will. Das Schuldverhältnis erlischt daher auch
erst dann, wenn dem Gläubiger aus der mit der L. erfüllungshalber
zusätzlich geschaffenen Befriedigungsmöglichkeit tatsächlich Werte
zufließen. Der Gläubiger ist, wenn L. erfüllungshalber vereinbart ist,
aus →Treu und Glauben verpflichtet, zuerst Befriedigung aus der L.
erfüllungshalber zu suchen.
Lit.: Harder, M., Die Leistung an Erfüllungs Statt, 1976; Gernhuber, J., Die Erfüllung und ihre
Surrogate, 2. A. 1994; Lobinger, T., Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004
Leistungsbescheid ist der feststellende →Verwaltungsakt, in dem
eine zu erbringende Leistung (z. B. Stipendium, Pension) des Staats
verbindlich festgesetzt wird.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Leistungsgefahr ist die Gefahr, bei Untergang des
Leistungsgegenstands die →Leistung (noch) erbringen zu müssen. Sie
trifft den →Schuldner. Er wird bei der →Stückschuld durch nicht zu
vertretende Unmöglichkeit von ihr befreit (§ 275 I BGB). Bei
→Gattungsschulden kann diese Folge regelmäßig erst nach ihrer
→Konkretisierung (in eine →Stückschuld) eintreten.
Leistungsinhalt ist der Inhalt der vom →Schuldner zu bewirkenden
→Leistung. Er kann in einem Handeln (→Tun) oder →Unterlassen
(u. a. Dulden) bestehen. Er muss bestimmt oder (durch →Gesetz, eine
→Partei oder einen Dritten) bestimmbar sein.
Leistungsklage ist die auf eine →Leistung des Beklagten (Tun,
Unterlassen [u. a. Dulden]) gerichtete →Klage. Die zulässige und
begründete L. führt zu einem →Leistungsurteil. Dieses kann
vollstreckt werden.
Leistungskondiktion (§§ 812ff. BGB) ist der
→Bereicherungsanspruch, der sich darauf gründet, dass der
Bereicherungsschuldner den Vermögensvorteil (etwas) durch eine
→Leistung des Bereicherungsgläubigers erlangt hat. Die L. steht in
Gegensatz zur →Nichtleistungskondiktion. Sie zerfällt nach der Art
des Fehlens des rechtfertigenden Grunds in mehrere Unterfälle
(§§ 812 I 1, 2, 817 S. 1 BGB).
Lit.: Schnauder, F., Der Stand der Rechtsprechung zur Leistungskondiktion, JuS 1994, 537
Leistungskontrolle ist die Überprüfung einer Leistung.
Studienbegleitende Leistungskontrollen unter Prüfungsbedingungen
sind Leistungsnachweise, die in einem Studium in einer überwachten
Prüfung zu erbringen sind. § 5a IV DRiG sah von etwa 1985 bis 1993
eine solche L. für das rechtswissenschaftliche Studium vor, um eine
sachgerechte Ausbildung abzusichern, scheiterte aber an Kollusion.
Lit.: Köbler, Anfängerübung
Leistungsort (§ 269 BGB) (Erfüllungsort) ist der Ort, an dem der
→Schuldner die →Leistung zu bewirken hat. Dies ist die
Leistungsstelle, an welcher der Schuldner die →Leistungshandlung
vorzunehmen hat, wobei sich bei →Holschuld und →Bringschuld der
L. (Leistungshandlungsort) mit dem →Erfolgsort
(Leistungserfolgsort) deckt. Der L. bestimmt sich gemäß § 269 BGB
nach zwingendem →Gesetz, dann nach der →Parteivereinbarung,
dann nach den Umständen, insbesondere der Natur des
→Schuldverhältnisses. Im Zweifel ist L. der →Wohnsitz des
Schuldners (anders bei →Geldschulden § 270 BGB). Bedeutsam ist
der L. für den →Annahmeverzug, das →Zurückbehaltungsrecht, die
→Konkretisierung, den →Gefahrübergang und den →Verzug.
Lit.: Schack, H., Der Erfüllungsort, 1985
Leistungsschutzrecht (§§ 70ff. UrhG) ist das dem →Urheberrecht
verwandte Immaterialgüterrecht an solchen geistigen Leistungen, die
in der Entdeckung, Verwirklichung, Verwertung oder Auslegung
eines →Werks bestehen (z. B. Ausgabe eines urheberrechtlich nicht
geschützten Werks [z. B. Telefonbuch], Lichtbild, Vortrag,
Aufführung).
Lit.: Schwinge, T., Leistungsschutzrechte, 1999; Peukert, A., Die Leistungsschutzrechte, 1999
Leistungsstörung ist der Umstand, der den auf ordnungsgemäße
Erfüllung der Pflichten des Schuldners gerichteten vereinbarten
Ablauf des →Schuldverhältnisses nicht unwesentlich beeinträchtigt.
Von rechtlicher Bedeutung sind auf Seiten des Schuldners allgemein
Ausbleiben der Leistung, →Verzug und Mangelhaftigkeit der
Leistung, auf Seiten des Gläubigers →Annahmeverzug. Sie können
zu wesentlicher Umgestaltung des Schuldverhältnisses führen. Bei
Unmöglichkeit ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen (§ 275
BGB). Bei Pflichtverletzung haftet der Schuldner nach § 280 BGB.
Lit.: Emmerich, V., Das Recht der Leistungsstörungen, 5. A. 2003; Zimmer, D., Das neue Recht der
Leistungsstörungen, NJW 2002, 1; Matthaeus, D., Schuldrechtsmodernisierung 2001/2002 – Die
Neuordnung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, JuS 2002, 209; Medicus, D., Die
Leistungsstörungen im neuen Schuldrecht, JuS 2003, 522
Leistungsurteil ist das auf eine zulässige und begründete
→Leistungsklage hin ergehende →Urteil. Seine →Vollstreckung
erfolgt im Zivilverfahrensrecht nach den §§ 803ff. ZPO. Sie hängt in
ihrer Art von der Art des eingeklagten →Anspruchs ab (z. B.
Geldforderung, Herausgabe von Sachen u. a.).
Leistungsverwaltung ist die die Interessenverfolgung der Mitglieder
des Gemeinwesens durch gewährende Tätigkeit unmittelbar fördernde
öffentliche →Verwaltung (→Daseinsvorsorge, z. B.
Wasserversorgung, Elektrizitätsversorgung, Müllabfuhr,
Verkehrsbetrieb, Rundfunk). Sie steht im Gegensatz zur
→Eingriffsverwaltung und bedarf (nicht in gleichem Maße) wie diese
einer gesetzlichen Grundlage (str.). Die Leistungsgewährung kann
öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet sein. Die L. lässt
sich gliedern in Vorsorgeverwaltung, Sozialverwaltung und
Förderungsverwaltung.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Hermes, G., Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998
Leistungsverweigerung ist die Verweigerung der Leistungshandlung
durch den →Schuldner. Sie ist grundsätzlich eine
Vertragspflichtverletzung. Sie kann aber durch ein
→Leistungsverweigerungsrecht gerechtfertigt sein.
Lit.: Fikentscher, Schuldrecht
Leistungsverweigerungsrecht ist das Recht des →Schuldners, die
Bewirkung seiner →Leistung trotz seiner Leistungsverpflichtung zu
verweigern. Ein L. kann sich ergeben aus einem
→Zurückbehaltungsrecht (z. B. §§ 273, 1000 BGB, 371 HGB). Nach
§ 275 II BGB kann der Schuldner die Leistung verweigern, soweit
diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des
Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem
groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers
steht, wobei zu berücksichtigen ist, ob der Schuldner das
Leistungshindernis zu vertreten hat. Nach § 275 III BGB kann der
Schuldner die Leistung verweigern, wenn er die Leistung persönlich
zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung
entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des
Gläubigers nicht zugemutet werden kann. Die Rechte des Gläubigers
bestimmen sich in allen Fällen des § 275 BGB nach den §§ 280, 283285, 311a und 326 BGB. Im gegenseitigen Vertrag kann der
Schuldner seine Leistung bis zur Bewirkung der Leistung der andern
Seite verweigern, wenn er nicht vorleistungspflichtig ist, sein
Anspruch fällig ist und die Leistung hierauf noch nicht bewirkt ist
(§ 320 I BGB).
Leistungswettbewerb ist der positive, in der Förderung der
Absatztätigkeit des eigenen Unternehmens durch die eigene tüchtige
Leistung (Preis, Güte, Kundendienst) bestehende →Wettbewerb. Im
Gegensatz zum unerlaubten Behinderungswettbewerb, bei dem die
Angebote der Mitbewerber unterdrückt werden, bringt der L. diese
frei zur Geltung und öffnet den Markt. Der L. ist grundsätzlich
erlaubter Wettbewerb, auch wenn mit ihm der Erwerb zu Lasten eines
Mitbewerbers bezweckt ist.
Lit.: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht
Leistungswucher →Wucher
Leistungszeit (§ 271 BGB) ist die Zeit, zu der die Leistung
(Leistungshandlung) des →Schuldners zu erbringen ist. Dies kann
sowohl der Zeitpunkt der →Erfüllbarkeit – der Schuldner darf leisten
– wie auch der →Fälligkeit – der Gläubiger darf fordern – sein (im
Zweifel ist die Forderung gleichzeitig erfüllbar und fällig). Die L.
kann sich ergeben aus zwingendem →Gesetz, der
→Parteivereinbarung, abänderbarem →Gesetz und den Umständen.
Im Zweifel kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen und der
Schuldner sie sofort bewirken. Ist eine Leistungszeit bestimmt, so
kann der Gläubiger im Zweifel die Leistung nicht vor der Zeit
verlangen, der Schuldner sie aber vorher bewirken (§ 271 II BGB).
Lit.: Christiansen, J., Forderungsrecht und Leistungszeit, 1998
leitend (Adj.) führend
leitender Angestellter →Angestellter, leitender
Leitsatz ist der aus dem Inhalt einer Entscheidung eines Gerichts
entnommene, deren wesentlichen Kern enthaltende Satz. Er ist in
Veröffentlichungen von →Entscheidungen diesen vielfach
vorangestellt. Er hat rechtlich jedenfalls keine größere Wirkung als
die Entscheidung selbst, dient praktisch aber vielfach als Richtschnur
für die andern, meist unteren →Gerichte.
Lit.: Fischer, D., Die urheberrechtliche Schutzfähigkeit gerichtlicher Leitsätze, NJW 1993, 1228;
Leitsatzkartei des deutschen Rechts auf CD-Rom, 1997; Leitsatzkartei des deutschen Rechts auf
CD-ROM Sonderausgabe nur für Studenten und Rechtsreferendare, 2000
Leitung ist die planmäßige Führung eines Umstands.
Leitungsrecht ist objektiv die Gesamtheit der eine Leitung
betreffenden Rechtssätze und subjektiv der Anspruch auf Anbringung
und Nutzung einer Leistung.
Lit.: Krimmel, T., Unentgeltliche Leitungsrechte, 1998
Lenkung ist die bewusste Steuerung eines Ablaufs.
Lenkungsabgabe ist die der Lenkung eines Ablaufs dienende
Abgabe.
Lit.: Sacksofsky, U., Verfolgung ökologischer und anderer
öffentlicher Zwecke durch Instrumente des Abgabenrechts, NJW
2000, 2619
Lesung ist allgemein das Betrachten und Erkennen des Sinns von
Schriftzeichen und im Verfassungsrecht (§§ 78ff. GeschOBT) die
Beratung eines Gesetzentwurfs im →Parlament. Diese erfolgt
grundsätzlich dreifach. In der ersten L. werden die Grundsätze der
Gesetzesvorlage besprochen. In der nach Abschluss der
Ausschussberatungen stattfindenden zweiten L. wird über einzelne
Bestimmungen beraten. In der abschließenden dritten L. wird
nochmals über Grundzüge und Einzelheiten sowie die
diesbezüglichen Abänderungsanträge beraten und dann abgestimmt.
letter (N.) of intent (engl.) Absichtserklärung, Fixierungsvertrag
Lit.: Lutter, M., Der letter of intent, 3. A. 1998; Jahn, H., The Letter
of Intent, 2000
letztes Wort →Wort, letztes
letztwillig (Adj.) dem letzten Willen entsprechend
letztwillige Verfügung →Verfügung, letztwillige
Leumund (M.) Ruf
Leumundszeugnis →Führungszeugnis
lex (lat. [F.] [Pl.] leges) Gesetz, u. U. Klausel, Recht
Lit.: Lieberwirth, Fachausdrücke; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Lex (F.) Aquilia ([lat.] aquilisches Gesetz) (286 v. Chr.) ist das
römische Volksgesetz, das die Ersatzleistungen für
Sachbeschädigungen neu regelt und damit einen Grundpfeiler für die
gesamte folgende Entwicklung des →Schadensersatzrechts bildet.
Lit.: Hausmaninger, H., Das Schadenersatzrecht der lex Aquilia, 5. A. 1996
lex (F.) commissoria (lat.) Verwirkungsklausel
Lex (F.) fori ([lat.] Gesetz des Gerichts, Recht des Gerichtsorts) ist
im internationalen Privatrecht die möglicherweise anzuwendende
Rechtsordnung des Entscheidungsorts.
Lit.: Jackel, F., Die Reichweite der lex fori, 1995
Lex (F.) generalis ([lat.] allgemeines Gesetz) ist die allgemeine
Bestimmung, die von einer besonderen Bestimmung (→ lex specialis)
eingeschränkt werden kann (z. B. § 119 durch §§ 434ff. BGB).
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Lex (F.) imperfecta ([lat.] unvollkommenes Gesetz) ist das Gesetz,
das für die Erfüllung seines →Tatbestands keine →Rechtsfolge (z. B.
Strafe, Unwirksamkeit) vorsieht (z. B. früher Fahren ohne Anlegen
eines Sicherheitsgurts).
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Lex (F.) mercatoria ([lat.] kaufmännisches Recht) ist im römischen
Recht die Gesamtheit der zum römischen →ius gentium zählenden
Handelsbräuche. In der Gegenwart ist l. m. die Gesamtheit der aus
völkerrechtlichen Gesetzen, Ordnungen internationaler
Organisationen, Vertragspraktiken, Urteilen und allgemeinen
Rechtsgrundsätzen abgeleiteten Sätze zur Entscheidung
internationaler Wirtschaftsstreitigkeiten. Beispiele für l. m. sind good
faith (Treu und Glauben), pacta sunt servanda, clausula rebus sic
stantibus, Rechtsmissbrauch (abus de droit) oder culpa in
contrahendo.
Lit.: Weise, P., Lex mercatoria, 1990; Stein, U., Lex mercatoria, 1995
lex (F.) posterior (lat.) späteres Gesetz
Lex (F.) posterior derogat legi priori ([lat.] das spätere Gesetz geht
dem früheren Gesetz vor) ist ein wichtiger Entscheidungsgrundsatz
beim scheinbaren Widerspruch zweier Gesetze.
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
lex (F.) prior (lat.) früheres Gesetz
Lex (F.) rei sitae ([lat.] Gesetz der belegenen Sache) ist im
internationalen Privatrecht die möglicherweise anzuwendende
Rechtsordnung des Orts, an dem sich eine Sache (z. B. Grundstück)
befindet.
Lex (F.) Salica ([lat.] salisches Recht, 507–511 n. Chr.) ist in der
deutschen Rechtsgeschichte das lateinisch aufgezeichnete
Stammesrecht der salischen Franken.
Lit.: Pactus legis Salicae, hg. v. Eckhardt, K., 1962
Lex (F.) specialis ([lat.] besonderes Gesetz) ist die spezielle
Bestimmung, die eine allgemeine Bestimmung einschränken kann (z.
B. § 2018 BGB gegenüber § 985 BGB).
Lex (F.) specialis derogat legi generali ([lat.] das spezielle Gesetz
geht dem allgemeinen Gesetz vor) ist ein wichtiger
Entscheidungsgrundsatz beim scheinbaren Widerspruch zweier
Gesetze.
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
liber (lat. [M.] [1]) Buch
liber (lat. [M.] [2]) Freier, freier (Mann)
Liberalismus ist die im 18. Jh. ausgebildete Lehre von Staat,
Wirtschaft und Gesellschaft, die sich von der freien Entfaltung des
Einzelnen die bestmögliche Entwicklung der Gesellschaft erhofft. Der
L. strebt daher für den Einzelnen größtmögliche Freiheit an. Dem
Staat belässt er nur die Funktionen des Schutzes und der
Gewährleistung der individuellen Freiheit (Nachtwächterstaat). Jeder
Eingriff des Staats in die Freiheit des Einzelnen bedarf einer
Rechtsgrundlage, weshalb der Staat des L. auch als →Rechtsstaat
verstanden werden kann.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Leonhard, J., Liberalismus, 2001
Liber (M.) extra →Corpus iuris canonici
Liber (M.) sextus →Corpus iuris canonici
Libralgeschäft ist im älteren römischen Recht das mit Erz und
Waage ([lat.] per aes et libram) vor 5 Zeugen und einem Waagehalter
von einem Menschen (Erwerber) – in Gegenwart des Veräußerers –
vorgenommene Geschäft (z. B. Ergreifung einer handgreifbaren
Sache eines andern Menschen und Zuwägung des realen Gegenwerts
in Erz). →Manzipation.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
licentia (lat. [F.]) Erlaubnis, früher auch Lehrberechtigung
Lidlohn (Hörigen?-lohn) (z. B. §§ 59, 61 KO) war im →Konkurs der
Entgeltanspruch für Dienstleistungen.
Liebhaberinteresse ist der rein persönliche Erinnerungswert oder
Gefühlswert des Geschädigten gegenüber der beschädigten Sache, der
vom →Schädiger grundsätzlich nicht ersetzt zu werden braucht.
Ausgaben aus L. lassen sich im Steuerrecht grundsätzlich nicht
steuermindernd von Einkünften abziehen.
Liechtenstein ist das zwischen Österreich und der Schweiz gelegene,
sich zunehmend an die Schweiz anlehnende, wegen seiner
Steuervorteile beliebte, zuletzt wegen Geldwäsche ins Gerede
gekommene Fürstentum.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Das neue liechtensteinische Strafgesetzbuch, hg. v. Stotter, H.,
1988; Die neue liechtensteinische Strafprozessordnung, hg. v. Stotter, A., 1988; Die
liechtensteinische Verfassung 1921, 1994; Wille, H., Die Normenkontrolle, 1999; Wagner, J./Plüss,
A., Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. A. 2000; Wagner, J., Bankenplatz Liechtenstein, 2000;
Götzenberger, A., Steueroase Liechtenstein, 2000; Liechtenstein 5 Jahre im EWR, hg. v. VP-Bank,
2000
Lieferschein ist das Begleitpapier einer →Ware eines Lieferanten,
das nach Unterzeichnung durch den Empfänger zur Beweisurkunde
über den Empfang wird.
Liegenschaft ist die (ältere) Bezeichnung für die unbewegliche
→Sache (→Grundstück).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Leesmeister, O., Materielles Liegenschaftsrecht, 2. A.
1996; Riegler, R., Ein europäischer Liegenschaftsvertrag, 1999
Liegenschaftsbuch ist die Angabensammlung über →Liegenschaften
(1995 für Brandenburg automatisiertes L.). →Kataster
Lit.: Schwab, K./Prütting, H., Sachenrecht, 31. A. 2003
limitiert (Adj.) begrenzt, beschränkt
limitierte Akzessorietät →Akzessorietät, limitierte
Linguistik ist die Wissenschaft von der Sprache und ihren
allgemeinen Erscheinungen. Die L. versucht insbesondere allgemeine
Erkenntnisse zu gewinnen, die unabhängig von einer historischen
Sprache gelten. Die L. ist für die →Rechtsmethodologie bedeutsam.
Lit.: Köbler, Jurist
Linie ist die Verbindung zweier Punkte. Im Erbrecht sind
→Verwandte in gerader L. Menschen, deren einer von dem andern
abstammt (z. B. Urgroßvater und Urenkel). Verwandte in der
Seitenlinie sind Verwandte, die nicht in gerader L. verwandt sind,
aber von demselben Menschen abstammen (z. B. Geschwister, Neffen
und Nichten).
Liquidation ([F.] Verflüssigung, Berechnung, Abwicklung) ist die
Abwicklung der Rechtsverhältnisse einer aufgelösten →Gesellschaft
(z. B. §§ 47ff., 730ff. BGB, 145ff. HGB, 264ff. AktG). Sie findet
immer dann statt, wenn die Gesellschafter keine andere Form der
→Auseinandersetzung vereinbaren. Grundsätzlich erfolgt die L.
durch Beendigung der laufenden →Geschäfte, →Tilgung der
Schulden, Einziehung der →Forderungen, Umsetzung des Vermögens
in Geld sowie Verteilung des schließlich vorhandenen
Geldvermögens. Die L. wird durchgeführt von Liquidatoren.
Während der L. besteht die Gesellschaft als eine
Abwicklungsgesellschaft, die mit der werbenden Gesellschaft bis auf
den Gesellschaftszweck identisch ist, fort.
Lit.: Hess, H./Weis, M., Liquidation und Sanierung, 1999
List (§ 234 StGB Menschenraub) ist das geflissentliche und schlaue
Verbergen der verfolgten Absicht (z. B. durch Täuschung).
Lit.: Krack, R., List als Straftatbestandsmerkmal, 1994
Listenwahl →Verhältniswahl
Litis contestatio (lat. [F.] Streitbefestigung) ist im römischen
Prozessrecht die Einsetzung des Streits durch den Gerichtsmagistrat,
womit sich die Parteien gegenüber dem Magistrat dem künftigen
Spruch des Geschworenenrichters unterwerfen und ein zweiter Streit
ausgeschlossen ist.
Lit.: Kaser, M./Hackl, K., Das römische Zivilprozessrecht, 2. A. 1997
litis denuntiatio (lat. [F.]) Streitverkündung
Litteralvertrag ist im römischen Recht der Vertrag, bei dem die
Obligation nur auf Grund eines Schriftakts entsteht.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Lizenz ([F.] Erlaubnis) ist im Immaterialgüterrecht die von einem
Berechtigten einem Dritten erteilte Erlaubnis, ein Recht wirtschaftlich
zu nutzen (z. B. →Patent, →Urheberrecht, Verlagsrecht). Die L. wird
in der Regel auf Grund eines (entgeltlichen) Lizenzvertrags erteilt. Sie
kann sich aber auch auf eine Gesetzesbestimmung (gesetzliche L.)
oder auf eine hoheitliche Anordnung (Zwangslizenz) gründen. Der
Umfang der L. kann verschieden sein.
Lit.: Beck, H., Der Lizenzvertrag im Verlagswesen, Diss. jur. München 1962; Stumpf, H./Groß, M.,
Der Lizenzvertrag, 7. A. 1998; Grützmacher/Laier/May, Der internationale Lizenzverkehr, 8. A.
1997; Pagenberg/Geissler, Lizenzverträge, 5. A. 2003; Fammler, M., Der Markenlizenzvertrag,
2000; Emmert, R., Die Stellung der Markenlizenz, 2001
lobby (engl. [N.]) Wandelhalle, Interessenvertretung
Lit.: Buholzer, R., Legislatives Lobbying, 1998; Gündisch, J./Mathijsen, P., Rechtssetzung und
Interessenvertretung in der Europäischen Union, 1999
Locatio conductio (F.) operarum ([lat.] Hinstellung – Mitführung
von Werken) ist im römischen Recht der →Dienstvertrag.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Locatio conductio (F.) operis ([lat.] Hinstellung – Mitführung eines
Werks) ist im römischen Recht der →Werkvertrag.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Locatio conductio (F.) rei ([lat.] Hinstellung – Mitführung einer
Sache) ist im römischen Recht der →Mietvertrag.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Logik ist die Fähigkeit richtig zu denken. Genauer versteht man
hierunter die Lehre von den formalen Beziehungen zwischen
Denkinhalten, deren Beachtung im tatsächlichen Denkvorgang für
dessen Richtigkeit entscheidend ist. Hauptteile der L. sind die Lehre
vom Begriff, von der Aussage und vom Schluss (→Syllogismus). In
der Rechtswissenschaft steht die L. nur neben der wertenden bzw.
politischen Entscheidung.
Lit.: Schneider, E., Logik für Juristen, 5. A. 1999; Ratschow, E., Rechtswissenschaft und formale
Logik, 1998
Lohn ist im Arbeitsrecht das Entgelt des Arbeitgebers für die Arbeit
des Arbeitnehmers bzw. der →Arbeitslohn des →Arbeitnehmers.
Lohnfortzahlung →Entgeltfortzahlung
Lit.: Schmitt, J., Lohnfortzahlungsgesetz, 1992
Lohnpfändung (§§ 850ff. ZPO) ist die Pfändung von
Arbeitseinkommen. Für den Lohn besteht ein besonderer
→Pfändungsschutz. Bestimmte Bezüge sind unpfändbar bzw. nur
bedingt pfändbar. Außerdem ist jedes Arbeitseinkommen unpfändbar,
das einen gewissen Mindestbetrag nicht übersteigt (§ 850c ZPO).
Eine ausländische Pfändung hat, solange die internationale
Rechtswirkung der Pfändung nicht völkerrechtlich vereinbart ist,
keine Rechtswirkung für den im Inland auszuzahlenden Lohn eines
im Inland ansässigen und beschäftigten Arbeitnehmers.
Lit.: Zwehl, H. v., Lohnpfändung, 15. A. 1996; Dörndörfer, J., Lohnpfändung, 1997; Willikonsky,
B., Lohnpfändung und Drittschuldnerklage, 1998; Honold, B., Die Pfändung des
Arbeitseinkommens, 1998; Depré, P./Bachmann, W., Die Praxis der Lohnpfändungstabellen, 5. A.
2002
Lohnsteuer (§§ 19, 38ff. EStG) ist die →Steuer von →Einkünften
aus nichtselbständiger →Arbeit. Sie ist ein Unterfall der
→Einkommensteuer. Die Steuerbeträge sind vom →Arbeitgeber, dem
der Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte auszuhändigen hat, zu
berechnen, einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Der
Arbeitnehmer kann am Jahresende die Durchführung eines
Lohnsteuerjahresausgleichs beantragen.
Lit.: Lohnsteuerrecht, 10. A. 2004; Lohnsteuertabellen, 14. A. 2004; Knur/Schlather, Lohnsteuer
und Sozialversicherung (Lbl.), 30. A. 2004; Küch, B./Scheuer, A./Valder, S., Einkommen- und
Lohnsteuer, 6. A. 2001; Schreyer, D./Cämmerer, J., Der Lohnsteuersparer 2000, 30. A. 2001;
Heuermann, B./Wagner, K./Schmidt, E., Lohnsteuer (Lbl.), 33. A. 2002; Walter, V./Hottmann, J.,
Lohnsteuer, 11. A. 2001; Handbuch zur Lohnsteuer 2004, hg. v. Deutschen wissenschaftlichen
Steuerinstitut der Steuerberater e. V., 2004
Lokaltermin (Ortstermin, z. B. § 219 ZPO) ist der an einem andern
Ort als der Gerichtsstelle abgehaltene →Termin (z. B. zwecks
→Augenscheins).
Lokusprinzip (N.) Ortsgrundsatz, →Rang
Lombard (M.) langobardische (Beleihung)
Lombardkredit ist das →Darlehen (Kredit), das durch
→Pfandrechte oder →Sicherungsübereignung beweglicher Sachen,
insbesondere von →Wertpapieren, gesichert ist.
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Londoner Deklaration ist die von keinem Beteiligten ratifizierte,
aber gleichwohl gewohnheitsrechtlich geltende Zusammenfassung der
allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts über verschiedene
Fragen des Seekriegsrechts durch die Londoner Konferenz der
Seemächte im Jahre 1909.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Londoner Schuldenabkommen ist das am 27. 2. 1953 vereinbarte,
mit Gesetz vom 24. 8. 1953 von der Bundesrepublik Deutschland
angenommene und am 16. 9. 1953 in Kraft getretene Abkommen über
die vor dem 8. 5. 1945 entstandenen, festgestellten oder fälligen
deutschen Auslandsschulden gegenüber ursprünglich 18 andern
Staaten in Höhe von 14450 Mill. DM.
Longa manu traditio (lat. [F.] Übergabe langer Hand) ist die Art der
Übereignung, bei welcher der Erwerber nicht (bereits vor dem
Erwerb) im Besitz der Sache ist. →brevi manu traditio
Los (Anteil) (§ 763 BGB) ist die →Urkunde über eine auf einen
→Lotterievertrag (Spielvertrag, Glückspielvertrag) gegründete
Gewinnchance. Der Erwerb des Loses ist meist ein →Kauf einer
Hoffnung ([lat.] emtio [F.] spei). Nach der Ziehung wird das
gewinnberechtigte L. zur →Inhaberschuldverschreibung. Daneben ist
L. auch ein Entscheidungsmittel (z. B. § 6 II 5 BWG).
Löschung ist die →Beurkundung, dass ein in ein öffentliches
→Register eingetragenes →Recht aufgehoben wird. Im Sachenrecht
(§ 875 BGB) ist zur Aufhebung eines Rechts an einem →Grundstück
grundsätzlich außer der Aufgabeerklärung des Berechtigten die L. des
Rechts im Grundbuch erforderlich. Sie wird (bei manueller
Grundbuchführung) durch rotes Unterstreichen des betreffenden
Textes durchgeführt.
Löschungsanspruch (§§ 1179ff. BGB) ist der →Anspruch einer
Person auf →Löschung einer Eintragung. Ein L. kann sich nach
→§ 1179 BGB aus einer rechtsgeschäftlichen Verpflichtung des
→Eigentümers ergeben. Darüber hinaus kann nach § 1179a BGB der
Gläubiger einer →Hypothek von dem Eigentümer kraft Gesetzes
verlangen, dass dieser eine vorrangige oder gleichrangige Hypothek
löschen lässt, wenn sie im Zeitpunkt der Eintragung der Hypothek des
Gläubigers in das →Grundbuch mit dem Eigentum am Grundstück in
einer Person vereinigt ist oder später vereinigt wird. Nach § 1179b
BGB steht unter diesen Voraussetzungen auch dem, der als Gläubiger
einer Hypothek eingetragen ist, ein L. bezüglich des für ihn
ausgewiesenen Rechts zu.
Löschungsbewilligung ist die →Bewilligung eines Betroffenen zur
→Löschung eines →Rechts an einem →Grundstück im
→Grundbuch.
Löschungsvormerkung (§ 1179 BGB) ist die →Vormerkung zur
Sicherung des – durch Vertrag zwischen Eigentümer und
Berechtigten geschaffenen – Anspruchs einer Person (z. B.
nachrangiger Hypothekengläubiger) gegen den Eigentümer auf
Löschung der →Hypothek für den Fall, dass diese sich mit dem
Eigentum in einer Person vereinigt. Sie soll verhindern, dass der
Eigentümer zu Lasten des nachrangigen Hypothekengläubigers eine
→Eigentümerhypothek behält. →Löschungsanspruch
Lotterie (§ 763 BGB) ist das in Form von Lotterieverträgen
betriebene Spiel.
Lotterievertrag (und Ausspielvertrag) ist der →Vertrag, bei dem der
Unternehmer mit einer Mehrheit von Spielern Verträge schließt, in
denen er verspricht, gegen Einsätze, die meist in Geld bestehen, nach
Maßgabe eines im Wesentlichen auf dem Zufall basierenden
Spielplans Gewinne an die spielplanmäßig ermittelten Gewinner zu
leisten (z. B. Lotto, Toto). Der L. ist verbindlich, wenn die Lotterie
staatlich genehmigt ist. Die öffentliche Veranstaltung eines
Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis wird mit Freiheitsstrafe bis
zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 284 StGB).
Lit.: Tettinger, P./Ennuschat, J., Grundstrukturen des deutschen Lotterierechts, 1999
Lucidum intervallum (lat. [N.] lichter Zwischenraum) ist der
Zeitraum, in dem ein Geistesgestörter zurechnungsfähig ist. Die in
diesem Zeitraum geschlossenen →Rechtsgeschäfte sind wirksam
(vgl. § 104 BGB). Im Strafrecht kommt es darauf an, ob
→Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB vorliegt.
Lücke ist die Stelle, an der etwas fehlt. In der Rechtsmethodologie ist
L. der bei nachträglicher objektiver Betrachtung vom Gesetz (str.)
nicht erfasste Regelungsbereich. Aufgabe der Methodenlehre ist die
Feststellung der Lücke und deren sachgerechte Schließung (z. B.
durch →Analogie).
Lit.: Canaris, C., Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. A. 1983
lucrum (N.) cessans (lat.) entgehender Gewinn, →Schaden
Luft ist die die Erdkruste umgebende Gasschicht.
Luftrecht ist die Gesamtheit der die Luft und den Luftraum –,
welcher der Hoheit des →Staats untersteht, über dessen Territorium
er sich erstreckt, – betreffenden Rechtssätze. Dazu gehört
insbesondere das Luftfahrtrecht. Dieses ist vor allem im
Luftverkehrsgesetz geregelt. Es bestimmt die grundsätzliche Freiheit
der Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge. Weiter setzt es
eine besondere →Zulassung der Luftfahrzeuge (vgl. § 2 LuftVG) und
eine besondere →Erlaubnis der Luftfahrer zum Luftverkehr voraus
(§ 4 LuftVG). Der Halter eines Luftfahrzeugs haftet für die beim
Betrieb des Luftfahrzeugs entstandenen →Schäden aus
→Gefährdungshaftung (§§ 33ff. LuftVG). Nach einer Konvention
zum Schutz für Fluggäste im internationalen Luftverkehr (Montreal
28. 5. 1999) haftet das Luftfahrtunternehmen bei unverschuldeten
Personenschäden (Gesundheitsschädigung, Tötung) bis zu rund 12500
Euro, bei unverschuldeten Personenschäden unbegrenzt.
Lit.: Schwenk, W., Handbuch des Luftverkehrsrecht, 2. A. 1996; Luftverkehrsrecht, hg. v. Kämper,
N., 2. A. 2003; Hofmann, H./Grabherr, E., Luftverkehrsgesetz (Lbl.), 7. A. 2003; Recht der
Luftfahrt, hg. v. Giemulla, E. u. a., 4. A. 2003; Ruhwedel, E., Der Luftbeförderungsvertrag, 3. A.
1998; Fey, S., Die Erlaubnis zum Führen von Luftfahrzeugen, 1997; Hillebrandt, T., Das
Haftungsrecht für Personenschäden in der zivilen Luftfahrt, 1999; Helm, S., Die Deutsche
Lufthansa AG, 1999; Saenger, I., Harmonisierung des internationalen Luftprivatrechts, NJW 2000,
169; Lücke, A., Bilaterale Luftverkehrsabkommen, 2000; Benkö, M./Kadletz, A., Unfallhaftpflicht in
Luftverkehrssachen, 2001; Schmid, R./Tonner, K., Meine Rechte als Fluggast, 2003
Luganer Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen
(LGVÜ) über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen und Handelssachen vom
16. 9. 1988 ist das die Grundsätze des Europäischen Gerichtsstandsund Vollstreckungsübereinkommens (EuGVÜ) der Sache nach auch
auf Finnland, Island, Norwegen, Österreich, Schweden und die
Schweiz erstreckende Übereinkommen. Seit 1. März 2002 gilt die
EU-Verordnung 44/2001.
Lüge ist die bewusst unwahre Aussage (z. B. E. erklärt, X
missbrauche öffentliche Mittel, obwohl E weiß, dass das nicht zutrifft,
oder E. erklärt, D habe den Antrag gestellt, obwohl er weiß, dass er
selbst ihn gestellt hat, oder E. erklärt Unterschriftslisten in
Vorlesungen seien gang und gäbe, obwohl er weiß, dass sie unüblich
sind). Die L. ist als solche nicht strafbar. Sie ist aber unredlich und
kann Grundlage eines →Betrugs werden.
Lügendetektor (bzw. Polygraph) ist das Gerät, das die
Schwankungen etwa der Atmung oder des Blutdrucks bei
Erregungszuständen aufzeichnet. Es soll dadurch unwahre Angaben,
deren Äußerung angeblich eine Veränderung des Körperzustands
bewirkt, erkennen lassen. Im deutschen Strafverfahrensrecht ist der L.
wegen der wissenschaftlichen Unsicherheit des Zusammenhangs
zwischen Lüge und Körperreaktion bzw. zwischen emotionalen
Zuständen eines Menschen und hierfür spezifischen
Reaktionsmustern im vegetativen Nervensystem (z. B. ist es nicht
gesichert, dass ein zu Unrecht Verdächtigter emotional ruhiger
reagiert als ein Täter) für das →Strafverfahren nicht zugelassen (vgl.
§ 136a StPO). Die Verwendung eines Lügendetektors auf Antrag
eines Angeklagten ist nicht grundgesetzlich geboten.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den L. bestehen nicht.
Lit.: Delvo, Der Lügendetektor im Strafprozess der USA, 1981; Wegner, Täterschaftsermittlung
durch Polygraphie, 1981; Kargl, W./Kirsch, S., Zur Zulässigkeit eines untauglichen Beweismittels
im Strafverfahren, JuS 2000, 537
Lügner ist der eine →Lüge äußernde Mensch (z. B. E. erklärt, er
habe eine Weisung nicht erteilt, die er nachweislich erteilt hat). Es gilt
das Rechtssprichwort wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und
wenn er auch die Wahrheit spricht. Der erwiesene L. hat sein Gesicht
verloren, auch wenn er sich noch so sehr als Ehrenmann zu gerieren
versucht.
Lustmord (§ 211 II StGB) ist die →Tötung eines Menschen zur
Befriedigung des Geschlechtstriebs. →Mord
Luxemburg ist der von Deutschland, Belgien und Frankreich
eingegrenzte mitteleuropäische Staat, der zu den
Gründungsmitgliedern der Europäischen Gemeinschaften bzw.
Europäischen Union gehört. Sein Recht ist von Frankreich
beeinflusst. L. ist Sitz des Europäischen Gerichtshofs und des
Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Bossaert, D., Das Großherzogtum Luxemburg, 1992;
Luxembourg, hg. v. Lefebrve, F., 5. A. 1998
luxuria (lat. [F.]) Verschwendung
Lynchjustiz ist die rechtswidrige Bestrafung (Hinrichtung) eines
Menschen ohne rechtmäßiges Verfahren, insbesondere durch eine
aufgebrachte Volksmenge. Die Bezeichnung geht vielleicht auf einen
amerikanischen Friedensrichter des 17. Jh.s. namens Lynch zurück.
Lit.: Köbler, G., Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995
M
Maastrichter Vertrag (1992) ist der zweite die Römischen Verträge
von 1957 abändernde Vertrag der →Europäischen Gemeinschaft
(→Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, →Europäischen Union).
Lit.: Maastricht - Ratifizierung und Verfassungsprozess, 1993
Macht ist die umfassendere Handlungsmöglichkeit. Fremde M. (z. B.
§ 93 I StGB) ist die außerhalb der →Bundesrepublik bestehende, mit
öffentlicher Gewalt ausgestattete Einrichtung auf höchster Ebene,
insbesondere jede ausländische Regierung. Tatsachen, die vor ihr
geheimgehalten werden müssen, sind →Staatsgeheimnisse.
Machtpyramide ist im Verfassungsrecht die Art, den →Staat bildlich
darzustellen, bei der auf einer breiten Staatsbasis (Staatsvolk) ein
schmalerer Staatsunterbau (Staatsbedienstete) und auf diesem an der
Spitze der Pyramide die Staatsführung (Einzelmensch, kleines
Gremium) steht. →Lehnsrecht mit Lehnspyramide
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Magister (lat. [M.] Lehrer) ist vor allem im mittelalterlichen und ausländischen, teilweise aber auch
im geltenden deutschen Recht ein – später dem →baccalaureus folgender – akademischer →Grad
(vgl. z. B. master of arts [M. A.], master of comparative law [M. C. L.]).
Magistrat (M.) Amt, Behörde, auch der Amtsinhaber
Magistratsverfassung ist die (dualistische) →Gemeindeverfassung
mit einem Magistrat. Die M. steht im Gegensatz zur
→Bürgermeisterverfassung. Die unechte M. kennt neben dem
willensbildenden und politischen Vertretungsorgan (Rat) als
ausführendes kollegiales Verwaltungsorgan den Magistrat (z. T. in
Hessen). Die echte M., bei welcher der Magistrat mitwirkendes
Beschlussorgan ist (Zweikammersystem), gibt es in Deutschland nicht
mehr. Der Magistrat besteht aus ehrenamtlich und hauptamtlich
tätigen Mitgliedern unter Vorsitz eines Bürgermeisters.
Magna Charta (F.) libertatum ([lat.] große Urkunde der Freiheiten)
ist in der englischen Rechtsgeschichte die Urkunde, in welcher der
König am 15. (?) 6. 1215 unmittelbar dem hohen →Adel Rechte
(betreffend Freiheit, Eigentum und Verfahren) zusicherte, die
mittelbar auch →Bürgern und →Bauern zugute kamen.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
magna cum laude (lat.) mit großem Lob
Mahnantrag (§ 690 ZPO) ist der auf einen →Mahnbescheid
gerichtete Antrag im →Mahnverfahren.
Mahnbescheid (§ 692 ZPO) ist die im →Mahnverfahren auf Antrag
ergehende gerichtliche Entscheidung, die eine Aufforderung zur
Erfüllung eines Anspruchs enthält. Der M. ist ein →Beschluss. Auf
ihn kann →Widerspruch gegen den Anspruch erhoben werden.
Lit.: Samson, E./Schneider, R., Der Mahnbescheid und seine Vollstreckung, 2. A. 1984
Mahngericht ist das das →Mahnverfahren durchführende Gericht. In
Bayern ist M. ein einheitliches Gericht für etwa 1500000 Verfahren
jährlich.
Mahnung (§ 286 I BGB) ist die einseitige empfangsbedürftige
→Erklärung des Gläubigers, mit der er den Schuldner dringlich zur
sofortigen – ausnahmsweise zur fristgebundenen – →Leistung
auffordert. Als M. genügt jede eindeutige und bestimmte
Aufforderung, mit der zum Ausdruck gebracht wird, dass die
geschuldete Leistung verlangt wird. Die M. ist keine
→Willenserklärung, sondern nur eine rechtsgeschäftsähnliche
→Handlung. Sie ist grundsätzlich Voraussetzung für das Eintreten
des →Verzugs. Sie ist unter bestimmten Voraussetzungen
entbehrlich.
Mahnverfahren (§§ 688ff. ZPO) ist die besondere Prozessart, in der
für eine bestimmte Art von voraussichtlich unstreitigen
→Ansprüchen (auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme in Euro)
ohne →Verhandlung dem →Gläubiger eines →Anspruchs ein
rechtskräftiger, vollstreckbarer →Titel verschafft werden kann. Das
M. beginnt mit einem Antrag des Gläubigers (Antragstellers) auf
Erlass eines →Mahnbescheids. Auf den dem Schuldner
(Antragsgegner) zugestellten Mahnbescheid hin kann der
Antragsgegner →Widerspruch erheben. Wird rechtzeitig Widerspruch
erhoben, kann ein streitiges Verfahren durchgeführt werden. Wird
nicht rechtzeitig Widerspruch erhoben, erlässt das Gericht auf Antrag
des Gläubigers (Antragstellers) einen →Vollstreckungsbescheid
(§ 699 ZPO). Gegen den Vollstreckungsbescheid findet wie gegen ein
Versäumnisurteil →Einspruch statt. Wird Einspruch erhoben, so wird
ein streitiges Verfahren durchgeführt. Für das M. ist das
→Amtsgericht (→Rechtspfleger) zuständig (§ 689 ZPO). Eine
maschinelle Bearbeitung ist zulässig (z. B. AG Bremen seit 1. 10.
2001).
Lit.: Salten, U. u. a., Das automatisierte gerichtliche Mahnverfahren, 1996; Fischer,
Antragsrücknahme im Mahnverfahren, MDR 1994, 124; Fischer, Problematik bei Zahlung des
Schuldners, MDR 1997, 706; Fischer, Probleme bei Widerspruch und Einspruch, MDR 1998, 885;
Selbmann, R., Das Mahnverfahren, 2. A. 2002; Mewing/Nickel, Mahnen – Klagen – Vollstrecken, 6.
A. 2003
Makler (§ 652 BGB) ist der gegen Entgelt eine Gelegenheit zum
Abschluss eines →Vertrags nachweisende oder einen Vertrag
vermittelnde Mensch. Für den M. gelten die besonderen Vorschriften
über den →Maklervertrag. Der M. kann →Kaufmann sein.
Bestimmte M. sind nach den §§ 93ff. HGB →Handelsmakler. Im
Verwaltungsrecht bedarf der gewerbsmäßige M. von Grundstücken,
Räumen und Darlehen (Immobilienmakler) einer →Erlaubnis zur
Ausübung seines →Gewerbes (§ 34c GewO).
Lit.: Marcks, P., Makler- und Bauträgerverordnung, 7. A. 2003; Dyckerhoff, R./Brandt, J., Das
Recht des Immobilienmaklers, 11. A. 2003; Matusche, A., Pflichten und Haftung des
Versicherungsmaklers, 4. A. 1995; Wegener, U./Sailer, E., Der Makler und sein Auftraggeber, 5. A.
1997; Heymann, E./Wagner, K./Rösler, P., MaBV für Notare und Kreditinstitute, 2000; Handbuch
für Immobilienmakler und Immobilienberater, hg. v. Sailer, E. u. a., 2003
Maklerrecht ist die Gesamtheit der den Makler bzw. den Maklervertrag betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Bethge, U., Maklerrecht in der Praxis, 2. A. 1999; Mäschle, W., Maklerrecht, 2. A. 2002;
Schwerdtner, P., Maklerrecht, 4. A. 1999; Zopfs, J., Maklerrecht, 2000
Maklervertrag (§ 652 BGB) ist der →Vertrag, bei dem sich der
Auftraggeber unter der Voraussetzung des Zustandekommens eines
Vertrages verpflichtet, dem →Makler für den Nachweis der
Abschlussgelegenheit oder für die Vertragsvermittlung eine
Vergütung (Maklerlohn) zu entrichten. Der Makler ist zu einer
Tätigkeit nicht verpflichtet. Die Vergütungspflicht entsteht nur, wenn
der Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des
Maklers zustande kommt.
Lit.: Schwerdtner, P., Maklerrecht, 4. A. 1999; Klingmann, J., Maklerverträge im internationalen
Privatrecht, 1999; Weishaupt, A., Der Maklervertrag im Zivilrecht, JuS 2003, 1166
mala fides (lat. [F.]) böser Glaube
Manager ist der angestellte Leiter eines Unternehmens.
Lit.: Altmeppen, H., Die Haftung des Managers im Konzern, 1998; Weber/Hoß/Burmester,
Handbuch der Managerverträge, 2000; Weitnauer, W., Management Buy-out, 2003; Thümmel, R.,
Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 3. A. 2003
Mancipatio (lat. [F.] Manzipation, Handgreifung) ist im römischen
Recht für zahlreiche Geschäfte (z. B. Übertragung einer Sache,
Adoption, Mitgift u. a.) der wichtige Formalakt (Libralgeschäft), bei
dem ein Mensch (Erwerber) eine handgreifbare Sache ([lat.] res [F.]
mancipi) eines andern Menschen (Veräußerer) vor 5 Zeugen und
einem Waagehalter unter Zuwägenlassen des realen Gegenwerts in
Erz ergreift.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Mandant ist der Auftraggeber eines →Rechtsanwalts. Zwischen
beiden besteht ein →Geschäftsbesorgungsvertrag. Der Rechtsanwalt
hat umfangreiche Sorgfalts- und Aufklärungspflichten.
Mandat ist die Beauftragung (z. B. eines Rechtsanwalts durch einen
→Mandanten). Der Beauftragte handelt in fremdem Namen, so dass
das M. im Gegensatz zur →Delegation die →Zuständigkeit nicht
verändert. Im Verfassungsrecht hat – in einem davon verschiedenen
Sinn – der →Abgeordnete ein M. (Art. 38 GG) als Vertreter des
ganzen Volks. Dieses M. ist kein imperatives M., weil es nicht an den
ursprünglichen oder späteren Willen der Wähler des →Abgeordneten
geknüpft ist.
Lit.: Kerscher/Tanck/Krug, Das erbrechtliche Mandat, 1998; Bachmeier, W., Das Mandat in
Verkehrszivilsachen, 1999
mandatum (lat. [N.]) Auftrag
Mangel (z. B. 434ff. BGB) ist im Schuldrecht beim →Kauf der
→Fehler eines Gegenstands oder das Fehlen der Freiheit des
Gegenstands von Rechten Dritter. Der M. kann Sachmangel oder
Rechtsmangel sein. Der M. begründet für den Gläubiger die Rechte
des § 437 BGB (z. B. Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung,
Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen). § 378 HGB
erweitert den Begriff des Mangels für den beiderseitigen
Handelskauf. Genehmigungsfähiger M. ist dort der M., der nicht so
erheblich ist, dass der Verkäufer bei objektiver Betrachtung eine
Genehmigung für ausgeschlossen halten musste. Eine besondere
Regelung für einen M. kennt auch das Recht der →Miete und des
→Werkvertrags.
Lit.: Heilmann, Mängelgewährleistung im UN-Kaufrecht, 1994; Meier, S., Die kaufrechtlichen
Mängeleinreden, 2000; Lorenz, S., Selbstvornahme der Mängelbeseitigung, NJW 2003, 1417
Mangelfolgeschaden (z. B. 434ff. BGB) ist der Schaden, der infolge des →Mangels einer
→Leistung des →Schuldners an →Rechtsgütern des →Gläubigers entsteht (z. B. wegen des
mangelhaften Viehfutters des Lieferanten gehen die Schweine des Käufers ein). Der M. steht im
Gegensatz zum →Mangelschaden.
Lit.: Choi, B., Mangelschaden, Mangelfolgeschaden und
Folgeschaden ohne Mangel, 2003
Mangelrüge ist die (formfreie) Anzeige eines →Mangels nach seiner
Art und seinem Umfang, die erkennen lässt, dass der Anzeigende von
den aus dem Mangel für ihn hervorgehenden Rechten Gebrauch
machen will. Die M. ist eine rechtsgeschäftsähnliche →Handlung. Sie
ist beim beiderseitigen →Handelskauf grundsätzlich eine
Voraussetzung der Erhaltung der Rechte des Käufers aus einem
Mangel der Ware (§ 377 HGB).
Lit.: Meeske, Die Mängelrüge, 1965
Mangelschaden (z. B. §§ 434ff. BGB) ist der →Schaden, der dem
Betroffenen in Gestalt der mangelhaften Sache selbst entsteht (z. B.
das gelieferte Viehfutter hat wegen des Mangels einen geringeren
Wert). Der M. steht im Gegensatz zum →Mangelfolgeschaden.
Lit.: Choi, B., Mangelschaden, Mangelfolgeschaden und
Folgeschaden ohne Mangel, 2003
Mantelkauf ist der Kauf eines in das Handelsregisters eingetragenen,
noch nicht mit einem wirklichen Unternehmen verbundenen
Firmenmantels.
Lit.: Mayer, U., Mantelkauf und Mantelverwendung, NJW 2000, 175
Manteltarifvertrag ist der grundlegende, auf längere Zeit berechnete
→Tarifvertrag, in dem die Arbeitsbedingungen geregelt werden, die
nicht ständiger Änderung unterliegen (z. B. →Arbeitszeit).
Lit.: Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht
Manzipation (F.) Handgreifung, →mancipatio
Marburger Programm (1882) ist das Reformprogramm Franz von
Liszts, das eine Differenzierung der →Spezialprävention nach
Tätertypen vorsieht (→Gelegenheitstäter [Strafe als Denkzettel],
verbesserliche →Hangtäter [Strafe mit Resozialisierung],
unverbesserliche Hangtäter [Verwahrung]).
Lit.: Göppinger, Kriminologie
Mare (N.) liberum ([lat.] freies Meer) ist die Bezeichnung für den im
neuzeitlichen Völkerrecht geltenden Grundsatz, dass das offene Meer
keiner →Hoheitsgewalt eines →Staats unterliege, sondern frei sei.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Marke (§ 3 MarkenG) ist das Zeichen (, insbesondere Wörter
einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen,
Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form
einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen
einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen), das geeignet ist,
Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von den Waren
oder Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Für die
M. gilt das im →Markenrechtsreformgesetz verkündete
Markengesetz. Für die Marke entsteht Markenschutz durch die
Eintragung eines Zeichens als M. in das vom Patentamt geführte
Register, durch Benutzung nach Erlangung von Verkehrsgeltung oder
durch notorische Bekanntheit als M. (§ 4 MarkenG). Der
Markenschutz gewährt dem Inhaber nach gebührenpflichtiger
Eintragung durch das Patentamt ein ausschließliches Recht auf 10
Jahre, aus dem ein Unterlassungsanspruch und ein
Schadensersatzanspruch folgen können (§ 14 MarkenG).
Lit.: Schmieder, H., Name – Firma – Titel – Marke, JuS 1995, 119; Klaka, R., Die europäische
Gemeinschaftsmarke, 1996; Großner, I., Der Rechtsschutz bekannter Marken, 1998; Thilo, A.,
Neue Formen der Marke im Markenrecht, Diss. jur. Konstanz 1998; Handbuch der Markenpiraterie
in Europa, hg. v. Harte-Bavendamm, H., 2000
Markenartikel →Markenware
Markengesetz ist das das Recht der →Marke regelnde Gesetz.
Lit.: Ströbele, P./Klaka, R., Markengesetz, 6. A. 2000; Ingerl, R./Rohnke, C., Markengesetz, 2. A.
2003
Markenrecht ist das die →Marke betreffende Recht.
Lit.: Ilzhöfer, V., Patentrecht, Markenrecht und Urheberrecht, 5. A. 2002; Berlit, W., Das neue
Markenrecht, 5. A. 2003; Fezer, K., Markenrecht, 3. A. 2001; Marx, C., Deutsches und
europäisches Markenrecht, 1997; Rinnert, S., Die Erschöpfung von Markenrechten, 2000; Celli, A.,
Internationales Kennzeichenrecht, 2001; Markenrecht, hg. v. Schultz, D. v., 2002; Markenrecht, hg.
v. Ekey, F./Klippel, D., 2002
Markenware (§ 38a GWB) ist das Erzeugnis, dessen Lieferung in
gleichbleibender oder verbesserter Güte von dem preisempfehlenden
→Unternehmen gewährleistet wird und das mit einem seine Herkunft
kennzeichnenden Merkmal (Firmenzeichen, Wortzeichen oder
Bildzeichen) versehen ist (z. B. bestimmte Lebensmittel,
Niveacreme). Für die M. ist grundsätzlich eine unverbindliche
(vertikale) →Preisempfehlung zulässig.
Lit.: Rinck/Schwark, Wirtschaftsrecht
Markgenossenschaft ist seit dem Hochmittelalter die →Genossenschaft der an der →Allmende
Nutzungsberechtigten.
Markt (z. B. §§ 64ff. GewO) ist die zu bestimmter Zeit und an
bestimmten Ort abgehaltene Veranstaltung zum Zweck des Verkaufs
und →Kaufs von →Waren (z. B. Wochenmarkt, Jahrmarkt, Messe).
Danach wird auch die Stelle oder gar der gesamte Ort, an dem diese
Veranstaltung stattfindet, als M. bezeichnet. Gemeinsamer M. ist das
einheitliche Wirtschaftsgebiet der →Europäischen Union.
Lit.: Schubert, T., Der Gemeinsame Markt als Rechtsbegriff, 1999; Schwalba, M., Die
wettbewerbsbezogene Abgrenzung des relevanten Marktes, 2000
Marktordnung ist die Beeinflussung des gesamtwirtschaftlichen
→Markts eines bestimmten Gebiets durch regelnde Maßnahmen des
→Staats zur Erreichung bestimmter wirtschaftspolitischer bzw.
politischer Ziele. Die M. beschränkt die freie →Marktwirtschaft. Sie
findet sich in der Gegenwart insbesondere im Bereich der
landwirtschaftlichen Erzeugnisse.
Lit.: Rechtsfragen der europäischen Marktordnungen, hg. v. Ehlers, D. u. a., 1998
Marktpreis eines Orts ist der Durchschnittspreis, der sich
unabhängig von besonderen zufälligen Umständen der Preisbildung
aus der Vergleichung einer größeren Anzahl an diesem Ort zur
maßgeblichen Zeit geschlossenen →Kaufverträge für Waren der
betreffenden Beschaffenheit ergibt.
Marktrecht ist die Gesamtheit der einen Markt betreffenden
Rechtssätze und im mittelalterlichen und neuzeitlichen deutschen
Recht auch das durch Privileg gewährte Recht, einen Markt
abzuhalten.
Marktwirtschaft ist die Wirtschaftsform, in der die wirtschaftlich
relevanten Entscheidungen über Produktion, Investition, Distribution
und Konsum dezentralisiert und den individuellen
Wirtschaftssubjekten überlassen sind. Grundsätzliche
Voraussetzungen hierfür sind →Privatautonomie (→Vertragsfreiheit),
Eigentum (→Privateigentum) sowie →Berufsfreiheit und
→Gewerbefreiheit. Gegensatz zur M. ist die zentrale
→Planwirtschaft. Bei der freien M. herrscht völlig freier
→Wettbewerb, bei der gelenkten M. (z. B. sozialen M.) greift der
Staat (z. B. aus sozialen Überlegungen) zur Verhinderung gewisser
Störungen oder Schwierigkeiten ein.
Lit.: Soll und Haben, hg. v. Nörr, K., 1999; Quaas, F., Soziale Marktwirtschaft, 2000
Maschine ist die technisch nutzbare Arbeit leistende oder Energie
von einer Form in eine andere Form umleitende Vorrichtung zur
Erzeugung oder Übertragung von Kräften. →Maschinenversicherung
Maschinenversicherung ist die Versicherung gegen einen Schaden
einer Maschine.
Lit.: Scheuermeyer, R., Maschinenversicherung, 2. A. 1999
Masse ist allgemein die greifbare Menge, insbesondere die
Vermögensmenge. →Insolvenzmasse
Lit.: Oepen, K., Massefremde Masse, 1999
Massegläubiger (§ 53 InsO) ist der Gläubiger der Kosten des
→Insolvenzverfahrens und der sonstigen Masseverbindlichkeiten.
Masseverbindlichkeit (§§ 53ff. InsO) sind die Kosten des
→Insolvenzverfahrens (Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren,
Vergütungen und Auslagen des →Insolvenzverwalters und der
Mitglieder des Gläubigerausschusses) sowie die Verbindlichkeiten,
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise
durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der
Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des
Insolvenzverfahrens zu gehören, die Verbindlichkeiten aus
gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse
verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens erfolgen muss, und die Verbindlichkeiten aus
einer ungerechtfertigten →Bereicherung der Masse (beachte auch
§ 55 II InsO). Nicht M. ist die rückständige Lohnforderung eines
Arbeitnehmers, wohl aber der Sozialplananspruch. Die Kosten des
Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten sind
aus der Insolvenzmasse vorweg zu berichtigen.
Maßnahme (§ 11 I Nr. 8 StGB) ist im Strafrecht jede →Maßregel der
Besserung und Sicherung, der Verfall, die Einziehung und die
Unbrauchbarmachung.
Maßnahmerecht ist das Recht, das nicht eine unbestimmte Vielzahl
von Fällen betrifft, sondern – offen oder verdeckt – nur einen oder
einige Fälle. Es kann rechtswidrig sein. Im Strafrecht ist M. das die
strafrechtlichen →Maßnahmen betreffende Recht (§§ 61ff. StGB). Es
steht neben dem eigentlichen, →Strafe aussprechenden Strafrecht
(→Zweispurigkeit des Strafrechts).
Lit.: Huber, K., Maßnahmegesetz und Rechtsgesetz, 1963
Maßregel der Besserung und Sicherung (§§ 61ff. StGB) ist
(insbesondere) im Strafrecht die staatliche Maßnahme, die dem
Schutz der Allgemeinheit und des Täters gegen eine Gefahr (des
Rückfalls) dient. Sie steht im zweispurigen System des
Strafgesetzbuchs neben der →Strafe und unterliegt dem Grundsatz
der →Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB). Sie kommt auch gegen eine
schuldunfähige Person in Betracht. Einzelne Maßregeln sind die
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer
→Entziehungsanstalt oder in der →Sicherungsverwahrung, die
→Führungsaufsicht, die Entziehung der →Fahrerlaubnis sowie das
→Berufsverbot.
Lit.: Müller-Christmann, B., Die Maßregeln der Besserung und Sicherung, JuS 1990, 801; Volckart,
B., Maßregelvollzug, 6. A. 2002; Maßregelvollzugsrecht, hg. v. Kammeier, H., 2. A. 2002
Material ist der gestaltbare Stoff oder Werkstoff. Die Materialien
einer Gesetzgebung sind die ihrer Vorbereitung dienenden
Schriftstücke. Sie können zur →Auslegung des →Gesetzes
herangezogen werden (→Auslegung, historische). Wichtige
Gesetzgebungsmaterialien sind die →Motive und →Protokolle zum
→Bürgerlichen Gesetzbuch.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte
Materialismus ist in der Philosophie die Richtung, die das gesamte
Weltgeschehen vom Stofflichen (Materiellen), nicht vom Geistigen
(Ideellen), her zu erklären versucht. Dialektischer M. ist der von Karl
Marx und Friedrich Engels begründete, durch die Aufnahme des
dialektischen Prinzips (der Wechselwirkung von gesellschaftlichem
Sein und Bewusstsein) gekennzeichnete M. Durch Anwendung auf
geschichtliche Fragen ist daraus der historische M. geworden, der in
der gesamten menschlichen Geschichte einen (gesetzmäßig
ablaufenden) Naturvorgang sieht, dessen antreibende Ursachen im
Bereich der Wirtschaft liegen. Ihm ist das Recht nur ideologischer
Überbau über die Produktionsverhältnisse.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
materiell (Adj.) stofflich, körperlich, inhaltlich
materielle Rechtskraft →Rechtskraft, materielle
materielle Verfassung →Verfassung, materielle
materieller Schaden →Schaden, materieller
materielles Recht →Recht, materielles
Mecklenburg-Vorpommern ist (seit 3. 10. 1990) das nordöstlichste
Land der Bundesrepublik Deutschland. Seine Verfassung wurde 1993
geschaffen.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Gesetze des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Lbl.), hg. v.
Knöll, H./Lambrecht, J., 34. A. 2003; Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern, hg. v. Ipsen, J. u. a.,
8. A. 2003
mediat (Adj.) mittelbar, →Mediatisierung
Mediation ([F.] Vermittlung) ist die Behandlung einer zwischen
mindestens zwei Beteiligten streitigen Frage durch Einschaltung eines
vermittelnden Dritten ohne Entscheidungsbefugnis.
Lit.: Hoyningen-Huene, D. v., Mediation, JuS 1997, 352; Hehn, M./Rüssel, U., Institutionen im
Bereich der Mediation in Deutschland, NJW 2001, 347; Handbuch Mediation, hg. v. Haft,
F./Schlieffen, K. Gräfin v., 2002; Henssler, M., Mediation und Rechtsberatung, NJW 2003, 241;
Risse, J., Wirtschaftsmediation, 2003
Mediatisierung (Mittelbarmachung) ist im neuzeitlichen deutschen
Recht die Beseitigung der Reichsunmittelbarkeit kleinerer
Herrschaften (Entzug der Landeshoheit) durch die (größeren)
Landesfürsten (insbesondere 1803 und 1806).
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Gollwitzer, H., Die Standesherren. 2. A. 1964; Schroeder, K.,
Das Alte Reich und seine Städte, 1991
Medienrecht ist die Gesamtheit der Medien betreffenden
Rechtssätze. →Presse
Lit.: Medienrecht. Lexikon für Wissenschaft und Praxis, hg. v. Schiwy, P./Schütz, W., 3. A. 1994;
Paschke, M., Medienrecht, 1993, 2. A. 2001; Müller, O., Europäisches Medienrecht, 1994; Fechner,
G., Medienrecht, 2000; Gummert, H./Trapp, S., Neue Medien im Steuerrecht, 2001; Bayerisches
Mediengesetz (Lbl.), hg. v. Bornemann, R. u. a., 2002; Mainzer Rechtshandbuch der neuen Medien,
hg. v. Eberle, C. u. a., 2003; Petersen, Jens, Medienrecht, 2003; Dörr, D. u. a., Die Entwicklung
des Medienrechts, NJW 2003, 3020
Medium (N., Pl. Medien) Mittel, Mitteilungsmittel, →Medienrecht
Medizin ist das →Krankheiten heilende Mittel und die damit befasste
Tätigkeit, Kunst oder Wissenschaft. Medizin und Jurisprudenz
berühren sich im →Medizinrecht und →Arztrecht. Sie sind als solche
aber für den Normalmenschen nicht verwechslungsfähig.
Lit.: Kodex Medizinprodukte, 1997
Medizinrecht →Arztrecht
Lit.: Deutsch, E./Spickhoff, A.., Medizinrecht, 5. A. 2003;
Medizinstrafrecht, hg. v. Roxin, C. u. a., 2. A. 2001
Medizinproduktegesetz ist das das Recht der medizinischen
Produkte regelnde Gesetz vom 2. 8. 1994.
Lit.: Schorn, G., Medizinproduktegesetz, 3. A. 2001;
Medizinproduktegesetz, hg. v. Ratzel, R./Lippert, H., 2000; Anhalt,
E./Dieners, P., Handbuch des Medizinprodukterechts, 2003
Mehrheit ist (eine größere Zahl oder) der größere von zwei Teilen
(einer Personengesamtheit). In der Rechtsgeschichte entscheidet seit
dem Spätmittelalter die M. bei Fragen, in denen keine einheitliche
Meinung besteht. Unterschieden werden dabei vor allem die absolute
M. (M. der insgesamt Abstimmungsberechtigten) und die relative M.
(M. der tatsächlich Abstimmenden) sowie die einfache M. (50% + 1)
und die qualifizierte M. (z. B. Dreifünftelmehrheit,
Zweidrittelmehrheit).
Mehrheitswahl →Mehrheitswahlrecht
Mehrheitswahlrecht ist das durch den Grundsatz der Mehrheit im
Wahlkreis gekennzeichnete →Wahlrecht. Dabei wird die
Bevölkerung in Wahlkreise eingeteilt, deren Zahl den zu vergebenden
Parlamentssitzen entspricht. Der Kandidat, der im jeweiligen
Wahlkreis die meisten Stimmen ([entweder absolute Mehrheit oder]
relative, einfache Mehrheit) auf sich vereinigt, erhält den
Parlamentssitz. Die auf die unterliegenden Kandidaten abgegebenen
Stimmen haben auf die Zusammensetzung des Parlaments keinen
Einfluss. Gegensatz zum M. ist das →Verhältniswahlrecht. In
Deutschland ist ein gemischtes Wahlrechtssystem in Kraft.
Mehrstaater ist im Staatsangehörigkeitsrecht der Mensch, der die
→Staatsangehörigkeit mehrerer →Staaten hat. Er hat an sich die
Rechte und Pflichten der Staatsbürger jedes dieser Staaten.
Verwirklicht werden sie hauptsächlich im Verhältnis zu dem Staat, in
dem der Betreffende sich überwiegend aufhält.
mehrstufig (Adj.) mehrere Stufen unterscheidend
mehrstufiger Verwaltungsakt →Verwaltungsakt, mehrstufiger
Mehrtäterschaft →Nebentäterschaft
Mehrwertsteuer ist die →Steuer vom Mehrwert bzw. von der
Wertschöpfung eines →Unternehmens (Nettoumsatzsteuer). Die
Höhe der M. in den verschiedenen Staaten ist unterschiedlich. Nach
einer Richtlinie der Europäischen Union des Jahres 1999 können
Mitgliedstaaten zwecks Schaffung von Arbeitsplätzen ermäßigte
Mehrwertsteuersätze für bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen
in höchstens drei von fünf Branchen befristet zunächst auf drei Jahre
festlegen.
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht
Meineid (§ 154 StGB) ist das vorsätzliche falsche Schwören des
Täters vor →Gericht oder einer andern zur Abnahme von →Eiden
zuständigen Stelle. Erfasst werden alle Eide (Voreid, Nacheid,
Zeugeneid, Sachverständigeneid, Parteieid). Im Verhältnis zur
falschen uneidlichen →Aussage (§ 153 StGB) ist M. eine qualifizierte
Form. Der M. wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf
Jahren bestraft.
Meinung (Art. 5 GG) ist die einzelne Auffassung, die Ansicht oder
das Urteil eines Menschen. Es genügt nicht die bloße
Tatsachenmitteilung. Erforderlich ist vielmehr die Stellungnahme
wertenden Inhalts, ohne dass es darauf ankommen kann, ob sie richtig
oder falsch ist (zulässig z. B. die Bezeichnung einer
Abtreibungsklinik als Babycaust). Herrschende M. ist die unter
mehreren Ansichten vorherrschende M. Öffentliche Meinung ist die
öffentlich geäußerte M., die bei einem überwiegenden Teil der
Bevölkerung Zustimmung findet. Die öffentliche M. wird vor allem
durch die Massenmedien (→Presse, →Rundfunk, Fernsehen) geprägt.
Sie wird nicht in jedem Fall einem sachlichen Verständnis der
Wirklichkeit gerecht. Im →Rechtsstaat besteht →Meinungsfreiheit.
Lit.: Althaus, S., Die Konstruktion der herrschenden Meinung in der juristischen Kommunikation,
1994 (Diss.)
Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG) ist die Freiheit jedes Menschen, seine
→Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern und zu verbreiten und
sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
Die M. ist eines der wichtigsten demokratischen →Grundrechte. Sie
findet ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen →Gesetze
(z. B. Strafgesetzbuch), den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze
der →Jugend und in dem Recht der persönlichen →Ehre. Dadurch
darf der Wesensgehalt (Wesenskern) dieses Grundrechts aber nicht
beeinträchtigt werden. Aus Art. 5 I 2 GG folgt auch das Gebot,
vorherrschende Meinungsmacht zu verhindern. Verletzt wird z. B. die
M., wenn ein Moderator wegen kritischer Äußerungen entlassen wird.
Lit.: Rühl, U., Tatsachen - Interpretationen – Wertungen, 1998; Meinungsfreiheit als
Menschenrecht, hg. v. Lampe, E., 1998
Meister eines →Handwerks (§ 51 HandwO) ist im Verwaltungsrecht,
wer für dieses Handwerk die Meisterprüfung bestanden hat. Er ist
allein zur Führung dieses Titels berechtigt (anders M. ohne
Verbindung mit einem Handwerk).
Lit.: Musielak, H./Detterbeck, S., Das Recht des Handwerks, 3. A. 1995
Meisterprüfung →Meister
Meistgebot (§§ 81 ZVG, 817 ZPO) ist das höchste Gebot, das im
Versteigerungstermin abgegeben wird. Das M. ist ein →Antrag auf
Abschluss eines →Vertrags (str.). Dem Meistbietenden ist in der
→Zwangsversteigerung der Zuschlag zu erteilen (§ 81 I ZVG), womit
der (öffentlich-rechtliche) Vertrag zustande kommt.
Meldepflicht (§ 11 MRRG) ist die Pflicht (einen Umstand,
insbesondere) einen Wohnungswechsel bei der zuständigen
→Verwaltungsbehörde anzuzeigen (zu melden). Die M.
(Wohnungswechselmeldepflicht) ist in einem Rahmengesetz
(Melderechtsrahmengesetz) bundesrechtlich, im Übrigen
landesgesetzlich geregelt. Sie wird für die Erfüllung staatlicher
Aufgaben vor allem des Rechts der →Sicherheit und Ordnung als
erforderlich angesehen, so dass die damit verbundene Einschränkung
der Freiheit hingenommen werden muss. Die Meldebehörden dürfen
nur die im Melderechtsrahmengesetz besonders genannten Daten
speichern (→Datenschutz). Die Verletzung der M. ist
→Ordnungswidrigkeit.
Lit.: Fischer, H./Gröpper, H., Melderechtsrahmengesetz, 1981; Medert/Süßmuth, W., Melderecht
des Bundes und der Länder (Lbl.); Mallmann, O., Das Melderecht nach der Novellierung des
Melderechtsrahmengesetzes, NJW 1994, 1687
Memorandum (N.) Zuerinnerndes, Stellungnahme
Mensch ist das mit Verstand und Sprachvermögen begabte
Lebewesen von seiner Geburt bis zu seinem Tod. Der M. steht im
Mittelpunkt des von ihm gestalteten Rechts. Er hat bestimmte
grundlegende Rechte gegenüber dem Staat.
Lit.: Vieweg, K./Röthel, A., Der verständige Durchschnittsmensch, NJW 1999, 969; Lipp, V.,
Freiheit und Fürsorge - Der Mensch als Rechtsperson, 2000
Menschenhandel (§ 180bf. StGB) ist das wegen eines
Vermögensvorteils einen andern in Kenntnis einer Zwangslage zur
Prostitution (oder andern sexuellen →Handlungen) Zwingen (z. B.
qualitativ andere, intensivere, nicht selbst gewollte
Prostitutionsausübung). Der M. ist ein Sexualdelikt. Er wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Vgl.
§ 181 StGB (schwerer Menschenhandel). Nach einem Beschluss der
Innenminister und Justizminister der Mitgliedstaaten der
Europäischen Union ist Menschenhändler, wer Menschen unter
Anwendung oder Androhung von Gewalt, durch Nötigung, Betrug
oder Machtmissbrauch anwirbt, befördert oder beherbergt, um sie
kommerziell oder sexuell auszubeuten.
Menschenraub (§ 234 StGB) ist das sich eines Menschen durch
→List, →Drohung oder →Gewalt Bemächtigen, um ihn in hilfloser
Lage auszusetzen oder in Sklaverei, Leibeigenschaft oder in
auswärtige Kriegsdienste oder Schiffsdienste zu bringen. M. ist ein
Sonderfall der →Freiheitsberaubung. M. wird mit Freiheitsstrafe
nicht unter einem Jahr bestraft. Bei erpresserischem M. (§ 239a
StGB) entführt der Täter einen andern oder bemächtigt sich eines
andern, um die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer
→Erpressung auszunützen oder nützt die von ihm durch eine solche
Handlung geschaffene Lage eines andern zu einer solchen Erpressung
aus.
Lit.: Brambach, M., Probleme der Tatbestände des erpresserischen Menschenraubes und der
Geiselnahme, 2000; Rheinländer, M., Erpresserischer Menschenraub, 2000
Menschenrecht ist das dem Menschen als solches (gegenüber dem
→Staat) zustehende, angeborene (unveräußerliche, unantastbare)
→Recht (vor allem die Rechte auf Leben, Freiheit und Eigentum).
Von den Vereinten Nationen ist (1948) eine (noch nicht verbindliche)
Allgemeine Deklaration der Menschenrechte, von den Mitgliedstaaten
des →Europarats (1950) eine →Europäische Konvention der
Menschenrechte beschlossen worden. Im →Grundgesetz sind die von
diesem anerkannten Menschenrechte als →Grundrechte
aufgenommen. Das M. eines andern (z. B. eines Kindes) missbraucht
als Menschenrechtstümler, wer es für eigene ungerechtfertigte
Zwecke (z. B. Rosenkrieg gegen eine verzweifelt entflohene
Partnerin) verwendet.
Lit.: Hartung, F./Commichau, G., Die Entwicklung der Menschen- und Bürgerrechte, 6. A. 1998;
Wiesbrock, K., Internationaler Schutz der Menschenrechte, 1999; Peukert, W., Zur Reform der
Europäischen Systems des Menschenrechtsschutzes, NJW 2000, 49; Maier, R., Internationaler und
europäischer Schutz der Menschenrechte, NJW 2000, 1166; Jahrbuch Menschenrechte 2000, hg. v.
Arnim, G. v. u. a., 1999
Menschenwürde (Art. 1 I GG) ist der innere und zugleich soziale
Wertanspruch, der dem Menschen um seinetwillen zukommt. Die M.
besteht darin, dass der Mensch als geistig-sittliches Wesen von Natur
darauf angelegt ist, in Freiheit und Selbstbewusstsein sich selbst zu
bestimmen und in der Umwelt auszuwirken. Die M. ist unantastbar.
Daraus folgt, dass einerseits die Würde des Menschen nach der
Verfassung der höchste Wert und damit der Mittelpunkt des
Wertesystems ist und andererseits der →Staat ausschließlich um des
Menschen willen da ist und Verletzungen der M. verhindern muss.
Art. 1 I GG ist eine objektive Verfassungsnorm, die sich in der Form
einer modal ausgerichteten Generalklausel als Verhaltensnorm an alle
richtet, die aber dem Einzelnen kein subjektives Recht gewährt. Ihren
Kern bildet der Schutz vor Tabuverletzungen. Eine ihrer wichtigsten
Ausprägungen ist das allgemeine →Persönlichkeitsrecht. Die M. ist
auch ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts der
Europäischen Union.
Lit.: Höfling, W., Die Unantastbarkeit der Menschenwürde, JuS 1995, 857; Enders, C., Die
Menschenwürde, 1997; Rau, M./Schorkopf, F., Der EuGH und die Menschenwürde, NJW 2002,
2448; Meyer-Ladewig, J., Menschenwürde und Europäische Menschenrechtskonvention, NJW
2004, 981
mental (Adj.) geistig
Mentalreservation (F.) geheimer →Vorbehalt
Merchandising (N.) ist der auf Gewinnerzielung gerichtete
→Vertrieb einer durch Mediendarbietungen bekannt gewordenen
→Ware mittels →Lizenz (z. B. Pumucklfigur, Clubtrikots usw.).
Lit.: Schertz, C., Merchandising, 1997
merkantil (Adj.) den Handel betreffend, kaufmännisch
merkantiler Minderwert →Minderwert, merkantiler
Merkantilismus ist das in Frankreich unter dem Finanzminister JeanBaptiste Colbert (1619-1683) entwickelte wirtschaftspolitische
System, in dem der Staat zur Füllung der Staatskasse durch
Überschuss der Ausfuhrerlöse über die Einfuhrkosten erstmals aktive
Wirtschaftspolitik treibt (Förderung der innerstaatlichen gewerblichen
Tätigkeiten u. a. durch Exportsubvention und Importzoll).
Lit.: Blaich, F., Die Epoche des Merkantilismus, 1974
Merkmal ist das Zeichen, an dem man etwas erkennen kann. In der
Rechtsmethodologie wird ein →Tatbestand in einzelne Merkmale
(Tatbestandsmerkmale) unterteilt. Im Strafrecht (§ 14 I StGB) sind
besondere persönliche Merkmale persönliche Eigenschaften,
Verhältnisse oder Umstände. Bestimmt das Gesetz, dass besondere
persönliche Merkmale die →Strafe schärfen, mildern oder
ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (→Täter oder
→Teilnehmer), bei dem sie vorliegen (§ 28 II StGB, z. B.
Formatiert: Schriftart: Kursiv
Absichtsmerkmale beim Mord, im Einzelnen sehr str.).
Messe (§ 64 GewO) ist der Markt von wirtschaftlich großer
Bedeutung (z. B. Frankfurter Buchmesse).
Lit.: Rieß, P., Messe- und Ausstellungsrecht, 1998
Methode ist das planmäßige Verfahren zur Erreichung eines
bestimmten Ziels. In der Wissenschaft ist M. die Art und Weise zu
forschen, um bestimmte Erkenntnisse zu gewinnen. Die M. kann
entweder deduktiv (vom Allgemeinen auf das Einzelne ableitend)
oder induktiv (vom Einzelnen zum Allgemeinen hinführend) sein.
Lit.: Lorenzen, P., Methodisches Denken, 1968; Raisch, P., Juristische Methoden, 1995
Methodenlehre (Methodologie) ist die Lehre von den planmäßigen
(wissenschaftlichen) Methoden (Verfahren). In der
Rechtswissenschaft bildet den Kern der M. die Methodik der
Rechtsanwendung d. h. der Gleichsetzung oder Zuordnung
(→Subsumtion) (oder Ablehnung der Gleichsetzung oder Zuordnung)
eines (einzelnen) tatsächlichen Geschehens (→Sachverhalts) zu (dem
→Tatbestand [und der →Rechtsfolge]) einer (allgemeinen)
→Rechtsnorm (T = R = S = R). Wichtige Einzelfragen sind hierbei
die →Auslegung von Rechtsnorm und Sachverhalt, die Anwendung,
→Analogie, →Reduktion (Restriktion) und Nichtanwendung einer
Rechtsnorm sowie die Rechtsschöpfung.
Lit.: Larenz, Methodenlehre; Zippelius, R., Juristische Methodenlehre, 8. A. 2003; Müller, F.,
Juristische Methodik, 8. A. 2002; Pawlowski, H., Methodenlehre für Juristen, 3. A. 1999;
Pawlowski, H., Einführung in die juristische Methodenlehre, 2. A. 2000; Schwacke, P., Juristische
Methodik, 4. A. 2003
Meuterer ist der an einer →Meuterei durchführend beteiligte
Mensch.
Meuterei ist die Vereinigung mehrerer Menschen zu Ungehorsam
oder Empörung gegenüber Vorgesetzten. →Gefangenenmeuterei,
Soldatenmeuterei
Miete (§§ 535ff. BGB) ist der gegenseitige →Vertrag, in dem sich
der eine Teil (Vermieter) verpflichtet, dem andern Teil (Mieter) den
Gebrauch der vermieteten Sache (Sachteil, Sachgesamtheit) während
der Mietzeit zu gewähren (, wozu u. U. auch die Aufnahme der Eltern
des Mieters ohne Zustimmung des Vermieters gehören kann,) und der
Mieter sich verpflichtet, den vereinbarten, während der Mietzeit nur
nach besonderen Regeln erhöhbaren Mietzins zu bezahlen. Die M. ist
ein →Dauerschuldverhältnis, das auf bestimmte oder unbestimmte
Zeit vereinbart sein kann. Besondere Regeln gelten vor allem für die
M. von →Grundstücken (§§ 578ff. BGB), Räumen (§ 578ff. BGB)
und Wohnräumen (§§ 549ff. BGB). Die Folgen von →Sachmängeln
und →Rechtsmängeln sind besonders festgelegt (§§ 536ff. BGB).
Danach hat der Mieter u. a. einen Anspruch auf Beseitigung eines
Sachmangels (§ 535 I 2 BGB) und evtl. auf Schadensersatz (§ 536a
BGB). Außerdem kann er vom Mietzins ganz oder teilweise befreit
sein (§ 536 BGB) und evtl. auch fristlos kündigen (§ 543 BGB). Der
Vermieter hat für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein
Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters (§ 562 BGB).
Die M. endet meist durch Zeitablauf oder – außerordentliche (§ 543
BGB) oder ordentliche (§ 542 BGB), meist fristgebundene und u. U.
zusätzlichen Regeln unterworfene – →Kündigung (bei Wohnraum für
Mieter 3 Monate, für Vermieter bis zu neun Monate), nicht dagegen
durch Veräußerung der Mietsache oder Tod des Mieters. Nach
Beendigung des Mietverhältnisses ist die gemietete Sache
zurückzugeben (§ 546 BGB). Gibt der Mieter die Mietsache nicht
zurück, ist die zwangsweise Verwirklichung des Anspruchs (z. B.
durch Räumungsklage vor dem Mietgericht) erforderlich. Außerdem
entsteht ein Anspruch des Vermieters auf Zahlung einer
Nutzungsentschädigung in Höhe des vereinbarten Mietzinses bzw.
des ortsüblichen Mietzinses (§ 546a BGB) und ist die
Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen. Für
Wohnräume gelten vielfach besondere, vor allem sozialere Regeln
(§§ 549ff. BGB).
Lit.: Blank, M., Miete und Pacht, 13. A. 2003; Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, hg.
v. Bub, W./Treier, G., 3. A. 1999; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. A. 2003; Beuermann, R.,
Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Mietraum, 3. A. 1999; Schmid, M., Handbuch der
Mietnebenkosten, 7. A. 2002; Steinig, G., Die Mieterhöhung, 3. A. 1998; Johns, T.,
Mietnebenkosten von A-Z, 3. A. 2002; Blank, M./Börstinghaus, U., Miete, 2000; Franken, T.,
Mietverhältnisse in der Insolvenz, 2002
Mieter →Miete
Mietgericht (§ 23 Nr. 2a GVG) ist die für Streitigkeiten über
Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum zuständige
Abteilung des →Amtsgerichts.
Mietkauf ist der →Mietvertrag, der dem Mieter das Recht einräumt,
innerhalb einer bestimmten Frist die – meist neue – Mietsache zu
einem vorher bestimmten Preis zu kaufen, wobei die bis dahin
gezahlte Miete ganz oder teilweise auf den Kaufpreis angerechnet
wird. Der M. ist ein gemischter →Vertrag. Während der Mietzeit gilt
Mietrecht, für den eventuellen Kauf Kaufrecht. →Leasing
Lit.: Fikentscher, Schuldrecht
Mietkaution →Kaution
Mietrecht ist die Gesamtheit der die →Miete betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Miet-, Wohn- und Wohnungsbaurecht (Lbl.), 49. A. 2003; Mietrecht, 38. A. 2004; Blank, M.,
Mietrecht von A–Z, 17. A. 2004; Wolf, E./Eckert, H./Ball, W., Handbuch des gewerblichen Miet-,
Pacht- und Leasingrechts, 8. A. 2000; Gramlich, B., Mietrecht, 9. A. 2003; Schmidt-Futterer,
Mietrecht, 8. A. 2003; Anwaltshandbuch Mietrecht, hg. v. Lützenkirchen, K., 2000; Haug, A.,
Mietrecht, 2000; Blank, H./Börstinghaus, U., Neues Mietrecht, 2001; Weber/Marx,
Mietrechtsreform 2001; Mietrechtsreformgesetz, zusammengestellt v. Grundmann, B., 2001;
MietG, hg. v. Sternel, F., 35. A. 2002; Münchener Prozessformularbuch Mietrecht, hg. v. Jendrek,
P., 2. A. 2003; Horst, H., Praxis des Mietrechts, 2003; Beck’sches Formularbuch Mietrecht, hg. v.
Nies, G. u. a., 2003
Mietsache ist der Gegenstand der →Miete und die Streitigkeit über die Miete. Bei einem
behaupteten Mangel der M. muss der Vermieter beweisen, dass die Ursache nicht aus seinem
Verantwortungsbereich stammt, sondern aus dem Verantwortungsbereich des Mieters.
Lit.: Wetekamp, A., Mietsachen, 3. A. 1998
Mietspiegel (§ 558c BGB) ist die von der Gemeinde oder von
Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam
erstellte und anerkannte Übersicht über die in einem Gemeindeteil,
einer Gemeinde oder mehreren Gemeinden je nach Lage ortsübliche
Vergleichsmiete (Mietzins) für Wohnraum (in Deutschland 2000 in
453 Gemeinden Durchschnittsnettokaltmiete 5 Euro pro
Quadratmeter).
Lit.: Börstinghaus, U./Clar, M., Mietspiegel, 1997
Mietvertrag →Miete
Mietwucher →Wucher
Mietzins (§ 535 BGB) ist das vom Mieter bei der →Miete für die
Gebrauchsgewährung zu entrichtende Entgelt.
Lit.: Dröge, F., Handbuch der Mietpreisbewertung, 2. A. 1999; Johns, T., Mietnebenkosten von AZ, 3. A. 2002
MIGA (F.) Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur
Militär (N.) bewaffnete Streitkräfte
Militärverordnung ist die von einem Organ einer Streitkraft
erlassene oder diese betreffende Verordnung. →Besatzungsrecht
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
mindere (Adj.) kleinere
Minderheit ist der kleinere Teil einer Gesamtheit. In der Gegenwart
gebührt einer M. ein besonderer Schutz.
Lit.: Siegert, A., Minderheitenschutz, 1999; Das Recht der nationalen Minderheiten in Osteuropa,
hg. v. Brunner, G. u. a., 1999; Rautz, G., Die Sprachenrechte der Minderheiten, 1999; Mäder, W.,
Sprache und Recht, JuS 2000, 1150
Minderjährigkeit (§ 2 BGB) ist der rechtliche Zustand eines
Menschen im Zeitraum von der Vollendung der →Geburt bis zur
Vollendung des 18. Lebensjahrs. Der Minderjährige ist zwar
→rechtsfähig, aber grundsätzlich entweder geschäftsunfähig oder nur
beschränkt geschäftsfähig. In Einzelbereichen kann er bereits vor
Erreichen der →Volljährigkeit voll geschäftsfähig sein (z. B. § 113
BGB). Nach § 1629a BGB beschränkt sich die Haftung eines
Minderjährigen für Verbindlichkeiten, die seine Eltern im Rahmen
ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht oder sonstige
vertretungsberechtigte Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht
durch Rechtsgeschäft oder durch eine sonstige Handlung mit Wirkung
für das Kind begründet haben oder die auf Grund eines während der
Minderjährigkeit erfolgten Erwerbs von Todes wegen entstanden
sind, auf den Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen
Vermögens des Kinds. Dasselbe gilt grundsätzlich für
Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, die der Minderjährige
gemäß den §§ 107, 108 oder § 111 BGB mit Zustimmung seiner
Eltern vorgenommen hat oder für Verbindlichkeiten aus
Rechtsgeschäften, zu denen die Eltern die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts erhalten haben.
Lit.: Kristoffy, R., Minderjährigenrecht, 2. A. 1999; Thiel, K., Das Gesetz zur Beschränkung der
Haftung Minderjähriger, 2002; Scheffen, E./Pardey, F., Schadensersatz bei Unfällen mit
Minderjährigen, 2. A. 2003
Minderung ist die Herabsetzung des an sich vereinbarten
→Kaufpreises (§ 437 Nr. 2 BGB, z. B. 100000 Euro) wegen
Sachmangels auf einen wirklich geschuldeten Kaufpreis, die nach §
442 III BGB in dem Verhältnis erfolgt, in dem zur Zeit des Verkaufs
der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand (z. B. 120000 Euro) zu
dem wirklichen, durch den Mangel verringerten Wert (z. B.
90000 Euro) gestanden haben würde. Der Anspruch auf M. (z. B.
[90000 : 120000] x 100000 = 75000 Euro) ist ein für das Kaufrecht
geltender →Sachmangelanspruch. Die M. findet sich ähnlich im
Recht des →Mietvertrags (§ 536 BGB) und des →Werkvertrags (§
638 BGB, z. B. Reisepreisminderung von 20% bei nächtlicher
Barmusik neben einem als ruhiges Ferienhaus beschriebenen Hotel).
Minderwert ist der geringere Wert. Im Schuldrecht ist der merkantile
M. der Betrag, um den eine beschädigte und einwandfrei
ausgebesserte Sache (Kraftfahrzeug) im Verkehr rechtstatsächlich
weniger wert ist als die gleiche unbeschädigte Sache. Der merkantile
M. ist auch dem →Eigentümer, bei dem er sich, – weil dieser die
Sache nicht veräußert, – nicht erkennbar auswirkt, zu ersetzen.
Lit.: Halbgewachs, E., Der merkantile Minderwert, 12. A. 1998
Mindestgebot ist das →Gebot, das in der →Zwangsvollstreckung im
ersten Versteigerungstermin mindestens erreicht werden muss. Seine
Anordnung soll die Verschleuderung von Werten des Schuldners
durch die →Zwangsvollstreckung verhindern. Nach § 74a I ZVG soll
ein →Grundstück im ersten Versteigerungstermin nicht unter 7/10 des
Verkehrswertes, nach § 817a I ZPO darf eine bewegliche →Sache
nicht unter der Hälfte des Verkehrswerts versteigert werden.
Mindestreserve ist das Mindestguthaben, das ein Kreditinstitut bei
der Europäischen Zentralbank haben muss. Die in ihrer Höhe flexible
M. ist ein wirtschaftspolitisches Steuerungsinstrument der
Zentralbank.
Lit.: Rinck/Schwark, Wirtschaftsrecht
Mineralölsteuer ist die auf den Verbrauch von Mineralöl gelegte
Steuer.
Lit.: Soyk, S., Mineralölsteuerrecht, 2. A. 2000; Teichner, K./Alexander, S./Reiche, K.,
Mineralölsteuergesetz, Stromsteuergesetz, (Lbl.), 15. A. 2003
Minima non curat praetor ([lat.] sehr kleine Angelegenheiten
besorgt der Gerichtsmagistrat nicht) ist ein Grundsatz des (römischen)
Verfahrensrechts.
Lit.: Liebs, Rechtsregeln; Buß, T., De minimis non curat lex, NJW 1998, 337
Minister (Diener) (z. B. § 62 GG) ist das Mitglied einer →Regierung,
das meist zugleich Leiter einer obersten →Behörde der →Verwaltung
(Ministerium) ist. Der M. ist nicht →Beamter. Im Rahmen der
Richtlinien des Regierungschefs (Bundeskanzlers,
Ministerpräsidenten) leitet er in der Regel seinen Geschäftsbereich in
eigener Verantwortung. Sein öffentlich-rechtliches →Amt beginnt
mit der →Ernennung und endet mit Rücktritt, →Entlassung oder Tod.
→Bundesminister
Lit.: Kröger, K., Die Ministerverantwortlichkeit, 1972
Ministerialblatt ist das von einem Ministerium (oder von mehreren
Ministerien) unterhaltene Publikationsorgan für amtliche Nachrichten
und Veröffentlichungen des →Ministeriums.
Lit.: Köbler, Jurist
Ministerium ist die oberste →Behörde der →Verwaltung. Das M. ist
Teil der gesamten hierarchischen Verwaltungsorganisation. Ein M. ist
örtlich für das gesamte →Staatsgebiet, sachlich für ein einzelnes
Verwaltungsgebiet zuständig. Es gliedert sich meist in Abteilungen
und danach in Referate. Die fünf klassischen M. betreffen
Auswärtiges, Inneres, Justiz, Finanzen und Krieg.
Ministerpräsident ist vielfach der Leiter der →Regierung
(→Bundeskanzler, Premierminister). Er trägt in der Regel die
Gesamtverantwortung für die Politik und bestimmt deren Richtlinien.
Er kann meist die Ernennung und Entlassung der →Minister
vorschlagen.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Ministerrat der Europäischen Union (Europäischer Ministerrat) ist das politisch bestimmende
Organ der Europäischen Gemeinschaft/Europäischen Union (str.) (Art. 202ff. EGV). Der M. d. E.
U. ist damit – teilweise in Zusammenwirken mit dem Europäischen Parlament – auch das
Hauptrechtsetzungsorgan. Er hat aber keine Gesetzgebungsinitiative, sondern ist von
Gesetzgebungsvorschlägen der Europäischen Kommission abhängig. Er vertritt die Europäische
Gemeinschaft nach außen. Er besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene,
der befugt ist, für die Regierung des Mitgliedstaats verbindlich zu handeln (z. B. der jeweilige
Finanzminister, jeweilige Verkehrsminister, jeweilige Wirtschaftsminister usw.). Zur
Verwirklichung der Ziele und nach Maßgabe des Vertrags sorgt der M. für die Abstimmung der
Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, besitzt er eine Entscheidungsbefugnis und überträgt er der
Kommission in den von ihm angenommenen Rechtsakten die Befugnisse zur Durchführung der
Vorschriften, die er erlässt. Bei Abstimmungen mit der sog. qualifizierten Mehrheit sind 62 von 87
Stimmen (bei künftiger Erweiterung 258 von 345 Stimmen, 72,27 Prozent und 13 von 25
Mitgliedstaaten) erforderlich (derzeit Deutschland 10, Frankreich 10, Italien 10, Großbritannien 10,
Spanien 8, Belgien 5, Griechenland 5, Niederlande 5, Portugal 5, Österreich 4, Schweden 4, Irland
3, Dänemark 3, Finnland 3, Luxemburg 2). Mitglieder, die gemeinsam über 23 bis 25 Stimmen
verfügen, können auf einen Beschluss dringen, der mit mindestens 65 Stimmen angenommen
werden kann. →Rat der Europäischen Union
Mischehe ist im Kirchenrecht die →Ehe zwischen Angehörigen
verschiedener Konfessionen. Sie bildet nach katholischem
Kirchenrecht ein →Ehehindernis, von dem aber unter bestimmten
Voraussetzungen Befreiung erteilt werden kann. Die evangelische
Kirche untersagt die Trauung einer M., wenn die Erziehung der
Kinder in einem nichtevangelischen Bekenntnis vereinbart ist.
Missbrauch ist der vernünftigen, allgemein anerkannten Regeln
widersprechende Gebrauch eines Gegenstands. Nach § 226 BGB ist
die Ausübung eines Rechts unzulässig, wenn sie nur den Zweck
haben kann, einem andern Schaden zuzufügen. In ähnlicher Weise
begrenzt auch der Grundsatz von →Treu und Glauben jede
Rechtsstellung. Nach § 826 BGB kann ein M. sogar zur Begründung
eines →Schadensersatzanspruchs führen. Im öffentlichen Recht muss
bei M. von Rechtsstellungen (z. B. aus rein persönlichen
Rachegelüsten erteilte Weisung eines bloß formalen Vorgesetzten)
die übergeordnete vorgesetzte →Behörde eingreifen. In bestimmten
Fällen kann ein M. eine Strafbarkeit begründen. Nach § 174 StGB ist
der sexuelle M. von Schutzbefohlenen (unter 16 bzw. 18 Jahren)
strafbar, nach § 176 der sexuelle M. von Kindern (unter 14 Jahren
[nicht z. B. das Vorzeigen oder Übergeben von Schriften mit
pornographischem Inhalt oder pornographischen Abbildungen]), nach
§ 179 der sexuelle M. widerstandsunfähiger Menschen und nach
§ 182 der sexuelle M. eines Menschen unter 16 Jahren durch einen
Menschen über 18 Jahren. M. einer strafprozessualen Vorschrift liegt
vor, wenn eine strafprozessuale Befugnis nicht verfahrenszielgemäß
eingesetzt wird. Bei M. der Verfassungsbeschwerde kann das
Bundesverfassungsgericht in von jedem Einsichtigen als völlig
aussichtslos anzusehenden Fällen eine besondere Gebühr verlangen
(z. B. für den Fall, dass ein Beschwerdeführer nicht ausreichend
darlegt, warum durch eine nicht gewährte Strafminderung ein
Grundrecht verletzt sein soll).
Missbrauchstatbestand (§ 266 StGB) ist der Missbrauch der durch
Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumten
Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen andern zu
verpflichten. Der M. ist ein Fall der →Untreue, sofern der Missbrauch
für den, dessen Vermögensinteressen zu betreuen sind, einen Nachteil
bewirkt. Der M. setzt eine Verletzung der im Innenverhältnis
(zwischen dem Handelnden und dem Vertretenen) bestehenden
Pflichten des Handelnden voraus, bei der sich der Täter zwar im
Rahmen seines rechtlichen Könnens hält, aber die Grenzen seines
rechtlichen Dürfens überschreitet.
Misshandlung ist die üble, unangemessene Behandlung. Körperliche
M. (§ 223 StGB) ist die üble, unangemessene Behandlung eines
andern Menschen, durch die das körperliche Wohlbefinden des
andern Menschen nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird (z. B.
Ohrfeige). Die M. ist eine Begehungsform der →Körperverletzung.
missio (F.) canonica (lat.) kirchliche Sendung, Lehrbefugnis
Misstrauensvotum ist das Aussprechen des Misstrauens durch die
Parlamentsmehrheit gegenüber dem Regierungsführer in Form einer
Abstimmungsniederlage. Damit ist das M. eine Form der Kontrolle
der →Regierung durch das →Parlament. Das konstruktive M. (Art. 67
GG) ist das M., das zur Voraussetzung hat, dass das Parlament
zugleich mit dem Aussprechen des Misstrauens gegenüber dem
Regierungsführer mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen
Nachfolger wählt.
Missverständnis →Dissens
Mitarbeit ist die Mitwirkung bei einer Tätigkeit. Dür freie M. gilt
grundsätzlich das Recht des Werkvertrags, nicht des Dienstvertrags.
M. des Ehegatten oder der Kinder ist Mitwirkung der Betreffenden
bei der Tätigkeit des Ehegatten oder der Eltern. Im üblichen und
verhältnismäßigen Umfang ist die M. der Kinder familienrechtliche
Pflicht (§ 1619 BGB) und grundsätzlich unentgeltlich zu leisten.
Lit.: Reiserer, K./Freckmann, A., Freie Mitarbeit und Mini-Jobs nach
der Hartz-Reform, 2003
Mitbesitz (§ 866 BGB) ist im Sachenrecht die gemeinsame
tatsächliche →Gewalt mehrerer Personen über eine →Sache in der
Weise, dass jeder die ganze Sache – beschränkt durch den gleichen
Besitz der übrigen – besitzt. Der M. ist demnach eine Sonderform des
→Besitzes. Unter den einzelnen Mitbesitzern findet ein
→Besitzschutz insoweit nicht statt, als es sich um die Grenzen des
den Einzelnen zustehenden Gebrauchs handelt.
Mitbestimmung ist die Teilhabe an und die Einflussnahme auf eine
Entscheidung. Im Arbeitsrecht ist M. die Beteiligung der
Arbeitnehmer an Willensbildungsvorgängen in der Wirtschaft. Sie
umfasst Mitwirkung (z. B. Informationsrecht, Vorschlagsrecht) sowie
Mitentscheidung (z. B. Stimmrecht in Unternehmensorganen). Sie
kann betriebliche M. wie überbetriebliche M. sein. Im Betrieb hat der
→Betriebsrat nach § 87 BetrVG ein umfassendes
Mitbestimmungsrecht in sozialen und andern Angelegenheiten. In
Organen von →Kapitalgesellschaften besteht eine M. von
Arbeitnehmervertretern nach dem Mitbestimmungsgesetz der
Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden
Industrie, nach § 76 des BetrVG 1952, nach dem bei einer
Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien der
Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer
bestehen muss, sowie nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976, das
für Gesellschaften mit mehr als 2000 Beschäftigten die gleichmäßige
(paritätische) Besetzung des →Aufsichtsrats mit Vertretern der
Anteilseigner und der Arbeitnehmer – unter denen mindestens ein
leitender Angestellter sein muss – vorsieht. Hier steht eventuell dem
Aufsichtsratsvorsitzenden bei Stimmengleichheit eine zweite Stimme
zu.
Lit.: Niedenhoff, H., Mitbestimmung, 11. A. 1997; Raiser, T., Mitbestimmungsgesetz, 4. A. 2002
mitbestrafte Nachtat →Nachtat, mitbestrafte
Mitbürgschaft ist die →Bürgschaft mehrerer für dieselbe
Verbindlichkeit eines Hauptschuldners. Sie ist eine besondere
Gestaltungsform der Bürgschaft (§§ 765ff. BGB). Die Mitbürgen
haften als →Gesamtschuldner (§ 769 BGB).
Miteigentum (§ 1008 BGB) ist das →Eigentum mehrerer Personen
an einer Sache. Es ist im Regelfall Eigentum zu ideellen Bruchteilen
(anders bei Gesamthandsgemeinschaften). Es gilt daher das Recht der
→Gemeinschaft (§§ 741ff. BGB), das durch die §§ 1009ff. BGB
abgeändert ist. Danach kann jeder Miteigentümer über seinen Anteil
frei verfügen und die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten
gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den
Anspruch auf Herausgabe jedoch nur zugunsten aller Miteigentümer.
M. entsteht z. B. regelmäßig beim Erwerb von Hausrat für einen
gemeinsamen Haushalt durch einen Ehegatten.
Miterbe (§ 1922 BGB) ist der →Erbe, der nur zusammen mit
mindestens einer weiteren Person Erbe geworden ist. Der M. ist
Mitglied der →Erbengemeinschaft. Veräußert der M. seinen Erbteil
an einen Dritten, verliert er sein Vorkaufsrecht nach § 2034 I BGB.
Lit.: Kapp, R./Ebeling, J., Handbuch der Erbengemeinschaft (Lbl.), 1985; Grashoff, F., Die
Nachfolge von Miterben, 1997
Miterbengemeinschaft →Erbengemeinschaft
Mitgift ist das →Vermögen, das einem Ehegatten von einem Dritten
in die Ehe mitgegeben wird. Soweit die M. von dem Vater oder der
Mutter zugewandt ist, kann sie →Ausstattung sein (§ 1624 BGB). Im
Übrigen liegt eine →Schenkung vor.
Mitglied ist der Angehörige einer Personengesamtheit (z. B.
→Gesellschaft, Verein).
Mitgliedschaft ist das Rechtsverhältnis einer Person zu einer
Personengesamtheit. Die M. begründet →Rechte (Verwaltungsrechte
wie z. B. ein Geschäftsführungsrecht, Vermögensrechte wie z. B.
einen Anteil am Vermögen) und →Pflichten (z. B.
Mitverwaltungspflicht, Beitragspflicht). Sie ist vielfach ein
→höchstpersönliches Recht, in andern Fällen aber auch ohne
Weiteres veräußerlich und vererblich.
Lit.: Habersack, M., Die Mitgliedschaft, 1996; Helms, A., Schadensersatzansprüche wegen
Beeinträchtigung der Vereinsmitgliedschaft, 1999
Mittäter (§ 25 II StGB) ist im Strafrecht der Mensch, der eine
→Straftat als Täter gemeinschaftlich mit mindestens einem andern
Menschen begeht. Voraussetzung ist ein bewusstes und gewolltes
Zusammenwirken der Beteiligten, von denen jeder Täter des
gemeinsamen Tatentschlusses (einschließlich z. B. der
Zueignungsabsicht bei Raub) und der gemeinschaftlichen
Tatbestandsverwirklichung ist. Erforderlich sind Tätertauglichkeit,
gemeinschaftlicher Entschluss und kausaler, objektiver Tatbeitrag.
Der M. ist →Täter, nicht →Teilnehmer. Er ist sukzessiver M., wenn
das Einverständnis, eine bestimmte Straftat durch gemeinsames
Handeln zu begehen, nach Beginn der Tatausführung hergestellt wird
([lat.] →dolus subsequens). Im Schuldrecht ist, wenn mehrere durch
eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte →Handlung einen
→Schaden verursacht haben, jeder für diesen verantwortlich (§ 830 I
1 BGB).
Lit.: Kreutziger, S., Die Haftung von Mittätern und Gehilfen im Zivilrecht, 1985; Roxin, C.,
Täterschaft und Tatherrschaft, 7. A. 2000
Mittäterschaft →Mittäter
Mitteilung ist die Weitergabe von Gedanken an einen andern
Menschen oder für einen andern Menschen.
Lit.: Adam, H., Die Mitteilungen der Kommission, 1999
Mittel ist der Gegenstand, mit dem eine Ursachenkette in Gang
gesetzt wird. Gemeingefährliche M. (§ 211 StGB) sind M., deren
Wirkung der Täter nach den konkreten Umständen nicht in der Hand
hat (z. B. Sprengstoff, Kernenergie). Die →Tötung eines Menschen
unter Verwendung von gemeingefährlichen Mitteln ist →Mord. Kein
taugliches M. z. B. für einen schweren Raub ist ein Lippenstift.
Mittelalter ist die Zeit zwischen Antike und Neuzeit (ca. 500–1500 n.
Chr.). Das M. lässt sich gliedern in das Frühmittelalter (ca. 500–1000
n. Chr., fränkische Zeit [der Merowinger und Karolinger]), das
Hochmittelalter (ca. 1000–1250 n. Chr. [Zeit der Salier und Staufer])
und das Spätmittelalter (ca. 1250–1500 n. Chr. [Zeit wechselnder
Herrscherhäuser, u. a. Habsburger, Luxemburger]).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
mittelbar (Adj.) unter Verwendung eines Mittels, eines Mittlers oder
einer Zwischenstufe
mittelbare Falschbeurkundung →Falschbeurkundung, mittelbare
mittelbare Staatsverwaltung →Staatsverwaltung, mittelbare
mittelbare Stellvertretung →Stellvertretung, mittelbare
mittelbarer Besitz →Besitz, mittelbarer
mittelbarer Schaden →Schaden, mittelbarer
mittelbarer Täter →Täter, mittelbarer
mittelbarer Zwang →Zwang, mittelbarer
Mittelbehörde ist in einer dreigliedrig aufgebauten →Verwaltung die
zwischen oberer Verwaltungsbehörde und unterer
Verwaltungsbehörde stehende (höhere) →Verwaltungsbehörde (z. B.
Bezirksregierung, →Regierungspräsident). Die M. soll die
Oberbehörde entlasten und die Verwaltung insgesamt dekonzentrieren
sowie die Unterbehörden beaufsichtigen und koordinieren.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Mitvermächtnis (§ 2157 BGB) ist das →Vermächtnis, das mehreren
Vermächtnisnehmern denselben Gegenstand vermacht. Jedem der
Berechtigten steht ein entsprechender Teil des Vermächtnisses zu.
Mitverschulden (§ 254 BGB) ist das Außerachtlassen der Sorgfalt in
eigenen Angelegenheiten durch den Beschädigten, die ein
ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen
Schadens anzuwenden pflegt. M. ist also nicht ein →Verschulden im
Sinne einer vorwerfbaren rechtswidrigen Pflichtverletzung, sondern
nur der vorwerfbare Verstoß gegen ein Gebot im eigenen Interesse
(z. B. im Versicherungsrecht Motorradfahren ohne Sturzhelm,
Mitnahme einer 20000 Euro teuren Uhr zum Skilaufen, Hocken oder
Knien neben einem Fahrrad auf einer Fahrbahn in der Dunkelheit,
nicht dagegen Übermitteln eines Schecks in einem einfachen Brief).
Hat bei der Entstehung eines Schadens ein M. des Beschädigten
mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang
des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon
ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem
andern Teil verursacht worden ist (§ 254 I BGB). Gleichgestellt
werden dem die Fälle, dass der Beschädigte den Schuldner nicht auf
die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens, die der Schuldner
weder kannte noch kennen musste, aufmerksam gemacht oder dass er
den Schaden weder abgewandt noch gemindert hat oder dass er sich
bewusst selbst gefährdet hat (→Handeln auf eigene Gefahr) oder dass
er sich eine →Betriebsgefahr zurechnen lassen muss. § 254 BGB ist
auch im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs anwendbar.
Lit.: Lange, H., Schadensersatz, 2. A. 1990; Henke, E., Die Bewältigung des Mitverschuldens – eine
anspruchsvolle juristische Technik, JuS 1991, 266; Göben, J., Das Mitverschulden des Patienten,
1998; Looschelders, D., Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten, 1999
mitwirkungsbedürftig (Adj.) der Mitwirkung eines Antragstellers
bedürftig.
mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt →Verwaltungsakt,
mitwirkungsbedürftiger
Mitwirkungspflicht (§ 242 BGB) ist die Verpflichtung jeder Partei
eines →Schuldverhältnisses, die Voraussetzungen, die für die
erfolgreiche Durchführung des →Schuldverhältnisses erforderlich
sind, herzustellen (z. B. Beschaffung einer behördlichen
Genehmigung). Die M. lässt sich als positiver Teil der →Treupflicht
der Parteien sehen. Sie ist Nebenleistungspflicht oder
Verhaltenspflicht. Sie folgt aus dem Grundsatz von →Treu und
Glauben.
Mobbing (engl. [N.]) ist das Schädigen eines andern Menschen vor
allem durch vorsätzliches Verbreiten unwahrer Behauptungen über
Arbeitnehmer seitens anderer Arbeitnehmer, Entzug von
Personalmitteln, Geldmitteln und Sachmitteln sowie der
Beeinträchtigung von Wirkungsmöglichkeiten (z. B. der
verschwenderische, erfolglose, rechtsbrechende E erklärt, X sei eine
unfähige Fehlbesetzung, missbrauche seine Wissenschaftsfreiheit und
verschwende öffentliche Mittel, obwohl X nachweislich
ungewöhnlich sparsam, rechtstreu und erfolgreich ist).
Lit.: Wolmerath, M., Mobbing im Betrieb, 2001; Grünwald, M./Hille, H., Mobbing im Betrieb,
2003
mobil (Adj.) beweglich
Mobiliarsicherheit ist die durch bewegliche Sachen geschaffene
Sicherheit des Gläubigers einer Forderung (z. B. Pfand).
Lit.: Rott, T., Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten,
2000
Mobiliarzwangsvollstreckung →Zwangsvollstreckung
Lit.: Hintzen, U./Wolf, H., Handbuch der Mobiliarvollstreckung, 2. A.
1999; Nies, I., Praxis der Mobiliarvollstreckung, 1998
Mobilie (F.) bewegliche Sache
Lit.: Lüdicke, J., Mobilienfonds, 1996; Kaufhold, S., Internationales und europäisches
Mobiliarsicherungsrecht, 1999
Monarch (M.) Alleinherrscher
Monarchie ist die Staatsform, bei der ein einzelner Mensch als
Träger der Staatsgewalt an der Spitze des Staats steht. Die M. kann
absolute M., ständische M., konstitutionelle M. oder parlamentarische
M. sein, wobei konstitutionelle M. die durch eine →Verfassung, die
bestimmte Rechte andern Staatsorganen (z. B. →Parlament) zuteilt,
gekennzeichnete M. ist. Den Gegensatz zur M. bildet die →Republik.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Monaco ist das an der Mittelmeerküste Frankreichs gelegene, unter dem Protektorat Frankreichs
stehende Fürstentum.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; François, N., Introduction au droit
monégasge, 1998
monarchisch (Adj.) einen Monarchen betreffend
Monarchisches Prinzip ist das den →Monarchen als alleinigen
Träger der Staatsgewalt betrachtende Prinzip des 19. Jh.s.
Lit.: Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 3. A. 1999
Monismus (Einheitslehre) ist im Völkerrecht die Einheit von
→Völkerrecht und innerstaatlichem Recht. Dabei räumt ein Teil der
Monisten dem innerstaatlichen Recht, der andere Teil dem
Völkerrecht den Vorrang ein. Gegensatz hierzu ist der →Dualismus.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Monokratie (griech. [F.] Alleinherrschaft) ist die Staatsform der
Alleinherrschaft eines Einzelmenschen (z. B. Monarchie, Diktatur).
Im Verwaltungsrecht bildet die monokratische Organisationsform
einer Behörde den Gegensatz zur kollegialen Organisationsform. Bei
jener stehen die behördlichen Befugnisse dem Leiter der Behörde, der
sie delegieren kann, bei dieser einem Kollegium zu.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Monopol ([N.] Alleinverkauf) ist allgemein die Marktform, bei der Angebot oder Nachfrage in
einer Person vereinigt sind. Im Schuldrecht hat ein Unternehmen dann ein M., wenn es für eine
bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen keinem oder keinem Wesentlichen
→Wettbewerb ausgesetzt ist. Der Inhaber eines Monopols unterliegt einem →Abschlusszwang und
die missbräuchliche Ausnutzung einer Monopolstellung kann nach § 826 BGB zu →Schadensersatz
verpflichten. →Finanzmonopol
Lit.: Langer, T., Monopole, 1998; Hamacher, J., Monopolmissbrauch, 1999
Montanunion ist die →Europäische Gemeinschaft für Kohle und
Stahl (1951/2). Im Bereich der Montanindustrie gilt u. a. ein
besonderes Recht der →Mitbestimmung. Nach Auslaufen des
Vertrags über die M. am 23. Juli 2002 ist die M. dem Vertrag über die
Gründung der Europäischen Gemeinschaft unterstellt.
mora (lat. [F.]) Verzug
Moral (F.) Gesamtheit der Sitten, sittliches Verhalten
Lit.: Geddert, H., Recht und Moral, 1984; Braun, J., Recht und Moral im pluralistischen Staat, JuS
1994, 727; Hösle, V., Moral und Politik, 1997
Moratorium (N.) Zahlungsaufschub, Stundung
Mord ist im Strafrecht die Tat eines →Mörders, im mittelalterlichen
deutschen Recht die verheimlichte Tötung. Der M. ist ein
qualifizierter →Totschlag (str.).
Mörder (§ 211 II StGB) ist der aus Mordlust, zur Befriedigung des
Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen
Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit
gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu
ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen vorsätzlich tötende
Mensch. Der Mörder wird mit lebenslanger →Freiheitsstrafe bestraft.
Lit.: Woesner, W., Moralisierende Mordmerkmale, NJW 1978, 1024
Mordlust ist im Strafrecht die Lust an der →Tötung als solcher. Die
M. ist ein gesetzliches Beispiel für einen niedrigen Beweggrund. Sie
qualifiziert eine Tötung zum →Mord.
Morgengabe ist im mittelalterlichen deutschen Recht die Gabe des
Mannes an die Frau am Morgen nach der Hochzeit.
Lit.: Schröder, R., Geschichte des ehelichen Güterrechts in Deutschland, 1863ff.
mos (lat. [M.]) Sitte, Brauch, Gewohnheitsrecht
Motiv ist der Beweggrund für ein Verhalten eines Menschen. Im
Strafrecht kann ein M. ein →Tatbestandsmerkmal sein (z. B. Tötung
aus niedrigen Beweggründen, § 211 StGB) und im Übrigen das M.
bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Im Privatrecht kann
das M. zur →Geschäftsgrundlage gehören.
Motivirrtum ist der den Beweggrund betreffende →Irrtum (z. B. A
kauft Trauerkleidung, weil er irrtümlich annimmt, B sei gestorben).
Der M. ist grundsätzlich unbeachtlich und berechtigt nicht zur
→Anfechtung der abgegebenen →Willenserklärung (z. B.
Kaufangebot).
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil
Mulier taceat in ecclesia (lat.) - die Frau schweige in der Kirche
(1. Kor. 14, 34).
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
multilateral (Adj.) mehrseitig, vielseitig
Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur (F.) (MIGA)
L.: Potocnik, I., Die Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur,
Diss. jur. Tübingen 1998
Multimedia ist die Verschmelzung von Text, Bild, Ton und Video in
digitaler Form. Gesetzliche Regelungen von M. finden sich etwa im
Teledienstegesetz, Teledienstedatenschutzgesetz sowie im
Signaturgesetz.
Lit.: Handbuch Multimedia-Recht (Lbl.), hg. v. Hoeren, T. u. a., 7. A. 2004; Recht der
Multimediadienste (Lbl.), hg. v. Roßnagel, A., 4. A. 2003
multinational (Adj.) mehrere Staaten betreffend
Münchener Abkommen ist das am 29. 9. 1938 in München
zwischen Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich
abgeschlossene, am 30. 9. 1938 unterzeichnete Abkommen über die
Abtretung des überwiegend von Deutschen bewohnten Gebiets
Böhmens (28643 qkm, 3,63 Mill. Einwohner, 20% der Fläche, 25%
der Bevölkerung der Tschechoslowakei) an das Deutsche Reich.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Raschhofer, H., Völkerbund und Münchener Abkommen,
1976
Mündel ist der unter →Vormundschaft stehende Mensch (z. B.
§ 1793 BGB). Der M. kann →geschäftsunfähig oder beschränkt
→geschäftsfähig sein.
Lit.: Schwab, D., Familienrecht,l 12. A. 2003
Mündelgeld (§ 1806 BGB) ist das zum →Vermögen des →Mündels
gehörende Geld. Das M. ist vom →Vormund verzinslich anzulegen.
Die Anlegung soll nur in bestimmten Forderungen erfolgen (§ 1807
BGB, mündelsichere Anlage).
Lit.: Sichtermann, Recht der Mündelsicherheit, 3. A. 1980
mündelsicher →Mündelgeld
Mündigkeit →Volljährigkeit, Ehemündigkeit, Strafmündigkeit
Mündlich ist eine Qualifikation eines Geschehens, die durch
Sprechen gekennzeichnet ist. →Schriftlichkeit.
Mündlichkeitsprinzip ist der Grundsatz, dass die →Verhandlung vor
dem →Gericht bei persönlicher Anwesenheit der Beteiligten durch
mündlichen Vortrag durchgeführt wird und grundsätzlich nur das
mündlich Verhandelte der Entscheidung zugrundegelegt wird (z. B.
§§ 128, 136 ZPO). Dabei genügt es vielfach, dass mündlich auf
Schriftsätze Bezug genommen wird. Entscheidungen des Gerichts, die
keine Urteile sind, können grundsätzlich ohne mündliche
Verhandlung ergehen (§ 128 IV ZPO).
Lit.: Klein, S., Die Grundsätze der Öffentlichkeit und Mündlichkeit, Diss. jur. Köln 1995;
Westerwelle, P., Der Mündlichkeitsgrundsatz, 1998
Mundraub war früher im Strafrecht der →Diebstahl oder die
→Unterschlagung von Nahrungsmitteln und Genussmitteln in
geringer Menge oder unbedeutendem Wert. Nach § 248a StGB
werden Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen u. U.
nur auf Antrag verfolgt.
Munt (ahd. [F.]) ist im mittelalterlichen deutschen Recht die
personenrechtliche Hausgewalt des Hausvaters über Kinder, Frau und
Gesinde (vgl. Vor-mund-schaft).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Münzdelikt ist die →Münzen betreffende, mit Strafe bedrohte
Handlung (vgl. §§ 146ff. StGB). →Geldfälschung,
Wertzeichenfälschung
Münze ist das nach Zusammensetzung und Gewicht genau
bestimmte, in Metall geprägte Geldstück.
Museum →Kultur
Muster (N.) Vorlage, Beispiel, Vorbild
Musterprozess ist der als klärender Einzelprozess für eine Vielzahl
möglicher Prozesse geführte Prozess.
Lit.: Jacoby, F., Der Musterprozessvertrag, 2000
Musterung (F.) Tauglichkeitsprüfung →Wehrwesen
mutmaßlich (Adj.) vermutlich
mutmaßliche Einwilligung →Einwilligung, mutmaßliche
Lit.: Ludwig, I./Lange, J., Mutmaßliche Einwilligung und
willensbezogene Delikte, JuS 2000, 446
Mutter (§ 1591 BGB) eines Kinds ist die Frau, die es geboren hat.
Sie hat verschiedene Rechte und Pflichten gegenüber dem →Kind.
Sie ist entgegen einer abwegigen Mindermeinung verschieden vom
→Vater.
Mutterrecht (Matriarchat) ist in der Rechtsgeschichte und
Rechtsvergleichung die Familienform, bei der die mütterlichen
Verwandten bevorrechtigt sind.
Lit.: Bachofen, J., Das Mutterrecht, 1861
Mutterschaftsgeld (§ 13 MuSchutzG) ist die in den
beschäftigungsfreien Schutzzeiten des →Mutterschutzes der Mutter
gebührende Geldleistung. →Erziehungsgeld
Lit.: Geyer, K./Knorr, G./Krasney, O., Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld (Lbl.),
7. A. 1996
Mutterschaftsurlaub →Elternzeit
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Mutterschutz (§§ 1ff. MuSchutzG) ist der besondere Schutz der
erwerbstätigen werdenden Mutter. Der M. ist ein Sonderfall des
→Arbeitsschutzes. Er ist im Mutterschutzgesetz geregelt. Werdende
Mütter dürfen nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem
Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer
der Beschäftigung gefährdet sind. Werdende Mütter dürfen
grundsätzlich in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung und
bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht
beschäftigt werden. Bei Geburten vor dem berechneten Geburtstermin
verlängert sich (seit 2002) die achtwöchige Frist nach der Geburt um
den Teil der sechswöchigen Frist vor der Geburt, der wegen der
vorzeitigen Geburt nicht beansprucht werden kann. Eine
→Kündigung durch den Arbeitgeber während der Schwangerschaft
und vier Monate danach ist grundsätzlich unzulässig. Besondere
Bestimmungen gelten für Beamte.
Lit.: Buchner, H./Becker, U., Mutterschutzgesetz, Bundeserziehungsgeldgesetz, 7. A. 2003; Meisel,
P./Sowka, H., Mutterschutz und Erziehungsurlaub, 5. A. 1999; Zmarzlik, J./Zipperer, M./Viethen,
H., Mutterschutzgesetz, 8. A. 1999; Kaiser, R., Handbuch zum Mutterschutzgesetz, 14. A. 1994;
Weber, H., Mutterschutzgesetz, 23. A. 2003; Friese, B., Das neue Mutterschutzrecht, NJW 2002,
3209
Mutung (Begehren) war im Bergrecht bis 1980 der an das
Oberbergamt zu richtende Antrag auf Verleihung des
→Bergwerkeigentums in einem bestimmten Feld.
Lit.: Hübner, R., Deutsches Privatrecht
mutuum (lat. [N.]) Darlehen
N
Nachbar ist der unmittelbar neben einem andern Menschen
wohnende oder Grundeigentum habende Mensch.
Lit.: Muckel, S., Der Nachbarschutz im öffentlichen Baurecht, JuS 2000, 132
Nachbarklage ist im Verwaltungsrecht die Klage des →Nachbarn
(evtl. vorbeugend schon) gegen einen (drohenden) →Verwaltungsakt
insbesondere der Baugenehmigungsbehörde (→Baugenehmigung).
Voraussetzung für eine →Anfechtungsklage ist die Behauptung, dass
die Maßnahme gegen einen Rechtssatz verstoße, der
nachbarschützenden Charakter habe, also den Nachbarn nicht nur
objektiv begünstigt, sondern ihm ein subjektives öffentliches Recht
gewährt. Begründet ist die Klage, wenn die Baugenehmigung wegen
Verletzung der nachbarschützenden Norm rechtswidrig und der
Kläger tatsächlich – und zwar gerade als Nachbar – durch sie in
einem Recht verletzt ist (vgl. § 113 VwGO).
Lit.: Brecht, J., Die baurechtliche Nachbarklage, Diss. jur. Konstanz 1998
Nachbarrecht (z. B. §§ 906ff. BGB) ist die Gesamtheit der die
→Eigentümer von benachbarten →Grundstücken im Verhältnis
zueinander betreffenden Rechtssätze. Im Sachenrecht kann ein
Eigentümer eines Grundstücks unwesentliche oder ortsübliche
→Immissionen auf Grund des Nachbarrechts nicht verbieten (z. B.
Herüberwehen von Bratenduft, Ablaufen von Regenwasser,
Hinüberfliegen von Blättern, Eindringen von Wollläusen). Er kann
Wurzeln und Zweige, die in sein Grundstück hineinreichen,
beseitigen, Früchte, die auf sein Grundstück fallen, behalten und für
einen entschuldbaren, zu duldenden →Überbau eine
Geldentschädigung verlangen. Im Verwaltungsrecht schützen
bestimmte baurechtliche Vorschriften auch die Nachbarn (z. B.
Grenzabstand). Verletzt eine Baugenehmigung ein Recht eines
Nachbarn, ist die →Nachbarklage möglich.
Lit.: Bassenge, P./Olivet, C., Nachbarrecht in Schleswig-Holstein, 11. A. 2002; Hoof, R.,
Nachbarrecht in Hessen, 7. A. 1997; Keil, P./Hoof, R., Das Nachbarrecht in Niedersachsen, 10. A.
2000; Alheit, H., Nachbarrecht von A–Z, 10. A. 2004; Pelka, F., Das Nachbarrecht in BadenWürttemberg, 19. A. 2000; Stadler, W., Das Nachbarrecht in Bayern, 6. A. 2000; Schäfer, H.,
Nachbarrechtsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 13. A. 2002; Schäfer, H., Thüringer
Nachbarrechtsgesetz, 1995; Birk, H., Nachbarrecht für Baden-Württemberg, 4. A. 2000; Warnecke,
F., Nachbarrechtsfibel für Niedersachsen,12. A. 2004; Bauer, H., Thüringer Nachbarrecht, 3. A.
1997; Postier, R., Nachbarrecht in Brandenburg, 2. A. 1998, Hinkel, K., Nachbarrecht in Hessen,
4. A. 1997; Schäfer, H., Sächsisches Nachbarrechtsgesetz, 1998; Stollenwerk, D.,
Nachbarrechtsgesetz Thüringen, 1998; Thomas, J., Sächsisches Nachbarrecht, 1998; Netz, J., Das
Nachbarrecht in Hessen, 4. A. 1998; Hülbusch, B., Nachbarrecht für Rheinland-Pfalz und das
Saarland, 5. A. 1998; Kayser, A., Berliner Nachbarrecht, 1998; Kayser, A., Brandenburgisches
Nachbarrecht, 2. A. 1998; Eidam, G., Nachbarrecht in Sachsen-Anhalt, 1998; Pardey, F.,
Nachbarrecht in Sachsen-Anhalt, 1998; Fruhner, F., Nachbarrecht für Sachsen-Anhalt, 1998;
Breloer, H., Bäume, Sträucher und Hecken im Nachbarrecht,6. A. 2002; Pardey, F.,
Niedersächsisches Nachbarrechtsgesetz, 1999; Horst, H., Rechtshandbuch Nachbarrecht, 2000;
Schulz, C., Nachbarrecht in Bayern, 2000; Dehner, W., Hessisches Nachbarrecht, 5. A. 2001;
Kayser, A., Nachbbarrecht in Sachsen, 2001; Bensching, C., Nachbarrechtliche
Ausgleichsansprüche, 2002
Nachbesserung (§§ 439 I, 635 I BGB) ist die kostenlose
nachträgliche Beseitigung des →Mangels einer →Leistung des
→Schuldners durch diesen. Sie ist ein Fall der Nacherfüllung. Sie
kann im Kaufvertragsrecht und im Werkvertragsrecht vom Gläubiger
verlangt werden.
Nachbürgschaft ist die →Bürgschaft, bei welcher der Bürge
(Nachbürge) dem Gläubiger dafür bürgt, dass der Schuldner einer
Bürgschaft (Vorbürge oder Hauptbürge) seine Bürgschaftsschuld
gegenüber dem Gläubiger erfüllt. Gegenüber der einfachen
Bürgschaft (§§ 765ff. BGB) besteht nur die Besonderheit, dass die zu
sichernde →Schuld bereits eine Bürgschaftsverpflichtung ist.
Nacheid ist im Verfahrensrecht der nach Abgabe einer Erklärung
geleistete →Eid im Gegensatz zum →Voreid.
Nacherbe (§ 2100 BGB) ist der in der Weise eingesetzte →Erbe, dass
dieser erst – zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt (Nacherbfall,
u. U. Tod des Vorerben) – Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer
Erbe (→Vorerbe) geworden ist. Der N. ist Erbe des Erblassers. Er
erlangt mit dessen Tod eine →Anwartschaft. Er hat gegen den
Vorerben nach dem Eintritt der Nacherbfolge einen Anspruch auf
→Herausgabe der →Erbschaft in dem Zustand, der sich bei einer bis
zur Herausgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Verwaltung ergibt
(§ 2130 I BGB). Der N. braucht im Zeitpunkt des Tods des Erblassers
noch nicht erzeugt zu sein (§ 2101 BGB). Steuerrechtlich wird der N.
als Erbe des Vorerben behandelt.
Lit.: Ludwig, I., Vor- und Nacherbschaft im Grundstücksrecht, 1996; Wiech, T., Der
Nacherbenschutz, 1999
Nacherfüllung (§ 323 I BGB) ist die nachträgliche Erfüllung einer
Verpflichtung des Schuldners bei vorhergehender Bewirkung einer
nicht pflichtgemäßen Leistung. Nach § 439 kann der Käufer
(Gläubiger) als N. nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels
(Nachbesserung) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache
(Nachlieferung) verlangen. Der Verkäufer (Schuldner) hat die dafür
erforderlichen Aufwendungen zu tragen. Der Verkäufer kann die vom
Käufer gewählte Art der N. verweigern, wenn sie nur mit
unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Verlangt im Werkvertrag
der Besteller N., so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den
Mangel beseitigen (Nachbesserung) oder ein neues Werk herstellen
(Nachlieferung), muss die dafür erforderlichen Aufwendungen tragen
und kann N. nur verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen
Kosten möglich ist (§ 635 BGB).
Lit.: Huber, P., Der Nacherfüllungsanspruch im neuen Kaufrecht,
NJW 2002, 1004
Nachfrist (z. B. § 323 I BGB) ist die →Frist, die der →Gläubiger bei
einer →Leistungsstörung dem →Schuldner zur Bewirkung der
Leistung oder zur Nacherfüllung unter der Androhung der späteren
Ablehnung setzen kann. Sie muss angemessen sein. Ihr fruchtloser
Ablauf hat die Entstehung bestimmter neuer Rechte des Gläubigers
zur Folge (→Rücktrittsrecht § 323 I BGB,
→Schadensersatzanspruch).
Lit.: Huber, P., Der Nacherfüllungsanspruch im neuen Kaufrecht,
NJW 2002, 1004
nachgiebiges Recht →Recht, nachgiebiges
Nachlass ist das →Vermögen des →Erblassers im Zeitpunkt des
→Erbfalls. Im Gegensatz zur Erbschaft betrifft N. nicht die
Beziehung des Vermögens zum Erben, sondern zu den Gläubigern
und zum Nachlassgericht, ohne dass jedoch dieser Sprachgebrauch
streng eingehalten wird. Der N. ist eine Vermögensgesamtheit.
Lit.: Firsching/Graf, Nachlassrecht; Behr, J./Frohn, P., Nachlasswesen, 2. A. 1999
Nachlassgericht (§§ 72ff. FGG) ist das →Amtsgericht im Bereich
der für Nachlasssachen bestehenden freiwilligen →Gerichtsbarkeit.
Zuständig ist grundsätzlich der →Rechtspfleger des →Amtsgerichts,
in dessen Bezirk der →Erblasser seinen letzten →Wohnsitz oder
→Aufenthalt hatte.
Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 315ff. InsO) ist das
→Insolvenzverfahren über einen →Nachlass. Zum Antrag auf
Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens ist jeder Erbe, der
Nachlassverwalter sowie ein anderer Nachlasspfleger, ein
Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht,
und jeder Nachlassgläubiger berechtigt. Eröffnungsgrund sind
Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung und u. U. drohende
Zahlungsunfähigkeit. Mit der Eröffnung des
Nachlassinsolvenzverfahrens beschränkt sich die Haftung des Erben
für die Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass (§ 1975 BGB).
Lit.: Hüsemann, B., Das Nachlassinsolvenzverfahren, Diss. jur. Münster 1998
Nachlasspfleger (§ 1960 BGB) ist der →Pfleger, der
erforderlichenfalls bis zur Annahme der Erbschaft zur Sicherung des
Nachlasses bestellt werden kann.
Nachlasspflegschaft →Pflegschaft, Nachlassverwaltung
Lit.: Nachlasspflegschaft, bearb. v. Jochum, G. u. a., 2. A. 2003; Zimmermann, W., Die
Nachlasspflegschaft, 2001
Nachlassrecht ist die Gesamtheit der den →Nachlass betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Firsching/Graf, Nachlassrecht
Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) ist die →Verbindlichkeit, für
die der →Erbe beim →Erbfall zu haften hat.
Nachlassverbindlichkeiten sind die vom Erblasser herrührenden
Schulden (Erblasserschulden), die Verbindlichkeiten aus
→Pflichtteilsrechten, →Vermächtnissen, →Auflagen, →die
Erbschaftsteuer, die →Beerdigungskosten, die Kosten des
→Dreißigsten und die durch Verwaltungshandlungen des Erben,
eines Nachlasspflegers, Nachlassverwalters oder
Testamentsvollstreckers entstehenden Schulden. Der Erbe kann seine
Haftung für Nachlassverbindlichkeiten auf den (insofern von seinem
vor dem Erbfall vorhandenen eigenen Vermögen getrennten)
Nachlass durch →Nachlassverwaltung,
→Nachlassinsolvenzverfahren und Errichtung eines →Inventars
beschränken (§§ 1975ff. BGB).
Lit.: Harder, M./Müller-Freienfels, S., Grundzüge der Erbenhaftung, JuS 1980, 876
Nachlassverwaltung (§ 1975 BGB) ist die vom →Nachlassgericht
auf →Antrag angeordnete →Nachlasspflegschaft zum Zweck der
Befriedigung der Nachlassgläubiger. Die N. bewirkt die
Beschränkung der →Haftung des →Erben für
→Nachlassverbindlichkeiten auf den →Nachlass. Mit der Anordnung
der N. verliert der Erbe die Befugnis, den Nachlass zu verwalten und
über ihn zu verfügen (§ 1984 BGB), zugunsten des
Nachlassverwalters.
Lit.: Pütter, T., Der Nachlassverwalter, Diss. jur. Münster 1999
Nachlieferung (§ 439 I BGB) ist die Lieferung einer mangelfreien
statt der bereits gelieferten mangelhaften →Sache. Im Kaufrecht hat
der →Käufer im Rahmen der →Nacherfüllung einen Anspruch auf
Beseitigung des Mangels (→Nachbesserung) oder N. Dieser steht
neben dem Rücktrittsrecht, der →Minderung, dem Schadensersatz
und dem Aufwendungsersatz (§ 437 BGB). Verlangt der →Besteller
eines →Werkvertrags Nacherfüllung, so kann der →Unternehmer
nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues →Werk
herstellen (§ 635 I BGB).
Lit.: Huber, P., Der Nacherfüllungsanspruch im neuen Kaufrecht,
NJW 2002, 1004
Nachnahme ist die Aushändigung einer Sendung gegen Zahlung des
Preises oder eines andern vereinbarten Betrags.
Lit.: Schlicht, M., Die Nachnahme, 1999
Nachname (Familienname) →Name
Nachrede ist die Behauptung oder Verbreitung einer Tatsache in
Bezug auf einen andern. Üble N. (§ 186 StGB) ist die Behauptung
oder Verbreitung einer nicht erweislich wahren Tatsache in Bezug auf
einen andern, die geeignet ist, denselben verächtlich zu machen oder
in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen (z. B. Erklärender E.
behauptet wahrheitswidrig, X gebe öffentliche Gelder für private
Zwecke aus, E. behauptet wahrheitswidrig, X missbrauche die
Wissenschaftsfreiheit, E. behauptet wahrheitswidrig, X sei ein
Lügner). Keine üble N. ist die Behauptung einer erweislich wahren
Tatsache (z. B. E. ist ein Lügner, P. ist ein Schmierer, I. ist ein
Betrüger, W. ist ein Fälscher usw.). Im Gegensatz zur →Beleidigung
wird bei der üblen N. nicht die Kundgabe eigener Missachtung,
sondern die Förderung fremder Missachtung bestraft.
Nachschieben ist allgemein das nachträgliche, unterstützende
Verhalten. Das N. von Gründen ist das nachträgliche Anführen von
zusätzlichen Gründen für eine Maßnahme (z. B. →Kündigung,
→Klage, →Verwaltungsakt). Es ist in weitem Umfang möglich.
Verspätet vorgebrachte Angriffsmittel und Verteidigungsmittel sind
aber z. B. durch § 296 ZPO ausgeschlossen.
Lit.: Guise-Rübe, R., Das Nachschieben von Verfahrensrügen, Diss. jur. Göttingen 1996; Schenke,
R., Das Nachschieben von Ermessenserwägungen, JuS 2000, 230; Axmann, M., Das Nachschieben
von Gründen im Verwaltungsrechtsstreit, 2001
Nachschuss (§§ 26 GmbH, 105 GenG) ist die nachträgliche, über den
vereinbarten Gesellschaftsbeitrag hinaus zu bewirkende Leistung.
Eine Pflicht zum N. besteht nur, wenn sie besonders vereinbart
(GmbH) bzw. nicht besonders ausgeschlossen worden ist
(Genossenschaft).
Nachsichtwechsel (Art. 35 WG) ist der eine bestimmte Zeit nach
Sicht (Vorlegung) fällige →Wechsel.
Lit.: Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere
Nachtat ist die in Bezug auf eine andere Tat nachfolgende – und
damit an sich von dieser getrennte – →Tat. Mitbestrafte N. ist die Tat,
die sich in der Auswertung oder Sicherung der durch die Vortat
erlangten Position erschöpft, den schon angerichteten Schaden nicht
wesentlich erweitert und kein neues Rechtsgut verletzt (z. B. Dieb
beschädigt die gestohlene Sache, Unterschlagender eines Schecks löst
den Scheck in Bargeld ein). Sie ist ein Fall der →Konsumtion und
damit der →Konkurrenz.
Lit.: Höper, I., Die mitbestrafte Vor- und Nachtat, Diss. jur. Kiel 1997
Nachtdiebstahl →Diebstahl
nachträglich (Adj.) nach einem zeitlichen Bezugspunkt eintretend
nachträgliche Unmöglichkeit →Unmöglichkeit, nachträgliche
Nachtragsanklage (§ 266 StPO) ist die →Anklage des
→Staatsanwalts wegen weiterer Straftaten eines →Angeklagten nach
Eröffnung des →Hauptverfahrens.
Nachtragshaushalt ist der zur Deckung unvorhergesehener
Ausgaben u. U. nachträglich zu beschließende →Haushalt.
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Nachtwächter ist der zur Nachtzeit Wache für die Allgemeinheit
haltende Mensch. Im Mittelalter war der N. nicht ganz unbedeutend.
In der mediengesellschaftlichen Gegenwart verkörpert der N.
Rückstand und Einfalt.
Nachvermächtnis (§ 2191 I BGB) ist das →Vermächtnis, bei dem
der →Erblasser den vermachten Gegenstand von einem nach dem
Anfall des →Vermächtnisses eintretenden bestimmten Zeitpunkt oder
Ereignis an einem Dritten zugewandt hat. Das N. wird teilweise
entsprechend einer →Nacherbschaft behandelt (§ 2191 II BGB).
Nachversicherung ist die nachträgliche →Versicherung eines
Risikos. Im Sozialversicherungsrecht ist die N. erforderlich, wenn ein
Mensch, der mit Rücksicht auf eine Versorgungsanwartschaft nicht
versicherungspflichtig war (z. B. Beamter), versicherungspflichtig
wird.
Lit.: Becker, K., Nachversicherung, 5. A. 1999
Nachwahl ist die nachträglich vorzunehmende →Wahl. Sie ist für
den →Bundestag (§§ 43f. BWG) dann erforderlich, wenn in einem
Wahlkreis oder Wahlbezirk die Wahl nicht zum bestimmten
Zeitpunkt durchgeführt worden ist oder ein Wahlkreisbewerber
zwischen Zulassung und Wahl stirbt, nicht dagegen beim Tod eines
→Abgeordneten.
Näherrecht (Retraktrecht) ist im mittelalterlichen deutschen Recht
das Anrecht bestimmter nahestehender Personen (z. B. Verwandter,
Nachbarn, Grundherren) auf ein Gut für den Fall der Vererbung oder
Veräußerung (vgl. § 2034 BGB).
Lit.: Mitteis/Lieberich, Deutsches Privatrecht
Name ist die Bezeichnung einer einzelnen Person oder eines
einzelnen Gegenstands zum Zweck der Heraushebung aus einer
Gattung bzw. der Unterscheidung von andern Personen und
Gegenständen. Im Privatrecht ist der N. einer Person ein besonderes
→Persönlichkeitsrecht (§ 12 BGB, Namensrecht), das bei Störungen
(Bestreiten eines eigenen Gebrauchs durch Fremden, Gebrauch des
eigenen Namens durch Fremden) einen →Beseitigungsanspruch und
→Unterlassungsanspruch gewährt. Gegebenenfalls kommt auch ein
Schadensersatzanspruch in Betracht. Der N. eines Menschen besteht
aus dem (frei von den Eltern eines Kindes für dieses wählbaren)
→Vornamen und dem in Deutschland seit dem Hochmittelalter
erscheinenden (grundsätzlich festen) →Familiennamen (Nachnamen).
Er wird vor allem durch →Geburt (→Geburtsname, § 1616 BGB),
→Eheschließung (→Ehename, § 1355 BGB) oder →Annahme an
Kindes Statt sowie auf Grund besonderer Erklärungen erworben.
Heiratet die geschiedene sorgeberechtigte Mutter wieder, so haben die
mit ihr in der neuen Familie lebenden Kinder ein Recht darauf, dass
ihr Familienname auch gegen den Willen ihres Vaters durch den
neuen Familiennamen der Mutter ersetzt wird. Partner einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft können bei gemeinsamem
Sorgerecht einvernehmlich den Namen des Vaters oder den Namen
der Mutter zum Geburtsnamen des Kindes bestimmen. Der N. kann
auf Antrag bei Vorliegen bestimmter Gründe geändert werden.
→Handeln in eigenem Namen, Handeln in fremdem Namen,
→Pseudonym
Lit.: Spoenla-Metternich, S. v., Namenserwerb, 1997; Schorlemer, B. v., Die zivilrechtlichen
Möglichkeiten der Namensänderung, 1998; Westermann-Reinhardt, J., Das Ehe- und
Familiennamensrecht, Diss. jur. Hannover 1999; Wagner-Kern, M., Staat und Namensänderung,
2002
Namensaktie (§ 10 AktG) ist die auf den Namen des Berechtigten
lautende →Aktie. Eine Aktie muss auf den Namen lauten, wenn sie
vor der vollen Leistung des Nennbetrags oder Ausgabebetrags
ausgegeben wird. Die N. ist in das Aktienbuch einzutragen (§ 67
AktG). Sie kann durch →Indossament übertragen werden (§ 68 I
AktG). Vinkulierte N. (§ 68 II AktG) ist die N., deren Übertragung
nach der →Satzung von der Zustimmung der →Gesellschaft abhängig
ist.
Namensänderung →Name
Namenserteilung oder Einbenennung (§§ 1618 BGB, 31a PStG) ist
die Erteilung (bzw. Voranstellung oder Anfügung) des Ehenamens
eines Elternteils, dem die elterliche Sorge für ein unverheiratetes Kind
allein oder gemeinsam mit dem andern Elternteil zusteht, und seines
Ehegatten, der nicht Elternteil des Kindes ist, an das in ihren
gemeinsamen Haushalt aufgenommene Kind durch öffentlich
beglaubigte Erklärung gegenüber dem Standesbeamten. Erteilung,
Voranstellung oder Anfügung des Namens bedürfen der Einwilligung
des andern Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit
dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder das Kind seinen
Namen führt, wobei das Interesse des andern Elternteils am
Fortbestand des namensrechtlichen Bands zwar grundsätzlich
gleichwertig ist, aber gegebenenfalls dem Wohl des Kindes weichen
muss. Hat das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet, ist auch seine
Einwilligung erforderlich. Die Erklärungen haben nur
namensrechtliche, nicht auch abstammungsrechtliche Wirkung.
Namenspapier ist das →Wertpapier, bei dem aus dem Papier
grundsätzlich nur die in dem Papier selbst namentlich benannte
Person berechtigt ist (z. B. →Sparkassenbuch, →Hypothekenbrief).
Beim N. folgt das Recht am Papier dem Recht aus dem Papier.
Entscheidend für die Berechtigung ist daher die Übertragung des
Rechts, der das →Eigentum an der →Urkunde nur nachfolgt (§ 952 II
BGB). N. mit Inhaberklausel (§ 808 I BGB) ist das N., bei dem die
→Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der besonderen
Bestimmung ausgegeben ist, dass die in der Urkunde versprochene
Leistung (auch) an jeden →Inhaber bewirkt werden kann (z. B.
Sparbuch) – ohne dass der Inhaber seinerseits Leistungen verlangen
kann –.
Namensrecht →Name
nasciturus (lat. [M.]) Entstehender, Leibesfrucht
Nasciturus (M.) pro iam nato habetur ([lat.] der Entstehende wird
wie der schon Geborene behandelt). Nach § 1923 II BGB gilt, wer zur
Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits erzeugt war, als vor
dem →Erbfall geboren. Er kann daher mit seiner Geburt →Erbe
werden (§ 1942 BGB), obwohl im Übrigen Erben nur im Zeitpunkt
des Erbfalls lebende Menschen werden können (§ 1923 I BGB).
Lit.: Hermanns-Engel, K., Die rechtliche Berücksichtigung des Menschen vor der Zeugung, 1997
Nation (Volk) ist kulturell die durch die Einheit von Sprache und
Kultur, politisch die durch die Gleichheit der politischen Entwicklung
zusammengeschlossene Gesamtheit von Menschen.
Nationalsozialismus ist in der deutschen Rechtsgeschichte die
politische Bewegung, die unter Adolf Hitler (Braunau am Inn 20. 4.
1989-Berlin 30. 4. 1945) von 1933 bis 1945 in Deutschland die Macht
ausübte. Der N. ist eine Art des →Faschismus. In der konkreten
Praxis hat er auf Grund formaler Wahlen in der Form einer totalitären
→Diktatur gewirkt. Durch Gesetz vom 25. 5. 1990 ist die
Möglichkeit gegeben, durch Beschluss des zuständigen
Oberlandesgerichts nationalsozialistische Unrechtsurteile unter
bestimmten Voraussetzungen aufheben zu lassen.
Lit.: Köbler, G., Einfache Bibliographie europäisch-deutscher Rechtsgeschichte, 1990; Schulz, G.,
Aufstieg des Nationalsozialismus, 1975; Hüttenberger, P., Bibliographie zum Nationalsozialismus,
1980; Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 3. A. 1999; Kroeschell, K., Rechtsgeschichte
Deutschlands im 20. Jahrhundert, 1992; Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Nationalstaat ist im Verfassungsrecht der →Staat, der die Einheit der
→Nation und die Abgrenzung gegenüber andern Nationen besonders
betont (z. B. Frankreich, England). Er steht im Gegensatz zum
Nationalitätenstaat (z. B. Schweiz).
Lit.: Albrow, M., Abschied vom Nationalstaat, 1998; Der neue Nationalstaat, hg. v. Voigt, R., 1998
Nationalsymbol →Staatssymbol
Nationalversammlung ist im Verfassungsrecht die die →Nation
vertretende →Versammlung aus besonderem Anlass. In der deutschen
Rechtsgeschichte sind als N. bekannt die Frankfurter N. (1848) und
die Weimarer N. (1919), die sich als verfassungsgebende
Versammlungen verstanden. In Frankreich ist N. das Parlament.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Best, H./Weege, W., Biographisches Handbuch der
Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung, 1996
Nato (F.), NATO, North Atlantic Treaty Organization,
Nordatlantische Bündnisorganisation der (2004 26) Staaten Belgien,
Bulgarien (2004), Dänemark, Deutschland (1955), Estland (2004),
Frankreich, Griechenland (1951), Großbritannien, Island, Italien,
Kanada, Lettland (2004), Litauen (2004), Luxemburg, Niederlande,
Norwegen, Polen (1999), Portugal, Rumänien (2004), Slowakei
(2004), Slowenien (2004), Spanien (1982), Tschechien (1999), Türkei
(1951), Ungarn (1999) und Vereinigten Staaten von Amerika vom
4. 4. 1949.
Lit.: Williams, P., North Atlantic Treaty Organization, 1994
Natur ist die ohne menschliches Zutun entstandene Welt und die
hinter ihr stehende Kraft sowie deren Wesen. N. der Sache ist in der
Rechtsmethodologie das ihr von selbst eigene Wesen einer Sache. Die
N. der Sache dient als Begründung für einleuchtende, nicht weiter
erklärungsbedürftige und erklärungsfähige →Rechtsfolgen (z. B.
Gesetzgebungszuständigkeit des Bunds kraft N. der Sache für
Bundesflagge).
Lit.: Ballweg, O., Zu einer Lehre von der Natur der Sache, 2. A. 1963
Naturalherstellung (§ 249 BGB) ist die Herstellung des Zustands,
der bestehen würde, wenn der zum →Ersatz eines →Schadens
Gelöscht: 1
Gelöscht: 19
Gelöscht: Vorbereitet wird die
Aufnahme Estlands, Lettlands,
Litauens, der Slowakei, Sloweniens,
Bulgariens und Rumäniens.
Formatiert: Deutsch
(Deutschland)
Formatiert: Deutsch
(Deutschland)
verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Da Geschehenes nicht
ungeschehen gemacht werden kann, bedeutet N. nur Herstellung eines
möglichst gleichartigen, wirtschaftlich gleichwertigen Zustandes (der
beschädigten Sache bzw. des beschädigten Vermögens). Die N. ist der
Grundsatz des geltenden →Schadensersatzrechts.
Naturalisation (F.) Einbürgerung
Naturallohn ist im Schuldrecht der in andern Werten als Geld
entrichtete →Lohn (z. B. Hingabe von Lebensmitteln oder
Brennstoffen, Überlassen einer Nutzungsmöglichkeit). Der N. ist zum
Schutz der →Arbeitnehmer bei gewerblichen Arbeitnehmern und
Auszubildenden nur eingeschränkt zulässig (§§ 115 GewO, 10 II
BerBG) (Truckverbot). Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, die
Löhne ihrer Arbeitnehmer bar auszuzahlen.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Naturalobligation (natürliche Verbindlichkeit) ist die
unvollkommene →Verbindlichkeit, auf deren →Erfüllung (mangels
rechtlich bestehender Verbindlichkeit) nicht geklagt werden kann, bei
der aber auch das Geleistete nicht als ungerechtfertigte
→Bereicherung zurückverlangt werden kann (z. B. Ehemaklerlohn
§ 656 BGB, Spielschuld § 762 BGB).
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Naturalrestitution →Naturalherstellung
Lit.: Picker, U., Die Naturalrestitution durch den Geschädigten, 2003
Naturalwirtschaft ist die geldlose Wirtschaft, in welcher der
Güterverkehr nur im Wege des Tauschs stattfinden kann.
Natürlich ist die Qualifikation eines Umstands nach seinem Wesen.
N. bildet insofern vielfach den Gegensatz zu rechtlich (juristisch)
(z. B. natürliche Person, natürliche Verbindlichkeit, natürliches Kind).
Naturrecht ist in der Rechtsphilosophie die Gesamtheit der der Natur
innewohnenden, zeitlos gültigen, vernunftnotwendigen Rechtssätze,
die über den vom Menschen gesetzten Rechtssätzen (positives
→Recht) stehen. Das N., dessen Herleitung und Geltung umstritten
sind, dient als Schranke bzw. Korrektiv des gesetzten Rechts.
Vertreter der Idee eines Naturrechts sind griechische Philosophen,
christliche Kirchen und neuzeitliche Philosophen (Vernunftrecht).
Auf N. lassen sich vor allem die allgemeinen Menschenrechte oder
→Grundrechte gründen. Im Einzelnen fällt der Nachweis eines
Rechtssatzes als N. sehr schwer.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997; Schröder, P., Naturrecht und
absolutistisches Staatsrecht, 2001
Naturschutz ist die Gesamtheit der Maßnahmen zur Erhaltung,
Gestaltung und Pflege der natürlichen Umwelt des Menschen. Für die
Durchführung des nationalen Naturschutzes sind die Länder
zuständig. Das Recht des Naturschutzes ist in einem besonderen
Bundesnaturschutzgesetz und in Landesnaturschutzgesetzen geregelt.
Danach soll sich jeder so verhalten, dass Natur und Landschaft
möglichst wenig beeinträchtigt werden. Möglich sind
Landschaftsplanung, Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet,
Naturdenkmalschutz oder Artenschutz.
Lit.: Naturschutzrecht, 9. A. 2002; Lorz, A./Müller, M./Stöckel, H., Naturschutzrecht, 2. A. 2003;
Gassner, E. u. a., Bundesnaturschutzgesetz, 1996
Nebenamt →Nebentätigkeit
Nebenbestimmung ist die zu einer Hauptbestimmung hinzutretende,
zusätzliche Bestimmung. Bedeutsam sind insbesondere die
Nebenbestimmungen zu einem →Verwaltungsakt, die seine
Wirkungen beschränken (ja, aber). Nebenbestimmungen sind
→Auflage, →Auflagenvorbehalt, →Befristung, →Bedingung und
Widerrufsvorbehalt.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht; Brenner, J., Der Verwaltungsakt mit Nebenbestimmungen, JuS
1996, 281
Nebenfolge (§§ 45ff. StGB) ist im Strafrecht die Rechtsfolge, die
selbst keinen spezifischen Strafcharakter hat. Die Nebenfolgen
können nur in Verbindung mit einer →Hauptstrafe eintreten. Sie
betreffen insbesondere den Verlust der Amtsfähigkeit, der
Wählbarkeit und des Stimmrechts.
Lit.: Wimmer, G., Nebenstrafen und Nebenfolgen in der Jugendgerichtsbarkeit, 1991
Nebenintervention (Streithilfe) (§ 66 ZPO) ist die Beteiligung eines
Dritten im eigenen Namen an einem zwischen zwei andern Personen
anhängigen →Rechtsstreit zum Zweck der Unterstützung einer
→Partei. Die N. ist zulässig, wenn der Dritte ein rechtliches
→Interesse daran hat, dass die unterstützte Partei obsiegt. Der
Nebenintervenient darf alle →Prozesshandlungen vornehmen, soweit
sie nicht mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in
Widerspruch stehen (weitergehend bei der streitgenössischen N. § 69
ZPO). Die N. bewirkt, dass in einem nachfolgenden Prozess zwischen
dem Unterstützenden und der unterstützten Partei der erste
Rechtsstreit als richtig entschieden gilt (§ 68 ZPO).
Lit.: Wieser, E., Das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten, 1965; Frohn, M.,
Nebenintervention und Streitverkündung in der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1999
Nebenklage (§§ 395ff. StPO) ist die Klage eines Verletzten neben der
öffentlichen →Klage der →Staatsanwaltschaft. Zur N. sind berechtigt
der zur →Privatklage Berechtigte, die Eltern, Kinder, Geschwister
und Ehegatten eines durch eine rechtswidrige Tat Getöteten sowie der
Verletzte, der die öffentliche Klage im →Klageerzwingungsverfahren
erzwungen hat. Der Nebenkläger hat nach erfolgtem Anschluss die
Rechte eines Privatklägers (§ 397 StPO). Die N. ist auch im
Sicherungsverfahren zulässig.
Lit.: Amelunxen, C, Der Nebenkläger im Strafverfahren, 1980; Zechmann, G.,
Strafantragserfordernis bei der Nebenklage, 1993
Nebenkosten sind die neben einer Hauptleistung (Hauptkosten) zu
entrichtenden zusätzlichen Kosten (wie z. B. bei einem
Dienstverhältnis oder einem Mietverhältnis). Im Steuerrecht sind die
N. des Mieters steuerpflichtige Einnahmen des Vermieters aus
Vermietung und Verpachtung.
Lit.: Pfeifer, F., Nebenkosten, 1994
Nebenpflicht ist die neben einer →Hauptpflicht bestehende
zweitrangige Pflicht. Im Schuldrecht kann die N. eine
Nebenleistungspflicht oder eine Verhaltenspflicht sein. Die
Nebenpflichten lassen sich nicht erschöpfend erfassen, sondern
hängen stark von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (§ 241
II BGB). Sie sind meist Treuepflicht (z. B.
Quittungsausstellungspflicht, Ersatzteilführungspflicht),
Schutzpflicht, Obhutspflicht, Aufklärungspflicht oder
Mitteilungspflicht. Die Verletzung einer N. kann
Schadensersatzansprüche begründen.
Lit.: Ebert, S., Nebenpflichten des Unternehmers, Diss. jur. Bonn 1999
Nebenrecht ist das neben einem Hauptrecht bestehende zweitrangige
Recht. →Nebenpflicht
Nebenstrafe (§ 44 StGB) ist die zu einer →Hauptstrafe hinzutretende
zusätzliche →Strafe. Als solche kennt das Strafgesetzbuch
ausdrücklich nur das →Fahrverbot. Hierher werden teilweise aber
auch der →Verfall des aus einer rechtswidrigen Tat erlangten
Vermögensvorteils (§ 73 StGB) sowie die →Einziehung der durch
vorsätzliche Straftat hervorgebrachten oder zu ihrer Begehung oder
Vorbereitung gebrauchten oder bestimmten Gegenstände (§ 74 StGB)
gezählt. →Nebenfolgen
Lit.: Wimmer, G., Nebenstrafen und Nebenfolgen in der Jugendgerichtsbarkeit, 1991
Nebenstrafrecht ist das außerhalb des Strafgesetzbuchs und andern
hauptsächlich auf strafrechtliche Regelung zielenden Gesetzen
geregelte Strafrecht (z. B. §§ 12ff. UWG).
Lit.: Göhler, E./Buddendiek, H./Lenzen, K., Lexikon des Nebenstrafrechts (Lbl.), 26. A. 2002; Erbs,
G./Kohlhaas, M., Strafrechtliche Nebengesetze (Lbl.), 151. A. 2003
Nebentäter sind mehrere Menschen, die ohne bewusstes und
gewolltes Zusammenwirken Bedingungen setzen, die zusammen oder
auch für sich allein geeignet sind, den Erfolg herbeizuführen. Die
Täter sind nicht →Mittäter. Jeder von ihnen wird im Strafrecht
selbständig für seine Tat bestraft bzw. im Schuldrecht zum Ersatz des
adäquat verursachten →Schadens verpflichtet (§ 840 BGB,
→Gesamtschuld).
Lit.: Murmann, U., Die Nebentäterschaft im Strafrecht, 1993 (Diss.)
Nebentätigkeit ist die außerhalb der Berufstätigkeit liegende
Tätigkeit eines →Beamten. Die N. kann als Nebenamt erscheinen.
Die freiwillige N. bedarf überwiegend der Genehmigung durch die
oberste Dienstbehörde, auf die aber ein Rechtsanspruch besteht, wenn
durch die N. keine ungünstigen Auswirkungen auf die Berufstätigkeit
zu befürchten sind. Ein Beamter, der seit fast einem halben Jahr (oder
gar auf der Jagd nach einer Rente seit mehreren Jahren) dienstunfähig
erkrankt (oder jedenfalls krank geschrieben) ist oder sein will, darf
keine N. (z. B. Verlag von Lügenbaronen) ausüben, weil dies dem
(behaupteten) Ansehen der öffentlichen Verwaltung (z. B. einer
Universität) schadet.
Lit.: Wank, R., Nebentätigkeit, 1995; Zwehl, H. v., Nebentätigkeitsrecht, 1998; Ossenbühl,
F./Cornils, M., Nebentätigkeit und Grundrechtsschutz, 1999
Nebenverdienst ist der neben einer regelmäßigen Vergütung
zusätzlich erworbene Verdienst.
Lit.: Bültmann, H../Niebler, M./Kohn, S., Der Nebenverdienst, 6. A. 2001
Ne bis in idem ([lat.] nicht zweimal wegen derselben Tat) (Art. 103
III GG) ist der Grundsatz des Strafverfahrensrechts, der es verbietet,
dass jemand wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen
Strafgesetze mehrmals bestraft wird. Am 25. 5. 1987 schlossen die
Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft ein Übereinkommen
über das Verbot der doppelten Strafverfolgung. Abwegig ist es, jede
Wiederholung eines Antrags unter Berufung auf n. b. i. i. abzulehnen.
Lit.: Liebs, Rechtsregeln; Landau, H., Verwirklichung eines europaweiten ne bis in idem, FS A.
Söllner, 2000; Schomburg, W., Die Europäisierung des Verbots doppelter Strafverfolgung, NJW
2000, 1833
Ne (eat iudex) ultra petita ([lat.] nicht [gehe der Richter] über das
Begehrte hinaus) (z. B. § 308 ZPO) ist der Grundsatz des
Verfahrensrechts, der es in den meisten Verfahrensarten dem
→Richter verbietet, dem →Kläger mehr zuzusprechen, als dieser
begehrt hat. Er ist schon in der Antike (Demosthenes) vorhanden und
wird im 9. Jh. von der Kirche und in der frühen Neuzeit von der
deutschen gemeinrechtlichen Wissenschaft übernommen.
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
negativ (Adj.) verneinend, ungünstig, schädlich
Negativattest (N.) Unbedenklichkeitsbescheinigung
negative Koalitionsfreiheit →Koalitionsfreiheit, negative
negative Publizität →Publizität, negative
negatives Interesse →Interesse, negatives
negatives Schuldanerkenntnis →Schuldanerkenntnis, negatives
negatives Tatbestandsmerkmal →Tatbestandsmerkmal, negatives
Negativtestament ist das →Testament, durch das der →Erblasser
einen Verwandten oder den Ehegatten von der gesetzlichen
→Erbfolge ausschließt, ohne einen →Erben einzusetzen (§ 1938
BGB). Der Ausschluss (→Enterbung) wirkt im Zweifel nicht auch auf
die →Abkömmlinge des Ausgeschlossenen. Das Erbrecht des
→Staats (§ 1936 BGB) kann der Erblasser mit einem N. nicht
ausschließen.
negatorisch (Adj.) verneinend
negatorischer Anspruch →Anspruch, negatorischer,
Unterlassungsanspruch
Lit.: Hohloch, G., Die negatorischen Ansprüche und ihre Beziehungen zum Schadensersatzrecht,
1976
neglegentia (lat. [F.]) Nachlässigkeit
negotiorum gestio (lat. [F.]) →Geschäftsführung (ohne Auftrag)
Nehmer →Remittent
Neigung ist das Streben in eine Richtung. Im Strafrecht ist, wenn
wegen der schädlichen Neigungen des →Jugendlichen, die in der Tat
hervorgetreten sind, →Erziehungsmaßregeln oder →Zuchtmittel zur
→Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der
Schuld Strafe erforderlich ist, →Jugendstrafe zu verhängen (§ 17
JGG).
Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet ([lat.] niemand
kann mehr an Recht übertragen als er selbst hat) ist der Grundsatz des
römischen Rechts, der (im römischen Recht) den gutgläubigen
→Erwerb eines rechts an einer Sache durch Rechtsgeschäft mit einem
Nichtberechtigten ausschließt (anders z. B. §§ 892, 932 BGB).
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
Nemo pro parte testatus pro parte intestatus decedere potest
([lat.] niemand kann teilweise mit Testament, teilweise ohne
Testament sterben) ist der (nur) im römischen Recht geltende
Grundsatz des Erbrechts, dass das Testament die gesamte Erbschaft
erfassen muss.
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
Nennbetrag ist der Sollbetrag des Werts eines Gegenstands (z. B.
→Grundkapital, →Aktie). Er kann sich vom Istbetrag erheblich
unterscheiden. Er dient z. B. im Aktienrecht zur Ermittlung der
Beteiligungsquote und damit als mittelbarer Maßstab für
Gewinnanteile und Stimmrechte.
Nennkapital →Grundkapital
netto (Adv.) rein, abzugslos
Netto Kasse ist die Vertragsklausel, nach welcher der vereinbarte
Preis ohne Abzug (z. B. Skonto) zu bezahlen ist.
Netz ist das durch Verknüpfen leichter Einzelteile gebildete, der
Sicherung des Lebens dienende Gerät.
Netzgeld ist die elektronische Zahlungseinheit (Geld) in
Rechnernetzen (z. B. Internet): Es ist in seiner Verwendung dem
Bargeld ähnlich, ist aber eine besondere Form des Buchgelds. Es
dient dem →Netzgeldgeschäft. Seine dogmatische Einordnung
(Anweisung oder Inhaberschuldverschreibung) ist streitig.
Rechtstatsächlich befindet es sich noch in einer frühen
Entwicklungslage.
Lit.: Kümpel, S., Elektronisches Geld, NJW 1999, 313; Blaurock, U.,
Technik und Recht, FS A. Söllner, 2000; Neumann, D., Die
Rechtsnatur des Netzgeldes, 2000; Oberndörfer, J., Netzgeld, 2003
Netzgeldgeschäft ist das →Netzgeld schaffende und verwaltende
Geschäft. Es ist ein Bankgeschäft. Es bedarf der Erlaubnis der
Bankaufsichtsbehörde.
Netzvertrag ist der bilaterale Einzelverträge unter Berücksichtigung
eines einheitlichen Gesamtzwecks erfassende →Vertrag.
Lit.: Rohe, M., Netzverträge, 1998
Netzwerk ist das den elektronischen Datenaustausch zwischen
mehreren unabhängigen elektronischen Rechnern durch Vernetzung
ermöglichende Werk.
Lit.: Lange, K., Das Recht der Netzwerke, 1998; Netzwerke
komplexer Langzeitverträge, hg. v. Nicklisch, F., 2000; Wiedner, T.,
Der Netzwerkvertrag, 2001
Neuhegelianismus ist die die Gedankengänge Hegels erneuernde
Philosophie.
Lit.: Zippelius, Rechtsphilosophie
Neukantianismus ist die die Gedankengänge Kants erneuernde
Philosophie.
Lit.: Ollig, H., Der Neukantianismus, 1979
neutral (Adj.) keinem von zweien angehörig, unparteilich,
→Neutralität
Neutralität (Unparteilichkeit) ist die Nichtbeteiligung eines →Staats
an einer kriegerischen Auseinandersetzung mindestens zweier
beteiligter Staaten. Die N. kann dauernd (Neutralisierung z. B.
Schweiz) oder zeitweilig sein. Sie kann mit Waffengewalt verteidigt
werden (bewaffnete N.). Die Rechte und Pflichten auf Grund der N.
sind in internationalen Abkommen (Haager Abkommen) des Jahres
1907 festgelegt. Österreich wandelte 2001 seine N. in Allianzfreiheit
um.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht; Pieper, U., Neutralität von Staaten, 1997
Neuzeit ist die (dem Altertum und) dem →Mittelalter folgende, von
etwa 1500 bis zur Gegenwart reichende Zeiteinheit einer dreiteiligen
Zeiteinteilung (frühe N. von 1500 bis 1789/1806).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Nichtanzeige einer geplanten Straftat (§ 138 StGB) ist das
Unterlassen der Anzeige bestimmter, im Gesetz besonders genannter
Straftaten trotz glaubhafter Kenntnis. Die N. e. g. S. im Sinne des §
138 StGB ist grundsätzlich strafbar. Nichtanzeige anderer Straftaten
ist straflos.
Nichtberechtigter ist eine Person, der das →Recht (bzw. die
Verfügungsmacht) zu dem von ihr geübten Verhalten fehlt. Die
→Rechtsgeschäfte eines Nichtberechtigten (z. B. Übereignung eines
Nichteigentümers, Rechtsgeschäfte eines nicht Bevollmächtigten für
einen andern) sind grundsätzlich (für den Berechtigten) →unwirksam.
Sie können aber kraft →Rechtsscheins oder guten →Glaubens
ähnliche Wirkung entfalten wie die Handlungen eines Berechtigten.
Nichtehe ist die auf einen völlig wirkungslosen
Eheschließungsversuch gegründete, keinerlei Ehewirkungen
erzeugende „Ehe“ (z. B. bei Fehlen des Eheschließungswillens,
Fehlen der Mitwirkung des Standesbeamten, [derzeit noch] Ehe
mindestens zweier Menschen desselben Geschlechts).
Lit.: Schwab, D., Familienrecht, 12. A. 2003
Nichtehelich ist die aus der Möglichkeit der Ehelichkeit
erwachsende, vom Fehlen des Bezugs auf eine →Ehe ausgehende
Qualifikation einer Gegebenheit. Insbesondere steht die nichteheliche
Lebensgemeinschaft im Gegensatz zur ehelichen
→Lebensgemeinschaft. In Deutschland wurde vor 1998 auch
zwischen ehelichen Kindern und nichtehelichen Kindern
unterschieden.
Lit.: Eschbach, S., Die nichteheliche Kindschaft im IPR, 1997
Nichterfüllung ist das Unterlassen oder Ausbleiben der →Erfüllung.
N. liegt beispielsweise vor, wenn ein Verkäufer nicht die Pflicht
erfüllt, dem Käufer einer gekauften Sache das Eigentum frei von
Rechten Dritter zu übertragen, oder der Käufer den Kaufpreis nicht
bezahlt. Nach § 275 I BGB ist der Anspruch auf Leistung
ausgeschlossen, wenn diese unmöglich ist. Soweit der Schuldner die
fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der
Gläubiger, wenn nicht der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu
vertreten hat, (bei nicht unerheblicher Pflichtverletzung)
Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner,
sofern dies nicht entbehrlich ist, erfolglos eine angemessene Frist zur
Leistung oder Nacherfüllung bestimmt oder ihn bei
Nichtinbetrachtkommen einer Fristsetzung abgemahnt hat (§ 281
BGB). Bei einem gegenseitigen Vertrag kann der Gläubiger nach §
323 I BGB zurücktreten, wodurch nach § 325 BGB ein
Schadensersatzanspruch nicht ausgeschlossen ist.
Nichtigkeit ist die völlige →Unwirksamkeit einer – an erheblichen,
nicht billigenswerten Mängeln leidenden – →Handlung. Die N.
bewirkt, dass die Handlung von Anfang an die angestrebten
Rechtswirkungen nicht hervorbringen kann. Sie wirkt für und gegen
alle, bedarf keiner Geltendmachung und ist im Prozess von Amts
wegen zu berücksichtigen. Sie kann grundsätzlich nicht durch
Heilung, sondern nur durch Neuvornahme der Handlung beseitigt
werden. Im Privatrecht betrifft die N. →Rechtsgeschäfte. Die Gründe
für die N. können verschiedenster Art sein (z. B. § 105 BGB
→Geschäftsunfähigkeit, § 117 BGB →Scheingeschäft, § 118 BGB
Mangel der Ernstlichkeit, § 125 BGB →Formmangel, § 134 BGB
Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, § 138 BGB Verstoß gegen die
guten Sitten, Anfechtung § 142 BGB u. a.). In der Regel beschreibt
das Gesetz die N. mit den Worten ist nichtig, ist unwirksam oder kann
nicht. Leidet ein Rechtsgeschäft unter teilweiser N., so ist das ganze
Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne
den nichtigen Teil vorgenommen sein würde (§ 139 BGB). Entspricht
das nichtige Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines andern
Rechtsgeschäfts, so kommt eine Umdeutung (Konversion) in Betracht
(§ 140 BGB). →Kapitalgesellschaften können nur in bestimmten
Fällen (Mängel der →Satzung in Bezug auf Höhe des
→Grundkapitals und Gegenstand des →Unternehmens) durch
→Urteil für nichtig erklärt werden (§§ 275ff. AktG, 61, 75 GmbHG).
Im Verwaltungsrecht (§ 44 VwVfG) betrifft die N. vor allem den
→Verwaltungsakt. Dieser hat die →Vermutung der Richtigkeit für
sich und ist nur nichtig, soweit er an einem besonders
schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung
aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Betrifft die
N. nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im ganzen nichtig,
wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den
Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Im
Verfahrensrecht können gerichtliche →Entscheidungen nichtig sein.
Da sie aber ebenfalls die →Vermutung der Richtigkeit für sich haben,
kommt N. nur bei besonders schwerwiegenden, offensichtlichen
Fehlern in Betracht.
Lit.: Pawlowski, H., Rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen, 1966; Beckmann, R.,
Nichtigkeit und Personenschutz, 1998
Nichtigkeitsklage (z. B. § 579 ZPO) ist die →Klage, mit der die
Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens
angestrebt werden kann. Sie ist eine →Gestaltungsklage. Sie kann nur
aus ganz bestimmten formellen Gründen stattfinden (nicht
vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts, Mitwirkung
eines ausgeschlossenen Richters, Mitwirkung eines abgelehnten
Richters, Fehlen der vorgeschriebenen Vertretung). Daneben ist N.
auch die Klage, mit deren Hilfe eine →Kapitalgesellschaft für nichtig
erklärt werden kann.
Lit.: Abel, W., Zur Nichtigkeitsklage wegen Mängeln der Vertretung, 1995; Drewes, E., Entstehen
und Entwicklung des Rechtsschutzes vor den Gerichten der Europäischen Gemeinschaften, 2000
Nichtleistungskondiktion (§ 812 I 1 BGB) ist der
→Bereicherungsanspruch, der sich darauf gründet, dass der
Bereicherungsschuldner den Vermögensvorteil (etwas) – nicht durch
Leistung des Bereicherungsgläubigers, sondern – in sonstiger Weise
auf Kosten des Bereicherungsgläubigers erlangt hat. Die N. steht in
Gegensatz zur →Leistungskondiktion. Ihr wichtigster Fall ist die
→Eingriffskondiktion.
nichtrechtsfähig (Adj.) nicht Rechtsfähigkeit aufweisend
nichtsrechtsfähiger Verein →Verein, nichtrechtsfähiger
Nichturteil ist das scheinbare, keinerlei Wirkungen eines Urteils hervorrufende → „Urteil“, bei
dem schon der äußere Tatbestand eines Urteils fehlt (z. B. Fehlen der Verkündung).
Nichtvermögensschaden (immaterieller Schaden) (§ 253 BGB) ist
der →Schaden, der an Gütern einer Person, die nicht zu ihrem
→Vermögen gehören, eintritt. Wegen eines Nichtvermögensschadens
kann Entschädigung in Geld nur in den durch das →Gesetz
bestimmten Fällen gefordert werden (z. B. →Schmerzensgeld).
Entgegen der gesetzlichen Einschränkung hat die Rechtsprechung
Geldersatz auch in weiteren Fällen (z. B. Verletzung des allgemeinen
→Persönlichkeitsrechts) gewährt und außerdem immer weitere
Nichtvermögensschäden als Vermögensschäden angesehen, diese also
kommerzialisiert.
Nichtzulassungsbeschwerde (z. B. § 132 III VwGO) ist die
→Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines →Rechtsmittels, das
nur auf Grund besonderer Zulassung eingelegt werden kann.
Lit.: Weyreuther, F., Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung
der obersten Bundesgerichte, 1971; Wenzel, J., Das neue zivilprozessuale Revisionszulassungsrecht,
NJW 2002, 3353
Niederlande ist der von Deutschland, Belgien und der Nordsee
begrenzte, über Maria von Burgund 1477 an Habsburg gelangte, nach
der Befreiung aus der Herrschaft der spanischen Habsburger 1648 aus
dem Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) ausgeschiedene
Staat, der zu den Gründungsmitgliedern der →Europäischen Union
gehört. Sein Recht ist von Frankreich beeinflusst. Sein neues
Bürgerliches Gesetzbuch besteht aus 9 Büchern (Personen- und
Familienrecht, juristische Personen, allgemeines Vermögensrecht,
Erbrecht, Sachenrecht, Allgemeiner Teil des Schuldrechts, Besondere
Verträge, Verkehrsmittel und Transport).
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Nieper, F./Westerdijk, A., Niederländisches BGB, Buch 2ff.
1995ff.; Langendorf, H., Wörterbuch der deutschen und niederländischen Rechtssprache, 1996;
Gotzen, P., Niederländisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. A. 2000; Mincke, W., Einführung in
das niederländische Recht, 2001
Niederlassung ist die Begründung eines festen Sitzes (Wohnsitzes)
und dieser →Sitz selbst. Im Handelsrecht bedarf jeder →Kaufmann
einer N. (§ 29 HGB). Er kann neben einer Hauptniederlassung auch
eine oder mehrere →Zweigniederlassungen haben (vgl. § 13 HGB).
Niederlassungsfreiheit (Art. 11 GG) ist die →Freiheit jedes
→Deutschen, sich an jedem Ort innerhalb des Bundesgebiets
niederzulassen (und in einem weiteren Sinn in gleicher Weise
Grundeigentum zu erwerben und eine gewerbliche oder sonstige
Tätigkeit zu betreiben). Innerhalb der Europäischen Union besteht
nach den Art. 43ff. EGV N. für alle Angehörigen der Mitgliedstaaten.
Diese umfasst die Aufnahme und Ausübung selbständiger
Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von
Unternehmen nach den im Aufnahmestaat für die eigenen
Angehörigen geltenden Recht, ausgenommen die mit der Ausübung
öffentlicher Gewalt verbundenen Tätigkeiten.
Lit.: Nachbauer, A., Niederlassungsfreiheit, 1999
Niedersachsen ist das aus Teilen Preußens (Hannover), Oldenburg,
Braunschweig und Schaumburg-Lippe erwachsene →Land der
→Bundesrepublik Deutschland. Seine →Verfassung stammt vom
13. 4. 1951. Am 13. 5. 1993 wurde sie neu gestaltet.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; März, G., Niedersächsische Gesetze (Lbl.), 68. A. 2002; Götz,
V./Starck, C., Niedersächsische Verfassungs- und Verwaltungsgesetze, 14. A. 2002; Ipsen, J.,
Niedersächsisches Kommunalrecht, 2. A. 1999; Schwirzke, W., Allgemeines niedersächsisches
Kommunalrecht, 16. A. 1999; Thiele, R., Niedersächsische Gemeindeordnung, 6. A. 2002; Bieler,
F./Müller-Fritzsche, E., Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz, 8. A. 1998; Neumann, H.,
Die niedersächsische Verfassung, 3. A. 2000; Waechter, K., Polizei- und Ordnungsrecht, 2000;
Wendrich, K., Niedersächsisches Straßengesetz, 4. A. 2000
niedrig (Adj.) wenig wertvoll, wenig hoch
niedriger Beweggrund →Beweggrund, niedriger
Niederschrift (F.) Aufzeichnung, Beurkundung, Protokoll
Niemeyer →Hare-Niemeyer
Nießbrauch (§ 1030 BGB) ist die →Belastung einer →Sache in der
Weise, dass der, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt
ist, die →Nutzungen (z. B. Mietzinsen) der Sache zu ziehen. Der N.
kann auch an einem →Recht (§ 1068 I BGB) oder an den einzelnen
Gegenständen eines →Vermögens (§ 1085 BGB) bestellt werden
(beachte § 873 I BGB). Er ist eine →Dienstbarkeit und damit ein
beschränktes dingliches →Recht. Er kann weder übertragen noch
vererbt werden. Zwischen Eigentümer und Nießbraucher besteht ein
gesetzliches →Schuldverhältnis.
Lit.: Schön, W., Der Nießbrauch an Sachen, 1992; Jansen, R./Jansen, M., Der Nießbrauch im Zivilund Steuerrecht, 6. A. 2001; Queck, M., Der Nießbrauch am Anteil einer offenen
Handelsgesellschaft, 2000
Nizzaer Vertrag ist der in Nizza am 11. Dezember 2000 von den
Mitgliedstaaten der Europäischen Union vereinbarte, von den
Außenministern der Mitgliedstaaten der Europäischen Union am 26.
Februar unterzeichnete Vertrag über die Weiterentwicklung der
Europäischen Union.
Lit.: Fischer, K., Der Vertrag von Nizza, 2001; Pache, E./Schorkopf,
F., Der Vertrag von Nizza, NJW 2001, 1377; Der Vertrag von Nizza,
Hummer, W. u. a., 2001
N. N. ([lat.] nomen nescio), den Namen weiß ich nicht, (bzw. nomen
nominandum) bzw. der noch zu nennende Name, (bzw. Numerius
Negidius) bzw. der abstrakte Beklagte des römischen
Formularprozesses ist die aus dem römischen Recht stammende, nicht
eindeutig auflösbare Abkürzung für den namentlich nicht bekannten
Beteiligten einer Angelegenheit.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
nomos (griech. [M.]) Gesetz
Lit.: Nomos und Gesetz, hg. v. Behrends, O. u. a., 1995
Non liquet ([lat.] es ist nicht klar) ist im Verfahrensrecht die
Bezeichnung für den Zustand, dass weder für noch gegen einen
Umstand →Beweis erbracht ist. Im Zivilverfahrensrecht entscheidet
dann die →Beweislast zu Lasten des mit ihr Belasteten. Im
Strafverfahrensrecht gilt der Grundsatz →in dubio pro reo zugunsten
des Angeklagten.
Norddeutscher Bund ist in der Rechtsgeschichte der unter Führung
→Preußens 1867 an die Stelle des 1866 aufgelösten →Deutschen
Bunds tretende Bundesstaat 22 norddeutscher Staaten (415000 qkm,
30 Mill. Einwohner), der 1870 um Bayern, Baden und Württemberg
zum (zweiten) →Deutschen Reich erweitert wurde.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Nordrhein-Westfalen ist das aus Teilen Preußens erwachsene, von
Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen begrenzte →Land im
Nordwesten der →Bundesrepublik Deutschland (→Verfassung vom
28. 6. 1950).
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Die Bundesrepublik Deutschland. Nordrhein-Westfalen
Staatshandbuch, 2001; Hippel, E. v./Rehborn, H., Gesetze des Landes Nordrhein-Westfalen (Lbl.),
88. A. 2004; Rechtsvorschriften in Nordrhein-Westfalen (Lbl.), hg. v. Pappermann, E., 52. A. 2003;
Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen (Lbl.), hg. v. Rehborn, H., 31. A. 2004;
Erichsen, H., Kommunalrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. A. 1997; Buhren, G.,
Allgemeines Kommunalrecht Nordrhein-Westfalens, 6. A. 2000; Schäfer, H., Nachbarrechtsgesetz
für das Land Nordrhein-Westfalen, 13. A. 2002; Erichsen, H., Staats- und Verwaltungsrecht
Nordrhein-Westfalens, 19. A. 2001; Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, hg. v.
Rehborn, H., 13. A. 2002; Wolffgang/Hendricks/Merz, Polizei- und Ordnungsrecht in NordrheinWestfalen, 2. A. 2004
Norm (Regel, Vorschrift) ist die Richtlinie, nach der etwas geschehen
soll. In der Rechtswissenschaft ist die rechtliche N. (Rechtssatz) eine
rechtliche Sollensanforderung. Sie setzt sich grundsätzlich aus einem
→Tatbestand und einer →Rechtsfolge zusammen.
Lit.: Larenz, Methodenlehre; Schilling, T., Rang und Geltung von Normen in gestuften
Rechtsordnungen, 1994; Heidemann, C., Die Norm als Tatsache, 1997; Hofmann, H.,
Normenhierarchien im europäischen Gemeinschaftsrecht, 2000
normativ (Adj.) normorientiert, wertend (z. B. gut, schlecht, richtig,
unrichtig), im Gegensatz zu →deskriptiv, beschreibend
Normativbestimmung ist entweder die durch eine →Norm
aufgestellte oder die wie eine Norm wirkende Bestimmung. Im
Gesellschaftsrecht bedeutet das System der Normativbestimmungen,
dass eine →Gesellschaft dann Anspruch auf Verleihung der
→Rechtsfähigkeit hat, wenn sie die gesetzlich festgelegten
(normativen) Anforderungen (Bestimmungen) erfüllt. Im Arbeitsrecht
wirkt eine N. eines →Tarifvertrags wie ein →Gesetz unmittelbar
(ohne Aufnahme in den Einzelarbeitsvertrag) für und gegen die
Beteiligten.
normatives Tatbestandsmerkmal →Tatbestandsmerkmal,
normatives
Normenkontrolle ist die Überprüfung einer Norm (→Rechtsnorm)
durch ein →Gericht dahin, ob sie mit einer im Rang über ihr
stehenden Rechtsnorm vereinbar ist. Die N. geschieht bei Gesetzen
vor allem durch die →Verfassungsgerichte. Dabei ist die abstrakte N.
die Überprüfung einer Rechtsnorm unabhängig von einem konkreten
Einzelfall. Sie kann vor dem →Bundesverfassungsgericht nur auf
Antrag der →Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines
Drittels der Mitglieder des →Bundestags (Art. 93 I Nr. 2 GG) und vor
dem Landesverfassungsgericht nur nach dem jeweiligen
Landesverfassungsrecht erfolgen. Bei der konkreten N. wird die
Gültigkeit einer Rechtsnorm in einem konkreten Einzelfall überprüft.
Hier muss ein Gericht, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es
bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält, das
Verfahren →aussetzen und die Entscheidung des zuständigen
→Verfassungsgerichts (Landesverfassungsgericht,
Bundesverfassungsgericht) einholen (Art. 100 GG), wobei gegenüber
einer Unzulässigkeitsentscheidung des Verfassungsgerichts eine
Gegenvorstellung durch das vorlegende Gericht unzulässig ist. Bei
einer bundesrechtlichen →Rechtsverordnung entscheidet das Gericht
selbst ohne Vorlage. Über die Gültigkeit von Satzungen, die nach den
Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von
Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 II BauGB entscheidet auf
Antrag das Oberverwaltungsgericht (§ 47 I Nr. 1 VwGO). Für
landesrechtliche, im Rang unter dem Landesgesetz stehende Normen
kann gemäß § 47 I Nr. 2 VwGO durch Landesgesetz ein subsidiäres
Verfahren zur abstrakten N. vor dem →Oberverwaltungsgericht
eingeführt werden, in dem die Gültigkeit solcher Rechtsnormen
überprüft wird (so z. B. in Baden-Württemberg, Bayern, Bremen,
Hessen, Schleswig-Holstein). Den Antrag kann jede durch die
Rechtsvorschrift möglicherweise betroffene Person sowie jede
Behörde innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung der
Rechtsvorschrift stellen. Daneben kann im konkreten Einzelfall das
jeweilige Gericht die Rechtswidrigkeit einer solchen Norm selbst
feststellen.
Lit.: Kamp, W., Das Verhältnis von verfassungsgerichtlichen und verwaltungsgerichtlichen
Normkontrollverfahren, 1995; Schmitz-Rode, W., Das Normenkontrollverfahren (§ 47 VwGO) nach
der 6. VwGO-Novelle, NJW 1998, 415; Gril, P., Normprüfungs- und Normverwerfungskompetenz
der Verwaltung, JuS 2000, 1080; Kintz, R., Die Normenkontrolle nach § 47 VwGO, JuS 2000,
1099; Graßhof, M., Die Vollstreckung von Normenkontrollentscheidungen, 2003
Normerlassklage ist die auf →Erlass einer →Rechtsnorm gerichtete
→Klage.
Lit.: Gleixner, W., Die Normerlassklage, 1993 (Diss.)
Normenkontrollverfahren →Normenkontrolle
Notar (§§ 1ff. BNotO) ist das zur Beurkundung und zur
Wahrnehmung bestimmter anderer Rechtspflegeaufgaben vom Staat
bestellte unabhängige Organ der Rechtspflege. Der N. ist
unabhängiger Träger eines →Amts, das er teils im Hauptamt
(→Nurnotar), teils im Nebenamt (→Anwaltsnotar) ausübt.
Voraussetzung für dieses Amt ist fast in allen Ländern die
→Richteramtsbefähigung. Der N. ist vor allem zuständig für
→Beurkundungen. Er darf außerhalb seiner Diensträume beurkunden.
Für seine Tätigkeit erhält er. →Gebühren und Auslagen (§§ 140ff.
KostO). Er ist verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung
abzuschließen (§ 19a BNotO). Sein Amt endet mit dem Ende des
Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet (§ 48a BNotO). (In
Deutschland gab es am 31. 12. 2001 10428 Notare, davon 8765
Anwaltsnotare, davon rund 750 Frauen, und 1663 Nurnotare, davon
rund 300 Frauen).
Lit.: Haug, K., Die Amtshaftung des Notars, 2. A. 1997; Beck’sches Notarhandbuch, hg. v.
Brambring, G., 3. A. 2000; Weingärtner, H., Dienstordnung für Notare, 8. A. 2001; Rinsche, F.,
Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. A. 1998; Schippel, H., Bundesnotarordnung,
7. A. 1999; Notarrecht, hg. v. Weingärtner, H., 8. A. 2003; Lerch, K., Bundesnotarordnung, 5. A.
2003; Schmitz, P., Handbuch für Notare, 5. A. 1998; Notarpraxis, hg. v. Reithmann, C./Blank/Rinck,
2. A. 2001; Tiedtke, W., Notarkosten im Grundstücksrecht, 2001; Anwalt- und Notarverzeichnis, 5.
Edition 2003 CD-ROM; Walz, R., Verhandlungstechnik für Notare, 2003
Notariat ist das Amt und der Amtsraum eines →Notars. Unter
lateinischem N. versteht man das der Notariatsverfassung des
napoleonischen Frankreich entsprechende N., dessen Kennzeichen die
Vollstreckbarkeit notarieller Urkunden ohne ausdrückliche
Vollstreckungsunterwerfungserklärung ist.
Lit.: Notariatskunde, hg. v. Faßbender, H. u. a., 15. A. 2003; Weingärtner, H., Vermeidbare Fehler
im Notariat, 6. A. 2001; Reibold, F., Praxis des Notariats, bearb. v. Reiner, H., 4. A. 2000
notariell (Adj.) durch einen →Notar, einen Notar betreffend
Note ist das schriftliche Zeichen. Im Völkerrecht ist N. jede förmliche
schriftliche Mitteilung, die ein →Staat einem andern auf
diplomatischem Weg macht. Im Verwaltungsrecht ist N. vor allem die
Bewertung einer Leistung in Schule und Universität. Hier hat der
Prüfer einen Beurteilungsspielraum, der Prüfling einen
Beantwortungsspielraum. In der juristischen Ausbildung sind als
Noten vorgesehen sehr gut (eine sehr seltene N.), gut,
vollbefriedigend, befriedigend (eine durchschnittliche Leistung),
ausreichend, mangelhaft und ungenügend (Durchschnittspunktzahl
[ein und derselben Kandidatenmenge Niedersachsens] ausgewählter
Hausarbeiten 6,57, entsprechender Klausuren 5,23 und
entsprechender mündlicher Prüfungen 8,89). Im Promotionsverfahren
lauten die entsprechenden Bewertungen meist summa cum laude,
magna cum laude, cum laude (, satis bene) und rite (sowie
[ausnahmsweise] nicht bestanden).
Lit.: Köbler, Jurist; Ipsen, Völkerrecht
Noterbrecht →Pflichtteil
Notfrist (§ 224 I ZPO) ist im Zivilprozessrecht die gesetzliche
→Frist, die durch →Parteivereinbarung nicht verkürzt werden kann
(z. B. Frist zur Einlegung von →Berufung und →Revision).
Notfristen sind nur die Fristen, die in der Zivilprozessordnung als
solche bezeichnet werden. Gegen die Versäumung der Notfristen ist
→Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich.
Nothilfe ist die Abwehr eines gegenwärtigen rechtswidrigen
→Angriffs auf einen andern (§§ 32 II StGB, 227 II BGB). Sie ist ein
Fall der →Notwehr. Die durch Notwehr gebotene Handlung oder Tat
ist nicht rechtswidrig (§§ 32 I StGB, 227 I BGB).
Lit.: Kühl, K., Notwehr und Nothilfe, JuS 1993, 177; Michalek, H., Die Verteilung des
wirtschaftlichen Risikos der Nothilfe, 1995
Notifikation ist die Mitteilung eines Völkerrechtssubjekts an ein
Völkerrechtssubjekt oder an mehrere Völkerrechtssubjekte über eine
völkerrechtserhebliche Tatsache oder Situation, die in seine
Zuständigkeit fällt oder von ihm herbeigeführt, abgeändert oder
aufgehoben worden ist oder werden soll. Sie ist eine einseitige,
selbständige Handlung (→Rechtsgeschäft) des Völkerrechts.
Lit.: Seidl-Hohenveldern/Stein, Völkerrecht
Nötigung (§ 240 StGB) ist das rechtswidrige Zwingen eines andern
mit →Gewalt oder durch →Drohung mit einem empfindlichen Übel
zu einer von ihm nicht gewollten Handlung, Duldung oder
Unterlassung. Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der
Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als
verwerflich anzusehen ist (§ 240 II StGB). Die N. ist eine →Straftat
gegen die persönliche →Freiheit. Sie wird verdrängt von allen
speziellen Nötigungsvorschriften und Tatbeständen, die eine
Nötigung voraussetzen (z. B. →Vergewaltigung,
→Freiheitsberaubung). Keine N. ist nach umstrittener Ansicht des
Bundesverfassungsgerichts das friedliche Hinsetzen vor einer Einfahrt
(Sitzblockade), doch kann es nach neuerer Rechtsprechung auf
Einzelumstände wie z. B. die Dauer und die verwendeten Mittel
ankommen. Keine N. ist es auch, wenn sich ein Mitarbeiter eines
Verkäufers einem Kunden in den Weg stellt, um die
Übereinstimmung von Rechnung und Inhalt eines Einkaufswagens zu
prüfen. Die N. wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft. Wer einen andern mit Gewalt, durch Drohung mit
gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzen einer
Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos
ausgeliefert ist, nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines
Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten
vorzunehmen, wird wegen sexueller N. mit Freiheitsstrafe nicht unter
einem Jahr (in minder schweren Fällen zwischen sechs Monaten bis
zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen nicht unter zwei Jahren)
bestraft (§ 177 StGB).
Lit.: Schroeder, F., Die Grundstruktur der Nötigung, NJW 1996, 2627; Bergerhoff, M., Nötigung
durch Boykott, 1998; Sinn, A., Die Nötigung, 2000; Loderbauer, W., Nötigungsfälle im fließenden
Straßenverkehr, Diss. jur. Regensburg 2001
Nötigungsnotstand →Notstand
notorisch (Adj.) offenkundig, nicht beweisbedürftig
Notstand ist der Zustand gegenwärtiger →Gefahr für rechtlich
geschützte Interessen, dessen Abwendung nur auf Kosten fremder
Interessen möglich ist. Der N. ist – unter Aufgabe der älteren Begriffe
des Nötigungsnotstands und des übergesetzlichen Notstands –
entweder ein →Rechtfertigungsgrund (z. B. §§ 228, 904 BGB) oder
ein →Entschuldigungsgrund. Im Strafrecht liegt rechtfertigender N.
(§ 34 StGB) vor, wenn ein Mensch in einer gegenwärtigen, nicht
anders abwendbaren (objektive Erforderlichkeit) Gefahr für Leben,
Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut
(Notstandslage) eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem
andern abzuwenden (subjektiver Rettungswille) und bei Abwägung
der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen
Rechtsgüter und des Grads der ihnen drohenden Gefahren, das
geschützte Interesse das beeinträchtigte Interesse wesentlich
überwiegt. Entschuldigender N. (§ 35 StGB) ist grundsätzlich
gegeben, wenn ein Mensch in einer gegenwärtigen, nicht anders
abwendbaren (objektive Erforderlichkeit) Gefahr für Leben, Leib oder
Freiheit (Notstandslage) eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr
von sich, einem Angehörigen oder einem andern ihm nahestehenden
Menschen abzuwenden (subjektiver Rettungswille). Der N. kann
entweder aggressiv (→Angriffsnotstand) oder defensiv
(→Verteidigungsnotstand) sein. Aggressiver N. (§ 904 BGB) ist im
Privatrecht die Einwirkung auf eine fremde, selbst nicht gefährdende
→Sache, die gerechtfertigt ist, wenn sie zur Abwendung einer
gegenwärtigen →Gefahr notwendig und der drohende Schaden
gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer entstehenden
Schaden unverhältnismäßig groß ist (z. B. Aufbrechen einer
Berghütte in Bergnot). Defensiver N. (§ 228 BGB) ist die
Beschädigung oder Zerstörung einer fremden, eine →Gefahr
bewirkenden →Sache, um die durch die Sache drohende Gefahr von
sich oder einem andern abzuwenden, wenn die Beschädigung oder
Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der
Schaden nicht außer Verhältnis zu der Gefahr steht (z. B. Tötung
eines angreifenden Hunds). Beim aggressiven N. ist der Handelnde
stets, beim defensiven N. ausnahmsweise zu →Schadensersatz
verpflichtet (§§ 904 S. 2, 228 S. 2 BGB). Überschreitet der
Handelnde den durch N. gebotenen Handlungsrahmen
(Notstandsexzess), treten die Wirkungen des Notstands nicht ein.
Lit.: Bernsmann, K., Entschuldigung durch Notstand, 1989; Bergmann, A., Die Grundstruktur des
rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB), JuS 1989, 109; Kelker, K., Der Nötigungsnotstand, 1993
(Diss.); Müller-Christmann, B., Der entschuldigende Notstand, JuS 1995, L 65; Otte, L., Der durch
Menschen ausgelöste Defensivnotstand, 1998; Pawlik, M., Der rechtfertigende Notstand, 2002
Notstandsexzess →Notstand
Notstandslage →Notstand
Notstandsverfassung ist die Gesamtheit der für einen allgemeinen
Notstand des →Staats (z. B. Verteidigungsfall, Bedrohung der
freiheitlich-demokratischen →Grundordnung, Naturkatastrophen)
geltenden Regeln der →Verfassung (vgl. §§ 80a, 115aff. GG, Gesetz
vom 24. 6. 1968).
Nottestament (§§ 2249ff. BGB) ist das in besonderen
Gefahrensituationen in vereinfachter Form zu errichtende öffentliche
→Testament. Ein N. kann zur Niederschrift des →Bürgermeisters in
Anwesenheit von →zwei Zeugen (§ 2249 BGB) oder durch
mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichtet werden (§§ 2250,
2251 BGB, u. a. Seetestament).
Lit.: Kappeßer, V., Die Nottestamente des BGB, 1995
Notverordnung ist die – in der Gegenwart unzulässige –
→Verordnung mit Gesetzeskraft.
Lit.: Gather, H., Das Notstandsrecht nach der Weimarer Reichsverfassung und dem Bonner
Grundgesetz, Diss. jur. Köln 1963
Notvorstand (§ 29 BGB) ist der in dringenden Fällen vom
Registergericht bestellte Vorstand eines →Vereins.
Notweg (§§ 917f. BGB, genauer Notwegpflicht) ist die Verpflichtung
eines →Eigentümers eines →Grundstücks, die Benutzung seines
Grundstücks zum Durchgehen, Durchfahren und Durchleiten durch
den Eigentümer eines andern Grundstücks, dem – ohne Zutun seines
Eigentümers – die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige
Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt, gegen
→Entschädigung zu dulden. Der N. ist eine aus dem →Nachbarrecht
folgende gesetzliche Eigentumsbeschränkung. Sie gewährt dem
Begünstigten ein Notwegrecht, dessen er z. B. nicht bedarf, wenn er
sein Kraftfahrzeug auch auf einer öffentlichen Verkehrsfläche
abstellen kann.
Lit.: Eggensperger, A., Notwegrecht, Diss. jur. Würzburg 2000
Notwehr (§§ 227 BGB, 32 II StGB) ist die Verteidigung, die
erforderlich ist (objektive Erforderlichkeit), um (subjektiver
Verteidigungswille) einen gegenwärtigen rechtswidrigen →Angriff
von sich oder einem andern abzuwenden. Erforderlich sind ein
Angriff auf ein Rechtsgut beliebiger Art, seine Gegenwärtigkeit, seine
Rechtswidrigkeit, der Verteidigungswille, die Verteidigungshandlung
und die Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung. Zur sofortigen
und endgültigen Abwehr darf der Angegriffene auch
lebensgefährliche Mittel einsetzen und braucht sich nicht auf einen
Kampf mit ungewissem Ausgang einzulassen. Die durch Notwehr
gebotene Handlung ist nicht rechtswidrig (→Rechtfertigungsgrund).
Keine N. ist die Putativnotwehr, keine N. mehr ist die
Notwehrüberschreitung.
Lit.: Kühl, K., Notwehr und Nothilfe, JuS 1993, 177; Alwart, H., Zum Begriff der Notwehr, JuS
1997, 953; Wittemann, F., Grundlinien und Grenzen der Notwehr, 1997; Lührmann, O.,
Tötungsrecht zur Eigentumsverteidigung?, 1999; Stiller, T., Grenzen des Notwehrrechts, 1999
Notwehrexzess →Notwehrüberschreitung
Notwehrprovokation ist die beabsichtigte Herbeiführung einer
Notwehrlage (z. B. A hänselt B mit dem Ziel, dass B ihn tätlich
angreift. A will B dann unter dem Vorwand der Notwehr
niederschlagen). Die Beurteilung der N. ist streitig. Überwiegend
wird die Berufung auf Notwehr als →Rechtsmissbrauch eingestuft
oder bereits das Vorliegen einer Notwehrlage verneint. Nach der
Lehre von der actio illicita in causa soll zwar eine Notwehrlage
gegeben und die Notwehrhandlung selbst an sich gerechtfertigt sein,
die gleichwohl anzunehmende →Rechtswidrigkeit der
Notwehrhandlung sich aber aus der vorangegangenen
Provokationshandlung ergeben.
Lit.: Constantinidis, A., Die actio illicita in causa, Diss. jur. Würzburg 1981; Mitsch, W., Notwehr
gegen fahrlässig provozierten Angriff, JuS 2001, 751
Notwehrüberschreitung ist das Überschreiten der Verteidigung, die
erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen →Angriff
von sich oder einem Dritten abzuwehren. Das entsprechende Handeln
ist nicht mehr durch →Notwehr gerechtfertigt. Überschreitet der
Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder
Schrecken (intensive N.) so wird er im Strafrecht (nur) mangels
Schuld nicht bestraft (§ 33 StGB, Entschuldigungsgrund). Dagegen
lässt die sonstige (extensive) N. die Strafbarkeit unberührt.
Lit.: Müller-Christmann, B., Der Notwehrexzess, JuS 1989, 716
notwendig (Adj.) erforderlich
notwendige Streitgenossenschaft →Streitgenossenschaft,
notwendige
notwendige Verwendung →Verwendung, notwendige
notwendiger Verteidiger →Pflichtverteidiger
Notzucht →Vergewaltigung (1973)
Lit.: Folkers, C., Die Reform der Notzuchttatbestände, NJW 2000,
3317
Novation →Schuldumschaffung
Novelle (neues [Gesetz]) ist die Abänderung oder Ergänzung eines
→Gesetzes in Einzelbereichen. Sie muss durch Gesetz erfolgen. In
der Rechtsgeschichte sind die Novellen die Änderungsgesetze
Justinians zur Ergänzung und Verbesserung seiner vorangehenden
kompilatorischen Gesetzgebung (Codex, Digesten, Institutionen) der
Jahre 529–533 (vierter Teil des →corpus iuris civilis).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Noxalhaftung ist im römischen Recht die Haftung eines
Gewalthabers für den von einem gewaltunterworfenen Menschen
oder einer gewaltunterworfenen Sache (Tier) verursachten Schaden,
die durch Preisgabe der schädigenden Person oder Sache (lat. noxae
datio [F.]) abgewandt werden kann.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei)
→Nationalsozialismus
Nullum crimen, nulla poena sine lege ([lat.] kein Verbrechen, keine
Strafe ohne Gesetz) ist der die Grundlage des rechtsstaatlichen
Strafrechts bildende Grundsatz. Im Rechtsstaat kann eine Tat – auf
Grund eines bestimmten Gesetzes – nur bestraft werden, wenn die
Strafbarkeit und die Strafhöhe – durch dieses bestimmte →Gesetz –
gesetzlich festgesetzt waren, bevor die Tat begangen wurde (Art. 103
II GG, § 1 StGB). Hieraus folgen im Strafrecht der
→Bestimmtheitsgrundsatz, das grundsätzliche
→Rückwirkungsverbot und das →Analogieverbot.
Lit.: Krey, V., Studien zum Gesetzesvorbehalt im Strafrecht, 1977
Numerus (M.) clausus ([lat.] beschränkte Zahl) ist die zahlenmäßige
Beschränkung z. B. einer Zulassung zu einem →Amt oder einem
Studium. Der n. c. steht als solcher in Widerspruch zu Art. 12 GG
(→Berufsfreiheit). Das grundsätzlich bestehende Recht auf Zulassung
zum Studium ist aber gesetzlich einschränkbar.
Lit.: Hirtschulz, S., Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, 1979
Nuntius (M.) Bote, päpstlicher Botschafter
Nürnberger Gesetze sind die auf Anordnung Adolf Hitlers am
15. 9. 1935 einstimmig verabschiedeten Gesetze (Reichsbürgergesetz,
Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre).
Lit.: Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 3. A. 1999
Nürnberger Prozesse sind die zwischen 1945 und 1949 in Nürnberg
von einem internationalen Militärgerichtshof bzw. amerikanischen
Militärgerichten gegen Anhänger des →Nationalsozialismus wegen
Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und
Verbrechen gegen den Frieden durchgeführten Gerichtsverfahren (22
Hauptkriegsverbrecher, 177 weitere Einzelpersonen, 43 Todesurteile).
Lit.: Kemper, R., Das Dritte Reich im Kreuzverhör, 1980; Kroeschell, K., Rechtsgeschichte
Deutschlands im 20. Jahrhundert, 1992
Nurnotar (§ 3 BNotO) ist im Verfahrensrecht der (in einigen
Bundesländern [u. a. Bayern, Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen] vorgesehene)
→Notar im Hauptamt. Er steht im Gegensatz zum →Anwaltsnotar.
Voraussetzung der Bestellung als hauptberuflicher Notar ist – außer
Bedürfnis und Eignung – die Ableistung eines Anwärterdiensts als
Notarassessor.
Lit.: Köbler, Jurist
nützlich (Adj.) vorteilhaft
nützliche Verwendung →Verwendung, nützliche
Nutzung (§ 100 BGB) ist die Frucht einer Sache oder eines →Rechts
sowie der Vorteil, den der Gebrauch der Sache oder des Rechts
gewährt. Die Vorteile brauchen keinen Vermögenswert zu haben. Das
für Nutzungen geltende Recht ist an sehr verschiedenen Stellen
geregelt (z. B. §§ 987ff., 953ff., 818 I BGB). Ersparte
Darlehenszinsen sind gezogene Nutzungen im Sinn von § 818 I BGB.
Der Ausfall einer N. kann →Schaden sein. →Nutzungsentschädigung
Nutzungsänderung ist die Änderung der Benutzungsart. Im
→Baurecht ist eine N. anderweitiger Gebrauch eines Bauwerks (z. B.
als Gewerberaum statt als →Wohnraum). Diese N. bedarf
grundsätzlich einer →Baugenehmigung.
Nutzungsausfall →Nutzung
Nutzungsentschädigung ist die Entschädigung für eine verwirklichte
oder unterbliebene →Nutzung. Sie wird in der Regel auf etwa 30%
der entsprechenden Mietkosten berechnet. →Schadensersatz
Lit.: Schulze, R., Nutzungsausfallentschädigung, NJW 1997, 3337; Nutzungsausfallentschädigung,
NJW 1999, 2238; Nutzungsausfallentschädigung 2003, NJW 2003, 803
Nutzungspfand (Antichrese) (§ 1213 BGB) ist das →Pfandrecht, das
in der Weise bestellt ist, dass der Pfandgläubiger zur Ziehung der
→Nutzungen des →Pfands berechtigt sein soll. Ist eine von Natur aus
fruchttragende Sache (z. B. Kuh) dem Pfandgläubiger zum
Alleinbesitz übergeben, so ist im Zweifel anzunehmen, dass er zum
Fruchtbezug berechtigt sein soll.
Nutzungsrecht ist das Recht, einen Gegenstand zu nutzen. →Lizenz
O
Obdach (N.) Unterkunft
Obdachlosigkeit ist das Fehlen einer Unterkunft. O. ist im
Verwaltungsrecht eine →Störung der →öffentlichen Ordnung und
Sicherheit. Die Ordnungsbehörde muss grundsätzlich versuchen, den
Obdachlosen in Räumen, die ihrer Verfügungsgewalt unterstehen,
unterzubringen.
Lit.: Peppersack, T., Rechtsprobleme der Unterbringung Obdachloser, 1999
Obduktion (F.) Überziehung, Verhüllung, Leichenöffnung,
Leichenschau
Oberbundesanwalt ist der am →Bundesverwaltungsgericht bestellte,
an die Weisungen der →Bundesregierung gebundene Vertreter des
öffentlichen →Interesses.
Lit.: Kopp/Schenke, VwGO
Oberbürgermeister ist der Inhaber des oder eines leitenden →Amts
einer kreisfreien Stadt oder einer großen kreisangehörigen Stadt.
Obereigentum ist im gemeinen Recht die Rechtsstellung des
Obereigentümers (z. B. Lehnsherrn) eines im geteilten →Eigentum
stehenden Gegenstands (z. B. Herzogtum als Lehen) im Gegensatz
zum →Untereigentum. (Vgl. § 357 ABGB Österreichs.)
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Oberfinanzdirektion (OFD) ist die zwischen Finanzministerium und
Finanzamt stehende Behörde der →Finanzverwaltung. Sie ist teils
Bundesbehörde, teils Landesbehörde. Die Zahl der
Bundesabteilungen bei einer O. wurde 1998 auf 8 beschränkt (u. a.
Karlsruhe, Nürnberg, Köln, Koblenz, Erfurt, Hannover).
Oberhof ist in der mittelalterlichen Rechtsgeschichte ein Gericht als
Auskunftsstelle für andere Gerichte und Privatpersonen (z. B.
Aachen, Ingelheim, Nürnberg).
Lit.: Müller, H., Oberhof und neuzeitlicher Territorialstaat, 1978
Oberjustizkasse ist die bei den Oberlandesgerichten bestehende
Oberkasse der Justizverwaltung.
Oberkreisdirektor war der Inhaber des leitenden →Amts in
→Kreisen (mancher Bundesländer).
Oberlandesgericht (OLG) (§§ 115ff. GVG) ist im Verfahrensrecht
das zwischen →Bundesgerichtshof und →Landgerichten stehende
Gericht der ordentlichen →Gerichtsbarkeit. Bei ihm sind
→Zivilsenate und →Strafsenate gebildet. Das O. ist vorwiegend in
zweiter Instanz oder dritter Instanz und nur selten in erster →Instanz
zuständig. Das O. von Berlin wird als →Kammergericht bezeichnet.
In Bayern steht (als mittelbare Folge des Beitritts Bayerns zum
Deutschen Reich 1871) über den Oberlandesgerichten noch das
→Bayerische Oberste Landesgericht, das für einen Teil der Aufgaben
der Oberlandesgerichte bzw. des Bundesgerichtshofs zuständig ist.
Oberstadtdirektor war der Inhaber des leitenden →Amts in
kreisfreien Städten (mancher Bundesländer).
oberstes Bundesgericht →Bundesgericht
Oberverwaltungsgericht (OVG) (§ 2 VwGO) ist das zwischen
→Verwaltungsgericht und →Bundesverwaltungsgericht stehende
Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Bei ihm werden →Senate
gebildet. Das O. ist meist in zweiter Instanz, verschiedentlich auch in
erster →Instanz zuständig. Gegen Urteile des
Oberverwaltungsgerichts ist bei Zulassung die →Revision zum
Bundesverwaltungsgericht zulässig. In Baden-Württemberg, Bayern
und Hessen heißt das O. →Verwaltungsgerichtshof.
Obhutspflicht ist die Verpflichtung, Rechtsgüter einer andern Person
zu überwachen und vor Schäden zu bewahren. Im Schuldrecht kann
die Verletzung einer O. einen →Schadensersatzanspruch begründen.
Im Strafrecht ist eine böswillige Verletzung einer O. für
Schutzbefohlene, die zu einer →Gesundheitsschädigung führt,
strafbar.
Obiter dictum (lat. [als N. verwendet] beiläufig [im Rahmen einer
auf ein anderes Ziel gerichteten Entscheidung] bemerkt) ist in
Gerichtsentscheidungen eine Ausführung zu einer nicht
entscheidungserheblichen Frage.
Lit.: Schlüter, W., Das Obiter dictum, 1973; Lilie, H., Obiter dictum und Divergenzausgleich in
Strafsachen, 1993
objektiv (Adj.) gegenständlich, sachlich, unvoreingenommen
objektive Bedingung der Strafbarkeit →Bedingung der
Strafbarkeit, objektive
objektive Unmöglichkeit →Unmöglichkeit, objektive
objektives Recht →Recht, objektives
objektives Tatbestandsmerkmal →Tatbestandsmerkmal, objektives
objektives Verfahren →Verfahren, objektives
Obliegenheit ist das Rechtsgebot im eigenen Interesse (z. B.
Meldung einer gefahrerhöhenden Veränderung im
Versicherungsrecht). Die O. steht im Gegensatz zur →Verpflichtung.
Grundsätzlich steht dem Träger der O. ihre Wahrung frei, doch hat er
selbst die Folgen der Nichtbeachtung zu tragen (z. B.
Verschlechterung der Rechtsstellung). Der Gegner kann ihre
Erfüllung nicht verlangen. Ihre Verletzung begründet für ihn auch
keinen Schadenersatzanspruch.
Lit.: Schmidt, R., Die Obliegenheiten, 1953; Wegmann, H., Obliegenheiten, 1997; Rühl, G.,
Obliegenheiten im Versicherungsvertragsrecht, 2004
obligatio (lat. [F.]) Verbindlichkeit, Schuld
Obligation (F.) →Schuld, Verbindlichkeit
obligatorisch (Adj.) verbindlich, ein Schuldverhältnis betreffend
obligo (lat., [als N. verwendet]) Verpflichtung
Observanz ([F.] Beobachtung) ist das örtlich begrenzte
Gewohnheitsrecht.
occupatio (lat. [F.]) Aneignung
Ochlokratie (griech. [F.]) Herrschaft des Pöbels
Oder-Neiße-Gebiete sind die östlich der Oder und Lausitzer Neiße
liegenden, am 31. 12. 1937 zum Staatsgebiet des Deutschen Reichs
gehörenden Gebiete (24,3% der Fläche, 13,8% der Bevölkerung). Im
Potsdamer Abkommen vom 2. 8. 1945 wurden sie der Verwaltung der
Sowjetunion (nördliches Ostpreußen um Königsberg) bzw. Polens
unterstellt. Durch Verträge von 1990/1 wurde die Grenzziehung als
endgültig vereinbart.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
OECD (Organization for Economic Cooperation and Development)
ist die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (Abkommen vom 14. 12. 1960) mit Sitz in Paris und 25
Mitgliedstaaten.
offen (Adj.) unabgeschlossen, erkennbar
Offenbarung ist die Mitteilung eines Umstands durch einen
Wissenden gegenüber mindestens einem Unwissenden.
Offenbarungseid →Versicherung an Eides Statt
Offenbarungspflicht ist die Pflicht zur Offenbarung eines Umstands
wie sie z. B. für einen Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten in
Bezug auf einen Verhaltensfehler und einen daraus erwachsenden
Rückgriffsanspruch besteht. Eine allgemeine O. gibt es nicht. Die
Verletzung einer bestehenden O. kann einen Schadensersatzanspruch
begründen.
Lit.: Terbille, M./Schmitz-Herscheidt, S., Zur Offenbarungspflicht bei
ärztlichen Behandlungsfehlern, NJW 2000, 1749
offene Handelsgesellschaft →Handelsgesellschaft, offene
Offenlegung ist die öffentliche Darlegung.
Offenlegungspflicht (§§ 264aff. HGB) ist die Pflicht zur
Offenlegung (z. B. eines jahresabschlusses).
Lit.: Höfner, K., Die Offenlegungspflicht bei der GmbH & Co KG,
NJW 2004, 475Öffentlich ist das Verhalten, das für einen nach Zahl
und Individualität unbestimmten Kreis oder für einen nicht durch
persönliche Beziehungen innerlich verbundenen größeren bestimmten
Kreis von Personen wahrnehmbar ist.
Lit.: Drews/Wacke/Vogel, Gefahrenabwehr
öffentliche Aufgabe →Aufgabe, öffentliche
öffentliche Beglaubigung →Beglaubigung, öffentliche
öffentliche Hand →Hand, öffentliche
öffentliche Klage →Klage, öffentliche
öffentliche Last →Last, öffentliche
öffentliche Meinung →Meinung, öffentliche
öffentliche Sache →Sache, öffentliche
öffentliche Sicherheit und Ordnung →Sicherheit, →Ordnung,
öffentlich
öffentliche Urkunde →Urkunde, öffentliche
öffentliche Versteigerung →Versteigerung, öffentliche
öffentliche Zustellung →Zustellung, öffentliche
öffentlicher Belang →Belang, öffentlicher
öffentlicher Dienst →Dienst, öffentlicher
öffentlicher Glaube →Glaube, öffentlicher
öffentliches Interesse →Interesse, öffentliches
öffentliches Recht →Recht, öffentliches
öffentliches Testament →Testament, öffentliches
öffentliches Wohl →Allgemeinwohl
Öffentlichkeit ist der nach Zahl und Individualität unbestimmte
Personenkreis (Allgemeinheit) sowie die Zugänglichkeit von
Vorgängen für diesen. Im Verfahrensrecht bedeutet das Prinzip der
Ö., dass die Allgemeinheit bei Gerichtsverhandlungen, insbesondere
bei →Verkündung von →Urteilen und →Beschlüssen zugelassen ist
(vgl. § 169 GVG, 55 VwGO). Die Notwendigkeit dazu wird aus
Art. 20 II 1 GG hergeleitet. Hierzu gehört auch, dass der Richter
Fernsehaufnahmen vor oder nach den Hauptverhandlungstagen
zulassen muss, wohingegen Fernsehaufnahmen während der
Verhandlung (noch) ausgeschlossen sind. In bestimmten Verfahren ist
der Grundsatz der Ö. ausgeschlossen (z. B. bei Gefährdung der
Staatssicherheit, öffentlichen Ordnung oder Sicherheit,
Jugendgerichtssachen). Im Strafrecht kann die Ö.
→Tatbestandsmerkmal sein (§ 183a StGB öffentliche Vornahme
sexueller Handlungen).
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001; Klein, S., Die Grundsätze der Öffentlichkeit
und Mündlichkeit, Diss. jur. Köln, 1995; Huff, M., Justiz und Öffentlichkeit, 1996; Scherzberg, A.,
Die Öffentlichkeit der Verwaltung, 2000
öffentlich-rechtlich (Adj.) das öffentliche Recht betreffend
öffentlich-rechtliche Streitigkeit →Streitigkeit, öffentlich-rechtliche
öffentlich-rechtliche Verwahrung →Verwahrung, öffentlichrechtliche
öffentlich-rechtlicher Vertrag →Vertrag, öffentlich-rechtlicher
Offerte (F.) Antrag
Office (M.) de lutte antifraud (franz.) (OLAF) ist die 1999 von der
Europäischen Kommission eingerichtete Organisationseinheit zur
Bekämpfung der Korruption bzw. des Betrugs (Büro zur Bekämpfung
des Subventionsbetrugs in Brüssel), die der Kommission
organisatorisch zugeordnet ist, aber operationelle Unabhängigkeit hat.
OLAF ist mit rund 300 Mitarbeitern ausgestattet. Die
Vorgängereinrichtung Uclaf bearbeitete 1998 5000 Fälle im Umfang
von etwa einer Milliarde Euro. Hinweise sind möglich unter 0800
1820595, Informationen erhältlich unter http://europa.eu.int/olaf/.
officium (lat. [N.]) Pflicht, Dienst, Amt
Offizial ist im katholischen Kirchenrecht der (vereinzelt seit dem
späten 12. Jh. erscheinende) Vorsitzende der bischöflichen
Gerichtsbehörde.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Offizialat ist im katholischen Kirchenrecht die bischöfliche
Feldfunktion geändert
Gerichtsbarkeit.
Offizialmaxime (F.) Amtsprinzip, Amtsbetrieb
Offizialverfahren (N.) Amtsverfahren
Offizialverteidigung (F.) Amtsverteidigung, →Pflichtverteidigung,
→Verteidiger
Ökonomische Analyse des Rechts ist die aus den Vereinigten
Staaten von Amerika rezipierte Überprüfung des Rechts auf seine
wirtschaftlichen Auswirkungen.
Lit.: Ott, C./Schäfer, B., Ökonomische Analyse des Unternehmensrechts, 3. A. 2000; Eidenmüller,
H., Effizienz als Rechtsprinzip, 2. A. 1998; Weigel, W., Rechtsökonomik, 2003
Oktroi (M.) Verleihung durch hoheitliche Urkunde
Oktroisystem ist die im frühneuzeitlichen Recht herrschende Praxis
der Verleihung von Hoheitsrechten und der Regelung der Verfassung
einer Gesellschaft durch staatliche →Urkunde. Das O. wird im 19. Jh.
durch das Konzessionssystem abgelöst.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
oktroyiert (Adj.) aufgezwungen
ökumenisch (Adj.) umfassend
Ökumenischer Rat der Kirchen ist der 1948 gegründete
Zusammenschluss nahezu aller christlichen →Kirchen der Welt – mit
Ausnahme der katholischen Kirche – zum Zweck der
Zusammenarbeit und der Annäherung in Glaubensfragen.
Oligarchie (griech. [F.]) Herrschaft weniger
Oligokratie (griech. [F.] Herrschaft weniger) ist die →Staatsform, in
welcher der Staatswille durch eine aus dem →Staatsvolk
herausgehobene Gruppe von wenigen Personen (z. B. →Adel)
gebildet wird.
Ombudsmann ist vor allem in skandinavischen Ländern der vom
→Parlament beauftragte Mensch, der als Verfassungsorgan den
Einzelnen gegen staatlich-behördliche Rechtsverletzungen schützen
soll. In Deutschland werden diese Aufgaben vom Petitionsausschuss,
der Verwaltungsgerichtsbarkeit und besonderen Beauftragten (z. B.
Ausländerbeauftragter, Datenschutzbeauftragter, Wehrbeauftragter),
in Österreich vom Volksanwalt übernommen.
Lit.: Ombudsman in Europa, hg. v. Matscher, F., 1994; Hippel, T. v., Der Ombudsmann im Bankund Versicherungswesen, 2000
Omni modo facturus (lat. [M.] in jedem Fall tun Werdender) ist der
zu einer Tat fest entschlossene Mensch. Er kann nicht mehr
angestiftet werden. Ein Dritter kann daher hinsichtlich seiner Tat nur
wegen →Beihilfe oder versuchter →Anstiftung strafbar sein.
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil
online (Adj.) angeschlossen, verbunden
Lit.: Loewenheim, U./Koch, Praxis des Online-Rechts, 2001; Online-Handel, hg. v. Bräutigam,
P./Leupold, A., 2003
Onomasiologie (zu griech. onoma [N.] Name) ist die Wissenschaft
von den Bezeichnungen eines Gegenstands (Namen einer Sache) oder
Begriffs im Gegensatz zur Wissenschaft von den Bedeutungen eines
Worts (Inhalt einer Bezeichnung).
Operation ([F.] Verrichtung) ist insbesondere der mit gewaltsamer
Gewebedurchtrennung verbundene blutige ärztliche Eingriff. Die
ärztliche O. stellt eine →Körperverletzung dar (str.), die aber in der
Regel durch einen →Rechtfertigungsgrund gerechtfertigt ist, wobei
die Wirksamkeit einer →Einwilligung von der ordnungsgemäßen
vorherigen →Aufklärung seitens des Arzts abhängt. Besteht dabei die
Möglichkeit, eine O. durch eine konservative Methode zu vermeiden,
so muss der Betroffene darüber aufgeklärt werden. Im Schuldrecht ist
ein Geschädigter auf Grund von § 254 BGB zur Duldung einer O.
verpflichtet, wenn diese kostenlos, gefahrlos und schmerzlos ist und
sichere Aussicht auf Besserung bietet.
Lit.: Laufs, A., Arztrecht, 6. A. 2001
Opfer (N.) Darbietung einer Gabe, Erduldung eines Übels, Verletzter,
→Viktimologie
Lit.: Kaiser, G./Jehle, Kriminologische Opferforschung, 1995; Hassemer, W./Reemtsma, J.,
Verbrechensopfer - Gesetz und Gerechtigkeit, 2002
Opferentschädigung ist die Entschädigung eines Menschen, der
durch einen vorsätzlichen tätlichen Angriff auf ihn oder einen Dritten
oder durch dessen rechtmäßige Abwehr einen Gesundheitsschaden
erleidet, durch die Allgemeinheit. Für die O. gilt das
Opferentschädigungsgesetz vom 7. 1. 1985. Durch das
Opferanspruchssicherungsgesetz vom 8. 5. 1998 haben Opfer von
Straftaten ein gesetzliches Pfandrecht an Honoraransprüchen
Tatbeteiligter aus der urheberrechtlichen Verwertung der Tat. Durch
das Opferschutzgesetz vom 18. 12. 1986 wird dem Opfer bestimmter
Gewalttaten das →Adhäsionsverfahren erleichtert.
Lit.: Kunz, E./Zellner, G., Opferentschädigungsgesetz, 4. A. 1999; Nowotsch, B., Das neue
Opferanspruchssicherungsgesetz, NJW 1998, 1831; Heinz, D., Das Opferentschädigungsgesetz im
Spiegel der Rechtsprechung, 2001
Opfergrenze ist die Grenze, jenseits derer der Betroffene ein Übel
nicht mehr ohne Ausgleich zu dulden braucht. Die O. ist wichtig für
die Ansprüche auf Grund rechtmäßiger Eingriffe Dritter in eigene
Rechte. Beispielsweise ist das →Eigentum durch Art. 14 GG nicht
gegenüber der bloßen →Sozialbindung, wohl aber gegen einen die O.
überschreitenden enteignenden →Eingriff geschützt, der nur unter
Leistung einer →Entschädigung erfolgen darf.
opportun (Adj.) günstig, zweckmäßig
Opportunitätsprinzip (Zweckmäßigkeitsgrundsatz) ist im
öffentlichen Recht der Grundsatz des staatlichen Handelns nach der
Zweckmäßigkeit. Im Strafverfahrensrecht gilt für die Verfolgung von
Straftaten das O. im Verhältnis zum →Legalitätsprinzip (an sich) nur
ausnahmsweise (z. B. § 153 StPO bei geringfügiger Schuld des
Täters, vgl. weiter §§ 153aff. StPO). Im Verwaltungsrecht herrscht
das O. für das Handeln der →Verwaltung, soweit eine gesetzliche
Regelung fehlt oder das →Gesetz das Handeln der Behörde in ihr
→Ermessen stellt. Vgl. auch § 47 OWiG.
Lit.: Pott, C., Die Außerkraftsetzung der Legalität, 1996; Erb, V., Legalität und Opportunität, 1999
Opposition ([F.] Gegensatz) ist die Gesamtheit der nicht an der
→Regierung beteiligten, politischen Kräfte. Die O. hat die durch das
Mehrparteiensystem, die Parteiengründungsfreiheit und die
verhältnismäßige, durch eine Mindestklausel (z. B.
Fünfprozentklausel) aber erheblich eingeschränkte Chancengleichheit
der Parteien gewährleistete Chance, einmal zur Mehrheit zu werden.
Während einer Wahlperiode hat sie die Möglichkeit des konstruktiven
→Misstrauensvotums.
Lit.: Haberland, S., Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Opposition, 1995; Stüwe, K., Die
Opposition, 1997
Option ist das Recht, durch einseitige →Erklärung
(Willenserklärung) eine Rechtsstellung zu erlangen (z. B.
→Staatsangehörigkeit) oder einen →Vertrag zustande zu bringen. Die
O. gewährt dem Berechtigten keinen Anspruch auf ein Verhalten des
Gegners, sondern ein →Gestaltungsrecht. Sie ergibt sich im
öffentlichen Recht aus einem →Gesetz, im Privatrecht meist aus
einem aufschiebend bedingten →Vertrag, bei dem durch die
Erklärung der Ausübung der O. die aufschiebende →Bedingung
entfällt.
Lit.: Henrich, D., Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, 1965; Uszczapowski, I., Optionen
und Futures verstehen, 4. A. 1999; Handbuch Stock Options, hg. v. Kessler, M./Sauter, T., 2003
Optionsschein ist der das Recht auf den Bezug des jeweiligen
Optionsgegenstands (z. B. Aktie, Anleihe, Währungseinheit,
Warenmenge) verbriefende Schein (→Urkunde).
Lit.: Beike, R./Potthoff, A., Optionsscheine, 3. A. 2000
Ordal (N.) →Gottesurteil
Orden (M.) Ehrenzeichen, religiöse Gemeinschaft
Lit.: Kirchner, H., Deutsche Orden und Ehrenzeichen, 5. A. 1997
ordentlich (Adj.) allgemein, regelmäßig
ordentliche Gerichtsbarkeit →Gerichtsbarkeit, ordentliche
ordentliche Kündigung →Kündigung, ordentliche
ordentlicher Rechtsweg →Rechtsweg, ordentlicher
Order (F.) Befehl, Verfügung
Orderklausel ist die Bestimmung (des →Ausstellers), durch die ein
→Wertpapier die Eigenschaft als Orderpapier erhält (positive O.,
z. B. oder an Order) oder verliert (negative O., z. B. nicht an Order).
Orderpapier ist das →Wertpapier, das zwar eine bestimmte,
namentlich bezeichnete Person als berechtigt benennt, aber den
→Aussteller auch verpflichtet, an eine vom Benannten durch
→Indossament als →Gläubiger bezeichnete Person zu leisten. Das O.
erlangt seine Eigenschaft als O. entweder durch →Gesetz (geborenes
O., z. B. Wechsel, Namensaktie) oder durch →Rechtsgeschäft
(gekorenes O., z. B. kaufmännische Anweisung, § 363 HGB).
Ordinarius (M.) ordentlicher (Professor)
Ordnung ist der einleuchtend geregelte Zustand. Verfassungsmäßige
O. (Art. 2 I GG) ist die verfassungsgemäße Rechtsordnung, also die
Gesamtheit aller →Gesetze, die mit den Normen des
→Grundgesetzes und mit den ungeschriebenen elementaren
Verfassungsgrundsätzen materiell und formell übereinstimmen. Die
verfassungsmäßige O. ist eine der drei Schranken der allgemeinen
→Handlungsfreiheit. Öffentliche O. ist (als
wertausfüllungsbedürftiger Begriff) die Gesamtheit der (meist
ungeschriebenen) Regeln, deren Befolgung nach den jeweils
herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche
Voraussetzung für ein gedeihliches Zusammenleben innerhalb der
Gemeinschaft bzw. innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen
wird. Die Regeln der öffentlichen O. sind keine Rechtsvorschriften,
sondern Wertvorstellungen, die erst dadurch rechtlich bedeutsam
werden, dass bei ihrer Verletzung (z. B. bei Zurschaustellung des
nackten menschlichen Körpers in der Öffentlichkeit) die →Polizei
oder →Ordnungsbehörde einschreitet. Die Beurteilungsmaßstäbe der
öffentlichen O. werden entscheidend vom →Grundgesetz geprägt.
Lit.: Fechner, F., Öffentliche Ordnung, JuS 2003, 734
Ordnungsbehörde ist die →Behörde (Landesbehörde), deren
Aufgabe die Wahrung und Sicherung der öffentlichen →Ordnung und
Sicherheit ist (z. B. Bauordnungsbehörde, Gewerbeordnungsbehörde).
Die O. steht damit (als Folge der sog. Entpolizeilichung der
Verwaltung) an der Stelle (teilweise auch neben) der früheren
Polizeibehörde (Verwaltungsbehörde) (z. B. Baupolizei,
Gesundheitspolizei). Sie wird auf Grund besonderer gesetzlicher
→Ermächtigungen tätig.
Lit.: Knemeyer, F., Polizei- und Ordnungsrecht, 9. A. 2002
Ordnungsgeld ist die bei Verstößen gegen verfahrensrechtliche
Vorschriften vielfach angedrohte Pflicht zu einer Geldleistung. Das
O. ist ein →Ordnungsmittel. Es beträgt mindestens 5 Euro und
höchstens 1000 Euro (§§ 6 I EGStGB, 178 GVG, evtl. bis 25000
Euro). Vor Verhängung eines Ordnungsgelds muss ein Gericht ein
beantragtes Gespräch mit einem →Rechtsanwalt ermöglichen.
ordnungsgemäß (Adj.) der Ordnung entsprechend
ordnungsgemäße Buchführung →Buchführung, ordnungsgemäße
Ordnungshaft ist die bei Verstößen gegen verfahrensrechtliche
Vorschriften vielfach angedrohte Freiheitsentziehung. Sie ist ein
→Ordnungsmittel. Ihr Ausmaß kann grundsätzlich zwischen einem
Tag und 6 Wochen Haft betragen (Art. 6 II EGStGB). Die O. wird
regelmäßig auch für den Fall angeordnet, dass ein →Ordnungsgeld
nicht beigetrieben werden kann.
Ordnungsmittel (Art. 5ff. EGStGB) ist das der Aufrechterhaltung
der Ordnung und der Durchführung von Verfahren durch Ahndung
oder durch Erzwingung eines Verhaltens dienende Mittel, das
insbesondere zur Ahndung ungebührlichen Verhaltens vor →Gericht
angeordnet werden kann. Ein O. wird in zahlreichen
Verfahrensgesetzen angedroht (z. B. §§ 380, 890 ZPO). O. sind im
Einzelnen →Entfernung aus dem Sitzungszimmer, →Ordnungsgeld
und →Ordnungshaft. Die Befugnis, O. festzusetzen, endet mit dem
Abschluss der Hauptverhandlung.
Ordnungsrecht ist die Gesamtheit der die öffentliche →Ordnung
betreffenden Rechtssätze. →Polizeirecht
Lit.: Götz, Polizeirecht; Knemeyer, F., Polizei- und Ordnungsrecht, 9. A. 2002; Schenke, R., Polizeiund Ordnungsrecht, 2. A. 2003; Pieroth, B./Schlink, B./Kniesel, M., Polizei- und Ordnungsrecht,
2002
Ordnungsstrafe ist der durch die Begriffe →Ordnungsmittel und
→Zwangsmittel abgelöste Begriff (vgl. § 5 EGStGB).
Ordnungswidrigkeit (§ 1 OWiG) ist die rechtswidrige und
vorwerfbare →Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes
verwirklicht, das die Ahndung dieses Verhaltens mit einer
→Geldbuße zulässt. Die O. ist Verwaltungsunrecht, nicht →Straftat.
Wann eine O. vorliegt, ist den Einzelgesetzen zu entnehmen (z. B.
§ 24 StVG). Rechtsfolge einer O. ist eine Geldbuße zwischen 5 und
1000 Euro (evtl. darüber). Nebenfolge ist die →Einziehung. Für die
Verfolgung einer O. ist die →Verwaltungsbehörde
(Ordnungsbehörde) sowie hilfsweise die →Polizei zuständig (§ 35ff.
OWiG). Es gilt das →Opportunitätsprinzip. Bei geringfügigen
Verstößen kann die Verwaltungsbehörde →verwarnen und bei der
sog. gebührenpflichtigen Verwarnung zusätzlich ein
Verwarnungsgeld von 5 bis 35 Euro (§ 56 OWiG) erheben. Im
Übrigen wird die O. durch ein →Bußgeld, das in einem
Bußgeldbescheid festgesetzt wird, geahndet (§ 65 OWiG). Gegen den
Bußgeldbescheid kann innerhalb zweier Wochen nach →Zustellung
→Einspruch erhoben werden, über den das →Amtsgericht, in dessen
Bezirk die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat, durch →Beschluss
oder →Urteil entscheidet (§§ 67ff. OWiG). Gegen die Entscheidung
ist von einer Geldbuße von 250 Euro an die Rechtsbeschwerde zum
→Oberlandesgericht zulässig (§§ 79ff. OWiG). Vollstreckt wird der
rechtskräftige →Bußgeldbescheid nach den
→Verwaltungsvollstreckungsgesetzen.
Lit.: OwiG, 17. A. 2003; Göhler, OWiG; Rosenkötter, G., Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten,
6. A. 2002; Rebmann, K./Roth, W./Herrmann, S., Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (Lbl.), 3. A.
2003; Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, hg. v. Boujong, K., 2. A.
2000; Beck, W./Berr, W., OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 3. A. 1999; Lemke, M.,
Heidelberger Kommentar zum Ordnungswidrigkeitengesetz, 1999; Thieß, U.,
Ordnungswidrigkeitenrecht, 2002; Bohnert, J., Ordnungswidrigkeitengesetz, 2003
Ordre public (franz. [M.] öffentliche Ordnung) (Art. 6 EGBGB) ist
im internationalen Privatrecht die Gesamtheit wesentlicher
Grundsätze des jeweiligen nationalen Rechts (z. B. des deutschen
Rechts), insbesondere der Grundrechte. Sie können eine Schranke für
die Anwendung eines ausländischen Gesetzes bilden. Trotz einer
Verweisung durch das deutsche Recht auf ein fremdes Gesetz kann
dieses nicht angewandt werden, wenn seine Anwendung gröblich
grundlegende deutsche Rechtsanschauungen verletzt (z. B.
ausländisches Eheverbot der höheren Weihen, ausländische
Versagung des Rechts der Verteidigung ohne persönliches
Erscheinen).
Lit.: Fröhlich, J., Der gemeineuropäische ordre public, 1997; Brüning, S., Die Beachtlichkeit des
fremden ordre public, 1997; Völker, C., Zur Dogmatik des ordre public, 1998
Organ ([N.] Gerät, Werkzeug, Sinneswerkzeug) ist abgeleitet von
den Organen des menschlichen Körpers die Person oder
Personenmehrheit, durch die eine Personengesamtheit (z. B. →Staat,
→Verein) handelt. Das O. kann vor allem Beschlussaufgaben,
Ausführungsaufgaben, Beratungsaufgaben, Aufsichtsaufgaben oder
Entscheidungsaufgaben haben. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem
jeweils für die einzelne Personengesamtheit geltenden Recht.
Allgemein hat die Personengesamtheit für das Handeln der Organe
einzustehen (Organhaftung, vgl. § 31 BGB).
Lit.: Beuthien, V., Gibt es eine organschaftliche Stellvertretung?, NJW 1999, 1142; König, P.,
Strafbarer Organhandel, 1999
Organhaftung →Organ
Lit.: Ihlas, H., Organhaftung und Haftpflichtversicherung, 1997
Organisation ist allgemein die Gestaltung der Möglichkeit
sachgemäßen Handelns sowie deren praktisches Ergebnis (z. B.
Verwaltungsorganisation, Betriebsorganisation). Jedes auf Dauer
Gelöscht: Kegel/Schurig,
Internationales Privatrecht;
angelegte zweckorientierte soziale Gebilde bedarf einer O. Eine
besonders wichtige politische O. ist die Organisation für Sicherheit
und Zusammenarbeit in Europa (→OSZE).
Lit.: Seidl-Hohenveldern, I./Loibl, G., Das Recht der internationalen Organisationen einschließlich
der supranationalen Gemeinschaften, 7. A. 2000; Handwörterbuch internationale Organisationen,
hg. v. Andersen, U. u. a., 2. A. 1995; Köck, H./Fischer, P., Das Recht der internationalen
Organisationen, 4. A. 2002; Röthig, P., Handbuch für Organisationsuntersuchungen in der
Bundesverwaltung, 5. A. 1998
Organisationsakt ist der Akt oder die Maßnahme zur →Organisation der Verwaltung. Ein O. kann
in der Form eines Gesetzes, einer Rechtsverordnung, eines Verwaltungsakts oder auch einer bloßen
innerdienstlichen Anweisung ergehen.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Organisationsklausel oder Absperrklausel ist die unzulässige Klausel eines →Tarifvertrags, die
den →Arbeitgeber bei der Beschäftigung von →Arbeitnehmern binden soll.
Organisationsmangel ist der Mangel in der Gestaltung der
Möglichkeit sachgemäßen Handelns. Er kann die Verletzung einer
→Verkehrssicherungspflicht und damit eine →Unterlassung im Sinne
von § 823 I BGB (str.) darstellen. Daraus kann ein
→Schadensersatzanspruch folgen. Auch für die →Haftung des
→Vereins nach § 31 BGB kann es als zum Schadensersatz
verpflichtende Handlung genügen, dass ein O. vorliegt.
Lit.: Palandt, BGB; Deutsch, E., Das Organisationsverschulden des Krankenhausträgers, NJW
2000, 1745; Matusche-Beckmann, A., Das Organisationsverschulden, 2001
organisiert (Adj.) auf eine Organisation bezogen
organisierter Streik →Streik, organisierter
Organleihe ist die Betrauung eines Organs einer andern juristischen
Person des öffentlichen Rechts mit einer Aufgabe einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts (z. B. Europäische Union im
Verhältnis zu den Europäischen Gemeinschaften).
Lit.: Hirschberger, M., Organleihe, 1989 (Diss.)
Organschaft ist die Stellung und Tätigkeit als →Organ. Die O. ist im
Gesellschaftsrecht entweder →Drittorganschaft (Fremdorganschaft)
oder →Selbstorganschaft (Eigenorganschaft). Im Steuerrecht ist O.
die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung
eines rechtlich selbständigen Unternehmens (Organs) in ein anderes
→Unternehmen (Organträger) in der Art, dass jenes keinen eigenen
Willen hat. Die O. führt bei verschiedenen →Steuern zum Verlust der
steuerlichen Selbständigkeit (z. B. Umsatzsteuer).
Lit.: Schuhmann, H., Die Organschaft, 1994; Schmidt, L./Müller, T./Stöcker, E., Die Organschaft im
Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerrecht, 6. A. 2002
Organstreit ist im öffentlichen Recht der Rechtsstreit, an dem
→Organe oder Organteile desselben →Staats, derselben
→Körperschaft oder derselben →Anstalt beteiligt sind und die den
Umfang der jeweiligen Rechte und Pflichten betrifft. Der O. setzt
voraus, dass es um die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme geht, die
mangels Außenwirkung kein →Verwaltungsakt ist, sondern nur
innerorganisatorische Wirkungen hat. Ein besonderer Fall ist das in
Art. 93 I Nr. 1 GG vorgesehene Streitverfahren bei Bundesorganen.
Im Kommunalverfassungsrecht fallen die Organstreite unter die
→Kommunalverfassungsstreitigkeiten.
Lit.: Buchwald, K., Der verwaltungsgerichtliche Organstreit, 1998; Roth, W., Verwaltungsrechtliche
Organstreitigkeiten, 2001
originär (Adj.) ursprünglich
originärer Eigentumserwerb →Eigentumserwerb, originärer
Ort ist der räumlich besonders herausgehobene Platz (in Deutschland
rund 125000 Siedlungsplätze als O. geführt).
Lit.: Scherbaum, D./Paydl, N., Ortsverzeichnis. Gerichte und Finanzbehörden, 19. A. 2003; Das
Orts- und Gerichtsverzeichnis, 9. A. 2004; Müllers Großes deutsches Ortsbuch, 28. A. 2003
örtlich (Adj.) den Ort betreffend
örtliche Zuständigkeit →Zuständigkeit, örtliche
Ortsbeirat ist der für einen Ort zuständige Beirat eines
Verwaltungsorgans.
Lit.: Böcher, H., Taschenbuch für Ortsbeiräte, 9. A. 2001
Ortsgericht ist das besondere örtliche →Gericht der freiwilligen
→Gerichtsbarkeit in Hessen (Gesetz v. 2. 4. 1980).
Lit.: Wacker, R., Hessisches Ortsgerichtsgesetz, 1999
Ortskrankenkasse, allgemeine (AOK), ist der allgemeine Träger der
öffentlich-rechtlichen →Krankenversicherung. Die O. ist öffentlichrechtliche →Selbstverwaltungskörperschaft. Sie ist in einem
bestimmten Gebiet für alle nicht in einer andern Krankenkasse
versicherten Versicherungspflichtigen zuständig.
Lit.: Berg, H., Die regionalen Leistungsstrukturen der allgemeinen Ortskrankenkassen, 1987
Ortsüblich ist die die Üblichkeit an einem bestimmten Ort
betreffende Eigenschaft eines Umstands. Der Eigentümer eines
Grundstücks kann nach § 906 BGB die Zuführung unwägbarer Stoffe
(z. B. Gerüche, Dämpfe, Wellen) insoweit nicht verbieten, als die
Beeinträchtigung zwar wesentlich ist, aber durch eine ortsübliche
Benutzung des andern Grundstücks herbeigeführt wird und nicht
durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art
wirtschaftlich zumutbar sind. Nicht o. ist z. B. die Geruchsbelästigung
aus einer ohne notwendige Genehmigung betriebenen
Schweinemästerei.
Ortsverzeichnis →Ort
Ortszuschlag (§§ 39ff. BBesG) ist der Zuschlag zum →Grundgehalt
von Beamten, Richtern und Soldaten, der die örtlichen Unterschiede
in den Lebenshaltungskosten ausgleichen soll. Seine Höhe richtet sich
nach der Tarifklasse, der die entsprechende →Besoldungsgruppe
zugeteilt ist und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des
Betroffenen entspricht. Dabei können ledige gleichgeschlechtliche
Partner nicht Ehegatten gleichgestellt werden.
Lit.: Wagner, F., Beamtenrecht, 7. A. 2002
Österreich ist der aus dem südöstlichen Teil des Herzogtums der
Bayern erwachsene, seit 1806 (vom →Deutschen Reich)
verselbständigte, jedoch von 1815 bis 1866 den übrigen deutschen
Staaten im →Deutschen Bund verbündete Staat, dem im Laufe der
Zeit vor allem erbrechtlich umfangreiche fremdsprachige Gebiete
angefallen waren. 1918 verhinderten die nichtdeutschen Mächte
Europas und deutschfeindliche Kräfte eine von den nach der
Verselbständigung der Tschechoslowakei, Ungarns und Jugoslawiens
verbliebenen deutschsprachigen Teilen Österreichs angestrebte
Verbindung mit Deutschland. Von 1938 bis 1945 war Ö. unter
weitestgehender Zustimmung der Bevölkerung dem von dem
ehemaligen Österreicher Adolf Hitler geführten Deutschen Reich
angeschlossen (→Anschluss), verselbständigte sich nach dem
Untergang der Diktatur Adolf Hitlers aber wieder. Am 19. 12. 1945
wurde seine republikanische Verfassung vom 1. 10. 1920 wieder in
Kraft gesetzt. Sein bürgerliches Recht ist in dem später mehrfach
geänderten Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1811 geregelt.
Die Zivilprozessordnung stammt von 1895. Das Handelsgesetzbuch
wurde 1938 aus dem Deutschen Reich übernommen. Strafrecht und
Strafprozessrecht wurden 1975 neu geregelt. Zum 1. 1. 1995 trat Ö.
der →Europäischen Union bei. 2001 wandelte es die 1955 erklärte
→Neutralität in Allianzfreiheit um.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Bydlinski, F., Österreichische Gesetze (Lbl.), 32. A. 2004;
Schäffer, H., Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgesetze (Lbl.), 45. A. 2004; Dosoudil,
J., Grundliteratur zum österreichischen Recht, 1988; Dittrich, R./Tades, H., Das Allgemeine
Bürgerliche Gesetzbuch, 20. A. 2002; Dittrich, R./Tades, H., Das Allgemeine Bürgerliche
Gesetzbuch „Kapfer“, 35. A. 1999; Neuhofer, H., Wegweiser durch Österreichs
Bundesgesetzgebung 1945–1988, 39. A. 1989; Neuhofer, H., BGBl-Index 2000, 2000; Stohanzl, R.,
JN – ZPO, 15. A. 2001; Maleczky, O., Strafrecht Allgemeiner Teil, 8. A. 2001; Koziol, H.,
Grundriss des bürgerlichen Rechts, Bd. 1 12. A. 2002; Welser, R., Grundriss des bürgerlichen
Rechts, Bd. 2 11. A. 2001; Schwimann, M., ABGB-Praxiskommentar, Bd. 1ff. 2. A. 1995ff.;
Dittrich, R., Österreichisches und internationales Urheberrecht, 4. A. 2000; Ballon, O., Einführung
in das österreichische Zivilprozessrecht, 9. A. 2000; Rechberger, W./Simotta, D., Grundriss des
österreichischen Zivilprozessrechts, 5. A. 2000; Machacek, R., Verfahren vor dem VfGH und vor
dem VwGH, 4. A. 2000; Walter, R./Mayer, H., Grundriss des österreichischen
Verwaltungsverfahrensrechts, 7. A. 1999; Koja, F., Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. A. 1996;
Funk, B., Einführung in das österreichische Verfassungsrecht, 10. A. 2000; Neuhold, H./Hummer,
W./Schreuer, C., Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, 3. A. 1997; Koziol, H.,
Österreichisches Haftpflichtrecht allgemeiner Teil, 3. A. 1997, Koziol, H., Österreichisches
Haftpflichtrecht besonderer Teil, 2. A. 1984; Platzgummer, W., Grundzüge des österreichischen
Strafverfahrens, 8. A. 1997; Kienapfel, D., Grundriss des österreichischen Strafrechts, 7. A. 1998, z.
T. 9. A. 2001ff.; Foregger, E./Serini, Strafgesetzbuch, 13. A. 1997; Foregger, E./Fabrizy, E.,
Strafgesetzbuch, 7. A. 1999; Foregger, E./Serini, Strafprozessordnung, 10. A. 1997; Foregger,
E./Fabrizy, E., Die österreichische Strafprozessordnung, 8. A. 2000; Grillberger, K.,
Österreichisches Sozialrecht, 5. A. 2001; Doralt, W./Ruppe, H. Grundriss des österreichischen
Steuerrechts, 6. A. 1997, z. T. 7. A. 2000; Russwurm, H., Österreichisches Rechtswörterbuch, 2. A.
1997; Fasching, H., Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen, Bd. 1ff. 2. A. 2000; Floretta,
H./Spielbüchler, K./Strasser, R., Individualarbeitsrecht, 4. A. 1998; Rechberger, W./Oberhammer,
P., Exekutionsrecht, 3. A. 2002; Die österreichische Bundesverfassung, hg. v. Klecatsky, H. u. a.,
8. A. 1997; Wielinger, G., Einführung in das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht, 8. A.
2001; Österreich und das Recht der Europäischen Union, hg. v. Hummer, W. u. a., 1997;
Hausmaninger, H., The Austrian Legal System, 2. A. 2000; Bertel, C./Schwaighofer, K.,
Österreichisches Strafrecht Besonderer Teil 1, 6. A. 2000; Bertel, C./Schwaighofer, K.,
Österreichisches Strafrecht Besonderer Teil 2, 4. A. 1999; Bertel, C./Venier, A., Grundriss des
österreichischen Strafprozessrechts, 6. A. 2000; Index 2000, bearb. v. Stöger, H., 16. A. 2000;
Verwaltungsgerichtsbarkeit im Wandel, hg. v. Thienel, R., 1999; Österreichisches
Bundesverfassungsrecht, hg. v. Korinek, K. u. a., 1999; Raschauer, B., Allgemeines
Verwaltungsrecht, 1998; Holzhammer, R./Roth, M., Einführung in das Bürgerliche Recht, 5. A.
2000; Welan, M., Das österreichische Recht, 1999; Holzhammer, R., Allgemeines Handelsrecht und
Wertpapierrecht, 8. A. 1998; Fritz, C., Gesellschaftsrecht in Österreich, 2000; Mayerhofer, C.,
Strafgesetzbuch, 5. A. 2000; Öhlinger, T., Verfassungsrecht, 4. A. 1999; Walter, R./Mayer, H.,
Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 9. A. 2000; Frank , S.,
Gemeinschaftsrecht und staatliche Verwaltung, 2000; Höpfel, F./Ratz, E., Kommentar zum
Strafgesetzbuch, 2. A. 1999; Rummel, P., Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch,
Bd. 1f. 3. A. 2001f.; Krejci, H., Privatrecht, 5. A. 2002; Krejci, H., Handelsrecht, 2. A. 2001;
Schauer, M., Österreich vor dem EuGH, 2000; Tálos, E./Kittel, B., Gesetzgebung in Österreich,
2001; Jahnel, D./Öhlinger, G., Index Rechtsprechung und Schrifttum 2001, 2002
Osteuropa ist das (in der jüngeren Vergangenheit vom
→Kommunismus geprägte) östliche Europa.
Lit.: Handbuch Wirtschaft und Recht in Osteuropa (Lbl.), hg. v. Breidenbach, S., 54. A. 2004;
Entwicklung des Zivilrechts in Osteuropa, hg. v. d. Juristischen Fakultät der Technischen
Universität Dresden, 1998; Widmaier, U., Regierungssysteme Zentral- und Osteuropas, 1999;
Ismayr, W., Die politischen Systeme Osteuropas, 2002; Horn, N., Die Neugestaltung des
Privatrechts in Mittelosteuropa und Osteuropa, 2002; Unternehmensgruppen in mittel- und
osteuropäischen Ländern, hg. v. Hopt, K. u. a., 2003
Ostverträge sind die zwischen 1970 und 1974 von der
Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion, Polen, der DDR
und der Tschechoslowakei geschlossenen Verträge (Moskauer
Vertrag vom 12. 8. 1970 [3. 6. 1972] mit der Sowjetunion,
Warschauer Vertrag vom 7. 12. 1970 [3. 6. 1972] mit Polen,
Grundlagenvertrag vom 21. 12. 1972 [21. 6. 1973] mit der DDR,
Vertrag über die gegenseitigen Beziehungen vom 11. 12. 1973
[19. 7. 1974] mit der Tschechoslowakei). Ergänzend schlossen die
vier Alliierten Siegermächte das Abkommen über Berlin vom
3. 9. 1971 (3. 6. 1972).
Ostzone →Deutsche Demokratische Republik
OSZE ([F.] Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa) ist seit 1994 die Nachfolgeorganisation der KSZE mit 55
Mitgliedern (1997) zwischen Vancouver und Wladiwostok.
Eingerichtet sind Gipfeltreffen, Ministerrat, Hoher Rat und
Parlamentarische Versammlung sowie als ständige Einrichtungen
Ständiger Rat, Forum für Sicherheitskooperation, amtierender
Vorsitzender, Generalsekretär (in Wien), Büro für demokratische
Institutionen und Menschenrechte (in Warschau), Beauftragter für
Medienfreiheit (in Wien) und Hoher Kommissar für nationale
Minderheiten (in Den Haag).
Lit.: Bortloff, J., Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit, 1996; Tudyka, K., Das
OSZE-Handbuch, 1997; Leue, M., Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit, 1999
Outsourcing (engl. [N.]) ist das Ausgliedern (Funktionsauslagerung)
eines Betriebsteils.
Lit.: Weimar, R., Subunternehmervertrag – Outsourcingvertrag, 1999; Funktionsauslagerung
(Outsourcing) bei Kreditinstituten, 2001; Balze, W./Rebel, W./Schuck, P, Outsourcing und
Arbeitsrecht, 2002
P
Pacht (§ 581 BGB) ist der gegenseitige →Vertrag, in dem sich der
eine Teil (→Verpächter) verpflichtet, dem andern Teil (Pächter) den
Gebrauch des gepachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte,
soweit sie nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft als
Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gestatten, und der
andere Teil sich verpflichtet, den vereinbarten Pachtzins zu zahlen.
Die P. unterscheidet sich von der →Miete durch ihre Erstreckung
über Sachen und Gebrauchsgewährung hinaus, doch gilt für sie in
weitem Umfang Mietrecht (§ 581 II BGB, abweichend §§ 582-584b
BGB). Sonderfälle sind die Landpacht, die Kleingartenpacht sowie
die Jagdpacht und die Fischereipacht.
Lit.: Wolf, E./Eckert, H./Ball, W., Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts,
8. A. 2000; Gerber, W/Eckert, H., Gewerbliches Miet- und Pachtrecht, 4. A. 2002; Knoppe, H.,
Verpachtung eines Gewerbebetriebes, 8. A. 1998
Pächter →Pacht
Pachtkredit ist das →Darlehen (Kredit), das durch ein →Pfandrecht
am landwirtschaftlichen →Inventar gesichert ist und für das das
Pachtkreditgesetz gilt.
Pacta (N. Pl.) sunt servanda ([lat.] Verträge sind zu halten) ist der
wichtigste Grundsatz des öffentlichen wie privaten Vertragsrechts.
Wer (z. B. juristische Fakultät) Verträge (z. B. Berufungszusagen)
bricht, handelt rechtswidrig. Je gewichtiger und nachhaltiger der
Vertragsbruch ist, desto bedeutender ist der damit verbundene
Ansehensverlust (Ehrlosigkeit).
Lit.: Wolter, U., Jus canonicum in iure civili, 1975; Macedo Weiß, P., Pacta sunt servanda im
Verwaltungsvertrag, 1999
pactum (lat. [N.]) Vertrag
pactum (N.) de non cedendo (lat.) Vertragsversprechen (des
Gläubigers, die Forderung) nicht abzutreten, →Abtretung
Lit.: Goergen, U., Das pactum de non cedendo, 2000
pactum (N.) de non petendo (lat.) Vertragsversprechen (des
Gläubigers, die Leistung) nicht zu verlangen, →Stundung
Pairing ist die paarweise parlamentarische
Stimmrechtsbeschränkungsvereinbarung unterschiedlicher Parteien.
Lit.: Röttger, Die parlamentarische
Stimmrechtsbeschränkungsvereinbarung, JuS 1977, 7
Panaschieren (bunt mischen) ist das nach Landesrecht bei
Gemeindewahlen nach dem →Verhältniswahlrecht zulässige
Zusammenstellen von Kandidaten verschiedener Parteien durch den
Wähler auf seinem Stimmzettel.
Lit.: Sixt, W., Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 5. A. 1999
Pandekten ([griech.] alles enthaltend) (oder Digesten) sind in der
Rechtsgeschichte die durch Justinian (530/33) zu einem Gesetzeswerk
zusammengestellten Auszüge aus den Schriften der klassischen
römischen Juristen (etwa von Christi Geburt bis 235 n. Chr.).
→corpus iuris civilis
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
Pandektensystem ist die im 18. Jahrhundert (Nettelbladt)
vorbereitete, von Georg Arnold Heise (1807) aus den römischen
Rechtsquellen gewonnene und von Savigny durchgesetzte Einteilung
des privatrechtlichen Rechtsstoffs nach Allgemeinem, Sachen,
Schulden, Familie und Erbe. →Bürgerliches Gesetzbuch
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte
Pandektistik ist in der Rechtsgeschichte die auf den →Pandekten
aufbauende (romanistische) Rechtswissenschaft des 19. Jh.s.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 3
Papst ist im katholischen →Kirchenrecht der Träger der obersten
Gesetzgebungsgewalt, Verwaltungsgewalt, Rechtsprechungsgewalt
und Lehrgewalt der Kirche. Der P. ist als Bischof von Rom
Nachfolger des Apostels Petrus und Stellvertreter Christi auf Erden.
Seine Entscheidungen in Glaubensfragen und Sittenfragen auf Grund
der Lehrgewalt gelten seit dem späten 19. Jh. als unfehlbar. Der P.
wird von den →Kardinälen im Konklave (unter Ausschluss der
Außenwelt) gewählt (einstimmig, durch einen Ausschuss oder durch
Abstimmung). Sein Amt endet durch Tod oder Aufgabe.
Lit.: Schlaich, K., Das Recht der Papstwahl, JuS 2001, 319
Paraphe (F.) mit Hilfe der Anfangsbuchstaben abgekürzter
Namenszug unter Schriftstücken
Paraphierung ist die vorläufige Einigung über den Abschluss eines
völkerrechtlichen →Vertrags. Sie führt noch zu keiner Verpflichtung.
Deshalb setzen die Vertragsunterhändler unter den Vertragstext, auf
den sie sich geeinigt haben, auch nur ihre Anfangsbuchstaben
(→Paraphe), nicht ihre vollen Namen.
Lit.: Seidl-Hohenveldern/Stein, Völkerrecht
Parentel ist die zu einer erbrechtlichen Ordnung zusammengefasste
Gruppe von →Verwandten, die von einem gemeinschaftlichen
Vorfahren abstammen (z. B. Abkömmlinge, Eltern und deren
Abkömmlinge, Großeltern und deren Abkömmlinge, Urgroßeltern
und deren Abkömmlinge). Nach der Zugehörigkeit zu einzelnen
Parentelen erfolgt die Bestimmung der gesetzlichen →Erben. Ein
Verwandter ist nicht zur →Erbfolge berufen, solange ein Verwandter
einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist (§ 1930 BGB).
parentela (lat. [F.]) Verwandtschaft, Gesamtheit der Abkömmlinge
eines Menschen
Parität (F.) Gleichheit, Gleichstellung
Parken (§ 12 II StVO) ist das Verlassen eines Fahrzeugs im
öffentlichen Straßenverkehr und das länger als 3 Minuten dauernde
Halten. Unzulässiges P. ist eine →Ordnungswidrigkeit (§ 49 StVO).
Nach § 25a StVG kann das Bußgeld dann, wenn der verantwortliche
Fahrer nicht oder nur mit unangemessenem Aufwand ermittelt werden
kann, dem Halter des Kraftfahrzeugs auferlegt werden.
Lit.: Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht; Berr, W./Hauser, J., Das Recht des ruhenden
Verkehrs, 1993
Parlament ist die Vertretung des Volks. Das P. ist im
gewaltenteilenden Staat das zur →Gesetzgebung berufene →Organ.
Es kann aus mehreren →Kammern bestehen (z. B.
Zweikammersystem), wobei dann meist die gewichtigere (zweite)
Kammer durch allgemeine und gleiche Wahl beschickt wird. Die
Angehörigen des Parlaments sind die →Abgeordneten. Organe des
Parlaments sind meist Präsident, Ältestenrat und Ausschüsse.
Lit.: Trossmann, H., Parlamentsrecht des deutschen Bundestages, 1977; Parlamentsrecht und
Parlamentspraxis, 1989
Parlamentarischer Rat ist in der Rechtsgeschichte die von den
Landtagen der westlichen Besatzungszonen Deutschlands gewählte
Versammlung von 65 Abgeordneten zur Beratung des
→Grundgesetzes (1948).
Lit.: Feldkamp, M., Der Parlamentarische Rat, 1998
Parlamentarismus ist die Regierungsform, in der die →Regierung
vom →Parlament abhängig ist. Diese Abhängigkeit kann darin
bestehen, dass das Parlament entweder den Regierungschef oder alle
→Minister entweder wählt oder bestätigt. Das führt politisch zu der
Notwendigkeit, dass die Regierungsmitglieder der Mehrheitspartei
oder den Mehrheitsparteien nahe stehen. Die Abhängigkeit der
Regierung vom Parlament kann durch das konstruktive
→Misstrauensvotum gelockert sein.
Lit.: Hofmann, W./Rascher, G., Einführung in die Parlamentarismustheorie, 1999
Partei ist im Verfassungsrecht (Art. 21 GG) die Vereinigung von
Menschen (Bürgern), die dauernd oder für längere Zeit für den
Bereich des →Bunds oder eines →Lands auf die politische
Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volks im
→Bundestag oder einem →Landtag teilnehmen wollen, wenn sie
nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse eine
ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten
(§ 2 ParteiG). Sie ist meist nichtrechtsfähiger →Verein. Die Parteien
sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der
freiheitlichen demokratischen →Grundordnung. Sie wirken bei der
politischen Willensbildung des Volks mit. Sie lassen sich
unterscheiden in Regierungspartei und Oppositionspartei, in
Weltanschauungspartei und Interessenpartei, in konservative, liberale
und progressive Parteien sowie in unitarische oder föderalistische
Parteien. Die P. kann im Einzelfall verfassungswidrig sein (Art. 21
GG). Sie darf vom Verfassungsschutz beobachtet werden, sofern der
entsprechende Eingriff (z. B. Einsatz von Vertrauensmännern)
verhältnismäßig ist. Im Zivilprozess ist P., von wem und gegen wen
(im Zivilprozess) Rechtsschutz begehrt wird, wer tatsächlich klagt
oder verklagt ist. Jeder Zivilprozess verlangt zwei verschiedene
Parteien. Sie werden als →Kläger und →Beklagter oder in
besonderen Fällen als Antragsteller und Antragsgegner (oder als
Gläubiger und Schuldner) bezeichnet. Eine P. kann ihre Stellung kraft
Amts innehaben (z. B. Konkursverwalter, Insolvenzverwalter). Im
Privatrecht kann ein Beteiligter eines →Schuldverhältnisses auch P.
(Vertragspartei) genannt werden.
Lit.: Maurer, H., Die Rechtsstellung der politischen Parteien, JuS 1991, 881; Westerwelle, G., Das
Parteienrecht, 1994 (Diss. jur. Hagen); Parteien und Fraktionen, hg. v. Helms, L., 1999; Olzog, G.,
Die politischen Parteien, 26. A. 2000; Ipsen, J., Das neue Parteienrecht, NJW 2002, 1909
Parteiänderung ist die Änderung einer →Partei während eines
→Prozesses. Sie ist sowohl kraft →Gesetzes wie auch durch
gewillkürte →Prozesshandlung möglich. Im materiellen Recht ist eine
Änderung der Partei ebenfalls zulässig (z. B. §§ 563, 613a BGB).
Lit.: Kohler, Die gewillkürte Parteiänderung, JuS 1993, 315
Parteiantrag (§ 308 ZPO) ist der von einer →Partei im
→Rechtsstreit gestellte →Antrag. Das →Gericht ist nicht befugt,
einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist (Grundsatz
der Parteiherrschaft, →ne [eat iudex] ultra petita).
Lit.: Melissionos, G., Die Bindung des Gerichts an Parteianträge nach § 308 ZPO, 1982
Parteibetrieb (Dispositionsmaxime) ist der Verfahrensgrundsatz,
nach dem die Einleitung und Fortführung eines Prozesses nur auf
Grund von Prozesshandlungen der →Parteien erfolgt (gilt z. B.
grundsätzlich im Zivilprozess, Gegensatz →Amtsbetrieb).
Lit.: Jauernig, O., Verhandlungsmaxime, Inquisitionsmaxime und Streitgegenstand, 1967
Parteienfinanzierung ist die Beschaffung von Mitteln zur
Durchführung der Aufgaben der politischen →Parteien. Parteien, die
sich an der Bundestagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen beteiligt
haben und eine bestimmte Mindestzahl von Stimmen erreicht haben,
erhalten nach § 18 ParteiG die notwendigen Kosten eines
angemessenen Wahlkampfs erstattet, wobei der jährliche
Gesamtbetrag von 245 Millionen DM (1. 1. 1999) grundsätzlich nach
dem Anteil der Zweitstimmen aufgeteilt wird. Im Übrigen hat der
Vorstand einer Partei über die Herkunft der Mittel, die seiner Partei –
innerhalb eines Kalenderjahrs – zugeflossen sind, öffentlich
Rechenschaft zu geben (Art. 23 GG).
Lit.: Arnim, H. v., Parteienfinanzierung, 1982; Hexemer, H., Parteienfinanzierung im
internationalen Vergleich, 2000
Parteienstaat ist der durch politische →Parteien bestimmte →Staat.
Nach Art. 21 GG wirken in der →Bundesrepublik die Parteien bei der
politischen Willensbildung – als notwendiger Bestandteil der
freiheitlichen demokratischen →Grundordnung – mit.
Parteifähigkeit (§ 50 I ZPO) ist die Fähigkeit, in einem
→Rechtsstreit →Partei zu sein. Die P. ist →Prozessvoraussetzung
und →Prozesshandlungsvoraussetzung. Sie kann aktive P. (→Kläger)
oder passive P. (→Beklagter) sein. Parteifähig ist grundsätzlich, wer
→rechtsfähig ist. Der nichtrechtsfähige →Verein ist nur passiv
parteifähig (§ 50 II ZPO), die →Gewerkschaft aber auch aktiv (§ 10
ArbGG). →Offene Handelsgesellschaft und
→Kommanditgesellschaft können unter ihrer →Firma klagen und
verklagt werden (§§ 124 I, 161 II HGB), ebenso seit 2001 die
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.
Lit.: Schemmann, T., Parteifähigkeit im Zivilprozess, 2002
Parteiherrschaft ist der Grundsatz der Verfügungsgewalt der
→Parteien eines →Rechtsstreits über den →Streitgegenstand. →ne
(eat iudex) ultra petita
Parteiprozess (§ 79 ZPO) ist der →Rechtsstreit, den die →Partei
selbst oder durch jede prozessfähige Person als Bevollmächtigten
führen kann. Der P. steht im Gegensatz zum →Anwaltsprozess.
Parteivereinbarung →Vertrag
Parteivernehmung (z. B. §§ 445ff. ZPO) ist die →Vernehmung
einer →Partei eines →Rechtsstreits über den →Streitgegenstand. Sie
ist ein →Beweismittel. Die Partei braucht sich nicht zu äußern, doch
darf das Gericht aus einer Weigerung entsprechende Schlüsse ziehen.
Wenn sie sich äußert, muss sie die Wahrheit aussagen. Ein Geständnis
während der P. ist nicht möglich.
Lit.: Lange, H., Parteianhörung und Parteivernehmung, NJW 2002, 476; Kwaschik, A., Die
Parteivernehmung, 2004
Parteiverrat (Prävarikation) (§ 356 StGB) ist die pflichtwidrige
Tätigkeit eines →Anwalts oder andern →Rechtsbeistands für beide
→Parteien ein und derselben Rechtssache. Dieselbe Rechtssache liegt
auch vor, wenn derselbe sachlich-rechtliche Inhalt der anvertrauten
Interessen Gegenstand mehrerer Verfahren ist. Die Pflichtwidrigkeit
entfällt, wenn beide Parteien gemeinsam den Anwalt um seine
Tätigkeit bitten.
Lit.: Holz, M., Parteiverrat in Strafsachen, Diss. jur. Tübingen, 1996; Prinz, G., Der Parteiverrat,
1999; Henssler, M., Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, NJW 2001, 1521
Parteivorbringen ist das Vorbringen einer Partei im Prozessrecht.
Lit.: Nordhues/Trinczek, Zur Lehre vom gleichwertigen
Parteivorbringen, JA 1990, Übungsblätter für Referendare 256
Parteiwechsel ist der Wechsel einer Partei im Prozessrecht.
Lit.: Roth, Gewillkürter Parteiwechsel, NJW 1988, 2977
Partenreederei →Reederei
Lit.: Schmidt, K., Die Partenreederei, 1996
partiarisch (Adj.) zu Teilen gehend
partiarisches Darlehen (N.) Beteiligungsdarlehen, →Darlehen
partiarisches Verhältnis →Verhältnis, partiarisches
partiell (Adj.) teilweise
partikular (Adj.) für einen Teil besondere
Partikularrecht ist das in einzelnen Gebieten eines einheitlichen
staatsrechtlichen oder völkerrechtlichen Gebildes besonders geltende
Recht (z. B. im ersten Deutschen Reich oder in der Gegenwart im
Bereich des Verwaltungsrechts oder in der Europäischen Union). Das
P. steht im Gegensatz zum einheitlichen, insbesondere zum
allgemeinen und zum gemeinen →Recht.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Bluhme, F., Encyklopädie der in Deutschland geltenden
Rechte, 1854ff.; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997; Robra, R.,
Zweierlei Recht, NJW 2001, 633
Partner ist der Teilnehmer bzw. Gesellschafter einer →
Partnerschaft.
Partnerschaft ist das engere Zusammenwirken mehrerer Personen.
Freiberufliche P. ist die registerfähige Gesellschaft für die
gemeinsame Berufsausübung mehrerer freiberuflicher Tätiger
(Partnerschaftsgesellschaft 1. 7. 1995, § 1 PartGG, [Aufzählung der
freien Berufe in § 1 II 2 PartGG]). Der Gesellschaftsvertrag, der nur
von Menschen abgeschlossen werden kann, bedarf der Schriftform.
Die P. ist in ein Partnerschaftsregister (§ 160b FGG) einzutragen
(1997 850 Partnerschaftsgesellschaften, 2003 900 Partnerschaften).
Für die P. gilt das Recht der →Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.
Die P. übt kein Handelsgewerbe aus (§ 1 I 2 PartGG). Der Name der
P. muss den richtigen und vollständigen Namen mindestens eines
Partners, den Zusatz und Partner oder Partnerschaft sowie die
Berufsbezeichnungen aller in der P. vertretenen Berufe enthalten.
Rechtsanwälten kann untersagt werden, mehreren Partnerschaften
anzugehören, doch kann ihnen nicht verwehrt werden, sich mit
Wirtschaftsprüfern oder Steuerberatern zusammenzuschließen, die
ihrerseits einer weiteren Sozietät angehören (Sternsozietät).
Unternehmen, die keine Partnerschaftsgesellschaft sind, den Zusatz
und Partner oder Partnerschaft aber in ihrer Firma führen dürfen,
müssen seit 1. 7. 1997 in ihrer Firma durch Zusatz darauf hinweisen,
dass sie eine andere Rechtsform als die Partnerschaftsgesellschaft
haben. In die Firma von nach dem Inkrafttreten des
Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes gegründeten oder umbenannten
sonstigen Gesellschaften dürfen die Wendungen und Partner oder
Partnerschaft nicht aufgenommen werden. P. in einem weiteren Sinn
ist auch die gleichgeschlechtliche →Lebenspartnerschaft.
Lit.: Michalski, L./Römermann, V., Kommentar zum Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, 2. A. 1999;
Stuber, M., Die Partnerschaftsgesellschaft, 2. A. 2001; Michalski, L./Römermann, V., Vertrag der
Partnerschaftsgesellschaft, 4. A. 2002; Hallweger, M., Anwaltsgesellschaften, 2000; Grziwotz, H.,
Partnerschaftsvertrag für die nichteheliche und nicht eingetragene Lebensgemeinschaft, 4. A. 2002
Pass (Schritt) (§§ 1ff. PassG) ist die für den →Ausweis eines
Menschen bei der Einreise, Ausreise und dem Aufenthalt im Ausland
grundsätzlich erforderliche öffentliche →Urkunde. Der P. gilt auch
im Inland als Ausweispapier. Deutsche Pässe werden nur
→Deutschen ausgestellt. Die Ausstellung ist bei Vorliegen
bestimmter Gründe zu versagen (z. B. Gefährdung der inneren oder
äußeren Sicherheit). Die Ausreise trotz bestehender
passbeschränkender Maßnahmen ist strafbar.
Lit.: Medert, K./Süßmuth, W., Pass- und Personalausweisrecht, Bd. 2 Passrecht, 3. A. 2001; Kugler,
R., Der Weg zum deutschen Pass, 1999
passiv (Adj.) erduldend
Passiva sind die Vermögensteile eines →Unternehmens, die auf der
(rechts geführten) Passivseite der →Bilanz ausgewiesen werden.
Dazu gehören vor allem →Verbindlichkeiten und →Eigenkapital.
Den Gegensatz bilden die →Aktiva.
passives Wahlrecht →Wahlrecht, passives
Passivlegitimation ist die Beklagtenbefugnis (passive Sachbefugnis
z. B. des Käufers bei der Kaufpreisklage des Verkäufers). Der
Beklagte muss als →Beklagter in Bezug auf das →Recht zuständig
sein. Fehlt die P. des Beklagten, so ist die Klage jedenfalls
unbegründet. (Gegensatz →Aktivlegitimation des Klägers.)
Lit.: Jauernig, Zivilprozessrecht
Passivvertretung ist die Vertretung auf der Seite eines
Erklärungsempfängers.
Passpflicht →Pass
Patent (von lat. [littera] [F.] patens, offener [Brief]) ist vor allem in
der Rechtsgeschichte die →Urkunde über eine Rechtshandlung, durch
die öffentlich ein Recht verliehen wird. In der Gegenwart ist P. das
einem Erfinder vom Staat ausschließlich erteilte, zeitlich – auf 20
Jahre (§ 16 PatG) – begrenzte Recht, eine →Erfindung gewerbsmäßig
zu benutzen (§ 9 PatG). Patente werden erteilt für neue Erfindungen,
die eine gewerbliche Verwertung gestatten (§ 1 PatG). Nach dem
Europäischen Patentübereinkommen sind zwar Pflanzensorten und
biologische Verfahren zur Pflanzenzüchtung vom Patentschutz
grundsätzlich ausgeschlossen, doch können nach einer Entscheidung
des Europäischen Patentamts Pflanzensorten mittelbar Patentschutz
erfahren, wenn Gegenstand des Patentanspruchs ein Erzeugnis ist, das
nur für die Herstellung einer Pflanzensorte Bedeutung hat
(gentechnische Veränderung als sortenunabhängige Erfindung). Das
Recht auf das P. hat der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger (§ 6
PatG). Für das P. sind →Gebühren zu entrichten (§ 17 PatG). Der
Inhaber eines Patents kann sein Recht durch →Lizenzvertrag
übertragen (§ 15 PatG).
Lit.: Hubmann/Götting, Gewerblicher Rechtsschutz; Henn, G., Patent- und Know-howLizenzvertrag, 4. A. 1999; Däbritz, E., Patente, 2. A. 2001; Europäisches Patentübereinkommen,
hg. v. Kolle, G. u. a., 3. A. 1998; Schramm,C./Popp, E., Der Patentverletzungsprozess, 4. A. 1999;
Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente, hg. v. Europäischen Patentamt, 10. A.
2000; Europäisches Patentübereinkommen, hg. v. Singer, M. u. a., 2. A. 2000; Schickedanz, W., Die
Formulierung von Patentansprüchen, 2000; Rebel, Gewerbliche Schutzrechte, 3. A. 2001;
Bartenbach/Gennen, Patentlizenz- und Know-how-Vertrag, 5. A. 2001; Pitz, J.,
Patentverletzungsverfahren, 2003
Patentamt ist die für die Erteilung von →Patenten zuständige obere
→Bundesbehörde (in München, 1. 11. 1998 Deutsches Patent- und
Markenamt) (§ 26 PatG).
Patentanwalt ist der berufsmäßige Berater in Patentangelegenheiten.
Voraussetzung für die Zulassung als P. sind eine technischnaturwissenschaftliche Hochschulausbildung, eine praktische
Vorbereitungszeit und eine juristische Prüfung vor einer Kommission
(§§ 5ff. Patentanwaltsordnung vom 7. 9. 1966). Der P. steht
weitgehend einem →Rechtsanwalt gleich.
Lit.: Feuerich, W., Patentanwaltsordnung, 1997
Patentgericht →Bundespatentgericht (§ 65 PatG)
Patentgesetz ist das das →Patent betreffende →Gesetz.
Lit.: Schulte, R., Patentgesetz, 6. A. 2001; Mes, P., Patentgesetz,
Gebrauchsmustergesetz, 1998; Busse, R., Patentgesetz, 6. A. 2003
Patentrecht ist objektiv die Gesamtheit der ein →Patent betreffenden
Rechtssätze und subjektiv das Recht auf oder aus einem Patent.
Lit.: Patent- und Musterrecht, 6. A. 2002; Bernhardt, W./Kraßer, R., Lehrbuch des Patentrechts, 5.
A. 2001; Europäisches Patentübereinkommen, hg. v. Singer, M. u. a., 2. A. 2000; Ilzhöfer, V.,
Patentrecht, Markenrecht und Urheberrecht, 5. A. 2002; Brandi-Dohrn, M. u. a., Europäisches und
internationales Patentrecht, 5. A. 2002; Durchführungsvorschriften zum europäischen
Patentübereinkommen, hg. v. Schumacher, E., 1998; Osterrieth, C., Patentrecht, 2000; Dybdahl, L.,
Europäisches Patentrecht, 2000; Schade, J., Patent-Tabelle, 8. A. 2001; Benkard, Europäisches
Patentübereinkommen, 2002
pater (M.) familias (lat.) Hausvater
Patient (M.) Leidender, Kranker im Krankenhaus
Lit.: Göben, J., Das Mitverschulden des Patienten, 1998; Francke,
R./Hart, D., Charta der Patientenrechte, 1999; Bollweg, H./Brahms,
K., Patientenrechte, NJW 2003, 1505; Putz, W./Steidinger, B.,
Patientenrechte am Ende des Lebens, 2003
Patrimonialgerichtsbarkeit ist die aus der Grundherrschaft
entwickelte Gutsherrngerichtsbarkeit (bis 27. 1. 1877).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Patristik (F.) Literatur der Kirchenväter
Patrizier (M.) ist der Angehörige der römischen sowie der
mittelalterlich-städtischen Oberschicht.
Patron (M.) Schutzherr
Patronat ist im →Kirchenrecht die Gesamtheit der Rechte und
Pflichten des Schutzherrn (→Patrons) einer meist auf dessen Grund
und Boden gebauten Kirche (Eigenkirche) in Bezug auf diese (z. B.
Besetzungsvorschlagsrecht, Kirchenbaulast).
Lit.: Lindner, D., Baulasten an kirchlichen Gebäuden, 1995
Peculium (lat. [N.] Sondergut) ist im römischen Recht das besondere
Gut, mit dem Gewaltunterworfene (z. B. Haussohn) rechtstatsächlich
wirtschaften können.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
peinlich (Adj.) Strafen betreffend (zu lat. poena [F.] Strafe)
Peinliche Gerichtsordnung Karls V. (1532) →Constitutio
Criminalis Carolina
Peregriner (M.) Fremder
peremptorisch (Adj.) zerstörend
peremptorische Einrede →Einrede, peremptorische
Perpetuatio (F.) fori ([lat.] Fortdauer [der Zuständigkeit] des
→Gerichts [bei – der Rechtshängigkeit nachfolgenden –
Veränderungen]) ist der allgemeine Grundsatz des Verfahrensrechts
(z. B. § 261 III ZPO), dass die Rechtshängigkeit durch eine
nachträgliche Veränderung der die Zuständigkeit begründenden
Umstände nicht berührt wird.
Person ist, wer Träger von →Rechten und →Pflichten sein kann
(→Rechtssubjekt, →Rechtsfähigkeit). Natürliche P. ist der Mensch
und zwar von der Vollendung seiner →Geburt bis zu seinem →Tod.
Juristische (früher moralische) P. ist die rechtlich geregelte soziale
Organisation (Zusammenfassung von Menschen oder Sachen), der die
geltende Rechtsordnung eine eigene allgemeine →Rechtsfähigkeit
zuerkennt, so dass sie unabhängig von ihrem Mitgliederbestand selbst
Träger von Rechten und Pflichten ist. Sie ist im geltenden Recht
streng zu trennen von der →Gesamthand, die (noch) keine juristische
P. ist. Juristische P. des Privatrechts (§§ 21ff. BGB) sind
(rechtsfähiger) →Verein (z. B. auch Aktiengesellschaft) und
(privatrechtliche) →Stiftung, juristische P. des öffentlichen Rechts
sind →Körperschaft (z. B. →Staat unter Einschluss seiner als
→Fiskus bezeichneten privatrechtlichen Erscheinungsform,
Universität, Gemeinde, Kreis, Handwerkskammer,
Sozialversicherungsträger), (öffentlich-rechtliche) →Stiftung (z. B.
Stiftung Preußischer Kulturbesitz) und rechtsfähige →Anstalt (z. B.
Rundfunkanstalt, Bundesbank, Kreissparkasse) (vgl. § 89 BGB),
wobei entscheidend ist, in welchem Rechtsgebiet die Rechtsfähigkeit
der juristischen Person ihren Ursprung hat. Für die juristische P. gilt
ein besonderes Organisationsrecht. Im Übrigen steht die juristische P.
der natürlichen P., soweit dies sinnvoll ist, gleich.
Arbeitnehmerähnliche P. ist der in →Heimarbeit Beschäftigte, der
ihm Gleichgestellte sowie bestimmte wenig verdienende selbständige
→Handelsvertreter. Sie sind keine →Arbeitnehmer, werden diesen
aber wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit in bestimmten
Beziehungen gleichgestellt.
Lit.: Rittner, F., Die werdende juristische Person, 1973; Wachter, G., Wesensmerkmale der
arbeitnehmerähnlichen Person, 1980; Frotscher, W., Begriff und Rechtsstellung der juristischen
Person des öffentlichen Rechts, JuS 1997, L 49; Kleindiek, D., Deliktshaftung und juristische
Person, 1997; Riede, J., Die Person der Zeitgeschichte, 2000
persona (lat.) [F.] Person
persona (F.) ingrata (lat.) unerwünschte Person
persona (F.) non grata (lat.) unerwünschte Person
Personal ist die Gesamtheit der Bediensteten einer Einrichtung.
Lit.: Küttner, W., Personalbuch - Arbeitsrecht, Lohnsteuerrecht, Sozialversicherungsrecht, 11. A.
2004; Beck’sches Personalhandbuch (Lbl.), Bd. 1f. z. T. 5. A. 2000; Scholz, C.,
Personalmanagement, 5. A. 2000; Jahreshandbuch Personal 2002, hg. v. Straub, D., 3. A. 2002;
Becker, F., Lexikon des Personalmanagements, 2. A. 2002; Mauer, R., Personaleinsatz im Ausland,
2003
Personalakte (§§ 56 BRRG, 83 BetrVG) ist die über einen
Bediensteten, insbesondere einen →Beamten, angelegte →Akte, in
die der Betroffene ein Recht auf Einsicht hat.
Lit.: Kathke, L., Personalaktenrecht, 1994; Bergauer, H., Führung von Personalakten, 1996;
Kessler, K., Personalaktenrecht, 1997
Personalausweis (§§ 1ff. PersAuswG) ist die zum →Ausweis eines
Menschen bestimmte öffentliche →Urkunde. Jeder Mensch im
Bundesgebiet, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, ist grundsätzlich
verpflichtet, einen P. zu besitzen und ihn auf Verlangen einer zur
Prüfung der Personalien ermächtigten →Behörde vorzulegen, soweit
er sich nicht durch Vorlage eines gültigen →Passes ausweisen kann.
Wer sich keinen P. ausstellen lässt, begeht eine mit →Bußgeld
bewehrte →Ordnungswidrigkeit.
Lit.: Medert, K./Süßmuth, W., Pass- und Personalausweisrecht, 3. A. 2001
Personal Computer (PC) ist das zum persönlichen Gebrauch
bestimmte Rechengerät der elektronischen Datenverarbeitung.
Lit.: Müller, N./Schallbruch, M., PC-Ratgeber für Juristen, 2. A. 1999; Gardener/Novak, PC
aufrüsten, 3. A. 2003
Personalfirma ist die aus dem Namen des →Kaufmanns oder eines
oder mehrerer →Gesellschafter gebildete →Firma im Gegensatz zur
Sachfirma.
Personalfolium (Personenblatt) (§ 4 GBO) ist das über mehrere
→Grundstücke desselben →Eigentümers, deren →Grundbücher von
demselben →Grundbuchamt geführt werden, geführte
gemeinschaftliche Grundbuchblatt, das als Ausnahme vom
→Realfolienprinzip zulässig ist, solange hiervon Verwirrung nicht zu
besorgen ist.
Personalhoheit ist die →Hoheitsgewalt des →Staats über seine
→Staatsangehörigen und die Befugnis des →Dienstherrn (Staat,
Gemeinde), sich seine Bediensteten im Rahmen der Gesetze nach
freiem →Ermessen auszuwählen, sie einzustellen, zu befördern und
zu entlassen.
Lit.: Gmein, A., Die Personalhoheit der Gemeinden, Diss. jur. Bonn 1998
Personalinformationssystem ist das mit Hilfe der elektronischen
Datenverarbeitung aufgebaute System von Daten über persönliche
Verhältnisse, Eigenschaften oder Verhaltensweisen von
Arbeitnehmern.
Lit.: Schmeisser, W., Personalinformationssysteme & Personalcontrolling, 1999
Personalitätsprinzip ist der Grundsatz, die rechtlichen Verhältnisse
nicht nach einem Ort (→Territorialitätsprinzip), sondern nach einer
→Person bzw. nach persönlichen Verhältnissen zu bestimmen. Das P.
gilt an manchen Stellen des internationalen Privatrechts. Dort richten
sich z. B. die Regeln über die Rechtsfähigkeit einer Person nach deren
Heimatrecht (Art. 7 EGBGB).
Lit.:
Personalkörperschaft ist die →Körperschaft des öffentlichen
Rechts, bei der die Zugehörigkeit von einem persönlichen Tatbestand
abhängt (z. B. Ärztekammer, Rechtsanwaltskammer).
Personalkredit ist das →Darlehen (Kredit), das (nur) durch die
Person des Darlehensnehmers, →Bürgen oder →Mitschuldners
gesichert ist. Hierfür gilt je nachdem das Darlehensrecht,
Bürgschaftsrecht oder Schuldnermehrheitsrecht. Den Gegensatz zum
Gelöscht: Kegel/Schurig,
Internationales Privatrecht
P. bildet der Realkredit.
Lit.: Weber, H., Kreditsicherheiten, 7. A. 2002
Personalrat ist das geschäftsführende Organ im Rahmen der
→Personalvertretung. Der P. wird von den Bediensteten nach dem
Prinzip der Gruppenwahl (Aufteilung der Mitgliederzahl
entsprechend der jeweiligen Stärke der Gruppen der →Angestellten,
→Arbeiter und →Beamten, innerhalb jeder Gruppe besondere
→Verhältniswahl) gewählt. Er kann Beschwerden entgegennehmen
und ist teils mit Mitbestimmungsrechten (Zustimmung), teils mit
Mitwirkungsrechten (Aufklärung) an Entscheidungen im
Sozialbereich, Arbeitsschutz und in Personalangelegenheiten
beteiligt.
Lit.: Koberski, W. u. a., Personalratspraxis, 1996; Thannheiser, A., Rationalisierung und
Organisationsänderung, 1999
Personalstatut ist im internationalen Privatrecht die Gesamtheit der
eine Person als solche betreffenden Angelegenheiten (z. B.
Abstammung, Eheschließung), für die das deutsche internationale
Privatrecht an die Staatsangehörigkeit (etwa im Gegensatz zum
Wohnsitz) anknüpft.
Lit.:
Personalunion ([lat.] personalis unio [F.], 1776) ist die Verbindung
zweier →Staaten durch die Person desselben →Staatsoberhaupts
(z. B. England und Hannover 1714–1837).
Personalversammlung ist im öffentlichen Dienst die Versammlung
aller Bediensteten der Dienststelle. Sie ist ein Organ im Rahmen der
→Personalvertretung. Die ordentliche P., auf welcher der
→Personalrat seinen Tätigkeitsbericht zu erstatten hat, findet einmal
jährlich statt. Die außerordentliche P. kann zwischenzeitlich aus
besonderem Anlass einberufen werden.
Personalvertretung ist die Vertretung der →Beamten,
→Angestellten und →Arbeiter des öffentlichen →Diensts. Ihre
Errichtung bei jeder Dienststelle ist durch die
Personalvertretungsgesetze vorgeschrieben. Sie soll zur Verbesserung
der Arbeitsbedingungen und der menschlichen Beziehungen
beitragen. Ihre Organe sind →Personalversammlung und
→Personalrat.
Lit.: Schelter, K./Seiler, J., Bayerisches Personalvertretungsgesetz, 3. A. 2000; Ilbertz,
W./Widmaier, U., Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. A. 2004; Ilbertz, W.,
Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, 12. A. 2000; Altvater, L.,
Bundespersonalvertretungsgesetz, 3. A. 2000; Rieger, R., Bundespersonalvertretungsgesetz, 3. A.
2000
Personenbeförderungsrecht ist die Gesamtheit der die
Personenbeförderung betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Fromm, G./Fey, M./Sellmann K./Zuck H., Personalbeförderungsrecht, 3. A. 2002
Personengesellschaft ist die →Gesellschaft, bei der die persönliche
Beteiligung im Vordergrund steht und es nicht entscheidend auf die
Kapitalbeteiligung ankommt. Kennzeichen der P. sind (Fehlen der
→Rechtsfähigkeit,) →Selbstorganschaft, grundsätzliche
Unveräußerlichkeit der Anteile, persönliche →Haftung und Mitarbeit
der Gesellschafter. Personengesellschaften sind vor allem die
→Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die offene
Gelöscht: Kegel/Schurig,
Internationales Privatrecht
→Handelsgesellschaft und die →Kommanditgesellschaft. Die P. steht
im Gegensatz zur →Kapitalgesellschaft. Nach § 14 II BGB ist eine
rechtsfähige P. eine P., die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte
zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Lit.: Sudhoff, H., Personengesellschaften, 7. A. 1999; Beck’sches Handbuch der
Personengesellschaften, hg. v. Hoffmann, W./Müller, W., 2. A. 2002; Zimmermann, R., Die
Personengesellschaft im Steuerrecht, 6. A. 1998; Hallerbach, D., Die Personengesellschaft im
Einkommensteuerrecht, 1999; Behr, J., Die Vollstreckung in Personengesellschaften, NJW 2000,
1137; Altmeppen, H., Deliktshaftung in der Personengesellschaft, NJW 2003, 1553
Personenrecht ist die Gesamtheit der die Personen des Rechtslebens
betreffenden Rechtssätze. Im Privatrecht ist das P. – unvollständig –
im Allgemeinen Teil des →Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelt. Es
bildet den Gegensatz zum →Schuldrecht und zum →Sachenrecht. Es
gliedert sich in das Recht der natürlichen Personen und der
juristischen →Personen sowie der nicht rechtsfähigen
Personenmehrheiten (nichtrechtsfähiger →Verein, →Gesamthand).
Personenschaden ist der an Menschen (natürlichen Personen)
entstehende Schaden im Gegensatz zum Sachschaden oder auch zum
Vermögensschaden.
Lit.: Wussow/Küppersbusch, G., Ersatzansprüche bei Personenschaden, 8. A. 2004; Pardey, F.,
Berechnung von Personenschäden, 2000
Personensorge (§§ 1631ff. BGB) ist das →Recht und die →Pflicht
der →Eltern oder anderer Berechtigter, für die Person eines →Kindes
zu sorgen. Die P. ist ein Teil der elterlichen →Sorge. Sie umfasst das
Recht und die Pflicht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu
beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen sowie es zu
→vertreten. Weiter gehört dazu das Recht, die Herausgabe des
Kindes von jedem zu verlangen, der es dem Berechtigten
widerrechtlich vorenthält. Bei einem verheirateten Minderjährigen
beschränkt sich die P. auf die Vertretung in den persönlichen
Angelegenheiten (§ 1633 BGB).
Personenstand (§§ 1ff. PStG) ist das familienrechtliche, auf
Abstammung oder Rechtsakt beruhende Verhältnis eines Menschen
zu einem andern Menschen. Die Beurkundung des Personenstands
erfolgt durch den →Standesbeamten. Die Fälschung des
Personenstands ist strafbar (→Personenstandsfälschung).
Lit.: Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht mit Ehe- und Internationalem Privatrecht (Lbl.),
Personenstandswesen, 1997; Stuber, G., Personenstandswesen, 1999
Personenstandsbuch ist das (seit 13. 11. 1937) vom
→Standesbeamten über den →Personenstand geführte öffentliche
→Register. Es kann Familienbuch, Geburtenbuch, Heiratsbuch oder
Sterbebuch sein. Die Personenstandsbücher beweisen bei
ordnungsgemäßer Führung →Eheschließung, →Geburt und →Tod
(§ 60 PStG).
Personenstandsfälschung (§ 169 StGB) ist die →Fälschung des
→Personenstands. Der Täter schiebt entweder ein →Kind unter oder
gibt den Personenstand eines andern gegenüber einer zur Führung von
→Personenstandsbüchern oder zur Feststellung des Personenstands
zuständigen →Behörde falsch an oder unterdrückt ihn.
Lit.: Goeschen, A., Zur Strafbarkeit der Personenstandsfälschung, ZRP 1972, 108
Personenvereinigung ist die Verbindung mehrerer Personen zu einer
Einheit. In einem engeren Sinn sind damit offene Handelsgesellschaft,
Kommanditgesellschaft und nichtrechtsfähiger Verein gemeint. Nach
§§ 30, 88 OWiG kann gegen diese Personenvereinigungen eine
Geldbuße wegen einer Handlung eines Organs verhängt werden.
Personenversicherung (§ 1 VVG) ist die →Versicherung, bei der
nach dem Eintritt des →Versicherungsfalls der vereinbarte Betrag an
Kapital oder →Rente zu zahlen oder die sonst vereinbarte →Leistung
zu bewirken ist (z. B. →Lebensversicherung).
persönlich (Adj.) eine Person betreffend
persönliche Haftung →Haftung, persönliche
persönlicher Strafaufhebungsgrund →Strafaufhebungsgrund,
persönlicher
persönlicher Strafausschließungsgrund
→Strafausschließungsgrund, persönlicher
persönliches Erscheinen →Erscheinen, persönliches
Persönlichkeit ist die ausgeprägte Individualität eines Menschen.
Lit.: Van Hinden, M., Persönlichkeitsverletzungen im Internet, 1999; Funkel, T., Schutz der
Persönlichkeit durch Ersatz immaterieller Schäden in Geld, 2001; Persönlichkeitsgüterschutz vor
und nach dem Tode, hg. v. Beuthien, V., 2002
Persönlichkeitsrecht (vgl. Art. 2 I GG) ist das →Recht jedes
einzelnen Menschen auf Achtung seiner Würde und seines
Eigenwerts als individuelle →Persönlichkeit. Dieses allgemeine P. ist
im Gegensatz zu einzelnen besonderen und damit im Streitfall
vorrangigen Persönlichkeitsrechten (z. B. Recht am →Namen, Recht
am Bild, Gesundheit, Freiheit, Leben) nicht gesetzlich festgelegt. Es
wird aber in der Gegenwart aus Artt. 1, 2 GG entnommen. Es schützt
insbesondere die →Intimsphäre, die →Ehre und die
→Gewissensfreiheit. Seine Verletzung (z. B. durch Weitergabe
ärztlicher Bescheinigungen, heimliche Tonbandaufnahme,
Veröffentlichung eines Nacktfotos, Vorführung eines Strafgefangenen
in einem weiteren Strafverfahren in Häftlingskleidung, frei
erfundenes Interview, Bezeichnung einer bekannten Fernsehansagerin
als gemolkene und in ein zweitklassiges Tingeltangel auf der
Reeperbahn gehörige Ziege) begründet →Unterlassungsansprüche
(analog § 1004 BGB), Beseitigungsansprüche,
Bereicherungsansprüche, →Schadensersatzansprüche (§ 823 I BGB,
u. a. →Schmerzensgeld) und Gegendarstellungsansprüche (z. B.
durch Widerruf auf der Titelseite) sowie Beweisverwertungsverbote
(z. B. Verbot der Verwertung der Vernehmung eines Zeugen über ein
von ihm belauschtes Telefonat). Für die Höhe der Geldentschädigung
für eine Verletzung eines Persönlichkeitsrechts sind die Genugtuung
des Opfers [zw.] und die Abschreckung des Täters bedeutsam. Die
Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bilden die Rechte
anderer, die verfassungsmäßige →Ordnung und das →Sittengesetz.
Danach gewährt das allgemeine P. Straftätern keinen Anspruch
darauf, nicht durch einen Fernsehfilm unter verändertem Namen ihrer
Tat gegenübergestellt zu werden. Es befreit nicht von der
Zwangsmitgliedschaft in einer verfassten Studentenschaft. Es
verhindert nicht die Verbreitung einer Gedenkmünze für einen
Menschen der Zeitgeschichte. Es berechtigt zum Rauchen einer
Zigarre auf dem eigenen Balkon eines Mehrfamilienhauses. Nach
dem Tod eines Menschen steht die wirtschaftliche Verwertung des
(postmortalen) Persönlichkeitsrechts den Erben auf die Dauer von
zehn Jahren zu (Unterlassungsansprüche, Schadensersatzansprüche
usw.).
Lit.: Götting, H., Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, 1995; Recht der Persönlichkeit, hg. v.
Erichsen, H. u. a., 1996; Ehmann, H., Zur Struktur des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, JuS
1997, 193; Baston-Vogt, M., Der sachliche Schutzbereich, 1997 (Diss.); Gleichauf, J., Das
postmortale Persönlichkeitsrecht, 1999; Pfeifer, K., Individualität im Zivilrecht, 2001; Frommeyer,
I., Persönlichkeitsschutz nach dem Tode, JuS 2002, 13; Pabst, H., Der postmortale
Persönlichkeitsschutz, NJW 2002, 999; Gounalakis, G./Rhode, L., Persönlichkeitsschutz im
Internet, 2002; Lilienfeld-Toal, R. v., Das allgemeine Persönlichkietsrecht juristischer Personen des
Zivilrechts, 2003
Petition (Art. 17 GG) ist das Fordern oder Erwarten einer bestimmten
Handlung der zuständigen Stelle bzw. der Volksvertretung durch den
Einzelnen. Dazu hat jedermann einzeln oder in Gemeinschaft das
→Recht (→Petitionsrecht).
Petition (N.) of Rights (engl.) ist in der Rechtsgeschichte ein
englisches Verfassungsgrundgesetz (1628), das →Steuern von der
Zustimmung des →Parlaments und Verhaftung von gesetzlichen
Voraussetzungen abhängig macht.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Petitionsausschuss ist der für die Entgegennahme und Behandlung
einer →Petition zuständige →Ausschuss des →Parlaments.
Lit.: Hamers, A., Der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments, 1999
Petitionsrecht (Art. 17 GG) ist objektiv die Gesamtheit der
Petitionen betreffenden Rechtssätze und subjektiv das jedermann
zustehende →Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit andern
schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen
und an die Volksvertretung zu wenden. Dieses Recht darf durch den
→Staat nicht beeinträchtigt werden. Darüber hinaus sind die
staatlichen Stellen verpflichtet, die →Petitionen entgegenzunehmen,
sachlich zu prüfen und zu beantworten. Unterlassen sie dies, so ist
→Leistungsklage auf formelle Aufnahme, Prüfung und
Verbescheidung, nicht aber auf Vornahme einer sachlichen Handlung
möglich.
Lit.: Meese, J., Das Petititonsrecht beim Europäischen Parlament, 2000
petitio (F.) principii (lat.) Beanspruchen eines (unbeweisbaren)
Grundsatzes (für eine Beweisführung)
petitorisch (Adj.) begehrend
petitorischer Anspruch →Anspruch, petitorischer
Pfand (§ 1204 BGB) ist die der Sicherung eines →Anspruchs
dienende (bewegliche) →Sache bzw. das an ihr bestehende →Recht.
Das Pfand kann grundsätzlich beim Pfandschuldner (besitzloses P.)
bleiben oder in den Besitz des Pfandgläubigers übergehen
(Besitzpfand, →Faustpfand), sich auf die Sache beschränken
(→Substanzpfand) oder auch die Nutzungen umfassen
(→Nutzungspfand) sowie durch →Verkauf (Verkaufspfand) oder
→Verfall (Verfallpfand) verwertet werden.
Lit.: Damrau, J., Pfandleihverordnung, 1990
pfändbar (Adj.) der →Pfändung unterworfen (z. B. vereinbarter
Dispositionskredit, nicht Duldung bloßer Überziehung)
Lit.: Röder, H., ABC der pfändbaren und unpfändbaren Sachen (Lbl.),
2000
Pfandbrief (Hypothekenpfandbrief) ist die festverzinsliche
unkündbare →Schuldverschreibung eines Kreditinstituts
(Pfandbriefanstalt), durch deren Ausgabe dieses sich Mittel
verschafft, die es unter →hypothekarischer Sicherung als →Darlehen
ausgibt. Der P. verbrieft eine →Forderung gegen das Kreditinstitut.
Er ist →Wertpapier.
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Pfandbriefanstalt →Pfandbrief
Pfandgläubiger (§ 1204 BGB) ist der Inhaber (Gläubiger) eines
→Pfandrechts an einer (beweglichen) →Sache.
Pfandkehr (§ 289 StGB) ist die →Wegnahme einer eigenen
beweglichen →Sache (oder einer fremden beweglichen Sache
zugunsten des Eigentümers derselben) vom Nutznießer,
→Pfandgläubiger oder dem, welchem an der Sache ein
Gebrauchsrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, in
rechtswidriger Absicht. P. wird (auf Antrag) mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.
Lit.: Schöne, W., Das Vereiteln von Gläubigerrechten, JZ 1973, 446
Pfandleiher ist der gewerbsmäßig durch →Pfandrecht an
beweglichen Sachen gesicherte →Darlehen gewährende Gläubiger.
Der P. bedarf einer verwaltungsrechtlichen Erlaubnis (§ 34 GewO).
Pfandrecht ist das zur Sicherung einer →Forderung (z. B.
Rückzahlung eines Darlehens) bestimmte dingliche →Recht an einem
fremden Gegenstand, kraft dessen der Gläubiger berechtigt ist, sich
aus dem belasteten Gegenstand (vorzugsweise) zu befriedigen. Das P.
ist ein beschränktes dingliches Recht. Es kann gesetzliches P. (z. B.
§ 562 BGB Vermieter, § 647 Werkunternehmer) sein oder
vertragliches (rechtsgeschäftliches) P. Es kann sich auf eine
bewegliche →Sache (P. im eigentlichen Sinn), auf ein →Recht
(§§ 1273ff. BGB) oder uneigentlich auf ein →Grundstück beziehen
(→Grundpfandrecht, d. h. →Hypothek, →Grundschuld). Das
vertragliche P. an beweglichen Sachen ist in den §§ 1204ff. BGB
geregelt. Es entsteht durch →Einigung über das P. und →Übergabe
der Sache an den Pfandgläubiger (→Faustpfand) (§ 1205 BGB),
eventuell →gutgläubig bei Einigung mit dem →Nichtberechtigten
(§ 1207 BGB). Es hängt vom Bestand der betreffenden Forderung ab
(→Akzessorietät, § 1252 BGB, erlischt also mit Tilgung der Schuld).
Die Befriedigung des Pfandgläubigers erfolgt, sofern der
Pfandschuldner die gesicherte Forderung nicht rechtzeitig tilgt, bei
→Fälligkeit (Pfandreife) durch →Verkauf (§§ 1228ff. BGB).
Rechtstatsächlich ist das gesetzlich geregelte vertragliche P. in
erheblichem Umfang durch die gesetzlich nicht geregelte
→Sicherungsübereignung verdrängt. Auf das kraft Gesetzes
entstandene P. (also nicht auf die Entstehung des gesetzlichen
Pfandrechts selbst) finden die Regeln über das rechtsgeschäftliche P.
Anwendung. Für das P. an Rechten gelten die besonderen
Vorschriften der §§ 1273ff. BGB (u. a. Erforderlichkeit der Anzeige
an den Drittschuldner, Befriedigung durch Einziehung der
Forderung).
Pfandreife →Pfand
Pfandsiegel (§ 808 II ZPO) ist das Kennzeichen (Siegel, Marke), das
der →Gerichtsvollzieher bei der Beschlagnahme (→Pfändung) zu
deren Kenntlichmachung an der betroffenen →Sache anbringt.
Pfändung (§§ 803ff. ZPO) ist die grundsätzlich dem →Staat
vorbehaltene →Beschlagnahme eines Gegenstands zwecks Sicherung
oder Befriedigung eines →Gläubigers wegen einer →Geldforderung.
Die P. ist →Zwangsvollstreckung in das bewegliche →Vermögen, so
dass deren Voraussetzungen vorliegen müssen. Sie hat eine
öffentlich-rechtliche →Verstrickung und ein →Pfändungspfandrecht
zur Folge. Sie geschieht bei beweglichen Sachen durch Inbesitznahme
durch den →Gerichtsvollzieher (§ 808 ZPO), bei Forderungen und
andern Rechten durch Pfändungsbeschluss (§§ 829, 857 ZPO), der
dem →Drittschuldner die →Leistung an seinen →Gläubiger
(Schuldner) und diesem die →Verfügung über das Recht verbietet.
Zahlt der Schuldner rechtzeitig seine Schuld, wird der gepfändete
Gegenstand von dem Pfändungspfandrecht frei. Die Verwertung der
gepfändeten Sachen erfolgt durch →Versteigerung (§ 814 ZPO), die
der Forderungen durch →Überweisung und Einziehung (§ 835 ZPO).
Lit.: Stöber, K., Forderungspfändung, 13. A. 2002; Ehlenz, H./Diefenbach, G., Pfändung in
Bankkonten und andere Vermögenswerte, 5. A. 1999; Mössle, K., Internationale
Forderungspfändung, 1991 (Diss.); Winterstein, B., Das Pfändungsverfahren des
Gerichtsvollziehers, 1994; Diepold, H./Hintzen, U., Musteranträge für Pfändung und Überweisung,
7. A. 2002
Pfändungsbeschluss (§§ 829, 857 ZPO) ist der →Beschluss des
→Vollstreckungsgerichts zwecks →Pfändung einer Forderung oder
eines sonstigen Rechts. Mit der Zustellung eines
Pfändungsbeschlusses an einen Gesamtschuldner wird in der Regel
nur die gegen ihn gerichtete Forderung gepfändet.
Lit.: Hadatsch, G./Wagner, K., Die Bearbeitung von Pfändungsbeschluss und
Drittschuldnererklärung, 6. A. 2000
Pfändungspfandrecht (§ 804 ZPO) ist das durch die →Pfändung für
den →Gläubiger entstehende →Pfandrecht an dem gepfändeten
Gegenstand. Es ist kein Pfandrecht i. S. der §§ 1204ff. BGB, sondern
ein öffentlich-rechtliches, nichtakzessorisches →Recht (str.). Es
entsteht allein auf Grund der →Verstrickung.
Lit.: Lipp, M., Das Pfändungspfandrecht, JuS 1988, 119
Pfändungsschutz (§§ 850ff. ZPO) ist der aus sozialen Gründen
geschaffene gänzliche oder teilweise Schutz eines →Schuldners vor
→Pfändung. Bestimmte Gegenstände sind →unpfändbar (§§ 811ff.
ZPO z. B. die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt
dienenden Sachen, Studienbeihilfen, Fernsehgerät [trotz Besitzes
eines Radiogeräts]), andere nur in bestimmtem Umfang pfändbar
(Arbeitseinkommen § 850c ZPO z. B. [2002] 930 Euro monatlich,
217,50 Euro wöchentlich, 43,50 Euro täglich, im Zweijahresabstand
angepasst).
Lit.: Lippross, O., Grundlagen und System des Vollstreckungsschutzes, 1983
Pflanzenschutz ist der Schutz von Pflanzen vor Schadorganismen
und andern schädlichen Einwirkungen (durch das
Pflanzenschutzgesetz vom 25. 9. 1986).
Lit.: Lorz, A., Pflanzenschutzrecht, 1989
Pflegekind (§ 44 SGB VIII) ist dauernd oder nur für einen Teil des
Tags, jedoch regelmäßig, außerhalb des Elternhauses in
Familienpflege (ausgenommen Internat, Arbeitgeber, Verwandte)
befindliche Kind. Die Aufnahme eines Pflegekindes, der in der Regel
ein Pflegevertrag zugrundeliegt, bedarf grundsätzlich einer
→Erlaubnis des →Jugendamts. Das P. unterliegt der →Aufsicht des
Jugendamts.
Pfleger →Pflegschaft
Pflegerecht ist die Gesamtheit der Pflegschaft und
Pflegeversicherung betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Rossbruch, R., Handbuch des Pflegerechts (Lbl.), 1996
Pflegeversicherung ist die durch Buch XI des Sozialgesetzbuchs
(Pflegeversicherungsgesetz vom 22. 4. 1994) zum 1. 1. 1995
eingerichtete, den Fall der Pflegebedürftigkeit (1996 rund 2
Millionen) betreffende Art der →Sozialversicherung.
Lit.: Soziale Pflegeversicherung, 5. A. 2003; Soziale Krankenversicherung. Pflegeversicherung
(Lbl.), hg. v. Krauskopf, D., 45. A. 2003; Udsching, P., SGB XI - Soziale Pflegeversicherung, 2. A.
2000; Handbuch des Sozialversicherungsrechts, hg. v. Schulin, B., Bd. 4 1997; Soziale
Pflegeversicherung, hg. v. Klie, T./Krahmer, U., 2. A. 2003
Pflegschaft (§§ 1909ff. BGB) ist das durch das
→Vormundschaftsgericht bzw. das Nachlassgericht zu begründende
Fürsorgeverhältnis eines Menschen (Pfleger) für einen andern
(Pflegebefohlener) zur Besorgung einer besonderen Angelegenheit.
Die P. berechtigt den Pfleger zum Handeln nur innerhalb der ihm
bestimmten Grenzen und lässt die →Geschäftsfähigkeit des
Pflegebefohlenen an sich unberührt. Sie kann Ergänzungspflegschaft,
Abwesenheitspflegschaft, Nachlasspflegschaft, sowie P. für eine
→Leibesfrucht, für unbekannte Beteiligte und für Sammelvermögen
sein. Auf die P. finden grundsätzlich die Vorschriften über die
→Vormundschaft Anwendung.
Lit.: Vormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft für Minderjährige, hg. v. Oberloskamp, H.,
2. A. 1998; Sonnenfeld, S., Betreuungs- und Pflegschaftsrecht, 2. A. 2001; Bienwald, W.,
Verfahrenspflegschaft, 2002
Pflicht ist die Anforderung eines bestimmten Verhaltens. Die P. ist
das Gegenstück zu einem →Recht. Der Berechtigung der einen Seite
steht eine P. oder →Verpflichtung der Gegenseite gegenüber. Im
Einzelnen kann die P. sehr verschiedene Sachverhalte betreffen (z. B.
Steuerpflicht, →Wehrpflicht, Genehmigungspflicht,
→Unterhaltspflicht, Unterlassungspflicht). Öffentlich-rechtliche P.
des Bürgers ist die Kehrseite der von der Gemeinschaft an die
→Verwaltung gegebenen Ermächtigung, einen →Bürger zu belasten.
Lit.: Schreiber, H., Der Begriff der Rechtspflicht, 1966
Pflichtenkollision ist das Herantreten mehrerer rechtlich begründeter
Handlungspflichten an einen Menschen in der Weise, dass dieser die
eine nur auf Kosten der andern erfüllen kann, also zur Erfüllung der
einen die andere notwendigerweise verletzen muss. In einer solchen
P. handelt der Täter im Strafrecht nicht →rechtswidrig, wenn er bei
rangverschiedenen Pflichten die höherrangige Pflicht erfüllt und die
andere verletzt. Bei gleichrangigen Pflichten entfällt bei Erfüllung der
einen Pflicht und gleichzeitiger Verletzung der andern Pflicht die
→Schuld.
Lit.: Küper, W., Grund- und Grenzfragen der rechtfertigenden Pflichtenkollision im Strafrecht, 1979
Pflichtenverhältnis →Gewaltverhältnis
Pflichtexemplar ist das auf Grund einer gesetzlichen oder sonstigen
→Verpflichtung (unentgeltlich) abzuliefernde Exemplar einer
Druckschrift (z. B. P. für die Deutsche Bibliothek in Frankfurt oder je
nach Promotionsordnung bis zu 200 Pflichtexemplare bei
Dissertationen). Die Ablieferung der Pflichtexemplare kann
Voraussetzung für das Recht zum Führen des Doktortitels sein. Hat
ein Doktorand Pflichtexemplare an seine Fakultät abgeliefert, hat er
sein Verbreitungsrecht erschöpft und kann nicht mehr Herausgabe
verlangen.
Lit.: Rehbinder, Urheberrecht
Pflichtteil (§ 2303 BGB) ist die unentziehbare Mindestberechtigung
naher, zumindest teilweise enterbter →Angehöriger am →Nachlass
eines →Erblassers (Noterbrecht). Der P. steht den durch →Verfügung
von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossenen
→Abkömmlingen, →Eltern und →Ehegatten des →Erblassers
gegenüber dem →Erben zu. Er besteht in der Hälfte des Werts des
gesetzlichen →Erbteils. Er ist (nur) ein schuldrechtlicher
Geldanspruch (, kein dingliches Recht an Nachlassgegenständen).
Unter engen Voraussetzungen kann der Pflichtteil entzogen werden
(§§ 2333ff. BGB). Hinsichtlich des Ehegatten wird zwischen großem
P. und kleinem P. unterschieden. Der pflichtteilsberechtigte Ehegatte,
der mit dem Erblasser im gesetzlichen Güterstand der
→Zugewinngemeinschaft lebte, erhält, wenn er am Nachlass als Erbe
oder Vermächtnisnehmer beteiligt ist, seinen P. nach dem gemäß
§ 1371 I BGB zugewinnausgleichsmäßig erhöhten gesetzlichen
Erbteil (großer P.), der andere Ehegatte nach dem gemäß § 1931 BGB
berechneten, nicht erhöhten Erbteil (kleiner P., bei dem der
Zugewinnausgleich anderweitig erfolgt) (§ 1371 II BGB).
Lit.: Klingelhöffer, H., Pflichtteilsrecht, 2. A. 2003; Kasper, M., Anrechnung und Ausgleichung im
Pflichtteilsrecht, 1999; Kerscher, K./Riedel, C./Lenz, N., Pflichtteilsrecht in der anwaltlichen Praxis,
3. A. 2002; Gottwald, U., Pflichtteilsrecht, 2000; Otte, G., Das Pflichtteilsrecht, AcP 202 (2002),
317; Herzog, S., Die Pflichtteilsentziehung, 2003
Pflichtteilsberechtigter ist der einen Anspruch auf einen
→Pflichtteil habende Mensch.
Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) ist der →Anspruch
des →Pflichtteilsberechtigten gegen den →Erben auf Ergänzung des
→Pflichtteils, der sich ergibt, wenn der →Erblasser innerhalb der
letzten 10 Jahre vor dem →Erbfall einem Dritten eine →Schenkung
gemacht hat. Er beläuft sich auf den Betrag, um den sich der
Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem →Nachlass
hinzugerechnet wird. Der Beschenkte selbst haftet nur subsidiär
(§ 2329 BGB).
Lit.: Klittich, T., Rechtsnatur und Voraussetzungen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs, 2000
Pflichtteilsrestanspruch (§ 2305 BGB) ist der →Anspruch des
→Pflichtteilsberechtigten, dem ein →Erbteil hinterlassen ist, der
geringer als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ist, gegen den Erben
oder gegen die →Miterben auf den Wert des an der Hälfte fehlenden
Teils.
Lit.: Klingelhöffer, H., Pflichtteilsrecht, 1996
Pflichtverletzung ist die Verletzung einer Rechtspflicht einer Person,
insbesondere einer Rechtspflicht des Schuldners (Leistungspflicht
oder Nebenpflicht). Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem
Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger, sofern der Schuldner nicht –
was er im Streitfall grundsätzlich beweisen muss (anders § 619a BGB
zu Lasten der Arbeitgeber) - die P. nicht zu vertreten hat, Ersatz des
dadurch entstehenden Schadens verlangen (§ 280 I BGB).
Schadensersatz wegen Verzögerung kann er nur unter den
zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB verlangen (§ 280 II
BGB), Schadensersatz statt der Leistung nur unter den zusätzlichen
Voraussetzungen des § 281, des § 282 BGB oder des § 283 BGB (§
280 III BGB). Bei einem gegenseitigen Vertrag ist neben dem
Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB auch ein Rücktrittsrecht
gegeben.
Lit.: Reischl, K., Grundfälle zum neuen Schuldrecht, Jus 2003, 453
Pflichtversicherung ist die durch Rechtssatz zur →Pflicht erhobene
→Versicherung gegen ein Risiko. Eine Versicherungspflicht besteht
insbesondere für →Kraftfahrzeughalter (§ 1 PflVG), wobei nach § 3
PflVG der eventuelle Geschädigte hier sogar einen unmittelbaren
→Anspruch gegen den →Versicherer hat. Im
Sozialversicherungsrecht sind die →Krankenversicherung, die
→Rentenversicherung, die →Unfallversicherung, die
→Arbeitslosenversicherung und die →Pflegeversicherung in weitem
Umfang P.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Stiefel, E./Hofmann, E., Kraftfahrtversicherung,
17. A. 2000
Pflichtverteidiger (§ 141 StPO) ist der →Verteidiger, der einem
→Angeschuldigten, der noch keinen Verteidiger hat, im Fall der
notwendigen →Verteidigung vom →Vorsitzenden des zuständigen
→Gerichts bestellt wird. Der P. wird möglichst aus der Zahl der bei
einem Gericht des Gerichtsbezirks zugelassenen →Rechtsanwälte –
eventuell auch aus den →Referendaren – ausgewählt. Der
Rechtsanwalt muss grundsätzlich die Verteidigung übernehmen (§ 49
BRAO). Ein Rechtsanwalt, der Angeschuldigter eines Strafverfahrens
ist, wird durch die Bestellung eines Pflichtverteidigers als solche nicht
beschwert.
Plädoyer (N.) ist der zusammenfassende Vortrag eines
→Rechtsanwalts oder →Staatsanwalts in der gerichtlichen
→Verhandlung, insbesondere der Schlussvortrag im →Strafprozess
(§ 258 StPO).
Lit.: Kroiß, L., Revision und Plädoyer im Strafprozess, 2. A. 2001
Plagiat ([N.] [Menschen-]Diebstahl) ist die bewusste →Verletzung
eines →Urheberrechts durch Nachbildung unter dem Anschein der
erstmaligen Schöpfung eines Werks. Das P. begründet einen
→Unterlassungsanspruch und einen →Schadensersatzanspruch.
Lit.: Rehbinder, Urheberrecht
Plan ist das gedankliche Vorhaben oder der Entwurf eines
Vorhabens.
Lit.: Hildebrandt, B., Der Planergänzungsanspruch, 1999; Busse, J./Grziwotz, H., Der Vorhabenund Erschließungsplan, 1999
Planfeststellung ist die verbindliche, durch →Verwaltungsakt
vollzogene, gestaltende Feststellung eines durchzuführenden
Vorhabens (z. B. Straßenbau). Sie erfolgt im
Planfeststellungsverfahren, das in der Regel mit der Aufstellung und
Bekanntgabe eines vorläufigen →Plans beginnt (z. B. § 72 VwVfG,
§ 9b AtG). Dem folgt die Erörterung der hiergegen erhobenen
→Einwendungen der Beteiligten (§ 73 VwVfG). Soweit eine
Einigung nicht erzielt wird, entscheidet die Behörde über die
Einwendungen und stellt den (berichtigten) Plan durch
Planfeststellungsbeschluss endgültig fest (z. B. § 74 VwVfG). Durch
die P. wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der
notwendigen Folgemaßnahmen an andern Anlagen im Hinblick auf
alle von ihm berührten öffentlichen →Belange festgestellt.
Lit.: Stüer, B./Probstfeld, W., Die Planfeststellung, 2002
Planfeststellungsbeschluss →Planfeststellung
Plangewährleistungsanspruch ist der →Anspruch auf künftige
Einhaltung eines ordnungsgemäß zustande kommenden →Plans (z. B.
→Bebauungsplan). Ein allgemeiner P. besteht nicht, weil er die
Veränderung von Plänen grundsätzlich ausschließen würde. Ein P. ist
aber bei besonders schutzwürdigem Vertrauen auf den Fortbestand
einer konkreten Rechtslage möglich. Er kann dann auch einen
Anspruch auf Ersatz von im Vertrauen auf den Plan vorgenommenen
Aufwendungen begründen.
Lit.: Oldiges, M., Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, 1970; Schwerdtfeger, A.,
Vertrauensschutz und Plangewährleistung im Subventionsrecht, 1993
Planstelle ist die im →Haushaltsplan enthaltene Stelle eines
Bediensteten des öffentlichen Rechts.
Planung ist die Vorbereitung eines Vorhabens (→Plans) oder
Aufstellung eines Ziels (z. B. Landesplanung, Raumplanung), die Teil
der Gesetzgebung (Legalplanung) oder der Ausführung sein kann.
Lit.: Ronellenfitsch, M., Planungsrecht, 1986; Fürst, D./Ritter, E., Landesentwicklungsplanung und
Regionalplanung, 2. A. 1993; Eckert, L. Die Beschleunigung von Planungs- und
Genehmigungsverfahren, 1997; Planung, hg. v. Erbguth, W. u. a., 2000; Steinberg, R./Berg,
T./Wickel, M., Fachplanung, 3. A. 2000
Planwirtschaft ist die nach einem staatlichen Gesamtwirtschaftsplan
ablaufende →Wirtschaft. In ihr werden von staatlichen
Planungsinstanzen die wesentlichen wirtschaftlichen Entscheidungen
getroffen. Sie ersetzt den freien Austausch durch die festgelegte
Zuteilung. Die P. steht im Gegensatz zur →Marktwirtschaft. Sie galt
(bis etwa 1990) als zentrale P. insbesondere in den sozialistischen
Staaten Osteuropas.
Platzgeschäft ist das an einem gemeinsamen Ort (Gemeinde)
zwischen →Gläubiger und →Schuldner abgewickelte →Geschäft.
Für dieses würde nach dem Wortlaut des § 447 BGB die besondere
Gefahrtragungsregelung des →Versendungskaufs nicht gelten. Diese
muss aber nach ihrem Sinn und Zweck auch auf das P. angewandt
werden.
Plebejer (M.) Angehöriger der römischen Unterschicht
plebiszitär (Adj.) durch Volksentscheid bestimmt
plebiszitäre Demokratie →Demokratie, plebiszitäre
Plenum (lat. [N.]) Volles, Vollversammlung
Pluralismus ist die Lehre, die eine Vielheit von Elementen oder
Grundsätzen annimmt. Im Verfassungsrecht ist P. die Lehre, dass in
der Gesellschaft eine Vielzahl von Machtgruppen und
Interessengruppen miteinander konkurrieren darf und soll.
Lit.: Bast, J., Totalitärer Pluralismus, 1999
Plutokratie (griech. [F.]) Herrschaft der Reichen
Pogrom (russ. [N.]) mit Plünderungen und Morden verbundene
Judenverfolgung
Polen ist der von Deutschland, Russland, Litauen, Weißrussland,
Ukraine, Slowakei und Tschechien begrenzte, osteuropäische,
1945/90 zu Lasten Deutschlands von Osten nach Westen verlagerte
Staat (mit rund 40 Millionen Einwohnern).
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Polskie Ustawy (Polnische Gesetze) (Lbl.), 5. A. 1998; Gralla,
E., Gesellschaftsrecht in Polen, 1994; Polnische Wirtschaftsgesetze, hg. v. Gralla, E./Lane, A., 5. A.
2001; Kilian, A., Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, Teil 1 Polnisch-deutsch 2000,
Teil 2 Deutsch-polnisch 1996; Sieg, R./Prujszczyk, M., Arbeitsrecht in Polen, 2. A. 2002; Weyde,
D., Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Polen, 1997; Mindach, P., Polen,
Grundstücksrecht, 1997; Mindach, C., Polen - Rechtstipps für Exporteure, 2. A. 1997; Das
polnische Strafgesetzbuch vom 6. 6. 1997, übers. v. Weigend, E., 1998; Bingen, D., Die Republik
Polen, 2. A. 1999; Köbler, G., Rechtspolnisch, 2001; Polens Rechtsstaat am Vorabend des EUBeitritts, hg. v. Classen, C. u. a., 2004
Police [F.] →Versicherungsschein
Politik (F.) Gemeinschaftsgestaltungsverhalten
Lit.: Hennis, W., Politikwissenschaft, 2000; Kleines Lexikon der Politik, hg. v. Nohlen, D., 2001;
Drechsler, H./Hilligen, W./Neumann, F., Gesellschaft und Staat – Lexikon der Politik, 10. A. 2004
politisch (Adj.) den Staat betreffend
politische Verdächtigung →Verdächtigung, politische
Polizei (zu griech. politeia [F.] Staat) ist im materiellen (klassischen)
Sinn die Gesamtheit der auf →Abwehr von →Gefahren und
→Beseitigung von →Störungen der öffentlichen →Sicherheit und
→Ordnung gerichteten Staatstätigkeiten (z. B. auch Baupolizei), im
institutionellen Sinn nur die Gesamtheit der durch die im
Vollzugsdienst beschäftigten Dienstkräfte ausgeführten
Staatstätigkeiten bzw. die Gesamtheit der im Vollzugsdienst
beschäftigten Dienstkräfte. Der Polizeibegriff wird in den einzelnen
Ländern verschieden verwandt. In der Regel ist die P. staatlich
(Landespolizei), nicht kommunal.
Lit.: Götz, Polizeirecht; Zusammenarbeit der Polizei- und Justizverwaltungen in Europa, hg. v.
Hailbronner, K., 1996; Wörterbuch der Polizei, hg. v. Möllers, M., 2001
polizeilich (Adj.) die →Polizei betreffend
polizeiliche Generalklausel →Generalklausel, polizeiliche
Polizeiordnung ist die in der frühen Neuzeit zur guten Polizei (d. h.
zur guten Ordnung des Gemeinwesens) erlassene Anordnung des
Landesherrn.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit,
hg. v. Härter, K. u. a., Bd. 1ff. 1996ff.
Polizeipflichtigkeit →Störer
Polizeirecht ist die Gesamtheit der die Aufgaben, Befugnisse und
Organisation der →Polizei betreffenden Rechtssätze. Je nach dem
verschiedenen Polizeibegriff gehören dazu alle Regeln, die der
Aufrechterhaltung der öffentlichen →Ordnung und →Sicherheit
dienen, oder nur die Rechtssätze, die den Vollzugsdienst betreffen.
Das P. ist meist in besonderen Landesgesetzen geregelt (Sicherheitund Ordnungsgesetze). Dabei werden den Polizeibehörden
regelmäßig Befugnisse außer durch spezielle Regelung auch durch
eine polizeiliche →Generalklausel gewährt. Sie ermöglichen ein
Tätigwerden durch Verordnung (→Polizeiverordnung) (der
Polizeibehörden bzw. Ordnungsbehörden) oder durch
→Verwaltungsakt (Polizeiverfügung z. B. Festnahme,
Sicherstellung). →Adressat der polizeilichen Tätigkeit ist regelmäßig
der →Störer. Durchgesetzt werden kann die polizeiliche Maßnahme
durch →Verwaltungszwang (im Vollzugsdienst meist unmittelbarer
→Zwang z. B. mittels Wasserwerfer, Gummiknüppel, Diensthund).
Lit.: Götz, Polizeirecht; Knemeyer, F., Polizei- und Ordnungsrecht, 9. A. 2002; Riegel, R., Polizeiund Ordnungsrecht des Bundes und der Länder (Lbl.); Handbuch des Polizeirechts, hg. v. Lisken,
H./Denninger, E., 3. A. 2001; Gusy, C., Polizeirecht, 5. A. 2003; Neuwirth, D., Polizeilicher
Schusswaffengebrauch, 1997; Schmidbauer, W./Steiner, U./Roese, E., Bayerisches
Polizeiaufgabengesetz, 1999; Pitschas, R., Neues Polizeirecht, 1999; Würtenberger, T./Heckmann,
D./Riggert, R., Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. A. 2002; Wagner, E./Ruder, K., Polizeirecht,
1999; Pieroth, B./Schlink, B./Kniesel, M., Polizei- und Ordnungsrecht, 2002; Schenke, W., Polizeiund Ordnungsrecht, 2. A. 2003; Knemeyer, F., Polizei- und Ordnungsrecht, 3. A. 2003 (Prüfe dein
Wissen); Möller/Wilhelm, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 5. A. 2003
Polizeistaat ist in der Rechtsgeschichte der →absolute →Staat des
17. und 18. Jh.s, der sich umfassend um die gute Ordnung des
Gemeinwesens kümmert und sehr viele Angelegenheiten des
Einzelnen durch die →Behörden überwachen und gestalten lässt. Er
wird vom liberalen →Rechtsstaat (Nachtwächterstaat) des 19. Jh.s
abgelöst. Daneben ist P. auch ein von den Kräften der →Polizei im
institutionellen Sinn vollständig beherrschter autoritärer Staat.
Lit.: Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Polizeistunde (§ 18 GastG) ist der Zeitpunkt, zu dem grundsätzlich
→Gaststätten geschlossen werden müssen. Das Dulden eines Gasts in
der Gaststätte nach Beginn der Sperrzeit ist eine
→Ordnungswidrigkeit. (Nordrhein-Westfalen beschloss 2001 die
Einschränkung der P. auf eine Reinigungszeit zwischen 5 und 6 Uhr.)
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Polizeiverwaltungsgesetz ist das die Polizeiverwaltung betreffende
Gesetz. Das preußische P. (PrPVG) (1. 6. 1931) ist das preußische
Landesgesetz, welches das →Polizeirecht auf der Grundlage der
verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung grundlegend regelte und in
§ 14 I eine polizeiliche →Generalklausel enthielt. An das preußische
P. schließen sich die Landespolizeigesetze der Nachkriegszeit an.
Lit.: Kroeschell, K., Rechtsgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, 1992
Polizeiverfügung →Polizei
Polizeiverordnung →Polizei, Verordnung
Polizeivollzugsdienst →Polizei
Polygraph (M.) Lügendetektor
Popularklage ist die →Klage durch jedermann ohne Rücksicht auf
seine konkrete Sachbefugnis oder Betroffenheit. Die P. ist zur
Verhinderung der Überlastung der Gerichte grundsätzlich unzulässig
(im →Verwaltungsprozessrecht § 42 II VwGO, im
→Strafprozessrecht § 152 StPO). Ausnahmsweise zugelassen ist die
P. z. B. durch Art. 98 S. 4, 120 BayVerf., § 53 BayVfGHG, nach
denen jedermann bei dem bayerischen →Verfassungsgericht die
Verletzung eines →Grundrechts der bayerischen Verfassung durch
ein →Gesetz, eine →Verordnung oder eine →Satzung geltend
machen kann (, ohne dass es bisher zu einer Überlastung des Gerichts
gekommen wäre). Unzulässig ist auch hier z. B. eine P. gegen die
Regelung über Raucherräume in Gymnasien wegen bloßer
Wiederholung einer bereits einmal entschiedenen P.
Pornographisch (§ 184 StGB) ist sexuell unanständig aufreizend.
Eine pornographische Darbietung liegt vor, wenn eine Darbietung
nach ihrem objektiven Gehalt zum Ausdruck bringt, dass sie unter
Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezüge ausschließlich oder
überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes bei dem
Betrachter abzielt und dabei die im Einklang mit allgemeinen
gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des
sexuellen Anstands eindeutig überschreitet (nicht z. B.
Anklageschrift, Wiedergabe des Verhaltens des Präsidenten der
Vereinigten Staaten von Amerika in der Lewinsky-Affäre [StarrReport]). Die Verbreitung von pornographischen Schriften (vgl.
§§ 74ff. StGB) oder Darbietungen in bestimmter Weise ist strafbar.
Lit.: Schroeder, F., Pornographie, Jugendschutz und Kunstfreiheit, 1992; Schreibauer, M., Das
Pornographieverbot, 1999
Portugal ist der südwestlichste, seit 1. 1. 1986 den Europäischen
Gemeinschaften bzw. der Europäischen Union angehörige Staat
Europas.
Lit.: Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, hg. v. Jayme, E., Portugiesisch-Deutsch 1994,
Deutsch-Portugiesisch 1990; Ramos Silveira, F., Dicionario juridico, 1995; Das Recht der
lusophonen Länder, hg. v. Jayme, E., 2000; Roschmann, C./Ramos da Silva, E., Einführung in die
portugiesisch/brasilianische Rechtssprache, 2001
POS (point of sale) ist das Zahlungsverfahren, bei dem der Kunde an
der Terminalkasse eines Unternehmens elektronisch gesteuert mittels
einer von einem Kreditinstitut ausgegebenen Codekarte bezahlt.
Lit.: Petring, R., Störungen unter POS-Zahlungen, 1990; Yoo, Y., Codekartenmissbrauch, 1997;
Ahrens, C., Wertpapiere in bargeldlosen Zahlungssystemen, 1997
positiv (Adj.) gesetzt, zustimmend, günstig
positive Forderungsverletzung →Forderungsverletzung, positive
positives Interesse →Interesse, positives
positives Recht →Recht, positives
Positivismus ist in der Philosophie eine Denkweise des 19. Jh.s, die
nur in dem unmittelbar Wahrgenommenen eine sichere Grundlage des
Erkennens sieht. In der Rechtswissenschaft bedeutet P. Beschränkung
auf ein hierarchisches, angeblich vernunftmäßig zu gewinnendes
System von rein juristischen, von der gesellschaftlichen Wirklichkeit
gelösten Begriffen (wissenschaftlicher P., →Begriffsjurisprudenz).
Später wird das Recht statt auf die wissenschaftliche Autorität des
→Juristen auf das den Volkswillen verkörpernde →Gesetz gegründet
(Gesetzespositivismus).
Lit.: Tsatsos, T., Zur Problematik des Rechtspositivismus, 1964
possessio (lat. [F.]) Besitz
possessorisch (Adj.) den Besitz betreffend
possessorischer Anspruch →Anspruch, possessorischer
Post (F.) Standort (für den Pferdewechsel), →Bundespost. Bis 2007
hat die Post für die Beförderung von Briefen bis 200 Gramm Gewicht
ein Monopol.
Lit.: Post und Telekommunikation (Lbl.), hg. v. Büchner, L., 1999; Postrecht (Lbl.), hg. v. Stern, K.,
1997ff.; Neu, S., Marktöffnung im nationalen und internationalen Postwesen, 1999; Danwitz, T. v.,
Alternative Zustelldienste, 1999; Herdegen, M./Immenga, U./Knieps, G., Die Teilleistungsregelung
des § 28 PostG, 2002; Danwitz, T. v., Verfassungsfragen der gesetzlichen Exklusivlizenz der
Deutschen Post AG, 2002
Postgeheimnis ist die Geheimhaltungspflicht, die alle von der Post in
ihren verschiedenen Dienstleistungssparten (Beförderung von Sachen
und Personen, Geldwesen) erlangten Kenntnisse schützt.
→Korrespondenzgeheimnis
Postgesetz ist das die Rechte und Pflichten der Post bestimmende
Gesetz.
Lit.: Beck’scher PostG-Kommentar, hg. v. Badura, P. u. a., 2. A.
2004; Postrecht, 2000
Postglossator ist in der Rechtsgeschichte die ältere Bezeichnung für
die zeitlich (13. Jh.) nach (lat. post) den →Glossatoren folgenden
Gelehrten des (römischen) Rechts. →Konsiliator, →Kommentator
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Postscheck ist der (durch die Postscheckordnung geregelte) Scheck,
bei dem der Bezogene die Bundespost ist.
Lit.: Zöllner, Wertpapierrecht
Postulation (F.) Verlangen, Fordern
Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit, in eigener Person wirksam
mit Gegner und Gericht im →Prozess zu verhandeln bzw.
→Prozesshandlungen die rechtserhebliche Erscheinungsform zu
geben. Im →Parteiprozess kommt sie grundsätzlich jedem
→Prozessfähigen, →im Anwaltsprozess nur dem zugelassenen
→Anwalt zu (vgl. § 78 ZPO). Seit 1. 1. 2000 darf jeder in einem
Gerichtsbezirk an einem Amtsgericht oder Landgericht zugelassene
→Rechtsanwalt vor jedem →Amtsgericht oder →Landgericht und
seit 1. 8. 2002 (§ 78 I 2, 3 ZPO) jeder an einem höheren Gericht (z. B.
Oberlandesgericht) zugelassene Rechtsanwalt an diesem höheren
Gericht (an allen Oberlandesgerichten und dem Bayerischen Obersten
Landesgericht) in sämtlichen Sachen auftreten.
postulieren (V.) verlangen, fordern
potentiell (Adj.) möglich, denkbar
potentielles Unrechtsbewusstsein →Unrechtsbewusstsein,
potentielles
Potsdamer Abkommen ist die Sammelbezeichnung für eine Reihe
von zwischen dem 17. 7. 1945 und dem 2. 8. 1945 von
Großbritannien, den Vereinigten Staaten von Amerika und der
Sowjetunion abgeschlossenen Vereinbarungen über die Folgerungen
aus der militärischen Niederwerfung Deutschlands.
Lit.: Köbler G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Präambel ist bei Staatsverträgen und →Gesetzen der dem Text vorangestellte Vorspruch, der zwar
grundsätzlich vor allem politische Programmsätze enthält, aber doch auch zur →Auslegung des
Texts verwandt werden kann.
praescriptio (lat. [F.]) Vorschrift, Einrede (der langen Zeit),
Verjährung
praesumptio (lat. [F.]) Vermutung
praeter legem (lat.) neben dem Gesetz, ohne Übereinstimmung (,
aber auch ohne Widerspruch) zu dem Gesetz
Präjudiz ([N.] Vorentscheidung, vorausgegangene Entscheidung) ist
das frühere →Urteil (in derselben Rechtsfrage, das auf eine spätere
Entscheidung Einfluss haben kann). Das P. ist im
angloamerikanischen Recht grundsätzlich rechtlich bindend. Will ein
Obergericht von einer vorliegenden Entscheidung (derselben
Rechtsfrage) abweichen, muss es die Abweichung mit einer
Verschiedenheit des alten Falls im Verhältnis zum neuen Fall, mit
einer Änderung der gesellschaftlichen Gegebenheiten oder mit der
Aufhebung eines früheren Fehlers begründen. In Deutschland wirken
obergerichtliche Vorentscheidungen meist nur tatsächlich bindend.
Außerdem bestehen Regelungen zur Sicherung der Rechtseinheit
innerhalb eines Obergerichts oder einer →Gerichtsbarkeit (z. B.
§§ 121, 136 GVG).
Lit.: Schlüchter, E., Mittlerfunktion der Präjudizien, 1986; Pilny, K., Präjudizienrecht, 1993;
Lundmark, T., Umgang mit dem Präjudizienrecht, JuS 2000, 546
Präklusion ([F.] Ausschluss) ist der Verlust einer Rechtsstellung
unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere nach Ablauf einer
→Frist (Präklusivfrist, Ausschlussfrist, z. B. Rechtsmittelfrist,
Gewährleistungsfrist).
Lit.: Otto, H., Die Präklusion, 1970; Lieber, B., Präklusion im Steuerverfahren, 1998
Praktikant ist der im Rahmen einer theoretischen Ausbildung in
einem besonderen, unter →Arbeitsrecht oder →Berufsbildungsrecht
stehenden Ausbildungsverhältnis praktische Erfahrung anstrebende
Mensch.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Prälat (M.) ist im (katholischen) →Kirchenrecht ein hoher
kirchlicher →Amtsträger, der kraft seines →Amts Leitungsgewalt hat
oder wegen seines Amts oder seiner Mitgliedschaft in einem
Kollegium den Titel P. ehrenhalber führt.
Prälegat (N.) →Vorausvermächtnis
Prämie ist das zusätzlich zu →Lohn oder →Gehalt gewährte Entgelt
für einen bestimmten, vom →Arbeitnehmer oder Dienstverpflichteten
beeinflussten →Erfolg (z. B. Treueprämie wegen
Betriebszugehörigkeit). Die P. gehört nicht zum gewöhnlichen
Arbeitsentgelt. Im Verwaltungsrecht ist P. eine Leistung des →Staats
bei Vorliegen bestimmter gewünschter Ergebnisse (z. B. Sparprämie).
Im Privatversicherungsrecht (§ 1 II VVG) ist die P. die vereinbarte
Gegenleistung des →Versicherungsnehmers für den
Versicherungsschutz, wobei der Versicherer eine gerichtliche Prüfung
einer erhöhten P. nicht mit Hinweis auf eine Geheimhaltungspflicht
verhindern kann.
Lit.: Gaul, D., Betriebsvereinbarungen über Prämienlohn, 4. A. 1978
Pranger ist ursprünglich das Halseisen, mit dem im Mittelalter und in
früher Neuzeit ein Übeltäter an einen Schandpfahl (P.) gefesselt und
öffentlich zur Schau gestellt wird.
Lit.: Bader, K., Der Pranger, 1935
Prärogative (F.) Vorrecht (des absoluten Monarchen z. B. Sanktion
der Gesetze)
Präses (M.) Vorsitzender
Präsident (Vorsitzender) ist vielfach das leitende Organ einer
Personengesamtheit (z. B. Staat).
Präsidialdemokratie ist die Form der →Demokratie, in welcher der
Staatspräsident die vollziehende →Gewalt ausübt, vom →Volk
gewählt wird und dem →Parlament nicht verantwortlich ist (z. B.
USA, Frankreich).
Präsidialrat (§§ 49ff. DRiG) ist die bei einem →Gericht bestehende
Vertretung der Richter für die Beteiligung bei der Ernennung von
Richtern.
Lit.: Kissel, O., Die Novelle 1999 zur Präsidialverfassung, NJW 2000, 460
Präsidium (Kollegium der Vorsitzenden) ist vielfach das kollegiale
Leitungsorgan einer Personengesamtheit (z. B. §§ 21aff. GVG, P.
eines Gerichts, das die Spruchkörper besetzt und die Geschäfte
verteilt).
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht
Prätendent (M.) Anwärter
Prätendentenstreit (§ 75 ZPO) ist der Streit um die
→Gläubigerschaft an einer →Forderung. Nach § 75 ZPO ist, wenn
von einem verklagten →Schuldner einem Dritten, der die geltend
gemachte Forderung für sich in Anspruch nimmt, der Streit verkündet
wird und der Dritte daraufhin in den Streit eintritt, der Beklagte nach
→Hinterlegung des der Forderung entsprechenden Betrags zugunsten
der streitenden Gläubiger auf seinen Antrag aus dem →Rechtsstreit
zu entlassen und der Rechtsstreit über die Berechtigung an der
Forderung zwischen den streitenden Gläubigern fortzusetzen.
Prätor (M.) ist im älteren römischen Recht der wichtigste
Gerichtsmagistrat, vor dem im →Legisaktionenverfahren und im
→Formularverfahren der Rechtsstreit beginnt.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Prävarikation (F.) →Parteiverrat
Prävention ist die Vorbeugung gegen künftige →Kriminalität. Sie ist
einer von mehreren möglichen →Strafzwecken. Sie ist entweder
→Generalprävention oder Spezialprävention.
Lit.: Die Präventivwirkung zivil- und strafrechtlicher Sanktionen, hg. v. Ott, C. u. a., 1998;
Wohlers, W., Deliktstypen des Präventionsstrafrechts, 2000; Dreier, T., Kompensation und
Prävention, 2002; Gärditz, K., Strafprozess und Prävention, 2003
präventiv (Adj.) vorbeugend, verhütend
präventives Verbot →Verbot, präventives
Präzedenzfall (vorangehender Fall) ist das frühere Geschehen, das sich (bei Rechtmäßigkeit)
wegen des allgemeinen Gleichheitssatzes durch die Art seiner Behandlung auf ein späteres
Geschehen auswirken kann.
Preis ist der Gegenwert für die Erlangung einer →Leistung,
insbesondere für →Verkauf bzw. Übereignung einer →Ware. Im
Schuldrecht unterliegt der P. grundsätzlich der →Vertragsfreiheit.
Das Verwaltungsrecht verpflichtet zu bestimmter formeller
Gestaltung der Angaben des Preises für Waren und Dienstleistungen
für Letztverbraucher (Verordnung über Preisangaben).
Lit.: Ebisch, H./Gottschalk, J., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 7. A. 2001;
Völker, S., Preisangabenrecht, 2. A. 2002
Preisausschreiben (§ 661 BGB) ist die →Auslobung, die eine
Preisbewerbung zum Gegenstand hat (z. B. Warum gibt es nicht mehr
solche Professoren?). Sie ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung
eine Frist für die Bewerbung bestimmt wird. Die Entscheidung, ob
eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspricht
oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient, ist
durch die in der Auslobung bezeichnete Person, hilfsweise durch den
Auslobenden zu treffen.
Preisbindung ist die vertragliche Bindung der →Verkäufer
bestimmter →Waren an einheitliche Festpreise. Horizontale P. ist
dabei die P. zwischen Angehörigen derselben Wirtschaftsstufe.
Vertikale P. ist die P. zwischen Angehörigen verschiedener
Wirtschaftsstufen (Hersteller – Großhändler – Einzelhändler, sog.
vertikale P. [zweiter Hand]). Beide (Vereinbarungen) sind nach § 1
GWB als Verstoß gegen den Grundsatz der →Wettbewerbsfreiheit
grundsätzlich verboten. Die vertikale P. ist jedoch für
Verlagserzeugnisse einschließlich buchersetzender CD-Roms
zugelassen (§ 15 GWB). Zulässig ist die unverbindliche
Preisempfehlung für →Markenwaren (§ 23 GWB).
Lit.: Obert, A., Die Preisbindung im Buchhandel, 2000; Franzen, H./Wallenfels, D./Russ, C.,
Preisbindungsgesetz, 4. A. 2002; Waldenberger, A., Preisbindung bei Zeitungen, NJW 2002, 2914
Preisempfehlung →Preisbindung
Preisgefahr ist bei gegenseitigen →Verträgen die →Gefahr, bei
Untergang des Leistungsgegenstands (z. B. Kaufgegenstand) den
→Anspruch auf die Gegenleistung (Kaufpreis) zu verlieren. Sie trifft
grundsätzlich den →Schuldner (des Anspruchs auf den
Leistungsgegenstand Kaufsache, d. h. den Verkäufer), der bei
Untergang des Leistungsgegenstands (evtl. von seiner
Leistungspflicht frei wird, dann aber auch regelmäßig) keinen
Anspruch auf die Gegenleistung (Kaufpreis) mehr hat. Die P. geht
jedoch im Zeitpunkt der →Übergabe (§ 446 I BGB) oder der
Auslieferung beim →Versendungskauf (§ 447 BGB) auf den
Gläubiger (Käufer) über, der trotz Untergangs des
Leistungsgegenstands den Kaufpreis entrichten muss.
Preisklauselverordnung ist die am 1. 1. 1999 in Kraft getretene, die
Zulassung wertsichernder Preisklauseln betreffende Verordnung vom
23. 9. 1998. →Wertsicherungsklausel
Preistreiberei (§ 4 I WiStG) ist das vorsätzliche oder leichtfertige
Fordern, Versprechen, Vereinbaren, Annehmen oder Gewähren von
unangemessen hohen Entgelten für Gegenstände oder Leistungen des
lebenswichtigen Bedarfs (→Ordnungswidrigkeit).
Presse (Art. 5 I 2 GG) ist die Gesamtheit der zur Verbreitung
geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse. Die P. ist neben
Hörfunk und Fernsehen das wichtigste Instrument der Bildung der
öffentlichen →Meinung. Für sie gilt das Grundrecht der
Pressefreiheit.
Lit.: Medienrecht, hg. v. Schiwy, P./Schütz, W., 3. A. 1994; Damm, R./Kuner, W., Widerruf,
Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 1991
Pressedelikt ist die mit →Strafe bedrohte →Handlung des
Pressewesens (z. B. Verbreitung beschlagnahmter Druckwerke). Die
Pressedelikte sind landesrechtlich geregelt. Daneben gilt auch im
Bereich der Presse das allgemeine →Strafrecht (z. B. Verleumdung
durch von Betrüger gesteuerte Zeitungsartikel).
Pressefreiheit (Art. 5 I GG) ist die →Freiheit der Verbreitung von
→Meinungen, Nachrichten, Mitteilungen und sonstigem
Gedankengut durch Druckerzeugnisse. Sie ist ein →Grundrecht.
Objektiv bedeutet die P. die Garantie der freien Presse als
Rechtseinrichtung. Subjektiv steht sie allen im Pressewesen auf dem
Gebiet der Meinungsäußerung und der Informationsbeschaffung
tätigen Personen zu. Sie wird z. B. nicht dadurch verletzt, dass über
Kinder bekannter Menschen nicht uneingeschränkt berichtet werden
darf. Bei der Frage der inneren P. geht es um den
unternehmensinternen Standort der Redaktion innerhalb eines
Presseunternehmens. Sie ist bisher gesetzlich nicht geregelt.
Lit.: Brömmekamp, B., Die Pressefreiheit, 1997; Gornig, G., Zur Polizeifestigkeit der Pressefreiheit,
JuS 1999, 1167
Presserecht ist die Gesamtheit der die →Presse betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Groß, R., Presserecht, 3. A. 1999; Löffler, M., Presserecht, 4. A. 1997; Löffler, M./Ricker, R.,
Handbuch des Presserechts, 4. A. 2000; Soehring, J., 3. A. Presserecht, 3. A. 2000; Presserecht, hg.
v. Stöckel, H., 9. A. 2004; Rübenach, H., Europäisches Presserecht, 2000
pretium (lat. [N.]) Preis →iustum pretium
Preußen ist in der Rechtsgeschichte der aus der Markgrafschaft
Brandenburg erwachsene, erst im 16./17. Jahrhundert um Gebiete
zwischen Weichsel und Memel (Preußen) erweiterte und danach
allmählich statt als Brandenburg als P. benannte Gliedstaat bzw.
Mitglied des →Heiligen Römischen Reichs (deutscher Nation), des
→Deutschen Bunds und des zweiten →Deutschen Reichs. Am
25. 2. 1947 wurde P. (wegen seiner Gefährlichkeit) als →Staat
aufgelöst und nicht wieder neu begründet. Teile seines Gebiets
gehören nunmehr zu →Hessen, →Niedersachsen, Brandenburg,
Bremen, (Bayern,) Mecklenburg-Vorpommern, →NordrheinWestfalen, Sachsen-Anhalt und →Schleswig-Holstein sowie zu Polen
und der Sowjetunion.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Bornhak, K., Preußische Staats- und Rechtsgeschichte, 1903,
Neudruck 1979; Krockow, C. Graf v., Preußen, 2001
preußisches allgemeines Landrecht →Allgemeines Landrecht
preußisches Polizeiverwaltungsgesetz →Polizeiverwaltungsgesetz,
preußisches
prima-facie-Beweis →Anscheinsbeweis
Primat (M.) Vorrang
Primogenitur (F.) Erstgeburt, Alleinerbfolge
Prinzipal (M.) ist der →Inhaber des →Handelsgeschäfts.
Prinzipat (M.) ist im römischen Recht die Bezeichnung der
Staatsform für die der Republik folgende und dem Dominat
vorausgehende Zeit von Augustus (1. Jh. n. Chr.) bis Diokletian (3.
Jh. n. Chr.).
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Prior (M.) Oberer, Klostervorsteher
Priorität (F.) Vorrangstellung
Prioritätsprinzip ist der Grundsatz der zeitlichen Aufeinanderfolge
mehrerer Umstände, bei dem die →Rechtsfolge nach dem
chronologischen Hergang eines Geschehens bestimmt wird.
Insbesondere hängt im Sachenrecht das Verhältnis mehrerer
beschränkter dinglicher →Rechte von dem Zeitpunkt ihrer
Entstehung, →Eintragung oder Anmeldung ab (vgl. die §§ 879, 1209
BGB, 45 GBO). Allerdings kann die P. auch entgegen dieser
Reihenfolge →gutgläubig erworben werden.
Lit.: Knoche, J./Biersack, C., Das zwangsvollstreckungsrechtliche
Prioritätsprinzip, NJW 2003, 476
prior tempore potior iure (lat.) (je) früher in der Zeit, (desto) stärker
im Recht, →Prioritätsprinzip
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
Prise ([F.] Genommenes) ist im Völkerrecht (Seekriegsrecht) das
weggenommene Gut.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
privat (Adj.) eigen, besondere, nicht hoheitlich
Privatautonomie (Eigenverantwortlichkeit) ist der Grundsatz, dass
der Einzelne berechtigt ist, seine Lebensverhältnisse im Rahmen der
Rechtsordnung eigenverantwortlich zu gestalten. Die P. ist ein Teil
des allgemeinen Selbstbestimmungsrechts des Menschen, das durch
die Artt. 1, 2 GG geschützt wird. Sie gehört zu den Grundwerten der
freiheitlichen Rechtsordnung der →Bundesrepublik Deutschland. Sie
berechtigt zur eigenverantwortlichen Begründung, Änderung und
Aufhebung von →Rechten und →Pflichten. Ihre wichtigsten
Erscheinungsformen sind →Vereinigungsfreiheit, →Vertragsfreiheit,
→Verfügungsfreiheit und →Testierfreiheit.
Lit.: Busche, J., Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999; Hartenstein, O., Die
Privatautonomie, 2000; Weber, C., Privatautonomie und Außeneinfluss im Gesellschaftsrecht, 2000
Privatdozent ist im Verwaltungsrecht der Universitätslehrer, der (auf
Grund der →Habilitation) die Befugnis erlangt hat,
eigenverantwortlich Lehrveranstaltungen abzuhalten. Davon
unabhängig ist die Frage der Innehabung eines →Amts oder einer
→Planstelle. Mit der Erlangung einer Stellung als Universitätsdozent
oder Professor endet die Privatdozenteneigenschaft.
Privatisierung ist die Umwandlung von Gemeineigentum in
→Eigentum Einzelner Personen des Privatrechts. Die P. steht im
Gegensatz zur →Sozialisierung. Als P. wird auch die Wahrnehmung
öffentlicher Aufgaben durch private Unternehmer (z. B. Müllabfuhr)
bezeichnet.
Lit.: Helm, T., Rechtspflicht zur Privatisierung, 1999; Kämmerer, J., Privatisierung, 2001; Weiner,
B., Privatisierung von staatlichen Sicherheitsaufgaben, 2001
privativ (Adj.) wegnehmend
privative Schuldübernahme →Schuldübernahme, privative
Privatklage (§§ 374ff. StPO) ist die Verfolgung einer →Straftat
durch den Verletzten oder Antragsberechtigten ohne vorgängige
Anrufung der →Staatsanwaltschaft. Die P. ist nur bei bestimmten
Straftatbeständen zulässig (z. B. →Hausfriedensbruch,
→Beleidigung, Briefgeheimnisverletzung, →Körperverletzung,
Bedrohung, Bestechlichkeit oder Bestechung im geschäftlichen
Verkehr, →Sachbeschädigung). Sie setzt meist einen erfolglosen
→Sühneversuch voraus (§ 380 StPO). Die Erhebung der →Anklage
geschieht zu Protokoll der →Geschäftsstelle oder durch Einreichung
einer →Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft kann die Verfolgung,
wenn sie im öffentlichen →Interesse liegt, jederzeit übernehmen und
dadurch den Privatkläger zum →Nebenkläger machen. Über die P.
entscheidet das →Amtsgericht grundsätzlich nach den allgemeinen
Regeln. Rechtsgeschichtlich ist die P. der Überrest des
→Akkusationsprozesses bzw. der →Selbsthilfe des Verletzten.
Lit.: Dürwanger/Dempewolf, Handbuch des Privatklagerechts, 1971
Privatrecht ist die Gesamtheit aller Rechtssätze, bei denen
Berechtigter oder Verpflichteter nicht ausschließlich ein Träger
hoheitlicher →Gewalt in seiner Eigenschaft als solcher ist. Das P.
bildet den Gegensatz zum öffentlichen →Recht, wobei die
Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann. Seine wichtigsten
Teilgebiete sind das bürgerliche Recht, das →Handelsrecht, das
→Arbeitsrecht und das →Immaterialgüterrecht. Internationales P. (§
3 I EGBGB, Kollisionsrecht, Verweisungsrecht) ist die Gesamtheit
der (deutschen) Rechtsätze, die durch Verweisung auf die inländische
oder eine ausländische Privatrechtsordnung festlegen, welche von
mehreren möglichen nationalen Privatrechtsordnungen in einem
Kollisionsfall zur Anwendung kommt (z. B. Deutscher heiratet
Französin in Peru). Das (autonome deutsche) internationale P. ist vor
allem in den Artt. 3ff. EGBGB (unvollständig) geregelt (Artt. 3–6
Verweisung, Artt. 7–12 natürliche Personen und Rechtsgeschäfte,
Artt. 13–24 Familienrecht, Artt. 25–26 Erbrecht, Artt. 27–42
Schuldverhältnisse, 43-46 Sachenrecht). Die wichtigsten inhaltlichen
Anknüpfungspunkte eines Sachverhalts an eine Privatrechtsordnung
sind dabei die Staatsangehörigkeit, der Wohnsitz und der
gewöhnliche Aufenthaltsort eines Menschen oder die Lage
(Belegenheit) eines Gegenstands. Deutsches P. ist eine veraltende
Bezeichnung für das ältere, aus germanischer bzw. germanistischer
Wurzel stammende, vor Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(1900) auch ohne gesetzgeberischen Akt unmittelbar geltende, als
Wissenschaftsgebiet nur aus dem Gegensatz zum römischen,
rezipierten Privatrecht erwachsene P. in Deutschland. Zu Unrecht
wird für das P. Deutschlands deshalb meist die Bezeichnung
Zivilrecht verwendet, die nur das Fremdwort für bürgerliches Recht
ist.
Lit.: Hübner, Deutsches Privatrecht; Kegel, G./Schurig, K., Internationales Privatrecht, 9. A. 2004;
Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Hedemann, J., Die Fortschritte des Zivilrechts im
19. Jahrhundert, 1910ff., Neudruck 1968; Söllner, A., Privatrecht, in: Handwörterbuch der
Rechtsgeschichte, Bd. 3 1984, 1971ff.; Kropholler, J., Internationales Privatrecht, 5. A. 2004;
Hüßtege, R., Internationales Privatrecht, 3. A. 1999; Pottschmidt, G./Rohr, U., Privatrecht für den
Kaufmann, 11. A. 1998; Köbler, G., Deutsches Privatrecht der Gegenwart, 1991; Kunz, K.,
Internationales Privatrecht, 4. A. 1998; Gemeinsames Privatrecht in der Europäischen
Gemeinschaft, hg. v. Müller-Graff, P., 2. A. 1999; Internationales Privat- und Verfahrensrecht, hg.
v. Jayme, E./Hausmann, R., 11. A. 2002; Junker, A., Internationales Privatrecht, 1998; Hay, P.,
Internationales Privatrecht, 2. A. 2002 (Prüfe dein Wissen); Außereuropäische IPR-Gesetze, hg. v.
Kropholler, J. u. a., 1999; Hebert, R., Fallbearbeitung und Qualifikationsprobleme im
internationalen Privatrecht, JuS 2000, 254; Schack, H., Höchstrichterliche Rechtsprechung zum
internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 2. A. 2000; Casebook Europäisches Privatrecht, hg. v.
Schulze, R./Engel, A./Jones, J., 2000; Fuchs, A./Hau, W./Thorn, K., Fälle zum internationalen
Privatrecht, 2000; Basistexte zum europäischen Privatrecht, hg. v. Schulze, R. u.a., 2. A. 2002;
Rauscher, T., Internationales Privatrecht, 2. A. 2002; Bar, C. v./Mankowski, P., Internationales
Privatrecht, Bd. 1 2. A. 2003; Kallwass, W., Privatrecht. Ein Basisbuch, 17. A. 2004
Privatschule (Art. 7 IV GG) ist die →Schule, deren Träger keine
juristische →Person des öffentlichen Rechts ist. Die P. ist zulässig,
untersteht aber der staatlichen →Aufsicht. Das Verhältnis zwischen
Schulträger und Schüler ist privatrechtlich.
Lit.: Vogel, J., Das Recht der Schulen und Heime in privater Trägerschaft, 1985
Privatstrafe →Vertragsstrafe
Lit.: Großfeld, B., Die Privatstrafe, 1961
Privatstraße ist die →Straße, die nicht dem öffentlichen Verkehr
gewidmet ist. Sie kann einer juristischen →Person des öffentlichen
Rechts gehören. Das Straßenrecht ist auf sie nicht anwendbar.
Privatversicherungsrecht (§§ 1ff. VVG) ist die Gesamtheit der ein
Versicherungsverhältnis (→Versicherungsvertrag) zwischen einem
→Versicherer und →Versicherten betreffenden Rechtssätze des
Privatrechts (Gegensatz Sozialversicherungsrecht). Das P. lässt sich
in einem weiteren Sinn zum →Handelsrecht zählen. Es ist in erster
Linie im Versicherungsvertragsgesetz geregelt, das allgemeine
Vorschriften für sämtliche Versicherungszweige und besondere
Vorschriften für einzelne Versicherungszweige
(→Schadensversicherung, →Lebensversicherung,
→Unfallversicherung) enthält.
Lit.: Privatversicherungsrecht, 8. A. 2003; Hofmann, E., Privatversicherungsrecht, 4. A. 1998;
Deutsch, E., Versicherungsvertragsrecht, 2. A. 1988; Privatversicherungsrecht, hg. v. Koch, P., 7.
A. 2002
Privileg ([N.] Sondergesetz, Sonderrecht) ist das einem oder
mehreren Einzelnen im Gegensatz zur Allgemeinheit eingeräumte
Vorrecht. In der Rechtsgeschichte ist das von einem Herrn (König,
Landesherr) verliehene P. als Mittel der politischen Gestaltung
außerordentlich bedeutsam (z. B. Immunität, Stadtrecht). In der
Gegenwart steht ihm grundsätzlich der Gleichheitsgrundsatz
entgegen.
privilegierte Straftat →Straftat, privilegierte
Privilegium (N.) maius ([lat.] größere Urkunde) ist die Fälschung
Herzog Rudolfs IV. von Österreich zwecks Annäherung an die 1356
den →Kurfürsten in der →Goldenen Bulle Kaiser Karls IV.
zugestandenen Vorrechte (1358/1359).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Privilegium (N.) minus ([lat.] kleinere Urkunde) ist die Urkunde
über die von dem Staufer Friedrich I. in politischem Ausgleich
zwischen Staufern, Welfen und Babenbergern vorgenommene
Erhebung Österreichs zum Herzogtum unter Verselbständigung vom
Stammesherzogtum der Bayern (1156, Weiberlehen).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
probation (engl. [N.]) Bewährung
procurator (lat. [M.]) Geschäftsführer, Verwalter, Prozessvertreter
prodigus (lat. [M.]) Verschwender
Productum (N.) sceleris ([lat.] Verbrechenserzeugnis) ist der durch
eine vorsätzliche →Straftat hervorgebrachte, im Strafverfahrensrecht
der →Einziehung (§§ 74ff. StGB) unterliegende Gegenstand.
Produkt (§ 2 GPSG) ist das technische Arbeitsmittel und das
Verbraucherprodukt.
Produktfehler (§ 3 ProdHaftG) ist das Abweichen eines Produkts
von der Sicherheit, die berechtigterweise für die Benutzung des
Produkts erwartet werden darf.
Lit.: Bodewig, T., Der Rückruf fehlerhafter Produkte, 1999
Produkthaftung ist die ab 1. 1. 1990 geltende, durch eine EGRichtlinie veranlasste Gefährdungshaftung des Herstellers eines
→Produkts für →Produktfehler. Für die P. gilt das
Produkthaftungsgesetz. Der Haftungshöchstbetrag beträgt bei
Personenschaden 80 Millionen Euro. Bei Sachschaden hat der
Geschädigte einen Selbstbehalt von 565 Euro zu tragen. Unberührt
bleiben die deliktischen Schadensersatzansprüche aus
→Produzentenhaftung, denen rechtstatsächlich größere Bedeutung
zukommt.
Lit.: Produkthaftungshandbuch, hg. v. Westphalen, F. Graf v. u. a., 2. A. 1997; Wandt, M.,
Internationale Produkthaftung, 1995; Hill-Arning/Hoffmann, Produkthaftung in Europa, 1995;
Littbarski, S., Produkthaftpflichtversicherung, 2000; Kullmann, H., Die Rechtsprechung des BGH
zum Produkthaftpflichtrecht, NJW 2002, 30; Katzenmeier, C., Entwicklungen des
Produkthaftungsrechts, JuS 2003, 943
Produktpiraterie ist die widerrechtliche Ausnutzung der in einem
fremden Produkt enthaltenen geistigen Leistung, die durch das Gesetz
zur Stärkung des Schutzes der geistigen Leistung und zur
Bekämpfung der P. vom 7. 3. 1990 verstärkt bekämpft wird.
Lit.: Schmidl, M., Bekämpfung der Produktpiraterie, 1999; Rechtsschutz gegen Dienstepiraterie, hg.
v. Dressel, C. u. a., 2003; Gaul, A., Die Durchsetzbarkeit markenrechtlicher Ansprüche, 2003
Produktsicherheitsgesetz →Geräte- und Produktsicherheitsgesetz
Lit.: Produktsicherheitsgesetz, hg. v. Klindt, T., 2001
Produktwarnung ist die öffentliche Warnung vor möglichen
Schäden infolge eines Fehlers eines Produkts.
Lit.: Haussühl, T., Die Produktwarnung, 1999
Produzent ist der gewerbliche Hersteller einer Ware.
Produzentenhaftung ist die Haftung des Herstellers einer Ware (z.
B. eines Gastwirts für ein Essen) aus unerlaubter Handlung (mit
Verschuldensvermutung). Die P. betrifft Folgeschäden aus der
Benutzung der Produkte, die beim bestimmungsgemäßen Verbraucher
oder einer sonstigen Person infolge eines Fehlers eintreten, wobei der
Fehler ein →Konstruktionsfehler, →Fabrikationsfehler oder
→Instruktionsfehler sein kann. Die Schadensersatzpflicht setzt
voraus, dass der Hersteller bei der Herstellung oder durch die
Inverkehrbringung im Einzelfall die objektiv gebotene Sorgfalt
verletzt und damit gegen eine ihn treffende Verkehrssicherungspflicht
verstoßen hat. Neben die P. (vgl. § 15 II ProdHaftG) trat zum
1. 1. 1990 die →Produkthaftung.
Lit.: Wesch, Die Produzentenhaftung im internationalen Vergleich, 1994; Honsell, H.,
Produkthaftungsgesetz und allgemeine Deliktshaftung, JuS 1995, 211; Vogt, M., Die
Einstandspflicht des Produzenten, Diss. jur. Heidelberg 1996
Produzentenleasing →Leasing
Professor (Bekenner) (§ 43 HRG) ist die Amtsbezeichnung der
hervorgehobenen Lehrer an wissenschaftlichen →Hochschulen,
wobei nach BVerfGE 64, 323 bei der Amtsbezeichnung zwischen
Professoren an wissenschaftlichen Hochschulen und Professoren an
sonstigen Hochschulen unterschieden werden muss. Die Professoren
nehmen die ihrer →Hochschule jeweils obliegenden Aufgaben in
Wissenschaft und Kunst, Forschung und Lehre in ihren Fächern nach
näherer Ausgestaltung ihres Dienstverhältnisses selbständig wahr.
Voraussetzung für die Einstellung als P. sind regelmäßig ein
abgeschlossenes Hochschulstudium, pädagogische Eignung,
besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit sowie zusätzliche
wissenschaftliche oder künstlerische oder berufspraktische
Leistungen. Die in der Besoldung erkennbare Unterschiedlichkeit
einzelner Gruppen von Professoren soll durch das
Hochschulrahmengesetz äußerlich beseitigt werden.
Honorarprofessor ist der (nur) ehrenhalber zum P. ernannte Mensch.
Besoldungsgruppen sind seit 2002 W1 (Juniorprofessor 3260 Euro),
W2 (3724 Euro) und W3 (4522 Euro nebst variable Leistungsbezüge).
Lit.: Köbler, Jurist
Prognose (F.) Vorschau, Vorhersage
Lit.: Herre, S., Die Prognoseklauseln der §§ 56 StGB und 21 JGG, 1997
Progression ([F.] Fortschreiten) ist im Steuerrecht die Art der Besteuerung, bei der die zu zahlende
→Steuer mit steigender Höhe der Bemessungsgrundlage nicht nur entsprechend (linear), sondern
darüber hinaus (progressiv) zunimmt (z. B. →Einkommensteuer).
Prokura (§ 48 HGB) ist die vom →Inhaber eines
→Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen →Vertreter erteilte
besondere umfassende →Vertretungsmacht des Handelsrechts. Die P.
muss von dem Inhaber des Handelsgeschäfts oder seinem
gesetzlichen Vertreter mittels ausdrücklicher Erklärung erteilt werden
und ist zur Eintragung in das →Handelsregister anzumelden (§ 53 I 1
HGB). Sie ermächtigt zu allen Arten von Geschäften und
Rechtshandlungen, die der Betrieb irgendeines →Handelsgewerbes
mit sich bringen kann. Sie ist →Vollmacht mit gesetzlich
umschriebenem Umfang. Sie kann nur in der Form der als
Filialprokura auf den →Betrieb einer von mehreren Niederlassungen
beschränkten P. (§ 50 III HGB) oder als →Gesamtprokura mehrerer
Prokuristen (§ 48 II HGB, nicht des Einzelkaufmanns und des
Prokuristen) beschränkt werden. Die P. erlischt durch Widerruf, durch
Ernennung zum alleinigen Geschäftsführer oder durch den Tod des
Prokuristen. Das Erlöschen ist zur Eintragung in das Handelsregister
anzumelden.
Lit.: Hofmann, K., Der Prokurist, 7. A. 1996; Müller, K., Prokura und Handlungsvollmacht, JuS
1998, 1000
Prokurist ist der Mensch, dem →Prokura erteilt worden ist (nicht eine juristische →Person).
Lit.: Hofmann, K., Der Prokurist, 7. A. 1996
Prolongation (F.) Verlängerung (der Laufzeit), Stundung
Promotion (F.) ist die Verleihung des →Doktorgrads durch eine dazu
berechtigte →Hochschule. Die Voraussetzungen und das Verfahren
sind in besonderen Promotionsordnungen (Fachbereichssatzungen)
geregelt. Die P. zum Dr. jur. setzt in der Regel das Bestehen der
ersten juristischen →Staatsprüfung – mit einem gehobenen Prädikat
(vollbefriedigend, gegebenenfalls auch befriedigend) –, eine
→Dissertation (anders früher in Österreich), ein Rigorosum (drei
Rigorosen früher in Österreich) oder eine Disputation (und den
Nachweis von Lateinkenntnissen) voraus. Die erfolgreiche P.
berechtigt – ohne Rücksicht auf die Note – nach Einlieferung der
→Pflichtexemplare und Aushändigung der Promotionsurkunde zum
Führen des Doktorgrads. Die im Anschluss an das Studium ernsthaft
und nachhaltig geführte Vorbereitung auf eine Promotion ist ein Teil
einer Berufsausbildung, die zum Bezug von Kindergeld berechtigt.
Lit.: Köbler, Jurist; Münch, I. v., Promotion, 2. A. 2003
Promotionsverfahren ist das Verwaltungsverfahren mit dem Ziel der
→Promotion. Es beginnt nach Erwerb der Zulassungsvoraussetzung
der mindestens durchschnittlich bestandenen ersten juristischen
Staatsprüfung (Prädikatsexamen) grundsätzlich mit der Suche nach
einem geeigneten, neue Erkenntnisse ermöglichenden Thema und
einem betreuungsbereiten Lehrer. Dem schließt sich die
Arbeitsdisziplin und Einfallskraft erfordernde eigenständige
Ausarbeitung einer →Dissertation an. Den Beschluss bildet die selten
ernsthaft problematische mündliche Prüfung und die Aushändigung
der Promotionsurkunde nach Ablieferung der Pflichtexemplare.
Promulgation (F.) Verkündung (eines Gesetzes)
Properhändler (Eigenhändler) ist der im eigenen Namen und für
eigene Rechnung tätige Händler. Er steht im Gegensatz zum
→Handelsvertreter. Unter besonderen Umständen können
Einzelregeln des Rechts der Handelsvertreter entsprechend auf den P.
angewandt werden.
Proporz (M.) Verhältnis (insbesondere der Zahl der Angehörigen
einer gesellschaftlichen Gruppe und der Zahl ihrer Vertreter in einem
Entscheidungsgremium z. B. Parteienproporz in Bezug auf die
Verteilung der gut besoldeten öffentlichen Ämter in
korruptionsgefährdeten Ländern)
proprietas (lat. [F.]) Eigentum
Prorektor (M.) Stellvertreter des Rektors
prorogatio (F.) fori (lat.) Gerichtsstandsvereinbarung
Prorogation (F.) Gerichtsstandsvereinbarung, →Gerichtsstand
Prospekthaftung ist das Einstehenmüssen eines Anbieters für die
von ihm in einem Prospekt veröffentlichten Angaben.
Lit.: Ellenberger, J., Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001; Assmann/Lenz/Ritz,
Verkaufsprospektgesetz, 2001
Prostitution (§ 180a StGB) ist im Strafrecht das Vornehmen oder
Vornehmenlassen von sexuellen Handlungen an, vor oder von
wechselnden Partnern oder Zuschauern (str.) während einer gewissen,
nicht unbedingt längeren Dauer gegen Entgelt, das auch einem andern
zufließen kann. Die P. selbst ist straflos, die Förderung der P. dagegen
in bestimmten Arten strafbar. Sind sexuelle Handlungen gegen ein
vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese
Vereinbarung nach dem Prostitutionsgesetz eine rechtswirksame,
jedoch nicht abtretbare Forderung. Nicht unter die Förderung der P.
fällt das bloße Unterhalten eines Dirnenwohnheims, in dem nur die
mit dem Gewähren von Wohnung, Unterkunft oder Aufenthalt
üblicherweise verbundenen Nebenleistungen erbracht werden. Im
Sinn des Ausländergesetzes ist P. Arbeit. Im
Wohnungseigentumsrecht kann einzelnen Wohnungseigentümern ein
Unterlassungsanspruch gegenüber der Nutzung eines
Sondereigentums für die P. zustehen. Der jährliche Umsatz durch P.
in Deutschland wird auf 12 Milliarden DM (1997) geschätzt. 2001
wurde die P. in Deutschland verrechtlicht.
Lit.: Laskowski, S., Die Ausübung der Prostitution, 1997; Gieß, S., Die Reglementierung von
Prostitution in Deutschland, 1999
Protektorat ([N.] Schutzgebiet) ist der zu Gunsten eines
Protektorstaats in seiner Handlungsfähigkeit (z. B. Außenpolitik)
eingeschränkte Staat bzw. das zwischen diesen beiden Staaten
bestehende Verhältnis (z. B. Indien – Bhutan, Frankreich – Monaco).
Protest ist der förmliche Einspruch. Im Wechselrecht (z. B. Art. 44
WG) ist P. die öffentliche →Beurkundung der Verweigerung der
→Annahme oder der →Zahlung bei Vorlegung bestimmter
→Wertpapiere. Der P. ist grundsätzlich Voraussetzung für den
→Rückgriff des →Inhabers des Wertpapiers auf die für den
Bezogenen haftenden Beteiligten (z. B. →Aussteller, →Indossanten).
Lit.: Breutz, I., Der Protest im Völkerrecht, 1997
Protestatio [F.] facto contraria (non valet) ([lat.] die dem [eigenen]
Verhalten zuwiderlaufende Verwahrung [hat keine Bedeutung]) ist
ein heute § 242 BGB zuzurechnender allgemeiner Rechtsgrundsatz.
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
Protokoll (z. B. § 160 ZPO) ist die – durch Unterschrift oder
Genehmigung als richtig anerkannte – Niederschrift über eine
→Verhandlung (Tonaufnahmegerät zulässig, § 168a II StPO),
insbesondere im Rahmen eines →Verfahrens. Wer als Vorsitzender
allein oder kollusiv mit andern (z. B. der Protokollführerin) den
Ablauf einer Verhandlung im P. bewusst unrichtig wiedergibt, ist
Fälscher. Im Völkerrecht ist P. die Gesamtheit der Regeln des
förmlichen diplomatischen Verkehrs.
Lit.: Hendrix, P., Die Protokollführung in der Hauptverhandlung, 8. A. 2000; Meyer-Mews, H., Das
Wortprotokoll in der strafrechtlichen Hauptverhandlung, NJW 2002, 103
Provision (z. B. § 354 HGB) ist die Vergütung für eine Tätigkeit, die
in einem bestimmten Prozentsatz des Werts des vermittelten
Geschäfts (Vermittlungsprovision) oder des abgeschlossenen
Geschäfts (Abschlussprovision) bemessen wird. Die P. kann Entgelt
oder Zulage zum Entgelt sein. Anspruch auf P. haben besonders
Handelsvertreter, Handelsmakler und Kommissionäre.
→Delkredereprovision
Lit.: Ohnesorge, R., Provisionen im Maklerrecht, 1995
Prozess ist der rechtlich geordnete, von Lage zu Lage sich
entwickelnde Vorgang zur Gewinnung einer richterlichen
→Entscheidung über ein behauptetes materielles →Rechtsverhältnis.
Der P. ist ein staatliches Verfahren, das die →Selbsthilfe ersetzt. Er
zerfällt nach der Gliederung der →Gerichtsbarkeit in →Zivilprozess
und →Strafprozess, →Verwaltungsprozess sowie den P. vor dem
Arbeitsgericht, Finanzgericht, Sozialgericht und Verfassungsgericht.
→Prozessformular
Prozessagent (§ 157 III ZPO) ist der →Rechtsbeistand, der auf
Grund besonderer Gestattung durch die Justizverwaltung (Präsident
des Amtsgerichts oder Präsident des Landgerichts) die Besorgung
fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht gewerbsmäßig betreibt.
Prozessbetrug ist der →Betrug, bei dem ein →Richter durch falsche
Behauptungen des Täters zu einer Entscheidung veranlasst wird, die
das →Vermögen des Prozessgegners schädigt.
Lit.: Piech, X., Der Prozessbetrug im Zivilprozess, 1998
Prozessbevollmächtigter ist die (→prozessfähige und
→postulationsfähige) Person, der →Prozessvollmacht erteilt ist.
Lit.: Bergerfurth, B., Der Anwaltszwang und seine Ausnahmen, 2. A. 1988
Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, vor →Gericht zu stehen (§ 51
ZPO). Sie ist die Fähigkeit, →Prozesshandlungen selbst oder durch
einen →Prozessbevollmächtigten wirksam vorzunehmen oder
entgegenzunehmen. Nach § 52 I ZPO ist eine Person insoweit
prozessfähig, als sie sich durch Verträge verpflichten kann, d. h.
→geschäftsfähig ist. Entsprechend der Geschäftsfähigkeit kann sich
auch die P. auf Teilbereiche beschränken (vgl. § 113 BGB). Ergibt
sich im Berufungsverfahren, dass dem Kläger seit der Klageerhebung
die P. fehlt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
Lit.: Oda, T., Die Prozessfähigkeit, 1997
Prozessformular ist das im Prozess hilfreiche →Formular.
Lit.: Das Prozessformularbuch, hg. v. Vorwerk, V., 7. A. 2002; Beck’sches Prozessformularbuch,
hg. v. Locher, H./Mes, P., 9. A. 2003
Prozessführung ist die Führung eines Prozesses als richtige Partei im
eigenen Namen.
Lit.: Kleinheisterkamp, T., Prozessführung über gepfändete
Geldforderungen, 2001
Prozessführungsbefugnis ist die Befugnis, einen →Prozess als die
richtige →Partei im eigenen Namen zu führen. Sie steht grundsätzlich
dem Träger des streitigen Rechts zu, entspricht also im materiellen
Recht der →Verfügungsbefugnis. Kommt sie einem andern zu, liegt
→Prozessstandschaft vor.
Lit.: Weber, R., Die Prozessführungsbefugnis als Sachurteilsvoraussetzung, 1992 (Diss.);
Backmann, J./Zender, O., Die Prozessführungsbefugnis, JuS 1996, 1084; Wieser, E., Gründe
gemeinschaftlicher Prozessführungsbefugnis, JuS 2000, 997
Prozessgebühr (§ 31 I Nr. 1 BRAGO) ist die Gebühr des zum
Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts für das Betreiben
des Geschäfts einschließlich der Information. →Verfahrensgebühr
Prozessgericht ist das →Gericht, vor dem der betreffende →Prozess
durchgeführt wurde, wird oder werden soll.
Prozesshandlung ist die prozessgestaltende Beteiligung der →Partei
und der Streitgehilfen bzw. ihrer →Vertreter (im weiteren Sinn auch
des →Gerichts, str.) an einem →Verfahren. Die P. kann in einem
→Tun oder →Unterlassen bestehen. Sie ist meist einseitig (z. B.
→Klage, →Einspruch, →Anerkenntnis, Behaupten, Gestehen,
Bestreiten, Beweisantritt, Antrag an das Gericht). Die Wirksamkeit
der P. erfordert bestimmte Voraussetzungen
(Prozesshandlungsvoraussetzungen, nämlich vor allem
→Parteifähigkeit, →Prozessfähigkeit, →Prozessvollmacht,
→Postulationsfähigkeit). Für die P. gelten nicht die Regeln der
materiellrechtlichen Rechtshandlungen (→Rechtsgeschäfte).
Lit.: Baumgärtel, G., Wesen und Begriff der Prozesshandlung, 2. unv. A. 1957; Arens, P.,
Willensmängel bei Parteihandlungen im Zivilprozess, 1968
Prozesshandlungsvoraussetzung →Prozesshandlung
Prozesshindernis →Prozessvoraussetzung
Prozesskosten sind die →Kosten des →Prozesses. Sie hat
grundsätzlich die unterliegende →Partei zu tragen. Unter bestimmten
Voraussetzungen bestehte Anspruch auf →Prozesskostenhilfe.
Lit.: Schade, W., Prozesskosten, NJW 2003, 1504
Prozesskostenhilfe (§ 114 ZPO) ist die vor Beendigung des
Verfahrens zu bewilligende finanzielle Unterstützung einer →Partei,
die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die
→Kosten der Führung eines →Prozesses nicht, nur zum Teil oder nur
in Raten aufbringen kann. Die P. wird nur dann gewährt, wenn die
beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die P.
erfordert einen Antrag bei dem →Prozessgericht. Die Bewilligung der
P. bewirkt, dass die Partei Gerichtskosten und Vergütungsansprüche
der beigeordneten →Rechtsanwälte (§ 122 ZPO) nicht begleichen
muss. Die Gebühren der Rechtsanwälte werden aus der Staatskasse
vergütet. Bei Verlust des Prozesses sind allerdings in der Regel die
Kosten des Gegners (Anwaltskosten) zu erstatten.
Lit.: Schoreit, A./Dehn, J., Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, 7. A. 2001; Zimmermann, W.,
Prozesskostenhilfe in Familiensachen, 2. A. 2000; Kalthoener, E./Büttner, H./Wrobel-Sachs, H.,
Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. A. 2003; Dörndorfer, J., Prozesskostenhilfe für Anfänger,
3. A. 2003; Künzl, R./Koller, J., Prozesskostenhilfe, 2. A. 2003
Prozesskostenvorschuss (§ 127a ZPO) ist ein Vorschuss zur
Bestreitung von Prozesskosten in Unterhaltssachen (vgl. §§ 1360a IV,
1361 IV BGB).
Lit.: Knops, K., Der familienrechtliche Prozesskostenvorschuss, NJW 1993, 1237
Prozessrecht ist die Gesamtheit der den →Prozess betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Koenig, K./Pechstein, M./Sander, C., Einführung in das EU-/EG-Prozessrecht, 2. A. 2002;
Wieser, E., Prozessrechtskommentar zum BGB, 2. A. 2002; Koch, H., Prozessrechtslehre aus
Anwaltssicht, JuS 2000, 320; Müller, B./Schöppe-Fredenburg, P., Luchterhand Anwaltsformulare
Prozessrecht, 2003
Prozessstandschaft ist die Befugnis, im eigenen Namen einen
→Prozess über ein fremdes Recht (Fehlen der →Sachbefugnis) zu
führen. Die P. ist ein Fall der →Prozessführungsbefugnis. Sie kann
gesetzliche P. sein (z. B. § 265 ZPO) oder gewillkürte P.
(entsprechend § 185 I BGB). Diese erfordert außer der Ermächtigung
durch den Rechtsinhaber ein eigenes schutzwürdiges →Interesse des
Prozessstandschafters, das fremde Recht geltend zu machen (z. B.
Provisionsanspruch bei der Einziehungsermächtigung).
Lit.: Bischopink, O., Die gesetzliche Prozessstandschaft, 1997
Prozesstaktik ist das taktische Verhalten eines Beteiligten im
→Prozess. P. ist zulässig. Sie darf aber die →Rechtsordnung nicht
verletzen. →Prozessverschleppung
Lit.: Rinsche, F., Prozesstaktik, 4. A. 1999
Prozesstrennung ist die Aufteilung eines Prozesses in mehrere
selbständige Prozesse zum Zweck der Verfahrensvereinfachung durch
den Richter (vgl. § 145 ZPO, §§ 2 II, 4 StPO).
Prozessurteil ist das auf dem Fehlen einer →Prozessvoraussetzung
(Rechtswegvoraussetzung) beruhende →Urteil (z. B. Abweisung,
Verwerfung, Einstellung). Das P. steht im Gegensatz zum
→Sachurteil, bei dem nicht nur über die formellen Voraussetzungen
(→Zulässigkeit), sondern auch über das materielle Begehren
(→Begründetheit) entschieden wird. Das P. erwächst nur hinsichtlich
der Zulässigkeitsvoraussetzungen in →Rechtskraft.
Lit.: Grunsky, W., Prozess- und Sachurteil, ZZP 80, 55
Prozessvergleich (z. B. § 160 III ZPO) ist der →Vergleich vor einem
→Gericht im Rahmen eines →Verfahrens durch Protokollierung oder
Feststellung durch richterlichen Beschluss. Er ist sowohl
→Prozesshandlung wie auch →Rechtsgeschäft. Er stellt einen
→Vollstreckungstitel dar (§ 794 I Nr. 1 ZPO).
Lit.: Eisenreich, A., Der Prozessvergleich, JuS 1999, 797; Stueber, J., Grundfragen zum
Prozessvergleich, 2001; Budach, W./Johlen, H., Der Prozessvergleich im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren, JuS 2002, 371
Prozessverschleppung ist die gewollte Verzögerung eines
→Rechtsstreits durch verspätetes Vorbringen von Behauptungen und
→Beweismitteln. Ihr kann unter Umständen dadurch begegnet
werden, dass die entsprechenden →Prozesshandlungen
zurückgewiesen werden (z. B. § 296 ZPO), unberücksichtigt bleiben
oder besonders kostenpflichtig gemacht werden. →Prozesstaktik
Lit.: Thomas/Putzo, ZPO; Kallweit, U., Die Prozessförderungspflicht der Parteien und die
Präklusion verspäteten Vorbringens, 1983 (Diss.)
Prozessvertrag ist der Vertrag über die Gestaltung eines Prozesses.
Er ist zulässig. Er kann zwingendes Prozessrecht nicht abändern.
Lit.: Wagner, G., Prozessverträge, 1998
Prozessvollmacht (z. B. § 80 ZPO) ist die zur Vertretung in allen,
einen →Rechtsstreit betreffenden →Prozesshandlungen
ermächtigende, durch Vorlage des Originals der
Bevollmächtigungsurkunde nachzuweisende →Vollmacht. Sie ist
→Prozesshandlungsvoraussetzung. Sie kann sich entweder nur auf
Prozesshandlungen oder auch auf →Rechtsgeschäfte erstrecken.
Lit.: Paulus, C. u. a., Rechtsschein der Prozessvollmacht, NJW 2003,
1692
Prozessvoraussetzung ist die Voraussetzung, die gegeben sein muss,
damit ein →Sachurteil ergehen kann. Ihr Vorliegen ergibt die
→Zulässigkeit des Begehrens. Die wichtigsten
Prozessvoraussetzungen des →Zivilprozessrechts sind
Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung, Wirksamkeit der
Klageerhebung als →Prozesshandlung, örtliche und sachliche
→Zuständigkeit, deutsche →Gerichtsbarkeit, Existenz der →Partei
und →Parteifähigkeit, →Prozessfähigkeit oder →Vertretung,
→Prozessführungsbefugnis, Fehlen der →Rechtskraft, Fehlen der
→Rechtshängigkeit, Rechtswegzulässigkeit und
→Rechtsschutzbedürfnis.
Lit.: Harms, W., Die Reihenfolge der Prüfung von Prozessvoraussetzungen, ZZP 83, 167
Prüfung (Examen) (§ 15 HRG) ist das →Verfahren zur Beurteilung,
insbesondere zur Beurteilung einer Leistung (im Bildungswesen), das
mit einer Prüfungsentscheidung abgeschlossen wird. Die
Prüfungsentscheidung ist ein →Verwaltungsakt. Er ist abgesehen von
einem →Beurteilungsspielraum des Prüfers, dem ein
Beantwortungsspielraum (Antwortspielraum) des Prüflings
gegenübersteht, gerichtlich nachprüfbar. Das Gericht kann aber keine
eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung eines Prüfers setzen.
Mit der Anerkennung eines Bewertungsspielraums wird in Kauf
genommen, dass verschiedene Prüfer dieselbe Prüfungsleistung
unterschiedlich bewerten können (z. B. milder oder strenger als der
Durchschnitt der Prüfer).
Lit.: Zimmerling, W., Prüfungsrecht, 1998; Lampe, M., Gerechtere Prüfungsentscheidungen, 1999;
Hartz, N. v./Streiter, F., Mündliche Prüfung und Aktenvortrag im Assessorexamen, JuS 2001, 790
Prüfungsordnung (§ 16 HRG) ist die (einer staatlichen
Genehmigung bedürftige) →Satzung einer →Hochschule (für
Universitätsprüfungen wie z. B. →Promotion) oder ein staatliches
Gesetz bzw. eine staatliche Rechtsverordnung (für staatliche
Prüfungen wie z. B. die erste juristische Staatsprüfung), welche die
für eine bestimmte →Prüfung geltenden Rechtssätze festlegt.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Pseudonym ([N.] falscher Name) ist im Privatrecht der vielfach von
Künstlern verwandte Deckname (→Name i. S. v. § 12 BGB).
Lit.: Weigand, J., Pseudonyme, 3. A. 2000
Psychiatrie ist das mit der Behandlung seelischer Krankheiten
befasste Teilgebiet der Medizin, forensische P. ihr rechtliche Fragen
betreffendes Untergebiet (gerichtliche Medizin).
Lit.: Rasch, W., Forensische Psychiatrie, 1999
Psychotherapeutengesetz ist das die Rechte und Pflichten der
Psychotherapeuten betreffende Bundesgesetz.
Lit.: Pulverich, G., Psychotherapeutengesetz, 3. A. 1999; Behnsen, E., Psychotherapeutengesetz,
1999; Salzl, K./Steege, R., Psychotherapeutengesetz, 1999; Faber, R./Dahm, K./Kallinke, D.,
Kommentar Psychotherapie-Richtlinien, 5. A. 1999; Jerouschek, G., Psychotherapeutengesetz,
2004
Publikum (N.) Öffentlichkeit
Publikumsgesellschaft ist rechtstatsächlich die Gesellschaft, bei der
eine Vielzahl von nicht miteinander besonders verbundenen Personen
(Publikum) jeweils kleine Gesellschaftsanteile hält. Das gesetzlich
geregelte →Gesellschaftsrecht kennt nur vereinzelt Sonderregeln für
die P. Demgegenüber hat die Rechtsprechung die P. verschiedentlich
besonders behandelt.
Lit.: Dietrich, Die Publikums-Kommanditgesellschaft und die gesellschaftsrechtlich geschützten
Interessen, 1988; Jansch, T., Die Rolle der Aktionäre in Publikumsgesellschaften, 1999; Kaczynski,
D., Der aktive Grossaktionär in der Publikumsgesellschaft, 2000
Publizität ([F.] Offenkundigkeit) ist die mit einer jedermann
erkennbaren →Eintragung in ein öffentliches →Register verbundene
Rechtswirkung. Im Handelsrecht ist positive P. die Rechtswirkung
einer eingetragenen und bekannt gemachten Tatsache, dass sie
grundsätzlich jedermann entgegengehalten werden kann (§ 15 II
HGB). Negative P. bedeutet, dass eine einzutragende, nicht
eingetragene Tatsache grundsätzlich niemandem entgegengehalten
werden kann, sofern sie dem Betreffenden nicht ausnahmsweise
bekannt war (§ 15 I HGB) (vgl. auch § 68 BGB für das
→Vereinsregister).
Lit.: Merkt, H., Unternehmenspublizität, 2000; Möllers, T./Rotter, K., Ad-hoc-Publizität, 2003
Publizitätsprinzip ist der Grundsatz, dass alle Veränderungen der
(sachenrechtlichen) Rechtslage grundsätzlich offensichtlich werden
müssen (bei beweglichen →Sachen in der Regel durch eine
Übertragung des →Besitzes, z. B. §§ 929, 1205 BGB, bei
→Grundstücken durch eine →Eintragung im →Grundbuch, § 873
BGB).
Lit.: Rothoeft, D., Zur Bedeutung und Tragweite der Publizität im Vollstreckungsrecht, 1966
Punktation ist die Festlegung der wesentlichen Inhalte einer Vereinbarung.
putativ (Adj.) vermeintlich
Putativnotwehr ist die Abwehr eines vermeintlichen, vom
Handelnden nur angenommenen, in Wirklichkeit aber nicht
bestehenden →Angriffs. Da objektiv kein Angriff vorliegt, ist keine
→Notwehrlage gegeben und die Handlung nicht gerechtfertigt,
sondern →rechtswidrig. Es liegt ein →Erlaubnistatbestandsirrtum
vor, der im Strafrecht wie ein →Tatbestandsirrtum zu behandeln ist.
Lit.: Graul, E., Notwehr oder Putativnotwehr, JuS 1995, 1049
Putativnotstand ist die Abwehr eines vermeintlichen, vom
Handelnden nur angenommenen, in Wirklichkeit aber nicht
bestehenden Zustandes gegenwärtiger Gefahr für rechtlich geschützte
Interessen. Bei einem rechtfertigenden →Notstand liegt ein
→Erlaubnistatbestandsirrtum vor, bei einem entschuldigenden
Notstand gelten die §§ 35 II, 49 I StGB.
Q
Quaestio (lat. [F.] Suchen, Befragung, Vernehmung) ist in der
römischen →Rechtsgeschichte der aus gewählten →Geschworenen
bestehende, auf Dauer eingesetzte und für bestimmte Arten von
→Verbrechen zuständige Strafgerichtshof unter dem Vorsitz eines
→Prätors (150 v. Chr.-200 n. Chr.). Das Recht zur →Anklage vor der
q. stand jedermann zu. Im Mittelalter ist q. auch die einzelne
(Untersuchung einer) Rechtsfrage.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Grabmann, M., Die Geschichte der scholastischen
Methode, 1909ff., Neudruck 1955; Kunkel, W., Untersuchungen zur Entwicklung des römischen
Kriminalverfahrens in vorsullanischer Zeit, 1962
Qualifikation ist die Eignung oder Befähigung zu einem Verhalten,
im Strafrecht der im Verhältnis zu einem Grundtatbestand gesteigerte
→Straftatbestand (z. B. →Mord im Verhältnis zu →Totschlag, str.).
qualifiziert (Adj.) durch ein Sondermerkmal hervorgehoben
qualifizierte Mehrheit →Mehrheit, qualifizierte
qualifizierte Straftat →Straftat, qualifizierte
qualifizierter Versuch →Versuch, qualifizierter
Quasidelikt ist im römischen Recht das den →Delikten ähnliche
schuldrechtliche Institut (z. B. Klaganspruch wegen Hinauswerfens
oder Ausgießens [von Gegenständen aus einem Haus auf die Straße]).
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Quasikontrakt ist im römischen Recht das den →Verträgen ähnliche
schuldrechtliche Institut (z. B. Geschäftsführung [ohne Auftrag],
Gemeinschaft, ungeschuldete Leistung, Vermächtnis).
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
quasinegatorisch (Adj.) verneinungsähnlich, →Anspruch,
quasinegatorischer
Quasisteuer ist die wie eine →Steuer wirkende, nicht als solche
ausgewiesene →Abgabe oder sonstige Leistung.
Quästur ist im römischen Recht das höchste Amt der
Finanzverwaltung, im Verwaltungsrecht vielfach die
Universitätskasse.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Quellensteuer ist die durch Steuerabzug an der Quelle erhobene
Steuer (z. B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) Im Gegensatz zur
Veranlagungsteuer.
Querulanz ist das Belasten bzw. Belästigen von Behörden und
Gerichten durch dauernde, meist unbegründete Anträge. Bei deren
Behandlung sind die staatlichen Stellen zu rechtmäßigem Verhalten
verpflichtet. Keine Q. ist die rechtmäßige Wiederholung (von
korrupten Behörden) rechtswidrig nicht oder falsch erledigter
Anträge.
Lit.: Dinger, A./Koch, U., Querulanz in Gericht und Verwaltung, 1992
Quittung (§ 368 BGB) ist das schriftliche Empfangsbekenntnis, das
der Gläubiger auf Verlangen gegen Empfang der Leistung erteilen
muss. Die Q. ist nur ein vom →Gläubiger gegen sich selbst
hergestelltes →Beweismittel. Sie entsteht nicht durch
→Rechtsgeschäft. Ihre Beweiswirkung kann durch Gegenbeweis
entkräftet werden. Der Überbringer einer (echten) Q. gilt als
→ermächtigt, die betreffende Leistung zu empfangen (§ 370 BGB).
Quorum ([lat.] von denen) ist die Bezeichnung für die Zahl von
Angehörigen einer Personenmehrheit, die bei einer →Abstimmung
mindestens anwesend sein oder an ihr teilnehmen muss.
Quote (F.) Anteil
Quotenaktie (→Stückaktie, § 8 I AktG) ist die nicht durch einen
festen Nennbetrag bestimmte →Aktie. Bei der unechten
nennwertlosen Aktie bleibt das Grundkapital der Gesellschaft
erhalten, doch steht die Aktie nicht für eine feste, aufdruckbare Quote
am Grundkapital, da Kapitalerhöhungen den Anteil am Unternehmen
ändern.
Quotenvorrecht ist das →Recht des →Versicherungsnehmers,
dessen →Schaden durch die Versicherungsleistung nicht völlig
gedeckt ist, einen sonstigen →Schadensersatzanspruch gegen Dritte
vorrangig zur vollen Deckung seines Schadens zu beanspruchen
(Differenztheorie). Nur der nach Befriedigung des
Versicherungsnehmers noch verbleibende Teil dieser
Schadensersatzforderung geht kraft Gesetzes (§ 67 I VVG) auf den
Versicherer über (vgl. § 116 I SGB).
Lit.: Möller, Versicherungsvertragsrecht
Quotierung (F.) Festlegung von →Quoten
R
Rabatt ([M.] Abschlag) ist der meist prozentuale Nachlass von einem
→Preis (z. B. Mengenrabatt, Skonto). Er ist zulässig. Unzulässig ist
es, eine Kundenkarte auszugeben und 3% Rückvergütung dem zu
versprechen, der mit Hilfe der Karte mindestens Waren im Wert von
2500 Euro erwirbt.
Lit.: Lange, K./Spätgens, K., Rabatte und Zugaben im Wettbewerb, 2001
Rädelsführer (Scharführer, z. B. § 129 IV StGB) ist der geistig oder
körperlich eine führende Rolle in einer Gruppe von Menschen
einnehmende Mensch. Die Eigenschaft als R. kann strafbegründendes
oder strafschärfendes →Tatbestandsmerkmal sein.
Rahmengesetzgebung (Art. 75 GG) ist die →Gesetzgebung des
→Bundes auf Grund der →Rahmenkompetenz.
Rahmenkompetenz (Art. 75 GG) oder
Rahmengesetzgebungskompetenz ist die (konkurrierende)
→Zuständigkeit des →Bundes in bestimmten Angelegenheiten zum
Erlass von →Rahmenvorschriften.
Lit.: Schneider, T., Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes, 1994
Rahmenrecht ist das umfassende Recht, dessen konkreter
Schutzbereich im Einzelfall ermittelt werden muss (z. B. allgemeines
Persönlichkeitsrecht).
Rahmenvertrag ist der einen allgemeinen Rahmen für auf längere
Dauer und vielfältige Einzelvereinbarungen angelegte
rechtsgeschäftliche Beziehungen bildende →Vertrag.
Lit.: Gass, W./Lange, K., Rahmenverträge, 1999
Rahmenvorschrift ist der Rechtssatz, der nur gewisse Grundzüge der
rechtlichen Regelung enthält, im Übrigen aber die inhaltliche
Gestaltung offen lässt.
Rang ist die bestimmte Stufe innerhalb einer hierarchischen Ordnung.
Im Sachenrecht (§§ 879, 1209 BGB) besteht zwischen mehreren
beschränkten dinglichen →Rechten an einer Sache ein
Rangverhältnis, nach dem sich insbesondere die Befriedigung bei der
→Verwertung richtet. Der R. bestimmt sich bei Rechten an
→Grundstücken nach der örtlichen Stellung im →Grundbuch
(Lokusprinzip), bei beweglichen Sachen nach der Zeit der Entstehung
(→Prioritätsprinzip, vgl. §§ 879, 1209 BGB, 45 GBO). Abweichende
→Vereinbarungen sind möglich. Ein bestimmter R. kann auch
→gutgläubig erworben werden.
Rangänderung ist die von der gesetzlichen Bestimmung des
→Rangs eines Rechts abweichende rechtsgeschäftliche Veränderung
des Rangverhältnisses mehrerer Rechte. Erforderlich ist grundsätzlich
die →Einigung der Beteiligten und die Eintragung dieses
abweichenden Rangverhältnisses in das Grundbuch (§ 879 III BGB).
Bei einer nachträglichen Rangänderung bedarf es der Einigung des
zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten und der
Eintragung der Änderung in das Grundbuch (§ 880 I, II BGB).
Rangverhältnis →Rang
Rangvorbehalt (§ 881 BGB) ist der Vorbehalt der Befugnis des
→Eigentümers eines →Grundstücks, ein Recht entgegen dem
Lokusprinzip mit dem →Rang vor einem – bereits in das
→Grundbuch eingetragenen – Recht eintragen zu lassen. Der R.
entsteht durch →Einigung zwischen dem Eigentümer und dem durch
den R. belasteten Gläubiger des zeitlich früheren Rechts und durch
Eintragung bei diesem durch den R. beschränkten Recht. Wird später
ein Recht auf Grund des Rangvorbehalts eingetragen, so geht es in der
→Zwangsversteigerung dem älteren, durch R. belasteten Recht –
nicht jedoch andern Rechten – vor.
Rasse ist die durch kennzeichnende, gleiche Merkmale abgrenzbare
Art einer Lebewesengattung (ausgenommen den Menschen).
Lit.: Delbrück, J., Die Rassenfrage, 1971; Rassen und Minderheiten, hg. v. Seidler, H./Soritsch, A.,
1983
Rassenschande ist der die vom Nationalsozialismus nicht erlaubte
Vermischung bestimmter menschlicher Rassen bedrohende
Straftatbestand der →Nürnberger Gesetze.
Lit.: Kroeschell, K., Rechtsgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, 1992; Ley, M., Zum Schutz
des deutschen Blutes, 1997
Rassismus ist die in Anfängen im 17./18. Jh. erkennbare politische
Lehre von dem Vorhandensein und der Bewertung menschlicher
Rassen.
Lit.: Rassen und Minderheiten, hg. v. Seidler, H./Soritsch, A., 1983
Rasterfahndung (§§ 98a, 98b StPO) ist die mit Hilfe der
elektronischen Datenverarbeitung nach bestimmten kriminalistischen
Prüfkriterien (Rastern) erfolgende systematische Fahndung nach
Straftätern. Im weiteren Sinn gehören hierzu auch
Schleppnetzfahndung und Datenabgleich. Im engeren Sinn ist R. die
Überprüfung personenbezogener, für andere Zwecke als für die
Strafverfolgung erhobener und in Dateien von andern Stellen als
Strafverfolgungsbehörden gespeicherten Daten durch
Strafverfolgungsbehörden an Hand von Rastern. Ihre Zulässigkeit für
die →Steuerfahndung ist streitig.
Lit.: Wittig, P., Schleppnetzfahndung, Rasterfahndung und Datenabgleich, JuS 1997, 961; Graf, W.,
Rasterfahndung, 1997; Siebrecht, M., Rasterfahndung, 1997
Rat ist vielfach die Bezeichnung für ein – meist kollegiales –
→Organ einer Personenmehrheit (z. B. Aufsichtsrat, Verwaltungsrat,
Stadtrat, in der Rechtsgeschichte auch Hofrat, geheimer R. usw.),
vielfach daraus folgend auch ein Amtstitel (z. B. Landrat,
Regierungsrat, in Österreich Hofrat trotz eines seit 1918 beseitigten
Hofs).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Rat der Europäischen Union ist die Gesamtheit der
Staatsoberhäupter bzw. Regierungschefs der Mitgliedstaaten der
→Europäischen Union einschließlich des Präsidenten der
→Europäischen Kommission. Der R. d. E. U. tagt in dreimal jährlich
stattfindenden Gipfeltreffen. Er legt die Leitlinien der Politik der
Europäischen Union fest, überlässt aber rechtsverbindliche
Beschlüsse dazu dem →Ministerrat der Europäischen Union.
Rat der Volksbeauftragten →Räterepublik, Weimarer Republik
Rate (Anteil) ist der Teilbetrag einer →Leistung. Insbesondere wird
der →Kaufpreis des →Abzahlungskaufs bzw. Verbraucherkreditkaufs
bzw. die Rückzahlung des Verbraucherdarlehensvertrags in Raten
entrichtet. Bei →Rücktritt wegen →Nichterfüllung der
Ratenzahlungsverpflichtungen sind die empfangenen →Leistungen
zurückzugewähren.
Lit.: Scholz, F., Ratenkreditverträge, 1983
Räterepublik ist die auf dem im ausgehenden 19. Jh. entstandenen
Rätesystem aufgebaute(, rechtstatsächlich bisher gescheiterte)
→Republik. Dabei sind vielfach die Räte die von den Arbeitern in
den Betrieben gewählten Vertreter, die in Vollversammlungen und
mit Hilfe von Ausschüssen und Kommissaren die Gewalt bis zur
endgültigen Verwirklichung des Sozialismus ausüben sollen. Die Räte
haben ein imperatives →Mandat und sind jederzeit abberufbar.
Lit.: Die Rätebewegung, hg. v. Hillmann, G., 1970
Raterteilung (§ 675 II BGB) ist die Äußerung einer Empfehlung, die
als solche keine Verpflichtung zum →Ersatz des aus der Befolgung
des erteilten Rats entstehenden →Schadens begründet.
Rathauspartei ist die Gruppe von Menschen, die sich in ihrer
politischen Tätigkeit auf örtliche Ziele der kommunalen Ebene
beschränkt. Sie ist keine →Partei im Sinn des Verfassungsrechts. In
den Gemeinden sind aber meist auch die Parteien (im Sinn des
Verfassungsrechts) tätig.
Ratifikation ist im Völkerrecht die Billigung des von den
Unterhändlern ausgehandelten Vertragsentwurfs durch das staatliche
Organ, das von der →Verfassung zum Abschluss eines solchen
→Vertrags ermächtigt ist. Im engeren Sinn ist R. der Formalakt des
→Staatsoberhaupts, das durch Unterzeichnung der
Ratifikationsurkunde den Bindungswillen des Staats formal
abschließend dokumentiert. Die R. ist damit der letzte Schritt im
Verfahren des Vertragsschlusses im Völkerrecht.
Lit.: Seidl-Hohenveldern/Stein, Völkerrecht
ratifizieren →Ratifikation
ratio (F.) legis (lat.) Sinn des Gesetzes
ratio (F.) scripta (lat.) geschriebener Sinn
Raub (§ 249 StGB) ist die Wegnahme einer fremden beweglichen
→Sache mit →Gewalt gegen einen Menschen oder unter Anwendung
von →Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben in
der Absicht, sich oder einem Dritten dieselbe rechtswidrig
zuzueignen. Der R. wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr
bestraft. Der Versuch ist strafbar (§ 23 StGB). Der R. ist schwerer R.
(§ 250 StGB), wenn ein Beteiligter eine Waffe oder ein anderes
gefährliches Werkzeug bei sich führt, sonst ein →Werkzeug oder
Mittel (nicht Lippenstift, ungeladene Gaspistole) bei sich führt, um
den Widerstand eines andern durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt
zu verhindern oder zu überwinden, ein Beteiligter durch die Tat einen
andern in die Gefahr einer schweren →Gesundheitsschädigung bringt
oder der Täter den R. als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung
eines andern Bandenmitglieds begeht. Verursacht der Täter durch den
R. wenigstens leichtfertig den Tod eines andern Menschen, so wird er
mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn
Jahren bestraft (§ 251 StGB).
Lit.: Brandts, R., Der Zusammenhang von Nötigungsmittel und Wegnahme beim Raub, 1990
räuberische Erpressung →Erpressung, räuberische
räuberischer Diebstahl →Diebstahl, räuberischer
Raubmord ist der in →Tateinheit mit einem →Raub begangene
→Mord oder →Totschlag.
Lit.: Volbert, R., Tötungsdelikte im Rahmen von Bereicherungstaten, 1992
Raufhandel →Schlägerei
Raum ist das überörtliche Gebiet bzw. das dreidimensionale Gebilde.
Raumordnung (§ 1 ROG) ist die zusammenfassende überörtliche
Ordnung des →Raums auf Grund von vorgegebenen oder erst zu
entwickelnden Leitvorstellungen. Die R. ist ein überfachliches
staatliches →Verfahren mit dem Ziel, das Bundesgebiet in seiner
räumlichen Struktur einer Entwicklung zuzuführen, die der freien
Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft am meisten dient.
Ihr Instrument ist die →Raumplanung.
Lit.: Koch, H./Hendler, R., Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 3. A. 2001; Battis,
U., Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, 4. A. 1999; Gubelt, M./Muckel, S., Fälle zum
Bau- und Raumordnungsrecht, 5. A. 2001
Raumplanung ist die zusammenfassende und überörtliche →Planung
des Raums zum Zweck der →Raumordnung. Sie ist deren zentrales
Instrument. Sie gliedert sich in die vier Planungsstufen der
Bundesplanung, der Landesplanung, der Regionalplanung und der
Ortsplanung (→Bauleitplanung).
Lit.: Koch, H./Hendler, R., Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 3. A. 2001
Räumung (§ 29a ZPO) ist die vielfach gewaltsam durchgeführte
Freimachung eines Raums.
Rausch ist der durch den Genuss von Rauschmitteln (z. B. Alkohol,
Rauschgift) hervorgerufene, die psychischen Fähigkeiten durch
grundsätzlich vorübergehende Vergiftung beeinträchtigende Zustand.
Die im R. abgegebene →Willenserklärung kann nichtig sein (§ 105 II
BGB). Im Strafrecht kann der R. →Schuldunfähigkeit begründen
(→Rauschtat). Das Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr
unter der Wirkung eines Rauschgifts (z. B. Heroin, Morphin, Kokain,
Amphetamin) ist grundsätzlich eine →Ordnungswidrigkeit. Bereits
der einmalige Verbrauch von Haschisch durch einen Soldaten soll die
militärische Ordnung und das Ansehen der →Bundeswehr ernstlich
gefährden.
Rauschtat (§ 323a StGB) ist die im →Rausch begangene
rechtswidrige →Tat, wegen der der Täter deswegen nicht bestraft
werden kann, weil er infolge des Rauschs →schuldunfähig war oder
weil dies nicht auszuschließen ist. Die R. ist objektive →Bedingung
der Strafbarkeit wegen →Vollrauschs.
Lit.: Lackner, K., Vollrausch und Schuldprinzip, JuS 1968, 215
Reaktion (F.) Gegenwirkung
Reaktionszeit ist die zwischen einem äußeren Reiz und der daraufhin
erfolgenden →Reaktion eines Menschen (oder sonstigen Lebewesens)
verstreichende Zeit. Sie beträgt meist 0,1–0,2 Sekunden. Die
durchschnittliche R. ist bei der Frage, ob ein →Unterlassen im
Rahmen eines raschen Geschehensablaufs (z. B. Verkehrsunfall)
→schuldhaft ist, bedeutsam.
real (Adj.) sachlich, wirklich
Realakt ([M.] Tathandlung) ist die auf einen tatsächlichen Erfolg
gerichtete Willensbetätigung, die kraft Gesetzes eine →Rechtsfolge
hervorbringt (z. B. Besitzaufgabe, →Fund, →Verarbeitung). Der R.
ist eine →Rechtshandlung. Auf sie finden grundsätzlich die für
→Rechtsgeschäfte geltenden Vorschriften keine Anwendung.
Lit.: Siedler, R., Zurechnung von Realakten, 1999
Realfolium (§ 3 GBO) ist die für jedes →Grundstück im
→Grundbuch eingerichtete besondere Stelle (Grundbuchblatt, lat.
[N.] folium). Das Grundbuch ist grundsätzlich nach dem
Realfoliensystem aufgebaut. Ein →Personalfolium ist zulässig,
solange hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist (§ 4 GBO).
Realgemeinde ist die auf einem sachenrechtlichen Verhältnis ihrer
Mitglieder aufbauende Gemeinde (z. B. Markgenossenschaft), bei der
z. B. die jeweiligen Eigentümer bestimmter Grundstücke
Gemeindeglieder sind.
Realinjurie (F.) Beleidigung durch tatsächliches Handeln (z. B.
Tippen an die eigene Stirne, Zeigen des nach oben gestreckten
Mittelfingers)
Realkonkurrenz (F.) →Tatmehrheit
Realkontrakt (M.) →Realvertrag
Realkörperschaft ist die an der Berechtigung an →Sachen
anknüpfende →Körperschaft (z. B. Jagdgenossenschaft).
Realkredit ist der durch →Sachen gesicherte Kredit (z. B.
Bodenkredit, Pfand) im Gegensatz zum Personalkredit.
Lit.: Kerl, V., Bankaufsichtliche Anforderungen an den Realkredit, 2. A. 2002
Reallast (§ 1105 BGB) ist die dingliche →Belastung eines
→Grundstücks mit aus dem Grundstück zu entrichtenden
wiederkehrenden →Leistungen (z. B. Verköstigung). Die R. ist ein
beschränktes dingliches →Recht am Grundstück, auf dem außerdem
dinglich jede Einzelleistung lastet (§ 1107 BGB). Daneben besteht
grundsätzlich auch ein persönlicher Anspruch gegen den
→Eigentümer für die während der Dauer seines Eigentums fällig
werdenden Leistungen (§ 1108 BGB). Die R. kann eine bestimmte
Person (subjektiv-persönliche R.) oder den jeweiligen Eigentümer
eines Grundstücks (subjektiv-dingliche R.) berechtigen.
Lit.: Preißmann, K., Die Reallast, Diss. jur. Bonn 1995
Realrecht ist das mit (dem Eigentum an) einer →Sache verbundene
Recht (z. B. subjektiv-dingliche →Reallast).
Lit.: Tesmer, G., Das niedersächsische Realverbandsgesetz, 2. A. 1996
Realunion ist die verfassungsmäßig festgelegte Vereinigung zweier
selbständiger →Staaten unter einheitlichem →Staatsoberhaupt und
mit gemeinschaftlichen Einrichtungen bzw. Organen (z. B.
Österreich-Ungarn 1867-1918).
Realvertrag ist (im römischen Recht) der durch Hingabe einer
→Sache entstehende →Vertrag (z. B. Darlehen, Leihe, Verwahrung,
Pfand). Solange die Hingabe nicht erfolgt ist, ist der Vertrag nicht
zustande gekommen. Ob das →Bürgerliche Gesetzbuch einen R.
kennt, ist zweifelhaft.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Rechenschaft (F.) Rechnung, Rechnungsdarlegung, Verantwortung
Lit.: Dimbeck, F., JuRech Juristische Rechenhilfe, 4. A. 2003
Rechenschaftslegungspflicht (§ 259 BGB) ist die →Verpflichtung,
über das vermögensmäßige Ergebnis einer Tätigkeit eine Abrechnung
vorzulegen. Die R. ist gesetzlich an verschiedenen Stellen angeordnet.
Sie erfordert die Mitteilung einer geordneten Zusammenstellung der
Einnahmen oder der Auslagen sowie, soweit üblich, eine Vorlage der
Belege.
Lit.: Klein, H., Die Rechenschaftspflicht der Parteien, NJW 2000, 1441
Rechnungshof (z. B. für den Bund Art. 114 II GG) ist das
Staatsorgan sowohl des Bunds wie der Länder, das die Rechnung
sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der
Haushaltsführung und Wirtschaftsführung überprüft. Die
Rechnungsprüfung dient der Kontrolle der gesamten →Verwaltung
und ist für den Bund näher geregelt in den §§ 88ff. BHO. Danach ist
u. a. festzustellen, ob wirtschaftlich und sparsam verfahren wird und
ob die Aufgabe mit geringerem Personalaufwand oder Sachaufwand
oder auf andere Weise wirksamer erfüllt werden kann.
Lit.: Mayer, P., Die Erfolgskontrolle von Subventionen durch die Rechnungshöfe, 2001
Rechnungslegung ist die Offenlegung des Rechenwerks eines
Unternehmers oder Unternehmens. Hierfür sind im Handelsrecht und
im Steuerrecht vielfach gesetzlich Regeln festgelegt. Zunehmend
setzen sich nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten von Amerika
internationale Standards (International Accounting Standards,
Generally Accepted Accounting Principles, vgl. § 292a HGB) durch.
→Rechenschaftslegungspflicht
Lit.: Castan, E., Rechnungslegung in der Europäischen Gemeinschaft,
1993; Demming, C., Grundlagen der internationalen
Rechnungslegung, 1997; Scheffler, E., Lexikon der Rechnungslegung,
1999; Biener, H., Deutsche Rechnungslegungsstandards (Lbl.), 2000
Recht ist der zentrale Begriff der Rechtswissenschaft, der so komplex
ist, dass er sich außer als das Richtige nicht mehr sinnvoll einheitlich
bestimmen lässt. Umso wichtiger sind seine einzelnen besonders
bestimmten Bedeutungen, die sich vielfach in Gegensatzpaaren
gegenübertreten. A. I. Objektives R. ist die Sollensordnung, welche
die Verhaltensweisen von einzelnen Menschen und gesamten
Gesellschaften zueinander regelt, d. h. die jeweilige Summe aller
geltenden – soziologisch gesehen aller tatsächlich befolgten –
→Rechtssätze. Das objektive R. unterscheidet sich von der
→Sittlichkeit dadurch, dass es sich auf das äußere Verhalten, nicht
(nur) auf die Gesinnung bezieht. Von der →Sitte als den in der
Gesellschaft geübten Gebräuchen trennt das R. seine rechtliche
Geltungsanforderung, die notfalls mit staatlichem →Zwang
verwirklicht wird. II. Subjektives R. ist demgegenüber der von der
Rechtsordnung – d. h. dem objektiven R. – einem →Rechtssubjekt
verliehene rechtliche Herrschaftsbereich gegenüber andern
Rechtssubjekten oder →Rechtsobjekten, die individuelle Befugnis,
das einzelne R. (z. B. →Eigentum an einer Sache, →Anspruch
gegenüber einer Person). Soweit sich das subjektive R. gegen einen
Träger hoheitlicher →Gewalt als solchen richtet, ist es subjektives
öffentliches R. (z. B. subjektives öffentliches Recht auf Erteilung
einer Baugenehmigung). Es erfordert eine Rechtsnorm, die das
Interesse des Einzelnen nicht nur objektiv schützt, sondern diesen
Schutz auch als Ziel bezweckt. B. I. Das objektive R. lässt sich u. a.
nach seinem historisch-sachlichen Bezugspunkt gliedern. Deutsches
R. ist dabei entweder nur das in Deutschland - auf germanistischer
Grundlage - entwickelte R. oder das überhaupt in Deutschland jemals
in Geltung befindliche R. Römisches R. ist demgegenüber das bei den
Römern bestehende R. oder das von den Römern der Nachwelt
überantwortete und von dieser fortlaufend abgeänderte R.,
kanonisches R. das für die Kirche geltende R. Unter gemeinem R.
versteht man das in der Neuzeit fortgebildete, unter gelehrtem R. das
wissenschaftlich behandelte römische und kanonische R.
Vorkonstitutionelles R. ist das der jeweiligen Verfassung
vorausgehende R. Das objektive R. kann weiter positives, von
Menschen gemachtes R. oder überpositives, dem Menschen (von
außen) vorgegebenes R. (→Naturrecht) sein. Es kann bewusst zur
Steuerung des Zusammenlebens der Menschen gesetztes R.
→(Gesetz) oder allmählich und ohne bewussten einzelnen
Setzungsakt zustande gekommenes R. (→Gewohnheitsrecht) sein. Es
kann geschriebenes R. oder ungeschriebenes R. sein, wobei
Gewohnheitsrecht oft (aber nicht unbedingt) ungeschrieben ist und
Gesetzesrecht meist nur in Schriftform Gültigkeit erlangt. Es kann im
Einzelfall zwingendes (durch einzelne Betroffene nicht abänderbares)
R. oder nachgiebiges (dispositives, der Disposition der Betroffenen
unterliegendes) R. sein. Das objektive R. wird außerdem aus
praktischen Gründen noch in folgenden verschiedenen Weisen
gegliedert. Formelles R. ist das R., das die Form der Verwirklichung
der Rechtsordnung regelt (→Verfahrensrecht), materielles R. ist das
R., das den Inhalt der Rechtsordnung darstellt (z. B.
→Verfassungsrecht, →Verwaltungsrecht, →Strafrecht,
→Privatrecht). Von grundlegender praktischer Bedeutung ist die
Trennung zwischen privatem R. (Privatrecht) und öffentlichem R. Zur
Abgrenzung sind verschiedene Theorien aufgestellt worden
(→Interessentheorie, →Subjektionstheorie, →Subjektstheorie). Nach
der am besten handhabbaren modifizierten Subjektstheorie sind
öffentliches R. alle Rechtssätze, bei denen Berechtigter oder
Verpflichteter ausschließlich ein Träger öffentlicher →Gewalt (z. B.
→Staat, →Gemeinde) in seiner Eigenschaft als solcher (also als
hoheitlich Handelnder) ist. Dieses damit abgegrenzte öffentliche R.
lässt sich dann gliedern etwa in →Verfassungsrecht,
→Verwaltungsrecht, →Verfahrensrecht, →Strafrecht(,
→Kirchenrecht und →Völkerrecht). Diesem öffentlichen R. ist es
beispielsweise eigen, dass Ansprüche, die sich aus dem öffentlichen
Recht eines Staats ergeben, vor ausländischen Gerichten
grundsätzlich nicht durchgesetzt werden können. Privates R.
(→Privatrecht) sind dagegen alle Rechtssätze, bei denen Berechtigte
oder Verpflichtete nicht Träger öffentlicher Gewalt in ihrer
Eigenschaft als solche sind. Das private R. wird verschiedentlich auch
als bürgerliches R. (oder als →Zivilrecht) bezeichnet, doch ist
bürgerliches R. i. e. S. nur das R. des →Bürgerlichen Gesetzbuchs
(Allgemeiner Teil, →Schuldrecht, →Sachenrecht, →Familienrecht
und →Erbrecht), neben dem als andere Teile des Privatrechts etwa
→Handelsrecht, →Immaterialgüterrecht und teilweise →Arbeitsrecht
stehen. II. Das subjektive R. kann →Herrschaftsrecht (absolutes R.),
→Anspruch (relatives R.) oder →Gestaltungsrecht sein. Das
Herrschaftsrecht (absolutes R.) ist das R. der ausschließlichen
Herrschaft einer Person (z. B. →Eigentum an einer Sache,
→Nießbrauch an einem R., R. an Erfindung, Name). Es wirkt
gegenüber jedermann. Soweit es sich auf eine Sache bezieht, ist es ein
dingliches R., wobei dieses Vollrecht (Eigentum) oder beschränktes
dingliches R. (z. B. →Hypothek, Dienstbarkeit) sein kann. Das
relative R. beschränkt sich darauf, eine Person zu einem Verhalten zu
verpflichten (→Anspruch). Es wirkt grundsätzlich nur im Verhältnis
der Beteiligten. Ein Dritter kann darauf nur mittelbar einwirken. Das
Gestaltungsrecht ist ein einseitiges R. auf unmittelbare
Rechtsänderung (z. B. Aneignungsrecht, Anfechtungsrecht,
Rücktrittsrecht). Rechte anderer (Art. 2 I GG) sind im
Verfassungsrecht die nach der Gesamtentscheidung des
Grundgesetzes schutzwürdigen Interessen der Mitmenschen. Sie
bilden eine der drei Schranken der allgemeinen →Handlungsfreiheit.
Sonstiges R. (§ 823 I BGB) ist im Hinblick auf seine Nennung hinter
→Eigentum ein R., das denselben rechtlichen Charakter wie das
Eigentum hat, also →absolut (ausschließlich) ist (z. B.
→Anwartschaft, auch →Besitz [str.], nicht Recht am Arbeitsplatz).
Seine Verletzung kann unterlassungspflichtig bzw.
schadensersatzpflichtig machen. R. am eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb ist das R. am Bestand eines →Gewerbebetriebs samt
aller seiner einzelnen Erscheinungsformen, die seinen
wirtschaftlichen Wert mit ausmachen (z. B. Geschäftsbeziehungen).
Dieses R. wird im Rahmen der →Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
geschützt. Seine Verletzung kann nach § 823 I BGB
→schadensersatzpflichtig machen (z. B. bei zweitägiger Blockade des
Einsatzes von Baumaschinen durch eine Protestdemonstration).
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil; Köbler, Jurist; Mitteis/Lieberich, Deutsches
Privatrecht; Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Baur/Walter, Einführung; Sartorius, C.,
Verfassungs- und Verwaltungsgesetze (Lbl.), 73. A. 2003; ÖffR mit einer Einführung v.
Detterbeck, S., 3. A. 2003; Schönfelder, H., Deutsche Gesetze (Lbl.), 119. A. 2004;
Schlegelberger/Friedrich; Waechter, K. v., Gemeines Recht Deutschlands, 1844; Liebs, D.,
Römisches Recht, 5. A. 1999; Coing, H., Europäisches Privatrecht Bd. 1f. 1985ff.; Schwerdtfeger,
G., Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 11. A. 2003; Arndt, H./Rudolf, W., Öffentliches
Recht, 14. A. 2003; Unser Recht, 5. A. 1999; Bähr, P., Grundzüge des Bürgerlichen Rechts, 10. A.
2002; Becker, F., Grundzüge des öffentlichen Rechts, 7. A. 2000; Zippelius, R., Das Wesen des
Rechts, 5. A. 1997; Beck’scher Ratgeber Recht, 5. A. 1996; Klunzinger, E., Einführung in das
Bürgerliche Recht, 11. A. 2002; Grunewald, B., Bürgerliches Recht, 6. A. 2003; Medicus, D.,
Bürgerliches Recht, 19. A. 2002; Schulz, W./Jürgens, U., Das Recht am eigenen Bild, JuS 1999,
664; Zippelius, R., Einführung in das Recht, 4. A. 2003; Bähr, P., Arbeitsbuch zum Bürgerlichen
Recht, 2. A. 2002; Medicus, D., Grundwissen zum Bürgerlichen Recht, 5. A. 2002; Kaiser, G.,
Bürgerliches Recht, 9. A. 2003; Haase/Keller, Grundlagen und Grundformen des Rechts, 11. A.
2003; Unruh, G. v./Greve, F./Schliesky, U., Grundkurs öffentliches Recht, 6. A. 2003; Honsell, H.,
Römisches Recht, 5. A. 2001; Frenz, W., Öffentliches Recht, 2001; Robbers, G., Einführung in das
deutsche Recht, 3. A. 2002; Zimmermann, R., Europa und das römische Recht, AcP 202 (2002),
243; Detterbeck, S., Öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler, 2. A. 2002; Zerres, T.,
Bürgerliches Recht, 4. A. 2002
Rechtfertigung ist die Erklärung eines Verhaltens als richtiges –
insbesondere der →Rechtsordnung entsprechendes – →Verhalten.
Lit.: Eser, A., Rechtfertigung und Entschuldigung, 1987
Rechtfertigungselement ist das einzelne Element eines
→Rechtfertigungsgrunds. Es kann objektiv sein (z. B.
Notwehrsituation) oder subjektiv (z. B. Verteidigungswille bei
→Notwehr).
Lit.: Braun, J., Subjektive Rechtfertigungselemente im Zivilrecht?, NJW 1998, 941
Rechtfertigungsgrund ist der Umstand, der einem an sich
rechtswidrigen Verhalten ausnahmsweise die →Rechtswidrigkeit
nimmt (Unrechtsausschließungsgrund). Ein R. hat im →Strafrecht zur
Folge, dass ein bestimmtes, an sich verbotenes Verhalten nicht
strafbar ist, und im →Schuldrecht, dass an ein bestimmtes
schädigendes Verhalten keine Schadensersatzverpflichtung (nach den
§§ 823ff. BGB) geknüpft werden kann. R. sind vor allem →Notwehr
(§§ 227 BGB, 32 StGB), →Notstand (§§ 228, 904 BGB, 34 StGB),
erlaubte →Selbsthilfe (§§ 229, 679 BGB), rechtfertigende
→Einwilligung, mutmaßliche →Einwilligung, privatrechtliche oder
öffentlich-rechtliche Befugnis (z. B. §§ 193 StGB, 81ff., 127 StPO,
758, 808, 909 ZPO) sowie u. U. politisches Widerstandsrecht. Eine
nachträglich festgestellte Notwendigkeit eines medizinischen
Eingriffs rechtfertigt grundsätzlich einen ohne erforderliche
Einwilligung vorgenommenen Eingriff eines Arztes in den Körper
eines Patienten nicht.
Lit.: Thiel, S., Die Konkurrenz von Rechtfertigungsgründen, 2000
rechtlich (Adj.) das Recht betreffend
rechtliches Gehör →Gehör, rechtliches
Rechtlosigkeit ist das Fehlen von Rechten (z. B. bei Fremden und
Unfreien).
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Rechtmäßigkeit ist der Maßstab zur Bewertung eines Verhaltens
oder Zustands, der sich an deren formellen und materiellen
Übereinstimmung mit der Rechtsordnung orientiert. Die R. einer
Verwaltungstätigkeit wird im Rahmen der →Rechtsaufsicht geprüft.
Im Übrigen sind die Gerichte für die Feststellung der R. zuständig.
Rechtsakt ist das auf Recht beruhende – rechtlich relevante –
menschliche Verhalten. Es steht im Gegensatz zum →Gnadenakt
(str.). Seine Kennzeichen sind rechtliche Grundlage und rechtliche
Überprüfbarkeit, seine Erscheinungsformen sehr unterschiedlich.
Lit.: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften bzw. der Europäischen
Union sind Verordnung, Richtlinie, Entscheidung, Empfehlung und
Stellungnahme sowie evtl. nicht näher bezeichnete Rechtsakte.
Lit.: Schweitzer/Hummer, Europarecht
Rechtsakzeptanz ist die innere Annahme einer Rechtsordnung durch
die von ihr Betroffenen, die umso größer ist, je stärker das Recht den
Bedürfnissen aller Menschen entspricht.
Lit.: Pichler, J./Griese, K., Rechtsakzeptanz, 1993
Rechtsanalogie ist die an verschiedene rechtliche Bestimmungen
anknüpfende →Analogie (z. B. quasinegatorischer Anspruch). Sie ist
eine Art der Analogie. Sie steht im Gegensatz zur
→Gesetzesanalogie, bei der nur eine einzelne Bestimmung analog
angewandt wird.
Lit.: Larenz, Methodenlehre; Chanos, A., Begriff und Grundlagen der Rechtsanalogie, 1994
Rechtsangleichung ist die Angleichung des Inhalts unterschiedlicher
Rechtsordnungen. Sie erwächst als Möglichkeit und Aufgabe bei
jeder Begegnung zweier Rechtsordnungen. Besonderes Gewicht
kommt ihr bei der Bildung eines Staatenbunds (z. B. Europäische
Union) oder eines Bundesstaats zu.
Lit.: Gundel, J., Die Neuordnung der Rechtsangleichung durch den
Vertrag von Amsterdam, JuS 1999, 1171
Rechtsanwalt (§§ 1ff. BRAO) ist der berufene unabhängige
fachmännische Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.
Der R. ist ein unabhängiges →Organ der →Rechtspflege. Er übt
einen freien →Beruf aus. Als R. kann auf →Antrag durch die
Landesjustizverwaltung (oder gegebenenfalls nach Landesrecht [z. B.
in Hessen ab 1. 1. 1999] durch eine Rechtsanwaltskammer)
zugelassen werden, wer die Befähigung zum →Richteramt erlangt
(oder eine besondere Eignungsprüfung bestanden) hat. Jeder R. muss
bei einem bestimmten Gericht der ordentlichen →Gerichtsbarkeit
zugelassen sein (§ 18 I BRAO). In Strafprozessen kann er vor jedem
Gericht auftreten. Jeder bei einem Oberlandesgericht zugelassene R.
kann bei jedem Oberlandesgericht auftreten (§ 78 ZPO). Die Rechte
und Pflichten des Rechtsanwalts sind in der
→Bundesrechtsanwaltsordnung und ergänzend in der Satzung Berufsund Fachanwaltsordnung für Rechtsanwälte (11. 3. 1997) näher
geregelt (z. B. Fantasiebezeichnung als Firma rechtswidrig). Mit
seinen →Mandanten schließt der R. →Geschäftsbesorgungsverträge,
wobei sich sein Entgelt nach der
Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung oder einer Vereinbarung
richtet. Der R. ist zu Verschwiegenheit verpflichtet. Er hat ein
Zeugnisverweigerungsrecht. Er muss eine Haftpflichtversicherung
abschließen. Er ist Pflichtmitglied der für ihn zuständigen
Rechtsanwaltskammer (28 regionale Kammern, eine
Bundesrechtsanwaltskammer). Mehrere Rechtsanwälte können sich
zu einer →Sozietät oder zu einer →Partnerschaft zusammenschließen
oder auch eine →Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder (nach
einer Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts auch)
eine Aktiengesellschaft bilden. Der R. darf einen Zweitberuf (z. B.
wissenschaftlicher Mitarbeiter, nicht dagegen Geschäftsführer eines
Versicherungsmaklerunternehmens) ausüben. Im →Anwaltsprozess
kann nur ein R. eine →Prozesshandlung vornehmen. Bei der ersten
Geltendmachung eines Schadenssatzanspruches ist in einfach
gelagerten, eindeutigen Schadensfällen die Einschaltung eines
Rechtsanwalts grundsätzlich nicht erforderlich. Die Tätigkeit als R. ist
auch dann keine bloße Liebhaberei, wenn in 20 Jahren nur Verluste in
Höhe von insgesamt 500000 Euro erzielt werden. Ein R. aus einem
andern Mitgliedstaat der Europäischen Union kann sich entweder in
Deutschland unter der Berufsbezeichnung seines Herkunftslands
niederlassen oder eine besondere Eignungsprüfung ablegen oder
mindestens drei Jahre im deutschen Recht tätig sein und seine
Kenntnisse des deutschen Rechts durch Vorlage der bearbeiteten Fälle
und gegebenenfalls ein Fachgespräch nachweisen oder sich drei Jahre
in Deutschland aufhalten und einen kürzeren Zeitraum in Deutschland
tätig sein und seine Kenntnisse des deutschen Rechts durch Vorlage
der bearbeiteten Fälle und ein Fachgespräch nachweisen und sich
nach Nachweis dieser Voraussetzungen unter der deutschen
Berufsbezeichnung R. niederlassen. (1997 gab es in der Europäischen
Union rund 480000 Rechtsanwälte, 2002 in Deutschland 121000
Rechtsanwälte [62000 Einzelanwälte], davon 27924 Frauen, 2002 in
den Vereinigten Staaten von Amerika 281 Einwohner pro
Rechtsanwalt, in Spanien 416, in Deutschland 683 und in Japan
8125.) (Anwalt-Suchservice Tel. 0180-5254555, Deutsche
Anwaltsauskunft Tel. 0180-5181805, nachgefragt werden vor allem
Auskünfte über Eherecht, Familienrecht, Arbeitsrecht, Mietrecht,
Verfahrensrecht, Verwaltungsrecht, Erbrecht, Sozialrecht, Baurecht
und Strafverfahrensrecht.)
Lit.: Beck’sches Rechtsanwaltshandbuch 2001/2002, hg. v. Büchting, H. u. a., 7. A. 2001;
Vollkommer, M./Heinemann, J., Anwaltshaftungsrecht, 2. A. 2003; Rinsche, F., Die Haftung des
Rechtsanwalts und Notars, 6. A. 1998; Liste von Rechtsanwälten und Patentanwälten im Ausland,
hg. v. d. Bundesstelle für Außenhandelsinformation, 17. A. 1999; Anwaltliche Berufsordnung, hg.
v. Hartung, W./Holl, T., 2. A. 2001; Diercks, K./Lemke-Küch, H., Das Assessorexamen. Die
Rechtsanwaltsstation, 1999; Lach, B., Die Möglichkeiten der Niederlassung europäischer
Rechtsanwälte in Deutschland, NJW 2000, 1609; Korts, S./Korts, P., Die Rechtsanwalts-GmbH, 2.
A. 1999; Streck, M., Beruf: Anwalt Anwältin, 2001; Steinkraus, A./Schaaf, C., Zur Einführung –
Das Berufsrecht der Rechtsanwälte, JuS 2001, 167; Kempter, F./Kopp, S., Hinweise zur Gestaltung
der Satzung einer Rechtsanwalts-AG, NJW 2001, 777; Wesel, U., Risiko Rechtsanwalt, 2001;
Mauer, R./Krämer, A., Marketingstrategien für Rechtsanwälte, 2. A. 2001; Seer, R., Die
Besteuerung der Anwaltskanzei, 2001; Klein, A./Ott, E./Zerdick, T., Tätigkeit europäischer
Rechtsanwälte in Deutschland, 2002; Grunewald, B., Die Entwicklung der Rechtsprechung im
anwaltlichen Berufsrecht, NJW 2002, 188; Römermann, W./Hartung, W., Anwaltliches Berufsrecht,
2002; Anwaltsverzeichnis 2002/2003, 2002; Borgmann, B., Die Rechtsprechung des BGH zum
Anwalthaftungsrecht, NJW 2002, 2145; Anwalt- und Notarverzeichnis, 5. Edition 2003 CD-ROM;
Römermann, V./Hartung, W., Die Anwaltsstation nach neuem Recht, 2003; Pepels, W./Steckler, B.,
Anwalts-Marketing, 2003; Zugehör, H., Anwaltsverschulden, NJW 2003, 3225; Hoffmann, A., Die
anwaltliche Kapitalgesellschaft, 2003
Rechtsanwaltsgehilfe →Rechtsanwaltsfachangestellter
Rechtsanwaltsfachangestellter ist (ab 1. 8. 1995) ein durch eine
dreijährige Ausbildung qualifizierter Angestellter für einfachere,
mehr technische als juristische Angelegenheiten eines
→Rechtsanwalts.
Lit.: Gaßner, H./Meyer, F./Birkelbach, G., Ausbildungs- und Arbeitsbuch für
Rechtsanwaltsfachangestellte, 3. A. 1998
Rechtsanwaltsvergütung ist die dem Rechtsanwalt nach dem
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz seit 1. 7. 2004 zustehende Vergütung
für seine Leistung.
Lit.: Bultmann, F., Die neue Rechtsanwaltsvergütung, 2004; Mayer,
H./Kroiß, L., Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2004; Lutje, N., RVG
von A-Z, 2004; Hartung, W./Römermann, V., Praxiskommentar zum
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2004; Beutling, A.,
Anwaltsvergütung in Verwaltungssachen, 2004; Enders, H., RVG für
Anfänger, 12. A. 2004; Hartung, W./Römermann, V., Beck’sche
Synopse zum neuen Vergütungsrecht, 2004; Leipold, K.,
Anwaltsvergütung in Strafsachen, 2004
Rechtsanwendung ist die Bewertung eines tatsächlichen Geschehens
an Hand der rechtlichen Sollensordnung. Dies geschieht regelmäßig
im logischen Verfahren der →Subsumtion (bzw. der Zuordnung oder
Gleichsetzung) eines konkreten Wirklichkeitsausschnitts
(→Sachverhalts) unter (den →Tatbestand) eine(r) abstrakten
→Rechtsnorm in der Methodik des Syllogismus. Erforderlich wird
dabei meist die →Auslegung von Tatbestand und Sachverhalt sowie
des öfteren auch die Ausdehnung (→Analogie) oder Einschränkung
(→Reduktion) der Rechtsnorm.
Lit.: Larenz, Methodenlehre; Köbler, Jurist; Deckert, M., Folgenorientierung in der
Rechtsanwendung, 1995; Treder, L., Methoden und Technik der Rechtsanwendung, 1998; Meurer,
D., Systematische Strafrechtsanwendung, JuS 2001, L 17
Rechtsarchäologie ist die Wissenschaft von den Gegenständen des
älteren Rechts (z. B. Gerichtsstätten, Folterwerkzeuge, Moorleichen).
Lit.: Schwerin, C. v., Rechtsarchäologie, Bd. 1 1943; Köbler, G., Bilder aus der deutschen
Rechtsgeschichte, 1988
Rechtsaufsicht ist die →Aufsicht des →Staats über die
Rechtmäßigkeit einer Verwaltungstätigkeit. Sie besteht, sobald eine
Person des öffentlichen Rechts in einem eigenen Wirkungskreis
→Selbstverwaltungsaufgaben wahrnimmt. Sie steht im Gegensatz zur
→Fachaufsicht. Maßnahmen der R. sind unverbindlicher Hinweis,
Beanstandung, Rückgängigmachungsverlangen, Auflösung eines
Entscheidungsorgans sowie →Ersatzvornahme.
Rechtsausübung ist die Verwirklichung eines Rechtssatzes,
insbesondere eines in einem Rechtssatz gewährleisteten subjektiven
Rechts. Diese hat allgemein nach →Treu und Glauben zu erfolgen.
Setzt sich der Handelnde hierzu in Widerspruch, begeht er
unzulässige R. (z. B. Aufrechnung gegen Forderung aus
Treuhandverhältnis). →Rechtsmissbrauch
Rechtsbankrott ist das Unvermögen einer Rechtsordnung, den
Rechtsunterworfenen Recht zu verschaffen. Eine Rechtseinrichtung
offenbart beispielsweise R., wenn sie Lügner an die Spitze gelangen
lässt, Schmierer zu Schriftführern macht, Betrüger zu Kassieren,
Fälscher zu Protokollanten, Hochstapler zu Beisitzern und Erpresser
zur Rechtsaufsicht. Eine Besserung verspricht unter solchen
Umständen allein die vollständige Rückkehr zu allgemein
anerkannten Werten (z. B. Wahrheit, Freiheit) und Rechtsgrundsätzen
(z. B. pacta sunt servanda, Willkürverbot, Wettbewerb usw.).
Rechtsbegriff ist der im Recht zur Kennzeichnung der
Sollensanforderungen verwandte Begriff. Er ist unbestimmt, wenn er
zu seiner Anwendung einer näheren Bestimmung bedarf, die durch
→Auslegung zu ermitteln ist (z. B. →Gemeinwohl, öffentliche
→Sicherheit und Ordnung, öffentliches →Interesse, berechtigtes
Interesse, gute Sitten, persönlich ungeeignet, unsittlich,
vorübergehende Überlastung einer ordentlichen Strafkammer,
Dunkelheit). Er kann deskriptiv (auf Gegenstände der Wirklichkeit
bezogen) oder normativ (eine wertende Stellungnahme erfordernd)
sein. Bei der Auslegung und Anwendung kann es – nicht unbedingt
zu nur einem richtigen, sondern – zu verschiedenen Ergebnissen
kommen, weil manche (wertende) unbestimmte Rechtsbegriffe (z. B.
Eignung eines Kindes für eine Gymnasialschule) notwendigerweise
einen →Beurteilungsspielraum mit sich bringen. Dementsprechend
muss auch im Verwaltungsrecht die Kontrolle der Entscheidung durch
die →Verwaltungsgerichte beschränkt werden (str.). Eine
Rechtsverletzung geschieht insbesondere dann, wenn die Auslegung
des unbestimmten Rechtsbegriffs objektiv willkürlich erfolgt. Vom
unbestimmten R. verschieden ist das →Ermessen.
Rechtsbehelf ist im Verfahrensrecht jedes verfahrensrechtliche Mittel
zur Verwirklichung eines →Rechts, im engeren Sinn nur ein Mittel
nach Beginn eines förmlichen →Verfahrens. Die wichtigsten
Rechtsbehelfe sind die →Rechtsmittel (Berufung, Revision,
Beschwerde) sowie →Einspruch, →Widerspruch, →Erinnerung und
→Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Rechtsbehelfe sind nicht in
jedem Fall von einer besonderen Form oder Frist abhängig (z. B.
→Dienstaufsichtsbeschwerde). Über sie wird teils auf gleicher Stufe,
teils auf übergeordneter Stufe entschieden.
Lit.: Schmidt, R., Verwaltungsrechtliche Rechtsbehelfe, 2. A. 1998; Wankel, Rechtsmittel- und
Rechtsbehelfsbeschränkung, JA 1998, 72ff.; Birkenfeld, W./Daumke, M., Das neue
außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren, 2. A. 1996
Rechtsbehelfsbelehrung (§§ 115 IV, 115a III, 171 StPO, 211
BauGB, 58f., 73 III VwGO) ist die Belehrung durch eine →Behörde
oder ein →Gericht über die gegen ein Verhalten möglichen
→Rechtsbehelfe. Die R. ist in einzelnen Fällen besonders
vorgeschrieben (z. B. § 59 VwGO). Ihr Fehlen kann
verfahrensrechtliche Folgen haben (z. B. § 44 StPO
→Wiedereinsetzung in den vorigen Stand).
Rechtsbeistand (Rechtsberater) (§ 1 RBerG) ist ein Mensch, der,
ohne →Rechtsanwalt zu sein, geschäftsmäßig die Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten betreibt. Der R. bedarf grundsätzlich einer
→Erlaubnis durch die zuständige →Behörde (Amtsgerichtspräsident
oder Landgerichtspräsident). Die Erlaubnis wird nach der Änderung
des § 1 RBerG vom 18. 8. 1980 (zum Schutz der Rechtsanwälte und
der Öffentlichkeit) nur noch Rentenberatern, Frachtprüfern,
vereidigten Versteigerern, Inkassounternehmern und Rechtskundigen
in einem ausländischen Recht für einzelne Sachbereiche erteilt.
Lit.: Rennen, G./Caliebe, G., Rechtsberatungsgesetz, 3. A. 2001
Rechtsberater →Rechtsbeistand, →Rechtsanwalt, →Rechtsberatung
Rechtsberatung ist die Beratung von Personen in
Rechtsangelegenheiten. Dies ist in erster Linie Aufgabe des
→Rechtsanwalts (auch am Telefon). Andere Personen bedürfen zur
geschäftsmäßigen Ausübung von R. einer Erlaubnis (z. B.
Versicherungsberater). →Rechtsbeistand
Lit.: Rennen, G./Caliebe, G., Rechtsberatungsgesetz, 3. A. 2001; Berger, C., Anwaltliche
telefonische Rechtsberatung, NJW 1999, 1353; Die Praxis der rechtsberatenden Berufe, hg. v.
Hommelhoff, P. u. a., 1999; Schönberger, C., Rechtsberatungsgesetz und Berufsfreiheit, NJW 2003,
249; Chemnitz, J./Johnigk, F., Rechtsberatungsgesetz, 11. A. 2003; Kleine-Cosack, M., Restriktive
Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes, NJW 2003, 3009
Rechtsbereinigung ist der auf das Rechtsstaatsprinzip zu gründende
Versuch, eine geschichtlich gewachsene und unübersichtlich
gewordene Gesamtheit von Rechtsregeln durch Vereinheitlichung und
evtl. auch Vereinfachung wieder übersichtlich und einsichtig zu
machen.
Lit.: Konzelmann, A., Methode landesrechtlicher Rechtsbereinigung, 1997
Rechtsbeschwerde ist grundsätzlich die →Beschwerde, die sich auf
die Verletzung des →Rechts, nicht auf die falsche Ermittlung von
Tatsachen gründet (z. B. §§ 574 ZPO, 27 FGG, 79 I 1 Nr. 1 OWiG).
Im Zivilprozess ist gegen einen Beschluss die R. statthaft, wenn dies
im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht, das
Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie
in dem Beschluss zugelassen hat, und zulässig, wenn die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder
die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Lit.: Seiler, F./Wunsch, L., Statthaftigkeit und Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, NJW 2003, 1841
Rechtsbesitz ist der →Besitz eines Rechts im Gegensatz zum Besitz
(einer Sache).
Lit.: Pawlowski, H., Der Rechtsbesitz, 1961
Rechtsbeugung (§ 336 StGB) ist die mindestens bedingt vorsätzliche
falsche Anwendung oder Nichtanwendung von →Recht durch einen
→Richter, einen andern →Amtsträger (nicht z. B. Gerichtsvollzieher)
oder einen →Schiedsrichter bei der Leitung oder Entscheidung einer
Rechtssache zum Vorteil oder zum Nachteil einer →Partei.
Lit.: Scholderer, F., Rechtsbeugung im demokratischen Rechtsstaat, 1993; Hupe, A., Der
Rechtsbeugungsvorsatz, 1995; Kraut, G., Die Rechtsbeugung?, 1997; Käsewieter, V., Der Begriff
der Rechtsbeugung, 1999
Rechtsbindungswille ist der für eine →Willenserklärung
erforderliche Wille, an die abgegebene Äußerung rechtlich gebunden
zu sein. Er fehlt beim →Gefälligkeitsverhältnis. Deswegen liegt dort
keine Willenserklärung vor.
Rechtsblindheit ist die zeitweise bedeutsame Bezeichnung für das
Nichterkennen der Unrechtmäßigkeit eines rechtswidrigen
Verhaltens. →Vorsatztheorie
Rechtsbuch ist in der Rechtsgeschichte die umfassende
Aufzeichnung des geltenden Rechts in einem Buch durch einen
nichtamtlich tätigen Verfasser (z. B. →Sachsenspiegel Eike von
Repgows 1221/1224) (im Gegensatz zur Schaffung eines Gesetzbuchs
durch den kodifizierenden Gesetzgeber).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Oppitz, U., Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters, Bd.
1ff. 1990
Rechtsdenkmal ist das Zeugnis über eine Gegebenheit des Rechts
(z. B. Handschrift eines Rechtstexts, Galgen, Grenzstein).
Lit.: Köbler, G., Bilder aus der deutschen Rechtsgeschichte, 1988
Rechtsdogmatik ist die wissenschaftliche Behandlung und
Darstellung des geltenden →Rechts. Die R. steht im Gegensatz zur
→Rechtssoziologie und zur →Rechtsphilosophie sowie zur
→Rechtsgeschichte, →Rechtsvergleichung und →Rechtspolitik. Sie
bildet den wichtigsten Gegenstand der rechtswissenschaftlichen
Ausbildung.
Lit.: Hippel, E. v., Rechtstheorie und Rechtsdogmatik, 1964
Rechtseinheit ist die Einheit der Rechtsordnung. Zu ihr gehört auch
die Einheitlichkeit der Rechtsprechung, zu deren Wahrung besondere
→Senate (eines Obergerichts) eingerichtet sind. Widersprüche einer
Rechtsordnung machen sie angreifbar.
Lit.: Larenz, Methodenlehre
Rechtsentscheid (Art. 3 des 3. Gesetzes zur Änderung
mietrechtlicher Vorschriften) ist im Mietrecht die Entscheidung des
zuständigen →Oberlandesgerichts auf Veranlassung eines ihm
untergeordneten Landgerichts, wenn dieses in einer Rechtsfrage
betreffend ein Mietverhältnis über Wohnraum von einer Entscheidung
des Bundesgerichtshofs oder eines Oberlandesgerichts abweichen will
oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Lit.: Landfermann/Heerde, Sammlung der Rechtsentscheide in Wohnraummietsachen, Bd. 1ff., Bd.
12 2000; Willingmann, A., Rechtsentscheid, 2000
Rechtserwerb ist der Erwerb eines einzelnen →Rechts. Der R. kann
ursprünglich (originär) oder abgeleitet (derivativ) sein. Ihm steht der
Verlust eines Rechts gegenüber.
rechtsfähig (Adj.) der Trägerschaft eines Rechts fähig
rechtsfähiger Verein →Verein, rechtsfähiger
Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit (einer Person), Träger von
→Rechten und →Pflichten zu sein (z. B. →Eigentümer einer Sache,
→Schuldner einer Verpflichtung). Nach § 1 BGB beginnt die R. des
Menschen mit der Vollendung der →Geburt. Juristische →Personen
erlangen R. mit der Eintragung in ein öffentliches →Register. Die R.
endet bei Menschen mit dem →Tod, bei juristischen Personen mit der
→Löschung der →Eintragung. Von der R. zu trennen ist die
→Handlungsfähigkeit (→Geschäftsfähigkeit, →Deliktsfähigkeit,
→Prozessfähigkeit). Nach § 14 II BGB ist rechtsfähige
Personengesellschaft die mit der Fähigkeit, Rechte zu erwerben und
Verbindlichkeiten einzugehen (vgl. § 124 II HGB), ausgestattete
Personengesellschaft.
Lit.: Ehlers, D., Die Lehre von der Teilrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts
und die Ultra-vires-Doktrin des öffentlichen Rechts, 2000
Rechtsfolge ist die durch eine →Rechtsnorm (für einen abstrakten
→Tatbestand) vorgeschriebene (abstrakte) Folge des Rechts (z. B.
§ 242 StGB [Wer eine fremde bewegliche Sache einem andern in der
Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignen,] wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft). Bei der
→Analogie wird die R. eines Rechtssatzes auf einen
(ungerechterweise) nicht erfassten Tatbestand ausgedehnt, bei der
→Reduktion auf einen (vom Wortlaut der Rechtsnorm
ungerechterweise) erfassten Tatbestand nicht angewandt. Bei der
→Subsumtion oder Zuordnung wird, falls unter angemessener
Rechtsfolgenorientierung der →Sachverhalt als ein bestimmter
einzelner Fall des abstrakten Tatbestands angesehen (bzw.
untergeordnet bzw. gleichgesetzt) wird, die abstrakte R. in bestimmter
einzelner Form ausgesprochen (z. B. A wird wegen Diebstahls [dieser
Sache] zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt), andernfalls die
abstrakte R. nicht in bestimmter einzelner Form ausgesprochen (z. B.
A wird nicht wegen Diebstahls verurteilt, sondern freigesprochen).
Lit.: Larenz, Methodenlehre; Deckert, M., Folgenorientierung in der Rechtsanwendung, 1995
Rechtsfolgenirrtum ist der regelmäßig unbeachtliche Irrtum über die
Rechtsfolgen eines Verhaltens.
Rechtsfolgenverweisung ist die →Verweisung (nicht auf den
Tatbestand bzw. Rechtsgrund, sondern nur) auf die →Rechtsfolgen
einer andern →Vorschrift (z. B. § 21 StGB).
→Rechtsgrundverweisung
Rechtsfolgewille →Geschäftswille
Rechtsfortbildung ist die – infolge der Veränderung
gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse notwendig
werdende – Weiterentwicklung des →Rechts. Sie erfolgt in erster
Linie durch Schaffung, Beseitigung oder Änderung von →Gesetzen:
Bei deren gerechtigkeitswidrigem Ausbleiben ist auch →Richterrecht
möglich.
Lit.: Ukrow, J., Richterliche Rechtsfortbildung durch den EuGH, 1995; Hergenröder, C.,
Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, 1995; Kaufmann, A., Das Verfahren
der Rechtsgewinnung, 1999
Rechtsgang ist in der Rechtsgeschichte das sich in der germanischen
und fränkischen Zeit an einen Unrechtserfolg anschließende
→Verfahren. Es konnte nach allgemeiner Ansicht in →Selbsthilfe
oder einer Lösung des Konflikts mit Hilfe der Allgemeinheit
(gerichtliches →Verfahren) bestehen. Vermutlich diente die
Volksversammlung als Ort der Verhandlung.
Lit.: Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Rechtsgefühl ist (in Parallele beispielsweise zum sog. Sprachgefühl)
das vor allem durch Erfahrung zu gewinnende Empfinden eines
Menschen, dass ein bestimmtes Verhalten am ehesten richtig ist.
Lit.: Lampe, E., Das sog. Rechtsgefühl, 1985
Rechtsgesamtheit ist die Gesamtheit von →Rechten. Die R. steht in
Parallele zur →Sachgesamtheit. Über eine R. kann ein einheitliches
→Verpflichtungsgeschäft geschlossen werden, doch ist die
→Übertragung jedes Rechts einzeln vorzunehmen.
Rechtsgeschäft ist das für das Recht bedeutsame Geschäft im Sinne
des auf dem Parteiwillen aufbauenden Gesamttatbestands, der einen
mit einer →Willenserklärung angestrebten Rechtserfolg herbeiführt.
Das R. erfordert stets mindestens eine Willenserklärung (z. B.
Kündigung), vielfach auch weitere Voraussetzungen (z. B. zweite
Willenserklärung, →Zustimmung des gesetzlichen Vertreters,
→Schriftform). Das R. ist ein Fall der menschlichen →Handlung. Es
kann einseitig sein oder zweiseitig. Das einseitige R. erfordert nur die
Willenserklärung einer Person (z. B. →Bevollmächtigung). Das
zweiseitige R. benötigt Willenserklärungen mindestens zweier
Personen (→Vertrag, →Gesamtakt, →Beschluss). Das R. kann weiter
→abstrakt oder →kausal, →Verpflichtungsgeschäft oder
→Verfügungsgeschäft sein. →Fehler können das R. →nichtig oder
→anfechtbar machen. Die elektronische Kommunikation verändert
das R. grundsätzlich nicht.
Lit.: Rechtsgeschäfte im Netz, hg. v. Lehmann, M., 1999; Dörner, H., Rechtsgeschäfte im Internet,
AcP 202 (2002), 363
rechtsgeschäftsähnliche Handlung →Handlung,
rechtsgeschäftsähnliche
Rechtsgeschichte ist die Lehre vom vergangenen Recht im Sinne
vergangener rechtlicher Sollensordnungen. Die R. ist (ein Teil der
→Rechtswissenschaft wie) der Geschichtswissenschaft. Auf Grund
des tatsächlichen geschichtlichen Ablaufs wird die R.
herkömmlicherweise in die römische R., die sich mit dem von den
Römern ausgebildeten und in Deutschland seit dem Mittelalter
rezipierten Recht befasst, und in die deutsche R., die sich mit dem auf
germanistischer Grundlage entstandenen oder in Deutschland
geltenden Recht beschäftigt, eingeteilt. Zeitlich wird die deutsche R.
in (die germanische Zeit [2. Jt. v. Chr.–500 n. Chr.],) die fränkische
oder frühmittelalterliche Zeit (500–900 bzw. 1100), das Hoch- und
Spätmittelalter (900 bzw. 1100–1500) und die Neuzeit (1500–
Gegenwart) gegliedert. Sachlich erfasst die R., weil alles Recht eine
Geschichte hat, alle Rechtsgebiete (z. B. →Verfassungsrecht,
→Verwaltungsrecht, →Verfahrensrecht, →Strafrecht, Privatrecht,
→Kirchenrecht, →Völkerrecht usw.).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte; Mitteis/Lieberich,
Deutsche Rechtsgeschichte; Dulckeit/Schwarz/Waldstein, Römische Rechtsgeschichte; Söllner,
Römische Rechtsgeschichte; Liebs, D., Römisches Recht, 5. A. 1999; Eisenhardt, U., Deutsche
Rechtsgeschichte, 3. A. 1999; Hattenhauer, H., Europäische Rechtsgeschichte, 3. A. 1998;
Kroeschell, K., Rechtsgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, 1992; Köbler, G., Lexikon der
europäischen Rechtsgeschichte, 1997; Lange, H., Römisches Recht im Mittelalter, Bd. 1 1997;
Wesel, U., Geschichte des Rechts, 2. A. 2001; Gmür, R./Roth, A., Grundriss der deutschen
Rechtsgeschichte, 10. A. 2003; Kunkel, W./Schermaier, M., Römische Rechtsgeschichte, 13. A.
2001; Schlosser, H., Grundzüge der neueren Privatrechtsgeschichte, 9. A. 2001; Ebel,
F./Thielmann, G., Rechtsgeschichte, 3. A. 2003
Rechtsgrund ist die von der Rechtsordnung gewährte oder geforderte
Grundlage für ein Recht (z. B. Kaufvertrag oder Schenkungsvertrag
für eine Übereignung). Der R. enthält den sachlichen Grund für ein
Recht. Eine ohne R. erlangte →Bereicherung ist herauszugeben
(§ 812 BGB).
Lit.: Scheel, J., Die Entwicklung des Rechtsgrundbegriffes bei den Leistungskondiktionen, 1989
Rechtsgrundsatz ist der besonders wichtige, grundlegende
→Rechtssatz (z. B. § 1 BGB). Er ist allgemeiner R., wenn er zwar in
einer einzelnen Bestimmung für einen beschränkten Geltungsbereich
zum Ausdruck gekommen ist, tatsächlich aber (gerechterweise)
allgemeinere Geltung haben müsste (z. B. § 242 BGB).
Lit.: Jacoby, S., Allgemeine Rechtsgrundsätze, 1997
Rechtsgrundverweisung ist die →Verweisung sowohl auf die
Voraussetzungen wie auch die →Rechtsfolgen einer andern
→Vorschrift (z. B. § 951 BGB, str.). Bei ihr ist die Rechtsfolge des
Rechtssatzes, auf den verwiesen ist, nur anwendbar, wenn auch sein
Tatbestand erfüllt ist. Die R. steht im Gegensatz zur
→Rechtsfolgenverweisung.
Rechtsgut ist das rechtlich anerkannte Interesse des Einzelnen oder
der Allgemeinheit, das wegen seiner besonderen Bedeutung
Rechtsschutz genießt (z. B. Leben, →Gesundheit, →Freiheit, § 823 I
BGB). Das R. wird im Privatrecht vom subjektiven →Recht (z. B.
Eigentum, § 823 I BGB) geschieden. Diese Unterscheidung ist aber
durch die Anerkennung des allgemeinen →Persönlichkeitsrechts
eingeebnet und wird im →Strafrecht auch nicht beachtet.
Lit.: Amelung, K., Rechtsgüterschutz, 1972; Hettinger, M., Zur Systematisierung der
Strafrechtsnormen, JuS 1997, L 33
Rechtshandlung ist im weiteren Sinn jedes rechtlich bedeutsame
menschliche →Verhalten, an das die →Rechtsordnung eine
→Rechtsfolge knüpft. In einem engeren Sinn ist R. im Privatrecht
jedes menschliche Verhalten, das nicht →Rechtsgeschäft ist. Dazu
gehören rechtsgeschäftsähnliche →Handlungen (z. B. Mahnung),
Tathandlungen (→Realakte z. B. Fund) und rechtswidrige
Handlungen (→Delikte z. B. Diebstahl).
Rechtshängigkeit (§§ 261 ZPO, 90 VwGO) ist das Schweben einer
Streitsache in einem Urteilsverfahren. Die R. ist ein Fall der
→Anhängigkeit. Sie wird grundsätzlich durch die Erhebung der
→Klage (→Zustellung der Klage, eventuell Klageeinreichung bei
Gericht, im Strafprozess →Eröffnungsbeschluss) begründet. Sie hat
verfahrensrechtliche und sachlich-rechtliche Wirkungen.
Insbesondere kann verfahrensrechtlich einer erneuten Klage die
→Einrede der R. entgegengehalten werden (§ 261 III Nr. 1 ZPO), ist
eine →Klageänderung nur unter besonderen Voraussetzungen
möglich (§ 263 ZPO), hat die →Veräußerung oder →Abtretung des
→Rechts auf den →Prozess keinen Einfluss (§ 265 II ZPO) und muss
über die Streitsache durch →Endurteil entschieden werden. Sachlichrechtlich werden vor allem →Verjährung, →Ersitzung und viele
→Ausschlussfristen unterbrochen, entsteht ein Anspruch auf
→Prozesszinsen (§ 291 BGB) und steigert sich die →Haftung
(§§ 987ff. BGB). Die R. endet z. B. mit der →Klagerücknahme, dem
→Prozessvergleich oder der formellen →Rechtskraft des →Urteils.
Lit.: Stafyla, A., Die Rechtshängigkeit des EuGVÜ, 1998; Bäumer, A., Die ausländische
Rechtshängigkeit, 1999; Schulte, N., Die anderweitige (ausländische) Rechtshängigkeit im U.S.amerikanischen Zivilprozessrecht, 2001
Rechtshilfe ist die Hilfe, die von →Gerichten (§ 156 GVG) und von
→Verwaltungsbehörden gegenüber Gerichten im Hinblick auf eine
Tätigkeit der Rechtspflege geleistet werden kann. Sie ist ein
notwendiger Bestandteil geordneter Verwaltungstätigkeit eines Staats.
Sie wird durch Art. 35 GG geboten.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001; Internationaler Rechtshilfeverkehr in
Strafsachen, hg. v. Grützner, H. u. a., 2. A. Bd. 1ff. 1996; Hackner, T./Schomburg, W./Lagodny, O.,
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. A. 2003; Schomburg, W., Ein neuer Start:
Internationale vertragliche Rechtshilfe in Strafsachen, NJW 2001, 801; Popp, P., Grundzüge der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, 2001; Schomburg, W., Internationale Rechtshilfe in
Strafsachen, NJW 2002, 1629; Hackner, T./Lagodny, O./Schomburg, W./Wolf, N., Internationale
Rechtshilfe in Strafsachen, 2003; Schomburg, W., Internationale vertragliche Rechtshilfe in
Strafsachen, NJW 2003, 3392
Rechtsinformatik ist die Wissenschaft von der Anwendung der
Informatik auf das Recht. Sie ist ein Teilfach der Informatik. Sie soll
den Juristen dazu befähigen, sich der automatischen
Datenverarbeitung auch bei der Rechtsanwendung als Hilfsmittel zu
bedienen (rechtstatsächlich bedeutsam z. B. bei Grundbuch,
Steuererklärung, Mahnverfahren, Literatursuche).
Lit.: Schweighofer, E., Rechtsinformatik und Wissensrepräsentation, 1999
Rechtsinstitut ist die zur allgemeinverbindlichen Regelung eines
Sachproblems geschaffene Summe von →Rechtssätzen (z. B.
→Eigentum, →Ehe). →Institut
Rechtsirrtum ist der →Irrtum über die bestehende Rechtslage,
insbesondere über ein rechtliches →Verbot. Im →Privatrecht
beseitigt der R. den →Vorsatz (→Vorsatztheorie). Im →Strafrecht ist
der R. →Verbotsirrtum.
Rechtskraft (§§ 322, 325 ZPO) ist die Verbindlichkeit einer
→Entscheidung. Dabei ist zwischen formeller R. und materieller R.
zu unterscheiden. Formelle (äußere) R. ist die →Unanfechtbarkeit der
→Entscheidung. Sie bedeutet insbesondere, dass gegen die
Entscheidung keine →Rechtsmittel mehr möglich sind. Sie ist
Voraussetzung der materiellen R. Materielle (innere) R. (§ 322 ZPO)
ist die Maßgeblichkeit des Inhalts der Entscheidung. Sie bedeutet,
dass die Gerichte in einem späteren Prozess der Parteien über
denselben →Streitgegenstand an den Inhalt der Entscheidung
gebunden sind. Die Beseitigung der R. ist nur in besonderen
Ausnahmefällen möglich (z. B. →Wiedereinsetzung,
→Abänderungsklage, →Wiederaufnahmeklage, gesetzliche
Anordnung, vorsätzlich sittenwidrige Schädigung).
Lit.: Prütting, H./Weth, S., Rechtskraftdurchbrechung bei unrichtigen Titeln, 2. A. 1994; Reischl,
K., Die objektiven Grenzen der Rechtskraft im Zivilprozess, 2002
Rechtslage ist die sich unter dem Blickpunkt des Rechts ergebende
Lage. Ist nach der R. in einem Fall gefragt, so ist dieser an Hand der
gesamten Rechtsordnung umfassend zu beurteilen. Von der R. zu
unterscheiden ist die Sachlage.
Lit.: Köbler, Anfängerübung
Rechtslehre ist die Gesamtheit der das →Recht betreffenden
Wissenssätze.
Lit.: Röhl, K., Allgemeine Rechtslehre, 2. A. 2001
Rechtslexikon ist die lexikalische Zusammenfassung der
→rechtswissenschaftlichen Erkenntnisse.
Lit.: Creifelds; Deutsches Rechtslexikon, hg. v. Tilch, H./Arloth, F., 3. A. 2001
Rechtslinguistik ist die Wissenschaft von der Anwendung der
Linguistik auf das Recht.
Lit.: Untersuchungen zur Rechtslinguistik, hg. v. Müller, F., 1989
Rechtslogik ist die Wissenschaft von der Anwendung der →Logik
auf das Recht.
Lit.: Weinberger, O., Rechtslogik, 2. A. 1989; Schneider, E., Logik für Juristen, 5. A. 1999
Rechtsmangel (z. B. § 435 BGB) ist der Mangel einer Sache in
Bezug auf Rechte Dritter an ihr bzw. die →Nichterfüllung der
→Verpflichtung, einen Gegenstand frei von Rechten Dritter zu
verschaffen (§ 433 I 2 BGB). R. ist beispielsweise eine beschränkte
persönliche Dienstbarkeit an einem Grundstück zu Gunsten eines
Energieversorgungsunternehmens bezüglich einer Fernwärmeleitung.
Die Kaufsache ist frei von einem R., wenn Dritte in Bezug auf sie
keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den
Käufer geltend machen können, wobei es einem R. gleich steht, wenn
im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das in Wirklichkeit nicht
besteht. Im →Kaufrecht bestimmen sich die Rechte des →Käufers bei
einem R. nach § 437 BGB (→Leistungsverweigerungsrecht,
→Nacherfüllung, →Rücktrittsrecht, →Minderung,
→Schadensersatzanspruch, Aufwendungserstattung).
Lit.: Ernst, W., Rechtsmangelhaftung, 1995; Haedicke, M., Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung,
2003
Rechtsmedizin ist die Bezeichnung für den von Rechtsfragen
geprägten Teil der Medizin und damit für den Grenzbereich zwischen
Medizin und Rechtswissenschaft (z. B. forensische Pathologie,
Vaterschaftsgutachten, künstliche Insemination, Toxikologie).
Lit.: Wirth, I./Strauch, H., Rechtsmedizin, 2000
Rechtsmethodologie ist die Lehre von den planmäßigen
Denkverfahren der Rechtswissenschaft. In ihrem Mittelpunkt steht die
Anwendung (der Rechtsfolge) eines abstrakten →Rechtssatzes auf
einen konkreten →Sachverhalt in konkreter Form
(→Rechtsanwendung). Sie geschieht im Wege der →Subsumtion
oder Zuordnung oder Gleichsetzung. Erforderlich können dabei
→Auslegung, →Analogie, →Reduktion (Restriktion) oder
→Umkehrschluss werden.
Lit.: Larenz, Methodenlehre; Köbler, Jurist; Müller, F/Christensen, R., Juristische Methodik, 8. A.
2002
Rechtsmissbrauch ist die unberechtigte Ausübung eines an sich
bestehenden →Rechts. Diese ist nach § 226 BGB unzulässig, wenn
sie nur den Zweck haben kann, einem andern →Schaden zuzufügen.
Darüber hinaus kann die Ausübung eines Rechts auch wegen
Verstoßes gegen § 242 BGB unzulässig sein (z. B. Berufung auf eine
durch eigenes Verhalten verursachte Verjährung).
Lit.: Haferkamp, H., Die heutige Rechtsmissbrauchslehre, 1995; Knödler, C., Rechtsmissbrauch im
öffentlichen Recht, 1999
Rechtsmittel ist das Mittel, mit dem eine Partei eine ihr ungünstige
→Entscheidung vor →Rechtskraft im Wege der Nachprüfung durch
ein höheres →Gericht zu beseitigen bezweckt. Das R. ist ein
besonderer Fall des allgemeineren →Rechtsbehelfs. Die R. sind
grundsätzlich gekennzeichnet durch →Suspensiveffekt und
→Devolutiveffekt. Im Einzelnen kann im →Zivilprozess gegen
→Endurteile, gewisse →Zwischenurteile und →Beschlüsse durch R.
vorgegangen werden, wobei als R. →Berufung, →Revision und
→Beschwerde zur Verfügung stehen (§§ 511ff. ZPO). Im
→Strafprozess richten sich →Berufung und →Revision gegen
→Urteile, die →Beschwerde dagegen gegen →Verfügungen und
→Beschlüsse (§§ 296ff. StPO). Im →Verwaltungsprozess stehen
gegen →Urteile →Berufung und →Revision zur Verfügung. Gegen
viele sonstige Entscheidungen ist die →Beschwerde zulässig
(§§ 124ff. VwGO). R. im Sinn von § 839 BGB sind alle
Rechtsbehelfe im weitesten Sinn, die eine Beseitigung der
schädigenden Anordnung und zugleich eine Abwendung des
→Schadens selbst bezwecken und ermöglichen. Unzulässige R.
werden grundsätzlich verworfen, unbegründete R. werden
zurückgewiesen. (Rechtstatsächlich wurden in Deutschland 1998 46%
der angegriffenen vorinstanzlichen Entscheidungen abgeändert.)
Lit.: Rödel, R./Dahmen, T., Rechtsmittel in der anwaltlichen Praxis, 1997; Wankel, Rechtsmittelund Rechtsbehelfsbeschränkung, JA 1998, 72ff.; Werkmüller, Einschränkungsmöglichkeiten von
Rechtsmitteln im Strafprozess, JA 2000, 55ff.; Rechtsmittel im Strafrecht, hg. v. Becker, M. u. a.,
2000
Rechtsmittelbelehrung ist die Belehrung durch (eine Behörde oder)
ein →Gericht über die gegen eine →Entscheidung möglichen
→Rechtsmittel. Sie ist in einzelnen Fällen besonders vorgeschrieben
(z. B. § 35a StPO). Ihr gänzliches oder auch nur teilweises Fehlen (z.
B. nur schriftliche R. bei schwerer Verständlichkeit für einen Laien)
kann verfahrensrechtliche Folgen nach sich ziehen (§ 44 StPO).
→Rechtsbehelfsbelehrung
Rechtsmittelverzicht ist der nach Erlass einer →Entscheidung
erklärte →Verzicht auf Überprüfung einer Entscheidung durch ein
dafür zuständiges Gericht. Der von allen Beteiligten erklärte R.
bewirkt die sofortige →Rechtskraft der Entscheidung. Eine
Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts mit dem Angeklagten vor
der Urteilsverkündung ist unzulässig.
Lit.: Rimmelspacher, B., Die Wirkungen des Rechtsmittelverzichts im Zivilprozess, JuS 1988, 953
Rechtsnachfolge ist die Nachfolge einer Person nach einer andern
Person in Bezug auf ein →Recht. Sie kann →Sonderrechtsnachfolge
(Singularsukzession) oder →Gesamtrechtsnachfolge
(Universalsukzession) sein. Sie kann kraft →Gesetzes oder kraft
→Rechtsgeschäfts entstehen. Sie ist ausgeschlossen bei
höchstpersönlichen Rechten und Pflichten.
Lit.: Dinstühler, K., Rechtsnachfolge und einstweiliger Rechtsschutz, 1995; Peine, F., Die
Rechtsnachfolge in öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten, JuS 1997, 984; Riedl, M., Die
Rechts- und Pflichtennachfolge im öffentlichen Recht, 1999; Nolte, M./Niestedt, M., Grundfälle zur
Rechtsnachfolge im öffentlichen Recht, JuS 2000, 107
Rechtsnorm ist die einzelne allgemeine rechtliche
Sollensanforderung bzw. der einzelne Rechtssatz (z. B. Wer
vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die
Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines andern
widerrechtlich verletzt, ist dem andern zum Ersatze des daraus
entstehenden Schadens verpflichtet, § 823 I BGB). Die Rechtsnorm
besteht regelmäßig aus einem (abstrakten) →Tatbestand und einer
(abstrakten) →Rechtsfolge. Ausnahmsweise kann sie auch
unvollständig sein (z. B. erläuternde R. wie § 90 BGB,
einschränkende R. oder verweisende R. wie § 823 II BGB).
Lit.: Larenz, Methodenlehre
Rechtsobjekt ist der →Gegenstand, auf den sich ein →Recht
beziehen kann (z. B. →Sache, →Forderung). In der Regel steht das R.
unter der Herrschaftsmacht eines →Rechtssubjekts. Es kann als R.
nicht selbst Träger von Rechten sein.
Rechtsordnung ist die Gesamtheit der Rechtssätze einer
Rechtsgemeinschaft.
Rechtsperversion ist die Perversion von Recht in Unrecht. Sie liegt
vor, wenn unter dem Schein des Rechts Unrecht geschieht. Sie ist
beispielsweise (in besonderem Maße) gegeben, wenn von einem
Mitglied eines (rechtswissenschaftlichen) Gremiums verlangt wird,
dass es seine Mitgliedsrechte nicht ausübt und gleichwohl von den
übrigen Mitgliedern des Gremiums über seine sonstigen Rechte zu
seinen Lasten entschieden wird, eine Stelle nur zum Schein
ausgeschrieben wird oder →Inzucht, →Betrug und →Korruption
sowie →Kollusion allgemein das scheinbar gewahrte Recht
rechtstatsächlich verdrängen. Historisch gewichtige Fälle von R. sind
endlicher Rechtstag, Verfassungen in totalitären Diktaturen oder
Nürnberger Gesetze.
Rechtspflege ist die Ausübung der →Gerichtsbarkeit durch die dazu
berufenen →Organe. Sie kann streitige oder unstreitige R. sein. Sie ist
grundsätzlich staatliche Tätigkeit.
Rechtspfleger ist der →Beamte des gehobenen Diensts, dem
bestimmte Aufgaben (Mahnverfahren, Nachlassverfahren,
Zwangsvollstreckungsverfahren, Grundbuchsachen, Registersachen,
Vormundschaftssachen, Strafvollstreckung, Kostenfestsetzung) der
→Rechtspflege übertragen worden sind. Seine Rechtsstellung ist in
den §§ 1ff. RPflG näher geregelt. Voraussetzung der Betrauung mit
den Aufgaben eines Rechtspflegers sind (Abitur,) die Ableistung
eines →Vorbereitungsdiensts von drei Jahren und das Bestehen der
Rechtspflegerprüfung. Dem R. kommt sachliche →Unabhängigkeit
zu. Gegen die Entscheidung des Rechtspflegers ist die →Beschwerde,
die sofortige Beschwerde oder auffangweise die der Abhilfe
zugängliche →Erinnerung an den →Richter zulässig. Der gesetzliche
Ausschluss der richterlichen Überprüfung verletzt die
Rechtsweggarantie. Nach § 36b RPflG können Landesregierungen
durch Rechtsverordnung Geschäfte des Rechtspflegers auf den
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragen (z. B. im
Mahnverfahren). (In Deutschland gab es 1999 14194 Rechtspfleger,
davon 7593 Frauen).
Lit.: Arnold/Meyer-Stolte, K. u. a., Rechtspflegergesetz, 6. A. 2002; Bassenge, P./Herbst, G./Roth,
H., Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Rechtspflegergesetz, 9. A.
2002; Dallmeyer, P./Eickmann, D., Rechtspflegergesetz, 1996; Klausurenbuch für die
Rechtspflegerprüfung, hg. v. Huhn u. a., 1998; Klausurenbuch für die Rechtspflegerprüfung, hg. v.
König, V. u. a., 1999
Rechtsphilosophie ist die Lehre von den Grundfragen und
Grundwerten des →Rechts. Sie ist ein Teil (der →Rechtswissenschaft
wie) der Philosophie. Ihre Hauptanliegen betreffen die Herkunft, das
Wesen und die →Gerechtigkeit des Rechts bzw. die Möglichkeiten
einer rationalen Begründung nichtpositiver Richtigkeitsgarantien und
die Bestimmung einer sinnvollen Begrenzung rechtlicher Regelungen.
Lit.: Henkel, Rechtsphilosophie; Zippelius, R., Rechtsphilosophie, 4. A. 2003; Coing, H.,
Grundzüge der Rechtsphilosophie, 5. A. 1993; Einführung in die Rechtsphilosophie und
Rechtstheorie der Gegenwart, hg. v. Kaufmann, A./Hassemer, W., 6. A. 1994; Seelmann, K.,
Rechtsphilosophie, 2. A. 2001; Schapp, J., Das Fach Rechtsphilosophie in der juristischen
Ausbildung, JuS 1996, 372; Horn, N., Einführung in die Rechtswissenschaft und
Rechtsphilosophie, 2. A. 2001; Naucke, W., Rechtsphilosophische Grundbegriffe, 4. A. 2000;
Zippelius, R., Das Wesen des Rechts, 5. A. 1997; Kaufmann, A., Rechtsphilosophie, 2. A. 1997;
Aktuelle Fragen der Rechtsphilosophie, hg. v. Seelmann, K., 2000; Gröschner, R. u. a., Rechts- und
Staatsphilosophie, 2000; Texte zur Rechtsphilosophie, hg. v. Seelmann, K., Bd. 1 2000; Braun, J.,
Rechtsphilosophie im 20. Jahrhundert, 2001; Mayer-Maly, T., Rechtsphilosophie, 2001;
Rechtsphilosophie, hg. v. Pfordten, D. von der, 2002
Rechtspolitik ist das den gesellschaftlichen Teilbereich →Recht
betreffende (staatliche) Handeln. Die R. ist damit ein Teil der Politik
insgesamt. Sie kann wie jedes (staatliche) Handeln intensiv oder
extensiv sowie aufrechterhaltend oder verändernd sein.
Lit.: Hippel, E. v., Rechtspolitik, 1992; Voigt, R., Spielball der Politik?, 4. A. 2000
Rechtspositivismus ist der das Recht betreffende →Positivismus
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Hoerster, N., Verteidigung des Rechtspositivismus, 1989;
Ott, W., Der Rechtspositivismus, 2. A. 1992
Rechtspraxis ist die praktische Anwendung des Rechts im
Alltagsleben.
Lit.: Handbuch der europäischen Rechts- und Wirtschaftspraxis, hg. v. Salger, H., 1996
Rechtsprechung (Art. 92 GG) ist die →Entscheidung konkreter
Rechtsfragen durch die dafür zuständige Stelle. Die R. ist der Teil der
staatlichen →Gewalt, der durch die →Richter ausgeübt wird.
Ständige R. ist dabei die inhaltlich gleiche Entscheidung einer
Rechtsfrage über einen längeren Zeitraum hin.
Lit.: Schack, H./Ackmann, H., Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Bürgerlichen Recht, 4. A.
1997; Roxin, C., Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Allgemeinen Teil des Strafrechts, 1998
Rechtsquelle ist der Ursprungsort eines →Rechtssatzes. Die R. kann
Rechtserkenntnisquelle oder Rechtsgeltungsquelle sein. Als
Rechtsgeltungsquelle sind in der Gegenwart →Gesetz (im materiellen
Sinn) und →Gewohnheitsrecht (sowie →Richterrecht) anerkannt.
Historische Rechtserkenntnisquellen sind z. B. Volksrechte,
Rechtsbücher, Stadtbücher, Weistümer, Urbare, Urkunden usw.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Rechtsreferendar ist, wer die erste juristische →Staatsprüfung
bestanden hat. Der R. muss zur weiteren Ausbildung einen
praktischen →Vorbereitungsdienst (auf die spätere berufliche
Tätigkeit) von zwei Jahren ableisten (§ 5a DRiG).
→Richteramtsbefähigung, →Referendar
Lit.: Köbler, Jurist; Felser, M., Das erfolgreiche Rechtsreferendariat, 2. A. 1999; Eckert, F., Die
Wahrnehmung von Aufgaben der Rechtspflege durch den Rechtsreferendar, JuS 2001, 1003;
Reinhard, J., Der Rechtsreferendar als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, JuS 2002, 169
Rechtsreflex ist die lediglich tatsächliche (, keine eigene
Rechtsqualität implizierende) Auswirkung einer rechtlichen
Regelung. Im Gegensatz zum subjektiven →Recht ist beim R. die
Regelung nicht dazu bestimmt, auch den Einzelinteressen dessen zu
dienen, der sich auf sie beruft. Im Einzelnen ist die Abgrenzung
zwischen R. und subjektivem Recht schwierig (z. B. Anspruch Dritter
auf Tätigwerden der →Polizei gegenüber einem →Störer; vgl. auch
§ 11 StVZO hinsichtlich des Fahrlehrers).
Rechtssatz ist der Recht in Sprache ausdrückende, meist aus
→Tatbestand und →Rechtsfolge bestehende Satz. →Rechtsnorm
Lit.: Köbler, Anfängerübung
Rechtsschein ist der äußerliche Anschein des Bestehens eines in
Wirklichkeit nicht bestehenden →Rechts. Der R. ist kein Recht und
gewährt auch kein Recht. Ausnahmsweise kann aber ein
→Gutgläubiger in seinem Vertrauen auf den Schein eines Rechts
geschützt werden (z. B. gutgläubiger →Erwerb [z. B. § 932 BGB],
§§ 170ff. BGB, →Grundbuch, →Erbschein, §§ 5, 15 HGB).
Lit.: Altmeppen, H., Disponibilität des Rechtsscheins, 1994; Zimmer, J., § 15 Abs. 2 HGB, 1998;
Kindl, J., Rechtsscheintatbestände, 1999
Rechtsschöpfung ist die Schaffung (Schöpfung) eines bisher nicht
vorhandenen →Rechtssatzes. Für die R. sind nach allgemeiner
Ansicht der →Gesetzgeber (→Gesetz) und das durch ihn
repräsentierte →Volk (→Gewohnheitsrecht) zuständig. Inwieweit die
R. im Einzelfall dem →Richter überlassen ist, ist streitig und
zweifelhaft, so dass die richterliche R. im →gewaltengeteilten Staat
jedenfalls nicht die Regel sein können wird.
Rechtsschule ist die Lehrstätte oder Geistesrichtung innerhalb der
→Rechtswissenschaft. Als Lehrstätten sind in der Rechtsgeschichte
besonders bedeutsam die spätantike R. von Beirut und die
hochmittelalterliche R. von Bologna. R. im geistigen Sinn sind vor
allem die historische R. und die freie R. Die historische R. (Savigny
Frankfurt am Main 1779-Berlin 1861) sieht das Recht als einen an
seine geschichtlichen Voraussetzungen gebundenen, aus dem
innersten Wesen der Nation geborenen Teilbereich der Gesamtkultur,
der organisch wachsen müsse. Die freie R. (Ehrlich Czernowitz
1862–Wien 1922) geht davon aus, dass der Richter vom Gesetz
abweichen dürfe, sobald dessen Anwendung zu ungerechten
Ergebnissen führe.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
Rechtsschutz ist der durch die →Rechtsordnung gewährleistete
Schutz der →Rechtsgüter. Der R. ist in den besonderen, von der
Rechtsordnung bereitgestellten →Verfahren geltend zu machen,
durch die der Selbstschutz des Einzelnen (→Selbsthilfe) weitgehend
verdrängt worden ist. Im Besonderen ist der gewerbliche R. die
Gesamtheit der Rechtssätze, welche die gewerblich-geistige Leistung
des Einzelnen schützen (→Patentrecht, →Markenrecht,
→Gebrauchsmusterrecht, →Geschmacksmusterrecht und
→Wettbewerbsrecht). Vorläufiger R. ist der von der Rechtsordnung
vorläufig gewährte Schutz (→Anordnung, einstweilige, →Arrest,
→Verfügung, einstweilige).
Lit.: Gewerblicher Rechtsschutz Wettbewerbsrecht Urheberrecht (Lbl.), bearb. v. Heinemann, A.,
24. A. 2004; Eisenmann, H., Grundriss gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 4. A. 2001;
Handbuch des vorläufigen Rechtsschutzes, hg. v. Dunkl, H., 3. A. 1999; Finkelnburg, K./Jank, K.,
Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. A. 1998; Dahmen, T., Vorläufiger
Rechtsschutz, 1998; Ensthaler, J., Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 1998; Schuschke,
W./Walker, W., Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. A. 2002; Rohde, C., Vorläufiger
Rechtsschutz unter dem Einfluss des Gemeinschaftsrechts, 1998; Rechtsschutz und Rechtskontrolle
nach Amsterdam, hg. v. Müller-Graff, P. u. a., 1999; Gießler, H., Vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-,
Familien- und Kindschaftssachen, 3. A. 2000; Mathy, F., Rechtsschutzalphabet, 2. A. 2000;
Schmieder, H., Gewerblicher Rechtsschutz ohne Grenzen, JuS 2000, 1063; Haberstumpf, H.,
Wettbewerbs- und Kartellrecht, gewerblicher Rechtsschutz, 2000; Buschbell, Rationelle
Rechtsschutzkorrespondenz, 2000; Münchener Anwaltshandbuch Gewerblicher Rechtsschutz, hg.
v. Hasselblatt, G., 2001; Chrocziel, P., Einführung in den gewerblichen Rechtsschutz und das
Urheberrecht, 2. A. 2002
Rechtsschutzbedürfnis ist das berechtigte →Interesse einer Person
an →Rechtsschutz in den dafür vorgesehenen →Verfahren. Das R. ist
allgemeine →Prozessvoraussetzung, die aber bei →Leistungsklagen
und →Gestaltungsklagen in der Regel ohne Weiteres gegeben ist.
Nach § 256 ZPO kann eine →Feststellungsklage dagegen nur erhoben
werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an alsbaldiger
Feststellung durch richterliche Entscheidung hat.
Lit.: Thannhäuser, G., Die neuere Rechtsprechung zum Rechtsschutzbedürfnis, Diss. jur.
Regensburg 1998; Stein, V., Die Sachentscheidungsvoraussetzung, 2000
Rechtsschutzversicherung (§§ 158lf. VVG) ist die
Privatversicherung für den gerichtlichen Streitfall. Bei ihr übernimmt
der Versicherer unter bestimmten Bedingungen Verfahrenskosten des
Versicherungsnehmers. Dies könnte die Klagebereitschaft fördern.
Lit.: Harbauer, W., Rechtsschutzversicherung, 7. A. 2004; Böhme, W., Allgemeine Bedingungen
für die Rechtsschutzversicherung, 11. A. 2000; Plote, H., Anwalt und Rechtsschutzversicherung,
2000
Rechtssetzung ist die Schaffung von Recht durch eine bewusste und
gewollte Setzungshandlung (z. B. Gesetzgebung, Verordnungserlass,
Satzungsgebung).
Lit.: Müller, G., Elemente einer Rechtssetzungslehre, 1999;
Bogdandy, A. v., Gubernative Rechtssetzung, 2000; Axer, P.,
Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000
Rechtssicherheit ist die Beständigkeit der für ein Verhalten
eintretenden →Rechtsfolgen. Die R. ist ein wesentlicher Grundwert
einer →Rechtsordnung. Sie ermöglicht dem Einzelnen eine geordnete
Planung seiner Lebensgestaltung. Sie kann im Einzelfall in
Widerstreit zur →Gerechtigkeit geraten. Einer ihrer wichtigsten
Ausprägungen ist die →Rechtskraft.
Rechtssoziologie ist die Lehre von der sozialen Wirklichkeit des
→Rechts. Sie ist ein Teil (der →Rechtswissenschaft wie) der
Soziologie. Sie sieht insbesondere das Recht weniger als einen
Inbegriff von Sollenssätzen als vielmehr als eine Gesamtheit von
tatsächlich beachteten Verhaltensregeln. Darüber hinaus befasst sie
sich mit den besonderen tatsächlichen gesellschaftlichen
Bedingungen, unter denen Rechtsregeln entstehen und wirken. Die R.
als Erfahrungswissenschaft kann weder →Rechtsdogmatik noch
→Rechtspolitik ersetzen.
Lit.: Rehbinder, M., Rechtssoziologie, 5. A. 2003; Machura, S., Rechtssoziologie in der
Juristenausbildung, JuS 1997, 953; Rechtssoziologie am Ende des 20. Jahrhunderts, hg. v. Dreier,
H., 2000
Rechtssprache ist die besondere Fachsprache der →Juristen. Sie baut
auf der Grundlage der allgemeinen Sprache auf. Daneben ist sie aber
durch eine Vielzahl von (besonderen Begriffen wie) besonderen
Bedeutungen allgemeiner Begriffe gekennzeichnet. Sie haben sich
geschichtlich entwickelt. Ihre Kenntnis ist Voraussetzung für jede
rechtswissenschaftliche Tätigkeit.
Lit.: Deutsches Rechtswörterbuch, Bd. 1ff. 1914ff.; Köbler, G., Deutsche Sprachgeschichte und
Rechtsgeschichte, in: Sprachgeschichte, hg. v. Besch, W./Reichmann, O./Sonderegger, S., 1984,
56ff.; Köbler, G., Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995; Simon, H. u. a., Einführung in die
deutsche Rechtssprache, 1999 (für anglophone und frankophone Leser); Die Rechtssprache, hg. v.
Fritsch-Oppermann, S., 1999
Rechtssprichwort ist das einen rechtlichen Tatbestand erfassende
Sprichwort (z. B. Aller guten Dinge sind drei. Das Gut rinnt wie das
Blut. Wer zuerst zur Mühle kommt, soll zuerst mahlen. Lügen haben
kurze Beine. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er
auch die Wahrheit spricht). Die deutschen Rechtssprichwörter gelten
vielen als urtümliche Zeugnisse guten alten Rechts, lassen sich aber
vor dem Hochmittelalter nicht belegen. Die Zahl der wirklich
geläufigen Rechtssprichwörter ist ziemlich gering.
Lit.: Liebs, Rechtsregeln; Graf, E./Dietherr, M., Deutsche Rechtssprichwörter, 2. A. 1869,
Neudruck 1975; Foth, A., Gelehrtes römisch-kanonisches Recht in deutschen Rechtssprichwörtern,
1971; Deutsche Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, hg. v. Schmidt-Wiegand, R., 2002; Köbler,
G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Rechtsstaat (Art. 20 GG) ist der bewusst auf die Verwirklichung von
→Recht ausgerichtete →Staat (seit dem 19. Jh.). Formell bedeutet R.
die Bindung der Staatsgewalt an Recht und →Gesetz sowie die
Überprüfbarkeit staatlicher Maßnahmen durch unabhängige
→Gerichte (Rechtsmittelstaat [Gewaltenteilung, Grundrechte,
Gesetzesbindung, Unabhängigkeit der Gerichte,
Verfassungsgerichtsbarkeit]). Materiell beinhaltet R. die
Verpflichtung der Staatsgewalt auf die Idee der →Gerechtigkeit
(Chancengleichheit, Entfaltungsfreiheit).
Lit.: Görisch, C., Die Inhalte des Rechtsstaatsprinzips, JuS 1997, 988; Sobota, K., Das Prinzip
Rechtsstaat, 1997; Calliess, C., Rechtsstaat und Umweltstaat, 2001
Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) ist im Verfassungsrecht der
Grundsatz, dass die gesamte →Staatsgewalt an das vom →Volk oder
seinen →Organen gesetzte →Recht gebunden ist. Das R. ist in die
→Verfassung nicht ausdrücklich aufgenommen (vgl. aber Art. 28 I
GG), gehört jedoch gleichwohl zu den wichtigsten
Verfassungsgrundsätzen. Seine Konkretisierung erfolgt je nach den
sachlichen Gegebenheiten. Zu seinen wichtigsten Ausprägungen
zählen →Vorrang des Gesetzes und →Vorbehalt des Gesetzes. Ein
weiterer wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist die
→Rechtssicherheit, die etwa im →Strafrecht die →Rückwirkung von
Gesetzesänderungen verbietet. Im Verfahrensrecht gründen sich auf
das R. die Anforderungen, dass das Verfahren nach festen
Grundregeln gestaltet sein, vor einem gesetzlich feststehenden
(Art. 101 I GG) und unabhängigen (Art. 97 I GG) →Richter
stattfinden und die verfassungsmäßig garantierten →Grundrechte
gewährleisten muss. Weiter werden zum R. gezählt
Verfassungsstaatlichkeit, Freiheitlichkeit, Rechtsgleichheit und
Grundrechte, Gewaltenteilung, Rechtsgebundenheit, Gerichtsschutz,
öffentlich-rechtliches Ersatzleistungssystem und Übermaßverbot.
Danach ist etwa das R. dann verletzt, wenn in einem
vormundschaftsgerichtlichen Verfahren nach mehr als sechseinhalb
Jahren noch nicht einmal die Grundlagen für eine erstinstanzliche
Entscheidung des Vormundschaftsgerichts für eine
Umgangsrechtregelung geschaffen wurden. Ein Rechtsbehelf darf
nicht nur deswegen als unzulässig angesehen werden, weil sein
Vorbringen unzureichend gelungen ist. Ein Verhalten eines
Prozessvertreters darf nicht als schuldhaft angesehen werden, wenn es
nach der Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts nicht zu
beanstanden ist.
Lit.: Roxin, I., Die Rechtsfolgen schwerwiegender Rechtsstaatsverstöße in der Strafrechtspflege, 3.
A. 2000; Sobota, K., Das Prinzip Rechtsstaat, 1997; Görisch, C., Die Inhalte des
Rechtsstaatsprinzips, JuS 1997, 988
Rechtsstreit ist der Streit mehrerer Beteiligter über ein
→Rechtsverhältnis vor einer entscheidungsbefugten Stelle. Er ist
nach den besonderen verfahrensrechtlichen Vorschriften auszutragen.
Das Ergebnis des Rechtsstreits ist ebenfalls nach besonderen Regeln
zu verwirklichen.
Rechtsstreitigkeit ist die in ihrer rechtlichen Beurteilung umstrittene
Angelegenheit.
Rechtssubjekt ist der Träger von →Rechten und →Pflichten. Dies
kann ein Mensch oder eine juristische Person sein. Dem R. kommt
→Rechtsfähigkeit, nicht unbedingt auch →Handlungsfähigkeit zu.
Lit.: Hempel, M., Die Völkerrechtssubjektivität, 1999
Rechtssymbol ist die Handlung oder der Gegenstand, die ein
Rechtsgeschäft oder ein Rechtsverhältnis versinnbildlichen.
Rechtssymbole könnten im älteren Recht eine größere Rolle gespielt
haben als in der Gegenwart (z. B. Marktkreuz als Zeichen des
Marktrechts). Auch heute sind aber beispielsweise die
Straßenverkehrszeichen rechtstatsächlich sehr bedeutsam.
Lit.: Grimm, J., Deutsche Rechtsaltertümer, Bd. 1ff. 4. A. 1899, Neudruck 1965; Köbler, G., Bilder
aus der deutschen Rechtsgeschichte, 1988
Rechtstag ist in der Rechtsgeschichte der Gerichtstag. Endlicher R.
ist im neuzeitlichen Strafprozessrecht der Gerichtstag, an dem das
durch →Inquisition vorbereitete öffentliche →Verfahren formal
durchgeführt wird.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Rechtstatsachenforschung ist die Erforschung der konkreten
Verhältnisse der Rechtswirklichkeit (z. B. Erforschung der Zahl der
Abtreibungen oder der Dauer von Prozessen). Die R. ist ein Teil der
→Rechtssoziologie. Sie vermittelt Tatsachenmaterial, das als
rechtspolitische Entscheidungshilfe dienen kann.
Lit.: Röhl, K., Das Dilemma der Rechtstatsachenforschung, 1974
Rechtstheorie ist die Beschäftigung mit den allgemeinen Fragen des
Rechts, insbesondere mit seiner logischen Struktur. Die R. steht in der
Gegenwart in gewissem Wettbewerb mit der →Rechtsphilosophie.
Sie scheint sie zu verdrängen, ohne sie ersetzen zu können. Im
weiteren Sinn lässt sich zur R. auch die →Rechtsmethodologie
zählen.
Lit.: Adomeit, K., Rechtstheorie für Studenten, 4. A. 1998; Einführung in Rechtsphilosophie und
Rechtstheorie der Gegenwart, hg. v. Kaufmann, A./Hassemer, W., 6. A. 1994; Rüthers, B.,
Rechtstheorie, 1999
Rechtsübergang →Rechtserwerb
Rechtsübertragung →Rechtserwerb
Rechtsvergleichung ist die vergleichende Betrachtung verschiedener
→Rechtsordnungen, insbesondere räumlich verschiedener,
gleichzeitig geltender Rechtsordnungen. Der R. muss die Ermittlung
des fremden Rechts vorausgehen. Die eigentliche R. kann
genealogisch (entwicklungsgeschichtlich) oder institutionell (auf
einzelne Institute bezogen) erfolgen, wobei es in der Regel besonders
sinnvoll ist, die Gründe und Voraussetzungen einer
verschiedenartigen Gestaltung zu erforschen.
Lit.: Zweigert, K./Kötz,H., Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. A. 1996; David/Grasmann, Die
großen Rechtssysteme der Gegenwart, 2. A. 1988; Sacco, R., Einführung in die Rechtsvergleichung,
2001; Brand, O., Grundfragen der Rechtsvergleichung, JuS 2003, 1083
Rechtsverhältnis ist die rechtliche Beziehung einer →Person zu
einer andern oder zu einer →Sache, die als →Rechtsfolge aus einem
konkreten →Tatbestand erfließt. Einzelne Rechtsverhältnisse sind
z. B. ein Verwaltungsrechtsverhältnis (→Beamtenverhältnis,
→Anstaltsnutzungsverhältnis) oder ein →Schuldverhältnis. Für das
einzelne R. gelten grundsätzlich besondere Regeln. Das Bestehen
oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses kann im
→Verfahrensrecht allgemein Gegenstand der →Feststellungsklage
sein (z. B. § 256 ZPO).
Rechtsverkehr ist der Verkehr zwischen Personen in
Angelegenheiten des Rechts.
Lit.: Bülow, A. u. a., Der internationale Rechtsverkehr, 2000
Rechtsvermutung →Vermutung
Rechtsverordnung ist die im Rang unter dem formellen →Gesetz
stehende, von einer zuständigen →Verwaltungsbehörde auf Grund
einer Rechtssetzungsermächtigung (Rechtsgrundlage,
Ermächtigungsgrundlage) erlassene, abstrakte und generelle
→Regelung. Durch die Verordnungsermächtigung in einem
→Gesetz, das Inhalt, Zweck und Ausmaß der →Ermächtigung
festlegen muss (vgl. Art. 80 I GG), wird rechtssetzende Gewalt durch
die gesetzgebende Gewalt (von dieser) auf die vollziehende Gewalt
übertragen, das Prinzip der →Gewaltenteilung also – in unechter
→Delegation – durchbrochen. Die R. ist materiell →Gesetz. Sie
regelt in Ausführung des ermächtigenden formellen Gesetzes
Einzelheiten von geringerer Bedeutung (→Ausführungsverordnung).
Sie kann Bundesrechtsverordnung oder Landesrechtsverordnung sein
und von der →Regierung, einzelnen →Ministern oder
nachgeordneten →Behörden (z. B. Ordnungsbehörden) erlassen
werden. Art. 80 I 3 GG sieht eine besondere Angabe der
Rechtsgrundlage ausdrücklich vor (Zitiergebot). Das Verfahren, des
Erlasses einer R., insbesondere einer Polizeiverordnung oder
Ordnungsverordnung, ist in Landesgesetzen näher geregelt.
Erforderlich ist stets eine ordnungsgemäße →Verkündung (vgl. das
Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom
30. 1. 1950). Ein Erlass einer R. im Umlaufverfahren führt dann zur
Nichtigkeit der R., wenn Schweigen stets als Zustimmung gewertet
wird.
Lit.: Pieroth, B., Rechtsnormen der Exekutive, JuS 1994, 89; Uhle, A., Parlament und
Rechtsverordnung, 1999; Kuntz, C., Der Rechtsschutz gegen unmittelbar wirkende
Rechtsverordnungen, 2001
Rechtswahl ist die Entscheidung für eine von mehreren
zulässigerweise in Betracht kommenden Rechtsordnungen im
internationalen Recht.
Lit.: Dreher, K., Die Rechtswahl im internationalen Ehegüter- und
Erbrecht, 1999; Rühl, C., Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln,
1999
Rechtsweg ist das gesetzlich eröffnete →Verfahren, in dem die
staatliche →Gerichtsbarkeit Rechtsschutz gewährt. Nach Art. 19 IV
GG steht jedenfalls bei einer Rechtsverletzung durch die öffentliche
Gewalt der R. offen. Dieser gliedert sich nach den Zweigen der
→Gerichtsbarkeit (Verfassungsgericht, Verwaltungsgericht usw.), so
dass der Betroffene den richtigen Rechtswegzweig beschreiten muss.
Die Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 13 GVG u. a.) ist eine zwingende
allgemeine →Prozessvoraussetzung, deren Fehlen die →Klage
→unzulässig macht. Der ordentliche R. umfasst die
→Zivilgerichtsbarkeit und die allgemeine →Strafgerichtsbarkeit.
Lit.: Ehle, D., Rechtsweg und Zuständigkeit, JuS 1999, 166; Renck, L., Der Rechtsweg, JuS 1999,
361; Renck, L., Der Rechtsweg im gerichtlichen Verfahrensrecht, JuS 2000, 1001
Rechtsweggarantie ist die durch Art. 19 IV 1 GG gewährleistete
Möglichkeit jedes Einzelnen, zum Schutz vor →Eingriffen der
öffentlichen Gewalt in seine Rechtssphäre die →Entscheidung eines
→Gerichts herbeizuführen.
Rechtswegzulässigkeit →Rechtsweg
Rechtswidrigkeit ist der Widerspruch zur →Rechtsordnung. Die R.
dient vor allem zur Bewertung eines einen Erfolg verursachenden
→Verhaltens (z. B. eines Verwaltungshandelns, einer →Straftat oder
einer unerlaubten →Handlung). Die R. ist entweder als Verstoß gegen
ein Verhaltensgebot besonders festzustellen (Handlungsunrecht) oder
als durch den Erfolg indiziert anzunehmen (Erfolgsunrecht)
(Abgrenzung str.). Die R. wird durch das Vorliegen eines
→Rechtfertigungsgrunds beseitigt.
Lit.: Olivet, P., Der verantwortungsbezogene Rechtswidrigkeitsbegriff, 2. A. 1996; Kösch, A., Der
Status des Merkmals rechtswidrig, 1999
Rechtswirt (im Rechtsanwaltsfach oder im Notarfach) ist der nach
einer mindestens dreijährigen Berufserfahrung und einer Fortbildung
geprüfte Fachangestellte des Rechtsanwalts
(Rechtsanwaltsfachangestellte) bzw. Notars.
Rechtswissenschaft ist die die rechtliche Sollensordnung betreffende
→Wissenschaft. Sie ist eine Geisteswissenschaft und
Sozialwissenschaft im weiteren Sinne. Sie lässt sich gliedern in
→Rechtsgeschichte, →Rechtsvergleichung, →Rechtspolitik,
→Rechtssoziologie, →Rechtsphilosophie, →Rechtstheorie und
→Rechtsdogmatik.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Köbler, Jurist; Stintzing, R./Landsberg, E., Geschichte der
deutschen Rechtswissenschaft, Bd. 1ff. 1880ff.; Kleinheyer, G./Schröder, J., Deutsche und
europäische Juristen aus fünf Jahrhunderten, 4. A. 1996; Rechtswissenschaftliche
Innovationsforschung, hg. v. Hoffmann-Riem, W. u. a., 1998; Stein, E., Die rechtswissenschaftliche
Arbeit, 2000; Horn, N., Einführung in die Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie, 2. A. 2001;
Möllers, T., Juristischer Stil, JuS 2001, L 65
Rechtswörterbuch ist ein das Recht betreffendes Wörterbuch.
Lit.: Creifelds; Lindbergh, E., Internationales Rechtswörterbuch, 1993; Teubner, E., Teubners
Satirisches Rechtswörterbuch, 3. A. 1998; Deutsches Rechtswörterbuch, hg. v. Tilch, H./Arloth, F.,
3. A. 2001; Geiger/Mürbe/Linderer/Obenaus, Beck’sches Rechtslexikon, 3. A. 2003
Rechtszug ist der jeweils einem bestimmten →Gericht zugeordnete
Verfahrensabschnitt eines →Rechtsstreits. Das Verfahren beginnt vor
dem Gericht des ersten Rechtszugs (z. B. →Amtsgericht,
→Landgericht, →Verwaltungsgericht, u. U. aber auch
→Oberlandesgericht, § 120 GVG). Soweit das Verfahrensrecht dies
vorsieht, kann das Verfahren auf Grund von →Rechtsmitteln vor das
Gericht des zweiten oder dritten Rechtszugs gelangen.
Rediskontierung →Diskont
Reduktion (teleologische) ist die Einschränkung einer scheinbar für
einen weiteren →Tatbestand(sbereich) angeordneten →Rechtsfolge
auf einen (gerechterweise) allein zu erfassenden Tatbestand(sbereich)
(z. B. Einschränkung des § 181 BGB). Sie beginnt jenseits der
einschränkenden →Auslegung. Sie erfordert eine – nach besserer
Einsicht – zu weitgehende Regelung einer Rechtsnorm sowie eine
hinreichende Verschiedenheit eines speziellen Tatbestands(bereichs)
von einem Allgemeinen Tatbestand. Die R. steht im Gegensatz zur
→Analogie.
Lit.: Jäger, W., Teleologische Reduktion des § 181 BGB, 1999
Reeder (§ 484 HGB) ist der →Eigentümer eines ihm zum Erwerb
durch die Seefahrt dienenden Schiffs (Schiffseigner). Er ist
→Kaufmann. Er haftet für jeden →Schaden, den ein Angehöriger der
Schiffsbesatzung einem Dritten schuldhaft zufügt.
Lit.: Pötschke, J., Die Haftung des Reeders für Ansprüche aus Konnossementen, 1999
Reederei (§ 489 HGB) ist die Verbindung mehrerer →Reeder. Sie ist
eine besondere Art der →Gesellschaft. Der Anteil des einzelnen
Reeders ist der Schiffspart.
Lit.: Schmidt, K., Die Partenreederei, 1996
Referendar (Berichterstatter) ist der im →Vorbereitungsdienst für
die höhere Laufbahn des →Beamtenrechts und damit in der
Berufsausbildung stehende Anwärter. In der Rechtsgeschichte ist R.
ein hoher königlicher Amtsträger. →Rechtsreferendar
Lit.: Köbler, Jurist; Felser, M., Das erfolgreiche Rechtsreferendariat, 2. A. 1999; Bakshi, S.,
Einstellungssituation in/für den juristischen Vorbereitungsdienst, JuS 1999, 927; Vehslage, T. u. a.,
JuS-Referendarführer, 2003
Referendum (lat. [N.]) zu Berichtendes, Volksentscheid
Reflexrecht →Rechtsreflex
Reformatio (F.) in peius ([lat.] Zurückbildung in das Schlechtere) ist
die Abänderung einer gerichtlichen →Entscheidung in einer höheren
→Instanz zum Nachteil des →Angeklagten oder des →Anfechtenden.
Im Zivilprozess darf das Urteil nur insoweit geändert werden, als eine
Abänderung beantragt ist (§ 528 II ZPO). Im Strafprozessrecht darf
das Urteil in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum
Nachteil des →Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der
Angeklagte, zu seinen Gunsten die →Staatsanwaltschaft oder sein
gesetzlicher →Vertreter →Berufung oder →Revision eingelegt hat
(§§ 331, 358 StPO).
Lit.: Chung, H., Das Problem der reformatio in peius im Zivilprozess, Diss. jur. Köln 1998
Reformation ist allgemein die Zurückbildung eines gegenwärtigen
(schlechten) in einen ursprünglichen (einwandfreien) Zustand. In der
Rechtsgeschichte finden sich besonders deutliche
Reformationsbestrebungen am Ende des Mittelalters. Hier kommt es
nicht nur zu einer religiösen R., sondern bereits vorher auch zu
zahlreichen Reformationen der einzelnen partikularen Rechte (z. B.
des Stadtrechts von Nürnberg 1479), in denen hergebrachtes Recht
und aufgenommenes (rezipiertes) römisches Recht zu neuen
Einheiten verbunden wird.
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Reformation der Stadt Nürnberg, hg. v. Köbler, G., 1984;
Reformation der Stadt Franckenfort am Meine, hg. v. Köbler, G., 1984; Der Statt Wormbs
Reformation, hg. v. Köbler, G., 1985; Nüwe Stattrechten und Statuten der loblichen Statt Fryburg,
hg. v. Köbler, G., 1986
Regal ([N.] königliches [Recht]) ist im mittelalterlichen und
neuzeitlichen deutschen Recht das dem →König zustehende →Recht
(z. B. Bergregal, Forstregal). Die Regalien sind später meist auf die
Landesfürsten und damit auf die einzelnen →Länder übergegangen
(vgl. Art. 73 EGBGB). Sie spiegeln sich noch in einzelnen
Hoheitsrechten wieder.
Lit.: Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. 1
Regel (F.) Leitlinie, Vorschrift
Regelbeispiel ist der in einer Rechtsnorm als kennzeichnendes
Beispiel für ein durchschnittliches besonderes Verhalten angeführte
Tatbestand. Die Merkmale des Regelbeispiels sind keine
Tatbestandsmerkmale, sondern Teile einer Strafzumessungsregel
(str.). Regelbeispiele finden sich etwa in § 243 StGB für besonders
schwere Fälle des Diebstahls.
Lit.: Reineke, P., Regelbeispiele im Strafprozess, 1991; Eisele, J., Die Regelbeispielsmethode im
Strafrecht, 2004
Regelbetrag ist der in der Regel als Unterhalt (→Regelunterhalt)
erforderliche Betrag.
Regelstrafe ist die im →Gesetz in Form eines Strafrahmens
angegebene →Strafe, die verhängt werden soll, wenn keine
besonderen Umstände vorliegen, die eine Anpassung der Strafe an
den besonders gelagerten Einzelfall erfordern (z. B. § 249 StGB bei
Raub Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr). Im Gegensatz hierzu
werden in bestimmten Fällen (etwa besonders schweren oder minder
schweren Fällen, z. B. § 249 II StGB) höhere oder geringere
Strafrahmen vorgesehen.
Regelung (§ 35 VwVfG) ist die Festlegung von →Rechtsfolgen. Ihr
Kennzeichen ist, dass sie auf unmittelbare Rechtswirkung (nach
außen) gerichtet ist. Nach ihrem Ausspruch muss sie festlegen, was
rechtens sein soll. Solange sie individuell und konkret (Bescheid
gegenüber einer Person in einem bestimmten Fall), individuell und
abstrakt (eine bestimmte Person in einer unbestimmten Vielzahl von
Fällen) oder generell und konkret (unbestimmt viele, aber durch den
konkreten Fall bestimmbare Personen, Allgemeinverfügung) ist, ist
sie Tatbestandsmerkmal des →Verwaltungsakts. Sie unterscheidet
diesen von der bloßen wiederholenden Verfügung, von der
→Auskunft und von der →Zusage. Die generelle und abstrakte R.
kennzeichnet demgegenüber das (materielle) →Gesetz.
Regelungsverfügung →Verfügung
Regelunterhalt (§ 1612a BGB) ist der für ein minderjähriges Kind
im Regelfall erforderliche Unterhalt. Er wird als Regelbetrag durch
→Rechtsverordnung der Bundesregierung jeweils festgelegt (188-269
Euro) und kann bis zur 1,5fachen Höhe aufgestockt werden.
Verlangen kann ihn das Kind von dem Elternteil, mit dem es nicht in
einem Haushalt lebt.
Regiebetrieb ist der Wirtschaftsbetrieb einer →Körperschaft des
öffentlichen Rechts, der von ihr als öffentlich-rechtliches
→Unternehmen durch →Beamte oder sonstige eigene Bedienstete
verwaltet wird. Er steht im Gegensatz zum stärker verselbständigten
→Eigenbetrieb. Er kann völlig unselbständig (z. B.
Gemeindeforstverwaltung) oder relativ verselbständigt sein
(nichtrechtsfähige Anstalt z. B. Bundesbuchdruckerei,
Bundesschlepperei).
Regierung (z. B. Art. 62ff. GG) ist das den Staat nach der Verfassung
leitende kollegial gebildete Verfassungsorgan. Die R. ist einerseits
Exponent der Parlamentsmehrheit und damit des →Parlaments und
des Volkswillens, andererseits die Spitze der vollziehenden →Gewalt.
Sie besteht aus dem →Bundeskanzler bzw. →Ministerpräsidenten
und den →Fachministern. Der Bundeskanzler wird vom →Bundestag
gewählt, die Bundesminister werden vom →Bundespräsidenten auf
Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt. Über die nachgeordneten
Behörden hat die R. Weisungsfunktionen und Aufsichtsfunktionen
(gegenüber den Länderverwaltungen hat die Bundesregierung
grundsätzlich nur →Rechtsaufsicht). Im Verwaltungsrecht ist R.
(Bezirksregierung) die Mittelbehörde (höhere →Verwaltungsbehörde)
der Landesverwaltung. An ihrer Spitze steht der Regierungspräsident.
Ihre Aufgaben bestehen im Wesentlichen in der →Aufsicht über die
Unterbehörden und der Erledigung überörtlicher
Verwaltungsaufgaben.
Lit.: Hesse, J., Das Regierungssystem, 8. A. 1997; Böckenförde, E., Die Organisationsgewalt im
Bereich der Regierung, 2. A. 1998; Hennis, W., Regieren, 1999; Progressive Governance, hg. v.
Schröder, G., 2001
Regierungsbezirk ist im Verwaltungsrecht der örtliche
Zuständigkeitsbereich der Mittelbehörden der meisten Bundesländer
(→Regierung).
Regierungspräsident ist in den meisten Bundesländern der Leiter der
mittleren →Verwaltungsbehörde (Bezirksregierung).
Regierungsvorlage ist die Gesetzesvorlage der →Regierung.
Register ist das amtlich über bestimmte rechtlich bedeutsame
Verhältnisse geführte Verzeichnis (z. B. Handelsregister) meist der
freiwilligen →Gerichtsbarkeit.
Lit.: Keidel, T./Krafka, A./Willer, H., Registerrecht, 6. A. 2003; Gustavus, E., Handels- und
Registerrecht, 4. A. 2001
Regress ([M.] Rückschritt) ist der Rückgriff eines zunächst zu einer
Leistung Verpflichteten auf einen weiteren, vielfach nur im
Innenverhältnis zur Erbringung der →Leistung Verpflichteten.
Regressfälle sind an sehr verschiedenen Stellen gesetzlich geregelt
(z. B. § 78 BBG für Dienstpflichtverletzungen von →Beamten, § 426
I BGB für Ausgleichung im Verhältnis mehrerer →Gesamtschuldner
zueinander). Eine besonders ausführliche Regelung hat der R. im
→Wechselrecht erfahren (Art. 43ff. WG).
Lit.: Plassmann, S., Der Regress des Sachversicherers gegen Dritte, Diss. jur. Münster 1999;
Rößing, J., Der Regress des Verbrauchers gegen den Hersteller, 2000; Müller, C., Der Rückgriff
gegen Angehörige von Sozialhilfeempfängern, 3. A. 2000
Regulation (Regulierung) ist in der Rechtsgeschichte die
Ausgleichung der im Zuge der Veränderung der Agrarverfassung zu
Beginn des 19. Jh.s geänderten →Eigentumsverhältnisse an
→Grundstücken (z. B. durch Geldleistungen der →Bauern als
Abfindung an die früheren →Grundherren).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Regulierung (F.) Gestaltung nach Regeln, →Regulation
Lit.: Eisenblätter, T., Regulierung in der Telekommunikation, 2000; Regulierung – Deregulierung –
Liberalisierung, hg. v. Kitagawa, Z. u. a. 2001; Berringer, C., Regulierung, 2004
Reich (N.) Land, Gebiet, Staat, →Deutsches Reich
Reichsabschied ist die Zusammenfassung der Beschlüsse des
→Reichstags des (ersten Deutschen bzw.) Heiligen Römischen
Reichs anlässlich seines Auseinandertretens (1654 jüngster [d. h.
letzter] R.).
Lit.: Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001
Reichsacht ist die für das ganze (erste) Deutsche Reich geltende
→Acht.
Lit.: Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 3. A. 1999
Reichsdeputationshauptschluss ist der Beschluss des letzten
Ausschusses (Deputation) des (ersten Heiligen Römischen)
→Deutschen Reichs von 1803, in dem zur Ausgleichung der
linksrheinischen Gebietsverluste deutscher Fürsten an Frankreich die
geistlichen Fürstentümer →säkularisiert und die weltlichen kleineren
reichsunmittelbaren Herrschaften →mediatisiert wurden.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Hoemig, K., Der Reichsdeputationshauptschluss vom
25. 2. 1803, 1969; Schroeder, K., Der Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803, JuS 1989,
351
Reichsdeutscher ist (zwischen 1918 und 1945) der innerhalb der
Grenzen des (zweiten) Deutschen Reichs lebende Deutsche im
Gegensatz zum Auslandsdeutschen und Volksdeutschen.
Reichsgericht (RG) ist das am 1. 10. 1879 in Leipzig eingerichtete,
bis 1945 tätige höchste →Gericht des (zweiten) →Deutschen Reichs.
→Reichsoberhandelsgericht, →Bundesgerichtshof
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Reichsgesetzblatt (RGBl) ist das →Gesetzblatt des (zweiten)
→Deutschen Reichs (1871–1945).
Lit.: Kroeschell, K., Rechtsgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, 1992
Reichshaftpflichtgesetz ist das vor allem die →Gefährdungshaftung
für Personenschäden beim Betrieb einer →Eisenbahn anordnende
Gesetz (1871), das inzwischen mehrfach erweitert bzw. ergänzt
wurde. →Haftpflichtgesetz
Lit.: Filthaut, W., Haftpflichtgesetz, 6. A. 2003
Reichshofrat ist das von 1498 bis 1806 im (ersten) Deutschen Reich
neben dem →Reichskammergericht stehende →Gericht
(Höchstgericht des Kaisers) in Wien.
Lit.: Die Ordnungen des Reichshofrates 1550–1766, hg. v. Sellert, W., Bd. 1 1981
Reichsjustizgesetz ist das am 1. 10. 1879 in Kraft getretene
Verfahrensgesetz des (zweiten) →Deutschen Reichs (GVG, StPO,
ZPO, KO).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Reichskammergericht ist das von 1495 bis 1806 tätige, nach
gemeinem Recht richtende oberste →Gericht (der Stände) des (ersten)
→Deutschen Reichs, das zuletzt in Wetzlar amtierte.
Lit.: Repertorium der Akten des Reichskammergerichts, hg. v. Koser, O., Bd. 1f. 1933ff.; Frieden
durch Recht, hg. v. Scheuermann, I., 1994
Reichskonkordat ist der (1933) zwischen dem (zweiten) →Deutschen Reich (bzw. gemäß Art. 123
GG den an seine Stelle tretenden Ländern) und dem →Heiligen Stuhl geschlossene völkerrechtliche
→Vertrag über Angelegenheiten der katholischen →Kirche (z. B. Rechtsstellung des Klerus,
Besetzung kirchlicher Ämter, Religionsunterricht).
Reichsoberhandelsgericht ist das von 1871 bis 1879 bestehende
oberste →Reichsgericht in →Handelssachen, das im Reichsgericht
aufgeht. →Bundesoberhandelsgericht
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Reichspräsident ist (als Nachfolger des Kaisers) das
→Staatsoberhaupt des (zweiten) →Deutschen Reichs von 1919 bis
1934. Der R. wurde vom →Volk gewählt und ernannte und entließ
den →Reichskanzler. Er hatte nach Art. 48 II WRV das Recht, im
Falle einer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die
erforderlichen Maßnahmen zu treffen (sog. →Notverordnungsrecht).
Lit.: Pünder, H., Der Reichspräsident in der Weimarer Republik, 1961
Reichsrat ist das bei der Gesetzgebung mitwirkende Kollegialorgan
der Länder des (zweiten) →Deutschen Reichs.
Reichsrecht ist das vom →Reich geschaffene bzw. im Reich geltende
Recht. In der Gegenwart gilt R. nach Art. 123 GG fort, soweit es dem
→Grundgesetz nicht widerspricht. Es ist teils →Bundesrecht, teils
→Landesrecht geworden (Art. 124, 125 GG).
Reichsregierung ist die →Regierung des (zweiten) →Deutschen Reichs.
Reichsstadt ist im hochmittelalterlichen, spätmittelalterlichen und
frühneuzeitlichen deutschen Recht die dem →Reich (Kaiser)
unmittelbar unterstehende →Stadt (zeitweise bis zu 125 Städte u. a.
Nürnberg, Frankfurt am Main, Regensburg, Worms, Speyer, Wetzlar,
Zell am Hermersbach u. a.). Die meisten Reichsstädte wurden 1803
→mediatisiert. Die letzten Überreste der Reichsstädte sind die
Stadtstaaten Hamburg und Bremen.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Schroeder, K., Das alte Reich und seine Städte, 1991
Reichsstand →Stand (im Heiligen Römischen Reich, Kurfürst,
sonstiger Reichsfürst, Reichsstadt)
Reichsstatthalter ist der seit 7. 4. 1933 vom Reichspräsidenten oder
von Adolf Hitler ernannte ständige Vertreter des Reichskanzlers in
einem Land des (zweiten) Deutschen Reichs, der die Aufsicht über
die jeweilige Landesregierung führte.
Reichstag ist das die Gesamtheit des →Volks repräsentierende, bei
der Gesetzgebung mitwirkende Kollegialorgan des →Deutschen
Reichs. Der R. bestand im Heiligen Römischen Reich (deutscher
Nation) aus den →Reichsständen (Kurfürsten, sonstige Reichsfürsten,
Reichsstädte). Im zweiten →Deutschen Reich (und damit auch in der
→Weimarer Republik) setzte er sich aus →Abgeordneten zusammen,
die nach demokratischen Wahlgrundsätzen gewählt worden waren. Im
Dritten Reich hatte der R. nur Scheinfunktionen.
Lit.: Anschütz, G., Verfassung des Deutschen Reichs, 14. A. 1933; Schubert, F., Der deutsche
Reichstag in der Staatslehre der frühen Neuzeit, 1966
Reichsverfassung ist die Grundordnung des →Deutschen Reichs. Im
→Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) sind →Kaiser,
Reichsstände und Landesfürsten die bedeutsamsten Organe bzw.
Kräfte der (materiellen) R., im monarchischen (zweiten) Deutschen
Reich von 1871 Kaiser (Präsidium), Bundesrat und Reichstag, in
dessen republikanisch geprägter Zeit (1918–1933) →Reichstag,
→Reichspräsident, →Reichsregierung und Reichsrat, im Dritten
Reich Führer und Partei.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A.
2001
Reichsversicherungsordnung (RVO) ist das die
→Krankenversicherung, →Unfallversicherung und
Rentenversicherung zusammenfassend regelnde →Gesetz vom
19. 7. 1911, das durch das →Sozialgesetzbuch abgelöst wird.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Sozialgesetzbuch, Reichsversicherungsordnung
(Lbl.), hg. v. Aichberger, F., 2001
Reife ist der Zustand abgeschlossener Entwicklung. Nach § 3 JGG ist
ein →Jugendlicher strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der
Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist,
das →Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu
handeln. Diese R. muss im Einzefall festgestellt werden.
Reine Rechtslehre ist die von Hans Kelsen (1881–1973) begründete
Rechtstheorie, die sich unter Ablehnung jeder transzendentalen
Rechtsidee um eine wertfreie allgemeine Rechtsmethode
hauptsächlich formal-technischer Art auf der Grundlage einer
(hypothetischen) Grundnorm bemüht.
Lit.: Klug, U., Prinzipien der Reinen Rechtslehre, 1974
Reise (§ 651a BGB) ist die gewollte Veränderung eines Menschen an
einen entfernteren Ort. Sie kann eine Beförderung, eine
Unterbringung oder eine andere Teilleistung einschließen. Sie ist vor
allem Bezugspunkt des Reisevertrags.
Reisebüro ist das Unternehmen bzw. der Geschäftsraum eines
→Reisen vermittelnden Unternehmers.
Lit.: Dewenter, J., Die rechtliche Stellung des Reisebüros, 2000
Reisegewerbe (§ 55 GewO) ist das Anbieten oder Bestellen von
Waren und gewerblichen Leistungen sowie das Darbieten von
Schaustellungen in eigener Person außerhalb der Räume einer eigenen
gewerblichen Niederlassung oder ohne eine solche. Die Ausübung
des Reisegewerbes bedarf grundsätzlich einer Reisegewerbekarte, für
deren Ausstellung die untere →Verwaltungsbehörde zuständig ist.
Eine Vorschrift eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, nach
der Bäcker, Fleischer und Lebensmittelhändler nur dann in einem
Verwaltungsgebiet im Umherziehen Waren feilbieten dürfen, wenn
sie in diesem Verwaltungsgebiet auch eine ortsfeste Betriebsstätte
haben, ist europarechtswidrig.
Reisekostenrecht ist die Gesamtheit der die Reisekosten (vor allem
eines im Auftrag eines Dienstherrn reisenden Menschen) betreffenden
Rechtssätze.
Lit.: Odenthal, R., Reisekosten, 14. A. 1999; Osterhoff, M., Reisekosten, Umzugskosten,
Trennungsgeld, 3. A. 2000; Stuber, H., Reisekosten, 26. A. 2001
Reiserecht ist die Gesamtheit der Reisen (Erholungsreisen)
betreffenden Rechtssätze. →Reisevertrag
Lit.: Führich, E., Reiserecht, 4. A. 2002; Führich, E., Reiserecht von A-Z, 2. A. 2000; Eisner, H.,
Reiserecht – Entscheidungen, 2002
Reisescheck →Travellerscheck
Reiseversicherung ist die Reisekosten betreffende
Privatversicherung.
Lit.: Bühren, H. van/Nies, I., Reiseversicherung, 2. A. 1992
Reisevertrag (§§ 651aff. BGB) ist der →Vertrag, durch den sich ein
Reiseveranstalter verpflichtet, gegen Entgelt einem Reisenden eine
Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen. Der R. ist ein
gesetzlich besonders geregelter →Werkvertrag. Der Reisende hat
insbesondere unabdingbare Kündigungsrechte, Minderungsrechte,
Schadensersatzrechte und Rücktrittsrechte, muss aber dem
Reiseveranstalter grundsätzlich die Möglichkeit der Nachbesserung
einräumen. →Reiserecht
Lit.: Tonner, K., Der Reisevertrag, 4. A. 2000; Führich, E., Reisevertrag nach modernisiertem
Schuldrecht, NJW 2002, 1082; Tonner, K., Auswirkungen von Krieg, Epidemie und
Naturkatastrophe auf den Reisevertrag, NJW 2003, 2783
Rei vindicatio (lat. [F.] Herausgabe der Sache) ist die romanistische
Bezeichnung für den →Herausgabeanspruch des →Eigentümers
gegen den nichtberechtigten →Besitzer (§§ 985, 986 BGB).
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Rektapapier (N.) →Namenspapier
Rektor ist der (nebenamtliche) Leiter einer →Universität. Er ist in
der Gegenwart weitgehend durch den auf Zeit hauptamtlich tätigen
Präsidenten der Universität ersetzt. Seine Vertreter sind vielfach
Konrektor und bzw. oder Prorektor bzw. Vizerektor.
Relation (lat. relatio [F.] Bericht) ist die schriftliche Arbeit in der
Ausbildung als juristischer →Referendar. Dabei ist für einen
konkreten Streitfall nach der Ermittlung des unstreitigen und des
streitigen Geschehens, der Behauptungen des Klägers und des
Beklagten sowie der Beweisanordnungen und Beweiserhebungen aus
den Akten bei der rechtlichen Würdigung des Falls in der sog.
Prozessstation die Zulässigkeit der →Klage, in der sog. Klägerstation
die Schlüssigkeit des klägerischen Begehrens, in der sog.
Beklagtenstation die Erheblichkeit der Einwände des Beklagten, in
der sog. Beweisstation die Beweisbedürftigkeit der jeweiligen
Behauptungen der Parteien sowie die Beweiswürdigung zu erörtern
und ist in der sog. Tenorierungsstation ein Entscheidungsvorschlag
abzugeben. Die Darstellung erfolgt als Gutachten mit
Entscheidungsvorschlag (Urteil), wobei der Bericht – von dem die R.
ihren Namen herleitet – im Wesentlichen im →Tatbestand des
Entscheidungsvorschlags enthalten ist.
Lit.: Sattelmacher, P./Sirp, W./Schuschke, W., Bericht, Gutachten und Urteil, 33. A. 2003;
Grüneberg, C./Manteufel, T., Die anwaltliche Relationsklausur, JuS 1996, 55
relativ (Adj.) verhältnismäßig
relative Fahruntüchtigkeit →Fahruntüchtigkeit, relative
relative Mehrheit →Mehrheit, relative
relative Straftheorie →Straftheorie, relative
relative Unwirksamkeit →Unwirksamkeit, relative
relatives Recht →Recht, relatives
Relegation (Verbannung) ist die verweisende Strafe, insbesondere
auch der disziplinarische Ausschluss eines Studenten vom Studium,
dessen heutige Entsprechung der Ausschluss vom Studium auf Zeit ist
(§ 28 HRG).
Lit.: Reich, A., Hochschulrahmengesetz, 8. A. 2002
Relevanz (F.) Erheblichkeit
Relevanztheorie ist die vereinzelt vertretene, die Relevanz
berücksichtigende Theorie zur →Kausalität eines →Verhaltens für
einen →Erfolg. Sie geht von der Bedingungstheorie
(→Äquivalenztheorie) aus und stellt zusätzlich auf die strafrechtliche
Relevanz des Geschehens ab. Als zurechenbar erkennt sie nur die
tatbestandsrelevanten Bedingungen eines Kausalverlaufs an (z. B. A
veranlasst seinen Erbonkel O, mit einer – wie er, nicht jedoch O weiß
– unsicheren Chartermaschine zu fliegen. Eine Maschine stürzt mit O
ab. Hier ist das Verhalten des A kausal, aber nicht relevant, weil sich
der Erfolg jeder Berechnung entzieht).
Religion ist allgemein das Ergriffenwerden vom Göttlichen. Nach
Art. 4 II GG ist die ungestörte Religionsausübung grundgesetzlich
gewährleistet. Die Störung der Religionsausübung (§ 167 StGB,
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe) ist neben einigen
andern, sich auf R. und Weltanschauung beziehenden →Straftaten mit
Strafe bedroht.
Religionsfreiheit (Art. 4 II GG) ist die Freiheit der ungestörten
Ausübung der →Religion.
Lit.: Bayer, K., Das Grundrecht der Religions- und Gewissensfreiheit, 1997; Conring, C.,
Korporative Religionsfreiheit in Europa, 1998; Pagels, C., Schutz- und förderungsrechtliche
Aspekte der Religionsfreiheit, 1999
Religionsgesellschaft (Art. 140 GG, 137 WRV) ist die Vereinigung
von Angehörigen derselben oder mehrerer verwandter
Glaubensbekenntnisse zu gemeinsamer Ausübung der →Religion.
Die Verfassung gewährleistet die Freiheit der Bildung von
Religionsgesellschaften sowie deren →Selbstverwaltungsrecht.
Religionsgesellschaften können →Körperschaften des öffentlichen
Rechts sein. Als solche können sie nach Landesrecht →Steuern
(→Kirchensteuer) erheben. Voraussetzung für die Anerkennung als
Körperschaft des öffentlichen Rechts ist die Bereitschaft zur Wahrung
des Rechts. Als R. hat das Bundesverwaltungsgericht Deutschlands
der Islamischen Föderation das Recht zugesprochen, in Berlin an
öffentlichen Schulen Religionsunterricht zu erteilen.
Lit.: Voelken, S., Das Verbot von Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften, Diss. jur.
Münster 1999; Die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Anerkennung von Religionsgemeinschaften,
hg. v. Pahud de Mortanges, R., 2000; Pieroth, B. u. a., Was ist eine Religionsgemeinschaft? JuS
2002, 937; Neureither, G., Recht und Freiheit im Staatskirchenrecht, 2002; Heinig, H., Öffentlichrechtliche Religionsgesellschaften, 2003; Magen, S., Körperschaftsstatus und Religionsfreiheit,
2004
Religionsunterricht (Art. 7 III GG) ist die schulische →Erziehung in
einem religiösen Bekenntnis. Der R. ist in den öffentlichen Schulen
der meisten Länder Deutschlands mit Ausnahme der bekenntnisfreien
Schulen ordentliches Lehrfach. Über die Teilnahme eines Kindes am
R. entscheiden bis zur Vollendung des 14. Lebensjahrs die
gesetzlichen →Vertreter, danach das Kind selbst.
Lit.: Hildebrandt, U., Das Grundrecht auf Religionsunterricht, 2000
Remittent (Nehmer) ist die Person, an die auf Grund eines
→Wechsels die Geldsumme ausgezahlt werden soll. Sie erlangt auf
Grund der Ausstellung wie der Aushändigung des Wechsels noch
keinen →Anspruch gegen den Bezogenen. Der Bezogene wird erst
durch die →Annahme (Art. 28 WG) verpflichtet, den Wechsel bei
→Verfall zu bezahlen.
Remonstration (F.) Gegenvorstellung
Remonstrationspflicht (§§ 56 BBG, 38 BRRG) ist die Pflicht des
→Beamten, bei Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer
dienstlichen Anordnung unverzüglich seinen →Vorgesetzten und
evtl. dessen Vorgesetzten hierauf aufmerksam zu machen. Sie ist eine
Dienstpflicht (Beratungspflicht). Ihre Erfüllung befreit ihn trotz
Ausführung der Anordnung, zu der er auf Grund der
Gehorsamspflicht grundsätzlich verpflichtet ist, von
disziplinarrechtlicher und haftungsrechtlicher Verantwortung. Die R.
ist für den Beamten zugleich Remonstrationsrecht.
Lit.: Romann, D., Remonstrationsrecht, Diss. jur. Speyer 1996
remuneratorisch (Adj.) belohnend
remuneratorische Schenkung →Schenkung, remuneratorische
Reno (Abkürzung für Rechtsanwalt und Notar)
Rente (zu lat. rendere, zurückgeben) ist das Einkommen, das auf
Vermögen (Bodenrente, Kapitalrente), Versicherungsansprüchen oder
Versorgungsansprüchen beruht. Die größte Bedeutung kommt in der
Gegenwart (noch) den Renten aus der →Sozialversicherung (vor
allem →Rentenversicherung) zu, die sich als wichtigste, infolge der
Überalterung der Bevölkerung aber kaum noch bezahlbare
Absicherung gegen wesentliche Risiken des Alltagslebens erwiesen
haben. Die R. fällt periodisch, meist monatlich, an. Dynamisierte
(dynamische) R. ist die in ihrer Höhe an Veränderungen des
Einkommensniveaus angepasste R. Frührente ist die vor Erreichung
des allgemein für Altersrenten festgesetzten Lebensalters erlangte R.,
die von manchen Inzucht-Betrügern rechtswidrig zu Lasten der
Allgemeinheit erschlichen wird.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Acker, S., Renten in Europa, 1996
Rentenberater ist der (neben der kostenlosen Rentenberatung der
Sozialversicherungsträger tätige) geschäftsmäßige Berater in
Angelegenheiten der sozialen Rente.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Rentenschuld (§ 1199 BGB) ist die in der Weise bestellte
→Grundschuld, dass in regelmäßig wiederkehrenden Terminen eine
bestimmte Geldsumme (z. B. Leibrente, Hausgrundstücksverkauf auf
Rentenbasis) aus dem →Grundstück zu zahlen ist. Für sie gilt teils
→Grundschuldrecht, teils →Hypothekenrecht. In der
Rechtswirklichkeit tritt die R. hinter der →Reallast zurück.
Rentenversicherung ist die →Versicherung, die gegen eine
(laufende) →Prämie von einem bestimmten Ereignis an bis zum Tode
regelmäßige Zahlungen leistet. Sie ist (meist) eine
→Sozialversicherung. Versicherungspflichtig sind alle unselbständig
Beschäftigten sowie gewisse Selbständige. Versicherungsfall ist vor
allem die Erreichung der →Altersgrenze (→Altersruhegeld)
(grundsätzlich 65., evtl. erniedrigt bis 63., 62. oder 60. Lebensjahr)
bzw. für Ansprüche Hinterbliebener der Tod des Versicherten. Die
Leistungen der R. sind hauptsächlich →Renten und Leistungen zur
Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit.
Träger der R. sind →Landesversicherungsanstalten, die
→Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die
→Bundesknappschaft, Alterskassen für Landwirte u. a. Möglich ist
auch die private R., die wegen drohender Zahlungsunfähigkeit der
sozialen R. in der Zukunft immer größere Bedeutung erlangen wird
(sog. Riesterrente). Zum 1. 1. 1992 wurde das Recht der R. als Buch
VI in das →Sozialgesetzbuch übernommen.
Lit.: Rentenversicherung (Lbl.), hg. v. Aichberger, F., 47. A. 2003; Pelikan, W.,
Rentenversicherung, 10. A. 2002; Kreikebohm, R., Sozialgesetzbuch VI – Gesetzliche
Rentenversicherung, 2. A. 2003; Rentenversicherungsrecht, hg. v. Schulin, B., 1999; Einem, H. v. u.
a., Gesetzliche Rentenversicherung, 1999
renvoi (franz. [M.]) Rückverweisung
Lit.: Kuhn, H., Der Renvoi, 1998
Reparation (F.) Wiedergutmachung
(Kriegsschädenwiedergutmachung)
Repetitor (lat. [M.] Pauker) ist in der juristischen Ausbildung der
außerhalb der Universität gegen Entgelt juristisches Wissen (durch
Wiederholung) vermittelnde Privatlehrer, der keine amtliche
Prüfungsberechtigung hat.
Lit.: Lueg, S., Die Entstehung und Entwicklung des juristischen Privatunterrichts in den
Repetitorien, 1993 (Diss.); Knödler, C., Zur Koalition von Universität und kommerziellem
Repetitor, JuS 1999, 1032; Berge, A./Rath, C./Wapler, F., Examen ohne Repetitor, 2. A. 2001
Replik ([F.] Entgegnung) ist im neuzeitlichen (gelehrten)
Prozessrecht die Erwiderung des →Klägers auf ein
Verteidigungsvorbringen des →Beklagten, auf die der Beklagte mit
einer →Duplik antworten kann.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Repräsentant (M.) Vertreter
Lit.: Leonhardt, H., Die Repräsentantendoktrin im
Privatversicherungsrecht, 1999
Repräsentation (Vergegenwärtigung) ist die Verkörperung einer
Gesamtheit durch Vertreter, insbesondere im Verfassungsrecht die
Verkörperung des Gesamtvolks durch die
→Abgeordnetenversammlung (z. B. Art. 38 GG). Die R. bildet den
Gegensatz zur Identität, da bei ihr der repräsentierten
Personenmehrheit der Wille des repräsentierenden Organs nur
zugerechnet wird, nicht ihr Wille selbst ist. Deshalb kann bei der R.
der Wille der Repräsentanten auch im Widerspruch zum Willen der
Repräsentierten stehen (z. B. Einführung der Todesstrafe).
Lit.: Hofmann, H., Repräsentation, 3. A. 1998
Repräsentationsprinzip ist im Erbrecht der Grundsatz, dass der mit
dem →Erblasser am nächsten verwandte →Angehörige eines jeden
Stamms während seiner Lebenszeit die weiteren Angehörigen des
Stamms (z. B. der Sohn seine Kinder) repräsentiert und deswegen von
der Erbfolge ausschließt (vgl. § 1924 II BGB). →Eintrittsrecht
repräsentativ (Adj.) vertretend
repräsentative Demokratie →Demokratie, repräsentative
Repressalie ([F.] Vergeltungsmaßnahme) ist die Beantwortung einer
Rechtsverletzung mit einer gleichartigen angemessenen, auf die
Wiederherstellung eines (völkerrechtsgemäßen) Zustandes gerichteten
Maßnahme.
Lit.: Dzida, B., Das Recht der Repressalie, 1997
Repression (F.) Unterdrückung
repressiv (Adj.) unterdrückend
repressives Verbot →Verbot, repressives
Reprivatisierung (F.) erneute →Privatisierung
Republik (Gemeinwesen, Freistaat) ist die Staatsform, bei der ein
gewähltes →Staatsoberhaupt an der Spitze des Staats steht. Die R.
bildet den Gegensatz zur →Monarchie. Die R. kann aristokratische,
liberale oder sozialistische R. sein.
Requisition (F.) Aufsuchung, Beitreibung
res (lat. [F.]) Sache
reservatio (F.) mentalis (lat.) geistiger Vorbehalt, →Vorbehalt,
geheimer
Res (F.) extra commercium ([lat.] Sache außerhalb des
[Rechts]handels) ist im römischen Recht die nicht verkehrsfähige,
nicht veräußerliche und nicht im Eigentum einer Person stehende
→Sache (z. B. Tempel, für die Gegenwart vgl. z. B. Rathaus, Straße,
Kirche, Friedhof, Leiche).
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Residenzpflicht (z. B. § 74 BBG) ist die →Verpflichtung, an einem
Dienstort zu wohnen.
Lit.: Grete, D., Die Verfassungsmäßigkeit berufsrechtlicher Residenzpflichten, 1999
resolutiv (Adj.) auflösend, →Bedingung
Resozialisierung (vgl. § 46 I 2 StGB) ist die Wiedereingliederung
des Täters in die Gesellschaft im Rahmen des →Strafvollzugs
(→Spezialprävention).
Lit.: Handbuch der Resozialisierung, hg. v. Cornel, H. u. a., 1995
res (F.) publica (lat.) öffentliche Sache, Gemeinwesen, Staat
Ressort (Geschäftsbereich) ist der Amtsbereich einer →Behörde,
insbesondere eines →Ministers. Nach Art. 65 GG leitet jeder Minister
sein R. innerhalb der vom →Bundeskanzler bestimmten Richtlinien
der Politik selbständig und unter eigener Verantwortung
(Ressortprinzip). Die klassischen Ressorts sind Auswärtiges, Inneres,
Justiz, Finanzen und Krieg.
Restitutio (F.) in integrum ([lat.] →Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand) ist die im römischen Recht entwickelte verfahrensrechtliche
Möglichkeit zur Beseitigung von sachwidrigen Ergebnissen durch
Wiederherstellung des zuvor bestehenden Verfahrensstands.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Restitution (F.) Wiederherstellung
Lit.: Schlechtriem, P., Restitution und Bereicherungsausgleich in Europa, 2000
Restitutionsklage (z. B. § 580 ZPO) ist die auf →Wiederaufnahme
eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens gerichtete Klage. Sie
steht neben der →Nichtigkeitsklage. Sie ist nur bei Vorliegen ganz
bestimmter Gründe zulässig (z. B. Nachweis einer für das →Urteil
ursächlichen →Straftat, Auffinden eines früheren Urteils oder einer
andern günstigeren →Urkunde).
Lit.: Braun, J., Rechtskraft und Restitution, 1985
Restkaufpreishypothek ist die zur Sicherung des Anspruchs des
Verkäufers eines →Grundstücks auf den Rest eines nicht vollständig
bezahlten →Kaufpreises bestellte →Hypothek. Sie ist beim Kauf ein
→Rechtsmangel des Grundstücks, dessen Beseitigung aber
vereinbarungsgemäß ausgeschlossen worden ist. Der Verkäufer
braucht sie daher entsprechend § 435 BGB nicht zu beseitigen,
sondern erfüllt trotz dieses Rechtsmangels vereinbarungsgemäß
vollständig.
restriktiv (Adj.) einschränkend
Restschuldbefreiung (§§ 286ff. InsO) ist die Befreiung des
Insolvenzschuldners von den im →Insolvenzverfahren nicht erfüllten
Verbindlichkeiten. Die R. ist nur bei natürlichen Personen möglich.
Sie setzt einen Antrag des Schuldners voraus. Ihm ist die Erklärung
beizufügen, dass der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf
Dienstbezüge oder andere laufende Bezüge für die Zeit von sieben
Jahren an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt.
Über den Antrag entscheidet das Insolvenzgericht.
Lit.: Hoffmann, H., Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung, 2. A. 2002; Messner,
O./Hofmeister, K., Endlich schuldenfrei, 2. A. 2000; Verbraucherinsolvenz und
Restschuldbefreiung, hg. v. Neuner, M./Raab, G., 2001; Hess, H./Obermüller, M., Insolvenzplan,
Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz, 3. A. 2003
Retentionsrecht (N.) →Zurückbehaltungsrecht
Retorsion (Wiedervergeltung) ist die Erwiderung einer
unfreundlichen oder rechtswidrigen Handlung durch eine ähnliche
Handlung. Im Völkerrecht ist R. bei unfreundlicher Handlung (z. B.
Zollbelastung) möglich. Im Strafrecht kann R. bei →Beleidigungen
und →Körperverletzungen eine Strafmilderung oder ein Absehen von
Strafe begründen (vgl. §§ 199, 233 StGB). →Kompensation
Retraktrecht →Näherrecht
Reue ist allgemein das Bedauern über eine rechtswidrige oder
unangemessene Handlung und eine Bereitschaft zur Änderung. Im
Strafrecht ist tätige R. (§ 24 StGB, vgl. §§ 142 IV, 306e StGB) der
→Rücktritt vom beendigten →Versuch. Die tätige R. setzt eigene, auf
Verhinderung der Tatvollendung gerichtete Tätigkeit, die den Willen,
die konkrete Tat endgültig aufzugeben, zum Ausdruck bringt,
Gelingen der Erfolgsabwendung bzw. Ausbleiben des Erfolgs und
freiwilliges und ernsthaftes Bemühen um die Abwendung sowie
Freiwilligkeit des Rücktritts voraus. Sie führt zur Straffreiheit, bei
§ 142 IV StGB zur Strafmilderung oder zum Absehen von Strafe.
Lit.: Blöcker, M., Die tätige Reue, 2000; Knütel, C., Tätige Reue im Zivilrecht, 2000
Reugeld (Reuegeld) (§ 353 BGB) ist die vereinbarte Geldleistung,
von deren Entrichtung die Wirksamkeit eines vertraglich
vorbehaltenen →Rücktritts abhängig gemacht sein kann. Der
Rücktritt ist dann unwirksam, wenn das R. nicht vor oder bei der
Erklärung entrichtet wird und der andere Teil aus diesem Grund die
Erklärung unverzüglich zurückweist. Die Erklärung ist wirksam,
wenn das R. unverzüglich nach Zurückweisung der Erklärung
entrichtet wird.
revisibel (Adj.) einer →Revision zugänglich
Revision (Überprüfung) (z. B. §§ 542 ZPO, 333 StPO) ist das
→Rechtsmittel zur Nachprüfung eines →Urteils in rechtlicher – nicht
tatsächlicher – Hinsicht. Die R. findet im →Zivilprozessrecht
grundsätzlich gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen
→Endurteile statt. Sie findet nur statt, wenn sie das Berufungsgericht
in dem Urteil oder das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die
Nichtzulassung zugelassen hat (§ 543 I ZPO). Sie ist zuzulassen,
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht
gebunden. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die
Entscheidung auf der Verletzung des Bundesrechts oder einer
Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines
Oberlandesgerichts hinaus erstreckt (§ 545 ZPO, Revisionsgründe).
Sie kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten
Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder
verneint hat. Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder
nicht richtig angewendet worden ist (§ 546 ZPO). Bestimmte
Gesetzesverletzungen sind stets Revisionsgrund (absoluter
Revisionsgrund, § 547 ZPO). Die R. ist binnen eines Monats ab
→Zustellung des Urteils zu erheben (§ 548 ZPO, Revisionsfrist,
Notfrist). Sie ist binnen zweier Monate ab Zustellung zu begründen (§
551 ZPO). Im →Strafprozess ist R. gegen die Urteile der
→Strafkammern und der →Schwurgerichte sowie die im ersten
Rechtszug ergangenen Urteile der Oberlandesgerichte zulässig (§ 333
StPO). Ihr Verfahren ist in §§ 336ff. StPO geregelt. Eine besondere
Art der R. ist die →Sprungrevision (§§ 335 StPO, 566 ZPO), durch
die das Berufungsgericht übergangen werden kann.
Lit.: Krause, D., Die Revision im Strafverfahren, 5. A. 2001; Dahs, H./Dahs, H., Die Revision im
Strafprozess, 6. A. 2001; Mutzbauer, N., Strafprozessuale Revision, 5. A. 2003; Kroiß, L., Revision
und Plädoyer im Strafprozess, 2. A. 2001; Sarstedt, W./Hamm, R., Die Revision in Strafsachen, 6.
A. 1998; Wenzel, J., Das neue zivilprozessuale Revisionszulassungsrecht, NJW 2002, 3353
Revisionsgrund →Revision
Revolution (Umwälzung) ist die plötzliche Erschütterung oder
grundlegende Umgestaltung eines bestehenden (gesellschaftlichen)
Zustands. Kennzeichnend ist die Beseitigung der bisherigen
Machtträger und der Versuch der Rechtfertigung der eigenen Macht.
Muster der R. ist die französische Revolution des Jahres 1789.
Lit.: Griewank, Der neuzeitliche Revolutionsbegriff, 1985
Rezeption (Aufnahme) ist die (grundsätzlich überall und jederzeit
mögliche) Übernahme eines Moments in eine neue Umgebung. In der
Rechtsgeschichte ist die R. (vor allem) die Aufnahme des römischen
(und kanonischen) →Rechts in Deutschland und in andern Ländern
im Laufe des Mittelalters und der Neuzeit. Über ihre Ursache besteht
Streit. In Deutschland gilt das gelehrte Recht infolge der R. als
gemeines Recht. Dieses ist teilweise erst durch das →Bürgerliche
Gesetzbuch (1900) abgelöst worden. Neben dieser R. gibt es
vielerorts auch Rezeptionserscheinungen etwa zugunsten des
französischen Rechts im 19. Jh. oder des amerikanischen Rechts in
der zweiten Hälfte des 20. Jh.s.
Lit.: Koschaker, P., Europa und das römische Recht, 4. A. 1966; Köbler, G., Lexikon der
europäischen Rechtsgeschichte, 1997; Janssen, H., Die Übertragung von Rechtsvorstellungen auf
fremde Kulturen, 2000
Rezess (M.) Rückschritt, Vergleich
reziprok (Adj.) gegenseitig
reziprokes Testament →Testament, reziprokes
Rheinland-Pfalz ist das unter der Besatzung Frankreichs aus Teilen
Preußens, Bayerns (Pfalz) und des Volksstaats Hessen gebildete
→Land (der →Bundesrepublik). Seine →Verfassung stammt vom
18. 5. 1947. Sie wurde am 16. 2. 2000 zum 18. 5. 2000 reformiert.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Landesrecht Rheinland-Pfalz, hg. v. Ministerium der Justiz,
2002; Verzeichnis rheinland-pfälzischer Rechts- und Verwaltungsvorschriften, hg. v. Ministerium
der Justiz, 2002; Staatshandbuch Rheinland-Pfalz, 2000; Verfassung für Rheinland-Pfalz, hg. v.
Grimm, C. u.a., 2001
Rhetorik (Redekunst) ist die Lehre von der richtigen Gestaltung der
Rede.
Lit.: Gast, Juristische Rhetorik, 3. A. 1997; Franck, N., Rhetorik für Wissenschaftler, 2001; Hägg,
G., Die Kunst, überzeugend zu reden, 2003
Richter ist das zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten berufene
→Organ der →Rechtspflege. Den Richtern ist nach Art. 92 GG die
rechtsprechende →Gewalt anvertraut. Der R. ist entweder
→Berufsrichter oder ehrenamtlicher R. Der Berufsrichter erlangt sein
→Amt grundsätzlich nur auf Grund der →Richteramtsbefähigung.
Nach Art. 97 GG sind die R. (sachlich und persönlich) →unabhängig,
weitgehend unversetzbar, unabsetzbar und nur dem →Gesetz
unterworfen. Die Rechtsverhältnisse der R. sind im Einzelnen im
Deutschen Richtergesetz geregelt. Gesetzlicher R. (Art. 101 GG) ist
der allgemein und vor Beginn eines einzelnen →Verfahrens für die
Behandlung einer gewissen Art von Sachverhalten bestimmte R.
Diesem darf zur Verhinderung subjektiver Willkür niemand entzogen
werden. Aus diesem Grund darf ein Gericht eines Mitgliedstaats der
Europäischen Union (z. B. Österreich) auch ein
Vorabentscheidungsverfahren zur Entscheidung einer
europarechtlichen Rechtsfrage nicht rechtswidrig unterlassen oder
nach Einleitung rechtswidrig zurücknehmen. Die von einem
vorsitzenden Richter für die Geschäftsverteilung nach § 21g GVG
aufgestellten Grundsätze müssen schriftlich abgefasst sein. Es ist
grundsätzlich geboten, für mit Berufsrichtern überbesetzte
Spruchkörper eines Gerichts im Voraus nach allgemeinen Merkmalen
zu bestimmen, welche Richter an welchen jeweiligen Verfahren
mitzuwirken haben. Beauftragter R. ist im Zivilprozessrecht das mit
einzelnen Maßnahmen (z. B. Beweisaufnahme) betraute Mitglied des
erkennenden →Gerichts, ersuchter R. das um Einzelne Maßnahmen
(Beweisaufnahme) ersuchte Mitglied eines andern Gerichts (§§ 361f.
ZPO). Vorsitzender Richter ist der mit der Leitung eines
Kollegialgerichts betraute Richter. (Am 31. 12. 2000 gab es in
Deutschland 20880 Richter, davon 5780 Frauen).
Lit.: Schmidt-Räntsch, G., Deutsches Richtergesetz, 5. A. 1995; Schneider, E., Richterliche
Arbeitstechnik, 3. A. 1991; Beck’sches Richterhandbuch, hg. v. Seitz, W./Büchel, H., 2. A. 1999;
Roth, T., Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter, 2000; Die Praxis des Richterberufs, hg. v.
Müller-Graff, P. u. a., 2000
Richteramtsbefähigung (§ 5 DRiG) ist die Befähigung, zum
→Richter (Berufsrichter) ernannt zu werden. Die R. wird
grundsätzlich durch das Bestehen zweier →Prüfungen (juristischer
Staatsprüfungen) erworben. Der ersten Prüfung muss ein Studium von
mindestens dreieinhalb Jahren vorangehen. Ab 1. 7. 2003 beträgt
dabei der hochschuleigene Anteil an der ersten Staatsprüfung (in
einem Schwerpunktbereich) 30 Prozent. Zwischen der ersten und
zweiten Prüfung muss ein →Vorbereitungsdienst von zwei Jahren
liegen. Die Einzelheiten regeln die Justizausbildungs- und –
prüfungsordnungen (JAPO) der Länder.
Lit.: Schmidt-Räntsch, G., Deutsches Richtergesetz, 5. A. 1995
Richterbrief ist in der Zeit des →Nationalsozialismus der
regelmäßige Rundbrief des Justizministers an die Richterschaft über
nationalsozialistische Entscheidungsvorstellungen.
Lit.: Boberach, H., Richterbriefe, 1975
Richterprivileg (§ 839 II BGB) ist die besondere Beschränkung der
→Haftung aus →Amtspflichtverletzung bei →Richtern. Verletzt ein
→Beamter bei dem →Urteil in einer Rechtssache die ihm einem
Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so ist er – und für ihn nach
Art. 34 GG der Staat – nur dann verantwortlich, wenn die
Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Dieses R. belastet den
Geschädigten unangemessen.
Richterrecht ist das durch den →Richter durch →Rechtsfortbildung
geschaffene →Recht. Inwieweit der Richter angesichts der
→Gewaltenteilung zur Rechtsschöpfung berechtigt ist, ist zweifelhaft
und streitig. Unabhängig hiervon sind aber zahlreiche Rechtssätze als
R. entstanden (z. B. →Verwirkung).
Lit.: Rehbinder, M., Zur Rechtsqualität des Richterspruchs im System kodifizierten Rechts, JuS
1991, 542; Langenbucher, K., Die Entwicklung und Auslegung von Richterrecht, 1996
Richtlinie ist ein leitender Grundsatz oder eine anleitende Anweisung
für ein bestimmtes Verhalten. Im Verfassungsrecht bestimmt der
→Bundeskanzler die Richtlinien der Politik (Art. 65 GG). Im
Verwaltungsrecht erlässt eine vorgesetzte →Behörde vielfach
Richtlinien für das einheitliche Verhalten der nachgeordneten
Behörden (z. B. Einkommensteuerrichtlinien). Im Recht der
→Europäischen Gemeinschaften können Rat oder Kommission
verbindliche Richtlinien für den nationalen Gesetzgeber schaffen.
Adressat der unmittelbaren Wirkungen von Richtlinien sind alle
staatlichen Stellen, d. h. alle juristischen Personen des öffentlichen
Rechts. Für den Mitgliedstaat ist die R. hinsichtlich des zu
erreichenden Ziels verbindlich, doch ist den innerstaatlichen Stellen
grundsätzlich die Wahl der Form und der Mittel der Umsetzung
überlassen. Ein Verbraucher kann demgegenüber aus einer noch nicht
umgesetzten R. gegenüber einem Hersteller keinen Anspruch erheben
(, aber evtl. gegen den →Staat). Innerhalb der Umsetzungsfrist einer
R. darf ein Mitgliedstaat keine Vorschrift erlassen, die geeignet ist,
die Erreichung des in der R. angestrebten Ziels ernsthaft in Frage zu
stellen.
Lit.: Albers, C., Die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für die Nichtumsetzung von EGRichtlinien, 1994; Schmidt, C., Der Einfluss europäischer Richtlinien, 1997; Schröder, C.,
Europäische Richtlinien und deutsches Strafrecht, 2002
Rigorosum (lat. [N.], strenges [Examen]) ist die mündliche Prüfung
im Rahmen des Promotionsverfahrens.
Lit.: Köbler, Jurist
Rite ([lat.] ordnungsgemäß, ausreichend) ist die ausreichende Note
der →Doktorprüfung.
Robe ist die Amtskleidung des Richters, Staatsanwalts oder
Rechtsanwalts. Eine Berufspflicht eines Rechtsanwalts zum
Erscheinen in R. besteht vor Amtsgerichten im Zivilrecht nicht. Ein
Richter, der gegenüber einem Rechtsanwalt auf Anlegen der R.
besteht, kann nicht als befangen abgelehnt werden.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
römisches Recht →Recht, römisches
Rota (F.) Romana (lat., römisches Rad) oder sacra rota Romana ist
im katholischen Kirchenrecht der bedeutendste Gerichtshof der
päpstlichen →Gerichtsbarkeit zur Entscheidung kirchlicher
Rechtsstreitigkeiten.
Rubrum (lat. [N.] Rotes) ist der – früher mit roter Tinte geschriebene
– Urteilskopf, der in erster Linie die Bezeichnung der →Parteien und
des →Gerichts enthält (vgl. § 313 ZPO).
Rückbürgschaft ist die →Bürgschaft, bei welcher der Bürge (Rückbürge) dem Gläubiger einer
Bürgschaftsrückgriffsschuld (einer vorgelagerten Bürgschaft) dafür bürgt, dass der Schuldner (der
ersten Bürgschaft) diesem gegenüber seine Rückgriffsschuld erfüllt.
Rückgewähranspruch ist der Anspruch auf Rückgewähr einer
erbrachten →Leistung →Rückgewährschuldverhältnis
Lit.: Büdenbender, U., Rückgewähransprüche, JuS 1998, 38; Krebs, M., Die Rückabwicklung im
UN-Kaufrecht, 2000
Rückgewährschuldverhältnis ist das auf die Rückgewähr von
→Leistungen gerichtete →Schuldverhältnis (z. B. das auf Grund
eines →Rücktritts entstehende Schuldverhältnis, §§ 346ff. BGB).
Lit.: Kaiser, D., Die Rückabwicklung, 2000; Herold, K., Das Rückabwicklungsschuldverhältnis,
2001; Schwab, M., Schuldrechtsmodernisierung 2001/2002, JuS 2002, 630
Rückgriff →Regress
Rücklage (Reserve) ist der Überschuss des tatsächlich eingesetzten
→Eigenkapitals über das nominell als solches festgesetzte
Eigenkapital. Die R. ist stille R., wenn sie dadurch entsteht, dass in
der →Bilanz Vermögensgegenstände unter ihrem tatsächlichen Wert
angegeben werden, so dass ein vorhandener Überschuss nicht
erscheint, offene R., wenn sie – unter den →Passiva – in der Bilanz
ausgewiesen wird. Gesetzliche R. ist die kraft Gesetzes (z. B. § 150
AktG) zu bildende R., freiwillige R. ist die aus freien Stücken
gebildete R.
Rücknahme ist die nachträgliche Zurücknahme einer Handlung
durch eine Gegenhandlung. Im Verwaltungsrecht ist die R. eines
→Verwaltungsakts (§ 48 VwVfG) die Aufhebung eines
rechtswidrigen Verwaltungsakts. Sie ist ein Unterfall der
→Aufhebung des Verwaltungsakts. Sie ist auch bei Unanfechtbarkeit
des Verwaltungsakts grundsätzlich zulässig. Dies ist unproblematisch
bei belastenden Verwaltungsakten. Dagegen darf ein Verwaltungsakt,
der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder
bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter besonderen
Einschränkungen zurückgenommen werden. Der Verwaltungsakt darf
regelmäßig nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte
auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein
→Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen →Interesse an
einer Rücknahme schutzwürdig ist. Dies ist in der Regel dann der
Fall, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine
Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter
unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Soweit der
Verwaltungsakt zurückgenommen wird, sind bereits gewährte
→Leistungen entsprechend §§ 812ff. BGB zu erstatten.
Lit.: Knoke, R., Rechtsfragen der Rücknahme von Verwaltungsakten, 1989 (Diss.)
Rückruf ist das Verlangen eines Herstellers eines Erzeugnisses nach
kurzfristiger Rückgabe zwecks Beseitigung eines Fehlers.
Lit.: Bodewig, T., Der Rückruf fehlerhafter Produkte, 1999
Rückstellung ist die vorsorgliche Aufnahme eines Geldbetrags unter
die →Passiva der →Bilanz zum Zweck der Ausgleichung drohender
Verluste, notwendiger Aufwendungen oder ungewisser
Verbindlichkeiten.
Lit.: Herzig, N., Rückstellungen, 2. A. 1999
Rücktritt ist die vom Handelnden ausgehende nachträgliche
Zurücknahme einer Handlung durch ein entgegengesetztes
→Verhalten. Im →Schuldrecht ist R. die einseitige,
empfangsbedürftige →Willenserklärung (→Rücktrittsrecht), durch
die ein Schuldverhältnis in ein →Rückgewährschuldverhältnis mit
dem Ziel umgewandelt wird, den vor dem Schuldverhältnis
bestehenden Zustand wiederherzustellen. Der auf Grund eines
vertraglichen Rücktrittsrechts erfolgende R. ist in Voraussetzung und
Abwicklung in den §§ 346ff. BGB geregelt. Danach sind noch nicht
erbrachte Leistungen nicht mehr zu bewirken und erbrachte
Leistungen grundsätzlich zurückzugewähren. Kann die erhaltene
Leistung nicht mehr zurückgewährt werden, ist grundsätzlich
Wertersatz zu leisten (§ 346 II BGB), doch entfällt diese
Verpflichtung unter den Voraussetzungen des § 346 III BGB. Die
Vorschriften gelten für gesetzliche Rücktrittsrechte entsprechend
(beachte § 346 III Nr. 3 BGB), wobei nach § 325 BGB der R. das
Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen,
nicht ausschließt. Im Strafrecht ist der R. vom →Versuch möglich
(§ 24 StGB), sofern der Versuch nicht fehlgeschlagen ist. Der R.
wirkt strafbefreiend, wenn der Täter vor Beendigung des Versuchs die
Ausführung der Tat freiwillig aufgibt oder beim beendigten Versuch
tätige Reue übt. Er ist persönlicher →Strafaufhebungsgrund.
Lit.: Wolf, E., Rücktritt, Vertretenmüssen und Verschulden, AcP 153, 1954; Kudlich, H., Grundfälle
zum Rücktritt vom Versuch, JuS 1999, 240; Küpper, G., Rücktritt vom Versuch eines
Unterlassungsdelikts, JuS 2000, 225; Scheinfeld, J., Der strafbefreiende Rücktritt vom Versuch in
der Fallbearbeitung, JuS 2002, 250
Rücktrittsrecht ist das subjektive →Recht auf →Rücktritt. Es ist ein
→Gestaltungsrecht. Es kann auf →Gesetz (z. B. § 323 BGB Rücktritt
wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung im
gegenseitigen Vertrag grundsätzlich nach erfolgloser Setzung einer
angemessenen Frist zur Leistung oder Nacherfüllung[, Verzug nicht
nötig, Ablehnungsdrohung nicht erforderlich], § 324 BGB Rücktritt
wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 II BGB bei
Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag, § 326 V BGB Rücktritt
beim Ausschluss der Leistungspflicht des Schuldners wegen
Unmöglichkeit der Leistung oder wegen
Leistungsverweigerungsrechts) oder auf →Rechtsgeschäft beruhen.
Rückversicherung ist die →Versicherung eines →Versicherers
gegen die Inanspruchnahme durch →Versicherungsnehmer.
Lit.: Liebwein, P., Klassische und moderne Formen der Rückversicherung, 2000
Rückverweisung (Art. 4 I 2 EGBGB, [franz.] renvoi) ist im
internationalen →Privatrecht die Verweisung des →Rechts eines
fremden →Staats, dessen Gesetze durch deutsches Recht für
maßgebend erklärt worden sind, das aber seine Sachnorm nicht
angewandt haben will, auf ein deutsches Gesetz. Die R. führt zur
Anwendung deutscher →Gesetze (z. B. Beerbung eines in
Deutschland wohnenden Engländers).
Lit.: Kuhn, H., Der Renvoi, 1998
Rückwirkung ist die Zurückwirkung eines Ereignisses auf die vor
dem Zeitpunkt seines Geschehens liegende Zeit. Nach § 142 BGB hat
die →Anfechtung R., weil das angefochtene anfechtbare
Rechtsgeschäft als von Anfang an →nichtig anzusehen ist.
Problematisch ist aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit die R. von
→Gesetzen. Dabei ist zwischen echter und unechter R. zu
unterscheiden. Unechte R. ist die Änderung künftiger Rechtsfolgen
von Tatbeständen, die selbst in der Vergangenheit liegen (z. B.
Auswirkung eines 2002 für die Besteuerung von Zinseinkünften
erlassenen Gesetzes auch auf vor diesem Zeitpunkt verzinslich
angelegte Gelder ab Inkrafttreten des Gesetzes), echte R. die
Änderung der rechtlichen Beurteilung von abgewickelten, der
Vergangenheit angehörigen →Tatbeständen. Die echte R. zum
Nachteil des Betroffenen ist grundsätzlich unwirksam (vgl. für das
materielle →Strafrecht ausdrücklich Art. 103 II GG). Bei der
unechten R. schränkt der →Vertrauensschutz die
Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers ein. Durfte der Einzelne
auf eine bestimmte Rechtslage vertrauen und brauchte er mit
bestimmten entwertenden Eingriffen des Gesetzgebers nicht zu
rechnen, so sind diese rechtswidrig.
Lit.: Wernsmann, R., Grundfälle zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit rückwirkender Gesetze,
JuS 1999, 1177; Fischer, K., Die Verfassungsmäßigkeit rückwirkender Normen, JuS 2001, 861
Rückwirkungsverbot →Rückwirkung
Rückzahlungsklausel ist die Vereinbarung, im Falle bestimmter
Gegebenheiten eine Zahlung zurückzugewähren.
Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Ruf ist die Einschätzung des Werts eines Menschen durch andere
(und das darauf gegründete Angebot eines hochwertigen
Arbeitsplatzes z. B. in einer Universität). Auch eine Einrichtung (z. B.
Universität, juristische Fakultät) kann einen R. haben. Er ist
besonders schlecht, wenn die kennzeichnende Personalpolitik in
Inzucht, Betrug und Korruption dauerhaft allgemeinschädlich ist.
Lit.: Redant, S., Bereicherungsanspruch und Schadensersatz bei
Ausbeutung des guten Rufs, 2000
Rüge ist allgemein der tadelnde Hinweis, im Verwaltungsrecht ist
eine disziplinarische →Maßnahme, im Verfahrensrecht die
Behauptung einer Verletzung des Gesetzes.
Rügepflicht (§§ 377f. HGB) ist beim →Handelskauf die zur
Erhaltung der Mängelrechte erforderliche →Obliegenheit zur Anzeige
der →Fehler einer Ware.
Lit.: Lammich, K., Sachmängelhaftung und Rügeobligation, 2000
Ruhegehalt (z. B. §§ 4ff. BeamtVG) ist das dem →Beamten im Fall
des Eintritts in den →Ruhestand zu zahlende →Gehalt. Es ist ein Teil
der aus dem Beamtenverhältnis entspringenden →Versorgung. Es
berechnet sich auf der Grundlage der ruhegehaltsfähigen
→Dienstbezüge und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit.
Ruhen des Verfahrens (§ 251 ZPO) ist die auf dem Verhalten aller
Beteiligten beruhende Nichtfortführung des Verfahrens. Das R. d. V.
ist ein besonderer Fall der →Aussetzung des →Verfahrens. Das
Gericht hat das R. d. V. anzuordnen, wenn beide Parteien dies
beantragen und anzunehmen ist, dass z. B. wegen Schwebens von
Vergleichsverhandlungen diese Anordnung zweckmäßig ist.
Lit.: Liermann, B., Ruhen des Verfahrens als Verwirkungsgrund, Diss. jur. Bonn 1997
Ruhestand ist die Stellung eines (auf Lebenszeit berufenen)
→Beamten (bzw. Arbeitnehmers) nach Beendigung des aktiven
→Diensts. In den R. tritt der Beamte nach Erreichung der
→Altersgrenze. Außerdem kann er wegen →Dienstunfähigkeit oder
auf Antrag mit Vollendung des 62. Lebensjahrs in den R. versetzt
werden. Mit Eintritt in den R. erhält der Beamte
→Versorgungsbezüge und Anspruch auf Schutz und Fürsorge,
unterliegt aber auch gewissen Beamtenpflichten. Einstweiliger R.
(§ 36 BBG) ist der R., in dem der betreffende Beamte einer erneuten
Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit Folge leisten muss.
In den einstweiligen R. können insbesondere politische →Beamte –
jederzeit – versetzt werden.
Ruhestandsverhältnis ist das →Dauerschuldverhältnis zwischen
→Arbeitgeber und →Arbeitnehmer, das nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses wegen →Arbeitsunfähigkeit oder Erreichen einer
→Altersgrenze an die Stelle des →Arbeitsverhältnisses tritt. Es ist
kein Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber kann eine
Ruhegehaltszahlungspflicht und Fürsorgepflicht, der Arbeitnehmer
eine gewisse Treuepflicht haben.
Lit.: Wiese, U., Das Ruhestandsverhältnis, 1990
Ruhestörung ist die vermeidbare, zu mindestens einer erheblichen
Belästigung geeignete Erregung von Lärm ohne berechtigten Anlass
(→Ordnungswidrigkeit, § 117 OWiG).
Rumänien ist der von Bulgarien, Jugoslawien, Ungarn, Ukraine,
Moldawien und dem Schwarzen Meer begrenzte südosteuropäische
Staat.
Lit.: Moecke, H., Rumänien, Privatisierungsrecht, 1997; Hartwig, I., Die Europapolitik Rumäniens,
2001
Rundfunk ist die Verbreitung von Darbietungen in Ton oder Bild
durch elektromagnetische Wellen. Die Veranstaltung von R. ist eine
öffentliche Aufgabe überwiegend der →Länder. Es ist
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, auch die nur Programme
privater Sender empfangen wollenden Rundfunkteilnehmer zur
Zahlung der Rundfunkgebühr zu verpflichten (zw.).
Lit.: Hesse, A., Rundfunkrecht, 3. A. 2003; Holznagel, B., Rundfunkrecht in Europa, 1996;
Rundfunkstaatsvertrag (Lbl.), hg. v. Hartstein, R. u. a., 1999; Pieper, F., Der deutsche
Auslandsrundfunk, 2001; Rundfunkrecht, hg. v. Vesting, T./Hahn, R., 2002; Gotzmann, C., Die
Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, 2003; Gersdorf, H., Grundzüge
des Rundfunkrechts, 2003; Herrmann, G./Lausen, M., Rundfunkrecht, 2. A. 2004
Rundfunkfreiheit (Art. 5 GG) ist die grundgesetzlich gewährleistete
→Freiheit der Berichterstattung durch den →Rundfunk.
→Meinungsfreiheit
Lit.: Ladeur, K./Gostomzcyk, T., Rundfunkfreiheit und
Rechtsdogmatik, JuS 2002, 1145
Russland ist der bedeutendste aus dem Zerfall der →Sowjetunion
(25. 12. 1991 Rücktritt Michael Gorbatschows als Präsident)
hervorgegangene Staat an der Grenze Europas zu Asien. Zum
1. 1. 1995 ist der erste Teil des neuen Zivilgesetzbuchs in Kraft
getreten (Rechte von Bürgern und Organisationen, Eigenheim,
Wertpapier, Vertrag), 1996 ein zweiter Teil (Kauf, Schenkung, Pfand,
Glücksspiel, Schadensersatz). Seit 1. 1. 1997 gilt ein neues
Strafgesetzbuch.
Lit.: Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, hg. v. Decsi, G./Karcsay, S., Teil 1 RussischDeutsch, 1990, Teil 2 Deutsch-Russisch, 1985; Frenzke, D., Die russischen Verfassungen, 1995;
Klemm, B., Die Entwicklung des russischen Rechts der Kapitalgesellschaften, 1996; Das
Zivilgesetzbuch der Russischen Föderation, übers. v. Solotych, S., 1996; Arzinger, R., Russisches
Wirtschaftsrecht, 1997; Märkl, P., Schiedsgerichtsbarkeit in Russland, 1998; Becker, C.,
Gesellschaftsrecht in Russland, 1998; Die neuen Kodifikationen in Russland, hg. v. Schröder, F., 2.
A. 1999; Frank, F., Franchising in Russland, 2000; Köbler, G., Rechtsrussisch, 2001
S
Saarland ist das vor allem aus dem seit 1815 zu Preußen gehörenden
Saargebiet erwachsene, von 1918 bis 1935 und von 1945 bis
1. 1. 1957 Deutschland tatsächlich bzw. rechtlich zugunsten
Frankreichs entzogene →Land der →Bundesrepublik. Seine
→Verfassung stammt vom 15. 12. 1947. Es gliedert sich in
Landkreise und die Stadt Saarbrücken.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Hümmerich/Kopp, Saarländische Gesetze (Lbl.), 29. A. 2003;
Staatshandbuch Saarland, 2000
Sachbefugnis (Sachlegitimation) ist die →Zuständigkeit in Bezug auf
ein geltend gemachtes Recht. Besteht das geltend gemachte Recht
zwischen Kläger und Beklagtem nicht, ist die Klage jedenfalls
unbegründet. Erforderlich sind →Aktivlegitimation des Klägers und
→Passivlegitimation des Beklagten.
Sachbeschädigung (§ 303 StGB) ist das rechtswidrige Beschädigen
oder Zerstören einer fremden →Sache. Beschädigen ist dabei das
Einwirken auf die Substanz einer Sache in der Weise, dass dadurch
ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit nicht nur vorübergehend
beeinträchtigt wird (z. B. Luftablassen aus Autoreifen, Beschmieren
einer Hauswand, Besprühen von Eisenbahnwaggons mit Spraydosen
[zw.]). Zerstören ist ein Einwirken, durch das die
bestimmungsgemäße Brauchbarkeit einer Sache völlig aufgehoben
wird. Bestraft wird die S. mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder
mit Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar. Nach § 303c StGB kann die
einfache S. (wie die Datenveränderung [§ 303a StGB] und die
Computersabotage [§ 303b StGB]) bei besonderem öffentlichem
Interesse von Amts wegen verfolgt werden. Qualifizierte S. sind die
gemeinschädliche S. (§ 304 StGB) sowie die Zerstörung von
Bauwerken (§ 305 StGB). Die fahrlässige S. ist als solche straflos.
Sache (§ 90 BGB) ist der →körperliche →Gegenstand. Es muss sich
um einen nach natürlicher Anschauung durch räumliche Abgrenzung
für sich bestehenden, im Verkehrsleben besonders bezeichneten
körperlichen (räumlich ausgedehnten) Gegenstand handeln. Er kann
fest, flüssig oder gasförmig sein. Er darf nicht wesentlicher
→Bestandteil einer andern Sache sein. Keine Sache ist der Mensch
oder (nach neuerer gesetzlicher Bestimmung vom 20. 8. 1990) das
Tier (§ 90a BGB). Für die Sachen gilt das Sachenrecht. Innerhalb der
Sachen finden sich im Privatrecht verschiedene Gliederungen.
→Grundstück (unbewegliche S., immobile S.) ist der abgegrenzte
Teil der Erdoberfläche, der im →Grundbuch als selbständiges
Grundstück eingetragen ist, bewegliche (mobile) S. ist die S., die
weder Grundstück noch Grundstücksbestandteil ist (beachte die
§§ 929ff., 1204ff. BGB). Vertretbare (fungible) S. (§ 91 BGB) ist die
bewegliche S., die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht
bestimmt zu werden pflegt (z. B. Kartoffeln). Gattungssache ist die
S., die durch die Parteien nur nach artmäßigen Merkmalen
(Gattungsmerkmalen) (z. B. 1 kg Kartoffeln), Stücksache die S., die
durch die Parteien nach individuellen Merkmalen (z. B. diese
Kartoffel) bezeichnet worden ist. Verbrauchbare S. (§ 92 BGB) ist
die bewegliche S., deren bestimmungsgemäßer Gebrauch in dem
Verbrauch oder in der Veräußerung besteht (z. B. Benzin). Teilbare S.
ist die S., die sich ohne Wertminderung in gleichartige Teile zerlegen
lässt. Im Verwaltungsrecht ist öffentliche S. das sachliche Hilfsmittel
der Träger der öffentlichen →Verwaltung zur Durchführung ihrer
Aufgaben, d. h. die S., die unmittelbar durch ihre Benutzung entweder
der Öffentlichkeit oder den Zwecken der Verwaltung dient und die,
mindestens soweit ihre Zweckbestimmung reicht, dem öffentlichen
Recht unterliegt. Insoweit ist das privatrechtliche →Eigentum infolge
einer durch Widmung begründeten Sachherrschaft in der Form einer
öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit überlagert. Ihr Inhalt ist die
Pflicht des Eigentümers, den →Gemeingebrauch, Sondergebrauch,
Anstaltsgebrauch oder Verwaltungsgebrauch zu dulden. S. im
Gemeingebrauch ist dabei die S., die der Öffentlichkeit ohne
besondere Zulassung zur allgemeinen bestimmungsgemäßen Nutzung
zur Verfügung steht (z. B. Straße, Fluss). S. im Sondergebrauch ist
die S., deren Inanspruchnahme nach ihrer Zweckbestimmung nur dem
zusteht, dem der öffentlich-rechtliche Sachherr durch begünstigenden
→Verwaltungsakt ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine
bestimmte Benutzung eingeräumt hat (z. B. grundsätzlich Gewässer).
S. im Anstaltsgebrauch ist grundsätzlich die S., die unmittelbar zum
Betrieb der →Anstalt gehört und ihre Funktionsfähigkeit bedingt
(z. B. Museumsgebäude). S. im Verwaltungsgebrauch
(→Verwaltungsvermögen) ist die S., die der öffentlichen Verwaltung
unmittelbar durch ihre Gebrauchsmöglichkeit zur Erfüllung ihrer
Aufgaben dient und von den Verwaltungsträgern selbst benutzt wird
(z. B. Verwaltungsgebäude, Fahrzeuge, Büromaterial). Nicht
öffentliche S. ist der Gegenstand des →Finanzvermögens und die nur
tatsächlich öffentliche S., die der Berechtigte nur rein tatsächlich der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat (z. B. nicht abgeschlossenes
Privatgrundstück). In einem ursprünglicheren Sinn ist S. die (streitige)
Angelegenheit (z. B. Strafsache, Zivilsache).
Lit.: Papier, H., Recht der öffentlichen Sachen, 3. A. 1998; Bydlinski, P., Der Sachbegriff im
elektronischen Zeitalter, AcP 198 (1998), 287
Sachdarlehen (§§ 607ff. BGB) ist (seit 2002) das nicht in Geld
bestehende →Darlehen.
Sacheinlage ist die durch Leistung einer →Sache (z. B. Schreibtisch,
Grundstück, Geld, Wertpapier, aber auch Forderung oder Recht auf
Nutzung des Werts eines Sportvereins) erfolgende →Einlage.
Lit.: Fischer, Sacheinlagen, 1997; Delmas, B., Die Bewertung von Sacheinlagen, 1997
Sachenrecht ist die Gesamtheit der →Sachen betreffenden
Rechtssätze. Im →Privatrecht ist es ein Teil des bürgerlichen
→Rechts (§§ 854ff. BGB) im engeren Sinn und gliedert sich im
Wesentlichen in das Recht des →Besitzes, des →Eigentums und der
beschränkten dinglichen →Rechte. Besondere Grundsätze des
Sachenrechts sind →Spezialitätsprinzip, →Publizitätsprinzip und
→Abstraktionsprinzip. Subjektiv ist S. die Berechtigung einer
einzelnen Person an einer bestimmten Sache. Im →Verwaltungsrecht
ist das Recht der öffentlichen Sachen ein Teil des allgemeinen
Verwaltungsrechts.
Lit.: Baur/Stürner, Sachenrecht; Schwab, K./Prütting, H., Sachenrecht, 31. A. 2003; Wolf, M.,
Sachenrecht, 19. A. 2003; Schapp, J./Schur, W., Sachenrecht, 3. A. 2002; Wilhelm, J., Sachenrecht,
2. A. 2002; Gerhardt, W., Immobiliarsachenrecht, 5. A. 2001; Gerhardt, W., Mobiliarsachenrecht,
5. A. 2000; Müller, K., Sachenrecht, 4. A. 1997; Wieling H., Sachenrecht, 4. A. 2001; Westermann,
H., Sachenrecht, 7. A. 1998; Lange H. u. a. Fälle zum Sachenrecht, 5. A. 2002; Westermann, H.,
BGB Sachenrecht, 10. A. 2002; Sachenrecht in Europa, hg. v. Bar, C. v., Bd. 1ff. 1999f.; Eckert, J.,
Sachenrecht, 3. A. 2002; Brehm, W./Berger, C., Sachenrecht, 2000; Schellhammer, K., Sachenrecht,
2001; Vieweg, K./Werner, A., Sachenrecht, 2003
Sachenrechtsbereinigungsgesetz ist das als Folge des Beitritts der
Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik
Deutschland (1990) geschaffene Gesetz zur Angleichung der
unterschiedlichen sachenrechtlichen Rechtsverhältnisse.
Lit.: Zimmermann, P./Heller, R., Sachenrechtsbereinigungsgesetz, 1995; Czub, H., Kommentar zum
Sachenrechtsbereinigungsgesetz, 1995; Vossius, O., Sachenrechtsbereinigungsgesetz, 1995
Sachfirma (§ 17 HGB) ist der aus dem sachlichen →Gegenstand des
→Unternehmens gebildete →Name des →Kaufmanns, unter dem er
sein →Handelsgewerbe betreibt (z. B. Gothaer Allgemeine
Versicherung AG). Die S. ist grundsätzlich nur bei
→Kapitalgesellschaften zulässig. Wird als Kern der S. einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Gattungsbezeichnung
(z. B. Das Bad) verwendet, ist ein individualisierender Zusatz nötig.
Sachgesamtheit (Sachinbegriff) ist die Vielheit von einzelnen
→Sachen, die durch einen gemeinsamen Zweck miteinander
verbunden erscheinen und in der Regel im Verkehr mit einem
einheitlichen Namen belegt werden (z. B. Herde, Warenlager,
Inventar). Die S. kann als solche zwar Gegenstand des Schuldrechts
(z. B. eines einzigen Kaufvertrags), nicht aber Gegenstand des
Sachenrechts sein, vielmehr bestehen Sachenrechte nur an den
einzelnen Sachen der S. Dies gilt nicht bei solchen Sachen, bei denen
das natürliche Element im Rechtsverkehr so bedeutungslos ist, dass es
sinnvollerweise nicht Gegenstand einzelner Sachenrechte sein kann
(z. B. [Sandkörner im] Sandhaufen, [Tropfen in der] Flüssigkeit).
Sachinbegriff →Sachgesamtheit
Sachkunde ist die Gesamtheit der fachmännischen Kenntnisse eines
Menschen auf einem besonderen Gebiet, die im →Verwaltungsrecht
Voraussetzung für die →Erlaubnis zur Ausübung eines →Gewerbes
sein kann (z. B. im Handwerk).
Sachlegitimation →Sachbefugnis
sachlich (Adj.) die Sache betreffend
sachliche Zuständigkeit →Zuständigkeit, sachliche
Sachmangel (§ 434 BGB) ist beim →Kauf die Abweichung einer
Sache von der vereinbarten Beschaffenheit im Zeitpunkt, in dem die
→Gefahr auf den →Käufer übergeht (subjektiver Fehlerbegriff).
Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von
Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte
Verwendung eignet, sonst wenn sie sich für die gewöhnliche
Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen
der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache
erwarten kann. Zu der Beschaffenheit gehören auch Eigenschaften,
die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des
Herstellers oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder
bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache
erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht
kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie
die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Ein S. ist auch
gegeben, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder
dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Ein
S. liegt bei einer zur Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die
Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die Sache ist fehlerfrei
montiert worden. Einem S. steht es gleich, wenn der Verkäufer eine
andere Sache oder eine zu geringe Menge liefert. Ist die Sache
mangelhaft (z. B. Standzeit eines neuen Kraftfrahrzeugs von mehr als
12 Monaten), kann der Käufer nach § 437 BGB Nacherfüllung
verlangen, von dem Vertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern und
(bei nicht unerheblichem Mangel) Schadensersatz oder Ersatz
vergeblicher Aufwendungen verlangen. Die Mängelansprüche
verjähren nach § 438 BGB in 30, fünf oder regelmäßig zwei Jahren.
Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen,
wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt (§ 442 I 1 BGB).
Vergleichbare Regelungen gelten bei Miete (§§ 536ff. BGB) und
Werkvertrag §§ 633ff. BGB).
Lit.: Schwartze, A., Europäische Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf, 1999; Lammich, K.,
Sachmängelhaftung und Rügeobliegenheit, 2000; Derleder, P., Sachmängel- und Arglisthaftung
nach neuem Schuldrecht, NJW 2004, 969
Sachschaden ist der an einer →Sache entstehende →Schaden. Er
steht im Gegensatz zum →Personenschaden, →Vermögensschaden
oder →Nichtvermögenschaden. Im Sinne von § 69 II Nr. 3 StGB
(Entziehung der Fahrerlaubnis) ist ein S. bedeutend, wenn er 1000
Euro übersteigt.
Lit.: Sanden, G./Völtz, J., Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, 7. A. 2000
Sachsen ist (seit 3. 10. 1990) das von Bayern, Thüringen, SachsenAnhalt, Brandenburg, Polen und Tschechien begrenzte Land der
Bundesrepublik Deutschland. Es ist Freistaat. Seine Verfassung
stammt vom 27. 5. 1992.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Gesetze des Freistaates Sachsen (Lbl.), hg. v. Knöll, H./Antoni,
M., 33. A. 2003; Müller, K., Verfassung des Freistaats Sachsen, 1993; Landesrecht Sachsen, hg. v.
Musall, P. u. a., 10. A. 2003; Gern, A., Sächsisches Kommunalrecht, 2. A. 2000; Belz, R.,
Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, 3. A. 1999; Rommelfanger, U./Rimmele, P., Polizeigesetz,
2000; Sächsische Bauordnung (Lbl.), hg. v. Degenhart, C., 3. A. 2002
Sachsen-Anhalt ist (seit 3. 10. 1990) das von Thüringen,
Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und
Sachsen begrenzte Land der Bundesrepublik Deutschland
(Verfassung vom 16. 7. 1992).
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Gesetze des Landes Sachsen/Anhalt (Lbl.), hg. v. Knöll,
H./Brachmann, R., 24. A. 2003; Reich, A., Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, 1994; Wiegand,
B./Grimberg, M., Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt, 3. A. 2003; Landesrecht Sachsen-Anhalt, hg.
v. Kilian, M. u. a., 9. A. 2003
Sachsenspiegel (1221–1224) ist das →Rechtsbuch Eike von
Repgows, das auf Grund verschiedener, u. a. auch gelehrter Quellen
das hochmittelalterliche ostfälische Recht (→Landrecht,
→Lehnsrecht) ohne amtlichen Auftrag und ohne
Rechtssetzungsabsicht zusammenfasst. →Deutschenspiegel,
→Schwabenspiegel
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Sachurteil ist das in der Sache selbst entscheidende, die
→Zulässigkeit voraussetzende →Urteil. Es steht im Gegensatz zum
→Prozessurteil, das nur über die Zulässigkeit der Klage befindet. Es
gibt der →Klage statt oder weist sie ab.
Sachverhalt ist das tatsächliche einzelne Geschehen in der
Formatiert: Schriftart: Kursiv
Lebenswirklichkeit. Der rechtlich relevante S. ist Gegenstand der
→Rechtsanwendung. Bei ihr wird überprüft, welche (konkrete)
→Rechtsfolge der S. auf Grund der gegebenen abstrakten
→Rechtsnormen nach sich zieht. Im →Verfahrensrecht wird der S.
vielfach als →Tatbestand bezeichnet (z. B. § 313 I Nr. 5 ZPO),
obwohl hierunter die Rechtsmethodologie die Summe der abstrakten
Voraussetzungen einer abstrakten Rechtsfolge versteht.
Sachversicherung ist die →Versicherung einer →Sache oder eines
andern Gegenstands.
Lit.: Martin, H., Sachversicherungsrecht, 3. A. 1992; Wente, T., Kernprobleme des
Sachversicherungsrechts, 1999
Sachverständiger ist der Mensch, der auf einem bestimmten Gebiet
besonderes Wissen (Sachkunde) hat. Im Verfahrensrecht ist S. die
(grundsätzlich ersetzbare) Hilfsperson des →Gerichts, die diesem auf
Grund ihres Fachwissens fehlende Kenntnisse, insbesondere abstrakte
Erfahrungssätze sowie aus diesen zu ziehende Schlüsse, vermittelt.
Der Sachverständige ist →Beweismittel (z. B. §§ 402ff. ZPO). Seine
Auswahl erfolgt durch das →Prozessgericht. Der zur Erstattung von
→Gutachten der geforderten Art öffentlich bestellte Sachverständige
(vgl. § 36 GewO) sowie einige weitere Gruppen der Sachverständigen
haben der Ernennung durch das Gericht Folge zu leisten. Der
Sachverständige steht zum Gericht in einem öffentlich-rechtlichen
Verhältnis. Das Gericht würdigt sein Gutachten als Beweismittel nach
freier Überzeugung (§ 286 ZPO). Das Gutachten eines privat
beauftragten Sachverständigen ist nur Gegenstand des
Parteivorbringens. Nicht S. ist der sachverständige →Zeuge, bei dem
es nur um die Wahrnehmung vergangener Tatsachen oder Zustände
geht (§ 414 ZPO). Im →Strafprozess können durch das Gutachten des
Sachverständigen nur sog. Befundtatsachen, die der Sachverständige
wegen seiner Sachkunde wahrnehmen oder feststellen kann, in die
→Hauptverhandlung eingeführt werden. Nach § 839a BGB ist ein
gerichtlicher S. zum Ersatz verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob
fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet und eine darauf
beruhende (wohl meist letztinstanzliche) gerichtliche Entscheidung
(nicht Vergleich) einem der Verfahrensbeteiligten Schaden zufügt.
Lit.: Jessnitzer, K., Der gerichtliche Sachverständige, 11. A. 2001; Praxishandbuch
Sachverständigenrecht, red. v. Bayerlein, W., 3. A. 2002; Meyer, P./Höver, A./Bach, Gesetz über die
Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 22. A. 2002; Schneider, E., Der Sachverständige
in der Praxis, 6. A. 1997; Zwiehoff, G., Das Recht auf den Sachverständigen, 1999; Haas, R., Der
Sachverständige des Handwerks, 5. A. 2001; Cors, K., Sachverständiger, 3. A. 2002
Sachvortrag ist die Darlegung der Sachlage durch den Betroffenen
oder einen Dritten.
Lit.: Seutemann, Die Anforderungen an den Sachvortrag der Parteien,
MDR 1997, 615
Sachwalter ist der die Interessen eines andern wahren sollende, am
Abschluss und an der Abwicklung eines Vertrags beteiligte, nicht
selbst Vertragspartei werdende Dritte (z. B. Stellvertreter)
Lit.: Henke, A., Sachwalterhaftung, 1997; Schautes, C./Mallmann, R., Die Eigenhaftung des
Sachwalters, JuS 1999, 537
Sachwucher →Wucher
Sachzusammenhang ist der auf der sachlichen Nähe zweier
Gegebenheiten beruhende sinnvolle Zusammenhang zwischen ihnen.
Er kann im Verfassungsrecht eine ungeschriebene
→Gesetzgebungszuständigkeit begründen. Diese kann aber nur
Lücken gesetzlicher Zuständigkeitsnormen schließen.
Lit.: Auer, A., Die internationale Zuständigkeit des Sachzusammenhangs, Diss. jur. Regensburg,
1999; Weiß, R., Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs, Diss. jur. Bayreuth 1999
Sakrament (Eid) ist im katholischen →Kirchenrecht das von
Christus eingesetzte äußere Zeichen, das die heiligmachende Gnade
verleiht oder vermehrt. Das katholische Kirchenrecht kennt als S.
Taufe, Firmung, Kommunion, Buße, letzte Ölung, Weihe und Ehe. Im
evangelischen Kirchenrecht sind nur Taufe und Abendmahl
Sakramente.
Sakrileg (N.) Tempelraub, Entweihung
Säkularisation ([F.] Verweltlichung) ist die eine Enteignung
enthaltende Überführung des Vermögens geistlicher Berechtigter in
weltliche Trägerschaft (z. B. durch Karl Martell, durch die
französische Revolution von 1789, durch den
→Reichsdeputationshauptschluss des Jahres 1803).
Lit.: Werz, M., Grenzen der Säkularisierung, 2000
Sala (ahd. [F.] Übergabe) ist im mittelalterlichen deutschen Recht die
Übertragung einer Sache, insbesondere eines Grundstücks (vgl. engl.
sale).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Saldo (M.) ist der Vergleich der Aktivposten (→Aktiva) mit den
Passivposten (→Passiva) einer (laufenden) Rechnung. Er ist
besonders bedeutsam für das →Kontokorrent und die Berechnung der
herauszugebenden →Bereicherung. Er kann sich fortlaufend ändern.
Saldotheorie ist die auf den →Saldo abstellende Theorie zur
Berechnung der herauszugebenden Leistung bei ungerechtfertigter
→Bereicherung. Nach ihr bestehen bei beiderseits erbrachten
Leistungen und gleichartigen Rückgewähransprüchen nicht zwei
Bereicherungsansprüche, sondern lediglich ein einheitlicher Anspruch
auf Herausgabe des Überschusses der umfangreicheren Leistung über
die weniger umfangreiche. Die S. ist grundsätzlich anzuwenden und
nur ausnahmsweise durch die →Zweikondiktionentheorie zu ersetzen
(z. B. bei Beteiligung von nur beschränkt →geschäftsfähigen
Personen).
Sammelwerk (§ 4 UrhG) ist das aus Beiträgen verschiedener
→Urheber zusammengesetzte, von einem Herausgeber geordnete
Werk. Das S. wird wie ein selbständiges Werk geschützt. Die Rechte
an ihm sind auf Herausgeber und Verfasser aufgeteilt.
Sammlung ist die unentgeltliche Gewinnung von Beiträgen Dritter zu
einem bestimmten Zweck. Eine S. ist nach Landesrecht
erlaubnispflichtig. Sie bedarf der Überwachung.
Samtgemeinde ist der in Niedersachsen mögliche Sonderfall einer
kommunalverbandlichen →Gemeinde.
Sanierung (F.) Mängelbeseitigung, Heilung
Lit.: Ehlers, H./Drieling, I., Unternehmenssanierung, 2. A. 2000; Fieseler, H., Städtebauliche
Sanierungsmaßnahmen, 2000
Sanktion (F.) Gesetzesbefehl, Zwangsmaßnahme, Rechtsfolge
Lit.: Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des
Gemeinschaftsrechts, hg. v. Van Gerven, W. u. a., 1996
Satzung ist die (gemeinsame) verbindliche Festsetzung. Im
Privatrecht ist S. der als →Rechtsgeschäft zustande gekommene
→Vertrag der Gründer eines →Vereins, der die Grundlage seiner
Verfassung bildet (§ 25 BGB). Die S. muss mindestens den Zweck,
den →Namen und den →Sitz des Vereins enthalten und ergeben, dass
der Verein eingetragen werden soll (§ 57 BGB). Daneben soll sie
verschiedene weitere Bestimmungen umfassen. Sie kann nachträglich
durch →Beschluss abgeändert werden (§ 33 BGB). Im
→Verwaltungsrecht ist S. die – eventuell genehmigungsbedürftige –
Rechtsvorschrift, die von in den Staat eingeordneten juristischen
→Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Gemeinde, Universität,
Sozialversicherungsträger) im Rahmen der ihnen gesetzlich
verliehenen →Autonomie (Satzungsrecht, Satzungsgewalt) erlassen
wird. Die S. ist materiell →Gesetz. Sie ist im Gegensatz zur
→Rechtsverordnung nicht Ausdruck einer dekonzentrierten, sondern
Instrument einer dezentralisierten Rechtssetzung.
Lit.: Ott, S., Die Vereinssatzung, 2. A. 1996; Bendfeld, H., Die Satzungsstrenge im Aktienrecht,
1999; Becker, U./Sichert, M., Einführung in die kommunale Rechtssetzung, JuS 2000, 144
Satzungsrecht ist objektiv die Gesamtheit der durch →Satzung
geschaffenenen Rechtssätze und subjektiv das Recht zur Schaffung
einer Satzung (Satzungsgewalt). Das Recht zur Schaffung einer
Satzung beruht im Privatrecht auf der →Privatautonomie und im
öffentlichen Recht teils unmittelbar auf der →Verfassung (z. B.
Art. 28 II GG), teils auf sonstigem formellem →Gesetz. Durch die
Verleihung des Satzungsrechts räumt der Staat dessen Träger die
Befugnis ein, nicht nur auf einem bestimmten Sachgebiet, sondern im
umfassenden Rahmen des gesamten Kompetenzbereichs, Recht zu
setzen.
Lit.: Adler, L., Das Satzungsrecht, 1997; Engel-Boland, S., Gemeindliches Satzungsrecht, 1999
Säumnis (§§ 330ff. ZPO) ist das Nichterscheinen oder
Nichtverhandeln einer →Partei trotz ordnungsgemäßer →Ladung zu
einem zur notwendigen →Verhandlung bestimmten →Termin. Folge
der S. kann ein →Versäumnisurteil oder eine →Entscheidung nach
Lage der Akten sein. Bei zu entschuldigender S. kann der Prozess in
ursprüngliche Lage zurückversetzt werden.
Lit.: Heinrich, C., Säumnis im Zivil- und Arbeitsgerichtsprozess, 2001
Schaden ist die unfreiwillige Einbuße an rechtlich geschützten
Gütern auf Grund eines bestimmten Ereignisses. Der S. steht im
Gegensatz zur →Aufwendung. Der S. einer Person ist nur dann von
einer andern Person zu ersetzen, wenn eine im Recht enthaltene
Schadensersatzpflicht (Schadensüberwälzungsnorm) eingreift.
Innerhalb der Schäden werden verschiedene Arten unterschieden.
Positiver S. (lat. damnum [N.] emergens) ist die entstandene Einbuße
an positiv vorhandenen rechtlich geschützten Gütern (z. B. Zerstörung
einer Sache), negativer S. die Einbuße an erst zu erwerbenden Gütern,
deren Gewinnung infolge der Schädigung nicht erfolgen kann (lat.
lucrum [N.] cessans, entgehender Gewinn § 252 BGB).
Nichterfüllungsschaden ist der durch das Fehlen der Erfüllung
eingetretene S., Vertrauensschaden der im Vertrauen auf die
Gültigkeit einer Handlung entstandene S. Abstrakter S. ist der
abstrakte (z. B. § 288 I BGB), konkreter S. der konkret erwachsene
(und berechnete) S. →Vermögensschaden (materieller S.) ist der an
materiellen Gütern (z. B. Sache), →Nichtvermögensschaden
(immaterieller S.) der an immateriellen Gütern (z. B. Freiheit, Ehre)
eingetretene S. Unmittelbarer S. ist der am verletzten Gut selbst
entstandene, mittelbarer S. (Folgeschaden) der an andern, nicht selbst
betroffenen Gütern, insbesondere am Vermögen des Verletzten
entstandene S.
Lit.: Steffen, E., Der normative Verkehrsunfallschaden, NJW 1995, 2057; Großschäden, hg. v.
Koch, H. u. a., 1998; Thüsing, G., Wertende Schadensberechnung, 2001; Heß, R./Jahnke, J., Das
neue Schadensrecht, 2002
Schadensersatz ist der Ersatz oder Ausgleich eines eingetretenen →Schadens. Ein S. durch eine
andere Person ist nur erforderlich, wenn diese auf Grund einer Rechtsnorm
(Schadensüberwälzungsnorm z. B. Garantievertrag, Vertragspflichtverletzung [§ 280 I BGB],
Verzögerung [§§ 280 II, 286ff. BGB], Schadensersatz statt der Leistung [§§ 280 III, 281, 282, 283],
Delikt, Eigentümer – nichtberechtigter Besitzer – Verhältnis) dazu verpflichtet ist. In der Regel ist
hierfür eine →Handlung, deren →Rechtswidrigkeit und →Schuldhaftigkeit, ein →Schaden sowie
die →Kausalität und →Adäquanz der Handlung (bzw. einer dazwischengeschalteten
Rechtsgutverletzung) für den Schaden erforderlich. In andern Fällen reicht die Verursachung des
Schadens für die Entstehung der Pflicht zum Ersatz aus (→Gefährdungshaftung). S. statt der
Leistung (früher S. wegen Nichterfüllung) wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter
Leistung (z. B. Kosten für eine Ersatzbeschaffung, Folgeschäden eingeschlossen) kann der
Gläubiger grundsätzlich bei zu vertretender, nicht unerheblicher Pflichtverletzung des Schuldners
verlangen, wenn er dem Schuldner nach § 281 I 1 BGB erfolglos eine angemessene Frist zur
Leistung oder Nacherfüllung (Ablehnungsdrohung nicht erforderlich) bestimmt hat, muss dann aber
eine bereits erhaltene oder mangelhafte Leistung zurückgeben (§ 281 V BGB). Der Gläubiger kann
auch weiter Erfüllung verlangen, sofern er nicht Schadensersatz bereits verlangt hat (§ 284 IV
BGB). Das Recht , bei einem gegenseitigen Vertrag S. zu verlangen, wird durch den Rücktritt nicht
ausgeschlossen (§ 325 BGB). S. statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 II
BGB kann der Gläubiger bei Vertretenmüssen des Schuldners verlangen, wenn ihm die Leistung
durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist (§ 282 BGB). Braucht der Schuldner nach § 275 IIII nicht zu leisten, kann der Gläubiger nach § 283 BGB unter den Voraussetzungen des § 280 I
BGB S. statt der Leistung verlangen. Der S. hat (nach § 249 S. 1 BGB) grundsätzlich durch
→Naturalrestitution zu erfolgen. Bei Personenverletzung, Sachbeschädigung (§ 249 S. 2 BGB) oder
fruchtlosem Fristablauf (§ 250 BGB) kann der Gläubiger statt dessen →Geldersatz verlangen. Ist
die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend, ist
Geldersatz zu leisten (§ 251 I BGB). Ist die Herstellung nur mit unverhältnismäßigem Aufwand
möglich, kann der Schuldner den Gläubiger in Geld entschädigen (§ 251 II BGB). Als
unverhältnismäßig werden dabei die Reparaturkosten einer beschädigten Sache angesehen, wenn sie
mehr als 130% des Werts (Wiederbeschaffungswerts) der Sache betragen. Der S. eines
Körperschadens oder Gesundheitsschadens hat auch die seelischen Folgen des schädigenden
Verhaltens zu umfassen. Der Strafschadensersatz der Vereinigten Staaten von Amerika (mindestens
ein Prozent des Nettounternehmenswerts des Schädigers) soll demgegenüber den Täter bestrafen
und von künftigen Missetaten abhalten.
Lit.: Lange, H./Schiemann, G., Schadensersatz, 3. A. 2003; Hofmann, E., Der
Schadensersatzprozess, 2. A. 1999; Küppersbusch, G., Ersatzansprüche bei Personenschaden, 7. A.
2000; Schultz-Borck, H., Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen, 6. A. 2000; Müller, P.,
Punitive damages, 2000; Würthwein, S., Schadensersatz für Verlust der Nutzungsmöglichkeit, 2000;
Wagner, G., Das zweite Schadensersatzrechtsänderungsgesetz, NJW 2002, 2049; Däubler, W., Die
Reform des Schadensersatzrechts, JuS 2002, 625; Breloer, H., Was ist mein Baum wert?, 4. A.
2002; Cahn, A., Einführung in das neue Schadensersatzrecht, 2003; Gsell, B., Substanzverletzung
und Herstellung, 2003
Schadensersatzanspruch ist der auf →Schadensersatz gerichtete
→Anspruch.
Schadensversicherung (§§ 49ff. VVG) ist die auf die Deckung eines →Schadens gerichtete private
→Versicherung (z. B. Haftpflichtversicherung, Feuerversicherung).
schädlich (Adj.) einen Schaden bewirkend
schädliche Neigung →Neigung, schädliche
Schatz (§ 984 BGB) ist die (bewegliche) →Sache, die so lange
verborgen (d. h. nicht ohne Weiteres sinnlich wahrnehmbar) gelegen
hat, dass der →Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist (z. B.
mittelalterliche Münze, nicht z. B. Fossilienfund). Durch
Inbesitznahme werden grundsätzlich Entdecker und Eigentümer der
Sache, in welcher der Schatz verborgen war, je zur Hälfte
→Miteigentümer. Nach Landesrecht kann bei einem Bodenaltertum
ein Auswertungsrecht oder Enteignungsrecht des Landes bestehen.
Scheck ist die der Erleichterung des Zahlungsverkehrs dienende
bestimmte →Anweisung auf ein Bankguthaben. Der S. ist geregelt im
Scheckgesetz. Er ist eine abstrakt zu ermittelnde Anweisung und ein
geborenes →Orderpapier. Er kann nicht vom Angewiesenen
angenommen werden (Akzeptverbot, Art. 4 ScheckG). Fällig ist der
S. bei Vorlage (Sicht) (Art. 28 ScheckG). Er kann zum (infolge der
allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken praktisch weithin
üblichen) →Inhaberpapier oder →Namenspapier gemacht werden.
Sonderformen sind →Verrechnungsscheck und gekreuzter S., bei
denen die Barzahlung ausgeschlossen bzw. eingeschränkt ist. Bezahlt
der Angewiesene nicht, so haften Aussteller und Übertrager.
Scheckgesetz ist das das Recht des →Schecks regelnde Gesetz.
Lit.: Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz; Bülow, P., Wechselgesetz, Scheckgesetz, Allgemeine
Geschäftsbedingungen, 3. A. 2001
Scheckkarte ist die von →Banken ausgegebene →Urkunde, in der
diese dem Schecknehmer die Zahlung des Scheckbetrags bis zu einer
bestimmten Höhe unter gewissen formellen Voraussetzungen
zusagen. Die Einlösungszusage ist ein abstraktes
Zahlungsversprechen (str.). Sie soll die mit dem →Scheck
verbundene Unsicherheit der Einlösung verringern.
Lit.: Knoche, T., Der Missbrauch der Scheckkarte, 1983; Ahrens, C., Wertpapiere in bargeldlosen
Zahlungssystemen, 1997
Scheidemünze ist im Verwaltungsrecht die →Münze aus unedlem
Metall, deren Metallwert unter ihrem Nennwert liegt, die aber kraft
→Gesetzes – in mengenmäßig eingeschränktem Umfang – als
→Zahlungsmittel angenommen werden muss.
Scheidung →Ehescheidung
Lit.: Schwab, D., Handbuch des Scheidungsrechts, 4. A. 2000;
Krenzler, M., Vereinbarungen bei Trennung und Scheidung, 3. A.
2000; Grziwotz, Trennung und Scheidung, 5. A. 2001
Schein ist der äußere Eindruck des Vorhandenseins eines in
Wirklichkeit nicht oder nicht in dieser Weise vorhandenen Umstands.
Der bloße S. erzeugt grundsätzlich keine Rechtswirkung. Zum Schutz
des Verkehrs sind aber von der Rechtsordnung verschiedene
Scheintatbestände wirklichen →Tatbeständen hinsichtlich der
→Rechtsfolgen angeglichen worden. →Rechtsschein
Scheinbestandteil →Bestandteil
Scheinehe →Nichtehe
Scheinerbe ist die nur scheinbar →Erbe gewordene Person. Ihre
Handlungen werden nur auf Grund des öffentlichen →Glaubens des
→Erbscheins wirksam (§ 2366 BGB). Soweit der S.
→Erbschaftsbesitzer ist, hat der Erbe einen Anspruch auf
→Herausgabe des Erlangten gegen ihn (§§ 2018ff. BGB).
Scheingefahr ist die nur scheinbar bestehende, in Wirklichkeit nicht
vorhandene →Gefahr (, bei der die Ordnungsbehörde nicht eingreifen
darf).
Lit.: Götz, Polizeirecht
Scheingeschäft (§ 117 I BGB) ist die einverständliche Abgabe einer
empfangsbedürftigen →Willenserklärung zum Schein. Das S. ist ein
→Rechtsgeschäft. Es ist →nichtig, weil den Parteien der
→Rechtsfolgewille fehlt. Wird durch ein S. ein anderes
Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte
Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung (§ 117 II BGB,
z. B. Schenkung statt Kauf). Kein S. ist das Geschäft des
→Treuhänders oder Strohmanns oder das ernstlich gewollte
→Umgehungsgeschäft.
Scheinkaufmann (§ 5 HGB) ist eine Person, die nicht →Kaufmann
ist, deren →Firma aber im →Handelsregister eingetragen ist
(Kaufmann kraft Eintragung). Der S. kann gegenüber dem, der sich
auf die Eintragung beruft, nicht geltend machen, dass das unter der
Firma betriebene →Gewerbe kein →Handelsgewerbe sei. Daneben
wird allgemein kraft →Gewohnheitsrechts jeder, der wie ein
Kaufmann auftritt, zugunsten →Gutgläubiger wie ein Kaufmann
behandelt.
Lit.: Siebert, J., Scheinkaufmann und Schein-KG, Diss. jur. Kiel 1999
Scheinprozess ist der nur zum Schein geführte →Prozess. An ihm
kann wegen der besonderen Wirkungen eines Urteils ein ernsthaftes
Interesse bestehen. Grundsätzlich ist er Rechtsmissbrauch.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte; Costede, J., Scheinprozesse, Diss. jur. Göttingen 1968
Scheinurteil →Nichturteil
Scheinvollmacht →Duldungsvollmacht, Anscheinsvollmacht,
Rechtsschein
Scheitern einer Ehe →Zerrüttung
Schengener Abkommen ist das am 14. 6. 1985 zunächst zwischen
den Regierungen Deutschlands, Frankreichs, der Niederlande,
Belgiens und Luxemburgs getroffene, seit 26. 3. 1995 für
Deutschland, Frankreich, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Spanien
und Portugal, seit 26. 10. 1997 für Italien, seit 1. 12. 1997 für
Österreich, seit 1.1. 2000 bzw. 26. 3. 2000 für Griechenland bzw. seit
25. 3. 2001 auch für Dänemark, Schweden und Finnland sowie über
Zusatzabkommen auf Grund der Nordischen Passunion auch für
Norwegen und Island verwirklichte, im Bedarfsfall zeitweise
teilweise außer Kraft setzbare Abkommen zum schrittweisen Abbau
der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen.
Lit.: Hummer, W./Obwexer, W., Die Schengener Abkommen, 1996
Schenker →Schenkung
Schenkung (§§ 516ff. BGB) ist der →Vertrag, durch den sich der
eine Teil (Schenker) verpflichtet, den andern Teil (Beschenkten)
durch eine Zuwendung aus seinem Vermögen unentgeltlich zu
bereichern (str.). Der Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des
Schenkers ist auch nach seinem Tod noch durch den Nachlasspfleger
an einen Sozialhilfeträger oder an einen Krankenhausträger abtretbar.
Die S. ist Handschenkung, wenn →Verpflichtung und →Erfüllung
zusammenfallen. Die nicht sofort vollzogene S.
(Schenkungsversprechen) bedarf der notariellen →Beurkundung des
Versprechens (§ 518 I BGB), doch wird ein →Mangel der Form
durch Vollzug der Verpflichtung mittels Erfüllung geheilt. Die
gemischte S. ist der Austauschvertrag, bei dem der unteilbaren
Leistung der einen Seite eine geringerwertige Leistung der andern
Seite gegenübersteht und die Parteien sich einig sind, dass der
Mehrwert der einen Leistung eine unentgeltliche Zuwendung sein
soll. Sie ist je nach dem Schwerpunkt des Geschäfts ganz oder
teilweise als S. anzusehen. S. unter Auflage ist die S., bei der die
Bestimmung hinzugefügt ist, dass der Empfänger zu einer →Leistung
verpflichtet sein soll, remuneratorische S. die S., bei der mit der
Zuwendung ein bestimmtes Verhalten belohnt wird. S. von Todes
wegen (§ 2301 BGB) ist das (formbedürftige)
Schenkungsversprechen, das unter der Bedingung erteilt wird, dass
der Beschenkte den Schenker überlebt. Formfrei möglich ist der
Vertrag zugunsten eines Dritten auf den Todesfall des
Begünstigenden (§ 331 BGB, Lebensversicherung).
Lit.: Kollhosser, H., Ehebezogene Zuwendungen und Schenkungen unter Ehegatten, NJW 1994,
2313; Haarmann, C., Die Rückforderung von Schenkungen, Diss. jur. Münster 1998; Fromm,
R./Vogt, H., Richtig schenken und vererben, 5. A. 2002
Schenkungsteuer ist die →Steuer auf den Vermögensübergang
infolge →Schenkung. Sie ist geregelt im Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz. Sie wird wie die →Erbschaftsteuer
behandelt.
Lit.: Troll, M./Gebel, D./Jülicher, M., Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (Lbl.), 27. A.
2003; Schulz, B., Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer, 7. A. 1999; Meincke, J., Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, 13. A. 2002; Knapp, R., Kommentar zum Erbschaft- und
Schenkungsteuergesetz, 11. A. 1997; Horschitz, H., Bewertungsrecht, Grundsteuer, Erbschaft- und
Schenkungsteuer, 15. A. 2001; Moench, D., Erbschaft- und Schenkungsteuer (Lbl.), 2000; ; Söffing,
M., Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, 2. A. 2003
Scherzerklärung (§ 118 BGB) ist die nicht ernstlich gemeinte
→Willenserklärung, die in der subjektiven Erwartung abgegeben
wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt. Die S. ist
→nichtig, weil ihr der Rechtsfolgewille fehlt. Der Dritte, der auf die
Erklärung vertraute, kann einen Anspruch auf Ersatz des
→Vertrauensschadens haben (§ 122 BGB).
Schickschuld ist die →Schuld, bei welcher der Ort der
→Leistungshandlung der des →Wohnsitzes des →Schuldners ist, der
Schuldner aber zur Vornahme der Absendung an einen davon
verschiedenen →Erfolgsort, an dem der Leistungserfolg eintreten soll
(meist Ort des Wohnsitzes des Gläubigers), verpflichtet ist (z. B.
Geldschuld, grundsätzlich auch die Warenschuld im Handelsrecht).
Die S. steht der →Holschuld und der →Bringschuld gegenüber. Bei
der S. muss der Schuldner zur Leistung und zur Umwandlung einer
eventuellen →Gattungsschuld in eine →Stückschuld
(Konkretisierung) mehr tun als bei der Holschuld.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Schiedsabrede (§ 1029 II ZPO) ist die selbständige
→Schiedsvereinbarung.
Schiedsgericht (z. B. §§ 1025ff. ZPO) ist im Verfahrensrecht die aus
einem Dritten oder mehreren Dritten (im Zweifel drei [§ 1034 I 2
ZPO]) zusammengesetzte Einrichtung, die außerhalb staatlicher
→Gerichtsbarkeit über eine →Streitigkeit entscheidet.
Schiedsgerichte finden sich sowohl im Bereich des Völkerrechts wie
auch eines einzelstaatlichen Rechts. Die Tätigkeit des Schiedsgerichts
setzt grundsätzlich eine →Schiedsvereinbarung voraus. Diese ist im
→Verfahrensrecht nur möglich in Sachen, in denen die Parteien einen
→Vergleich schließen können. Das Verfahren des innerstaatlichen
Schiedsgerichts bestimmt sich nach den §§ 1042ff. ZPO. Es endet
regelmäßig mit einem Schiedsspruch oder einem Schiedsvergleich.
Gegen einen Schiedsspruch kann nur ausnahmsweise ein Antrag auf
gerichtliche Aufhebung gestellt werden (§ 1059 I ZPO).
Lit.: Schwab, K./Walter, G., Schiedsgerichtsbarkeit, 5. A. 2000; Schütze, R., Schiedsgericht und
Schiedsverfahren, 3. A. 1999; Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen
Schiedsgerichtsbarkeit, 2. A. 2001; Lörcher, G./Lörcher, H., Das Schiedsverfahren, 2. A. 2001;
Schiffer, K., Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 1999; Kröll, S., Das neue deutsche Schiedsrecht,
NJW 2001, 1173; Practitioner’s Handbook on International Arbitration, hg. v. Weigand, F., 2002;
Aden, M., Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 2. A. 2003
Schiedsgerichtsordnung ist die für das Schiedsgericht geltende
Ordnung (z. B. 1. 7. 1998 S. der Deutschen Institution für
Schiedsgerichtsbarkeit e. V.).
Schiedsgutachter ist ein Mensch, der auf Grund einer Vereinbarung
zweier Parteien bestimmte Tatsachen verbindlich festlegen soll (z. B.
Preis).
Schiedshof ist eine Entscheidungsstelle in Schiedsverfahren. Der sog.
ständige S. (1996 für 82 Vertragsstaaten) hat seinen Sitz in Den Haag.
Er verfährt nach besonderen Schiedsordnungen.
Schiedsklausel (§ 1029 II ZPO) ist die als Klausel in einem Vertrag
enthaltene →Schiedsvereinbarung
Schiedsmann ist in mehreren, ehemals zu Preußen gehörenden
→Ländern der Mensch, vor dem der für eine →Privatklage
erforderliche →Sühneversuch stattzufinden hat (§ 380 StPO).
Schiedsrichter (§ 1034 ZPO) ist der Angehörige eines
→Schiedsgerichts, der in der Regel durch die →Parteien, hilfsweise
von dem zuständigen →Gericht bestimmt wird.
Schiedsstelle ist die außergerichtliche Streitschlichtungsstelle (z. B.
Hess. Schiedsamtsgesetz vom 1. 10. 1944).
Lit.: Schulte, G., Taschenlexikon für Schiedsämter und Schiedsstellen, 5. A. 2002
Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) ist die grundsätzlich
formbedürftige (§ 1031 ZPO) Vereinbarung (z. B. Schiedsabrede,
Schiedsklausel) mindestens zweier Beteiligter, alle oder einzelne
Streitigkeiten in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis der
Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. Sie ist
wirksam, soweit die Parteien über den →Streitgegenstand
vergleichsberechtigt sind (§ 1030 I ZPO). Sie begründet eine
prozesshindernde →Einrede gegenüber einer →Klage (§ 1032 ZPO).
Lit.: Epping, M., Die Schiedsvereinbarung, 1999
Schiedsverfahren ist das Verfahren in Schiedsangelegenheiten.
Lit.: Nationales und internationales Schiedsverfahrensrecht, hg. v. Labes, H. u. a., 1998; Henn,
Schiedsverfahrensrecht, 3. A. 2000; Bandel, S., Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren,
2000
Schiff (§§ 1ff. SchiffsRG) ist das größere Wasserfahrzeug. Das S.
kann nach Eintragung in das vom →Amtsgericht des Heimathafens
geführte Schiffsregister rechtlich wie ein Grundstück behandelt
werden. Zur →Übereignung gehört bei Seeschiffen (→Seerecht) die
→Einigung, bei Binnenschiffen die Einigung und die →Eintragung
des Eigentumsübergangs in das Binnenschiffsregister, während für
nicht eingetragene Schiffe die §§ 929, 929aff. BGB gelten.
Lit.: Prause,F./Weichert, A., Schiffssachenrecht und Schiffsregisterrecht, 1974
Schifffahrtsgericht (§ 14 GVG) ist das für Binnenschifffahrtssachen
in erster Instanz zuständige →(Amts-)Gericht
(Rheinschifffahrtsgerichte, Moselschifffahrtsgericht).
Lit.: Bemm, W./Waldstein, T. v., Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, 3. A. 1996
Schikane (F.) böswillig bereitete Schwierigkeit
Schikaneverbot (§ 226 BGB) ist das Verbot der Ausübung eines
→Rechts, die nur den Zweck haben kann, einem andern →Schaden
zuzufügen. Das S. ist ein Sonderfall des allgemeinen Gedankens der
Unzulässigkeit des →Rechtsmissbrauchs. Die schikanöse
Rechtsausübung ist rechtswidrig und kann →schadensersatzpflichtig
machen.
Schlägerei (§ 231 StGB) ist der tätliche Streit zwischen mindestens
drei Menschen einschließlich eines Angegriffenen. Ist durch die S. –
oder einen von mehreren gemachten Angriff – der →Tod eines
Menschen oder eine schwere →Körperverletzung verursacht worden,
so ist jeder Beteiligte, schon wegen dieser Beteiligung mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe strafbar. Nicht
strafbar ist, wer an der S. oder dem Angriff beteiligt ist, ohne dass
ihm dies vorzuwerfen ist.
schlecht (Adj.) vom Durchschnitt hinsichtlich der Güte nach unten
abweichend
Schlechtleistung →Pflichtverletzung
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Schleppnetzfahndung (§ 163d StPO) ist die Fahndung nach
Verdächtigen unter Verarbeitung und Nutzung der bei
Massenkontrollen und Grenzkontrollen anfallenden Daten für den
Bereich der Strafverfolgung zur Aufklärung bestimmter Daten.
→Rasterfahndung
Lit.: Wittig, P., Schleppnetzfahndung, Rasterfahndung und Datenabgleich, JuS 1997, 961
Schleswig-Holstein ist das lange Zeit mit Dänemark verbundene, von
1866 bis 1947 zu Preußen gehörige, nördlichste →Land der
→Bundesrepublik. Seine vom 13. 12. 1949 stammende
Landessatzung (Fassung vom 15. 3. 1962) wurde mit Wirkung vom
1. 8. 1990 in die →Verfassung von S. umgeändert. Im
Verwaltungsrecht kennt S. keine Mittelbehörden.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Dehn, K., Grundlagen des Kommunalverfassungsrechts, 8. A.
2002; Bräse, U./Koops, M., Gemeindehaushaltsrecht Schleswig-Holstein, 10. A. 2002; Mutius, A.
v./Rentsch, H., Kommunalverfassungsrecht Schleswig-Holstein, 6. A. 2002; Böttcher, G.,
Kommunalrecht, 1999; Die Bundesrepublik Deutschland – Schleswig-Holstein, 2001
Schlichtung ist das →Verfahren zur Ausgleichung der Interessen
zwischen Beteiligten, insbesondere zwischen →Tarifvertragsparteien.
Die S. ist auf Erhaltung des Arbeitsfriedens gerichtet, indem sie zum
Abschluss einer Gesamtvereinbarung Hilfe leistet. Sie kann entweder
vereinbarte S. sein oder (subsidiäre) staatliche S. Der
Schlichtungsvorschlag der Einigungsstelle ist grundsätzlich nur ein
unverbindlicher Vorschlag. Nach erfolgloser S. ist der
→Arbeitskampf zulässig. Seit 2000 ist nach Landesrecht
(Landesgesetz) die zivilprozessuale Klage vielfach in einfachen
Sachen von einer vorangehenden S. vor einer →Gütestelle abhängig
gemacht (derzeit in Bremen, Hamburg, Niedersachsen, RheinlandPfalz, Sachsen und Thüringen nicht geplant).
Lit.: Gain, H., Das Schlichtungsverfahren vor Schiedsämtern und Schiedsstellen, 4. A. 1991;
Behning, B., Die Schlichtung in der kollektiven Arbeitsverfassung, 1994 (Diss.); Schwarzmann,
J./Walz, R., Das Bayerische Schlichtungsgesetz, 2000; Wolfram-Korn, M./Schmarsli, P.,
Außergerichtliche Streitschlichtung in Deutschland, 2001; Zietsch, U./Roschmann, K., Die
Regelungen des vorprozessualen Güteverfahrens, NJW 2001, Heft 51, Beilage 3*
Schlussabnahmeschein →Bauaufsicht
Schlüsselgewalt (§ 1357 BGB) ist die – früher nur der Frau, jetzt –
jedem nicht getrennt lebenden Ehegatten zustehende Berechtigung,
Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie
(z. B. Kauf von Lebensmitteln und Hausrat) mit Wirkung auch für
den andern Ehegatten zu besorgen. Die Berechtigung stellt sich je
nach dem Auftreten des Handelnden als gesetzliche →Vertretung
oder (beim Auftreten im eigenen Namen) als gesetzliche
→Ermächtigung zu einer Verpflichtung dar. Die Regelung der S. ist
verfassungsgemäß. Eine einseitige Beschränkung oder Aufhebung der
S. ist möglich, hat aber Außenwirkung nur bei Veröffentlichung.
Lit.: Schanbacher, D., Geschäfte zur Deckung des Familienlebensbedarfs gem. § 1357 BGB und
Verbraucherkreditgesetz, NJW 1994, 2335
Schlusserbe (§ 2269 BGB) ist der Erbe des überlebenden Ehegatten bei ein gemeinschaftliches
Testament als Berliner Testament errichtenden Ehegatten.
Lit.: Degert, K., Die Rechtsstellung des Schlusserben, 2001
schlüssiges Handeln →Handeln, schlüssiges
Schlüssigkeit ist die logische Geschlossenheit einer →Klage – oder
eines sonstigen Begehrens –. Eine Klage ist schlüssig, wenn die vom
→Kläger vorgetragenen Tatsachen, deren Unstreitigkeit und damit
Richtigkeit unterstellt, seinen →Antrag rechtfertigen. Eine
unschlüssige Klage ist, sofern sie nicht bis zum Schluss der letzten
mündlichen Verhandlung schlüssig gemacht wird, als →unbegründet
abzuweisen. Eine schlüssige Klage ist, falls (vom Gegner) keine
abweichenden Tatsachen vorgetragen werden, auch →begründet. Die
S. ist insbesondere im →Versäumnisverfahren bedeutsam.
Lit.: Pulte, P./Leyendecker, F., Zum Umfang der Schlüssigkeitsprüfung im Rahmen einer Relation,
JuS 1995, 59
Schlussurteil ist das eine Instanz abschließende Urteil eines
Rechtsstreits.
Lit.: Schröer, Urteilsformel bei Teil-, Schluss- und Grundurteil, JA
1997, 318
Schlussverkauf im Einzelhandel ist der z. B. am Schluss eines
Zeitraums durchgeführte Verkauf. Der S. ist eine
Sonderveranstaltung. Diese ist nur ausnahmsweise erlaubt (§ 7 UWG,
Winterschlussverkauf, Sommerschlussverkauf, Jubiläumsverkauf).
Schlussvortrag (§ 258 StPO) ist der Vortrag des →Staatsanwalts und
des →Angeklagten nach dem Schluss der →Beweisaufnahme.
Lit.: Höß, R., Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Schlussvortrag, Diss. jur. München 1999
Schmerz ist die vielfach einer Einwirkung von außen folgende
unangenehme körperliche oder seelische Empfindung des Menschen
oder Tiers.
Schmerzensgeld (§ 253 II BGB) ist die billige Entschädigung in
→Geld, die bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit
oder der sexuellen Selbstbestimmung auch wegen des Schadens
verlangt werden kann, der nicht →Vermögensschaden ist. S. ist also
ein Fall des Schadensersatzes von →Nichtvermögensschäden. Der
Anspruch auf S. ist (seit 14. 3. 1990) auch vor →Rechtshängigkeit
oder vertraglicher Anerkennung übertragbar und vererblich. Das S.
kann je nach Wahl des Verletzten als einmaliger Kapitalbetrag oder
als Rente zu leisten sein. Ein S. ist ebenfalls aus Billigkeitsgründen
möglich (§ 829 BGB). Das S. hat nach herrschender Meinung auch
Genugtuungsfunktion. Seine Höhe, für die der Kläger im Prozess
zumindest eine Betragsvorstellung vorlegen muss, lässt sich nur durch
Entscheidung des Richters festlegen (z. B. 6000 Euro bei mehrfacher
brutaler Vergewaltigung, 20000 Euro bei äußerst brutaler
Vergewaltigung, 50 000 Euro bei mehrfacher Vergewaltigung,
begleitet von lebensbedrohlich grausamer sadistischer
Gewaltanwendung mit schweren physischen und psychischen Folgen
für das Opfer, 55000 Euro für den Verlust dreier Kinder bei einem
Verkehrsunfall, 375000 Euro und monatlich 750 Euro Rente [2001]
für vollständige Deformierung der Persönlichkeit zu einem die
Tragweite seines Schicksals gerade noch erkennenden Kleinkind). Es
soll ganz zu verneinen sein, wenn der Körperverletzung alsbald der
Tod folgt.
Lit.: Hacks/Ring/Ring, Schmerzensgeldbeträge, 22. A. 2004; Slizyk, A., Beck’sche
Schmerzensgeldtabelle, 4. A. 2001; Steffen, E., Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsverletzung
durch Medien, NJW 1997, 10; Slizyk, A./Schlindwein, A., Schmerzensgeld-Datenbank (CD-ROM),
3/2003; Kuntz, K., Schmerzensgeld (Lbl.), 1999; Slizyk, A., Guter Rat zum Schmerzensgeld, 2. A.
2003
Schmierer ist, wer schmiert (z. B. in Schrift oder durch
Schmiergeld).
Schmiergeld ist das zur Erreichung eines sonst nicht oder
wahrscheinlich nicht erreichbaren Ziels (z. B. eines staatlichen
Auftrags bei überhöhten Kosten, einer Krankschreibung eines
gesunden Assistenten, einer Planstelle für einen inzüchtigen
Berufslosen oder einer Honorarprofessur für einen Verwaltungsleiter)
dem Entscheidungsträger unerlaubt zugewandte →Geld (oder
sonstige geldwertgleiche Mittel). Steuerrechtlich ist S. eine sonstige
Einkunft, deren Rückzahlung als Ausgabe steuermindernd geltend
gemacht werden kann.
Lit.: Boldt, K., Schmiergelder im Einkommensteuerrecht, 1999;
Günzler, N., Steuerrecht und Korruption, 1999
Schöffe (§ 30 GVG) ist der ehrenamtliche →Richter. S. kann in
Deutschland nur ein →Deutscher sein, der nicht unfähig zu diesem
Amt ist. Bestimmte Personen sollen nicht zu Schöffen berufen werden
(z. B. Polizeivollzugsbeamte). Andere dürfen die Berufung ablehnen
(z. B. Ärzte). Die Schöffen werden von den →Gemeinden
vorgeschlagen und von einem Ausschuss gewählt. Sie üben während
der Hauptverhandlung grundsätzlich das Richteramt in vollem
Umfang aus. Sie werden im →Schöffengericht, der →Strafkammer,
dem →Schwurgericht, dem →Jugendgericht und der
→Jugendkammer tätig.
Lit.: Lieber, H., Handbuch für Schöffinnen und Schöffen, 2001
Schöffengericht (§§ 28ff. GVG) ist das bei den →Amtsgerichten für
die Verhandlung und Entscheidung der zu den amtsgerichtlichen
Zuständigkeit gehörenden Strafsachen, für die nicht der Strafrichter
zuständig ist, gebildete →Gericht, das regelmäßig aus dem Richter
beim Amtsgericht als Vorsitzendem – u. U. einem zweiten
zugezogenen Richter – und zwei →Schöffen besteht.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Schönheitsreparatur ist die ästhetischen Gesichtspunkten
entsprechende Bearbeitung einer abgenutzten Mietsache (z. B.
Tünchen). Durch Vereinbarung kann die S. dem Mieter auferlegt
werden. Eine allgemeine Geschäftsbedingung darf den Mieter aber
nicht unangemessen benachteiligen.
Lit.: Riecke, O./Schütt, O., Schönheitsreparaturen, 2. A. 2000; Langenberg, H.,
Schönheitsreparaturen, 2001
Schornsteinfegergesetz ist das die Rechtsverhältnisse der
Schornsteinfeger regelnde Gesetz.
Lit.: Musielak, H./Manke, M./Schira, H., Schornsteinfegergesetz, 5. A. 1998
Schranke ist das zur Einengung der Fortbewegungsmöglichkeit oder
sonstigen Entfaltungsmöglichkeit eines Menschen künstlich
geschaffene, meist bewegbare Hindernis. Schranken werden
insbesondere errichtet an Grenzübergängen oder
Eisenbahnkreuzungen. Übertragen bestehen auch für Rechte
Schranken.
Lit.: Bamberger, C., Verfassungswerte als Schranken vorbehaltloser
Freiheitsrechte, 1999
Schreibtischtäter ist der vom Schreibtisch aus handelnde Straftäter
(Schreibtischmörder). U. U. handelt er in mittelbarer Täterschaft. In
einem etwas andern Sinn bedeutet S. auch den Täter, welcher
besonders Wirtschaftsdelikte begeht (sog. white-collar-crime).
Schrift ist die Gesamtheit der Zeichen, die zur sichtbaren Wiedergabe
einer Sprache benutzt werden, sowie das mit ihrer Hilfe geschaffene
Werk. Ist im Privatrecht durch Gesetz – oder Rechtsgeschäft –
schriftliche →Form vorgeschrieben, so muss die →Urkunde von dem
→Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels
notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden (§ 126
BGB). Als Ersatz ist die elektronische Form anerkannt, wobei die
Beteiligten ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln ihre
Anwendung billigen und deshalb mit dem Zugang einer
elektronischen Willenserklärung rechnen müssen. Um die
elektronische Form zu erfüllen, muss nach § 126a BGB der Aussteller
der Erklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische
Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem
Signaturgesetz versehen. Bei einem Vertrag müssen die Parteien
jeweils ein gleichlautendes elektronisches Dokument mit einer
qualifizierten Signatur signieren. Die gewillkürte Schriftform einer
Erklärung ist trotz Fehlens einer Unterschrift dann gewahrt, wenn die
mit der Formvereinbarung angestrebte Klarheit erreicht ist. Im
Verfassungsrecht (Art. 5 GG) hat jeder das Recht, seine Meinung in
Wort und S. frei zu äußern und zu verbreiten (→Meinungsfreiheit).
Allerdings kann die Verbreitung einer S. in bestimmter Weise strafbar
sein (z. B. § 184 StGB pornographische S., § 90a StGB
staatsverunglimpfende S., jugendgefährdende S. [Gesetz über die
Verbreitung jugendgefährdender Schriften, jugendgefährdende
Schriften sind dabei Schriften, Aufnahmen, Abbildungen oder
Darstellungen, die Kinder oder Jugendliche sittlich gefährden]).
Lit.: Teske, W., Schriftformklauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1990; Seibt, A.,
Forensische Schriftgutachten, 1999
Schriftform →Schrift, Form
schriftlich (Adj.) eine Schrift betreffend
schriftliches Verfahren →Verfahren, schriftliches
Schriftlichkeit →Schrift
Schriftsatz (z. B. § 129 ZPO) ist die schriftliche Erklärung. Sie kann
vorbereitender S., d. h. der Ankündigung des Vortrags in der
Verhandlung dienender S. oder bestimmender S., d. h. eine
Parteierklärung enthaltender S. (z. B. →Klage,
Rechtsmittelbegründung) sein. Der bestimmende S. muss eigenhändig
unterschrieben sein. Seit 5. 4. 2000 kann in Deutschland ein S. auch
durch Computerfax mit eingescannter Unterschrift eingereicht
werden.
Lit.: Michel, H/Seipen, C. v. d.., Der Schriftsatz des Anwalts im Zivilprozess, 6. A. 2004; Gross, D.,
Grundstrukturen erfolgreicher Schriftsätze, JuS 1999, 171
Schriftwerk (§ 2 UrhG) ist das in einer →Schrift niedergelegte
geistige Erzeugnis.
Schuld ist im Privatrecht einerseits die →Verpflichtung
(→Schuldverhältnis z. B. →Gattungsschuld, →Geldschuld) einer
Person und andererseits überhaupt die Bewertung eines Verhaltens
eines Menschen als vorwerfbar (→Verschulden). Schuldformen sind
dabei →Vorsatz und →Fahrlässigkeit. Im Strafrecht ist S. die
rechtliche Vorwerfbarkeit. Dem Täter wird vorgeworfen, dass er
rechtswidrig gehandelt hat, obwohl er unter den konkreten
Umständen fähig war, sich von der Rechtspflicht zu normgemäßem
Verhalten bestimmen zu lassen. Elemente der S. sind im Strafrecht
(nach der finalen Handlungslehre) →Schuldfähigkeit,
→Unrechtsbewusstsein (eventuell erforderliches spezielles
Schuldmerkmal) und →Schuldausschließungsgründe
(Entschuldigungsgründe). Nach § 46 StGB ist die S. des Täters die
Grundlage für die Zumessung der →Strafe. Die S. ist um so schwerer,
je einfacher für den Täter ein rechtstreues Verhalten gewesen wäre.
Lit.: Kaufmann, A., Das Schuldprinzip, 2. A. 1976; Frister, H., Die Struktur des voluntativen
Schuldelements, 1993
Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) ist der einseitig verpflichtende
→Vertrag, in dem der eine Teil (→Schuldner) anerkennt, dem andern
Teil (→Gläubiger) eine Leistung als abstrakte Verbindlichkeit zu
schulden (konstitutives S.). Das S. bedarf einer schriftlichen Erteilung
der Anerkenntniserklärung. Durch das S. entsteht eine neue →Schuld,
die bei Fehlen eines Rechtsgrunds nur nach den §§ 812ff. BGB
herausverlangt werden kann. Vom (konstitutiven) S. zu unterscheiden
ist das deklaratorische S., bei dem das Entstehen oder Bestehen der
bereits vorhandenen Schuld lediglich bestätigt werden soll, so dass
nur auf bestehende Einwendungen verzichtet wird und bei Fehlen der
Schuld überhaupt keine Verpflichtung vorliegt. Als negatives S. wird
der Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger bezeichnet,
in dem der Gläubiger anerkennt, dass keine Schuld besteht (§ 397 II
BGB).
Lit.: Baumann, W., Das Schuldanerkenntnis, 1992
Schuldausschließungsgrund ist der besondere, das →Verschulden
ausschließende Grund (z. B. →Schuldunfähigkeit, entschuldigender
→Notstand, entschuldigender →Verbotsirrtum,
→Notwehrüberschreitung), bei dessen Vorliegen die von einer Schuld
abhängigen Rechtsfolgen (→Strafe, →Schadensersatz) nicht eintreten
können.
Schuldbeitritt →Schuldübernahme, kumulative
Lit.: Bartels, K., Der vertragliche Schuldbeitritt, 2003
Schuldfähigkeit ist die Fähigkeit eines Menschen, schuldhaft zu
handeln. Die S. ist Voraussetzung für →Schuld. Sie kann gänzlich
fehlen (§§ 19, 20 StGB) oder vermindert sein (§ 21 StGB). Im
Strafrecht ist schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat noch nicht 14
Jahre alt ist. Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen
einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden
→Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer
schweren andern seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der
Tat einzusehen (→Einsichtsfähigkeit) oder nach dieser Einsicht zu
handeln (→Steuerungsfähigkeit). Nach § 3 JGG ist ein
→Jugendlicher, der zwar 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist, bedingt
schuldfähig. Er ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der
Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung →reif genug ist,
das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Im Strafrecht ist die erheblich verminderte S. (z. B. bei 2–3 Promille
Blutalkohol) möglicher Strafmilderungsgrund (§ 21 StGB), doch
können (seit 28. 4. 1997) Straftäter, die unter erheblichem
Alkoholeinfluss eine Straftat begehen, nicht mehr damit rechnen,
ohne Weiteres wegen verminderter S. milder bestraft zu werden. Im
→Privatrecht ist nicht schuldfähig, wer nicht das 7. Lebensjahr
vollendet hat (§ 828 I BGB), wer zwar das 7., nicht aber das
18. Lebensjahr vollendet hat oder taubstumm ist und bei Begehung
der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der
Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat (§ 828 II BGB), sowie
grundsätzlich, wer im Zustand der →Bewusstlosigkeit oder in einem
die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter
Störung der Geistestätigkeit einen →Schaden verursacht (§ 827
BGB).
Lit.: Luthe, R., Die zweifelhafte Schuldfähigkeit, 1996; Forster, B./Joachim, H., Alkohol und
Schuldfähigkeit, 1997
Schuldform ist die Form oder Art des →Verschuldens.
Schuldformen sind im Privatrecht nach § 276 I 1 BGB →Vorsatz und
→Fahrlässigkeit. Im Strafrecht gehört nach der finalen
Handlungslehre der Vorsatz nicht zur Schuld.
Schuldinterlokut ist das (dem geltenden deutschen Strafprozessrecht
unbekannte, vom →Urteil über die Straffrage getrennte)
Zwischenurteil über die →Schuld.
Lit.: Dölling, D., Die Zweiteilung der Hauptverhandlung, 1978
Schuldmerkmal ist das die →Schuld betreffende Merkmal.
Spezielles S. ist im Strafrecht ein Merkmal, das den in der Tat zum
Ausdruck kommenden Gesinnungsunwert näher beschreibt und das
Maß dafür darstellt, inwieweit die Einstellung des Täters zum Recht
mehr oder weniger tadelnswert erscheint (z. B. niedrige Beweggründe
§ 211 StGB, Rücksichtslosigkeit § 315c StGB). Das S. wird im
Rahmen der Schuld nach der →Schuldfähigkeit und dem
→Unrechtsbewusstsein geprüft.
Schuldmitübernahme →Schuldübernahme, kumulative
Schuldner ist der aus einem →Schuldverhältnis zu einer →Leistung
Verpflichtete (z. B. der zur Kaufpreiszahlung verpflichtete Käufer,
der zur Übereignung der Kaufsache verpflichtete Verkäufer). Der S.
ist →Partei des →Schuldverhältnisses. Er kann zugleich →Gläubiger
einer →Gegenleistung (z. B. Gläubiger des Anspruchs auf
Übereignung der Kaufsache, Gläubiger des Anspruchs auf
Übereignung des Kaufpreisgelds) sein.
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Büchmann, K., Der Schutz des Schuldners, 1997
Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) ist das vom
→Vollstreckungsgericht geführte, auf Antrag von jedermann
einsehbare Verzeichnis aller Menschen, die eine eidesstattliche
Versicherung nach § 807 ZPO oder § 284 AO abgegeben haben oder
gegen die wegen grundloser Verweigerung der Versicherung Haft
angeordnet wurde. Die Eintragung in das S. wird nach drei Jahren
gelöscht.
Lit.: Lappe, F., Die neue Schuldnerverzeichnisverordnung, JuS 1995, 1657; Straub, G., Das
Schuldnerverzeichnis, Diss. jur. Regensburg, 1995
Schuldnerverzug →Verzug
Schuldrecht (§§ 241ff. BGB) ist das Recht der →Schuldverhältnisse.
Das S. ist ein Teil des bürgerlichen →Rechts im engern Sinn und
gliedert sich in einen allgemeinen Teil und einen besonderen Teil. Im
Allgemeinen Teil sind der Begriff, die Arten, die Entstehung, der
Inhalt, die Störungen und die Beendigung des Schuldverhältnisses
allgemein geregelt. Der besondere Teil befasst sich mit den
Besonderheiten von 25 einzelnen Schuldverhältnissen (z. B. →Kauf,
unerlaubte →Handlung). Der wichtigste Grundsatz des Schuldrechts
ist die →Privatautonomie (→Vertragsfreiheit), die auch atypische
Schuldverhältnisse ermöglicht.
Lit.: Brox, H./Walker, W., Allgemeines Schuldrecht, 29. A. 2003; Brox, H./Walker, W., Besonderes
Schuldrecht, 29. A. 2004; Medicus, D., Schuldrecht I Allgemeiner Teil, 15. A. 2004; Medicus, D.,
Gelöscht: 8
Gelöscht: 3
Gelöscht: 4
Gelöscht: 3
Schuldrecht II Besonderer Teil, 12. A. 2004; Fikentscher, Schuldrecht; Köbler, Schuldrecht; Esser,
J./Schmidt, E., Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 8. A. 1995; Esser, J./Weyers, H., Schuldrecht,
Besonderer Teil, 8. A. 1998ff.; Schlechtriem, P., Schuldrecht Besonderer Teil, 6. A. 2003;
Schlechtriem, P., Schuldrecht Allgemeiner Teil, 5. A. 2003; Emmerich, V., BGB Schuldrecht
Besonderer Teil, 9. A. 1999; Eckert, J., Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 3. A. 2003; Eckert, J.,
Schuldrecht, Besonderer Teil, 2. A. 2003; Kittner, M., Schuldrecht, 3. A. 2003; Grundmann, S.,
Europäisches Schuldvertragsrecht, 1999; Ranieri, F., Europäisches Obligationenrecht, 1999;
Westermann, H./Bydlinski, P., BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil, 4. A. 1999;
Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, hg. v. Ernst, W. u. a., 2001; Grundmann, S.,
Europäisches Schuldvertragsrecht, JuS 2001, 946; Schuldrechtsmodernisierung 2002,
zusammengestellt v. Canaris, C., 2002; Schwab, M., Das neue Schuldrecht im Überblick, JuS 2002,
1; Huber, P./Faust, F., Schuldrechtsmodernisierung, 2002; Schellhammer, K., Schuldrecht, 4. A.
2003; Einführung in das neue Schuldrecht, hg. v. Schwab, M./Witt, C., 2002; Lorenz, S./Riehm, T.,
Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Schimmel, R./Buhlmann, D., Frankfurter Handbuch zum
neuen Schuldrecht, 2002; Wandlungen des Schuldrechts, hg. v. Schlechtriem, P., 2002; Dörner,
H./Staudinger, A., Schuldrechtsmodernisierung, 2. A. 2002; Köhler, H./Fritzsche, J., Fälle zum
neuen Schuldrecht, 2002; Europäisches Schuldrecht, hg. v. Magnus, U., 2002; Reischl, K.,
Grundfälle zum neuen Schuldrecht, JuS 2003, 40; Looschelders, D., Schuldrecht Allgemeiner Teil,
2003
Schuldrechtsänderungsgesetz ist das als Folge des Beitritts der
Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik
Deutschland geschaffene Gesetz zur Angleichung unterschiedlicher
schuldrechtlicher Verhältnisse.
Lit.: Thiele, B. u. a., Schuldrechtsänderungsgesetz (Lbl.), 2. A. 1995; praktische Schnabel, G.,
Schuldrechtsänderungsgesetz, 1995
Schuldschein (§ 371 BGB) ist die eine →Verpflichtung entweder
begründende oder nur bestätigende, vom →Schuldner zwecks
Sicherung des Beweises über das Bestehen der Schuld für den
Gläubiger ausgestellte →Urkunde. Der S. ist nur Beweispapier, nicht
dagegen →Wertpapier oder →Legitimationspapier. Er ist für die
Schuld als solche nicht erforderlich. Wird er ausgestellt, so steht das
→Eigentum an ihm dem Gläubiger zu (§ 952 I 1 BGB), doch kann
der Schuldner bei Leistung seine Rückgabe (sowie eine →Quittung)
verlangen (§ 371 S. 1 BGB).
Schuldtheorie ist die im →Unrechtsbewusstsein ein vom Vorsatz
(Tatbestandsvorsatz) getrenntes selbständiges Element der →Schuld
sehende Theorie. Nach der S. lässt das Fehlen des
Unrechtsbewusstseins den Vorsatz unberührt und betrifft als
→Verbotsirrtum nur die →Schuld. Dabei sieht die strenge S. in
jedem Irrtum über die Rechtswidrigkeit einen Verbotsirrtum, die –
vorzuziehende – eingeschränkte S. nur in den Fällen des
→Erlaubnisirrtums, nicht auch in den Fällen des
→Erlaubnistatbestandsirrtums, für dessen Rechtsfolgen sie § 16 I 1
StGB (→Fahrlässigkeit) anwendet.
Schuldübernahme ist die vertragsweise Übernahme einer
bestehenden →Schuld durch einen neuen →Schuldner. Die S. ist ein
Fall der Parteiänderung im Schuldrecht. Bei der privativen S. wird der
neue Schuldner verpflichtet und der alte Schuldner befreit, weshalb
sie nur unter Mitwirkung (mindestens Zustimmung) des →Gläubigers
erfolgen kann (§§ 414, 415 BGB). Bei der im Gesetz nicht geregelten
kumulativen S. (Schuldmitübernahme, Schuldbeitritt) tritt durch
Gelöscht: 1
Gelöscht: 2
Vertrag mit dem Gläubiger oder dem Schuldner oder kraft Gesetzes
nur neben den alten Schuldner ein neuer Schuldner, ohne dass der alte
Schuldner befreit wird, so dass sie ohne Mitwirkung des Gläubigers
vereinbart werden kann. Übernimmt der Erwerber eines Grundstücks
die hypothekarisch gesicherte Schuld des Veräußerers und ist er als
Eigentümer in das Grundbuch eingetragen und teilt er dem Gläubiger
die Übernahme schriftlich mit dem Hinweis mit, dass er an die Stelle
des bisherigen Schuldners trete, wenn die Genehmigung der
Übernahme nicht binnen 6 Monaten verweigert wird, so gilt trotz
Schweigens des Gläubigers mit Ablauf dieser Frist die Genehmigung
der Übernahme als erteilt (§ 416 BGB, sog. Hypothekenübernahme).
Lit.: Nörr, K. u. a., Sukzessionen, 2. A. 1999; Kittlitz, M., Der vertragliche Schuldbeitritt, 1994
Schuldumschaffung (Novation) ist die (gesetzlich nicht geregelte, aber zulässige) Verbindung der
vertraglichen →Aufhebung eines →Schuldverhältnisses mit der Begründung eines neuen
Schuldverhältnisses in der Weise, dass das neue an die Stelle des alten treten soll.
Schuldunfähigkeit ist die Unfähigkeit, schuldhaft zu handeln bzw.
das Fehlen der →Schuldfähigkeit. Die S. ist
Zurechnungsausschließungsgrund (Strafausschließungsgrund).
Schuldunfähig sind Kinder, Geisteskranke und Taubstumme (vgl.
§§ 827ff. BGB, 20 StGB)
Schuldverhältnis ist das →Rechtsverhältnis zwischen mindestens
zwei Personen, auf Grund dessen mindestens die eine Person der
andern etwas schuldet (S. i. w. S.). Dieses S. ist eine
Rahmenbeziehung oder ein Organismus und steht etwa einem
Sachenrechtsverhältnis gegenüber. Es kann je nach seinem
Zustandekommen rechtsgeschäftliches S. (z. B. Kauf) oder
gesetzliches S. (z. B. →Geschäftsführung ohne Auftrag,
ungerechtfertigte →Bereicherung, unerlaubte →Handlung) sein. Es
endet aus einer Reihe von anerkannten Gründen (§§ 362ff. BGB).
Zugleich ist S. auch die einzelne →Schuld des Schuldners (z. B.
Kaufpreisschuld, S. i. e. S.). Verwaltungsrechtliches S. ist im
→Verwaltungsrecht ein privatrechtsähnliches öffentlich-rechtliches
Rechtsverhältnis (z. B. wegen der Entschädigungsansprüche nach
Enteignung, wegen der Rückzahlung zuviel gezahlter
Beamtenbezüge, wegen der Nutzung öffentlich-rechtlicher
Einrichtungen). Es kann sich auf einen öffentlich-rechtlichen
→Vertrag, einen →Verwaltungsakt, eine →Benutzungsordnung u. a.
gründen. Bei ihm führt eine Verletzung von Pflichten zu
→Schadensersatzansprüchen, bei denen der Einzelne günstiger
gestellt ist als bei →Amtspflichtverletzungsansprüchen. Die
Verwaltung kann aber ihre Haftung u. U. einschränken oder
ausschließen.
Lit.: Gernhuber, J., Das Schuldverhältnis, 1989; Medicus, D., Gesetzliche Schuldverhältnisse, 4. A.
2003; Keller, R., Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht, 1996; Schwarz, G.,
Gesetzliche Schuldverhältnisse, 2003
Schuldverschreibung →Inhaberschuldverschreibung
Lit.: Vogel, H., Das Schuldverschreibungsgesetz, 1996; Vogel, H., Die Vergemeinschaftung, 2000
Schuldversprechen (§ 780 BGB) ist der einseitig verpflichtende
→Vertrag, in dem der eine Teil (→Schuldner) dem andern Teil
(→Gläubiger) eine →Leistung als abstrakte →Verbindlichkeit
verspricht. Die Versprechenserklärung bedarf der →Schriftform
(§ 780 BGB). Ist das Versprechen ohne Rechtsgrund eingegangen,
kann die darauf begründete →Schuld nach § 812 BGB herausverlangt
werden.
Schuldzins ist der für eine Geldschuld zu leistende →Zins (, der im
Steuerrecht Werbungskosten oder Betriebsausgabe sein kann).
Schule ist die durch planmäßige Unterweisung grundlegende
Kenntnisse vermittelnde Einrichtung zur Förderung der geistigsozialen Entwicklung von Menschen, insbesondere von Kindern im
Schulpflichtalter. Die S. ist in der Regel als nichtrechtsfähige
→Anstalt des Schulträgers (Gemeinde, Kreis, Land, Kirche,
Privatperson) ausgestaltet. Für die Unterrichtung in der Schule gilt
das Schulrecht. (Rechtstatsächlich bestanden in Deutschland 1999
rund 20000 Schulen.)
Lit.: Heckel, H., Schulrechtskunde, 7. A. 2000; Niehues, N., Schulrecht und Prüfungsrecht, 4. A.
2002; Staupe, J., Schulrecht von A–Z, 5. A. 2001; Vogel, J., Das Recht der Schulen und Heime in
freier Trägerschaft, 1997; Jülich, C., Grundriss des Schulrechts, 2. A. 1998; Woltering, H.,
Niedersächsisches Schulgesetz, 4. A. 1998; Brenner, Meine Rechte in der Schule, 2. A. 2004
Schüler ist der die →Schule zwecks Förderung seiner geistigsozialen Entwicklung besuchende Mensch.
Lit.: Vollmar, K., Fragen und Antworten zur
Schülerunfallversicherung, 5. A. 1999
Schulgewalt ist die →Gewalt des →Staats und seiner Schulorgane
über die Schüler. Diese stehen zur Schule in einem besonderen
→Gewaltverhältnis (Pflichtenverhältnis, str.), dem Schulverhältnis,
dessen Einzelheiten durch →Gesetz, →Verordnung und
→Verwaltungsvorschrift geregelt sind. Die wichtigsten
Ausprägungen der Schulgewalt sind →Schulpflicht und
Schuldisziplinargewalt. →Schule
Schulpflicht ist die öffentlich-rechtliche →Verpflichtung zum
Besuch einer →Schule (vom 6. bis zum 17./18. Lebensjahr). Sie ist
eine Ausformung der →Schulgewalt. Sie rechtfertigt sich aus der
sozialstaatlichen →Daseinsvorsorge. Die S. ist in besonderen
Schulgesetzen (Landesschulgesetzen) festgelegt. Sie kann durch
Zwangsmaßnahmen verwirklicht werden (Schulzwang). →Schule
Lit.: Stein, E./Roell, M., Handbuch des Schulrechts, 1988; Sammlung schul- und
prüfungsrechtlicher Entscheidungen (Lbl.), hg. v. Knudsen, H., 2000ff.
Schulze (Schultheiß, Schuldheischer) ist im mittelalterlichen und
neuzeitlichen deutschen Recht der Inhaber eines örtlichen, niederen
→Amts der Verwaltung und Gerichtsbarkeit.
Schulzwang →Schulpflicht
Schuman-Plan ist der am 9. 5. 1950 von Robert Schuman als
Außenminister Frankreichs zum Zweck vorbeugender
Rüstungskontrolle Deutschlands vorgeschlagene Plan, die Kohle- und
Stahlindustrie Frankreichs, Deutschlands und anderer europäischer
Länder zusammenzulegen und einer gemeinsamen Hohen Behörde zu
unterstellen. →Montanunion, →Europäische Union
Lit.: Hahn, Der Schuman-Plan, 1953
Schutzbereich ist ein Bereich, der einem besonderen Schutz
unterliegt. Im Verwaltungsrecht ist S. ein Gebiet, in dem zum Schutz
und zur Erhaltung der Wirksamkeit von Verteidigungsanlagen die
Benutzung von →Grundstücken auf Grund besonderer Anordnung
der zuständigen Behörde beschränkt ist (§§ 1ff. SchutzbereichG). Im
Privatrecht ist S. einer Norm der sachliche bzw. persönliche Bereich,
zu dessen Schutz der betreffende →Rechtssatz geschaffen worden ist,
so dass ein außerhalb des Schutzbereichs liegender →Sachverhalt von
der →Rechtsfolge der betreffenden Norm nicht mehr erfasst wird.
Der S. der Norm ist insbesondere bedeutsam bei § 823 II BGB (z. B.
Jugendschutzgesetz soll nicht vor Verletzung bei Arbeit, sondern nur
vor Schädigung durch Arbeit schützen).
Lit.: Schurer, R., Der Schutzbereich der Eingriffskondiktion, Diss. jur. Tübingen 2000
Schutzbriefversicherung ist die mit Hilfe eines sog. Schutzbriefs
erfolgende Versicherung gegen Schaden in Zusammenhang mit
Kraftfahrzeugen.
Lit.: Hofmann, E., Schutzbriefversicherung, 1996
Schutzgesetz (§ 823 II BGB) ist der Rechtssatz, der nicht lediglich
die Allgemeinheit, sondern mindestens auch einen oder mehrere
Einzelne schützt (z. B. §§ 229, 303 StGB). Die Verletzung eines
Schutzgesetzes kann nach § 823 II BGB eine →Schadensersatzpflicht
begründen. Voraussetzung ist dabei aber jedenfalls, dass alle
Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes (einschließlich
Rechtswidrigkeit und Schuld) erfüllt sind.
Lit.: Konold, R., Gestreckte Schutzgesetze, 2000
Schutzpflicht (§ 241 II BGB) ist die Verhaltenspflicht zum Schutz
eines bestimmten →Rechtsguts. Die S. führt wie die
Verantwortlichkeit für eine bestimmte Gefahrenquelle zu einer
→Garantenstellung (, wobei etwa einer psychiatrischen Klinik
beispielsweise nicht die S. auferlegt wird, alle Türen und Fenster
einer offenen Station verschlossen zu halten). Eine S. kann sich
ergeben aus besonderen Rechtssätzen, freiwilliger tatsächlicher
Übernahme oder enger Gemeinschaft.
Lit.: Müller, L., Schutzpflichten im bürgerlichen Recht, JuS 1998, 894
Schutzrecht ist das dem Schutz eines Menschen vor Nachteilen
dienende Recht (z. B. gewerbliche Schutzrechte wie Patent,
Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster, Marke oder
Arbeitnehmererfindungsrecht). →Rechtsschutz
Lit.: Rebel, D., Gewerbliche Schutzrechte, 3. A. 2001
Schutzrechtsverwarnung ist die Verwarnung wegen der Verletzung
eines →Schutzrechts.
Lit.: Blaurock, U., Die Schutzrechtsverwarnung, 1970
Schutzschrift ist die (im Wettbewerbsrecht entwickelte,) dem Schutz
von Rechten dienende Schrift. Die S. wird unabhängig von einem
Rechtsstreit vorbeugend bei Gericht hinterlegt, um zu verhindern,
dass in einem zu erwartenden Verfahren des vorläufigen
→Rechtsschutzes bestehende oder behauptete Rechte nur deswegen
nicht berücksichtigt werden, weil das Gericht ohne aufwendiges
Beweisverfahren oder ohne mündliche Verhandlung entscheidet und
ein rechtzeitiges Vorbringen der eigenen Rechtsposition demzufolge
nicht möglich ist. Die S. ist gesetzlich nicht geregelt, wird aber auf
den Grundsatz des rechtlichen →Gehörs gestützt.
Lit.: Wilke, D./Jungeblut, D., Abmahnung, Schutzschrift und Unterlassungserklärung im
gewerblichen Rechtsschutz, 2. A. 1995; Krahe, F., Die Schutzschrift, 1991
Schutzzweck einer Norm ist das Ziel, zu dessen Schutz ein
→Rechtssatz aufgestellt worden ist.
Lit.: Degener, W., Die Lehre vom Schutzzweck der Norm und die strafgesetzlichen Erfolgsdelikte,
2001
Schwabenspiegel ist in der Rechtsgeschichte die neuzeitliche
Bezeichnung für ein um 1275 in Augsburg auf der Grundlage des
→Deutschenspiegels – und damit letztlich des →Sachsenspiegels –
entstandenes Rechtsbuch (Kaiserrecht), das in Oberdeutschland sehr
weite Verbreitung erfahren hat.
Lit.: Der Schwabenspiegel, hg. v. Lassberg, F., 1840; Köbler, G., Lexikon der europäischen
Rechtsgeschichte, 1997
Schwager →Schwägerschaft
Schwägerin →Schwägerschaft
Schwägerschaft (§ 1590 BGB) ist das Verhältnis der →Verwandten
eines Ehegatten zu dem andern Ehegatten (z. B. Bruder der Ehefrau
[Schwager des Ehemanns], Schwester des Ehemanns [Schwägerin der
Ehefrau], Schwiegereltern, Stiefkinder u. a.). Die S. dauert fort, auch
wenn die →Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist. Die S.
begründet im Strafrecht ein Verhältnis als →Angehöriger (§ 11 I
Nr. 1a StGB, Verschwägerte in gerader Linie, Geschwister der
Ehegatten).
schwanger (Adj.) eine Leibesfrucht im Leib tragend
Schwangerschaft ist allgemein der von der Befruchtung eines Eis bis
zur →Geburt eines →Kindes reichende Zeitabschnitt im Leben einer
Frau. Im Arbeitsrecht begründet die S. den →Mutterschutz. Im
Arbeitsrecht darf nach einer Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs eine Bewerberin um eine befristete Arbeitsstelle nicht
deswegen abgelehnt werden, weil sie wegen S. nicht von Anfang an
eingesetzt werden darf. →Schwangerschaftsabbruch
Schwangerschaftsabbruch (§ 218 StGB, Abtreibung) ist der
Abbruch der →Schwangerschaft nach Abschluss der Einnistung des
befruchteten Eis in die Gebärmutter. Der S. wird mit Freiheitsstrafe
bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch des
Schwangerschaftsabbruchs ist strafbar, ausgenommen für die
Schwangere selbst. Der S. ist straflos (§ 218a StGB), wenn erstens die
Schwangere den S. verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung
einer Beratungsstelle nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei
Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen, zweitens der S. von einem
Arzt vorgenommen wird und drittens seit der Empfängnis nicht mehr
als zwölf Wochen vergangen sind. Der mit Einwilligung der
Schwangeren von einem Arzt vorgenommene S. ist nicht
rechtswidrig, wenn er angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben
oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des
körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands der Schwangeren
abzuwenden, die zumutbar nicht anders abgewendet werden können.
Von einer derartigen Lage wird auch ausgegangen, wenn die
Schwangerschaft vermutlich auf einer Tat nach §§ 176 bis 179 StGB
beruht und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen
vergangen sind. Die Schwangere ist nicht nach § 218 StGB strafbar,
wenn der S. nach Beratung von einem Arzt vorgenommen worden ist
und seit der Empfängnis nicht mehr als 22 Wochen verstrichen sind
(§ 218a IV 1 StGB). Das Gericht kann von Strafe absehen, wenn die
Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis
befunden hat. Eine Minderjährige bedarf zum S. der Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters. (Seit 6. 7. 1999 ist im Übrigen das
Mediziprodukt Mifegyne zum S. bis zum 49. Tag der
Schwangerschaft freigegeben, doch hat sich der Sondervertriebsweg
gemäß § 47a I ArzneimittelG bisher nicht bewährt.)
Lit.: Ellwanger, D., Schwangerschaftskonfliktgesetz, 1997; Roloff, J., Schwangerschaftsabbruch,
1997
Schwarzarbeit ist die ohne die gesetzlich vorgeschriebene
Anmeldung bei der zuständigen →Behörde ausgeführte →Arbeit. S.
ist bei erheblichem Umfang und Gewinnsucht eine
→Ordnungswidrigkeit sowohl des →Arbeitnehmers wie auch des
→Arbeitgebers. Sie führt nicht zur →Nichtigkeit des
privatrechtlichen →Dienstvertrags. Ihrer Bekämpfung dienen das
Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung vom 5. 12. 1981
und das Gesetz zur Bekämpfung der S. vom 30. 5. 1957 in der
Fassung vom 1. 1. 1982 bzw. 26. 7. 1994 (6. 2. 1995). Ihren sozialen
Grund hat die S. in der hohen Abgabenbelastung der
Arbeitseinkommen.
Lit.: Marschall, D., Bekämpfung illegaler Beschäftigung, 3. A. 2003; Erdmann, J., Gesetz zur
Bekämpfung der Schwarzarbeit, 1996; Schönfelder, M., Schwarzarbeit, 1999
Schwarzfahren ist das Benutzen eines öffentlichen Verkehrsmittels
ohne die Leistung des dafür erforderlichen Entgelts. Das S. ist ein Fall
des strafbaren Erschleichens einer Beförderung (§ 265a I StGB). Die
Zahl der Schwarzfahrten in Deutschland wird auf (1995) jährlich 120
Millionen geschätzt.
Lit.: Weth, S., Zivilrechtliche Probleme des Schwarzfahrens, JuS 1998, 795; Eyers, A., Die
Entkriminalisierung des Schwarzfahrens, Diss. jur. Gießen 1999
Schwarzgeld ist das unter Verstoß gegen Rechtssätze erlangte,
insbesondere vor der Steuerverwaltung verheimlichte →Geld. Es ist
vielfach Gegenstand der →Geldwäsche. Als Ergebnis einer Straftat
kann es der Einziehung unterliegen.
Schwarzkauf ist der Kauf eines Grundstücks zu einem im Vergleich
zum beurkundeten Preis höheren tatsächlichen Preis zwecks
Steuereinsparung und Gebühreneinsparung. Der Kauf zum
beurkundeten Preis ist als →Scheingeschäft nichtig, der Kauf zum
tatsächlichen Preis ist wegen Formmangels nichtig (§§ 117 II, 313,
125 BGB). Die Auflassung und die Eintragung des Erwerbers in das
Grundbuch heilen den Mangel der Form (§ 313 S. 2).
Lit.: Köbler, Schuldrecht; Keim, C., Keine Bindungswirkung des nicht vollzogenen Schwarzkaufs,
JuS 2001, 636
schwebende Unwirksamkeit →Unwirksamkeit, schwebende
Schweden ist der von Norwegen, Finnland und der Ostsee begrenzte
nordeuropäische Staat, der zum 1. 1. 1995 der →Europäischen Union
beigetreten ist.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Swedish law, hg. v. Bengtsson, B. u. a., 1994; Freyer, H.,
Schweden, Rechtstipps für Exporteure, 1998; Ring, G./Olsen-Ring, L., Einführung in das
skandinavische Recht, 1999
Schweigen ist das Unterlassen einer Willensäußerung. S. ist, soweit
es nicht als schlüssiges →Handeln auszulegen ist, keine
→Willenserklärung (vgl. aber BGH NJW 1995, 1733). Im
Schuldrecht kann S. unter bestimmten Voraussetzungen eine
→Schadensersatzpflicht begründen (§ 663 BGB), im Handelsrecht
unter bestimmten Voraussetzungen als →Annahme eines →Antrags
gelten (§ 362 HGB).
Lit.: Schiffer, U., Schweigen auf Angebot, NJW 1995, 3166; Ebert, I., Schweigen im Vertrags- und
Deliktsrecht, JuS 1999, 754
Schweigepflicht ist die Pflicht, Kenntnisse oder Mitteilungen nicht
weiterzugeben. Die Verletzung bestimmter Schweigepflichten ist
strafbar (§ 203 StGB). Im Übrigen kann sie
→Vertragspflichtverletzung sein.
Lit.: Timm, M., Grenzen der ärztlichen Schweigepflicht, 1988; Weber, A., Die Schweigepflicht des
Betriebsrats, 2000; Huffer, H., Schweigepflicht im Umbruch, NJW 2002, 1382
Schweiz ist der aus der 1231/1240 vom deutschen König bzw. Kaiser
zur Sicherung der Alpenpässe gewährten Reichsunmittelbarkeit der
Leute von Uri und Schwyz im Zusammenschluss mit weiteren,
ehemals den Grafen von Habsburg unterstehenden Gebieten seit 1291
allmählich erwachsene, 1648 aus dem →Deutschen Reich
verselbständigte Staat. Seine dauernde →Neutralität wurde 1815
anerkannt. Die Verfassung vom 12. 9. 1848 machte aus dem lockeren,
gemischtsprachigen Staatenbund einen festeren Bundesstaat. In
diesem wurde nach dem Vorbild des Dresdner Entwurfs 1881
zunächst das Obligationenrecht (Schuldrecht) einheitlich geregelt.
Dem schloss sich 1907 ein 1912 in Kraft getretenes, 1926 durch die
Türkei übernommenes, inhaltlich mit dem Obligationenrecht eine
Einheit bildendes Zivilgesetzbuch mit 977 Artikeln an. 1942 wurde
ein Strafgesetzbuch geschaffen. Am 21. 6. 1999 einigten sich die S.
und die →Europäische Union auf sieben Abkommen zur
Verbesserung ihrer Beziehungen (Personenverkehr, Landverkehr,
Luftverkehr, öffentliches Beschaffungswesen, Forschung,
Landwirtschaft, technische Handelshemmnisse). Zum 1. 1. 2000
wurde die Verfassung überarbeitet (z. B. Streikrecht, Sozialziele,
Recht des Kindes). Staatsoberhaupt ist der jährlich unter den sieben
Mitgliedern des Bundesrats (bzw. der Bundesregierung) wechselnde
Bundespräsident. Gesetzgeber ist die Bundesversammlung
(Nationalrat und Ständerat).
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Eidgenössischer Staatskalender, hg. v. d. Bundeskanzlei,
vertrieben v. d. Eidgenössischen Drucksachen- und Materialzentrale, CH 3000 Bern; Carlen, L.,
Rechtsgeschichte der Schweiz, 3. A. 1988; Gutzwiller, M./Baumgartner, L., Schweizerisches
Ausländerrecht, 2. A. 1997; Schweizerische Gesetze (Lbl.), hg. v. Rehbinder, M./Zäch, R., 28. A.
2004; Häfelin, W./Haller, W., Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. A. 2001; Stratenwerth, G.,
Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. A. 2000; Stratenwerth, G., Schweizerisches
Strafrecht, Besonderer Teil, 5. A. 1995; Wagner, J., Gesellschaftsrecht in der Schweiz und
Liechtenstein, 2. A. 2000; Tour/Schnyder/Schmid, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 11. A.
1995; Metzger, P., Schweizerisches Juristisches Wörterbuch, 1996; Walder, H., Zivilprozessrecht,
4. A. 1996; Rehbinder, M., Schweizerisches Arbeitsrecht, 15. A. 2001; Hauser, R., Schweizerisches
Strafprozessrecht, 3. A. 1997; Duric, H., Die Freihandelsabkommen EG/Schweiz, 3. A. 1998;
Vogel, O./Spühler, K., Grundriss des Zivilprozessrechts, 7. A. 2001; Trechsel, S., Schweizerisches
Strafgesetzbuch, 2. A. 1997; Gabriel, J., Das politische System der Schweiz, 5. A. 1997; Müller, J.,
Grundrechte in der Schweiz, 3. A. 1999; Der Einfluss des europäischen Rechts auf die Schweiz, hg.
v. Zäch, R., 1999; Druey, J., Das schweizerische Konzernrecht, 1999; Wittibschlager, M.,
Einführung in das schweizerische Recht, 2000; Wagner, J./Plüss, A., Handels- und
Wirtschaftsrecht, 2. A. 2000; Guhl, T., Das schweizerische Obligationenrecht, 9. A. 2000; Die neue
schweizerische Bundesverfassung, hg. v. Fleiner, T. u. a., 2000; Brückner, C., Das Personenrecht
des ZGB, 2000; Tschannen, P., Allgemeines Verwaltungsrecht, 2000; Rehbinder, M.,
Schweizerisches Urheberrecht, 3. A. 2000; Honsell, H., Schweizerisches Haftpflichtrecht, 3. A.
2000; Barrelet, D./Egloff, W., Das neue Urheberrecht, 2000; Die Bundesbehörden, hg. v. Sägesser,
T., 2000; Troller, K., Grundzüge des schweizerischen Immaterialgüterrechts, 2001; Widmer, D., Die
Sozialversicherung in der Schweiz, 3. A. 2001; Höhn, E./Waldburger, R., Steuerrecht, Band 1 9. A.
2000; Kunz, P., Minderheitenschutz im schweizerischen Aktienrecht, 2001; Rehberg, J., Strafrecht
II, 7. A. 2001; Ausländerrecht, hg. v. Spescha/Sträuli, 2001; Meyer, C./Moosmann, R., Kleiner
Merkur, 8. A. 2003
Schwerbehinderter bzw. schwerbehinderter Mensch (§§ 68 ff. SGB
IX) ist der infolge körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung
nicht nur vorübergehend um mindestens 50% in seiner
→Erwerbsfähigkeit geminderte Mensch. Der Schwerbehinderte wird
im Arbeitsleben besonders geschützt (Beschäftigungspflicht,
Kündigungsschutz). →Arbeitgeber sind grundsätzlich verpflichtet,
einen bestimmten Anteil der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten zu
besetzen oder eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Der
Schwerbehinderte ist so einzusetzen, dass er seine Fähigkeiten und
Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann. (In
Deutschland 1990 5,3 Millionen Schwerbehinderte, 2001 6,6
Millionen)
Lit.: Neumann, D./Pahlen, R./Majerski-Pahlen, M., Sozialgesetzbuch IX, 10. A. 2003; Feldes, W.,
Schwerbehindertengesetz, 6. A. 2001; Gemeinschaftskommentar zum Schwerbehindertengesetz, 2.
A. 2000; Majerski-Pahlen/Pahlen, Mein Recht als Schwerbehinderter, 7. A. 2003; Weyand,
J./Schubert, J., Das neue Schwerbehindertenrecht, 2001; Müller-Wenner, D./Schorn, U., SGB IX
Teil 2 Schwerbehindertenrecht, 2003
Schwerbeschädigter (§§ 1, 31 III BVG) ist der infolge einer
gesundheitlichen Schädigung (z. B. im Krieg, als Soldat, als Opfer)
nicht nur vorübergehend um wenigstens 50% in seiner
→Erwerbsfähigkeit geminderte Mensch. Der S. kann u. U. eine
→Rente erhalten oder früher →Altersruhegeld beantragen.
schwer (Adj.) gewichtig, bedeutsam
schwere Brandstiftung →Brandstiftung, schwere
Schwere der Schuld →Schuld
schwere Körperverletzung →Körperverletzung, schwere
Schwurgericht (§§ 74 II, 76 II GVG) ist die mit drei →Richtern
einschließlich des Vorsitzenden und zwei →Schöffen besetzte
→Strafkammer bei den in § 74 II GVG bezeichneten Strafsachen
(z. B. →Mord, →Totschlag und zahlreichen andern Straftaten mit
Todesfolge). Im älteren und ausländischen Recht ist S. das mit 3
Richtern und 12 →Geschworenen besetzte Gericht, bei dem die
Geschworenen über die Schuldfrage entscheiden.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Scire leges non est verba earum tenere, sed vim ac potestatem
(lat.). Die Gesetze kennen heißt nicht, ihren Wortlaut zu beherrschen,
sondern ihren Sinn und ihre Tragweite (D. 1. 3. 17)
Lit.: Liebs, Rechtsregeln
secundum legem (lat.) entsprechend dem Gesetz
SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) ist die 1946 durch
Zusammenschluss von Kommunistischer Partei und
Sozialdemokratischer Partei entstandene Einheitspartei der
sowjetischen Besatzungszone bzw. Deutschen Demokratischen
Republik, die sich 1989 in Partei des demokratischen Sozialismus
(PDS) umbenannte.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Seerecht ist die Gesamtheit der die See und die Seeschifffahrt
betreffenden Rechtssätze. Das S. ist teils Völkerrecht, teils staatliches
Recht (vor allem Seehandelsrecht, §§ 476ff. HGB). Es betrifft auch
das →Arbeitsrecht, das →Versicherungsrecht und das
→Verwaltungsrecht.
Lit.: Rabe, D., Seehandelsrecht, 4. A. 2000; Internationales Seerecht, hg. v. Platzöder,
R./Grunenberg, H., 1990; Beckert/Breuer, Öffentliches Seerecht, 1991; Das UNSeerechtsübereinkommen, hg. v. Erbguth, W., 1994; Puttfarken, H., Seehandelsrecht, 1997; Herber,
R., Seehandelsrecht, 1999; Herber, R., Seefrachtvertrag, 2. A. 2000
Seitenlinie →Linie
Selbständig (§ 84 I 2 HGB) ist, wer im Wesentlichen frei seine
Tätigkeit gestalten und seine →Arbeitszeit bestimmen kann
(persönliche Freiheit, z. B. bei Tankstellenpächter, Wirtschaftsprüfer,
Vorstandsmitglied). Der selbständige Gewerbetreibende kann
Handelsvertreter sein. Im Schuldrecht ist die Leistung selbständiger
→Dienste Gegenstand des bürgerlichrechtlichen →Dienstvertrags,
der im relativen Gegensatz zum →Arbeitsvertrag steht. (In
Deutschland wird für 2002 eine Zahl von rund 2,5 Millionen
Scheinselbständigen geschätzt.)
Lit.: Schaub, G./Koch, U., Ich mache mich selbständig, 5. A. 2000; Schmidt, B./Schwerdtner, P.,
Scheinselbständigkeit, 2. A. 2000; Henrici, H., Der rechtliche Schutz für Scheinselbständige, 2002;
Reiserer, K. u.a., Scheinselbständigkeit, NJW 2003, 180
Selbstanzeige ist die (vielfach strafbefreiende) Anzeige eines
(möglicherweise) rechtswidrigen Verhaltens durch den Täter (z. B. im
Steuerrecht oder im Disziplinarrecht).
Lit.: Klos, J., Die Selbstanzeige, NJW 1996, 2336; Stahl, R., Die Selbstanzeige im Steuer- und
Strafrecht, 1998; Breyer, J., Der Inhalt der strafbefreienden Selbstanzeige, 1999
Selbstauflösungsrecht ist das Recht eines Verbands oder einer
sonstigen Personenmehrheit, sich durch eigene Entscheidung
aufzulösen. Das S. ist im Privatrecht auf Grund der
→Privatautonomie grundsätzlich ohne Weiteres gegeben. Nach dem
→Grundgesetz hat der →Bundestag kein S.
Selbstbedienung ist die Bedienung durch den Verbraucher selbst
statt durch einen Bediensteten des Unternehmers. Die S. hat sich als
kostensparend im Einzelhandel und an den Tankstellen durchgesetzt.
Problematisch ist die dem Insichgeschäft vergleichbare S. durch
Angehörige des öffentlichen Bereichs mit öffentlichen Mitteln,
Stellen und Nutzungsrechten zum privaten Wohl (z. B.
Diätenerhöhungen für Parlamentarier durch diese selbst,
ausschließliche Nutzung eines öffentlichen Universitätsinstruments
durch den Kustos, ausschließliche Vergabe freier Planstellen an
Behördenangehörige und ihre Klientel).
Selbstbelieferungsklausel ist die Klausel, dass ein →Kauf, bei dem
der Verkäufer sich die zu leistende Sache erst selbst beschaffen muss,
unter der Bedingung abgeschlossen wird, dass ihm die Beschaffung
gelingt.
Selbstbestimmungsrecht ist das Recht des Einzelnen und der
Gruppen auf freigewählte und eigenverantwortliche Gestaltung der
eigenen Angelegenheiten. Es ist innerhalb gewisser Schranken durch
Art. 2 GG gewährleistet. Im Völkerrecht ist S. der Anspruch jedes
→Volks auf freie Entscheidung hinsichtlich eines
Zusammenschlusses zu einem selbständigen →Staat, der auch dazu
führt, dass eine Einverleibung eines Staats oder Staatsteils nur mit
Zustimmung der betroffenen Bevölkerung zulässig ist.
Informationelles S. ist das in BVerfGE 65, 1 auf Grund von Art. 2 I,
Art. 1 GG anerkannte Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über
die Preisgabe und Verwendung der ihn betreffenden persönlichen
→Daten zu bestimmen. Einschränkungen dieses Rechts sind nur im
überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und nur auf der
Grundlage eines Gesetzes zulässig.
Lit.: Ipsen, Völkerrecht; Modern Law of Self-determination, hg. v. Tomuschat, C., 1993; Leder, M.,
Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, 1997; Cole, M./West, R., The Right of Self-Determination
of Peoples and ist Application to Indigenous Peoples in the USA, 2000; Mett, F., Das Konzept des
Selbstbestimmungsrechts der Völker, 2004
Selbstbindung ist die →Bindung durch eigenes Handeln. Im
Verwaltungsrecht ist eine S. der →Verwaltung möglich, sofern die
Verwaltung einen Entscheidungsspielraum hat. Nach Art. 3 I GG hat
sie diesen in grundsätzlich gleicher Weise auszufüllen, so dass sie
einer Bindung an ihre ersten Entscheidungen und ihre selbstgesetzten
Maßstäbe unterliegt.
Lit.: Crones, C., Selbstbindung der Verwaltung im europäischen Gemeinschaftsrecht, 1997
Selbsteintritt ist der Eintritt einer Person, die ein Geschäft nur
vermitteln oder ausführen soll, als →Partei dieses Geschäfts. Der S.
ist grundsätzlich zulässig (§§ 400, 412 HGB). Er begründet aber
gewisse veränderte Rechtsfolgen gegenüber der bloßen
Vermittlungstätigkeit oder Ausführungstätigkeit.
Selbsthilfe ist die Durchsetzung oder Sicherung eines →Anspruchs
durch eigenes →Handeln. Mit dem Vordringen staatlicher Gewalt ist
die S. immer mehr zurückgedrängt worden. Nach § 229 BGB ist die
Wegnahme, Zerstörung oder Beschädigung einer →Sache, die
→Festnahme eines fluchtverdächtigen Verpflichteten und die
gewaltsame Beseitigung des Widerstands eines Verpflichteten gegen
eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet ist, zum Zweck der
S. nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu
erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass
die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert
werde.
Lit.: Schünemann, B., Selbsthilfe im Rechtssystem, 1985
Selbsthilferecht ist das →Recht, einen →Anspruch durch eigenes
Handeln durchzusetzen oder zu sichern. Ein S. besteht nur ganz
vereinzelt (§§ 229, 859, 562b, 704 BGB). Im Übrigen ist jedermann
auf Inanspruchnahme →staatlicher Hilfe zur Verwirklichung seiner
Rechte angewiesen.
Selbsthilfeverkauf (§§ 383 BGB, 373 HGB) ist der →Verkauf
geschuldeter beweglicher – hinterlegungsunfähiger oder verderblicher
– →Sachen für Rechnung des Gläubigers durch öffentliche
→Versteigerung. Der S. ist unter bestimmten Voraussetzungen
zulässig. Der Erlös tritt bei →Hinterlegung an die Stelle der
veräußerten Sache.
Selbstkontrahieren →Insichgeschäft
Selbstmord (Selbsttötung) ist die gewollte Beendigung des eigenen
Lebens. Der S. ist weder grundrechtlich garantiert noch strafrechtlich
verboten. Es gibt daher auch keinen →Versuch und keine
→Anstiftung oder →Beihilfe zum S. als Straftatbestände. Strafbar
kann aber die Tötung durch →Unterlassung sein, falls eine
→Garantenstellung besteht (str.). Strafbar ist die mittelbare
Selbsttötung.
Lit.: Ringel, E., Der Selbstmord, 7. A. 1999; Günzel, F., Das Recht auf Selbsttötung, 2000
Selbstorganschaft (Eigenorganschaft) ist die Geschäftsführung durch
einen Gesellschafter, mehrere Gesellschafter oder alle Gesellschafter
selbst (im Gegensatz zur →Drittorganschaft bzw. Fremdorganschaft).
Lit.: Heidemann, G., Der zwingende oder dispositive Charakter des Prinzips der Selbstorganschaft,
Diss. jur. Bayreuth 1999
selbstschuldnerisch (Adj.) wie als Schuldner verpflichtend
selbstschuldnerische Bürgschaft →Bürgschaft, selbstschuldnerische
Selbstverteidigung ist die rechtmäßige →Abwehr eines
rechtswidrigen →Angriffs (→Notwehr) oder einer drohenden
→Gefahr (→Notstand).
Selbstverwaltung ist die eigenverantwortliche Wahrnehmung
überlassener oder zugewiesener eigener öffentlicher Aufgaben durch
unterstaatliche Träger öffentlicher →Verwaltung. Eigene Aufgaben
sind dabei solche Angelegenheiten, die sich unmittelbar auf den sie
wahrnehmenden Verwaltungsträger beziehen. Das Recht zur S. steht
den Gemeinden und Gemeindeverbänden auf Grund von Art. 28 II
GG zu.
Lit.: Vogelgesang, K. u. a., Kommunale Selbstverwaltung, 2. A. 1997; Klostermann, C., Die
akademische Selbstverwaltung in der Europäischen Union, 1997; Schäfer, T., Die deutsche
kommunale Selbstverwaltung in der Europäischen Union, 1998
Selbstverwaltungskörperschaft ist die →Körperschaft, der das
Recht zur →Selbstverwaltung zugestanden worden ist. Kommunale
Selbstverwaltungskörperschaften sind
Selbstverwaltungskörperschaften im Bereich des Kommunalrechts.
Dabei sind unmittelbare kommunale Selbstverwaltungskörperschaften
solche, deren Bürger eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren
Wahlen hervorgeht oder aus den Wahlberechtigten selbst besteht
(→Gemeinden, →Kreise), mittelbare
Selbstverwaltungskörperschaften dagegen
Selbstverwaltungskörperschaften, die durch Zusammenschluss
kommunaler Körperschaften entstanden sind (z. B. Samtgemeinden,
Ämter, Landschaftsverbände).
Lit.: Dols, H./Plate, K., Kommunalrecht, 5. A. 1999
Semantik (zu griech. sema [N.] Zeichen) ist die die Bedeutung von
Wörtern, Sätzen und Texten erforschende Wissenschaft. Die S. ist
Teil der Sprachwissenschaft. Sie versteht die Bedeutungen als
sprachunabhängig zu fassende Begriffe oder Vorstellungen, die im
Bewusstsein des Einzelnen üblicherweise mit den Wörtern assoziativ
verknüpft sind.
Lit.: Busse, D., Juristische Semantik, 1993; Semantik, hg. v. Stechow, A. v., 1995
Semasiologie (zu griech. sema [N.] Zeichen) ist die vom Wort ausgehende und dessen Bedeutung
(gegebenenfalls in Kontexten) ermittelnde Wissenschaft.
Semiotik (zu griech. sema [N.] Zeichen) ist die Lehre von den
Zeichen.
Lit.: Schreckenberger, W., Rhetorische Semiotik, 1978; Seibert, T., Zeichen, Prozesse, 1996
Senat ([M.] Rat der Alten) ist im römischen Recht der Republik ein
der Beratung (ursprünglich des Königs, dann) der Magistrate
dienendes Verfassungsorgan. Im gegenwärtigen Verfassungsrecht ist
S. das höchste Regierungsorgan der Stadtstaaten (→Hamburg,
→Bremen, →Berlin) und im Verwaltungsrecht das neben dem
Präsidenten (Rektor) stehende Leitungsorgan der →Universität
(akademischer S.). Im Verfahrensrecht ist S. der kollegiale
Spruchkörper eines oberen →Gerichts (z. B.
Bundesverfassungsgericht, Bundesgerichtshof, Oberlandesgericht,
Oberverwaltungsgericht, Finanzgericht, Bundespatentgericht).
Gemeinsamer S. ist dabei der zur Wahrung der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes gebildete S.
(Art. 95 III GG), großer S. (§ 132 GVG) der bei allen obersten
Gerichtshöfen und beim →Bayerischen obersten Landesgericht zur
Wahrung der Einheitlichkeit der →Rechtsprechung gebildete S. für
→Zivilsachen oder →Strafsachen bzw. für Zivilsachen und
Strafsachen (Vereinigte Große Senate).
Lit.: Miebach, K., Der gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, 1971
Senatskonsult ist im römischen Recht der Ratschlag des →Senats,
der teilweise gesetzesgleiche Kraft hat.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte
Sendgericht (zu lat. [M.] synodus, Versammlung) ist im
mittelalterlichen Kirchenrecht das kirchliche →Gericht des Bischofs,
später des Archidiakons oder Pfarrers über Verstöße von Laien gegen
kirchliche Gesetze.
Lit.: Koeniger, A., Die Sendgerichte in Deutschland, Bd. 1 1907; Feine, H., Kirchliche
Rechtsgeschichte, 5. A. 1972
Seneschall (M.) Altknecht (ein Hofamt)
sententia (lat. [F.]) Urteil
Sequester (M.) Verwalter →Sequestration
Sequestration ([F.] Absonderung, Verwaltung, Zwangsverwaltung)
ist die abgesonderte Verwaltung eines Gegenstands. Sie betrifft im
Völkerrecht die Verwaltung eines (besetzten) →Staats oder
Staatsgebiets, im Verfahrensrecht die →Verwaltung einer →Sache
durch einen Dritten (Sequester) (z. B. §§ 848, 855 ZPO).
servitus (lat. [F.]) Dienstbarkeit, Knechtschaft, Servitut
Servitut (F.) Dienstbarkeit, Grunddienstbarkeit
servus (lat. [M.]) Sklave, Knecht, Diener, Unfreier
Sexualdelikt (§§ 174ff. StGB) ist die →Straftat gegen die sexuelle
Selbstbestimmung.
Lit.: Laubenthal, K., Sexualstraftaten, 2000
sexuell (Adj.) geschlechtlich
Lit.: Herzog, U., Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, 1997
sexuelle Handlung →Handlung, sexuelle
sexueller Missbrauch →Missbrauch, sexueller
Sezession ist die Abspaltung eines Teils eines Staats vom gesamten
Staat. Sie muss regelmäßig durch Zwang versucht werden (z. B.
Jugoslawien 1991). Vielfach wird sie gewaltsam verhindert (z. B.
Tschetschenien 1994ff.).
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Sicherheit ist der gefahrfreie Zustand. Im Verwaltungsrecht ist die
öffentliche S. die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Ehre,
Freiheit und Vermögen des Einzelnen sowie Bestand und
Funktionieren des →Staats und seiner Einrichtungen bzw. die
unbeeinträchtigte Wirkung der Gesamtheit der die öffentlichen und
privaten →Interessen schützenden →Normen. Aufgabe der →Polizei
ist es, →Gefahren, welche die öffentliche S. bedrohen, zu bekämpfen.
Die öffentliche S. ist demnach eines der Schutzobjekte der
polizeilichen →Generalklausel. Im Strafrecht (§ 125 StGB) liegt eine
Gefährdung der öffentlichen S. vor, wenn die Gewalttätigkeiten oder
Bedrohungen für unbestimmte Personen die Gefahr solcher Schäden
begründen, dass dadurch in der Allgemeinheit das Gefühl
ausreichender Sicherheit gegen die Verletzung von Rechtsgütern
durch weitere entsprechende Ausschreitungen beeinträchtigt wird.
Lit.: Schulte, B., Soziale Sicherheit in der EG, 3. A. 1997; Prümm, H., Allgemeines Sicherheits- und
Ordnungsrecht, 1997; Schelter, K., Innere Sicherheit (Lbl.), 1998; Tipke, K., Innere Sicherheit und
Gewaltkriminalität, 1998; Weise, S., Sicherheiten im Baurecht, 1999; Röver, J., Vergleichende
Prinzipien dinglicher Sicherheiten, 1999; Lange, H., Innere Sicherheit im politischen System,
Gollan, L., Private Sicherheitsdienste, 1999; Stoll, T., Sicherheit als Aufgabe von Staat und
Gesellschaft, 2003; Handbuch des Sicherheitsgewerberechts, hg. v. Stober, R./Olschok, H., 2004
Sicherheitsleistung (Kaution) ist die in bestimmten Fällen zur
Sicherung eines Verhaltens zu erbringende →Leistung. Wann S.
erforderlich ist, ist Einzelvorschriften (z. B. § 709 ZPO), hoheitlicher
Anordnung oder rechtsgeschäftlicher Bestimmung zu entnehmen. Die
Art der S. unterliegt grundsätzlich der Vereinbarung. Hilfsweise
richtet sie sich nach den §§ 232ff. BGB. Danach kann S. vor allem
bewirkt werden durch die →Hinterlegung von →Geld oder
→Wertpapieren, →Verpfändung bestimmter →Forderungen,
Verpfändung beweglicher →Sachen, Bestellung von →Hypotheken
und Stellung eines tauglichen →Bürgen.
Sicherheitsrat ist das aus Vertretern von 15 Staaten (5 ständigen
[Vereinigte Staaten von Amerika, Russland, England, Frankreich,
China], 10 nichtständigen Mitgliedern) bestehende, die
Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens tragende
Organ der →Vereinten Nationen.
Lit.: Seidl-Hohenveldern/Stein, Völkerrecht; Herdegen, M., Die Befugnisse des UNSicherheitsrates, 1998; Herbst, J., Rechtskontrolle des UN-Sicherheitsrates, 1999
Sicherheitsüberprüfungsgesetz ist das die Überprüfung von mit
geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen vertrauten Personen regelnde
Gesetz (1994).
Lit.: Denneborg, E., Sicherheitsüberprüfungsrecht (Lbl.), 1995
Sicherstellung ist die Sicherung von Gegenständen für bestimmte
Zwecke. Nach §§ 111b StPO können Gegenstände und
Vermögensvorteile insbesondere dann sichergestellt werden, wenn
Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Voraussetzungen
für ihren →Verfall oder ihre →Einziehung vorliegen. Diese S. erfolgt
durch →Beschlagnahme oder dinglichen →Arrest.
Sicherungsabrede →Sicherungsvertrag
Sicherungsabtretung (fiduziarische Zession) ist die nur zur
Sicherung des Erwerbers vorgenommene →Abtretung einer
→Forderung an ihn. Die S. ist ein Fall eines Sicherungsgeschäfts. Sie
hat rechtstatsächlich die in den §§ 1279ff. BGB vorgesehene
→Verpfändung von Forderungen weitgehend verdrängt. Sie erfordert
einen kausalen Sicherungsvertrag, zu dessen Erfüllung die S. in der
Form des § 398 BGB erfolgt. Bei Eintritt des zu sichernden
Ereignisses fällt je nach Vereinbarung die Abtretung von selbst weg
oder ist eine Rückabtretung vorzunehmen.
Lit.: Weber, H., Kreditsicherheiten, 7. A. 2002
Sicherungsbetrug ist die (als mitbestrafte Nachtat straflose) Handlung, die nur die aus der Vortat
gewonnenen Vorteile sichern und verwerten soll und keinen weiteren andersartigen →Schaden
verursacht.
Lit.: Wendt, U., Konstellationen des Sicherungsbetruges, Diss. jur. Tübingen 1995
Sicherungseigentum →Sicherungsübereignung
Sicherungsgeschäft ist das nur zur Sicherung eines Anspruchs
durchgeführte Rechtsgeschäft (→Sicherungsabtretung,
→Sicherungsübereignung, Pfandrechtsbestellung, Bürgschaft).
Lit.: Bülow, P. v., Sicherungsgeschäfte als Haustürgeschäfte, NJW 1996, 2889
Sicherungsgrundschuld ist die – gesetzlich nicht geregelte – zur
Sicherung einer →Forderung bestellte →Grundschuld. Die S. ist –
anders als die →Sicherungshypothek – vom Bestand und Fortbestand
der Forderung unabhängig. Beim Fehlen der Forderung besteht aber
ein Anspruch auf Rückgewähr der S. aus dem zugrundeliegenden
→Sicherungsvertrag oder (str.) aus § 812 I 2 BGB.
Lit.: Clemente, C., Die Sicherungsgrundschuld, 3. A. 1999; Weber, H., Kreditsicherheiten, 7. A.
2002
Sicherungshypothek (§ 1184 BGB) ist die →Hypothek, bei der –
vereinbarungsgemäß – das Recht des →Gläubigers aus der Hypothek
sich nur nach der →Forderung bestimmt und der Gläubiger sich zum
Beweis der Forderung nicht auf die →Eintragung berufen kann. Die
(streng akzessorische) S. muss im →Grundbuch als solche bezeichnet
werden und kann nur →Buchhypothek sein. Ihr Sonderfall ist die
Höchstbetragshypothek. § 648 BGB gewährt dem Unternehmer eines
Bauwerks oder eines einzelnen Teils eines Bauwerks das Recht, für
seine Forderungen aus dem Vertrag die Einräumung einer S. an dem
Baugrundstück des Bestellers zu verlangen. S. sind auch
Zwangshypothek und Arresthypothek.
Lit.: Klaft, G., Die Bauhandwerkersicherung, 1998; Henkel, K., Bauhandwerkersicherung, 1999;
Stammkötter, A., Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen, 2003
Sicherungsübereignung ist die nur zur Sicherung des Erwerbers
vorgenommene Übertragung des →Eigentums an einer beweglichen
→Sache an diesen. Die (gesetzlich nicht geregelte) S. ist ein Fall des
Sicherungsgeschäfts. Sie hat die in den §§ 1204ff. BGB vorgesehene
→Verpfändung von Sachen weitgehend verdrängt. Sie erfordert als
Rechtsgrund einen kausalen Sicherungsvertrag, zu dessen Erfüllung
die S. – nach § 930 BGB, so dass der Sicherungsgeber unmittelbarer
→Besitzer bleibt, – erfolgt. Ist der Veräußerer nicht →Eigentümer,
sondern nur Anwartschaftsberechtigter, so ist regelmäßig die
Übertragung der →Anwartschaft als gewollt anzusehen. Bei Eintritt
des zu sichernden Ereignisses fällt je nach Vereinbarung die
Übereignung von selbst weg oder ist eine Rückübereignung
vorzunehmen. Der Sicherungseigentümer hat bei der (→Einzel)Zwangsvollstreckung gegen den Sicherungsgeber die
→Drittwiderspruchsklage und bei →Insolvenz des Sicherungsgebers
(nur) ein →Absonderungsrecht. Bei der Einzelzwangsvollstreckung
gegen den Sicherungseigentümer hat der Sicherungsgeber die
→Drittwiderspruchsklage und bei Insolvenz des
Sicherungseigentümers ein →Aussonderungsrecht, falls er die
gesicherte Forderung tilgt.
Lit.: Serick, R., Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. 1ff. 1963ff.; Serick, R.,
Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Neue Rechtsentwicklungen, 2. A. 1993; Weber,
H., Kreditsicherheiten, 7. A. 2002
Sicherungsverfahren (§ 413ff. StPO) ist die besondere
Verfahrensart, die der selbständigen Anordnung von Maßregeln →der
Besserung und Sicherung dient. Das S. setzt voraus, dass ein
Strafverfahren wegen →Schuldunfähigkeit oder
Verhandlungsunfähigkeit eines Täters nicht durchgeführt wird. Von
einigen Sondervorschriften abgesehen gilt das allgemeine Recht der
→Strafverfahren (§ 414 I StPO).
Sicherungsvertrag ist der zu einem →Sicherungsgeschäft
(→Sicherungsabtretung, →Sicherungsübereignung) verpflichtende
→Vertrag. Der S. ist die schuldrechtliche Grundlage beispielsweise
der Sicherungsübereignung oder der Sicherungsabtretung. Er ist vom
Erfüllungsgeschäft grundsätzlich zu trennen.
Lit.: Wolf, Sachenrecht
Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) ist der Entzug der →Freiheit
zum Zweck der Sicherung der Allgemeinheit gegen besonders
gefährliche →Täter. Die S. ist eine freiheitsentziehende Maßregel der
→Besserung und Sicherung. Sie erfordert beispielsweise
→Verurteilung wegen vorsätzlicher Tat zu zeitiger Freiheitsstrafe von
mindestens zwei Jahren, zweimalige rechtskräftige Vorverurteilung,
entweder Verbüßung von 2 Jahren Freiheitsstrafe oder Vollzug einer
freiheitsentziehenden Maßregel sowie Gefährlichkeit für die
Allgemeinheit infolge eines Hangs zu erheblichen Straftaten. Die
erste Unterbringung in S. darf zehn Jahre nicht überschreiten (§ 67d
StGB).
Lit.: Harbou, A. v., Das neue Recht der Sicherungsverwahrung, Diss. jur. Kiel 1999; Kinzig, J., Das
Gesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung, NJW 2002, 3204; Müller-Metz,
R., Nachträgliche Sicherungsverwahrung; NJW 2003, 3173; Kinzig, J., An den Grenzen des
Strafrechts, NJW 2004, 911
Sichverschaffen (§ 146 I Nr. 1 StGB) von Falschgeld ist das
Annehmen mit dem Willen zu selbständiger Verfügung.
Siegel ist die (amtliche) Kennzeichnung eines Gegenstands und der
dadurch gekennzeichnete amtliche Verschluss. →Siegelbruch
Siegelbruch (§ 136 II StGB) ist das Beschädigen, Ablösen oder
Unkenntlichmachen dienstlicher, zur Beschlagnahme, dienstlicher
Verschließung oder Bezeichnung angelegter Siegel. Der S. wird mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Signatur ist die Erkennbarmachung durch ein besonderes Zeichen.
Als gesetzliche digitale S. wird das System des privaten und
öffentlichen Schlüssels definiert, der durch eine Zertifizierungsstelle
verwaltet wird (Kryptogramm elektronischer Dokumente).
Elektronische S. sind Daten in elektronischer Form, die andern
elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verknüpft sind
und zur Authentifizierung dienen. Fortgeschrittene elektronische
Signaturen sind elektronische Signaturen, die ausschließlich dem
Signaturschlüsselinhaber zugeordnet sind, die Identifizierung des
Signaturschlüsselinhabers ermöglichen, mit Mitteln erzeugt sind, die
der Signaturschlüsselinhaber unter seiner alleinigen Kontrolle halten
kann, und mit den Daten, auf die sie sich beziehen, so verknüpft sind,
dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann.
Qualifizierte elektronische Signaturen sind fortgeschrittene
elektronische Signaturen, die auf einem zum Zeitpunkt ihrer
Erzeugung gültigen, qualifizierten Zertifikat beruhen und mit einer
sicheren Signaturerstellungseinheit erzeugt werden. Der Schlüssel
zum Signieren durch den Absender ist nur ihm bekannt, der Schlüssel
zum Prüfen der S. durch den Empfänger ist in einem Allgemein
zugänglichen Schlüsselverzeichnis enthalten. Seit 23. 9. 1998 ist der
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post in Mainz die
Zertifizierungsstelle für digitale Signaturen zugeordnet. Die
Regulierungsbehörde stellt Zertifikate für die Zertifizierungsstellen
(z. B. Telesec, Signtrust, DATEV, Bundesnotarkammer,
Steuerberaterkammer Nürnberg, Saarland, Bremen) aus, die
privatwirtschaftlich im freien Wettbewerb eingerichtet werden
können. Im Januar 2000 begann Niedersachsen mit der Einführung
der digitalen S. in der Landesverwaltung.
Lit.: Rossnagel, A., Das neue Recht elektronischer Signaturen, NJW 2001, 1817; Rapp, C.,
Rechtliche Rahmenbedingungen und Formqualität elektronischer Signaturen, 2002
sine tempore (lat.) ohne (zusätzliche) Zeit (d. h. genau zur
angegebenen Zeit)
Singularsukzession (F.) →Sonderrechtsnachfolge
Sippe ist im germanischen und frühmittelalterlichen deutschen Recht
der um einen Stammvater gruppierte Familienverband.
Lit.: Kroeschell, K., Die Sippe im germanischen Recht, ZGO 77 (1960); Köbler, G., Lexikon der
europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Sippenhaft ist die in Anlehnung an den Begriff der →Sippe erfolgende, im Rechtsstaat unzulässige
Anwendung von Maßnahmen gegenüber Angehörigen oder sonstigen Nahepersonen eines
Bekämpften oder Verfolgten.
Sistierung (F.) vorläufige →Festnahme, Festhaltung
Sitte ist der in der Gesellschaft geübte →Brauch, die gefestigte, nicht
erzwingbare und keine Organisation voraussetzende Verhaltensnorm.
Zwischen S. und →Recht bestehen Wechselwirkungen. Nach § 157
BGB sind Verträge so auszulegen, wie →Treu und Glauben mit
Rücksicht auf die →Verkehrssitte es erfordern. Ein →Rechtsgeschäft,
das gegen die guten Sitten, d. h. gegen das durchschnittliche
Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, verstößt, ist
nichtig (§ 138 I BGB z. B. Knebelungsvertrag). Das rechtsgrundlos
Erlangte ist herauszugeben (anders u. U. § 817 BGB). Wer in einer
gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem andern vorsätzlich
Schaden zufügt, ist dem andern zu →Ersatz des →Schadens
verpflichtet (§ 826 BGB).
Lit.: Mayer-Maly, T., Zur Einführung – Die guten Sitten als Maßstab des Rechts, JuS 1986, 596
Sittengesetz (Art. 2 I GG) ist die (eine der drei Schranken der allgemeinen Handlungsfreiheit
bildende) Gesamtheit der sittlichen →Normen, welche die Allgemeinheit als richtig anerkennt und
als für ein Zusammenleben sittlicher Wesen verbindlich betrachtet.
Sittenwidrigkeit ist der Verstoß gegen die guten →Sitten. Er liegt
vor, wenn ein Verhalten gegen das Anstandsgefühl aller billig und
gerecht Denkenden verstößt. Ein →Rechtsgeschäft, das gegen die
guten Sitten verstößt (z. B. Gewinnspiel nach Schneeballsystem,
Schuldanerkenntnis wegen Detektivkosten, Schmiergeldabrede,
entgeltliche Abrede über den Wechsel eines Sportlers von einem
Verein zu einem andern Verein, Kauf eines akademischen Titels,
überhöhte Honorarvereinbarung eines Rechtsanwalts, Übernahme
eines Unternehmens zwecks Unterhaltszahlungsvereitelung,
Kaufvertrag über Radarwarngerät, str. z. B. für Werbung für
Telefonsex, nicht sittenwidrig Erbunfähigkeitsklausel des hohen
Adels bei unebenbürtiger Ehe, nicht sittenwidrig Vornahme sexueller
Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt), ist →nichtig
(§ 138 BGB). Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden
Weise einem andern vorsätzlich →Schaden zufügt, ist diesem
schadensersatzpflichtig (§ 826 BGB). Unabhängig von der
privatrechtlichen S. eines Rechtsgeschäfts sind die daraus erzielten
Einkünfte öffentlich-rechtlich einkommensteuerpflichtig.
Lit.: Schmitt, A., Die Sittenwidrigkeit von Testamenten, 1999; Anders,
B., Subjektive Elemente des Sittenwidrigkeitsbegriffs, 2000;
Bodenbrenner, H., Rechtsfolgen sittenwidriger Ratenkreditverträge,
JuS 2001, 1172
Sittlichkeit (Moral) ist die Gesamtheit der inneren, auf die Gesinnung
bezogenen Verhaltensnormen. Sittliches Verhalten ist das auf das
Gute um seiner selbst willen gerichtete Verhalten. Die Ausrichtung
am Gewissen und am Guten unterscheidet die S. vom →Recht. In
Konfliktlagen zwischen Recht und S. verlangt das Recht
grundsätzlich Rechtsgehorsam, berücksichtigt aber vielfach die
Anforderungen der S. durch Milderung der →Rechtsfolge. Im
engeren Sinn ist S. die geschlechtliche Moral.
Lit.: Reinert, H., Die Grundlagen der Sittlichkeit, 1973
Sittlichkeitsdelikt (Sexualdelikt) ist die →Straftat gegen die sexuelle
Selbstbestimmung (§§ 174ff. StGB).
Sitz ist der Ort der Niederlassung. →Sitztheorie
Sitztheorie ist die auf den →Sitz einer Gesellschaft als
Anknüpfungspunkt des für sie geltenden Rechts abstellende Theorie
des internationalen Gesellschaftsrechts. Nach ihr kann eine
Zweigniederlassung einer z. B. nach englischem Recht gegründeten,
aber in England (nach Sitzverlegung) keinen tatsächlichen Sitz
aufweisenden Gesellschaft nicht in das deutsche Handelsregister
eingetragen werden. Der Europäische Gerichtshof lehnt die S. als
europarechtswidrig ab.
Lit.: Habersack, M., Europäisches Gesellschaftsrecht, 1999
Sitzung ist die Zusammenkunft, bei der die Teilnehmer etwas
besprechen oder beraten. Im Verfassungsrecht ist S. die
Zusammenkunft eines kollegialen Verfassungsorgans, wobei die
Sitzungen des →Parlaments zu einer von diesem selbst bestimmten
Sitzungsperiode zusammengefasst werden. Im Verfahrensrecht ist S.
die festgelegte Zeit der Tätigkeit des →Gerichts, in der
Arbeitsgerichtsbarkeit der einzelne Sitzungstag. Für die
Aufrechterhaltung der →Ordnung in der S. hat der →Vorsitzende zu
sorgen (§ 176 GVG).
Lit.: Bonefeld, Merkblatt für die Sitzungsvertretung, JURA 1994, 666
Sitzungsperiode →Sitzung
Sitzungspolizei →Ordnungsmittel, →Sitzung
Lit.: Kaehne, T., Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen,
2001
Sitzverteilung (§ 6 BWG) ist die Aufteilung der →Mandate (Sitze)
der →Abgeordneten eines →Parlaments oder der Mitglieder eines
andern Gremiums. Sie erfolgt meist nach dem →d’Hondtschen
Höchstzahlverfahren, nach dem →Hare-Niemeyerschen
Sitzverteilungsverfahren oder nach dem St. Lague-Schepersschen
Sitzzuteilungsverfahren. Nach § 6 BWG werden für die Verteilung
der nach Landeslisten zu besetzenden Sitze die für jede Landesliste
abgegebenen Zweitstimmen zusammengezählt. Nicht berücksichtigt
werden dabei die Zweitstimmen der Wähler, die ihre Erststimme für
einen im Wahlkreis infolge Mehrheit erfolgreichen Bewerber
abgegeben haben, der ohne Landesliste kandidierte. Von der
Gesamtzahl der Abgeordneten wird die Zahl der erfolgreichen
Wahlkreisbewerber abgezogen, die ohne Landesliste kandidierten
oder von einer nicht zu berücksichtigenden Partei vorgeschlagen
werden. Die verbleibenden Sitze werden auf die Landeslisten auf der
Grundlage der Zweitstimmen verteilt. Dabei wird die Gesamtzahl der
verbleibenden Sitze, vervielfacht mit der Zahl der Zweitstimmen, die
eine Landesliste im Wahlgebiet erhalten hat, durch die Gesamtzahl
der Zweitstimmen aller zu berücksichtigenden Landeslisten geteilt.
Jede Landesliste erhält zunächst so viele Sitze, wie ganze Zahlen auf
sie entfallen. Danach zu vergebende Sitze sind in der Reihenfolge der
höchsten Zahlenbruchteile zuzuteilen.
Skonto ([M.] Abzug) ist der Nachlass (→Rabatt) auf den →Kaufpreis
bei sofortiger, grundsätzlich vollständiger Zahlung. Er muss
besonders vereinbart oder eröffnet sein. Für die Wahrung einer
Skontofrist genügt dabei die Vornahme der Zahlungshandlung (z. B.
Absendung eines Verrechnungsschecks) innerhalb der vereinbarten
Frist.
Lit.: Kainz, D., Skonto und Preisnachlass beim Bauvertrag, 4. A. 1998
Slowakei ist der 1993 aus der Aufteilung der Tschechoslowakei
hervorgegangene, von Tschechien, Österreich, Ungarn, Ukraine und
Polen begrenzte Staat.
Lit.: Füsser, H., Slowakei – Rechtstipps für Exporteure, 1998
Slowenien ist der an Österreich angrenzende, aus →Jugoslawien
verselbständigte südosteuropäische Staat.
Lit.: Füsser, E., Slowenien. Privatisierungsgesetzgebung, 1994
societas (lat. [F.]) Gesellschaft
Sodomie (F.) (seit 1969 straflose) Unzucht von Menschen mit Tieren
sofort (Adv.) so schnell wie nach den Umständen möglich
sofortige Beschwerde →Beschwerde, sofortige
Soft law ([engl.] sanftes Recht) ist die aus dem Angloamerikanischen
kommende Bezeichnung für empfehlende Beschlüsse internationaler
Organisationen und nichtbindende Erklärungen internationaler
Staatengruppen. Das s. l. kann Vorstufe von Völkergewohnheitsrecht
sein. Es ist grundsätzlich nicht erzwingbar.
Lit.: Kremser, H., Soft Law der UNESCO und Grundgesetz, 1996
Software ist die aus dem Angloamerikanischen stammende
Bezeichnung für Computerprogramme (d. h. vollständige
Anweisungen zur Lösung eines bestimmten Problems durch
elektronische Rechner) und sonstiges Datenverarbeitungswissen.
Lit.: Marly, J., Softwareüberlassungsverträge, 4. A. 2004; Schröder, G., Softwareverträge, 2. A.
2002; Jaeger, T./Metzger, A., Open Source Software, 2002; Bartsch, M., Softwarepflege nach
neuem Schuldrecht, NJW 2002, 1526
Solawechsel (einziger Wechsel, eigener Wechsel) ist der →Wechsel,
von dem nur eine Ausfertigung besteht bzw. in dem sich der
→Aussteller selbst zur Zahlung der Wechselsumme verpflichtet.
Soldat (§ 1 SG) ist der auf Grund der →Wehrpflicht oder freiwilliger
→Verpflichtung in einem Wehrdienstverhältnis stehende Mensch.
Der S. ist Angehöriger eines besonderen öffentlich-rechtlichen
Dienst- und Treueverhältnisses. Er kann →Wehrpflichtiger, Soldat
auf Zeit (bis zu 15 Jahre, bis zum 40. Lebensjahr) und Berufssoldat
sein. Seine Grundpflicht besteht darin, der →Bundesrepublik
Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit (des
deutschen Volks) tapfer zu verteidigen.
Lit.: Scherer, W./Alff, R., Soldatengesetz, 7. A. 2002; Tetzlaff, T., Das Soldatenrecht, 2000
Soldatenmeuterei (§ 27 I WStG) ist die Gehorsamsverweigerung, die
Bedrohung, Nötigung oder der tätliche Angriff gegenüber einem
→Vorgesetzten durch mehrere, sich zusammenrottende →Soldaten.
Solidarität (F.) Gemeinschaftlichkeit
Lit.: Volkmann, U., Solidarität, 1998
Solidaritätsbeitrag ist die Leistung eines Beitrags auf Grund einer
tatsächlichen oder erwarteten Solidarität. Im Arbeitsrecht ist S. die in
einem →Tarifvertrag zu Lasten von →Arbeitnehmern, die keiner
→Gewerkschaft angehören, getroffene Verpflichtung, einen Beitrag
zu den Kosten gewerkschaftlicher Tätigkeit an die betreffende
Gewerkschaft zu zahlen. Im Steuerrecht ist S. eine
verfassungsrechtlich zulässige Sondersteuer (zur Finanzierung der
Kosten des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur
Bundesrepublik Deutschland).
Sollvorschrift ist die Bestimmung, die ein Verhalten zwar gebietet,
aber nicht zwingend vorschreibt.
solvent (Adj.) lösend, zahlungsfähig, →Insolvenz
Sommerzeit ist die seit 1973 auf Vorschlag Frankreichs in Europa
zwecks (nicht erreichter) Energieeinsparung für die Sommermonate
eingeführte, die Tageszeit (von März bis September/Oktober) um eine
Stunde vorstellende Zeit.
Sonderausgabe (§§ 10ff. EStG) ist die besondere Ausgabe, die auf
Antrag des Steuerpflichtigen bei der Ermittlung der
→Einkommensteuer vom Gesamtbetrag der →Einkünfte in
unbeschränkter (z. B. Kirchensteuer) oder beschränkter Höhe (z. B.
Beiträge für Bausparkassen, Spenden) abgezogen wird, weil sie ihn
besonders belastet.
Lit.: Laux, H., Vorsorgeaufwendungen und Altersvorsorgebeiträge 2002
Sonderbehörde ist die nicht in die allgemeine Verwaltung
eingegliederte Behörde (z. B. Gewerbeaufsichtsamt). Sonderbehörden
bestehen insbesondere auch auf Kreisebene. Sachliche wie
organisatorische Gründe sprechen regelmäßig für die Einfügung von
Sonderbehörden in die allgemeinen Verwaltungsbehörden.
Lit.: Maurer, Verwaltungsrecht
Sonderdelikt ist die mit →Strafe bedrohte →Handlung, bei der die
im gesetzlichen Tatbestand umschriebene Eigenschaft des
Handlungssubjekts den Täterkreis begrenzt (z. B. Amtsträger §§ 331,
332, 340 StGB), so dass sie nicht von jedermann begangen werden
können. Bei dem echten S. wirkt die besondere Subjektsqualität
strafbegründend, bei dem unechten S. nur strafverschärfend
(qualifizierend) (z. B. §§ 120 II, 133 III StGB). Das S. ist nicht
identisch mit dem eigenhändigen →Delikt.
Sondererbfolge ist die Nachfolge in Einzelgegenstände der
→Erbschaft. Sie ist ein Fall der →Sonderrechtsnachfolge
(Singularsukzession). Sie ist durch das geltende Prinzip der
→Gesamtnachfolge der Erben (Universalsukzession) ausgeschlossen.
Es besteht aber eine Ausnahme im →Höferecht und im Widerspruch
zum bürgerlichen Erbrecht auch im →Gesellschaftsrecht.
Sondergericht →Gericht, besonderes
Sondergut (§ 1417 BGB) ist der Gegenstand, der nicht durch
→Rechtsgeschäft übertragen werden kann (z. B. nicht abtretbare
→Forderungen). Das S. ist selbständiger Vermögensbestandteil jedes
Ehegatten bei der →Gütergemeinschaft. Es steht im Gegensatz zu
→Gesamtgut und →Vorbehaltsgut.
Sondernutzung ist der den Gemeingebrauch überschreitende
Gebrauch einer öffentlichen →Sache (z. B. Abstellen eines
Lastkraftwagens mit einer darauf befestigten Werbetafel auf einer
öffentlichen Straße, nicht das stille Betteln). Die S. bedarf einer
besonderen, meist gebührenpflichtigen →Zulassung (durch
→Verwaltungsakt, z. B. →Erlaubnis §§ 4ff. WHG, Bewilligung § 8
WHG, Gebrauchserlaubnis § 8 BFStrG). Die S. gewährt ein
subjektives öffentliches Recht. Sie ist besonders bedeutsam im
Straßenrecht und im Wasserrecht. Möglich ist auch die Begründung
eines privaten Rechts zu einer gesteigerten, den Gemeingebrauch
nicht beeinträchtigenden Nutzung. Im Privatrecht können
Sondernutzungsrechte rechtsgeschäftlich begründet werden.
Lit.: Messer, H., Die Sondernutzung öffentlicher Straßen, 1990; Bornemann, T., Der Erwerb von
Sondernutzungsrechten im Wohnungseigentumsrecht, 2000; Fehling, M., Gemeingebrauch und
Sondernutzung, JuS 2003, 246; Häublein, M., Sondernutzungsrechte, 2003
Sonderopfer ist die nur einer Person oder einer Gruppe von Personen
besonders, nicht dagegen allen in gleicher Weise abverlangte Einbuße
an Rechtsgütern, die im →Verwaltungsrecht einen
Ausgleichsanspruch begründet (→Einzelaktstheorie, →Aufopferung).
Lit.: Krumbiegel, P., Der Sonderopferbegriff in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, 1975
Sonderrechtsnachfolge (Einzelrechtsnachfolge) ist die besondere Nachfolge in ein einzelnes
→Recht durch →Rechtsgeschäft (z. B. →Übereignung), Hoheitseinzelakt oder →Gesetz (z. B.
→Legalzession).
Sonderrechtstheorie →Subjektstheorie
Sonderrechtsverhältnis →Gewaltverhältnis, besonderes
Sonderverbindung ist das über das übliche Maß hinausgehende
Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen →Verwaltung und →Bürger.
Die S. kann sowohl durch öffentliches Recht wie auch durch privates
Recht begründet, gestaltet oder beendet werden. Sie kann durch
→Rechtssatz (z. B. § 839 BGB, Art. 34 GG), →Verwaltungsakt (z. B.
Sicherstellung eines Gegenstands wegen Diebstahlsverdachts durch
die Polizei) oder →Vertrag entstehen.
Lit.: Krebs, P., Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000
Sondervermögen ist das von der Rechtsordnung mit einer
Sonderstellung ohne Rechtsfähigkeit versehene Vermögen einer oder
mehrerer Personen (z. B. Gesamthandsvermögen der →Gesellschaft,
§ 718 BGB). Das S. unterliegt teilweise besonderen Regeln. Vielfach
treten an die Stelle von aus ihm ausscheidenden Gegenständen
Ersatzgegenstände (→Surrogation, z. B. § 2019 BGB).
Lit.: Dauner-Lieb, D., Unternehmen in Sondervermögen, 1998; Trott zu Solz, T. v., Erbrechtlose
Sondervermögen, 1999
Sonderverordnung ist die innerhalb besonderer
→Gewaltverhältnisse (besonderer Rechtsverhältnisse) ergehende
Verwaltungsvorschrift (z. B. Prüfungsordnung, Hausordnung,
Dienstordnung). Sie ist (, weil das besondere Gewaltverhältnis kein
rechtsfreier Raum sein darf,) →Rechtsquelle. Der Verwaltung fehlt
aber in weitem Umfang (noch) die zu ihrer Rechtssetzung
erforderliche gesetzliche →Ermächtigungsgrundlage.
Lit.: Anslinger, J., Die Sonderverordnung, 1991 (Diss.)
Sondervotum ist die besondere, von einer Gesamtentschließung eines
Gremiums abweichende Ansicht eines einzelnen Mitglieds. Das S. ist
im Verfahrensrecht grundsätzlich unzulässig (vgl. § 196 GVG). Im
Verfassungsgerichtsverfahren kann jeder Richter seine in der
Beratung vertretene abweichende Meinung zu der Entscheidung des
→Gerichts oder ihrer Begründung in einem S. niederlegen (§ 30 II
BVerfGG).
Sonntag ist der siebente, weitgehend arbeitsfrei gehaltene Tag der
Woche. →Feiertag
Lit.: Richardi, R., Sonn- und Feiertagsarbeit, 1999
sonstig (Adj.) im Übrigen vorhanden
sonstiges Recht →Recht, sonstiges
Sorge ist das bedrückende Gefühl der Unruhe und Angst und die
daraus folgende Mühe für das Wohlergehen. Im Familienrecht
(§ 1626 BGB) ist elterliche S. das Recht und die Pflicht der Eltern
(d. h. des Vaters und der Mutter), für das minderjährige →Kind zu
sorgen. Die elterliche S. umfasst die S. für die Person
(→Personensorge) und das Vermögen (→Vermögenssorge) des
Kindes. Zur elterlichen S. gehört auch die →Vertretung des Kindes,
die grundsätzlich durch die Eltern gemeinschaftlich erfolgt. Im
Rahmen der elterlichen S. sind die Kinder in gewissem Umfang an
wichtigen Entscheidungen zu beteiligen (§ 1626 II BGB). Zum Wohl
des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen
sowie mit andern Menschen, zu denen das Kind Bindungen hat, wenn
deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist (§ 1626
III BGB). Für ein gemeinsames Sorgerecht beider Eltern ist kein
Raum, wenn diese nicht mehr die Fähigkeit und die Bereitschaft
aufbringen können, in den Angelegenheiten des Kindes zu dessen
Wohl zusammenzuarbeiten. Streiten die Eltern erbittert über die S., so
ist sie der Mutter zu übertragen, wenn diese als Hausfrau die Kinder
überwiegend versorgt, sich die Kinder bei ihr wohl fühlen, eine starke
emotionale Bindung zwischen den Kindern und ihr besteht und der
Vater als Berufstätiger (z. B. Klavierspieler) fremde Hilfe in
Anspruch nehmen muss. Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes
nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche S. dann
gemeinsam zu, wenn sie in öffentlicher Urkunde erklären, dass sie die
S. gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärung) oder wenn sie
einander heiraten (§ 1626a I BGB). Im Übrigen hat die Mutter die
elterliche S. (§ 1626a II BGB). Leben Eltern, denen die elterliche S.
gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so kann jeder
Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche S.
oder einen Teil der elterlichen S. allein übertrage (§ 1671 BGB).
Sofern dies nicht bewirkt wird, ist bei Entscheidungen von
erheblicher Bedeutung gegenseitiges Einvernehmen erforderlich,
während in Angelegenheiten des täglichen Lebens der Elternteil allein
entscheidet, bei dem sich das Kind berechtigt aufhält (§ 1687 I BGB).
Im Falle der →Ehescheidung bleibt das gemeinsame Sorgerecht
bestehen, wenn kein Elternteil etwas anderes beantragt.
Lit.: Limbach, J., Gemeinsame Sorge geschiedener Eltern, 1988; Hansen, K., Das Recht der
elterlichen Sorge, 1993; Braun, O., Die elterliche Sorge, 1999
Sorgerecht (§ 1626 I BGB) ist das Recht der Eltern eines
minderjährigen Kindes, kraft der elterlichen →Sorge für die Person
und das Vermögen des →Kindes zu sorgen. →Personensorge,
→Vermögenssorge
Lit.: Keller, T., Das gemeinsame Sorgerecht, 1999; Oelkers, H., Sorge- und Umgangsrecht in der
Praxis, 2000
Sorgfalt ist die Genauigkeit oder Gewissenhaftigkeit des
menschlichen Verhaltens. Im Schuldrecht ist die im Verkehr
erforderliche S. der Maßstab zur Bestimmung der →Fahrlässigkeit
(§ 276 II BGB). In bestimmten Fällen bleibt von einer
Schadensersatzpflicht frei, wer die S. angewendet hat, die er in
eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 277 BGB, z. B.
§§ 690, 708, 1359, 1664, 2131 BGB, [lat.] diligentia quam in suis).
Lit.: Deutsch, E., Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 2. A. 1995
Sorgfaltspflicht ist die Pflicht, die aus einem konkreten Verhalten
oder Geschehen erwachsende →Gefahr für ein geschütztes Rechtsgut
zu erkennen und sich darauf richtig einzustellen, also die gefährliche
Handlung entweder zu unterlassen oder sie zumindest nur unter
ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen vorzunehmen (z. B. A fährt
in einer geschlossenen Ortschaft mit 45 km/Std. an einer auf beiden
Seiten einer Straße spielenden Kindergruppe vorbei). Dabei ergeben
sich Art und Maß der anzuwendenden Sorgfalt aus den
Anforderungen, die bei einer Betrachtung der Gefahrenlage in der
konkreten Situation an einen besonnenen und gewissenhaften
Menschen zu stellen sind. Die Verletzung einer S. kann im
Schuldrecht eine →Schadensersatzverpflichtung und im Strafrecht
→Strafbarkeit begründen.
Sortenschutz ist der dem →Patent ähnliche Schutz der Erfindung
neuer Sorten von Pflanzen.
Lit.: Nirk, R./Ullmann, E., Patent-, Gebrauchsmuster- und Sortenschutzrecht, 2. A. 1999; Wuesthoff,
F./Leßmann, H./Würtenberger, G., Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, 1999
Souveränität ist (seit Jean Bodin [1530–1596]) die höchste,
allumfassende und unbeschränkte →Staatsgewalt. Sie ist dann
gegeben, wenn die das Staatsgebiet und das Staatsvolk beherrschende
Staatsgewalt keinen höheren Gewalthaber mehr über sich hat und
Völkerrechtssubjekt ist. Zunehmend wird die S. der (kleineren)
Völkerrechtssubjekte durch übergeordnete Gesichtspunkte (größerer
Völkerrechtssubjekte) eingeschränkt (z. B. 1999 Kosovokrieg).
Lit.: Bertele, J., Souveränität und Verfahrensrecht, 1998
sowjet (russ. [M.]) Rat
Sowjetische Besatzungszone ist der 1945 von der Sowjetunion als
Besatzungsmacht besetzte, von der Elbe bis zur Oder reichende Teil
Deutschlands. →Deutsche Demokratische Republik
Lit.: Kroeschell, K., Rechtsgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, 1992
Sowjetunion war der seit der Oktoberrevolution (7. 11.) 1917 der
Bolschewisten aus dem früheren Russland gebildete Staatenbund von
15 Unionsrepubliken, der von der Kommunistischen Partei beherrscht
wurde. 1991 benannte sich die S. um in Union der souveränen
Sowjetrepubliken. Die kommunistische Partei verlor ihre führende
Rolle. Estland, Lettland, Litauen, Armenien und Georgien traten aus
der Union aus. Am 25. 12. 1991 (Rücktritt des Präsidenten Michael
Gorbatschow) endete die S. An ihre Stelle trat die losere
Gemeinschaft souveräner Staaten (GUS). Rechtsnachfolger der S.
wurde überwiegend →Russland.
Lit.: Schroeder, F., 74 Jahre Sowjetrecht, 1992; Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, hg. v.
Nitsche, P., 1994
sozial (Adj.) gesellschaftlich, die Allgemeinheit betreffend
Lit.: Maydell, B. Baron v., Soziale Rechte in der EG, 1989
Sozialadäquanz ist die gesellschaftliche Üblichkeit und
Anerkanntheit. Ein Verhalten ist dann sozialadäquat, wenn es sich
völlig im Rahmen der normalen, geschichtlich gewordenen sozialen
Ordnung bewegt. Nach umstrittener Ansicht schließt die S. die
→Rechtswidrigkeit eines →Verhaltens aus.
Sozialauswahl ist die beispielsweise bei der →Kündigung im
→Arbeitsrecht erforderliche Auswahl aus sozialen Überlegungen.
Lit.: Bütefisch, W., Die Sozialauswahl, 2000
Sozialbindung ist die einschränkende Bindung aus sozialen
Überlegungen zum Wohl der →Allgemeinheit. S. des Eigentums
(Art. 14 II GG) ist die Beschränkung der Freiheitsrechte des
→Eigentümers, bei der Eigentum in seinem Gebrauch neben seiner
Privatnützigkeit zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll.
Der Gesetzgeber hat für die Bestimmung der S. des Eigentums einen
weiten Raum (z. B. Besteuerungsrecht, Beschränkung des
landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs).
Lit.: Leisner, W., Sozialbindung des Eigentums, 1972; Leinemann, F., Die Sozialbindung des
geistigen Eigentums, 1998
soziale Frage →Frage, soziale
soziale Handlungslehre →Handlungslehre, soziale
sozialer Wohnungsbau →Wohnungsbau, sozialer
Sozialethik ist die Lehre von den →sittlichen Verhaltensnormen, die
in einzelnen menschlichen Gruppen gelten.
Lit.: Körtner, U., Evangelische Sozialethik, 1999
Sozialgericht (§§ 7ff. SGG) ist das →Gericht der ersten Instanz der
Sozialgerichtsbarkeit. Es ist zuständig für Sozialrechtsstreitigkeiten
(z. B. Sozialversicherung). Es besteht aus →Kammern mit einem
→Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern. Ansprüche auf
Zahlung von Beträgen zur privaten Pflegeversicherung können (seit
1998) außer durch Leistungsklage vor dem S. auch im Mahnverfahren
vor dem Amtsgericht geltend gemacht werden.
Lit.: SGG, 9. A: 2003; Niesel, K., Der Sozialgerichtsprozess, 3. A. 1996; Meyer-Ladewig, J.,
Sozialgerichtsgesetz, 7. A. 2002; Krasney, O./Udsching, P., Handbuch des sozialgerichtlichen
Verfahrens, 3. A. 2002; Wenner, U. u. a., Grundzüge der Sozialgerichtsbarkeit, 2. A. 1999; Binder,
S. u. a., Sozialgerichtsgesetz, 2003
Sozialgesetzbuch →Sozialgesetzgebung
Sozialgesetzgebung ist die →Gesetzgebung in sozialen
Angelegenheiten. Sie beginnt im Eigentlichen erst nach der
Entstehung der sozialen →Frage im 19. Jh. Grundlegende
Sozialgesetze sind dann die zur Abwehr sozialistischer Bestrebungen
geschaffenen Sozialversicherungsgesetze (, 1881 bzw. 1884, 1911
Reichsversicherungsordnung), denen seit der Weimarer Republik
zahlreiche Einzelgesetze folgen. In der Gegenwart wird die S. in
einem Sozialgesetzbuch zusammengefasst, das aus 11 Teilen bestehen
soll (SGB I Allgemeiner Teil 1976, SGB III Arbeitsförderung 1997,
SBG IV Sozialversicherung Gemeinsame Vorschriften, SBG V
Gesetzliche Krankenversicherung, SGB VI Gesetzliche
Rentenversicherung, SGB VII Unfallversicherung, SGB VIII Kinderund Jugendhilfe, SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter
Menschen 2001, SGB X Verwaltungsverfahren 1980, SGB XI Soziale
Pflegeversicherung).
Lit.: Sozialgesetzbuch, hg. v. Schulin, B., 29. A. 2002; Sozialgesetzbuch (Lbl.), hg. v. Aichberger,
F., 75. A. 2003; SGB X Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz, hg. v. Wulffen, M. v., 4.
A. 2001; Kreikebohm, R., Sozialgesetzbuch VI – Gesetzliche Rentenversicherung, 2. A. 2003;
Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil, hg. v. Maier, K., 9. A. 1997; Pelikan, W., Aktuelle Probleme
der Sozialgesetzgebung, 1999; Hauck, K./Noftz, Sozialgesetzbuch IX (Lbl.) 2001; Welti, F., Das
neue SGB IX, NJW 2001, 2210; SGB IX (Lbl.), hg. v. Bihr, D./Fuchs, H./Krauskopf, K./Lewering,
E., 3. A. 2003; Neumann, D./Pahlen, R./Majerski-Pahlen, M., Sozialgesetzbuch IX, 10. A. 2003;
Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil, hg. v. Krahmer, U., 2003; Handbuch SGB IX – Rehabilitation
und Teilhabe behinderter Menschen, hg. v. Neumann, V., 2003
Sozialhilfe (§ 1 SGB XII) ist die Hilfe des →Staats für den
bedürftigen →Bürger (in Deutschland 1996 3,3% der Bevölkerung,
1997 2,7 Millionen Menschen, 1999 knapp 20 Milliarden DM). Sie ist
subsidiäre Staatstätigkeit mit dem Ziel, dem Empfänger die Führung
eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen
entspricht. Sie ist nicht abhängig von Vorleistungen oder
Ausgleichslagen, sondern richtet sich nach der Besonderheit des
Einzelfalls. Die S. umfasst Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in
besonderen Lebenslagen. Sie kann in persönlicher Hilfe (z. B.
Beratung) sowie in Geldleistungen oder Sachleistungen bestehen. Die
S. wird durchgeführt durch kreisfreie →Städte und →Landkreise,
ausnahmsweise auch durch übergeordnete Behörden.
Lit.: Brühl, A., Mein Recht auf Sozialhilfe, 18. A. 2003; Müller, C., Der Rückgriff gegen
Angehörige von Sozialhilfeempfängern, 1998; Klinger, R./Kunkel, P., Sozialhilferecht, 6. A. 1997;
Landfried, H., Praxis der Sozialhilfe, 3. A. 1998; Hüttenbrink, Fragen zur Sozialhilfe, 7. A. 2002;
Münder, J., Der sozialhilferechtliche Übergang von Ansprüchen gegen zivilrechtlich
Unterhaltspflichtige, NJW 2001, 2201; Entscheidungsnachweis Sozialhilfe, hg. v. Völkel, M. (Lbl.)
Sozialisierung (Vergesellschaftung) (Art. 15 GG) ist die Überführung
von Gütern in →Gemeineigentum oder andere Formen der
Gemeinwirtschaft, welche die Interessen der Allgemeinheit stärker
berücksichtigen. Nach Art. 15 GG können Grund und Boden,
Naturschätze und Produktionsmittel durch ein Gesetz, das Art und
Ausmaß der Entschädigung regelt, sozialisiert werden. Die S. bildet
den Gegensatz zur →Privatisierung.
Sozialismus ist die im 19. Jh. ausgebildete Staatslehre und
Gesellschaftslehre, die sich statt am individuellen Wohl des
Einzelmenschen am Gesamtwohl der Allgemeinheit orientiert. Die
Zielsetzung des S. ist im Einzelnen sehr unterschiedlich
(Sozialisierung, Vollbeschäftigung, Wirtschaftsplanung, Gleichheit,
Abbau von Privilegien). Der S. steht vor allem in Gegensatz zum
→Liberalismus und zum →Kapitalismus.
Lit.: Adler, G., Geschichte des Sozialismus und Kommunismus von Plato bis zur Gegenwart, 3. A.
1931; Müller, H., Ursprung und Geschichte des Wortes Sozialismus und seiner Verwandten, 1967
Sozialistengesetz ist das unter Bismarck 1878 erlassene, 1890
aufgehobene Ausnahmegesetz gegen die gemeingefährlichen
Bestrebungen der Sozialdemokratie.
Sozialleistung ist die von einem Leistungsträger auf Grund
sozialrechtlicher Vorschriften einer Privatperson gewährte Leistung.
Die S. ist ein Fall staatlicher Leistung. Sie lässt sich in verschiedene
Arten einteilen (z. B. Naturalleistung und Geldleistung).
Sozialleistungsanspruch ist der gerichtlich durchsetzbare subjektiv-öffentliche Anspruch (Recht)
des Einzelnen auf eine →Sozialleistung.
Sozialleistungsquote ist im Verwaltungsrecht das statistische(, steigende) Verhältnis der Summe
aller Sozialleistungen zum Bruttosozialprodukt eines jeden Jahrs.
Sozialpartner ist die →Tarifvertragspartei (→Arbeitgeber,
→Arbeitnehmer bzw. deren Verbände).
Sozialpflichtigkeit ist die Verpflichtung des →Staats zu
Hilfeleistungen in Notlagen (Art. 20 I GG).
Sozialplan ist die Einigung zwischen →Unternehmer und
→Betriebsrat über einen möglichen Ausgleich oder eine mögliche
Milderung wirtschaftlicher Nachteile für →Arbeitnehmer bei
Betriebsänderungen. Der S. ist ein Fall der →Mitbestimmung. Er hat
die Wirkung einer →Betriebsvereinbarung.
Lit.: Röder, G./Baeck, U., Interessenausgleich und Sozialplan, 3. A.
2001
Sozialrecht ist das Recht des Ausgleichs einzelmenschlicher
Güterunterschiede durch Leistungen eines Trägers öffentlicher
→Verwaltung. Das S. ist ein Teil des →Verwaltungsrechts und damit
des öffentlichen →Rechts. Zu ihm gehören vor allem das
→Sozialversicherungsrecht, das Kriegsopferversorgungsrecht, die
→Sozialhilfe, das Ausbildungsförderungsrecht, das
Arbeitsförderungsrecht, das →Kindergeldrecht und das
→Wohngeldrecht.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht; Arbeits- und Sozialordnung, hg. v. Kittner, M., 28.
A. 2003; Gitter, W./Schmitt, J., Sozialrecht, 5. A. 2001; Erlenkämper, A./Fichte, Sozialrecht, 5. A.
2003; Schulin, B./Igl, G., Sozialrecht, 7. A. 2002; Eichenhofer, E., Internationales Sozialrecht,
1994; Sozialrechtshandbuch, hg. v. Maydell, B. v., 3. A. 2003; Kommentar zum europäischen
Sozialrecht, hg. v. Fuchs, M., 3. A. 2002; Eichenhofer, E., Sozialrecht, 4. A. 2003; Soziale
Sicherheit in der EG, hg. v. Schulte, B., 3. A. 1997; Stahlberg, J., Europäisches Sozialrecht, 1997;
Haverkate, G./Huster, S., Europäisches Sozialrecht, 1999; Borchardt, K., Der sozialrechtliche
Gehalt der Unionsbürgerschaft, NJW 2000, 2047; Waltermann, R., Sozialrecht, 3. A. 2002;
Übersicht über das Sozialrecht, hg. v. Bundesministerium für Arbeit, 6. A. 2000; Eichenhofer, E.,
Sozialrecht der Europäischen Union, 2001; Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, hg. v.
Plagemann, H., 2003; Muckel, S., Sozialrecht, 2003
Sozialrente ist die aus der →Sozialversicherung entspringende
→Rente.
Sozialschädlichkeit ist die Schädlichkeit eines Verhaltens für das
gesellschaftliche Zusammenleben. Das sozialschädliche Verhalten
bewirkt eine Störung des sozialen Friedens. Zu seiner Unterdrückung
wird es in gewissem Umfang →kriminalisiert.
Sozialstaat (Art. 20, 28 GG) ist der →Staat, der eine
Mitverantwortung für die Ausgleichung sozialer Gegensätze
innerhalb des Staatsvolks übernimmt. Der S. stellt sich die Aufgabe,
eine soziale Revolution durch soziale Reform unter annähernd
gleichmäßiger Wohlförderung und Lastenverteilung zu verhindern.
Sein Gegensatz ist der liberale →Rechtsstaat, dessen Grundlage die
formal gleiche →Freiheit bildet (str.).
Lit.: Neuner, J., Privatrecht und Sozialstaat, 1999; Berger, R., Der Umbau des Sozialstaates, 1999;
Weber, A./Leienbach, V., Die Systeme der sozialen Sicherung in der Europäischen Union, 4. A.
2000
Sozialstaatsprinzip ist der den Staat als Sozialstaat gestaltende Grundsatz.
Lit.: Schnapp, F., Was können wir über das Sozialstaatsprinzip wissen?, JuS 1998, 873
Sozialunion ist die Union im Bereich der sozialen Angelegenheiten.
Lit.: Bornhöft, S., Die europäische Sozialunion, 1995; Ringler, J., Die Europäische Sozialunion,
1997
Sozialversicherung ist die im Grundsatz auf dem Leistungsprinzip
und dem Gegenleistungsprinzip aufgebaute, durch die Kaiserliche
Botschaft vom 17. 11. 1881 eingeleitete Einrichtung, die auf die
gemeinsame Deckung eines möglichen, in seiner Gesamtheit
schätzbaren Bedarfs durch Verteilung auf eine organisierte Vielheit
abzielt. Die S. ist eine öffentlich-rechtliche →Zwangsversicherung
mit sozialer Ausrichtung. Sie gliedert sich in Krankenversicherung,
Rentenversicherung, Unfallversicherung, Arbeitslosenversicherung
und Pflegeversicherung. In bestimmten Fällen ist freiwillige
Versicherung bzw. Weiterversicherung möglich. Gefährdet ist die S.,
wenn infolge Bevölkerungsrückgang hohen Leistungen
unzureichende Beitragszahlungen gegenüberstehen und aus Rücksicht
auf die Wahlchancen weder Leistungen verringert noch Beiträge
erhöht werden sollen.
Lit.: Kreßel, E./Wollenschläger, M., Leitfaden zum Sozialversicherungsrecht, 2. A. 1996; Kasseler
Kommentar Sozialversicherungsrecht (Lbl.), red. v. Niesel, K., 42. A. 2004; Schoele, W., Die
Sozialversicherung, 14. A. 2001; Weber, A./Leienbach, V., Die Systeme der sozialen Sicherung in
der Europäischen Union, 4. A. 2000; Axer, P., Normsetzung der Exekutive in der
Sozialversicherung, 2000; Rolfs, C., Das Versicherungsprinzip im Sozialversicherungsrecht, 2001;
Sozialversicherungsabkommen, 12. A. 2003
Sozialversicherungsanspruch ist in der →Sozialversicherung das
gerichtlich durchsetzbare, subjektive öffentliche Recht eines
Berechtigten auf eine Versicherungsleistung.
Sozialversicherungsbeitrag ist in der →Sozialversicherung die
Leistung (Vorsorgeleistung) des Verpflichteten (Versicherter,
Arbeitgeber, sonstige Person) zur Deckung des Gesamtbedarfs der
Versicherung.
Sozialversicherungsträger ist der Träger der →Sozialversicherung.
Der S. ist grundsätzlich Selbstverwaltungskörperschaft des
öffentlichen Rechts. S. sind beispielsweise
Landesversicherungsanstalten, Krankenkassen,
Berufsgenossenschaften, die Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte oder die Bundesknappschaft.
Lit.: Hein, M., Die Verbände der Sozialversicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland,
1990
Sozialversicherungswahl ist die →Wahl zu einem Organ der
→Sozialversicherung.
Lit.: Düker, H., Wahlordnung für die Sozialversicherung, 6. A. 1998
Sozialverwaltungsrecht ist das →Sozialrecht als Teil des
→Verwaltungsrechts. →Leistungsverwaltung.
Lit.: Puchner, W./Eibl, H., Die sozialversicherungsrechtliche Betriebsprüfung, 2001
Sozialwohnung ist die aus sozialen Gründen öffentlich geförderte
→Wohnung. Für sie gilt das Wohnungsbindungsgesetz. Auch eine
nichteheliche →Lebensgemeinschaft hat einen Anspruch auf eine S.
Sozietät (F.) Gesellschaft (des bürgerlichen Rechts, z. B.
Anwaltssozietät, S. zwischen Anwaltsnotar und Wirtschaftsprüfer),
→Partnerschaft
Lit.: Kraus, S./Senft, K. u. a., Sozietätsrecht, 1999; Handbuch des Sozietätsrechts, hg. v. Henssler,
M. u. a., 2001; Trinkner, R., Sozietätsverträge, 5. A. 1999
Soziologie ist die Wissenschaft von der Gesellschaft
(Gesellschaftswissenschaft)
Lit.: Lexikon zur Soziologie, hg. v. Fuchs-Heinitz u. a., 1995; Lehrbuch der Soziologie, hg. v. Joas,
H., 2001
Sozius (lat. [M.] socius) Gesellschafter
Spanien ist der vom Mittelmeer, von Portugal, vom Atlantik und von
Frankreich begrenzte südwesteuropäische, seit 1. 1. 1986 den
Europäischen Gemeinschaften bzw. der →Europäischen Union
angehörige Staat. Sein Recht ist von Frankreich beeinflußt (u. a.
Codigo civil [Bürgerliches Gesetzbuch] 1888 bzw. 1889). 1996
erneuerte S. den von 1848 stammenden Codigo penal
(Strafgesetzbuch).
Lit.: Adomeit, K./Frühbeck, G., Einführung in das spanische Recht, 2. A. 2001; Gantzer, P.,
Spanisches Immobilienrecht, 9. A. 2003; Ibán, I., Einführung in das spanische Recht, 2. A. 2000;
Köbler, G., Rechtsspanisch, 2. A. 2003; Brandt, A./Bührlen, J., Erbrechtsbrevier für
Spanienfreunde, 2. A. 1998; Schömmer, H./Gebel, D., Internationales Erbrecht Spanien, 2003
Sparbuch ist die →Urkunde über eine →Darlehensforderung eines
Sparers gegenüber einem Kreditinstitut (Sparkasse). Das S. ist ein
qualifiziertes →Legitimationspapier (§ 808 BGB), bei dem der
Schuldner grundsätzlich durch die Leistung an jeden →Inhaber
befreit wird. Das →Eigentum am S. folgt dem Recht aus dem Papier
(§ 952 BGB). Das Recht des Spardarlehensvertrags gründet sich u. a.
auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditwesens sowie
das Kreditwesengesetz.
Lit.: Herbst, G., Rechtsfragen beim Sparbuch, 18. A. 1990
Sparkasse (§ 40 KWG) ist das Kreditinstitut, das Spardarlehen
annimmt und verwaltet sowie andere Bankgeschäfte betreibt. Die S.
ist meist eine gemeinnützige, rechtsfähige →Anstalt des öffentlichen
Rechts (z. B. Stadtsparkasse), vereinzelt auch ein privates
Kreditinstitut. Ihr Recht ist teils im Kreditwesengesetz, teils durch
landesrechtliches Kommunalrecht geregelt. Organe der S. sind meist
Verwaltungsrat, geschäftsführender Vorstand und Kreditausschuss.
Lit.: Berger, K., Sparkassengesetz für das Land Niedersachsen, 2000; Steppeler, W./Künzle, J.,
Kommentar zu den Sparkassen-AGB, 2. A. 2001
specialis (lat. [Adj.]) besondere, Sonder-, →lex specialis
species (lat. [F.]) →Stück
Spediteur (§ 453 HGB) ist der →Kaufmann, der es gewerbsmäßig
übernimmt, Güterversendungen durch →Frachtführer oder durch
Verfrachter von Seeschiffen für Rechnung eines andern (des
Versenders) in eigenem Namen gegen Vergütung zu besorgen.
Lit.: Widmann, H., ADSp - Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen, 6. A. 1999; Blanck, B.,
Allgemeine Spediteurbedingungen, 1994
Spedition (§§ 453ff. HGB) ist das besondere →Handelsgeschäft des
→Spediteurs. Es führt in der Regel zu einem
→Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB), der einen
→Werkvertrag zum Gegenstand hat. Der Versender wird durch den
Speditionsvertrag verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu bezahlen,
wenn das Gut dem Frachtführer oder Verfrachter übergeben worden
ist.
Lit.: Widmann, H., ADSP - Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen, 6. A. 1999; Widmann, H.,
Speditionsversicherungen, 4. A. 1996; Gass, W., Das neue Transport- und Speditionsrecht, 1999;
Krummeich, K., Fracht- und Speditionsrecht, 2. A. 1999
Spende ist die freiwillige unentgeltliche Zuwendung an einen andern
(z. B. an eine Partei, § 27 I PartG). Sie ist eine Schenkung. Eine
Spende an eine Partei im Wert von mehr als 10000 Euro muss
veröffentlicht werden.
Lit.: Morlok, M., Spenden – Rechenschaft, Sanktionen, NJW 2000,
761
Sperrstunde →Polizeistunde
Sperrzeit →Polizeistunde
Spezialhandlungsvollmacht (§ 54 I HGB) ist die zu einzelnen zu
einem →Handelsgewerbe gehörigen Geschäften ermächtigende
→Handlungsvollmacht.
Spezialität ist allgemein die Hervorhebung einer Art durch ein
besonderes Merkmal innerhalb einer Gattung, im Strafrecht der Fall
der Gesetzeseinheit, der vorliegt, wenn eine (spezielle) Strafvorschrift
begriffsnotwendig alle Merkmale einer andern (allgemeinen)
Strafvorschrift erfüllt und darüber hinaus noch ein weiteres Merkmal
enthält (z. B. →Raub im Verhältnis zu →Diebstahl und →Nötigung).
Spezialitätsprinzip ist der auf die besondere Gegebenheit abstellende
Grundsatz. Im Sachenrecht besagt das S., dass dingliche →Rechte nur
an einzelnen →Sachen, nicht dagegen an →Sachgesamtheiten oder
noch nicht individualisierten Sachen bestehen können. Demzufolge ist
die Übertragung einer Sachgesamtheit durch eine einheitliche
sachenrechtliche Handlung nicht möglich.
Spezialprävention ist die Vorbeugung gegen die künftige
→Kriminalität eines bestimmten Menschen. Die S. ist einer von
mehreren →Strafzwecken. Sie kann gegenüber dem
Unverbesserlichen durch dauernde Sicherungsverwahrung und
gegenüber dem Besserungsfähigen durch Resozialisierung erfolgen.
→Generalprävention
Lit.: Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil
speziell (Adj.) besondere
spezielles Schuldmerkmal →Schuldmerkmal, spezielles
Speziesschuld →Stückschuld
Spezifikation ist die nähere Bestimmung einer zunächst nur
allgemein bestimmten →Leistung (§ 375 HGB,
→Spezifikationskauf). Im Sachenrecht ist S. die →Verarbeitung
(eines Stoffs zu einer neuen →Sache) (§ 950 BGB).
Spezifikationskauf (§ 375 HGB) ist der →Kauf einer beweglichen
→Sache, bei dem der Käufer die nähere Bestimmung über Form, Maß
oder ähnliche Verhältnisse vornehmen kann, bei Verzug aber mit
Bestimmung durch den Verkäufer, Schadensersatzanspruch oder
Rücktritt rechnen muss.
Sphäre (F.) Kugel, Bereich
Sphärentheorie ist die Theorie, nach der im Fall des Fehlens von
→Verschulden die Nachteile der zu tragen hat, zu dessen →Sphäre
ein dafür ursächlicher Umstand zu rechnen ist. Danach wird im
→Arbeitsrecht bei einer allgemeinen (einfacheren) Betriebsstörung
(z. B. Energiemangel, Brand) der →Arbeitgeber nicht von seiner
Vergütungspflicht frei. Anders verhält es sich etwa bei einer auf
einem →Teilstreik oder einem →Krieg beruhenden Betriebsstörung.
Spiel ist die Tätigkeit, die allein aus Freude an ihr selbst und ohne
praktische Zielsetzung geschieht. Im Schuldrecht ist Spiel (§ 762
BGB) der →Vertrag, bei dem sich die Parteien eine Leistung unter
entgegengesetzten Bedingungen versprechen, um sich zu unterhalten
und bzw. oder Gewinn zu erzielen. Dadurch wird eine
→Verbindlichkeit nicht begründet, doch kann das auf Grund des
Spiels Geleistete nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine
Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Im →Strafrecht ist die
unerlaubte Veranstaltung eines öffentlichen →Glücksspiels mit
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe strafbar (§ 284
StGB).
Lit.: Kummer, H., Entwicklung des gewerblichen Spielrechts in der Bundesrepublik Deutschland,
1988; Weisemann, U./Spieker, U., Sport, Spiel und Recht, 2. A. 1997
Splitting (Aufspaltung) (§ 32a V EStG) ist die Art der von den
Ehegatten wählbaren Berechnung der →Einkommensteuer der
Ehegatten, bei der die Einkommen beider Ehegatten
zusammengerechnet und dann halbiert werden und die davon
berechnete Steuerschuld verdoppelt wird. Im Verfassungsrecht ist S.
der Stimmen die Aufteilung der Erststimme und Zweitstimme auf
verschiedene →Parteien. Im Familienrecht erfolgt bei der
Ehescheidung ein Rentensplitting im Rahmen des
→Versorgungsausgleichs (§§ 1587ff. BGB).
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht; Vollmer, F., Das Ehegattensplitting, 1998
sponsio (lat. [F.]) Gelöbnis
Sponsoring ist die aus Werbeüberlegungen vorgenommene geldliche
Unterstützung einer Veranstaltung oder einer sonstigen Gegebenheit.
Lit.: Weiand, N., Der Sponsoringvertrag, 2. A. 1999; Otten, R., Sponsoring, 2001; Fenger,
H./Göben, J., Sponsoring im Gesundheitswesen, 2004
Sport ist die die um ihrer selbst willen, zur Stärkung der Gesundheit
oder aus Interesse am körperlichen Wettkampf ausgeübte körperliche
Tätigkeit. Die im Rahmen einer sportlichen Betätigung zugefügte
→Körperverletzung ist, soweit sie ohne Regelverstoß begangen
wurde, nicht rechtswidrig. Eventuell kann selbst bei einem
Regelverstoß ein →Schadensersatzanspruch bzw. eine Strafbarkeit
ausgeschlossen sein (→Einwilligung in Verletzung,
→Mitverschulden). Sportliche Regelwerke, denen sich auch
Nichtmitglieder durch Rechtsgeschäft unterstellen können,
unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB.
Lit.: Weisemann, U./Spieker, U., Sport, Spiel und Recht, 2. A. 1997; Sportgerichtsbarkeit, hg. v.
Röhricht, V., 1997; Fritzweiler, J., Rechtsprechung zum Sportrecht, NJW 2004, 989; Holzke, F.,
Der Begriff Sport, Diss. jur. Köln 2001; Steiner, U., Die Autonomie des Sports, 2003;
Sportlervermittlung und Sportlermanagement, hg. v. Scherrer, U., 2. A. 2003; Sport-Marketing und
Recht, hg. v. Fritzweiler, J., 2003; Osterwalder, S., Übertragungsrechte bei Sportveranstaltungen,
2004
Sportel (F.) dem beteiligten Amtsträger zufließende
Verwaltungsgebühr
Sprecherausschuss ist die Interessenvertretung der leitenden
Angestellten in allen Betrieben mit mehr als zehn leitenden
Angestellten gegenüber dem Arbeitgeber (Gesetz vom 20. 12. 1988).
Lit.: Löwisch, M., Kommentar zum Sprecherausschussgesetz, 2. A. 1994; Römer, U., Das
Sprecherausschussgesetz, Diss. jur. Bayreuth 1996
Spruchkörper (§ 21e GVG) ist das die Entscheidungstätigkeit
ausübende →Gericht. Seine Besetzung wird durch das Präsidium des
Gerichts bestimmt. Innerhalb des mit mehreren Richtern besetzten
Spruchkörpers werden die Geschäfte durch Beschluss aller dem
Spruchkörper angehörenden Berufsrichter auf die Mitglieder verteilt
(§ 21g I GVG).
spruchreif (Adj.) reif für eine behördliche oder gerichtliche
Entscheidung
Spruchrichterprivileg →Richterprivileg
Sprungrevision (z. B. §§ 566 ZPO, 335 StPO) ist die unter
freiwilliger einverständlicher Übergehung der →Berufungsinstanz
gegen die im ersten Rechtszug erlassenen →Endurteile, die ohne
Zulassung der Berufung unterliegen, unmittelbar eingelegte
→Revision. Die S. kann in der Regel nur auf die Verletzung des
materiellen Rechts gegründet werden. Die S. muss nach § 566 I ZPO
vom Revisionsgericht zugelassen werden.
Staat ist die auf Dauer berechnete Zusammenfassung einer größeren
Anzahl von Menschen (→Staatsvolk) auf einem bestimmten Teil der
Erdoberfläche (→Staatsgebiet) unter Regelung aller für deren
gemeinschaftliches Leben notwendigen Belange durch einen
Gelöscht: Neueste
Gelöscht: 0
Gelöscht: 97
innerhalb der Gemeinschaft obersten Willensträger (→Staatsgewalt)
(Drei-Elemente-Lehre), falls sich die von diesem Willensträger
aufgestellte Ordnung tatsächlich durchgesetzt hat und keinem
völkerrechtswidrigen Zweck dient (bzw. das rechtlich geordnete, mit
unabhängiger Regelungsmacht ausgestattete Gefüge menschlichen
Zusammenlebens). Der Begriff S. kann daneben entweder umfassend
verwandt werden (Staatsorgane, Staatsangehörige) oder weniger weit
(alle öffentlichen Körperschaften, Anstalten und Einrichtungen) oder
ganz eng im Sinne einer juristischen →Person (des öffentlichen
Rechts) Staat (Bund einerseits, Länder andererseits). Je nach seiner
politischen Ausrichtung kann der Staat →Polizeistaat, →Rechtsstaat,
→Sozialstaat, →Wohlfahrtsstaat u. a. sein.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003; Silagi, M., Staatsuntergang und
Staatennachfolge, 1996; Hillgruber, C., Die Aufnahme neuer Staaten in die
Völkerrechtsgemeinschaft, 1998; Di Fabio, U., Das Recht offener Staaten, 1998; Feldmüller, C.,
Die Rechtsstellung fremder Staaten, 1999; Uhlenbrock, H., Der Staat als juristische Person, 2000;
Möllers, C., Staat als Argument, 2000; Zippelius, R., Geschichte der Staatsideeen, 10. A. 2003
Staatenbund (Konföderation) ist der Zusammenschluss (Bund) von
→Staaten, bei dem die beteiligten Staaten ihre (volle) →Souveränität
behalten (z. B. →Deutscher Bund, Europäische Union).
staatenlos (Adj.) ohne Staatsangehörigkeit lebend
Staatenlosigkeit ist das Fehlen einer Staatsangehörigkeit. Staatenlose
Menschen werden regelmäßig Ausländern gleichgestellt. S. soll
grundsätzlich vermieden werden.
Staatennachfolge ist der vollständige Übergang der territorialen
→Souveränität und Gebietshoheit von einem ursprünglichen Inhaber
auf einen Nachfolger, der nunmehr auf diesem Gebiet eigene
Souveränität und Hoheit ausübt (z. B. →Deutsches Reich und
→Bundesrepublik Deutschland, Sowjetunion und Russland,
Jugoslawien und Slowenien).
Lit.: Silagi, M., Staatsuntergang und Staatennachfolge, 1996; Zimmermann, A., Staatennachfolge in
völkerrechtliche Verträge, 2000
Staatenstaat ist die Staatenverbindung, bei der ein →Staat als
Oberstaat bestimmte Staaten als Unterstaaten derart beherrscht, dass
sie ihm insbesondere zu Heerfolge und Geldleistungen verpflichtet
sind (z. B. Osmanisches Reich und seine Unterstaaten).
Staatsangehörigkeit ist die Mitgliedschaft eines Menschen in einem
→Staat. Die S. ist ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, aus
dem Rechte (z. B. →Wahlrecht, Schutzrecht) und Pflichten (z. B.
→Wehrpflicht, →Steuerpflicht) erfließen. Das Recht der S. ist im
Staatsangehörigkeitsgesetz geregelt. Grundsätzlich gilt für den
Erwerb der S. entweder das (lat.) →ius (N.) sanguinis (Recht des
Bluts, Abstammungsprinzip, so bis 1999 das deutsche Recht) oder das
(lat.) →ius (N.) soli (Recht des Bodens, Gebietsprinzip). Nach § 3
StAG wird die Staatsangehörigkeit erworben durch →Geburt, durch
Annahme als Kind und für einen Ausländer durch Einbürgerung. Seit
1. 1. 2000 erwerben in Deutschland geborene Kinder (ausländischer
Eltern), deren Vater oder Mutter sich seit acht Jahren rechtmäßig in
Deutschland aufhält, die deutsche S. (§ 4 III StAG). Haben sie eine
weitere S., so müssen sie sich bis zur Vollendung des 23. Lebensjahrs
für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden. Wer keine
Erklärung abgibt, verliert die deutsche S. (§ 29 StAG). Der Verlust
erfolgt im Übrigen durch Entlassung, durch den Erwerb einer
ausländischen Staatsangehörigkeit (ohne Beibehaltungserlaubnis),
durch Verzicht und durch Annahme als Kind durch einen Ausländer
(§ 17 StAG). Nach Art. 16 I 1 GG darf die deutsche S. nicht entzogen
werden. Der Verlust der deutschen S. gegen den Willen des
Betroffenen darf nur eintreten, wenn dieser dadurch nicht
→staatenlos wird. Die bis 1934 primäre S. der Länder
(Landeszugehörigkeit) ist in der Gegenwart bedeutungslos. Neben der
S. steht die Unionsbürgerschaft in der Europäischen Union.
Lit.: Hailbronner, K./Renner, G., Staatsangehörigkeitsrecht, 3. A. 2001; Marx, R., Kommentar zum
Staatsangehörigkeitsrecht, 1997; Wallrabenstein, A., Das Verfassungsrecht der Staatsangehörigkeit,
1999; Makarov, A., Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht (Lbl.), 3. A. 2000; Masing, J., Wandel im
Staatsangehörigkeitsrecht, 2001; Verwaltungsvorschriften zum Staatsangehörigkeits- und
Ausländerrecht mit einer Einführung v. Renner, G., 2001
Staatsanwalt ist der einzelne Angehörige bzw. Vertreter der
→Staatsanwaltschaft. (Am 31. 12. 2001 gab es in Deutschland 5044
Staatsanwälte, davon 1559 Frauen).
Lit.: Handbuch für den Staatsanwalt, hg. v. Vordermayer u. a., 2000; Brunner, R./HeintschelHeinegg, B. v., Staatsanwaltschaftlicher Sitzungsdienst, 7. A. 2003; Heghmanns, M., Das
Arbeitsgebiet des Staatsanwalts, 3. A. 2003
Staatsanwaltschaft (§§ 141ff. GVG) ist die zur staatlichen
Strafverfolgung berufene →Behörde. Sie ist eine hierarchisch
aufgebaute Justizbehörde. Das Amt der S. wird ausgeübt durch einen
→Generalbundesanwalt, →Bundesanwälte, →Staatsanwälte und
→Amtsanwälte. Der S. stehen →Hilfsbeamte (§ 152 GVG) zur Seite,
die von den Landesregierungen oder Landesjustizverwaltungen
besonders bestimmt werden (Polizei). Die S. hat ein beschränktes
→Anklagemonopol und ist grundsätzlich zum Einschreiten
verpflichtet (→Legalitätsprinzip) (§ 152 StPO).
Lit.: Brunner, R., Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft, 7. A. 2003; Hellebrand, J., Die
Staatsanwaltschaft, 1999; Krieger, H., Die Haftung des Staates, 2000
Staatsaufsicht ist die →Aufsicht des →Staats über die juristischen
→Personen des öffentlichen Rechts, soweit diese öffentliche
Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Die S. ist →Rechtsaufsicht im
Bereich der →Selbstverwaltungsaufgaben (eigener →Wirkungskreis).
Sie ist →Fachaufsicht im Bereich der →Auftragsaufgaben
(übertragener →Wirkungskreis).
Lit.: Knemeyer, F., Staatsaufsicht über Kommunen, JuS 2000, 521; Kahl, W., Die Staatsaufsicht,
2000
Staatsbürger →Staatsangehörigkeit
Lit.: Model, O./Creifelds, C., Staatsbürger-Taschenbuch, 31. A. 2003
Staatsbürgschaft ist die Bürgschaft durch den Staat als Bürgen.
Lit.: Palombini, C. Frhr. v., Staatsbürgschaften und
Gemeinschaftsrecht, 2000
Staatsform ist die besondere Art der formalen Organisation eines
→Staats (z. B. →Monokratie, Oligokratie und →Demokratie).
Staatsgebiet ist der einem →Staat zugehörige bestimmte Teil der Erdoberfläche.
Staatsgeheimnis (§ 93 I StGB) ist die Tatsache, der Gegenstand oder
die Erkenntnis, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich ist
und vor einer fremden Macht geheimgehalten werden muss, um die
Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit des Staats
bzw. der →Bundesrepublik Deutschland abzuwenden.
→Landesverrat
Lit.: Lange, R., Zur Preisgabe von Staatsgeheimnissen, JZ 1965, 297; Stratenwerth, G.,
Publizistischer Landesverrat, 1965
Staatsgerichtshof ist die Bezeichnung für (obere)
Verfassungsgerichte (der Länder).
Staatsgewalt ist die den →Staat kennzeichnende oberste
Herrschaftsgewalt (Hoheitsgewalt, Befehlsgewalt und
Zwangsgewalt). Sie ist das funktionale Element des Staats. Sie betrifft
das →Staatsgebiet und das →Staatsvolk. Sie geht im demokratischen
Staat vom →Volk aus: Sie ist im Rechtsstaat vielfach geteilt in
gesetzgebende Gewalt, vollziehende Gewalt und rechtsprechende
→Gewalt (Art. 20 II GG).
Lit.: Reinhard, W., Geschichte der Staatsgewalt, 1999; Weber-Fas, R., Über die Staatsgewalt, 2000
Staatshaftung ist die Haftung des →Staats für Schäden. Die S. sollte
1981 in einem Sondergesetz geregelt werden, das § 839 BGB ersetzt,
→Aufopferungsanspruch, enteignungsgleichen →Eingriff und
→Enteignung aber unberührt lässt. BVerfG NJW 1983, 25 erklärte
das betreffende Gesetz wegen Verletzung der
Zuständigkeitsbestimmungen für nichtig. →Amtshaftung
Lit.: Ossenbühl, F., Staatshaftungsrecht, 5. A. 1998; Saenger, I., Staatshaftung wegen Verletzung
europäischen Gemeinschaftsrechts, JuS 1997, 865; Diehr, U., Der Staatshaftungsanspruch des
Bürgers, 1997; Geiger, J., Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Staatshaftung, 1997;
Lühmann, H., Die staatshaftungsrechtlichen Besonderheiten in den neuen Ländern, NJW 1998,
3001; Beljin, S., Staatshaftung im Europarecht, 2000; Schmalz, D., Staatshaftungsrecht, 2000;
Beilage zu NJW 2002, Heft 14
Staatskanzlei ist die dem →Staatsoberhaupt für seine Geschäfte
unmittelbar zugeordnete Behörde. →Bundespräsidialamt,
Bundeskanzleramt
Lit.: König, K., Staatskanzleien, 1993; Häußer, O., Die Staatskanzleien der Länder, 1995
Staatskasse ist die vom →Staat eingerichtete Zahlstelle (z. B.
Gerichtskasse).
Staatskirche ist die vom →Staat mit besonderen Vorrechten
ausgestattete und ihm zugleich in ihren wichtigen Entscheidungen
unterworfene Kirchengemeinschaft (durch Artt. 140 GG, 137 I WRV
für Deutschland ausgeschlossen).
Staatskirchenrecht ist das Recht, welches das Verhältnis zwischen
→Staat und →Kirche (Religionsgemeinschaft) betrifft (äußeres
→Kirchenrecht). Nach Art6. 140 GG, 137 WRV ist das S. der
Gegenwart durch den Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat
gekennzeichnet. Der Staat anerkennt das →Selbstverwaltungsrecht
der Kirchen und nimmt auf die inneren Angelegenheiten der Kirchen
grundsätzlich keinen Einfluss.
Lit.: Campenhausen, A. Frhr. v., Staatskirchenrecht; Handbuch des Staatskirchenrechts der
Bundesrepublik Deutschland, 2. A. hg. v. Listl, J. u. a., Bd. 1f. 1994f.; Fuchs, C., Das
Staatskirchenrecht der neuen Bundesländer, 1999; Lexikon für Kirchenrecht und
Staatskirchenrecht, hg. v. Campenhausen, A. Frhr. v., Bd. 1ff. 1999ff.; Jeand’Heur, B./Korioth, S.,
Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000; Winter, J., Staatskirchenrecht, 2001
Staatskommissar ist der vom Staat (Regierung) an Stelle des an sich
zuständigen, aber zu ordnungsgemäßer Aufgabenwahrnehmung nicht
fähigen oder nicht willigen Organs eingesetzte Beauftragte.
Staatslehre ist der seit dem Ende des 18. Jh.s entstehende, sich mit
dem Wesen des →Staats als solchem befassende Wissenschaftszweig.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003; Arnim, Staatslehre; Badura, P., Die
Methoden der neueren allgemeinen Staatslehre, 2. A. 1998; Kriele, M., Einführung in die
Staatslehre, 6. A. 2003; Bleckmann, A., Allgemeine Staats- und Völkerrechtslehre, 1995; Reineck,
K., Allgemeine Staatslehre und Deutsches Staatsrecht, 13. A. 1999; Doehring, K., Allgemeine
Staatslehre, 2. A. 2000; Voßkuhle, A., Die Renaissance der allgemeinen Staatslehre, JuS 2004, 2
Staatsnotstand →Notstandsverfassung
Staatsoberhaupt ist das an der Spitze stehende →Organ eines
→Staats. S. kann ein Kollegium oder ein einzelner Mensch sein. In
der Regel vertritt das S. den Staat völkerrechtlich.
Staatspartei ist die in einem Staat allein zugelassene bzw. ihn
tatsächlich allein beherrschende →Partei.
Staatspräsident ist in Republiken vielfach das →Staatsoberhaupt
(z. B. Frankreich). →Bundespräsident
Staatsprüfung ist die vom →Staat vorgeschriebene und
durchgeführte →Prüfung (z. B. erste juristische S., zweite juristische
S.).
Staatsrecht ist die Gesamtheit der den →Staat im Allgemeinen
betreffende →Rechtssätze. Das S. ist ein Teil des öffentlichen
→Rechts. Der Ausdruck S. wird vor allem von dem Begriff des
→Verfassungsrechts in den Hintergrund gedrängt. Das S. umfasst –
wie das Verfassungsrecht – die grundlegenden Rechtssätze über die
Organisation des Staats (Staatsorganisationsrecht) und die
allgemeinen Rechtssätze über das Verhältnis von Staat und
Gesellschaft, insbesondere die →Grundrechte.
Lit.: Badura, P., Staatsrecht, 3. A. 2003; Maunz/Zippelius, Staatsrecht; Stern, K., Das Staatsrecht
der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1ff. z. T. 2. A. 1984ff.; Handbuch des Staatsrechts, hg. v.
Isensee, J./Kirchhof, P., Bd. 1ff. 1987ff., z. T. 2. A. 1995ff., Bd. 10 Gesamtregister, 2000; Schwabe,
J., Grundkurs Staatsrecht, 5. A. 1995; Katz, A., Staatsrecht, 15. A. 2002; Stein, E./Frank, G.,
Staatsrecht, 18. A. 2002; Schunck, E./de Clerck, H./Guthardt-Schulz, H., Allgemeines Staatsrecht
und Staatsrecht des Bundes und der Länder, 15. A. 1995; Münch, I. v., Staatsrecht, 6. A. 2000;
Pieroth, B./Schlink, B., Staatsrecht, Grundrechte, 18. A. 2002; Degenhart, C., Staatsrecht, Bd. 1
18. A. 2002; Ipsen, J., Staatsorganisationsrecht, 15. A. 2003; Staats- und Verwaltungsrecht
Bundesrepublik Deutschland, hg. v. Kirchhof, P., 33. A. 2002; Schweitzer, M., Staatsrecht,
Völkerrecht, Europarecht, 7. A. 2000; Berg, W., Staatsrecht, 3. A. 2001; Maurer, H., Staatsrecht, 3.
A. 2003; Battis, U./Gusy, C., Einführung in das Staatsrecht, 4. A. 1999; Ipsen, J., Repetitorium
Staatsrecht, 1999; Schmidt, W., Staats- und Verwaltungsrecht, 3. A. 1999; Schmalz, D., Staatsrecht,
4. A. 2000; Kisker, G./Höfling, W., Fälle zum Staatsorganisationsrecht, 3. A. 2001; Maier, W.,
Staats- und Verfassungsrecht, 4. A. 2001; Ipsen, J., Staatsrecht II Grundrechte, 6. A. 2003; Rohr,
W., Staatsrecht, 2001
Staatsreligion ist die in einem Staat allein zugelassene bzw. ihn
tatsächlich allein beherrschende →Religion.
Staatsschuldenrecht ist die Gesamtheit der Schulden des →Staats
betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Höfling, W., Staatsschuldenrecht, 1994
Staatssekretär ist der hohe Amtsträger (Sekretär) des →Staats. In der
Gegenwart ist S. grundsätzlich der beamtete Stellvertreter des
→Ministers (politischer Beamter). Der parlamentarische S., der
einem Mitglied der →Bundesregierung zu seiner Unterstützung
beigegeben werden kann, ist grundsätzlich ein nicht beamtetes
Mitglied des →Parlaments (anders zeitweise im Bundeskanzleramt).
Staatssymbol ist das einen Staat verkörpernde Zeichen (z. B. Fahne,
Hymne, Wappen, Festtag, Gebäude, Orden).
Lit.: Hattenhauer, H., Geschichte der deutschen Nationalsymbole, 3. A. 1998; Laitenberger,
B./Bassier, M., Wappen und Flaggen der Bundesrepublik Deutschland, 5. A. 2000
Staatsvertrag ist der zwischen mindestens zwei →Staaten
geschlossene völkerrechtliche →Vertrag sowie der von mehreren
→Ländern eines Staats geschlossene Vertrag. Er kann bilateraler
Vertrag oder multilateraler Vertrag sein. Der völkerrechtliche S. wird
zunächst →paraphiert, dann vom zuständigen innerstaatlichen Organ
durch Zustimmungsgesetz angenommen und danach durch das
→Staatsoberhaupt →ratifiziert.
Staatsverwaltung ist die Ausführung der Aufgaben des →Staats. Geschieht sie durch eigene
Behörden (Organe) ohne Rechtspersönlichkeit, liegt unmittelbare S. vor. Dagegen ist mittelbare S.
die Ausführung der Aufgaben durch selbständige juristische →Personen des öffentlichen Rechts
(→Gemeinde, →Gemeindeverband, →Anstalt).
Staatsvolk ist die Gesamtheit der Menschen, die sich auf dem Gebiet
eines bestimmten →Staats befinden und die allein schon infolge
dieser Tatsache dessen →Staatsgewalt unterstehen. Das S. ist das
personale Element des Staats. Von ihm geht im demokratischen Staat
alle →Gewalt aus.
Staatszweck ist der Grund der Bildung des →Staats sowie seiner
Ausgestaltung in besonderer Art und Weise. In der Rechtsgeschichte
ist der Staat meist entweder auf eine übernatürliche Macht oder einen
rationalen →Gesellschaftsvertrag (Staatsvertrag) zurückgeführt
worden. In der Gegenwart herrscht die Ansicht vor, dass der Staat
verschiedene Zwecke habe (Verwirklichung der Gerechtigkeit,
Gewährleistung der Sicherheit, Unterstützung der Schwachen).
Stadt ist (in der Rechtsgeschichte) die größere, gewerblich
ausgerichtete, befestigte Siedlung mit besonderem →Stadtrecht. Im
gegenwärtigen Verwaltungsrecht ist die S. als solche grundsätzlich
rechtlich bedeutungslos (anders →Gemeinde, kreisfreie Stadt), doch
wird kraft Tradition die historische S. weiterhin als S. bezeichnet.
Kreisfreie S. ist im Verwaltungsrecht die →Gebietskörperschaft, die
rechtlich dem →Kreis (Landkreis) gleichsteht. In einigen Ländern hat
die selbständige S. oder die große kreisangehörige S.
(kreisverwaltungsangehörige S.) eine ähnliche Stellung.
Städtebauförderungsrecht ist das ursprünglich im besonderen
Städtebauförderungsgesetz vom 27. 7. 1971 geregelte Recht der
städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen und
Entwicklungsmaßnahmen. →Baugesetzbuch
Lit.: Bielenberg, W./Koopmann, D./Krautzberger, M., Städtebauförderungsrecht (Lbl.), 38. A. 2003;
Kremer, P., Städtebaurecht, 2000; Fieseler, H., Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen, 2000
Stadtkreis →Stadt, kreisfreie
Stadtluft macht frei ist im mittelalterlichen deutschen Recht der
Grundsatz, dass unfreie Menschen durch den unangefochtenen
Aufenthalt während eines Jahrs in einer Stadt Freiheit erlangen.
Stadtrat ist die Gemeindevertretung der →Stadt sowie deren
einzelnes Mitglied.
Stadtrecht ist in der Rechtsgeschichte das besondere Recht einer
→Stadt. Es kann durch →Privileg, →Satzung oder →Gewohnheit
entstanden sein. In der Gegenwart ist die Verleihung des Stadtrechts
ohne juristische Bedeutung (bloßes Recht, sich Stadt zu nennen).
Lit.: Keutgen, F., Urkunden zur städtischen Verfassungsgeschichte, 1901; Köbler, G., Das Recht im
frühen Mittelalter, 1971; Planitz, H., Die deutsche Stadt im Mittelalter, 5. A. 1980
Stadtstaat ist der im Wesentlichen aus einer →Stadt bestehende
→Staat (z. B. Hamburg) im Gegensatz zum →Flächenstaat.
Stamm (§ 1924 BGB) ist die Gesamtheit der →Abkömmlinge eines
Abkömmlings. Der S. bildet eine Gruppe, die zu Lebzeiten des
Abkömmlings von der →Erbfolge ausgeschlossen ist. Umgekehrt tritt
der S. auch an die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr
lebenden Abkömmlings (Erbfolge nach Stämmen).
Stammaktie ist die vorrechtslose →Aktie im Gegensatz zur
Vorzugsaktie und zur Mehrstimmrechtsaktie.
Stammeinlage (§ 5 GmbHG) ist bei der →Gesellschaft mit
beschränkter Haftung der Teil des →Stammkapitals der Gesellschaft,
der von dem Einzelnen Gesellschafter übernommen wird. Die S. muss
mindestens 100 Euro betragen. Sie kann durch Sachleistung entrichtet
werden. Kein Gesellschafter kann bei Errichtung der Gesellschaft
mehrere Stammeinlagen übernehmen. Die S. darf dem Gesellschafter
weder erlassen noch gestundet werden. Erst wenn auf jede S. ein
Viertel eingezahlt ist und die Hälfte des Mindeststammkapitals
erreicht ist, kann die Gesellschaft zur Eintragung in das
→Handelsregister angemeldet werden (§ 7 GmbHG).
Stammesrecht ist in der Rechtsgeschichte das Recht der einzelnen
germanisch-deutschen Völkerschaft (Volksrecht) des Frühmittelalters
(z. B. Lex Salica, Lex Baiwariorum).
Lit.: Buchner, R., Die Rechtsquellen, 1953
Stammkapital (§ 5 GmbHG) ist das auf einen bestimmten
Nennbetrag festgesetzte →Eigenkapital einer →Gesellschaft mit
beschränkter Haftung. Es muss mindestens 25 000 Euro betragen. Es
gliedert sich in die →Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter.
Lit.: Bordt, K., Das Grund- und Stammkapital der Kapitalgesellschaften, 2. A. 1999
Stand ist das unveränderliche Stehen, die Stellung oder der Zustand.
Im Hochmittelalter und Spätmittelalter sowie in der Neuzeit sind die
Stände ein wesentliches Verfassungsorgan (Reichsstände [Kurfürsten,
sonstige Reichsfürsten, Reichsstädte], Landstände [Ritter, Prälaten,
Landstädte]) mit eigenen Rechten, das neben dem →Staatsoberhaupt
(→Kaiser bzw. König, →Fürst bzw. Landesherr) steht. Dritter S. sind
dabei vor allem die →Bürger sowie die →Bauern, vierter S. die
Arbeiter (Proletarier). Daneben bedeutet S. im mittelalterlichen und
neuzeitlichen deutschen Recht auch die Zugehörigkeit zu einer
bestimmten Gesellschaftsgruppe mit besonderen Rechten (z. B.
→Adel, →Freie, Unfreie).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Ständische Vertretungen in Europa im 17. und
18. Jahrhundert, hg. v. Gerhard, D., 1969; Ständische Gesellschaft und soziale Mobilität, hg. v.
Schulze, W., 1988
Standesamt ist das vom →Standesbeamten ausgeübte →Amt und die
zugehörige Räumlichkeit.
Standesbeamter ist der kommunale →Beamte, der vor allem die
staatlichen Aufgaben der →Eheschließung und Führung der
→Personenstandsbücher wahrnimmt. S. ist in kleineren Gemeinden
meist der →Bürgermeister. Lehnt der Standesbeamte die Vornahme
einer Amtshandlung ab, so kann er auf Antrag der Beteiligten oder
der Aufsichtsbehörde durch das →Amtsgericht dazu angehalten
werden (§ 45 PStG).
Standesrecht ist das besondere Recht eines bestimmten Berufsstands
(z. B. Rechtsanwälte §§ 43ff. BRAO, Ärzte usw.). Es ist nur
ansatzweise gesetzlich geregelt. Es wird durch →Ehrengerichte
überwacht. Die Standesrichtlinien der Rechtsanwälte wurden zum
11. 3. 1997 neu geordnet. Sie gestatten grundsätzlich Werbung in
sachlicher und berufsbezogener Form (auch mit einer bebilderten
Broschüre) auf Messen, als Sponsor usw. Die Angabe von (bis zu drei
und mehr) nachweisbaren Tätigkeitsschwerpunkten (z. B. Reiserecht,
Bankrecht, Baurecht) ist zulässig.
Lit.: Anwaltliche Berufsordnung, hg. v. Hartung, W./Holl, T., 1997
Standrecht ist das im Ausnahmezustand oder Kriegszustand geltende
Recht, zur Erhaltung der Ordnung in bestimmten Fällen in einem
abgekürzten Verfahren zu entscheiden und die Entscheidung zu
vollstrecken. Nach Art. 101 I 1 GG sind Standgerichte als
→Ausnahmegerichte unzulässig. Nach Art. 102 GG ist die mit dem S.
meist verbundene →Todesstrafe abgeschafft.
Station (Stelle, Stellung) ist die Bezeichnung des
Ausbildungsabschnitts des →Rechtsreferendars und des
Arbeitsabschnitts bei der →Relation.
Lit.: Köbler, Jurist; Happ, M. u. a., Die Station in der öffentlichen Verwaltung, 5. A. 2003; Schmitz,
G./Ernemann, A./Frisch, A., Die Station in Strafsachen, 6. A. 1999; Schmitz, G./Ernemann,
A./Frisch, A., Die Station in Zivilsachen, 6. A. 2002; Diercks, K./Lemke-Küch, H., Das
Assessorexamen. Die Rechtsanwaltsstation, 1999; Olivet, C., Juristische Arbeitstechnik in der
Zivilstation, 2. A. 2002; Die Anwaltsstation nach neuem Recht, hg. v. Römermann, V./Hartung, W.,
2003
Statistik ist die zahlenmäßige Zusammenfassung bestimmter
Sachverhalte. Sie ist ein wichtiges Hilfsmittel der Rechtspolitik. Für
die S. ist ein eigenes Statistisches Bundesamt mit Sitz in Wiesbaden
errichtet.
Lit.: Dorer, P./Mainusch, H./Tubies, H., Bundesstatistikgesetz, 1988; Rohwer, G./Pötter, U.,
Grundzüge der sozialwissenschaftlichen Statistik, 2001
statthaft (Adj.) grundsätzlich zulässig, →Statthaftigkeit
Statthaftigkeit ist die grundsätzliche →Zulässigkeit. Ein
→Rechtsbehelf ist dann statthaft, wenn er gegen eine Entscheidung
dieser Art überhaupt gegeben ist (z. B. § 511 ZPO Die Berufung
findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt). Die
S. ist eine →Zulässigkeitsvoraussetzung eines Rechtsbehelfs.
Status (lat. [M.] Stand) ist nach der zum Zweck der besseren
Erklärung des Verhältnisses zwischen Staat und Einzelnen verfassten
Statuslehre (G. Jellinek) die Stellung des Einzelnen zum →Staat. Der
s. activus (aktive Stand) verleiht das Recht zur Teilnahme an der
staatlichen Willensbildung (→Wahlrecht). Der s. negativus (negative
Stand) gewährt die Freiheit von Eingriffen des Staats in das
grundrechtlich geschützte Einzelinteresse (z. B. →Handlungsfreiheit).
Der s. positivus (positiver Stand) verschafft dem Einzelnen
Leistungsansprüche gegen den Staat (z. B. Anspruch auf
Rechtsschutz).
Statusprozess (§§ 640ff. ZPO) ist der Prozess in
→Kindschaftssachen.
status (M.) quo (lat.) Zustand, in dem (sich eine Angelegenheit
derzeit befindet)
status (M.) quo ante (lat.) Zustand, in dem (sich eine Angelegenheit)
vorher (befunden hat).
Statut ([N.] Satz, Gesetz) ist im internationalen →Privatrecht die
anwendbare Rechtsordnung.
Statutenkollision ist der Widerspruch der Rechtssätze verschiedener
Rechtsordnungen. Zu ihrer Lösung ist insbesondere das (jeweilige
nationale) internationale →Privatrecht bzw. allgemeiner das
(jeweilige nationale) internationale Recht ausgebildet worden. Es
entscheidet, welche von mehreren miteinander kollidierenden
Rechtsordnungen im Einzelfall anwendbar ist.
Lit.: Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht
Statutentheorie ist die vom Vorrang der →Statuten ausgehende, von
den spätmittelalterlichen Juristen entwickelte Theorie zum Verhältnis
von gemeinem →Recht und lokalen →Statuten. Danach sollten
vorrangig die partikularen Rechte und subsidiär oder ergänzend das
römische →Recht zur Anwendung kommen. Rechtstatsächlich
entwickelte sich jedoch eine für die Anwendbarkeit des römischen
Rechts sprechende Vermutung.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Steckbrief (§§ 131, 457 II StPO) ist das schriftlich an alle
→Behörden ergehende Ersuchen, einen flüchtigen oder sich
verbergenden Menschen festzunehmen und ihn der ersuchenden
→Behörde zu übergeben. Der S. kann grundsätzlich vom →Richter
oder der →Staatsanwaltschaft auf Grund eines →Haftbefehls oder
→Unterbringungsbefehls erlassen werden, evtl. auch von der
→Polizei. Der S. soll den Verfolgten bezeichnen und soweit wie
möglich beschreiben.
stehlen →Diebstahl, →Wegnahme
Stein-Hardenbergische Reform ist die unter den Staatsministern
Freiherr vom Stein und Fürst Hardenberg 1807 begonnene und 1812
abgeschlossene liberale Reform in Preußen (Bauernbefreiung,
Gewerbefreiheit, Selbstverwaltung).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Hubatsch, W., Stein-Studien, 1975
Stelle (F.) Standort, Platz, durch Organisationsrecht geschaffene, vom
Wechsel der sie jeweils innehabenden Menschen unabhängige, in
gewisser Weise verselbständigte Organisationseinheit
stellvertretendes commodum (N.) →commodum, stellvertretendes
Stellvertretung (§§ 164ff. BGB) ist das →rechtsgeschäftliche
Handeln einer Person (→Vertreter, →Stellvertreter) im Namen einer
andern Person (→Vertretener) (in fremdem Namen) für diese (für
fremde Rechnung) (sog. direkte, echte, offene oder unmittelbare S.).
Nicht S. in diesem Sinn ist das rechtsgeschäftliche Handeln im
eigenen Namen für fremde Rechnung (indirekte, unechte, mittelbare
S., z. B. des Kommissionärs). Die S. erfordert rechtsgeschäftliches
→Handeln, →Vertretungswillen und →Vertretungsmacht sowie
Zulässigkeit der S. (ausgeschlossen z. B. bei Testamentserrichtung).
Nach § 164 I, III BGB wirkt eine →Willenserklärung durch den oder
gegenüber dem Vertreter unmittelbar für und gegen den Vertretenen.
Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch
→Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das →Kennenmüssen
gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht der Vertretene,
sondern der Vertreter in Betracht (§ 166 I BGB). Die
Vertretungsmacht des Vertreters kann auf Rechtsgeschäft
(→Vollmacht, gewillkürte S.) oder Gesetz (gesetzliche S.) beruhen.
Fehlt die Vertretungsmacht, so liegt Vertretung ohne
Vertretungsmacht vor, die zur schwebenden →Unwirksamkeit des
geschlossenen Vertrags führt (§ 177 BGB). Dieser kann nur durch
→Genehmigung des Vertretenen wirksam werden. Wird sie
verweigert, ist der Vertreter grundsätzlich zur →Erfüllung oder zum
→Schadensersatz verpflichtet (§ 179 BGB).
Lit.: Schmidt, K., Offene Stellvertretung, JuS 1987, 425; Beuthien, V., Gibt es eine organschaftliche
Stellvertretung?, NJW 1999, 1142
Sterbebuch →Personenstandsbuch
Sterbehilfe →Euthanasie
Lit.: Höfling, W., Forum Sterbehilfe, JuS 2000, 111; Schell, W.,
Sterbebegleitung und Sterbehilfe, 3. A. 2002
Sterilisation (F.) Unfruchtbarmachung
Lit.: Hoffmann, B., Sterilisation geistig behinderter Erwachsener, 1996
Sternsozietät →Partnerschaft, durch die §§ 59a BRAO, 31 BORA
für Rechtsanwaltssozietäten verboten
Lit.: Kilian, M., Das Verbot der Sternsozietät, NJW 2001, 326
Steuer (§ 3 AO) ist die einmalige oder laufende Geldleistung, die
nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellt und
von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von
Einkünften allen auferlegt wird, bei denen der Tatbestand zutrifft, an
den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (in Deutschland 1995 38
Steuerarten und 21 Quasisteuern). Die S. ist eine →Abgabe
(Zwangsabgabe). Sie kann direkte oder indirekte S. sein – je
nachdem, ob der, der die S. zahlt, sie auch trägt –, weiter
→Personalsteuer (Subjektsteuer) oder →Realsteuer (Objektsteuer)
sowie →Besitzsteuer (z. B. →Einkommensteuer), →Verkehrsteuer
(z. B. →Umsatzsteuer), →Verbrauchsteuer (z. B. Tabaksteuer) oder
→Zoll. Nach der Art des Berechtigten werden unterschieden
Gemeinschaftsteuer (z. B. Umsatzsteuer, Lohnsteuer), Bundessteuer
(z. B. Tabaksteuer), Landessteuer (z. B. Kraftfahrzeugsteuer) oder
→Gemeindesteuer (z. B. Gewerbesteuer, Grundsteuer) sowie
→Kirchensteuer.
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht; SteuerG 1, 28. A. 2002; SteuerG 2, 28. A. 2002; Schaeberle,
J./Utech, H., Deutsches Steuerlexikon (Lbl.), 1996; Steuerliches Vertrags- und Formularbuch, hg. v.
Bopp, G. u. a., 4. A. 2001; Steuergesetze (Lbl.), 139. A. 2004; Steuertabellen, 90. A: 2004; Wacker,
W. u. a., Lexikon der Steuern, 2000; Meyer, H., Steuer-ABC für Freiberufler, 4. A. 2000;
Schaeberle/Uech, Deutsches Steuerlexikon (Lbl.), 2000; Meyer, H./Meyer, M., Steuertipps von AZ, 2002; Fichtelmann, H./Schulze zur Wiesche, D./Högl, H. u. a. Steuer-Formular-Handbuch, 7. A.
2002; Braun, R./Günther, K., Das Steuer-Handbuch (Lbl.); Homburg, S., Allgemeine Steuerlehre, 3.
A. 2003
Steuerberater (§§ 32ff. StBerG) ist der steuerliche Beratungshilfe
leistende Fachmann in Steuerangelegenheiten. Zur Prüfung als S. ist
insbesondere zugelassen, wer ein rechtswissenschaftliches oder
wirtschaftswissenschaftliches Hochschulstudium abgeschlossen hat
und danach 3 Jahre auf dem Gebiet des Steuerwesens hauptberuflich
praktisch tätig war (z. B. ein Rechtsanwalt, der seinen Beruf 3 Jahre
ausgeübt hat). Die Tätigkeit des Steuerberaters ist freier →Beruf. Sie
ist im Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und
Steuerbevollmächtigten näher geregelt. Seit 1994 ist die
Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt in einer Kanzlei erlaubt.
Partnerschaftsgesellschaften sind zulässig. Rechtstatsächlich gab es in
Deutschland 2002 rund 71000 S.
Lit.: Gehre, H., Steuerberatungsgesetz, 4. A. 1999; Beck’sches Steuerberaterhandbuch 2004/2005,
hg. v. Pelka, J./Niemann, W., 2002; Steuerberater Handbuch Verfahrensrecht, red. v. Feldhausen,
P., 4. A. 2000; Charlier, R., Kommentar zur Steuerberatergebührenordnung, 2000; Bähr,
H./Schurmann, W., Der Kurzvortrag in der Steuerberaterprüfung, 3. A. 2000; Eckert, W.,
Steuerberatergebührenverordnung, 4. A. 2003; Steuerberater Rechtshandbuch (Lbl.), 4. A. 2002
Steuerbescheid ist der →Verwaltungsakt, durch den die →Steuer
festgesetzt wird. Er ist vielfach fehlerhaft. Gegen ihn sind der
Einspruch und die Anfechtungsklage zulässig.
Lit.: Lobenhofer, M., Die Korrektur von Steuerbescheiden, 1997; Hufeld, U./Abeln, M., Die
Korrektur von Steuerbescheiden, JuS 1999, 684
Steuerbevollmächtigter ist der dem →Steuerberater weitgehend
gleichgestellte berufsmäßige Helfer in Steuersachen.
Steuerbilanz →Bilanz
Lit.: Weber-Grellet, H., Steuerbilanzrecht, 1996; Wöhe, G., Die Handels- und Steuerbilanz, 4. A.
2001
Steuererklärung ist die Erklärung der steuerlichen Verhältnisse eines
→Steuerpflichtigen für eine bestimmte →Steuer und einen
bestimmten Zeitraum oder einen bestimmten steuerauslösenden
Sachverhalt gegenüber dem →Staat (bzw. gegenüber der
→Finanzverwaltung).
Lit.: Carl, D./Klos, J., Die Steuererklärung, JuS 1996, 402
Steuererlass ist der anweisende Erlass an die nachgeordneten Behörden im →Steuerrecht.
Lit.: Steuererlasse (Lbl.), 10. A. 2003
Steuerfahndung ist die auf die Aufdeckung von
→Steuerhinterziehungen gerichtete Maßnahme der
→Finanzverwaltung. Hierzu gehört die Ermittlung von
Besteuerungsgrundlagen im Zusammenhang mit der Erforschung von
Steuerstraftaten auch dann, wenn hinsichtlich dieser bereits
Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Ohne einen bestimmten
Tatverdacht einer Steuerpflichtwidrigkeit ist eine Rasterfahndung
unzulässig.
Lit.: Streck, M., Die Steuerfahndung, 3. A. 1996; Flore, I., Steuerfahndung und
Steuerstrafverfahren, 2. A. 1999; Deimel, P./Mesner, M., Steuerfahndung in Banken, 1998;
Hagenkötter, A., Die digitale Steuerprüfung, NJW 2002, 1977
Steuergeheimnis (§ 30 AO) ist im Verwaltungsrecht die
Geheimhaltungspflicht des Steuerbeamten oder amtlich zugezogenen
Sachverständigen hinsichtlich des ihm amtlich bekannt gewordenen
Wissens über Verhältnisse eines Steuerpflichtigen. Die vorsätzliche
Verletzung des Steuergeheimnisses ist strafbar (§ 355 StGB).
Lit.: Ruegenberg, G., Das nationale und internationale Steuergeheimnis, 2001
Steuergesetz ist das eine →Steuer betreffende →Gesetz.
Lit.: Steuergesetze (Lbl.), 135. A. 2003; Steuergesetze, hg. v.
Kreppel, T., 29. A. 2003
Steuerhehlerei (§ 374 AO) ist das Ankaufen, Verschaffen oder
Absetzen von Erzeugnissen oder Waren, hinsichtlich deren
→Verbrauchsteuer oder →Zoll hinterzogen worden oder Bannbruch
begangen worden ist, in der Absicht, sich oder einen Dritten zu
bereichern.
Lit.: Krisch, M., Die Steuerhehlerei, 1993 (Diss.)
Steuerhinterziehung (§ 370 AO) ist das Erschleichen
ungerechtfertigter Steuervorteile oder Bewirken der Verkürzung von
Steuereinnahmen zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil eines Dritten.
Lit.: Löwe-Krahl, O., Steuerhinterziehung bei Bankgeschäften, 2. A. 2000; Hoff, A., Das
Handlungsunrecht der Steuerhinterziehung, 1999; Pilz, K., Beihilfe zur Steuerhinterziehung, 2001;
Rolletschke, S., Die Steuerhinterziehung, 2004
Steuerhoheit ist das Recht des Staats oder anderer öffentlichrechtlicher Körperschaften zur Festsetzung und Eintreibung von
→Steuer.
Steuerpflicht ist die →Pflicht, bei Vorliegen der gesetzlich
festgelegten Sachverhalte →Steuern zu zahlen. Die S. ist ein Fall der
allgemeinen Pflichtigkeit des Angehörigen eines →Staats gegenüber
diesem. Die S. kann unbeschränkt oder auf besondere
Teilsachverhalte (z. B. die in der Bundesrepublik erzielten Einkünfte)
beschränkt sein.
Steuerpflichtiger →Steuerpflicht
Steuerrecht ist die Gesamtheit der die →Steuern betreffenden
Rechtssätze. Das S. ist ein Teil des →Verwaltungsrechts. Es gliedert
sich in das allgemeine S. und das Recht der einzelnen Steuern sowie
das Steuerverfahrensrecht und das Steuerstrafrecht. Es ist in der
→Abgabenordnung und zahlreichen Einzelgesetzen und
Verordnungen geregelt.
Lit.: Tipke/Lang, Steuerrecht; Steuergesetze (Lbl.), 136. A. 2003; Kluge, V., Das deutsche
internationale Steuerrecht, 4. A. 2000; Wilke, K., Lehrbuch des internationalen Steuerrechts, 7. A.
2002; Schaumburg, H./Wassermeyer, F./Lüdicke, J. , Internationales Steuerrecht, 2002; Daumke,
M., Grundriss des deutschen Steuerrechts, 5. A. 2002; Dölfel, G./Bilsdorfer, P./Weimann, R.,
Steuerrecht, 4. A. 2001; Tipke, K., Die Steuerrechtsordnung, 2. A. 2000; Schurmann,
W./Buchbinder, N., Die Assessorklausur im Steuerrecht, 3. A. 1997; Mössner, u. a., Steuerrecht
international tätiger Unternehmen, 2. A. 1998; Birk, D., Steuerrecht, 5. A. 2002; Steuerrecht in der
anwaltlichen Praxis, hg. v. Heidel, T. u. a., 3. A. 2002; Kuntze, C., Die Kompetenzen der
Europäischen Gemeinschaft, 1999; Jakob, W./Hallerbach, D./Zugmaier, O., Die Examensklausur
im Steuerrecht, 2000; Steuerliches Verfahrensrecht (Lbl.), hg. v. Beermann, A., 2002; Beger, D.,
Methodenlehre und Klausurtechnik im Steuerrecht, 4. A. 2001; Frotscher, G., Internationales
Steuerrecht, 2001; Kirchhof, F., Grundriss des Steuer- und Abgabenrechts, 2. A. 2001; Schneider,
J., Lexikon des Steuerrechts, 2001; Arndt, H., Steuerecht, 3. A. 2002; Plewka, H./Klümpen-Neusel,
C., Die Entwicklung des Steuerrechts, NJW 2003, 2874, 3668; Aktuelle Steuertexte 2004, 2004;
Plewka, H./Klümpen-Neusel, C., Die Entwicklung des Steuerrechts, NJW 2004, 914
Steuerrichtlinie ist die von der zuständigen Oberbehörde
ausgegebene →Richtlinie zur Ermittlung der Steuer im Einzelfall.
Lit.: Steuerrichtlinien (Lbl.), 110. A. 2004
Steuersache ist die eine →Steuer betreffende Angelegenheit. Zur geschäftsmäßigen Hilfe in
Steuersachen sind →Steuerberater, →Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene
europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, von ihnen gebildete
Partnerschaftsgesellschaften, Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften,
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Buchprüfungsgesellschaften und entsprechende Berechtigte in
andern Mitgliedstaaten der Europäischen Union berechtigt (§ 3 StBerG).
Steuerschuld ist die →Schuld des →Steuerpflichtigen gegenüber
dem berechtigten Hoheitsträger.
Lit.: Nacke, A., Die Haftung für Steuerschulden, 1999
Steuerstrafrecht ist das steuerliche Verhältnisse betreffende
→Strafrecht. Das S. ist vor allem in der →Abgabenordnung geregelt.
Seine beiden wichtigsten Tatbestände sind →Steuerhehlerei und
→Steuerhinterziehung.
Lit.: Klein, AO; Franzen, K./Gast-de Haan, B./Samson, E., Steuerstrafrecht, 5. A. 2001;
Wannemacher, W., Steuerstrafrecht, 5. A. 2003; Lammerding, J./Hackenbroich, R./Sudau, A.,
Steuerstrafrecht, 7. A. 1998; Briel, O. v./Ehlscheid, D., Steuerstrafrecht, 2. A. 2001; Flore, I.,
Steuerfahndung und Steuerstrafverfahren, 2. A. 1999; Simon, H./Vogelberg, C., Steuerstrafrecht,
2000; Mösbauer, H., Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrecht, 2. A. 2000; Handbuch des
Steuerstrafrechts 2004, bearb. v. Gast-deHaan, B., 2004
Steuertabelle ist die tabellarische Übersicht über die Höhe der zu
entrichtenden →Steuer.
Lit.: Steuertabellen (Lbl.) , 89. A. 2003
Steuerungsfähigkeit (§ 20 StGB) ist die Fähigkeit, nach einer
Einsicht in das →Unrecht einer Tat zu handeln. Die S. ist der
voluntative Faktor der psychologischen Komponente der
→Schuldfähigkeit. Fehlt die S., ist der Täter schuldunfähig. Ist sie
erheblich vermindert, kann die →Strafe gemildert werden. Es gibt
keinen gesicherten Erfahrungssatz dahingehend, dass allein wegen
einer bestimmten Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit vom
Vorliegen einer alkoholbedingt erheblich verminderten
Steuerungsfähigkeit auszugehen ist.
Steuerveranlagung ist das Verfahren zur Ermittlung einer
Steuerleistungspflicht.
Lit.: Handbuch der Steuerveranlagungen EStG, KStG, GewStG, UStG 2003, 2004
Steuerverbund ist die gemeinsame Berechtigung verschiedener →Gebietskörperschaften an einem
Steueraufkommen (z. B. →Einkommensteuer, Art. 106 III, V GG).
Stiefkind ist das Kind eines Ehegatten in Bezug auf den andern
Ehegatten. Zu diesem steht es im Verhältnis der →Schwägerschaft
ersten Grads in gerader Linie. Es gibt weder eine Unterhaltspflicht
noch ein gesetzliches Erbrecht. Seit 1999 steht Stiefeltern im Rahmen
der Betreuung und Verantwortung im täglichen Leben ein Sorgerecht
zu.
Lit.: Carre-Jersch, A., Das Stiefkindverhältnis, 1995; Kremer, S., Das Stiefkind im Unterhaltsrecht,
2000
Stiftung ist die Widmung von →Vermögen zu einem bestimmten
Zweck durch →Rechtsgeschäft. Unselbständige S. ist die S., bei
welcher der Rechtsträger nicht eine eigene, diesem Zweck dienende
juristische →Person, sondern eine unabhängig von der S. vorhandene,
das Vermögen treuhänderisch verwaltende Person ist. Rechtsfähige S.
ist die S., die als solche selbständige juristische Person ist. Unter einer
S. des öffentlichen Rechts ist eine S. zu verstehen, die vermöge ihrer
Beschaffenheit dem Organismus eines öffentlich-rechtlichen
Verbands (→Staat, →Kirche) eingefügt ist. Sie wird durch Gesetz
errichtet. Sie ist Träger hoheitlicher Gewalt. Die rechtsfähige S. des
Privatrechts ist in den §§ 80ff. BGB in Grundzügen geregelt. Sie
entsteht durch das Stiftungsgeschäft (Rechtsgeschäft z. B. schriftliche
Erklärung, Testament) und die landesrechtliche →Genehmigung,
wobei ein Mindeststiftungsvermögen von 50000 Euro erwartet wird.
Die S. ermöglicht die Vermeidung von Erbschaftsteuer, wenn ein
Unternehmer sein Vermögen in eine gemeinnützige Stiftung
einbringt, die er mit Nießbrauchsvorteilen für die erbberechtigte
Person belasten kann. Außerdem darf bis zu einem Drittel der
Einkünfte an den Stifter und seine Angehörigen fließen. In
Deutschland können seit 1. 1. 2000 Steuerpflichtige bis zu 20450
Euro jährlich steuerfrei an gemeinnützige Stiftungen spenden und neu
gegründeten Stiftungen in den ersten zehn Jahren bis zu 307000 Euro
gewähren. Denkbar ist auch eine typische stille Gesellschaft am
Stiftungsvermögen. Die S. erlischt durch Zeitablauf,
Bedingungseintritt oder Aufhebung. Mit dem Erlöschen fällt das
Vermögen an die in der Verfassung der S. bestimmten Personen. In
Deutschland gab es 2000 rund 10000 Stiftungen, von denen mehr als
95% gemeinnützig waren.
Lit.: Handbuch des Stiftungsrechts, hg. v. Seifart, W./Campenhausen, A. Frhr. v., 2. A. 1999;
Hunnius, S., Die Vorstiftung, Diss. jur. Jena 1999; Berndt, H., Stiftung und Unternehmen, 7. A.
2003; Pues, L., Stiftungen, 3. A. 2002; Wachter, T., Stiftungen, 2001; Andrick, B./Suerbaum, J.,
Stiftung und Aufsicht, 2001; Pues, L./Scheerbarth, W., Gemeinnützige Stiftungen im Zivil- und
Steuerrecht, 2. A. 2004; Stiftungsrecht in Europa, hg. v. Hopt, K., 2001; Andrick, B. u. a., Das
Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts, NJW 2002, 2905; Holt, T. v./Koch, C.,
Stiftungssatzung, 2004; Schlüter, A., Stiftungsprivatrecht, 2004
still (Adj.) ruhig, geheim
Stille Gesellschaft (§ 230 HGB) ist die Gesellschaft, bei der sich
jemand in Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks an dem
→Handelsgewerbe eines andern mit einer in dessen Vermögen
übergehenden Einlage – gegen einen Anteil am Gewinn – beteiligt.
Die s. G. ist keine →Handelsgesellschaft, sondern reine
Innengesellschaft und →Schuldverhältnis. Der Inhaber des
Handelsgeschäfts wird aus den in dem Betrieb geschlossenen
Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.
Lit.: Handbuch der stillen Gesellschaft, begr. v. Paulick, H., 5. A. bearb. v. Blaurock, U., 1998;
Fichtelmann, H., GmbH & Still im Steuerrecht, 5. A. 2000; Weigl, G., Stille Gesellschaft und
Unterbeteiligung, 1998; Glessner, M., Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft, 2000; Schulze
zur Wiesche, D., Die GmbH & Still, 4. A. 2003
Stillstand ist der Zustand ohne Bewegung oder Fortschritt. S. der
Rechtspflege ist das Aufhören der Tätigkeit der →Gerichte durch
Krieg oder andere einschneidende Ereignisse. Nach § 245 ZPO wird
für die Dauer des Zustands des Stillstands der Rechtspflege das
→Verfahren unterbrochen. S. des Verfahrens (§§ 239ff. ZPO) ist das
Aufhören der Tätigkeit des →Gerichts in einem bestimmten einzelnen
→Verfahren. Der S. des Verfahrens tritt ein bei der →Unterbrechung,
der →Aussetzung (und dem Ruhen) des Verfahrens sowie beim
tatsächlichen S. infolge Aufhörens des Betreibens des Verfahrens
durch die Parteien. Aussetzung und Unterbrechung haben zur Folge,
dass der Lauf jeder →Frist aufhört und während der Unterbrechung
oder Aussetzung vorgenommene →Prozesshandlungen unwirksam
sind (§ 249 ZPO).
Stimme ist die Fähigkeit zu sprechen und im →Recht vor allem die
Möglichkeit, eine Entscheidung einer Menschenmehrheit
mitzugestalten. →Stimmrecht
Stimmrecht ist das Recht, an einer →Abstimmung einer
Personenmehrheit teilzunehmen. Im öffentlichen Recht spielt das S.
vor allem als →Wahlrecht (mit möglicherweise einer Erststimme und
einer Zweitstimme) und als S. innerhalb von
Vertretungskörperschaften eine Rolle. Im →Privatrecht ist das S. ein
Verwaltungsrecht der →Mitglieder von →Gesellschaften und
juristischen Personen.
Lit.: Heusser, P., Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen, 2001
Stipulatio (lat. [F.] Gelöbnis) ist im römischen Recht der aus einer
formelhaften Frage des Gläubigers (spondesne? gelobst du?) und der
bejahenden Antwort des Schuldners (spondeo, ich gelobe)
bestehende, abstrakte →Vertrag (Verbalkontrakt,
Schuldversprechen).
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
stipulieren (V.) vereinbaren, sich zusagen lassen, →stipulatio
St. Lague-Scheperssches Sitzzuteilungsverfahren ist ein Verfahren
zur Zuteilung von Sitzen auf Grund einer Wahl.
Störer ist der Verursacher einer →Störung. Der S. ist im Sachenrecht
(§ 1004 BGB) Adressat eines →Beseitigungsanspruchs oder
→Unterlassungsanspruchs des von der Störung betroffenen
→Eigentümers. Im Verwaltungsrecht ist S. der Adressat eines
polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Handelns der
→Gefahrenabwehr. Der S. ist Handlungsstörer, wenn er durch seine
Handlung die Störung verursacht hat, und Zustandsstörer, wenn er
eine störende Anlage hält, deren Beseitigung von seinem Willen
abhängt (z. B. Miteigentümer eines von Lastkraftwagenfahrern als
Abstellplatz benutzten Grundstücks, Eigentümer eines infolge eines
technischen Fehlers an elektrischen Leitungen in Brand geratenden
und das Nachbargrundstück beschädigenden Grundstücks).
Lit.: Herrmann, E., Der Störer nach § 1004 BGB, 1987; Spießhofer, B., Der Störer im Allgemeinen
und im Sonderpolizeirecht, 1989; Hoeft, M., Die Entschädigungsansprüche des Störers, 1995
Storno [M., N.] ist die Rückgängigmachung eines Geschäfts,
insbesondere einer irrtümlichen Gutschrift durch ein →Kreditinstitut.
Lit.: Schönmann, K., Das Stornorecht der deutschen Kreditinstitute, 1990 (Diss.)
Störung (§ 1004 BGB) ist im Sachenrecht die Beeinträchtigung des
→Eigentums einer Person in anderer Weise als durch Entziehung
oder Vorenthaltung des →Besitzes. Die S. ist daher eine besondere
Form der Rechtsverletzung. Im →Verwaltungsrecht ist S. die
Beeinträchtigung der öffentlichen →Sicherheit und Ordnung. Die S.
kann Handlungsstörung sein, wenn sie durch eine Handlung
herbeigeführt wird (z. B. Betreten eines Grundstücks), oder
Zustandsstörung, wenn sie auf dem – nicht allein auf Naturkräfte
zurückgehenden (str.) – Zustand einer Sache beruht (z. B.
Froschquaken in einem künstlich angelegten Teich). →Störer
Lit.: Pfeifer, F., Lärmstörungen, 8. A. 1998; Herrmann, E., Die Haftungsvoraussetzungen nach
§ 1004 BGB, JuS 1994, 273; Fischer, K., Das polizeiliche Abschleppen von Kraftfahrzeugen, JuS
2002, 446
Strafantrag (§§ 77ff. StGB) ist die zur Verfolgung bestimmter
→Straftaten erforderliche oder mögliche Erklärung einer von der
→Staatsanwaltschaft verschiedenen Person bei der zuständigen
→Behörde, dass sie die →Strafverfolgung wünsche. Der S. ist vom
Verletzten, u. U. seinem Ehegatten, seinen Kindern, Eltern,
Geschwistern oder Enkeln, seinen gesetzlichen Vertretern oder u. U.
seinen Dienstvorgesetzten binnen 3 Monaten ab Kenntnis von der Tat
zu stellen, kann aber zurückgenommen werden. Der S. ist bei
→Antragsdelikten →Prozessvoraussetzung.
Lit.: Brahmer, S., Wesen und Funktion des Strafantrags, 1994
Strafanzeige (§ 158 StPO) ist die Mitteilung des Verdachts einer
→Straftat bei der zuständigen Behörde mit der Anregung zu prüfen,
ob sie zu verfolgen ist. Die S. kann von jedermann bei der
→Staatsanwaltschaft, den →Behörden und →Beamten des
Polizeidiensts und den →Amtsgerichten mündlich oder schriftlich
(auch anonym) angebracht werden. Eine allgemeine Anzeigepflicht
für begangene Straftaten besteht grundsätzlich nicht.
Lit.: Stree, W., Zum Strafantrag durch Strafanzeige, MDR 1956, 723; Kürzinger, J., Private
Strafanzeige und polizeiliche Reaktion, 1978
Strafarrest (§§ 9ff. WStG) ist die →Freiheitsstrafe für →Soldaten
zwischen 2 Wochen und 6 Monaten.
Strafaufhebungsgrund ist der erst nach Begehung einer →Straftat
eintretende, die bereits verwirklichte Strafbarkeit für den Täter
rückwirkend wieder beseitigende Umstand (z. B. Rücktritt vom
Versuch). Der S. ist nach Vorliegen des →Tatbestands i. w. S. zu
prüfen. Ein →Irrtum über ihn ist unbeachtlich.
Strafaufschub (§ 455 StPO) ist der Aufschub der →Vollstreckung
einer →Freiheitsstrafe. Der S. ist bei Vorliegen bestimmter Gründe
(z. B. Geisteskrankheit) zulässig. Er kann dauernd oder
vorübergehend sein.
Strafausschließungsgrund ist der schon zur →Tatzeit vorhandene
Umstand, der trotz an sich eingetretener Verwirklichung eines
Straftatbestands des Täters ausnahmsweise die Strafbarkeit
ausschließt (z. B. § 36 StGB →Indemnität eines Abgeordneten). Der
S. ist nach Vorliegen des →Tatbestands i. w. S. zu prüfen. Ein
→Irrtum über ihn ist unbeachtlich.
Strafaussetzung ist im Strafverfahrensrecht die Aussetzung der
→Vollstreckung einer →Freiheitsstrafe. Die S. kann S. zur
Bewährung (§§ 56ff. StGB) sein. Diese ist zulässig bei einer
Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausnahmsweise
von bis zu zwei Jahren, wenn auf Grund einer Einzelfallprüfung zu
erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die →Verurteilung zur
Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des
Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Die
Bewährungszeit beträgt 2 bis 5 Jahre. Nach ihrem Ablauf wird die
Strafe erlassen, wenn sich kein Anlass zum Widerruf der S. ergeben
hat. Neben der S. z. B. steht die Aussetzung des Strafrests zur
Bewährung (§§ 57 bei zeitiger Freiheitsstrafe, 57a StGB bei
lebenslanger →Freiheitsstrafe). Sie erfolgt, wenn zwei Drittel - in
besonderen Fällen die Hälfte - der verhängten zeitigen Freiheitsstrafe
bzw. 15 Jahre lebenslanger Freiheitsstrafe verbüßt sind, verantwortet
werden kann zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des
Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird und der Verurteilte
einwilligt. Dabei kommt bei einem lang dauernden Vollzug den
Umständen der seinerzeitigen Tat nur noch eine eingeschränkte
Bedeutung zu. Die auch mögliche bedingte S. im Gnadenweg (§ 452
StPO) ist ein →Gnadenakt.
Lit.: Diekmann, A., Die Strafrestaussetzung zur Bewährung nach § 57 I StGB, 1992; Speiermann,
J., Zur Reststrafenaussetzung, 1995
Strafbarkeit ist die Qualifikation eines →Verhaltens durch Sanktion
mit einer →Strafe.
Lit.: Geisler, C., Zur Vereinbarkeit objektiver Bedingungen der Strafbarkeit mit dem Schuldprinzip,
1998; Plate, J., Psyche, Unrecht und Schuld, 2002
Strafbarkeitsirrtum im weiteren Sinn ist ein →Irrtum über ein
Merkmal einer →Straftat, im engeren Sinn der Irrtum über
persönliche →Strafausschließungsgründe und
Strafaufhebungsgründe. →Irrtum
strafbedroht (Adj.) mit einer →Strafe bedroht
strafbedrohte Handlung →Handlung, mit Strafe bedrohte
Strafbefehl (§§ 407ff. StPO) ist die amtsrichterliche →Verfügung,
die auf →Antrag der →Staatsanwaltschaft ohne →Hauptverhandlung
ergeht und in der grundsätzlich höchstens →Geldstrafe oder u. U.
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr mit Bewährung verhängt werden
kann. Gegen den S. kann innerhalb zweier Wochen →Einspruch
eingelegt werden, auf den hin Termin zur Hauptverhandlung
anberaumt wird. Wird kein Einspruch eingelegt, erlangt der S. die
Wirkung eines rechtskräftigen →Urteils. Dies gilt aber nicht bei
Eintreten neuer Tatsachen. Nicht zulässig ist die öffentliche
Zustellung des Strafbefehls an den Beschuldigten.
Lit.: Burkhard, J., Der Strafbefehl im Steuerstrafrecht, 1997; Fisch, A., Das Strafbefehlsverfahren,
Diss. jur. Bochum 1999; Ranft, O., Grundzüge des Strafbefehlsverfahrens, JuS 2000, 633
Strafe (§§ 38ff. StGB) ist die Zufügung eines der Schwere von
→Unrecht und →Schuld angemessenen, öffentliche Missbilligung
ausdrückenden Übels (→Rechtsfolge) für eine mit S. bedrohte
Rechtsverletzung eines Menschen durch die Allgemeinheit (→Staat).
Die S. ist demnach eines von mehreren möglichen Übeln
(→Zweispurigkeit des →Strafrechts). Sie ist in der Gegenwart
→Freiheitsstrafe oder →Geldstrafe, während etwa →Todesstrafe,
Leibesstrafe u. ä. ausgeschlossen sind. →Nebenstrafe ist das
→Fahrverbot. Hinzutreten kann als Nebenfolge eine Aberkennung
von Rechten und Fähigkeiten (§ 45 StGB). Voraussetzung der Strafe
sind materiell →Tatbestand, →Rechtswidrigkeit, →Schuld,
Vorliegen einer eventuellen →Bedingung der Strafbarkeit, Fehlen
von →Strafausschließungsgründen, Fehlen von
Strafaufhebungsgründen und eventuell erforderlicher →Strafantrag
sowie formell ein →Strafverfahren. Gemildert werden kann die Strafe
nach § 46a StGB beispielsweise, wenn der Täter seine Tat ganz oder
überwiegend wiedergutmacht (Täter-Opfer-Ausgleich). Die Zusage
einer bestimmten zu verhängenden S. bei Ablegung eines
Geständnisses ist im Strafverfahren bei Wahrung der unverzichtbaren
Grundsätze des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts zulässig,
wenn Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidiger mitwirken und die
zugesagte Höchststrafe der Schuld des Angeklagten entspricht.
Lit.: Dreher, E., Über die gerechte Strafe, 1947; Lampe, E., Strafphilosophie, 1999
Strafgedinge →Strafversprechen
Strafgefangener ist der dem Vollzug einer →Freiheitsstrafe
unterworfene Straftäter (→Gefangene). In Hessen waren 1999 40%
der Strafgefangenen Ausländer. Ausländer können derzeit nur mit
ihrer Zustimmung dem →Strafvollzug in ihrem Heimatstaat
unterworfen werden.
Lit.: Götte, S., Die Mitbetroffenheit der Kinder und Ehepartner von
Strafgefangenen, 2000
Strafgericht ist das für das →Strafverfahren zuständige →Gericht
der ordentlichen →Gerichtsbarkeit. S. sind am →Amtsgericht der
→Strafrichter und das →Schöffengericht, am Landgericht die
→Strafkammer (kleine Strafkammer, →Schwurgericht, große
Strafkammer) sowie am →Oberlandesgericht und am
→Bundesgerichtshof der →Strafsenat.
Lit.: Roggemann, H., Die internationalen Strafgerichtshöfe, 2. A. 1998; Katholnigg, O.,
Strafgerichtsverfassungsrecht, 3. A. 1999
Strafgesetz ist der eine →Strafe als →Rechtsfolge (eines bestimmten
Tatbestands) anordnende Rechtssatz (Gesetz im materiellen Sinn,
meist auch Gesetz im formellen Sinn). S. zu Verbrechen gegen
Frieden und die Sicherheit der Menschheit ist ein 1996
unternommener Versuch der →Vereinten Nationen, eine Grundlage
für die Verfolgung internationaler →Verbrechen zu schaffen.
Strafgesetzbuch (StGB) ist das die wesentlichen Materien des
→Strafrechts regelnde →Gesetz (→Gesetzbuch) vom 15. 5. 1871. Es
gliedert sich in einen allgemeinen Teil, in dem die allgemeinen
Voraussetzungen und Folgen der →Straftat festgelegt sind, und in
einen besonderen Teil (§§ 80ff. StGB). Dieser teilt die einzelnen
besonderen Straftatbestände in 28 Abschnitte (z. B. Straftaten gegen
die sexuelle Selbstbestimmung, gegen das Leben, gegen die
persönliche Freiheit u. a.).
Lit.: Strafgesetzbuch, 38. A. 2002; Tröndle, H./Fischer, T., Strafgesetzbuch, 51. A. 2003;
Lackner/Kühl, StGB; Schönke/Schröder, StGB; Leipziger Kommentar, 11. A. 1992ff.; Erbs,
G./Kohlhaas, M., Strafrechtliche Nebengesetze (Lbl.), 151. A. 2003; Oehler, Internationales
Strafrecht, 2. A. 1984; Systematischer Kommentar zum StGB (Lbl.), hg. v. Rudolphi, J. u. a.,
5./6. A. 1994ff.; Joecks, W., Studienkommentar StGB, 5. A. 2004; Nomos Kommentar zum
Strafgesetzbuch (Lbl.), 2002; Kindhäuser, U., Strafgesetzbuch, 2002; Münchener Kommentar
Strafgesetzbuch, Bd. 1ff. 2003
Strafkammer (§§ 60ff. GVG) ist die Abteilung des →Landgerichts,
die in Strafsachen tätig wird. Die kleine S. ist mit dem
→Vorsitzenden und zwei →Schöffen besetzt und entscheidet über die
→Berufung gegen ein Urteil des →Strafrichters oder des
→Schöffengerichts. Das →Schwurgericht ist mit drei Richtern und
zwei Schöffen besetzt und ist für die in § 74 II GVG besonders
bezeichneten Straftaten zuständig. Die große, mit grundsätzlich zwei,
ausnahmsweise mit drei Richtern und zwei Schöffen besetzte S.
entscheidet in allen übrigen Fällen.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Strafmaß ist das Maß bzw. der Umfang der →Strafe. Das S. ist
allgemein durch den →Strafrahmen festgelegt. Für den Einzelfall
wird es in der →Strafzumessung konkretisiert.
Gelöscht: 4
Gelöscht: 3
Strafmaßberufung ist die auf die →Strafzumessung beschränkte
→Anfechtung eines Strafurteils mit dem →Rechtsmittel der
→Berufung. Umstritten ist, ob dem nicht angefochtenen →Teil des
Strafurteils →Rechtskraft zukommt, insbesondere ob das
Rechtsmittelgericht an den Schuldspruch gebunden ist.
Strafmaßrevision ist die auf die →Strafzumessung beschränkte
→Anfechtung eines Strafurteils mit dem →Rechtsmittel der
→Revision. Umstritten ist, ob dem nicht angefochtenen →Teil des
Strafurteils →Rechtskraft zukommt, insbesondere ob das
Rechtsmittelgericht an den Schuldspruch gebunden ist.
Strafmilderungsgrund (§§ 49f. StGB) ist der Grund, eine →Strafe
zu mildern. S. ist (in Deutschland seit 28. 4. 1997) nicht (mehr) ohne
Weiteres der erhebliche Alkoholgenuss vor der Tat.
→Strafzumessung
Strafmündigkeit (§ 19 StGB) ist die altersbedingte und
geistesbedingte Straffähigkeit. Nach § 19 StGB ist schuldunfähig, wer
bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt war. Nach § 3
JGG ist ein →Jugendlicher strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur
Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif
genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu
handeln (bedingte S.).
Strafprozess ist das gerichtliche →Verfahren, in dem über das
Vorliegen einer →Straftat verhandelt wird. Der S. ist geregelt durch
die Strafprozessordnung. Das Strafverfahren gliedert sich
grundsätzlich in →Ermittlungsverfahren (vorbereitendes Verfahren),
→Eröffnungsverfahren (gerichtliches Zwischenverfahren) und
→Hauptverfahren sowie →Vollstreckungsverfahren. Für besondere
Verfahren gelten besondere Gesetze (z. B. Jugendgerichtsgesetz,
Abgabenordnung, Ordnungswidrigkeitengesetz).
Lit.:Schaefer, H./Schroers, J., Mustertexte zum Strafprozess, 7. A. 2003; Kühne, H.,
Strafprozesslehre, 4. A. 1993; Schmehl, M./Vollmer, W., Die Assessorklausur im Strafprozess, 7. A.
2003; Göbel, K., Strafprozess, 5. A. 1996; Murmann, U./Grassmann, N., Die strafprozessuale
Zusatzfrage im ersten juristischen Staatsexamen, JuS 2001, Heft 3, Beilage
Strafprozessordnung (StPO) ist das den →Strafprozess bzw. das
→Strafverfahren ordnende →Gesetz. Die S. gliedert sich in die
Bücher allgemeine Vorschriften, Verfahren im ersten →Rechtszug,
→Rechtsmittel, →Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil
abgeschlossenen Verfahrens, Beteiligung des Verletzten am
Verfahren, besondere Arten des Verfahrens, →Strafvollstreckung und
→Kosten des Verfahrens. Sie stammt in ihrer ursprünglichen Fassung
vom 1. 2. 1877.
Lit.: StPO, 36. A. 2003; Meyer-Goßner, L., Strafprozessordnung, 47. A. 2004; StPO, hg. v. Roxin,
C., 33. A. 2001; Löwe/Rosenberg, Strafprozessordnung, 25. A. 1997ff.; Karlsruher Kommentar zur
Strafprozessordnung, hg. v. Pfeiffer, G., 5. A. 2003; Strafprozessordnung, hg. v. Lemke, M. u. a.,
3. A. 2001; Pfeiffer, G., Strafprozessordnung, Gerichtsverfassungsgesetz, 5. A. 2003
Strafprozessrecht ist die Gesamtheit der den →Strafprozess
betreffenden →Rechtssätze.
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht; Schroeder, F., Strafprozessrecht, 3. A. 2001; Beulke, W.,
Strafprozessrecht, 6. A. 2002; Volk, K., Strafprozessrecht, 3. A. 2002; Kühne, H., Strafprozessrecht,
5. A. 1999; Schlüchter, E., Strafprozessrecht, 3. A. 1999
Strafrahmen ist der in dem abstrakten Strafrechtssatz (Strafgesetz)
durch eine Obergrenze und eine Untergrenze abgesteckte Bereich, in
dem sich im konkreten Einzelfall die Strafzumessung unter
Berücksichtigung der Schwere der Schuld (§ 46 StGB) halten muss
(z. B. Der Totschläger wird mit Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren
bestraft, § 212 StGB).
Lit.: Götting, B., Gesetzliche Strafrahmen, 1997
Strafrecht ist die Gesamtheit der auf die Voraussetzung →Straftat
die Rechtsfolgen →Strafe und bzw. oder →Maßregel der Besserung
und Sicherung androhenden Rechtssätze. Das S. ist ein Teil des
öffentlichen →Rechts. Es gliedert sich in einen allgemeinen Teil, der
allgemein die →Straftat und ihre →Rechtsfolge ordnet, und einen
besonderen Teil, in dem Einzelne besondere, mit Strafe bedrohte
Handlungen in ihren Voraussetzungen und Folgen geregelt sind.
Außerhalb des →Strafgesetzbuchs steht das →Nebenstrafrecht. In der
Rechtsgeschichte gewinnt das öffentliche S. in nachantiker Zeit erst
seit dem Hochmittelalter und dem erstarkenden Staat an Bedeutung.
Lit.: Strafrecht (Lbl.), 18. A. 2004; Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil; Wessels/Beulke, Strafrecht,
Allgemeiner Teil; Krey, V., Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. 1 11. A. 1998; Roxin, C., Strafrecht,
Allgemeiner Teil, Bd. 1 3. A. 1997, Bd. 2 2003; Kühl, K., Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. A. 2002;
Jescheck, H./Weigend, T., Lehrbuch des Strafrechts, 5. A. 1996; Arzt, G., Die Strafrechtsklausur,
6. A. 2000; Naucke, W., Strafrecht, 10. A. 2002; Otto, H., Grundkurs Strafrecht, 6. A. 2000; Küper,
W., Strafrecht Besonderer Teil, 5. A. 2002; Rengier, R., Strafrecht Besonderer Teil I, 6. A. 2003;
Rengier, R., Strafrecht Besonderer Teil II, 5. A. 2003; Tiedemann, K., Die Anfängerübung im
Strafrecht, 4. A. 1999; Lübkemann, W., Strafrecht und Strafverfahrensrecht, 14. A. 1997; Schroth,
U., Strafrecht Besonderer Teil, 3. A. 2000; Schmehl, M./Vollmer, W., Die Assessorklausur im
Strafrecht, 6. A. 2001; Hillenkamp, T., 32 Probleme aus dem Strafrecht, 11. A. 2003; Hillenkamp,
T., 40 Probleme aus dem Strafrecht, 9. A. 2001; Meurer, D., Grundkurs Strafrecht, 4. A. 1999;
Rudolphi, H., Fälle zum Strafrecht, 5. A. 2000; Roggemann, H., Internationales Strafrecht, 1998;
Jung, H., Konturen und Perspektiven des europäischen Strafrechts, JuS 2000, 417; Haft, F.,
Strafrecht Fallrepetitorium zum allgemeinen und besonderen Teil, 4. A. 2000; Die deutsche
Strafrechtswissenschaft vor der Jahrtausendwende, hg. v. Eser, A. u. a., 2000; Stratenwerth, G.,
Schweizerisches Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. A. 2000; Kindhäuser, U., Strafrecht Allgemeiner
Teil, 2000; Gropp, W., Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. A. 2001; Krey, V., Deutsches Strafrecht
Allgemeiner Teil Bd. 1 2000, Bd. 2 2001; Ignor, A./Rixen, S., Handbuch Arbeitsstrafrecht, 2002;
Schröder, C., Europäische Richtlinien und deutsches Strafrecht, 2002; Marxen, K., Kompaktkurs
Strafrecht Allgemeiner Teil, 2003; Hilgendorf, E., Fallsammlung zum Strafrecht, 4. A. 2003;
BaumannJ./Weber, U./Mitsch, W., Strafrecht Allgemeiner Teil 11. A. 2003; Greeve/Leipold,
Handbuch des Baustrafrechts, 2004; Pelz, C., Strafrecht in Krise und Insolvenz, 2004
Strafrechtsentschädigung ist die Entschädigung für Schäden durch
rechtswidrige Strafverfolgungsmaßnahmen.
Lit.: Meyer, D., Strafrechtsentschädigung, 5. A. 2002
Strafregister →Bundeszentralregister
Strafrichter ist der in →Strafsachen tätige Einzelrichter.
Lit.: Arzt, G., Der befangene Strafrichter, 1969
Strafsache ist die eine Strafe als Folge eines Verhaltens zum Ziel
habende Angelegenheit.
Lit.: Schmitz, G./Ernemann, A./Frisch, A., Die Station in Strafsachen, 6. A. 1999
Strafschärfungsgrund ist ein Grund, eine Strafe zu schärfen.
→Strafzumessung
Strafsenat ist die in Strafsachen entscheidende, teils mit drei, teils
mit fünf Richtern besetzte, vor allem für →Revisionen zuständige
(§§ 120ff., 135 GVG) Abteilung des →Oberlandesgerichts und des
→Bundesgerichtshofs.
Straftat (Delikt) ist das durch →Gesetz mit →Strafe als
→Rechtsfolge bedrohte menschliche →Verhalten. Die S. erfordert
grundsätzlich ein Verhalten (Tatbestand i. e. S.), →Rechtswidrigkeit
und →Schuld. Innerhalb der Straftaten können allgemein
verschiedene Arten unterschieden werden (z. B. →Begehungsdelikt
und →Unterlassungsdelikt, →Erfolgsdelikt und →Tätigkeitsdelikt,
→Verletzungsdelikt und →Gefährdungsdelikt, →Vorsatzdelikt und
→Fahrlässigkeitsdelikt, versuchtes Delikt und vollendetes Delikt,
→Sonderdelikt, eigenhändiges →Delikt sowie →Vergehen und
→Verbrechen). Die besonderen Straftaten werden nach den
geschützten Rechtsgütern geordnet (z. B. →Staatsschutzdelikt,
→Sexualdelikt, →Vermögensdelikt u. a.). Privilegierte S. ist der mit
einer milderen Strafe bedrohte Unterfall einer S. (z. B. § 213 StGB),
qualifizierte S. der mit einer höheren Strafe bedrohte Unterfall einer
S. (z. B. § 212 II StGB).
Lit.: Freund, G., Der Aufbau der Straftat in der Fallbearbeitung, JuS 1997, 235; Werle, G., Die
allgemeine Straftatlehre, JuS 2001, L 33
Straftheorie ist die Theorie (des Zwecks) der →Strafe
(→Strafzweck). Die S. ist ein Versuch der Rechtfertigung der Strafe.
Unterschieden werden absolute S. und relative Straftheorien. Nach
der absoluten S. sind Wesen und Zweck der Strafe identisch. Strafe
ist Zufügung von Übel zwecks Ausgleichs von Übel (Kant, Hegel).
Die relativen Straftheorien sehen Strafe als Mittel zur Vorbeugung
(→Prävention) gegen künftige Straftaten an. Sie können auf
→Generalprävention oder →Spezialprävention abgestellt sein.
Besonders bedeutsam ist dabei das Bemühen um →Resozialisierung
durch Strafe oder während des Vollzugs der Strafe. In der Gegenwart
werden überwiegend Theorien vertreten, welche die Elemente dieser
einzelnen Theorien vereinigen (Vereinigungstheorien).
Straftilgung (§§ 45ff. BZRG) ist die Entfernung einer Eintragung
über eine →Verurteilung (vor allem nach Ablauf einer bestimmten
Frist [5–15 Jahre]) aus dem Bundeszentralregister.
Lit.: Tremml, B., Die Rechtswirkungen der Straftilgung, 1975
Strafurteil (§ 260 StPO) ist das im →Strafprozess ergehende
→Urteil. Sein Gegenstand ist die in der →Anklage bezeichnete Tat,
wie sie sich nach dem Ergebnis der →Hauptverhandlung darstellt.
Das S. kann →Prozessurteil oder →Sachurteil sein. Es kann auf
→Einstellung des Verfahrens, →Freispruch, →Verurteilung,
Anordnung einer →Maßregel der Besserung und Sicherung oder
Anordnung einer sonstigen Rechtsfolge lauten. Gegen das S. sind
regelmäßig →Rechtsmittel statthaft.
Lit.: Meyer-Goßner, L./Appl, E., Die Urteile in Strafsachen, 27. A. 2002; Huber, M., Das Strafurteil,
2. A. 2004; Martis, Die Urteilsformel im Strafurteil, JA 1996, 416ff.; Wolters, G./Gubitz, M., Das
Strafurteil in der Assessorklausur, JuS 1998, 737; Kessel, F., Die Abfassung des Strafurteils, 1997
Strafvereitelung (§ 258 StGB) ist die absichtliche oder wissentliche,
gänzliche oder teilweise Vereitelung der Bestrafung (oder
Unterwerfung unter eine Maßnahme) eines andern oder der
Vollstreckung der gegen einen andern verhängten Strafe (oder
Maßnahme). Nicht hierzu zählt z. B. die Bezahlung einer Geldstrafe
Gelöscht: 1993
durch einen Dritten, die Nichtanzeige der Straftaten der
Anstaltsbediensteten der Justizvollzugsanstalten gegenüber
Strafgefangenen durch Anstaltsbedienstete oder die Nichtfestnahme
eines durch →Haftbefehl Gesuchten durch einen Polizisten außerhalb
der Dienstzeit. Die S. ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
mit Geldstrafe bedroht.
Lit.: Ferber, S., Strafvereitelung, 1997; Wappler, P., Der Erfolg der Strafvereitelung, 1998;
Günther, U., Das Unrecht der Strafvereitelung, 1998; Schröder, A., Vortat und Tatobjekt, 1999;
., Strafvollstreckungsvereitelung, NJW 2003, 3256
Strafverfahren ist das zur Verhängung einer →Strafe erforderliche
staatliche →Verfahren (in Deutschland jährlich etwa 500000). Es
unterliegt der →Strafprozessordnung. Es kann beschleunigt
durchgeführt werden, wenn eine Strafe von nicht mehr als sechs
Monaten Freiheitsentzug zu erwarten ist und Sachverhalt und
Beweislage einfach und klar sind (§§ 417ff. StPO). →Strafprozess
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht; Schäfer, G./Sander, G., Die Praxis des Strafverfahrens an Hand
einer Akte, 6. A. 2000; Pfeiffer, G., Grundzüge des Strafverfahrensrechts, 3. A. 1998; Haller,
K./Conzen, K., Das Strafverfahren, 2. A. 1999; Rüping, H., Das Strafverfahren, 3. A. 1997; Kramer,
P., Grundbegriffe des Strafverfahrensrechts, 5. A. 2002; Schröer, E., Das beschleunigte
Strafverfahren, 1998; Joachimski, J./Haumer, C., Strafverfahrensrecht, 4. A. 2000; Die Dauer von
Strafverfahren, hg. v. Dölling, D., 2000; Safferling, C., Towards an International Criminal
Procedure, Diss. jur. München 1999; Jokisch, J., Gemeinschaftsrecht und Strafverfahren, 2000;
Schrank, C., Richtiges Verhalten im Strafverfahren, 2001; Esser, R., Auf dem Weg zu einem
europäischen Strafverfahrensrecht, 2002
Strafverfolgung ist die Verfolgung einer →Straftat. Die S. erfolgt
grundsätzlich durch die →Staatsanwaltschaft, u. U. auf →Antrag
eines Strafantragsberechtigten. Sie wird durch →Verjährung
ausgeschlossen (§ 78 StGB, Fristen je nach angedrohter Strafe
zwischen 3 und 30 Jahren, ausgenommen →Mord und Völkermord).
Bei ungerechtfertigter S. kann ein Anspruch auf Entschädigung gegen
den Staat entstehen (Gesetz über die Entschädigung für
Strafverfolgungsmaßnahmen).
Lit.: Ahlers, M., Die deutsche Strafverfolgungspraxis, 2001; Schätzler, J./Kunz, K., Gesetz über die
Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, 3. A. 2003
Strafversprechen oder Vertragsstrafversprechen (§§ 339ff. BGB) ist
das Versprechen einer meist in →Geld bestehenden →Leistung für
einen bestimmten Fall. Das S. ist ein →Rechtsgeschäft. Es ist
selbständiges S., wenn der Schuldner die Strafe verspricht für den
Fall, dass eine →Handlung vorgenommen oder unterlassen wird,
ohne sich jedoch zu der Handlung oder →Unterlassung zu
verpflichten. Das S. ist dagegen unselbständiges S. (Vertragsstrafe),
wenn es an eine Hauptverbindlichkeit angelehnt ist.
Strafverteidiger ist der →Rechtsanwalt im →Strafprozess. Die
Selbstbezeichnung eines Rechtsanwalts als S. ist allerdings
berufswidrige Werbung. →Verteidiger, Strafprozess
Lit.: Beck’sches Formularbuch für den Strafverteidiger, hg. v. Hamm, R./Lohberger, I., 4. A. 2002;
Strafverteidigung in der Praxis, hg. v. Brüssow, R., 1998; Dahs, H., Handbuch des Strafverteidigers,
6. A. 1999; Grundlagen der Strafverteidigung, hg. v. Ziegert, U., 2000; Grüner, G., Über den
Missbrauch, 2000
Strafvollstreckung (§§ 449ff. StPO) ist die Durchsetzung einer
→rechtskräftigen →Entscheidung über eine →Strafe. Die S. ist also
das dem →Erkenntnisverfahren folgende →Vollstreckungsverfahren
des →Strafprozesses. Sie ist →Justizverwaltung. Sie erfasst alle
Maßnahmen, durch welche die Ausführung des rechtskräftigen
Straferkenntnisses ins Werk gesetzt werden soll, wobei sie durch die
→Staatsanwaltschaft – bzw. den Jugendrichter – erfolgt (§§ 451
StPO, 82 I JGG). Die S. verjährt nach dem Ablauf bestimmter Fristen
(§ 79 StGB, ausgenommen Strafen wegen Völkermords und
lebenslange Freiheitsstrafen).
Lit.: Pohlmann, H./Jabel, H./Wolf, T., Strafvollstreckungsordnung, 8. A. 2001; Isak, F./Wagner, A.,
Strafvollstreckung, 7. A. 2004; Volckart, B., Verteidigung in der Strafvollstreckung und im
Vollzug, 3. A. 2001
Strafvollzug ist die →Vollstreckung der →Freiheitsstrafe sowie der
freiheitsentziehenden Maßregeln →der Besserung und Sicherung. Der
S. ist ein Fall der →Strafvollstreckung. Er ist durch das
Strafvollzugsgesetz vom 1. 1. 1977 geregelt. Er erfolgt in
→Justizvollzugsanstalten. Ziele sollen die Verhinderung von
Straftaten und die Vermittlung der Fähigkeit sein, künftig in sozialer
Verpflichtung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Hierfür wird ein
Vollzugsplan erstellt. Es besteht eine Verpflichtung zur Arbeit.
Lit.: Strafvollzugsgesetz, 16. A. 2003; Callies, R./Müller-Dietz, H., Strafvollzugsgesetz, 9. A.
2002; Alternativkommentar zum Strafvollzug, 3. A. 1990; Feest, J., Kommentar zum
Strafvollzugsgesetz, 4. A. 2000; Strafvollzugsgesetz, hg. v. Schwind, H./Böhm, 3. A. 1999; Kaiser,
G./Schöch, H., Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, 5. A. 2001; Laubenthal, K.,
Strafvollzug, 3. A. 2002; Höflich, P./Schriever, W., Grundriss Vollzugsrecht, 3. A. 2003;
Strafvollzug, hg. v. Egg, R., 1999; Walter, M., Strafvollzug, 2. A. 1999; Eisenberg, U.,
Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, 7. A. 2004; Nibbeling, J., Die Privatisierung des
Haftvollzugs, 2001; Kaiser, G./Schöch, H., Strafvollzug, 5. A. 2002; Böhm, A., Strafvollzug, 3. A.
2002; Arloth, F., Grundfrqgen und aktuelle Probleme des Strafvollzugs, JuS 2003, 1041
Strafvorschrift (§ 200 StPO) ist die eine →Strafe als →Rechtsfolge
anordnende Vorschrift.
Strafzumessung (§ 46 StGB) ist die Festsetzung der →Strafe durch
das →Gericht im Einzelfall. Die Grundlage der S. bildet innerhalb des
→Strafrahmens die →Schuld des Täters. Zu berücksichtigen sind die
Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in
der Gesellschaft zu erwarten sind. Bei der Abwägung des Gerichts
sind insbesondere zu beachten die Beweggründe und Ziele des Täters,
seine Gesinnung und sein Tatwille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die
Art und die verschuldeten Folgen der Tat, das Vorleben des Täters,
seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein
Verhalten nach der Tat.
Lit.: Schäfer, G., Praxis der Strafzumessung, 3. A. 2001; Kropp, Grundsätze der Strafzumessung,
JA 2000, 700ff.; Brögelmann, J., Methodik der Strafzumessung, JuS 2002, 903; Streng, F.,
Strafrechtliche Sanktionen, 2. A. 2002
Strafzweck ist der Zweck der Strafe bzw. das Ziel der Bestrafung.
Der S. steht nicht ein für allemal fest, sondern hängt von der
Einordnung der Straftat in das gesellschaftliche Leben ab. Dazu haben
sich im Laufe der Entwicklung verschiedene →Straftheorien gebildet.
Lit.: Stratenwerth, G., Was leistet die Lehre von den Strafzwecken?, 1995; Bottke, W.,
Assoziationsprävention, 1995; Weber, J., Das Genugtuungsinteresse, 1997
Straße ist der planmäßig angelegte, für das Befahren mit Fahrzeugen
geeignete Verkehrsweg. Die öffentliche S. ist eine öffentliche
→Sache. Sie wird in verschiedene Klassen eingeteilt
(Bundesfernstraße, Landstraße erster und zweiter Ordnung,
Gemeindestraße).
Lit.: Kodal, K./Krämer, H., Straßenrecht, 6. A. 1999; Wichmann, M., Straßenreinigung und
Winterdienst, 3. A. 2000; Hoppe, W./Schlarmann, H./Buchner, R., Rechtsschutz bei der Planung
von Straßen, 3. A. 2001; Sauthoff, M., Straße und Anlieger, 2003
Straßenbaubehörde ist das zuständige Verwaltungsorgan des
→Straßenbaulastträgers, dessen Aufgabe vor allem darin besteht, die
Rechtsgeschäfte und tatsächlichen Handlungen vorzunehmen, die
erforderlich sind, um der gesetzlichen Verpflichtung zum Bau und zur
Unterhaltung der →Straßen zu genügen.
Straßenbaulast (§ 3 BFStrG) ist die Verpflichtung des
Straßenbaulastträgers zur Herstellung, Unterhaltung, Erweiterung und
Verbesserung der besonders bezeichneten Straßen in einem
bestimmten Gebiet im Rahmen der finanziellen und administrativen
Leistungsfähigkeit. Straßenbaulastträger ist für Bundesfernstraßen
(Autobahnen, Bundesstraßen) der →Bund (§ 5 BFStrG), für
Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen Gemeinden mit mehr
als 80000 Eibwohnern, für Landstraßen erster Ordnung
(Staatsstraßen) das →Land, für Landstraßen zweiter Ordnung
(Kreisstraßen) der →Landkreis bzw. die kreisfreie →Stadt, für
Gemeindestraßen die →Gemeinde. Der Träger der S. unterliegt der
Straßenaufsicht (meist der obersten Straßenbaubehörde des Lands
bzw. der Rechtsaufsichtsbehörde).
Straßenbaulastträger →Straßenbaulast
Straßenrecht ist die Gesamtheit der die →Straßen, Wege und Plätze
betreffenden Rechtssätze. Es ist insbesondere im
Bundesfernstraßengesetz und in Ländergesetzen geregelt. Im weiteren
Sinn gehört zum S. auch das Recht des →Straßenverkehrs.
Lit.: Kodal, K./Krämer, H., Straßenrecht, 6. A. 1999; Neue Länderstraßengesetze, hg. v. Blümel,
W./Pfeil, M., 1993; Zeitler, H., Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (Lbl.), 14. A. 2004
Straßenverkehr ist die Benutzung der jedermann oder bestimmten
Gruppen dauernd oder vorübergehend offenstehenden →Straßen. Das
Recht des Straßenverkehrs ist insbesondere geregelt im
Straßenverkehrsgesetz, der Straßenverkehrsordnung und der
Straßenverkehrszulassungsordnung. Sie enthalten zahlreiche
Einzelvorschriften über die →Zulassung zum S. sowie die Regelung
der konkreten Gestaltung des Verhaltens im S. § 7 StVG setzt dabei
für den Halter eines →Kraftfahrzeugs grundsätzlich eine
→Gefährdungshaftung fest. Bestimmte Verhaltensweisen im S. sind
als Straftatbestände mit →Strafe bedroht (insbesondere die §§ 315bff.
StGB).
Lit.: Straßenverkehrsrecht, 42. A. 2003; Hentschel, P., Straßenverkehrsrecht; Straßenverkehrsrecht
(Lbl.), 54. A. 2003; Straßenverkehrsrichtlinien (Lbl.), 37. A. 2003; Straßenverkehrsrecht, hg. v.
Janiszewski, H., 38. A. 2001; Hentschel, P., Straßenverkehrsrecht, 37. A. 2003; Janiszewski,
H./Jagow, J./Burmann, M., Straßenverkehrsrecht, 18. A. 2004; Handbuch des
Straßenverkehrsrechts (Lbl.) hg. v. Berz, U./Burmann, M., 12. A. 2003;
Straßenverkehrsentscheidungen (Lbl.), hg. v. Cramer/Berz/Gontard, 31. A. 2003; Greger, R.,
Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. A. 1997; Beck, W./Löhle, U., Fehlerquellen bei polizeilichen
Messverfahren, 7. A. 2002; Händel, K., Straßenverkehrsrecht, 9. A. 1999; Buschbell, H.,
Münchener Anwaltshandbuch Straßenverkehrsrecht, 2001; Mindorf, P., Internationaler
Straßenverkehr, 2001; Becher, K., Geschwindigkeitsüberschreitung im Straßenverkehr, 2. A. 2000;
Sieghörtner, R., Internationales Straßenverkehrsunfallrecht, 2002; Hentschel, P., Die Entwicklung
des Straßenverkehrsrechts im Jahre 2003, NJW 2004, 651
Straßenverkehrsbehörde (§ 44 StVO) ist die zur Ausführung der
→Straßenverkehrsordnung zuständige →Verwaltungsbehörde. Dies
ist die untere →Verwaltungsbehörde (z. B. →Landrat). Sie stellt z. B.
→Verkehrszeichen auf.
Straßenverkehrsordnung ist das den →Straßenverkehr ordnende
Gesetz.
Lit.: Schurig, R., Straßenverkehrsordnung, 11. A. 2002
Straßenverkehrsrecht →Straßenverkehr
Streik ist die gemeinsam und planmäßig durchgeführte, auf ein
bestimmtes Ziel gerichtete Arbeitseinstellung einer verhältnismäßig
großen Zahl von →Arbeitnehmern. Der S. ist ein Mittel des
→Arbeitskampfs. Er kann →Generalstreik aller Arbeitnehmer,
→Vollstreik aller Arbeitnehmer eines Betriebs oder
Wirtschaftszweigs oder →Teilstreik (Schwerpunktstreik) sein sowie
organisierter (von Gewerkschaften geleiteter) S. oder wilder – und
damit rechtswidriger (str.) – S. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet,
einen bestreikten Betrieb oder Betriebsteil soweit wie möglich
aufrechtzuerhalten. Er muss jedoch Lohn bezahlen, wenn ein
befürchteter S. ausbleibt und er die Arbeitnehmer infolge
vorsorglicher Vergabe der gefährdeten Arbeiten an ein fremdes
Unternehmen nicht beschäftigen kann.
Lit.: Scherer, I., Grenzen des Streikrechts, 2000; Auktor, C., Der Wellenstreik, 2002
Streit ist das gegeneinander gerichtete gegensätzliche Verhalten
zweier Menschen. Der Kostenersparnis dient die außergerichtliche
Streitbeilegung, deren erfolglose Durchführung nach Landesrecht zur
Voraussetzung der gerichtlichen Austragung bestimmter
Streitigkeiten gemacht werden kann (§ 15a EGZPO). Zuständig
können Gütestellen, Gütestellen von Verbänden oder Rechtsanwälte
oder Notare sein.
Lit.: Hartmann, P., Das neue Gesetz zur Förderung der
außergerichtlichen Streitbeilegung, NJW 1999, 3745;
Außergerichtliche Streitschlichtung, hg. v. Prütting, H., 2003
Streitgegenstand ist der prozessuale →Anspruch bzw. nach
umstrittener Ansicht entweder das Begehren des Klägers an das
Gericht um Entscheidung oder eine an den Beklagten gerichtete
Rechtsbehauptung. Der S. ist ein rein prozessualer Begriff. Er ist
nicht das umstrittene Objekt selbst, der konkrete, streitauslösende
→Sachverhalt oder der materiellrechtliche →Anspruch. Je nach
Ansicht wird er bestimmt durch die Behauptung eines materiellen
Rechts, durch den Klageantrag und den vom Kläger zur Begründung
vorgetragenen Sachverhalt oder nur durch den Antrag. Praktisch
bedeutsam ist der S. wegen seiner Maßgeblichkeit für die
→Bestimmtheit der →Klage, die sachliche →Zuständigkeit, die
objektive →Klagehäufung, die →Klageänderung, die
→Rechtshängigkeit und die →Rechtskraft.
Lit.: Horn, Die Lehre vom Streitgegenstand, JuS 1992, 680; Detterbeck, S., Streitgegenstand und
Entscheidungswirkungen im öffentlichen Recht, 1995; Musielak, H., Der rechtskräftig entschiedene
Lebenssachverhalt, NJW 2000, 3593; Bub, P., Streitgegenstand und Rechtskraft bei
Zahlungsklagen, 2001
Streitgenosse ist der Beteiligte einer →Streitgenossenschaft.
Streitgenossenschaft (z. B. §§ 59ff. ZPO) ist das Auftreten mehrerer
→Parteien oder →Beteiligter auf einer Seite eines →Rechtsstreits.
Die S. setzt voraus, dass die Betreffenden hinsichtlich des
→Streitgegenstands in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus
demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grund berechtigt oder
verpflichtet sind (eigentliche S. z. B. bei Miteigentum) oder (im
Wesentlichen) gleichartige Ansprüche oder Verpflichtungen den
Gegenstand des Rechtsstreits bilden (uneigentliche S. z. B. mehrere
Mieter). Grundsätzlich gereichen die Handlungen des einen
Streitgenossen dem andern weder zum Vorteil noch zum Nachteil
(einfache S.). Bei der notwendigen S., die vor allem dann vorliegt,
wenn das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber
nur einheitlich festgestellt werden kann, werden die säumigen
Streitgenossen als durch die nicht säumigen Streitgenossen vertreten
angesehen (z. B. bei Gesellschaft des bürgerlichen Rechts).
Lit.: Lindacher, W., Die Streitgenossenschaft, JuS 1986, 379; Wieser, E., Notwendige
Streitgenossenschaft, NJW 2000, 1163
streitig (Adj.) einen Streit betreffend
streitige Gerichtsbarkeit →Gerichtsbarkeit, streitige
Streitigkeit ist allgemein die zu einem Streit führende
Meinungsverschiedenheit mindestens zweier Menschen. 70% aller zu
einem Rechtsanwalt gelangenden Streitigkeiten werden ohne
gerichtliches Verfahren gelöst. Die Amtsgerichte beenden 94%, die
Landgerichte 86% aller vor sie gebrachten Streitigkeiten endgültig.
Im Verfahrensrecht ist S. der →Rechtsstreit. Eine öffentlichrechtliche S. (§ 40 I VwGO) ist die S., bei welcher der
Streitgegenstand eine unmittelbare Folge des öffentlichen →Rechts
ist. Soweit der Gesetzgeber eine S. nicht ausdrücklich den
Verwaltungsgerichten oder Zivilgerichten zugeordnet hat, entscheidet
die innere Natur der S. Maßgebend ist dabei die wahre Natur des vom
Kläger behaupteten Anspruchs, nicht dagegen die behauptete Natur
des Anspruchs oder die Natur des wirklichen Anspruchs.
Verfassungsrechtliche S. (§ 40 VwGO) ist die S. zwischen den
obersten Staatsorganen oder in der →Verfassung mit eigenen Rechten
ausgestatteten Teilen eines obersten Staatsorgans über die Auslegung
und Anwendung von →Verfassungsrecht (vgl. Art. 93 GG, § 13
BVerfGG).
Streitverkündung (z. B. §§ 72ff. ZPO) ist die förmliche
Benachrichtigung eines Dritten von einem anhängigen →Rechtsstreit
durch eine →Partei. Die S. ist zulässig, wenn eine Partei für den Fall
des ihr ungünstigen Ausgangs eines Rechtsstreits einen Anspruch auf
Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu
können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt. Der Dritte
kann dem Streit wie ein →Nebenintervenient beitreten und wird
später im Verhältnis zu der Hauptpartei nicht mehr damit gehört, dass
der Rechtsstreit unrichtig entschieden sei.
Lit.: Wittner, Streithilfe und Streitverkündung, JuS 1985, 703; Bischof, Praxisprobleme der
Streitverkündung, MDR 1999, 787; Frohn, M., Nebenintervention und Streitverkündung in der
Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1999
Streitwert (z. B. §§ 2ff. ZPO) ist der in →Geld bemessene Wert des
→Streitgegenstands. Der S. wird vom →Gericht grundsätzlich nach
freiem →Ermessen durch Beschluss festgesetzt. Er hat Bedeutung für
die sachliche →Zuständigkeit, die →Gebühren und die →Beschwer
(z. B. § 546 ZPO).
Lit.: Schneider, E./Herget, K., Streitwert-Kommentar für den Zivilprozess, 11. A. 1996; Hillach, A.,
Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen, 9. A. 1995; Madert, W., Der Gegenstandswert, 4. A. 1999;
Oestreich, A., Streitwerthandbuch, 2. A. 1998; Anders, M. u. a., Streitwert-Lexikon, 4. A. 2002;
Schäder, G., Streitwert-Lexikon Arbeitsrecht, 2000; Meier, H., Streitwert im Arbeitsrecht, 2. A.
2000; Dörndorfer, J., Der Streitwert für Anfänger, 3. A. 2003
Strengbeweis ist im Verfahrensrecht der →Beweis, der zum Ziel hat,
in dem →Beweisverfahren und mit den →Beweismitteln gemäß
§§ 355ff. ZPO die volle Überzeugung des Gerichts herbeizuführen.
→Freibeweis, →Glaubhaftmachung
Lit.: Dallmeyer, J., Beweisführung im Strengbeweisverfahren, 2002
strenge Schuldtheorie →Schuldtheorie, strenge
Strohmann (bzw. Strohfrau) ist die von einem wirklichen
Geschäftsmann vorgeschobene Person, die nach außen im eigenen
Namen auftritt, im Innenverhältnis aber den Weisungen des
wirklichen Geschäftsherrn unterworfen ist.
Strom ist die gerichtete Bewegung elektrischer Ladungsträger.
Stromeinspeisungsgesetz ist das die Einspeisung von elektrischem
Strom in Leitungsnetze betreffende Gesetz vom 7. 12. 1990.
Lit.: Salje, P., Stromeinspeisungsgesetz, 1999
Stromentwendung →Energieentziehung
Stromsteuergesetz ist das die Besteuerung der Verwendung von
Strom betreffende Gesetz.
Li.: Arndt, H., Stromsteuergesetz, 1999
Stück (N.) Teil
Stückaktie (§ 8 III, IV AktG) ist die sich aus der Teilung des
→Grundkapitals einer →Aktiengesellschaft durch die Zahl der
ausgegebenen Aktien ergebende Aktie. Die S. lautet auf keinen
Nennbetrag. Der auf die einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag
des Grundkapitals darf einen Euro nicht unterschreiten.
Stückschuld ist die auf einen nach besonderen, individuellen
Merkmalen bestimmten Leistungsgegenstand gerichtete →Schuld
(z. B. Kauf der Mona Lisa) im Gegensatz zur →Gattungsschuld. Sie
entsteht durch →Vereinbarung oder durch →Konkretisierung der
→Gattungsschuld (im Zuge ihrer Erfüllung). Ihre wichtigsten
Sonderregeln betreffen den Inhalt der Leistung (§ 243 I BGB) und das
Freiwerden bei →Unmöglichkeit (§ 275 I BGB).
Lit.: Pammler, S., Zum Ersatzlieferungsanspruch beim Stückkauf,
NJW 2003, 1992
Student ist das lernende Mitglied einer →Hochschule. Die
grundsätzlich die Hochschulreife (Abitur bzw. in Österreich Matura)
u. a. voraussetzende Mitgliedschaft des Studenten wird begründet
durch Immatrikulation (Einschreibung in die Matrikel) und beendet
durch Exmatrikulation (Löschung in der Matrikel). Die
Rechtsstellung des Studenten bestimmt sich nach dem
→Hochschulrahmengesetz, den Landeshochschulgesetzen und der
→Satzung der Hochschule. →Studium
Lit.: Reich, A., Hochschulrahmengesetz, 8. A. 2002
Studentenausschuss ist der Ausschuss der →Studenten. Der
allgemeine, in der Regel aus einem oder zwei Vorsitzenden und
mehreren Fachreferenten bestehende S. (AStA) ist das
geschäftsführende Kollegialorgan der →Studentenschaft einer
→Universität. Er wird vom →Studentenrat gewählt und vollzieht
dessen →Beschlüsse.
Lit.: Köbler, Jurist
Studentenschaft (§ 41 HRG) ist die Gesamtheit der →Studenten
einer Hochschule. Sie verwaltet nach Landesrecht ihre
Angelegenheiten im Rahmen der rechtlichen Bestimmungen selbst.
Ihre geschäftsführenden Organe sind auf zentraler Ebene der
allgemeine →Studentenausschuss und auf der Ebene des
Fachbereichs die Fachschaftssprecher. Daneben wirken studentische
Mitglieder auch in den Hochschulorganen (→Senat, Konzil
[Konvent], →Fachbereichsrat) mit. Die S. untersteht der
Rechtsaufsicht der Leitung der Hochschule und der zuständigen
Landesbehörde.
Studentenwerk ist die Organisation zur sozialen, wirtschaftlichen,
kulturellen und gesundheitlichen Betreuung der →Studenten (meist
ein rechtsfähiger →Verein, eine →Anstalt oder →Stiftung). Seine
wichtigsten Aufgaben sind der Betrieb der Mensa, die Vermittlung
von Wohnplätzen und die Studienförderung durch Stipendienvergabe.
Finanziert werden die Studentenwerke vor allem durch Zuschüsse von
Bund und Ländern.
Lit.: Köbler, Jurist
Studienordnung ist die von der →Hochschule auf der Grundlage der
→Prüfungsordnung erlassene Regelung der Ausgestaltung eines
konkreten →Studiums eines Fachs.
Lit.: Reich, A., Hochschulrahmengesetz, 8. A. 2002
Studium (§ 7 HRG) ist die durch wissenschaftliche Vermittlung von
Kenntnissen und Fähigkeiten erfolgende Ausbildung der →Studenten
an →Hochschulen. Das S. ist praktisch eine der wichtigsten
Voraussetzungen für die gehobene Berufstätigkeit, insbesondere die
höhere Laufbahn des öffentlichen →Diensts. Voraussetzung der
Zulassung zum S. ist der Nachweis der erforderlichen Qualifikation,
der grundsätzlich durch den erfolgreichen Abschluss einer auf das S.
vorbereitenden Schulbildung erbracht wird (§ 27 HRG). In der
Rechtswissenschaft ist ein Studium von grundsätzlich dreieinhalb
Jahren Voraussetzung für die →Zulassung zur ersten juristischen
→Staatsprüfung. Eine besondere Form des Studiums ist das
Fernstudium, das unabhängig von einem Aufenthalt am Ort einer
→Hochschule durchgeführt wird (z. B. Fernstudium an der
Fernuniversität Hagen), in der juristischen Ausbildung aber bisher
von geringer Bedeutung geblieben ist. Politisch umstritten ist die
Einführung von Studiengebühren für das S. Von erheblicher
Bedeutung für den Erfolg des Studiums ist die Qualität der Lehre,
wofür die Personalpolitik (Kreativität, Leistung, Wettbewerb und
Internationalität statt Selbstbedienung, Inzucht, Betrug und
Korruption) der jeweiligen Fakultät die wichtigste Voraussetzung ist.
Lit.: Köbler, Jurist; Hilligardt, E./Lange, B., Jurastudium erfolgreich, 3. A. 2002; JuSStudienführer, 4. A. 1997; Haft, F., Einführung in das juristische Lernen, 6. A. 1997; Koeder, W.,
Studienmethodik, 3. A. 1998; Möllers, T., Juristische Arbeitstechnik und wissenschaftliches
Arbeiten, 2. A. 2002; Gramm/Wolff, Jura – erfolgreich studieren, 3. A. 2003;
Schlüsselqualifikationen, hg. v. Römermann, V./Paulus, C., 2003; Schmidt, T., Grundlagen
rechtswissenschaftlichen Arbeitens, JuS 2003, 551
Stufenklage (§ 254 ZPO) ist der Fall der objektiven
→Klagenhäufung, der die gleichzeitige Geltendmachung eines
Auskunftsanspruchs und eines Zahlungsanspruchs ermöglicht.
Lit.: Kassenbohm, Die Kostenentscheidung bei der Stufenklage, NJW 1994, 2728; Lüke, W., Die
Stufenklage, JuS 1995, 143
Stufentheorie ist die drei Stufen unterscheidende Theorie des
→Bundesverfassungsgerichts zur →Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Auf
der ersten Stufe liegen alle Regelungen, die ausschließlich die
→Berufsausübung betreffen, auf der zweiten Stufe subjektive, die
persönliche Qualifikation des Bewerbers erfassende
Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf (z. B. Studium und Prüfung)
und auf der dritten Stufe objektive Zulassungsvoraussetzungen zum
Beruf (z. B. Bedarf). Der Gesetzgeber muss jeweils auf der Stufe tätig
werden, die den geringsten Eingriff in die Freiheit der Berufswahl mit
sich bringt und zur Bekämpfung einer Gefahr ausreicht. Auf der
ersten Stufe kann er auf Grund von Zweckmäßigkeitserwägungen
vorgehen, auf der zweiten Stufe nur zum Schutz eines wichtigen
Gemeinschaftsguts und auf der dritten Stufe nur zum Schutz eines
überragend wichtigen, absoluten →Gemeinschaftsguts.
Stundung ist die Hinausschiebung der →Fälligkeit (§ 271 I BGB)
einer →Forderung. Die S. beruht meist auf →Vertrag, seltener auf
Hoheitsakt. Ihr nur ähnlich ist das →einredebegründende
Versprechen des →Gläubigers, die schon fällige Forderung zeitweise
nicht geltend zu machen ([lat.] pactum [N.] de non petendo).
Subhastation (F.) →Zwangsversteigerung
Subjektionstheorie ist die von der Subjektion (Unterordnung)
ausgehende Theorie zur Abgrenzung von öffentlichem Recht und
privatem →Recht. Sie stellt darauf ab, ob sich die Beteiligten in
einem Überordnungsverhältnis bzw. Unterordnungsverhältnis oder
einem Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen (Staat – Bürger).
Sie leidet daran, dass es im öffentlichen Recht auch
Gleichordnungsverhältnisse und im privaten Recht ebenfalls
Unterordnungsverhältnisse gibt.
subjektiv (Adj.) von persönlichen Wertungen bestimmt, auf eine
Einzelperson bezogen, innerlich
subjektive Unmöglichkeit →Unmöglichkeit, subjektive
subjektiver Tatbestand →Tatbestand, subjektiver
subjektives öffentliches Recht →Recht, subjektives
subjektives Recht →Recht, subjektives
Lit.: Fezer, K., Teilhabe und Verantwortung, 1986
subjektives Rechtfertigungselement →Rechtfertigungselement,
subjektives
subjektives Tatbestandsmerkmal →Tatbestandsmerkmal,
subjektives
subjektives Unrechtselement →Unrechtselement, subjektives
subjektlos (Adj.) ohne Inhaber bestehend (z. B. Recht)
Subjektstheorie ist die vom Subjekt ausgehende Theorie zur
Unterscheidung von öffentlichem Recht und privatem Recht. Nach
der älteren S. ist öffentliches Recht jeder Rechtssatz, dessen
Zuordnungsobjekt der →Staat oder ein anderes öffentliches Subjekt
ist. Nach der modifizierten S. gehören zum öffentlichen Recht alle
Rechtssätze, bei denen Berechtigter oder Verpflichteter ausschließlich
ein Träger hoheitlicher Gewalt in seiner Eigenschaft als solcher sein
kann (also z. B. nicht § 812 BGB, wohl aber der dessen
Rechtsgedanken entsprechende Erstattungsanspruch).
Subordinationstheorie →Subjektionstheorie
Subsidiarität ist das Verhältnis der Nachrangigkeit. Die Frage der S.
stellt sich insbesondere im Rahmen der Europäischen Union
hinsichtlich der Zuständigkeit von Union, Mitgliedstaat und
Bundesland (grundsätzliche S. der Europäischen Union). Im
Strafrecht ist S. ein Fall der →Gesetzeseinheit. Danach beansprucht
ein Tatbestand ausdrücklich oder sonst erkennbar nur für den Fall
Geltung, dass ein anderer Tatbestand nicht zum Zuge kommt (z. B. ist
Trunkenheit am Steuer subsidiär gegenüber Gefährdung anderer,
§§ 316, 315c StGB).
Lit.: Das Subsidiaritätsprinzip in der Europäischen Union, hg. v. Hrbek, R., 1995; Subsidiarität, hg.
v. Nörr, K. u. a., 1997; Kuttenkeuter, B., Die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips, 1998
Substantiierung ist die inhaltliche Ausfüllung (z. B. einer
Behauptung mit gewissen Einzelheiten, eines Begehrens mit
bestimmten Gründen).
Lit.: Hansen, Die Substantiierungslast, JuS 1991, 588; Frohn, P., Substantiierungspflicht der
Parteien und richterliche Hinweispflicht nach § 139 ZPO, JuS 1996, 243
Substitut (M.) ist die als Ersatz eines andern auftretende Person.
Grundsätzlich hat jeder Schuldner in eigener Person seine
Verpflichtung zu erfüllen, darf jedoch im üblichen Rahmen
→Erfüllungsgehilfen beiziehen. Nach § 664 I 1 BGB darf der
Beauftragte im Zweifel die Ausführung des →Auftrags nicht einem
Dritten (Substituten) übertragen. Ist jedoch die Übertragung gestattet,
so hat der Übertragende nur ein ihm bei der Übertragung zu Last
fallendes →Verschulden zu vertreten. Im Übrigen scheidet er aus der
→Verpflichtung aus.
Substitutionsrecht →Eintrittsrecht
Subsumtion ist die vergleichende Unterordnung oder Zuordnung
(Gleichsetzung) eines konkreten →Sachverhalts unter eine(n oder zu
einem →Tatbestand einer) abstrakte(n) →Norm. Dabei sind zwei
verschiedene Ergebnisse möglich. Ist der konkrete Sachverhalt x ein
Unterfall des abstrakten Tatbestands X, so ist die abstrakte
Rechtsfolge Y der Rechtsnorm X → Y in der konkreten Form y
anzuwenden. Ist der konkrete Sachverhalt x dagegen kein Unterfall
des abstrakten Tatbestands X, so ist die abstrakte Rechtsfolge Y der
Rechtsnorm X → Y in der konkreten Form y nicht anzuwenden.
Lit.: Köbler, Jurist; Larenz, Methodenlehre
Subsumtionsirrtum ist der →Irrtum über die rechtliche Einordnung
eines →Sachverhalts (z. B. der Täter sieht eine →Urkunde fälschlich
nicht als Urkunde an). Der S. ist kein Tatbestandsirrtum, sondern
grundsätzlich unbeachtlich. Erforderlich für die vorsätzliche
Tatbestandsverwirklichung ist allerdings, dass der Täter auf der
Grundlage des Wissens um die zugrundeliegenden Tatsachen diese
nach Laienart richtig wertet (Parallelwertung in der Laiensphäre).
Andernfalls befindet er sich in einem →Tatbestandsirrtum. Der
umgekehrte S. ist eine irrtümliche Annahme des Täters über den
Anwendungsbereich einer Norm (→Wahndelikt) (z. B. der Täter
glaubt, ein bloßes Stück Papier sei eine Urkunde).
Lit.: Schwegler, I., Der Subsumtionsirrtum, 1995
Subunternehmer ist der durch Vertrag mit einem Unternehmer für
diesen gegenüber dem Besteller tätige Unternehmer.
Lit.: Schwarz, T., Der Subunternehmervertrag, Diss. jur. Hamburg 1996; Weimar, R.,
Subunternehmervertrag – Outsourcingvertrag, 1999
Subvention ist die vermögenswerte Zuwendung durch eine
juristische →Person des öffentlichen Rechts an einen privaten
→Unternehmer zu einem öffentlichen Zweck ohne marktmäßige
Gegenleistung. Die S. ist ein Instrument der staatlichen
Wirtschaftslenkung. Sie bedarf jedenfalls dann einer besonderen
→gesetzlichen Grundlage, wenn sie notwendig einen Dritten belastet
oder wenn der Gewährleistungsbereich eines →Grundrechts
spezifisch betroffen ist.
Lit.: Busch, T., Subventionsrecht in der Rechtsprechung, JuS 1992, 563; Rodi, M., Die
Subventionsrechtsordnung, 2000; Schroth, H./Koch, C., Subventionsbeschwerde, 2001; Kilb, W.,
Subventionskontrolle durch europäisches Βeihilferecht, JuS 2003, 1072
Subventionsbetrug (§ 264 StGB) ist der verselbständigte
Sondertatbestand des →Betrugs zum Zweck der Erlangung einer
→Subvention.
Lit.: Die Bekämpfung des Subventionsbetruges im EG-Bereich, hg. v. Dannecker, 1993
Suffragan (M.) Wähler, Helfer (z. B. Bischof im Verhältnis zum
Erzbischof)
Sühne ist der versöhnende Ausgleich für ein rechtswidriges
Verhalten. Im Strafverfahrensrecht muss bestimmten Fällen der
→Privatklage ein →Sühneversuch (vor dem Schiedsmann) als
→Prozessvoraussetzung vorhergehen (§ 380 StPO). Im
→Zivilprozessrecht soll das →Gericht in jeder Lage des Verfahrens
auf eine gütliche Beilegung des →Rechtsstreits oder einzelner
Streitpunkte bedacht sein. Es kann die Parteien zum Zweck des
Sühneversuchs vor einen beauftragten oder ersuchten →Richter
verweisen (§ 279 I ZPO). Durch Landesgesetz kann in bestimmten
Streitigkeiten ein vermittelndes Vorverfahren vorgeschaltet werden (§
15a EGZPO). →Güteverfahren, →Gütestelle
Lit.: Gain, H., Das Sühneverfahren vor dem Schiedsmann, 3. A. 1985; Gain, H., Das
Schlichtungsverfahren vor Schiedsämtern und Schiedsstellen, 4. A. 1991
Sui heredes (lat. [M. Pl.] seine Erben) sind im römischen Recht die
Angehörigen der Hausgemeinschaft als Erben.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Suizid (M.) Selbsttötung, Selbstmord
sujet mixte (franz. [M.]) gemischtes Subjekt, →Mehrstaater
Sukzession (F.) Nachfolge
Lit.: Nörr, K. u. a., Sukzessionen, 2. A. 1999
sukzessiv (Adj.) nachfolgend
Sukzessivlieferungsvertrag ist der →Vertrag, bei dem die Lieferung
einer Warenmenge in einzelnen Teillieferungen (auf Abruf) zu
erfolgen hat (z. B. Bierlieferungsvertrag). Der S. ist ein
→Dauerschuldverhältnis. Die →Unmöglichkeit oder der →Verzug
hinsichtlich eine →Leistung kann zu einem
→Schadensersatzanspruch oder einem →Rücktrittsrecht sowohl
hinsichtlich dieser Leistung wie auch hinsichtlich des ganzen Vertrags
führen. Für das Insolvenzverfahren vgl. §§ 103ff. InsO.
Summa cum laude ([lat.] mit höchstem Lob) ist die beste Note des
→Promotionsverfahrens.
summarisch (Adj.) zusammenfassend, beschleunigt
Summeninteresse →Interesse
Superintendent ist im evangelischen →Kirchenrecht (teilweise) der
→Dekan.
supranational (Adj.) überstaatlich
Surrogat (N.) Ersatz, Ersatzgegenstand
Lit.: Gernhuber, J., Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. A. 1994
Surrogation (F.) ist die Ersetzung eines Gegenstands eines
→Vermögens durch einen Ersatzgegenstand (Surrogat). Die dingliche
S. tritt kraft Gesetzes ein (z. B. § 718 II BGB zu dem
Gesellschaftsvermögen zählt auch, was auf Grund eines zu dem
Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechts oder als Ersatz für die
Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem
Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstands erworben wird, vgl.
weiter die §§ 1247 S. 2, 2041, 2019 BGB). Bei der schuldrechtlichen
S. erlangt der Berechtigte nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf
das Surrogat (§ 285 BGB).
Lit.: Menken, H., Die dingliche Surrogation bei den Sondervermögen des Familien- und Erbrechts,
1991
Suspendierung (F.) vorläufige Aufhebung, vorläufige Enthebung
Lit.: Gahlen, H., Die Suspendierung eines Arbeitnehmers, 1996
suspensiv (Adj.) aufschiebend, →Bedingung
Suspensiveffekt ist das Hinausschieben der formellen →Rechtskraft
einer →Entscheidung. Im Verfahrensrecht haben →Rechtsmittel
einen S. (z. B. §§ 316 I, 343 I StPO). Im Verwaltungsverfahrensrecht
kommt auch dem →Widerspruch und der →Anfechtungsklage – ohne
Rücksicht auf ihre →Zulässigkeit oder →Begründetheit – ein S. zu
(§ 80 I 1 VwGO). Die aufschiebende Wirkung entfällt allerdings in
bestimmten Fällen, insbesondere bei der Anforderung von
öffentlichen Abgaben und Kosten, bei unaufschiebbaren
→Anordnungen von Polizeivollzugsbeamten und bei besonderer
Anordnung (§ 80 II VwGO). Auf Antrag kann das Gericht der
Hauptsache in diesen Fällen die aufschiebende Wirkung ganz oder
teilweise anordnen oder wiederherstellen (§ 80 V VwGO).
Suzeranität ([F.] Schutzherrschaft) ist die lose Staatenverbindung
zwischen einem Oberstaat und einem oder mehreren Vasallenstaaten
(z. B. Osmanisches Reich – Serbien).
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Syllogismus ist der aus zwei (gleichsetzenden, als richtig vorausgesetzten) Urteilen (Prämissen,
Obersatz und Untersatz) einfach deduktiv folgende (ableitende bzw. gleichsetzende) Schluss
(Schlusssatz, Schlussurteil). (Z. B. Der Mensch ist sterblich [M = s, Obersatz]. Sokrates ist ein
Mensch [S = M, Untersatz]. (Folge oder Schluss:) Sokrates ist sterblich [S = s], Schlusssatz, bei
Richtigkeit der beiden Prämissen [ d. h. bei Gleichheit von M und s sowie von S und M] als
notwendigerweise richtig erwiesen[e Gleichheit von s und S]). In der Rechtsanwendung bildet die
aus Tatbestand und Rechtsfolge zusammengesetzte →Rechtsnorm den Obersatz, der (Vergleich des
Tatbestands der Rechtsnorm mit dem) Sachverhalt den Untersatz (→Subsumtion). Aus der
logischen Verknüpfung beider Sätze folgt dann der bei Richtigkeit der Prämissen notwendigerweise
richtige Schlusssatz. (Z. B. Durch die Annahme eines Antrags wird ein Vertrag abgeschlossen. Das
Verhalten des A gegenüber B ist eine [einzelne] Annahme eines Antrags. Folglich wird durch das
Verhalten des A gegenüber B ein [einzelner Fall des] Vertrag[s] abgeschlossen [, auf den die
allgemein für den Vertrag geltenden Regeln Anwendung finden]).
X
Y (= y)
x
=
X
______
x
y (= Y)
Lit.: Zippelius, Methodenlehre; Köbler, Jurist; Engisch, K., Einführung in das juristische Denken,
9. A. 1997
Synallagma ([N.] Übereinkunft) ist die gegenseitige Abhängigkeit
der Vertragsleistungen. Genetisches S. ist dabei die Abhängigkeit der
Entstehung der einen →Verpflichtung von der Entstehung der andern.
Funktionelles S. ist die Abhängigkeit der Geltendmachung der einen
Verpflichtung von der Bewirkung der andern (§ 320 BGB).
Konditionelles S. ist die Abhängigkeit des ganzen Rechtsverhältnisses
von der Störung einer →Leistung.
Lit.: Klinke, U., Causa und genetisches Synallagma, 1983; Ernst, W., Die Einrede des nichterfüllten
Vertrages, 2000
Syndikat (N.) ist das →Kartell mit gemeinsamer
Einkaufsorganisation oder Verkaufsorganisation.
Syndikus (M.) Rechtsberater eines Unternehmens
Syndikusanwalt (§ 46 BRAO) ist der →Rechtsanwalt, der zugleich
auf Grund eines →Dienstvertrags gegen festes Entgelt als ständiger
Berater eines Unternehmers tätig ist (in Deutschland 1996 ca. 5000
Syndikusanwälte, 2003 rund 10000) und deswegen seinen
Dienstberechtigten nicht als →Rechtsanwalt vertreten darf.
Lit.: Hommerich, C./Prütting, H., Das Berufsbild des Syndikusanwalts, 1998; Redeker, K., Der
Syndikusanwalt als Rechtsanwalt, NJW 2004, 889
Synode ([F.] Konzil) ist im →Kirchenrecht die kirchliche
Versammlung. Im katholischen Kirchenrecht berät die S. den Bischof.
Im evangelischen Kirchenrecht ist sie Selbstverwaltungsorgan mit
Gesetzgebungsrecht.
System ist das planmäßige Gefüge einer Gedankenmehrheit.
Lit.: Peine, F., Recht als System, 1983; Canaris, C., Systemdenken und Systembegriff in der
Jurisprudenz, 2. A. 1983; Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des europäischen
Privatrechts, hg. v. Grundmann, S., 2000; Röhrich, W., Die politischen Systeme, 1999
systematisch (Adj.) ein System betreffend
systematische Auslegung →Auslegung, systematische
T
tabula (lat., [F.]) Tafel, Tisch
Tabularersitzung (Buchersitzung) →Ersitzung
Tabularverschweigung (Buchversitzung) →Versitzung
Tagessatz (§ 40 StGB) ist im →Strafrecht grundsätzlich der Betrag,
den der →Täter durchschnittlich an einem Tag als Nettoeinkommen
hat oder haben könnte (mindestens 1 und höchstens 5000 Euro). Er
wird vom Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters bestimmt. Danach berechnet
sich die Höhe der – in mindestens 5 und grundsätzlich höchstens 360
Tagessätzen verhängten – →Geldstrafe.
Lit.: Schaeffer, R., Die Bemessung der Tagessatzhöhe unter Berücksichtigung der
Hausfrauenproblematik, 1978; Krehl, C., Die Ermittlung der Tatsachengrundlage zur Bemessung
der Tagessatzhöhe bei der Geldstrafe, 1985
Talion (lat. [F.] Wiedervergeltung) ist die Vergeltung einer
Rechtsverletzung durch ein gleichartiges Übel (Auge um Auge). Die
T. ist im gegenwärtigen →Strafrecht Deutschlands unzulässig.
Lit.: Hermesdorf, H., Poena talionis, 1965
Talon (M.) Erneuerungsschein
Tantieme (F.) Gewinnbeteiligung
Tara (N.) Verpackungsgewicht
Tarif ist der einheitliche Preis oder die einheitliche Bedingung für
Leistungen bestimmter Art.
Lit.: Hromadka, W. u. a., Der Tarifwechsel, 1996; Schleef, H./Oetker, H., Tarifpolitik im Wandel,
2000
Tarifausschlussklausel ist die (fragwürdige) Klausel eines →Tarifvertrags, die es dem
→Arbeitgeber verbietet, den anders oder nicht organisierten →Arbeitnehmern bestimmte tarifliche
Vergünstigungen zu gewähren.
Tarifautonomie ist die →Freiheit der Tarifvertragsparteien
(→Sozialpartner), die →Tarife für die Arbeitsleistungen durch
vertragliche Verhandlung zu bestimmen.
Lit.: Picker, E., Die Tarifautonomie, 2000
Tariffähigkeit (§ 2 TVG)
ist die nur →Gewerkschaften, →Arbeitgebervereinigungen und
einzelnen →Arbeitgebern (Tarifpartnern) zustehende Fähigkeit, einen
→Tarifvertrag als Vertragspartei abzuschließen.
Tarifgebundenheit ist die Gebundenheit an die Normen des
→Tarifvertrags.
Tarifpartner →Tariffähigkeit
Tarifrecht ist die Gesamtheit der Tarife bzw. Tarifverträge
betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Hofmann, H., Das Tarifrecht im öffentlichen Dienst, 1990
Tarifvertrag ist der (schriftliche) →Vertrag zwischen einem
→Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband und einer
→Gewerkschaft zur Regelung arbeitsrechtlicher Fragen (z. B.
Arbeitsbedingungen [vor allem Arbeitslohn], Rationalisierung,
Urlaubskassen). Der T. ist nach umstrittener Ansicht →Rechtsquelle
und →Vertrag. Er kann →Verbandstarifvertrag oder
→Unternehmenstarifvertrag (Werktarifvertrag), →Manteltarifvertrag
oder Lohntarifvertrag sein. Er kann durch eine
→Allgemeinverbindlichkeitserklärung über die unmittelbaren
Vertragsbeteiligten hinaus erstreckt werden. Er soll nicht zwingend an
den Gleichheitssatz gebunden sein, so dass z. B. Werkstudenten
ausgenommen werden dürfen.
Lit.: Pulte, P., Allgemeinverbindliche Tarifverträge, 1995; Stein, A., Tarifvertragsrecht, 1997;
Wieland, P., Recht der Firmentarifverträge, 1998; Körtgen, A., Der Tarifvertrag im Recht der
Europäischen Gemeinschaft, Diss. jur. Münster 1998; Wiedemann, H., Tarifvertragsgesetz, 6. A.
1999; Fuchs, M., Tarifvertragspraxis, 2003; Kommentar zum Tarifvertragsgesetz, hg. v. Däubler,
W., 2003
Taschengeld ist das von einem vermögenderen Menschen (z. B.
gesetzlichen Vertreter) einem weitgehend mittellosen Menschen (z.
B. Kind) für kleine Ausgaben des täglichen Lebens zur freien
Verfügung gegebene Geld.
Lit.: Haumer, T., Der Taschengeldanspruch zwischen Ehegatten im
Recht des Familienunterhalts, 1995
Taschengeldparagraph ist die das Taschengeld bestreffende
gesetzliche Vorschrift bzw. die abkürzende Bezeichnung für § 110
BGB, der bestimmt, dass der von einem →Minderjährigen ohne
Zustimmung des gesetzlichen →Vertreters geschlossene →Vertrag
nicht, wie § 108 BGB grundsätzlich festlegt, schwebend unwirksam
ist, sondern als von Anfang an wirksam gilt, wenn der Minderjährige
die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt hat, die ihm zu
diesem Zwecke oder zu freier Verfügung (Taschengeld) von dem
Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen
worden sind.
Lit.: Faltermeier, H., Konstruktion und Problematik des § 110 BGB, 1978
Tat ist das gestaltende menschliche →Verhalten. Die T. ist
insbesondere Anknüpfungspunkt für Schadensersatzpflichten und
Strafen. Dabei ist rechtswidrige T. im Strafrecht (§ 11 I Nr. 5 StGB)
die T., die den →Tatbestand eines →Strafgesetzes verwirklicht (z. B.
auch mehrere Höchstgeschwindigkeitsverletzungen während einer
einzelnen Fahrt). In der Rechtsgeschichte ist handhafte T. die T., in
deren unmittelbarem zeitlichem oder sachlichem Zusammenhang der
Täter ergriffen wird (vgl. § 127 StPO Wird jemand auf frischer Tat
betroffen oder verfolgt). Fortgesetzte T. →Handlung, fortgesetzte
Lit.: Goossens, M., Zum Begriff der frischen Tat, 1997; Zur
Rechtswirklichkeit nach Abschaffung der fortgesetzten Tat, hg. v.
Geisler, C., 1998; Neuefeind, Prozessualer Tatbegriff und materieller
Tatbegriff, JA 2000, 791ff., Streng, F., Das Tatobjekt als
Bezugspunkt der Tathandlung, JuS 2002, 454; Ranft, O., Der
Tatbegriff des Strafprozessrechts, JuS 2003, 417
Tatbestand ist in der Rechtstheorie die Gesamtheit der
Voraussetzungen für eine →Rechtsfolge. Ein T. ist regelmäßiger Teil
einer →Rechtsnorm. Im Strafrecht ist T. der T. der mit Strafe
bedrohten Handlung. Er umfasst im weiteren Sinn alle
Voraussetzungen der Strafbarkeit (T. im engeren Sinn,
→Rechtswidrigkeit, →Schuld, objektive →Bedingung der Strafbarkeit),
im engeren Sinn nur die Merkmale, die dem jeweiligen Delikt das
besondere Gepräge im Gegensatz zu den andern Delikten geben.
Dabei unterscheidet man den objektiven T. (Summe der objektiven
→Tatbestandsmerkmale, z. B. Täter tötet das Opfer) vom subjektiven
T. (Summe der subjektiven Merkmale, z. B. Vorsatz [Wissen und
Wollen], eventuelle zusätzliche Absicht). T. im Verfahrensrecht
(§ 313 I Nr. 5 ZPO) ist die gedrängte Darstellung des Sachstands und
Streitstands eines →Verfahrens – also eines →Sachverhalts –. Dabei
sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten
Angriffsmittel und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der
gestellten Anträge nur ihrem Wesentlichen Inhalt nach knapp
dargestellt werden. Dieser T. ist ein Teil des →Urteils. Er ist meist in
einen einleitenden Satz, den unstreitigen Sachverhalt, die bestrittenen
Tatsachenbehauptungen des Klägers, seinen Antrag, den Antrag des
Beklagten und das Verteidigungsvorbringen des Beklagten geteilt. Er
ist entbehrlich, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil nicht zulässig
ist oder die Parteien auf Rechtsmittel verzichten (§ 313a ZPO).
Lit.: Huber, Grundfragen des Tatbestands, 1984; Krahl, M., Tatbestand und Rechtsfolge, 1999;
Preusche, B., Zum Tatbestand in der verwaltungsrechtlichen Assessorklausur, JuS 2000, 170
Tatbestandsirrtum (§ 16 I StGB) ist der →Irrtum des →Täters bei
Begehung einer Tat über einen Umstand, der zum gesetzlichen
→Tatbestand gehört (z. B. A glaubt irrtümlich die Sache, die er an sich
nimmt, sei seine eigene, B weiß nicht, dass zum Halten eines
Kampfhunds eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis erforderlich ist, J
hält einen Treiber für ein Schwein, X verwechselt versehentlich Gift
und Arznei, Z erkennt nicht, dass er einen fremden Brief öffnet). Der
T. ist ein Fall des Irrtums, der sowohl tatsächliche (deskriptive) wie
auch normative (wertende) Begriffe erfassen kann. Er hat das Fehlen
von →Vorsatz zur Folge, so dass eine Bestrafung wegen vorsätzlicher
Begehung einer Tat ausgeschlossen ist, lässt aber eine Strafbarkeit
wegen →fahrlässiger Begehung unberührt. Umgekehrter T. liegt vor,
wenn der Täter irrig einen strafbegründenden oder straferhöhenden
Umstand für gegeben hält (z. B. A. glaubt irrtümlich, die Sache, die er
stehlen will, sei nicht seine eigene). Dann kann ein untauglicher
→Versuch gegeben sein.
Lit.: Herzberg, R./Hardtung, B., Grundfälle zur Abgrenzung, JuS 1999, 1073
Tatbestandsmerkmal ist das einzelne zur Bildung eines
→Tatbestands im Sinne der Gesamtheit der Voraussetzungen einer
→Rechtsfolge verwandte begriffliche Merkmal. Das T. kann
deskriptiv oder normativ, objektiv oder subjektiv sein. Deskriptives T.
ist das rein beschreibende T. (z. B. Sache), normatives T. das
wertende, wertausfüllungsbedürftige T. (z. B. Fremdheit). Objektive
Tatbestandsmerkmale bestimmen das äußere Erscheinungsbild der
Tat (z. B. Wegnahme), subjektive Tatbestandsmerkmale gehören dem
psychisch-seelischen Bereich der Vorstellungswelt des Täters an
(z. B. Bereicherungsabsicht). Negative Tatbestandsmerkmale sind
nach einer besonderen Lehre (str.) bestimmte Umstände, deren Fehlen
Tatbestandsmerkmal ist (Voraussetzungen der
Rechtfertigungsgründe).
Lit.: Han, J., Normative Tatbestandsmerkmale und umgekehrter Irrtum, 1993 (Diss.)
Tateinheit (Idealkonkurrenz) ist das Verletzen mehrerer Strafgesetze
oder das mehrfache Verletzen eines Strafgesetzes durch eine einzige
→Tat. T. ist ein Fall der echten →Konkurrenz. T. ist dann gegeben
(§ 52 I StGB), wenn dieselbe Handlung mehrere →Strafgesetze
(ungleichartige T. z. B. Attentäter verletzt Menschen und beschädigt
Sachen, versuchte Tötung und vollendete Körperverletzung,
versuchter Raub mit Todesfolge und vollendete Körperverletzung mit
Todesfolge) oder dasselbe Strafgesetz mehrmals (gleichartige T. z. B.
Attentäter tötet mehrere Menschen) verletzt. Bei T. wird nur auf eine
→Strafe erkannt, die bei der gleichartigen T. dem einzigen verletzten
Strafgesetz entnommen und bei der ungleichartigen T. nach dem
Gesetz bestimmt wird, das die schwerste Strafe androht (§ 52 II
StGB). T. kann auch entsprechend dem →Verklammerungsprinzip
begründet werden. T. kann bei aufeinander folgender Verletzung
mehrerer einzelner Menschen dann vorliegen, wenn eine Aufspaltung
in Einzeltaten wegen des außergewöhnlich engen zeitlichen und
örtlichen Zusammenhangs als Willkür erschiene. Die T. steht in
Gegensatz zur →Tatmehrheit (Realkonkurrenz) und zur
→Gesetzeseinheit (Gesetzeskonkurrenz).
Lit.: Geerds, F., Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht, 1961
Tatentschluss ist die Verwirklichung des gesamten subjektiven
→Tatbestands (→Vorsatz und sonstige subjektive
→Tatbestandsmerkmale). Der T. ist Voraussetzung für den →Versuch.
Er muss endgültig gefasst sein.
Lit.: Roxin, C., Täterschaft und Tatherrschaft, 7. A. 1999
Täter (§ 25 I StGB) ist der eine →Straftat selbst oder durch einen
andern begehende Mensch. Der T. ist vom →Teilnehmer (→Anstifter,
→Gehilfe) zu unterscheiden. Der T. kann (unmittelbarer oder)
mittelbarer T. sein. Der mittelbare T. lässt die Tathandlung von einem
Tatmittler – der nicht selbst Täter ist – in Gestalt eines menschlichen
→Werkzeugs ausführen. Dabei muss sich die Tat als Werk des
steuernden Täters darstellen, das Werkzeug darf also (infolge
→Irrtums, →Zwangs oder →Schuldunfähigkeit) nicht den Tatbestand
selbst rechtswidrig und schuldhaft verwirklichen (z. B. Bauer A lässt
durch Knecht B von seinem Feld einen Pflug holen, von dem er B
vorspiegelt, er gehöre ihm).
Lit.: Roxin, C., Täterschaft und Tatherrschaft, 7. A. 1999; Renzikowski, J., Restriktiver Täterbegriff
und fahrlässige Beteiligung, 1997
Täter-Opfer-Ausgleich (§ 46a StGB) ist das (erfolgreiche) Bemühen
des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten (Opfer) zu erreichen,
das zur Strafmilderung oder zum Absehen von Strafe führen kann.
Lit.: Schimmel, D., Täter–Opfer-Ausgleich, 2000
Täterschaft ist das Handeln als →Täter (§ 25 I StGB, auch als
mittelbarer Täter).
Lit.: Roxin, C., Täterschaft und Tatherrschaft, 7. A. 1999; Bottke, W., Täterschaft und
Gestaltungsherrschaft, 1992; Kudlich, H., Irrtumsprobleme bei der mittelbaren Täterschaft, JuS
2003, 755; ; Noltenius, B., Kriterien der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft,
2003
Täterschaftsrecht ist das die Strafe an die Gefährlichkeit des
→Täters, nicht an sein →Verhalten knüpfende →Strafrecht. Im T. wird
der Täter, weil er als solcher die Tat begangen hat, bestraft. Die Strafe
orientiert sich an der Persönlichkeitsstruktur des Handelnden. Das T.
ist im Gegensatz zum Tatstrafrecht nicht geltendes Recht. Das
geltende Recht berücksichtigt aber die Persönlichkeit des Täters bei
der →Strafzumessung.
Täterschaftstheorie ist die den Täter vom →Werkzeug und vom
→Teilnehmer abgrenzende strafrechtliche Theorie. Nach der älteren
formal-objektiven T. war Täter, wer die Tatbestandshandlung ganz
oder teilweise selbst vornimmt, Teilnehmer, wer nur durch eine
Vorbereitungshandlung oder durch eine Unterstützungshandlung zur
Tatbestandsverwirklichung beiträgt. Nach der subjektiven T. ist Täter,
wer mit Täterwillen ([lat.] animus [M.] auctoris) handelt und die Tat
als eigene will, Teilnehmer, wer mit Teilnehmerwillen ([lat.] animus
[M.] socii) handelt und die Tat als fremde veranlassen oder fördern
will (widerspricht in extremer Handhabung § 25 I 1 StGB). Nach der
Lehre von der →Tatherrschaft ist Täter, wer als Zentralgestalt
(Schlüsselfigur) des Geschehens die planvoll lenkende oder
mitgestaltende Tatherrschaft hat und somit die
Tatbestandsverwirklichung nach seinem Willen hemmen oder
ablaufen lassen kann. Demgegenüber ist →Teilnehmer, wer keine
Tatherrschaft hat, sondern die Tat nur veranlasst (Anstifter) oder
fördert (Gehilfe).
Lit.: Roxin, C., Täterschaft und Tatherrschaft, 7. A. 1999
Tatherrschaft ist im Strafrecht die vom →Vorsatz umfasste
Beherrschung des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs. T. hat, wer
nach Art und Gewicht seines objektiven Tatbeitrags sowie auf Grund
seiner Willensbeteiligung das ob und wie der
Tatbestandsverwirklichung in der Weise beherrscht, dass der →Erfolg
als das Werk mindestens auch seines zielstrebig lenkenden oder die
Tat mitgestaltenden →Willens erscheint. Die T. unterscheidet Täter
und Teilnehmer.
Lit.: Roxin, C., Täterschaft und Tatherrschaft, 7. A. 1999
tätig (Adj.) gestaltend, handelnd
tätige Reue →Reue, tätige
Tätigkeit ist das gestaltende Verhalten. Im Schuldrecht ist die T. für
einen andern Gegenstand des →Dienstvertrags. Ist sie selbständige T.,
so gilt allein das bürgerliche →Recht, ist sie abhängige T., so kommt
in erster Linie das weitgehend außerhalb des Bürgerlichen
Gesetzbuchs entwickelte →Arbeitsrecht zur Anwendung.
Tätigkeitsdelikt ist im Strafrecht der im Tätigwerden bestehende
Straftatbestand (z. B. § 153 StGB falsche uneidliche →Aussage) (im
Gegensatz zum →Erfolgsdelikt).
Tatinterlokut ist das (dem deutschen Recht unbekannte) Zwischenurteil über die Tat und deren
Zurechnung.
Tatmehrheit (Realkonkurrenz) ist das Verletzen mehrerer
Strafgesetze oder das mehrfache Verletzen eines Strafgesetzes durch
mehrere Taten. T. ist ein Fall der echten →Konkurrenz. T. liegt vor
(§ 53 I StGB), wenn jemand durch mehrere selbständige →Straftaten
mehrere nebeneinander anwendbare →Gesetze verletzt, und zwar
entweder mehrere verschiedene Gesetze (ungleichartige T. z. B. Täter
stiehlt ein Gewehr, mit dem er einen andern tötet) oder dasselbe
Gesetz mehrmals (gleichartige T. z. B. Täter stiehlt mehrfach Autos).
Dann wird, wenn die Taten gleichzeitig abgeurteilt werden,
grundsätzlich auf eine →Gesamtstrafe erkannt (→Asperationsprinzip),
ausnahmsweise auch auf mehrere Einzelstrafen
(→Kumulationsprinzip). Die T. steht im Gegensatz zur Tateinheit
(Idealkonkurrenz) und zur Gesetzeseinheit (Gesetzeskonkurrenz)
Lit.: Schweling, O., Die Bemessung der Gesamtstrafe, GA 1955, 289
Tatort ist der Ort, an dem der →Täter handelt oder trotz Rechtspflicht,
zu handeln, nicht handelt oder an dem der Taterfolg eintritt oder nach
der Vorstellung des Täters eintreten sollte. →Zuständigkeit.
Tatsache (§ 186 StGB) ist im Strafrecht – im Rahmen der üblen
→Nachrede – etwas Geschehenes oder Bestehendes, das in die
Wirklichkeit getreten und daher dem Beweis zugänglich ist (z. B. E
lügt, F korrumpiert, H plagiiert, I betrügt, M kolludiert, P schmiert, R
fälscht, S hochstapelt, W erpresst, alle zusammen sind korrupt usw.).
Den Gegensatz hierzu bildet das Werturteil. Die Abgrenzung im
Einzelfall ist schwierig.
Lit.: Helle, E., Die Unwahrheit und die Nichterweislichkeit der ehrenrührigen Behauptung, NJW
1964, 841; Hilgendorf, E., Tatsachenaussagen und Werturteile im Strafrecht, 1998
Tatstrafrecht ist das die →Strafe an die verbotene →Handlung des
→Täters knüpfende →Strafrecht. Gegensatz des Tatstrafrechts ist das
→Täterstrafrecht. Das geltende deutsche Strafrecht ist T.,
berücksichtigt aber die Täterpersönlichkeit bei der Strafzumessung.
Tatumstandsirrtum →Tatbestandsirrtum
Tatverdacht ist die Vermutung (Verdacht), dass ein bestimmter
Mensch etwas Bestimmtes getan hat. Im Strafverfahrensrecht ist
dringender T. z. B. Voraussetzung der →Untersuchungshaft (§ 112
StPO). Er besteht, wenn nach dem gegenwärtigen Stand der
Ermittlungen die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass der Verfolgte
schuldiger →Täter oder →Teilnehmer ist. Nach § 203 StPO beschließt
das Gericht bei hinreichendem T. die Eröffnung des
→Hauptverfahrens gegen den Angeschuldigten. Dies setzt die
Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung bei einer vorläufigen
Tatbewertung voraus.
Lit.: Lohner, E., Der Tatverdacht im Ermittlungsverfahren, 1994; Schulz, L., Normiertes
Misstrauen, 2001; Ebert, A., Der Tatverdacht, 2000
Taubstummheit ist die Stummheit als Folge angeborener oder früh
eingetretener Taubheit. Die T. kann die →Schuldfähigkeit verringern
(z. B. § 828 II 2 BGB). Stellt ein Tauber, Stummer oder Taubstummer
einen Antrag auf einen Verteidiger, so ist dem Antrag zu entsprechen
(§ 140 II 2 StPO).
Taufe ist die Begründung der Mitgliedschaft in der christlichen
Kirche.
Tausch (§ 480 BGB) ist der gegenseitige →Vertrag, in dem sich beide
Seiten zur Hingabe eines bestimmten Gegenstands gegen Hingabe
eines jeweils andern bestimmten Gegenstands verpflichten (z. B.
Grundstückstausch, Wohnungstausch, Briefmarkentausch), wobei
keiner der Gegenstände ein →Kaufpreis (Geld) ist. Der Ausgleich
eines Wertunterschieds durch zusätzliche Geldzahlung einer Seite
schadet nicht. Auf den (entwicklungsgeschichtlich alten,
rechtstatsächlich wegen der wirtschaftlichen Überlegenheit des
Zahlungsmittels Geld in der Gegenwart eher unbedeutenden) Tausch
finden die Vorschriften über den →Kauf entsprechende Anwendung.
Täuschung (§§ 263 StGB, 123 BGB) ist das zur Irreführung
bestimmte und damit der Einwirkung auf die Vorstellung eines
andern dienende Gesamtverhalten. Es kann durch →Tun
(ausdrückliches Vorspiegeln, schlüssiges Vorspiegeln) oder
→Unterlassen (Nichtaufklären bei Vorliegen einer Pflicht zur
Aufklärung) geschehen. Im Strafrecht ist die T. Tatbestandsmerkmal
des →Betrugs. Arglistige T. (§ 123 BGB) ist im Privatrecht die T., bei
welcher der Täuschende den Täuschungswillen hat, den Gegner also
bewusst über eine Tatsache in Unkenntnis zu halten oder zu versetzen
sucht, und sich dabei bewusst ist, dass der andere ohne die Täuschung
die Willenserklärung möglicherweise nicht oder nicht mit dem
jetzigen Inhalt abgeben würde. Wer zur Abgabe einer
→Willenserklärung durch arglistige T. (z. B. wahrheitswidrige
Beantwortung einer zulässigen Frage nach Vorstrafen und laufenden
Ermittlungsverfahren oder nach der Schwerbehinderteneigenschaft,
anders bei der Frage nach einer Schwangerschaft) bestimmt worden
ist, kann die Erklärung →anfechten.
Lit.: Gauger, M., Die Dogmatik der konkludenten Täuschung, 2001
Technischer Überwachungsverein →Überwachungsverein,
Technischer
Teil ist der abgegrenzte Abschnitt eines Ganzen. Gesetze sind
verschiedentlich in einen allgemeinen T. und einen besonderen T.
gegliedert (z. B. Bürgerliches Gesetzbuch, Strafgesetzbuch). Der
allgemeine T. enthält dann die für den ganzen oder den
überwiegenden Regelungsbereich geltenden Bestimmungen, der
besondere T. die (demgegenüber nur) für einzelne Unterbereiche
anzuwendenden Normen.
Lit.: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil; Brox, H., Allgemeiner Teil des BGB, 27. A. 2003; Köhler, H.,
BGB Allgemeiner Teil, 27. A. 2003; Köhler, H., BGB Allgemeiner Teil, 23. A. 2004 (Prüfe dein
Wissen); Hübner, H., Allgemeiner Teil; Rüthers, B./Stadler, A., Allgemeiner Teil, 13. A. 2003;
Medicus, Allgemeiner Teil; Pawlowski, H., Allgemeiner Teil des BGB, 7. A. 2003; Löwisch, M.,
Allgemeiner Teil des BGB, 6. A. 1997; Hirsch, C., Der Allgemeine Teil des BGB, 4. A. 2001;
Brehm, W., Allgemeiner Teil des BGB, 5. A. 2002; Schack, H., BGB Allgemeiner Teil, 9. A. 2002;
Leipold, D., BGB I, 2. A. 2002; Lindacher, W., Fälle zum Allgemeinen Teil des BGB, 3. A. 2000;
Bork, R., Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 2001
teilbar (Adj.) in Teile aufgliederbar
teilbare Leistung →Leistung, teilbare
Teilbesitz (§ 865 BGB) ist der →Besitz eines tatsächlichen,
abgrenzbaren Teils einer →Sache, insbesondere eines abgesonderten
Wohnraums oder andern Raums. Der T. ist zu unterscheiden vom
→Mitbesitz (§ 866 BGB). Er wird behandelt wie der →Besitz an einer
Sache.
Teileigentum ist das nur ausnahmsweise mögliche →Eigentum an
einem Sachteil.
Teilgläubigerschaft ist die Form der Gläubigermehrheit, bei der
jeder von mehreren →Gläubigern nur einen →Anspruch auf einen Teil
der →Leistung hat. Sie soll nach § 420 BGB im Zweifel vorliegen,
wenn mehrere eine teilbare Leistung zu fordern haben. Sie belastet
den Schuldner nicht besonders.
Teilleistung (§ 266 BGB) ist die in Bezug auf die →Schuld irgendwie
unvollständige →Leistung. Zur T. ist der Schuldner grundsätzlich
nicht berechtigt (Ausnahmen z. B. nach §§ 389 BGB, 39 II
WechselG, 757 I ZPO). Hat der Schuldner eine T. bewirkt, so kann
der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur
verlangen, wenn er an der T. kein Interesse hat (§ 281 I 2 BGB).
Lit.: Steinlehner-Stelzner, B., Die Teilleistung, 1984
Teilnahme ist die Beteiligung, insbesondere die Beteiligung an einer
fremden Straftat. Die strafrechtliche T. kann →Anstiftung oder
→Beihilfe sein. Sie setzt eine rechtswidrige Haupttat voraus. Von
mehreren gleichzeitig verwirklichten Teilnahmeformen ist die
leichtere gegenüber der schwereren subsidiär (z. B. Beihilfe
gegenüber Anstiftung). Notwendige T. ist die T., welche die
Voraussetzung für die Verwirklichung der Haupttat bildet (z. B. § 180
Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger).
Lit.: Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, 1977; Gropp, W., Deliktstypen mit Sonderbeteiligung,
1992; Boley, P., Teilnahme durch Rat, Diss. jur. München 1998
Teilnehmer ist der sich an einer (fremden) Handlung beteiligende
Mensch. Im Strafrecht ist T., wer einen andern zu dessen vorsätzlich
begangener rechtswidriger Tat bestimmt (→Anstiftung) oder ihm zu
einer vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Tat vorsätzlich Hilfe
leistet (→Beihilfe). Seine →Strafe richtet sich nach der Strafdrohung
für den →Täter (vgl. § 27 II StGB), doch ist das Fehlen oder Vorliegen
besonderer persönlicher Merkmale zu berücksichtigen (§ 28 StGB)
und jeder Beteiligte nach seiner →Schuld ohne Rücksicht auf die
Schuld anderer zu bestrafen (§ 29 StGB).
Teilnichtigkeit ist die →Nichtigkeit eines Teils einer Handlung. Im
Privatrecht hat die Nichtigkeit eines Teils eines →Rechtsgeschäfts die
Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts zur Folge, wenn nicht
anzunehmen ist, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen
Teil vorgenommen sein würde (§ 139 BGB). Im Verwaltungsrecht ist
ein teilnichtiger →Verwaltungsakt im ganzen nichtig, wenn der
nichtige Teil so wesentlich ist, dass die →Behörde den Verwaltungsakt
ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte (§ 44 IV VwVfG).
Lit.: Pierer von Esch, Teilnichtige Rechtsgeschäfte, 1968
Teilschuldnerschaft ist die Form der Schuldnermehrheit, bei der
jeder von mehreren →Schuldnern nur zu einem Teil der →Leistung
verpflichtet ist. Sie soll nach § 420 BGB im Zweifel vorliegen, wenn
mehrere eine teilbare Leistung schulden. Sie ist aber wegen ihrer
Unbequemlichkeit für den Gläubiger praktisch selten.
Teilrechtsfähigkeit ist die auf bestimmte Angelegenheiten
beschränkte →Rechtsfähigkeit.
Lit.: Ehlers, D., Die Lehre von der Teilrechtsfähigkeit juristischer
Personen des öffentlichen Rechts, 2000
Teilstaatenlehre ist die von Bund und Ländern als Teilstaaten
ausgehende Theorie über den Aufbau der →Bundesrepublik. Danach
sind Bund und Länder gleichgeordnete Teilstaaten eines
Gesamtgefüges, das selbst keine Staatsqualität besitzt. Ihm fehlen
deshalb auch Organe.
Teilstreik ist der nur einen Teil der →Arbeitnehmer erfassende
→Streik.
Teilung ist die Zerlegung eines Ganzen in einzelne Abschnitte. Im
Verfassungsrecht ist besonders bedeutsam die →Gewaltenteilung, im
Verfahrensrecht die T. des →Vermögens des Schuldners in der
→Zwangsvollstreckung (§§ 874 ZPO, 106 ZVG). Im Privatrecht sind
Einheiten oder gemeinschaftliche →Vermögen durch T. auflösbar
(Auseinandersetzung z. B. §§ 734, 752, 2047 BGB).
Lit.: Schmidt-Eichstaedt, G. u. a., Teilungsgenehmigung und Grundbuchsperre, NJW 1999, 385
Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) ist die Anordnung des
→Erblassers über die Art und Weise der →Auseinandersetzung der
Erben. Die T. begründet keinen unmittelbaren Anspruch auf
→Herausgabe eines bestimmten Gegenstands, sondern nur auf
Auseinandersetzung gemäß der T. Die Miterben können eine
abweichende Vereinbarung treffen.
Teilungsversteigerung ist die zum Zweck der →Teilung eines
Vermögens erfolgende →Versteigerung.
Lit.: Storz, K., Praxis der Teilungsversteigerung, 2. A. 1999; Eickmann, D., Die
Teilungsversteigerung, 5. A. 2001
Teilunmöglichkeit →Unmöglichkeit, teilweise
Teilurteil (z. B. § 301 ZPO) ist das →Endurteil, in dem über einen
Teil eines oder mehrerer →Streitgegenstände entschieden wird. Das T.
beendet insofern den →Rechtsstreit. Es kann selbständig angefochten
werden.
Lit.: Gottwald, Das Teilurteil, JA 1997, 573; Schröer, Urteilsformel bei Teil-, Schluss- und
Grundurteil, JA 1997, 318; Scholz, B., Das unzulässige Teilurteil, 1998
Teilzahlung ist die in →Teilleistungen bewirkte →Erfüllung einer auf
Zahlung gerichteten →Verpflichtung sowie die einzelne Teilleistung.
Teilzahlungsabrede (§ 501 BGB) ist die →Vereinbarung der
Vertragsparteien, dass der →Kaufpreis oder die entsprechende
Vergütung – entgegen der allgemeinen gesetzlichen Regelung (§ 266
BGB) – nicht auf einmal, sondern in mindestens 2 Teilen (Raten bzw.
Anzahlung und Rate) zu leisten ist.
Teilzahlungsgeschäft (§ 501 BGB) ist das Zahlung der Schuld in
Teilbeträgen betreffende Geschäft. Auf das T. zwischen einem
Unternehmer und einem Verbraucher finden die §§ 501ff. BGB
Anwendung. Demnach muss die vom Verbraucher zu
unterzeichnende Vertragserklärung den Barzahlungspreis, den
Teilzahlungspreis (Gesamtbetrag von Anzahlung und allen vom
Verbraucher zu entrichtenden Teilzahlungen einschließlich Zinsen
und sonstiger Kosten), Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen
Teilzahlungen, den effektiven Jahreszins, die Kosten einer im
Zusammenhang mit dem T. abgeschlossenen Versicherung und die
Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts oder einer andern zu
bestellenden Sicherheit angeben. Wird die Schriftform nicht
eingehalten oder fehlt eine der vorgeschriebenen Angaben, ist das T.
grundsätzlich nichtig. Anstelle des dem Verbraucher gemäß § 495 I
BGB zustehenden Widerrufsrechts, kann dem Verbraucher ein
Rückgaberecht nach § 356 BGB eingeräumt werden (§ 503 I BGB).
Der Unternehmer kann von einem T. wegen Zahlungsverzugs des
Verbrauchers nur unter den in § 498 I BGB bezeichneten
Voraussetzungen (Verzug mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden
Teilzahlungen, erfolglose Fristsetzung unter
Restschuldverlangensandrohung) zurücktreten. Der Verbraucher kann
seine Verbindlichkeiten aus dem T. grundsätzlich vorzeitig erfüllen (§
504 BGB).
Teilzahlungskredit ist der durch eine →Teilzahlungsabrede
gekennzeichnete Kredit.
Teilzeitarbeit ist die Arbeit, bei der die Wochenarbeitszeit der
betreffenden Arbeitnehmer kürzer ist als die durchschnittliche
Wochenarbeitszeit vergleichbarer Arbeitnehmer. Zwangsweise T. von
Beamten ist verfassungswidrig. In Deutschland besteht seit 1. 1. 2001
ein gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber
auf T.
Lit.: Nebendahl, M., Der Teilzeitarbeitsvertrag, 2. A. 2000; Huber, R., Teilzeitbeschäftigung im
öffentlichen Dienst, 2. A. 1997; Buschmann/Dieball/Stefens-Bartol, Das Recht der Teilzeitarbeit, 2.
A. 2001; Meinel, D./Heyn, J./Herms, S., Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. A. 2004; Rolfs, C.,
Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2002; Staudacher, H./Hellmann, A./Hartmann, C./Wenk, H.,
Teilzeitarbeit, 2003
Teilzeitwohnrecht (§ 481 BGB) (engl. [N.] time-sharing) ist das auf
eine Teilzeit beschränkte Wohnrecht. Beim der Schriftform
bedürftigen (§ 484 I BGB) Teilzeitwohnrechtevertrag verspricht oder
verschafft ein Unternehmer einem Verbraucher gegen Zahlung eines
Gesamtpreises das Recht, für die Dauer von mindestens drei Jahren
ein Wohngebäude oder einen Teil eines Wohngebäudes jeweils für
einen bestimmten oder zu bestimmenden Zeitraum des Jahrs zu
Erholungszwecken oder Wohnzwecken zu nutzen. Der Verbraucher
hat ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB (§ 485 I BGB).
Lit.: Schwaller, C. v., Das Teilzeitwohnrechtegesetz, 1999; Lenz, C., Das Time-Sharing, Diss. jur.
Münster 2000
Telebanking ist der elektronische Geschäftsverkehr zwischen Bank
und Bankkunden.
Lit.: Dafner, C., Das öffentliche Wirtschaftsrecht der Teledienste,
2003
Teledienst ist die unter Verwendung von
Fernkommunikationsmitteln erfolgende Dienstleistung für andere.
Lit.: Gola, P., Teledienstgesetz, Teledienstdatenschutzgesetz, 2000;
Dafner, C., Das öffentliche Wirtschaftsrecht der Teledienste, 2003
Telefax ist das auf der Grundlage der elektronischen
Datenverarbeitung wirkende Schriftfernübertragungssystem. Die
Einlegung und Begründung von Rechtsmitteln per Telefaxgerät ist
zulässig, doch muss, wenn eine Verbindung per Telefax zum
Prozessgericht misslingt, zur Fristwahrung das Rechtsmittel bei dem
Rechtsmittelgericht eingelegt werden. Ein Schriftsatz geht dabei
grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt zu, in dem er beim Empfänger
vollständig ausgedruckt vorliegt. Die von Mängeln des
Empfangsgeräts oder der Leitung ausgehende Störungsgefahr trägt
grundsätzlich das Gericht, das die Übermittlung fristwahrender
Schriftsätze durch T. eröffnet. Ein Telefaxschreiben ist grundsätzlich
keine Urkunde. Zur Wahrung der gewillkürten Schriftform und auch
zur Wahrung der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung, dass eine
Kündigung mittels eingeschriebenen Briefs erfolgen müsse, reicht
eine Fernkopie aber aus. Für T. und damit auch Vervielfältigung
ermöglichende Geräte ist im Interesse der Urheber von Werken eine
Vergütung nach dem Urheberrechtsgesetz zu entrichten.
Lit.: Schmittmann, J., Telefaxübermittlungen, 1998; Beckemper, K., Die Urkundenqualität von
Telefaxen, JuS 2000, 123; Düwell, F., Computerfax richterrechtlich zugelassen, NJW 2000, 3334
Telefon (Fernsprechgerät) ist das der elektrischen Übertragung
akustischer Umstände dienende Gerät.
Lit.: Westphalen, F. Graf v. u. a., Der Telefondienstvertrag, 2001;
Härting, N., Recht der Mehrwertdienste 0190/0900, 2004
Telekommunikation ist die auf der Grundlage der elektronischen
Möglichkeiten wirkende zwischenmenschliche Kommunikation.
Lit.: Telekommunikations- und Multimediarecht, hg. v. Roßnagel, A., 3. A. 2001;
Telecommunication Laws in Europe, hg. v. Scherer, J., 4. A. 1998; Telekommunikations- und
Multimediarecht, hg. v. Geppert, M./Roßnagel, A., 4. A. 2002; Immenga, U./Kirchner, C./Knieps,
G./Kruse, J., Telekommunikation im Wettbewerb, 2001; Holzhäuser, M., Essential Facilities in der
Telekommunikation, 2002; Geppert, M./Ruhle, E./Schuster, F., Handbuch Recht und Praxis der
Telekommunikation, 2. A. 2002; Handbuch zum Telekommunikationsrecht, hg. v. Heun, S., 2002
Telekommunikationsgesetz ist das der Förderung des Wettbewerbs,
der Gewährleistung von Dienstleistungen und der Festlegung einer
Frequenzordnung dienende, die →Telekommunikation betreffende
Bundesgesetz.
Lit.: Etling-Ernst, M., Telekommunikationsgesetz, 2. A. 1999; Beck’scher TKG-Kommentar, hg. v.
Bönsch, G. u. a., 2. A. 2000; Trute, H./Spoerr, W./Bosch, W., Telekommunikationsgesetz mit
FTEG, 2001; Telekommunikationsgesetz, hg. v. Scheurle, K./Mayen, T., 2002
Telekommunikationsüberwachungsverordnung ist die die Überwachung in offenen
Informationsnetzen und Kommunikationsnetzen regelnde Verordnung.
Lit.: Holznagel, Bernd/Nelles, Ursula/Sokol, Bettina, Die neue TKÜV, 2001
teleologisch (Adj.) zielgerichtet
Lit.: Drüen, K., Über Sinn und Zweck des Gesetzes, JuS 1997, L 81
teleologische Auslegung →Auslegung, teleologische
teleologische Reduktion →Reduktion
Teleshopping (N.) ist der rechtsgeschäftliche Erwerb (z. B. Kauf)
mittels elektronischer Datenverarbeitung.
Lit.: Biernoth, C., Zivilrechtlicher Erwerberschutz beim
Teleshopping, 1999; Schröder, C., Teleshopping, 2000; Olaf, W.,
Teleshopping – e-commerce, 2001; Dafner, C., Das öffentliche
Wirtschaftsrecht der Teledienste, 2003
Tendenz (F.) Streben, Neigung
Tendenzbetrieb (§ 118 BetrVG) ist der →Betrieb, der unmittelbar
und überwiegend politischen (auch nichtparteipolitischen),
konfessionellen, wissenschaftlichen und ähnlichen Bestimmungen
dient (z. B. Zeitungsverlag). Auf den T. finden die Vorschriften des
Betriebsverfassungsgesetzes nur eingeschränkt Anwendung,
insbesondere nur insoweit, als ihnen nicht die Eigenart des Betriebs
entgegensteht (z. B. sind die Pressefreiheit einschränkende
Mitbestimmungsrechte ausgeschlossen). Die Feststellung des
Tendenzschutzes eines Unternehmens kann vor den Arbeitsgerichten
beantragt werden.
Lit.: Fabricius, F., Kommentar zum § 118 BetrVG, 1985; Poeche, S., Mitbestimmung in
wissenschaftlichen Tendenzbetrieben, 1999
Tenor (lat. tenor [M.] Haltung, Inhalt) ist die →Urteilsformel (z. B.
der Beklagte wird verurteilt, 1000 Euro an den Kläger zu zahlen. Der
Beklagte trägt die Kosten. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 1500 Euro vorläufig vollstreckbar). Der T. ist notwendiger
Bestandteil eines →Urteils (vgl. § 313 ZPO). Er muss aus sich heraus
verständlich und der →Zwangsvollstreckung zugänglich sein sowie
die in der letzten mündlichen →Verhandlung gestellten →Anträge
erschöpfend erledigen.
Lit.: Furtner, Urteil; Schellhammer, Arbeitsmethode; Wallisch, J./Spinner, G., Die Tenorierung,
JuS 2000, 64; Mansdörfer, M./Timmerbeil, S., Grundfälle zur Tenorierung strafrechtlicher
Entscheidungen, JuS 2001, 1102
Termin (Zeitpunkt, Frist) ist im Privatrecht (§§ 186ff. BGB) der
bestimmte Zeitpunkt, an dem etwas geschehen soll (z. B. Lieferung
einer Kaufsache) oder eine Rechtswirkung von selbst eintritt (z. B.
→Fälligkeit der Kaufpreisschuld). Dieser Zeitpunkt kann durch
→Gesetz, Hoheitsakt oder →Rechtsgeschäft bestimmt sein. Im
Verfahrensrecht (z. B. §§ 214ff. ZPO) ist T. ein im Voraus durch das
→Gericht genau bestimmter Zeitpunkt für gemeinschaftliche
→Prozesshandlungen des Gerichts mit Parteien oder Dritten. Er
beginnt mit dem Aufruf der Sache. Er ist von einer Partei versäumt,
wenn sie bis zum Schluss nicht verhandelt.
Lit.: Löhning, M., Fristen und Termine im Zivilrecht, 2003
Terminsgebühr
Territorialitätsprinzip ist der auf ein räumliches Gebiet abstellende
Grundsatz (z. B. § 3 StGB). →Personalitätsprinzip
Territorialstaat ist der ein bestimmtes Gebiet (Territorium) als
räumliche Grundlage seiner Staatsgewalt beherrschende →Staat. In der
Neuzeit ist der Staat grundsätzlich T. Dagegen besteht in älteren
Zeiten eine Herrschaftsgewalt vor allem über Personenverbände.
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003; Willoweit, D., Rechtsgrundlagen der
Territorialgewalt, 1975
Testament (Zeugenakt) (§§ 2064ff. BGB) ist die einseitige, nicht
empfangsbedürftige und jederzeit frei widerrufliche
→Willenserklärung des →Erblassers, mit der dieser eine
rechtsgeschäftliche Regelung für den Fall seines Tods trifft – und
dadurch die gesetzliche Rechtslage abändert –. Das T. ist eine
letztwillige →Verfügung und eine →Verfügung von Todes wegen. Es
ist vom Erblasser persönlich zu errichten (§ 2064 BGB) und kann vor
allem →Erbeinsetzung, →Vermächtnis, →Auflage und
→Testamentsvollstreckung enthalten. Es kann von einem
→Minderjährigen errichtet werden, wenn er das sechzehnte
Lebensjahr vollendet hat. Die Errichtung ist in ordentlicher Form
(ordentliches T. im Gegensatz zum außerordentlichen, zeitlich nur
beschränkt gültigen T. [Nottestament z. B. Bürgermeistertestament,
Dreizeugentestament, Seetestament, Militärtestament,
Konsulartestament]) entweder zur Niederschrift (mündliche
Erklärung oder Übergabe einer [nicht notwendigerweise vom
Erblasser selbst geschriebenen und auch nicht notwendigerweise
handschriftlich geschriebenen] Schrift) →eines Notars (öffentliches T.
§ 2232 BGB) oder durch – wenn auch mit Unterstützung –
eigenhändig (also nicht maschinenschriftlich) geschriebene und
(unterhalb des Texts, evtl. auf dem Umschlag) unterschriebene
Erklärung (holographisches T., eigenhändiges T., § 2247 BGB)
möglich. Es kann (z. B. durch Zerreißen) widerrufen werden (, erlangt
dann aber durch bloßes Zusammenkleben nicht wieder Wirksamkeit).
Ein gemeinschaftliches T. ist möglich, kann aber nur von Ehegatten
errichtet werden (§ 2265 BGB). Es kann zum einen nur rein äußerlich
gemeinschaftliches T. sein. Es ist gegenseitiges T. (reziprokes T.),
wenn sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen (§ 2269
BGB). Dieses ist, wenn bestimmt wird, dass nach dem Tod des
Überlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten fallen soll,
im Zweifel →Berliner T. Es ist wechselbezügliches (korrespektives)
T., wenn mindestens ein Ehegatte seine Verfügung nur mit Rücksicht
auf die Verfügung des andern macht, sie also mit dieser stehen und
fallen soll. Rechtstatsächlich fertigt in Deutschland in der Gegenwart
nur eine Minderheit aller Erblasser ein T. an (1998 29%).
Lit.: Tzschaschel, H., Das private Ehegattentestament, 9. A. 1983; Tzschaschel, H., Das private
Einzeltestament, 12. A. 1997; Friedrich, W., Testament und Erbrecht, 18. A. 1998; Nieder, H.,
Handbuch der Testamentsgestaltung, 2. A. 2000; Testament und Erbvertrag, hg. v. Reimann, W., 4.
A. 2002; Kössinger, R., Das Testament Alleinstehender, 3. A. 2004
Testamentseröffnung (§§ 2260ff. BGB) ist die amtliche Öffnung
eines in der Verwahrung des Nachlassgerichts befindlichen
→Testaments durch das Nachlassgericht in einem festgesetzten
Termin nach dem Tod des Erblassers.
Testamentsvollstrecker (§§ 2197ff. BGB) ist die vom →Erblasser zur
Ausführung seiner letztwilligen Anordnungen durch letztwillige
→Verfügung berufene Person. Der T. ist Träger eines Amts, nicht
gesetzlicher →Vertreter. Dieses Amt beginnt mit der Annahme, es
endet mit →Kündigung durch den T., Entlassung durch das
Nachlassgericht, Erledigung der Aufgabe, Tod u. a. Der T. hat die
letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen
(§ 2203 BGB), die →Auseinandersetzung zu bewirken und den
→Nachlass zu verwalten. Dadurch ist notwendigerweise eine
→Verfügungsbefugnis des →Erben ausgeschlossen. Der T. hat
Anspruch auf eine angemessene Vergütung.
Lit.: Haegele, K./Winkler, K., Der Testamentsvollstrecker nach bürgerlichem, Handels- und
Steuerrecht, 16. A. 2001; Handbuch der Testamentsvollstreckung, hg. v. Bengel, M./Reimann, W.,
3. A. 2001; Reimann, W., Testamentsvollstreckung, 3. A. 1998; Mayer/Bonefeld/Daragan,
Praxishandbuch Testamentsvollstreckung, 2000; Zimmermann, W., Die Testamentsvollstreckung,
2001
Testierfähigkeit (§ 2229 BGB) ist die Fähigkeit, ein →Testament zu
errichten, zu ändern oder aufzuheben. Die T. ist ein Sonderfall der
→Handlungsfähigkeit. Sie steht grundsätzlich jedem Menschen zu, der
das 16. Lebensjahr vollendet hat und nicht wegen krankhafter Störung
der →Geistestätigkeit, wegen →Geistesschwäche oder wegen
→Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von
ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser
Einsicht zu handeln. In bestimmten Fällen besteht nur eine
beschränkte T. (z. B. § 2247 II BGB). Schreibunfähigen und
Sprechunfähigen fehlt nicht in jedem Fall die T.
Lit.: Wagner, S., Die Testierfähigkeit im internationalen Privatrecht, 1996
Testierfreiheit ist die Freiheit des Menschen, nach Belieben
→Verfügungen von Todes wegen zu errichten. Die T. ist ein Unterfall
der →Privatautonomie. Sie wird beschränkt durch das
→Pflichtteilsrecht, eine eventuelle Wechselbezüglichkeit eines
gemeinschaftlichen →Testaments, einen →Erbvertrag sowie die
(allgemeinen) guten →Sitten.
Lit.: Familienerbrecht und Testierfreiheit im europäischen Vergleich, hg. v. Henrich, D./Schwab,
D., 2001
testis (lat. [M.]) Zeuge
Text (M.) äußere Gestalt einer Wortfolge
Textform (§ 126b BGB) ist die Abgabe einer Erklärung in einer
Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in
Schriftzeichen geeignete Weise, die Nennung der Person des
Erklärenden und der Abschluss der Erklärung durch
Erkennbarmachung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder
in anderer Weise.
Textverarbeitung ist die Sammelbezeichnung für Methoden und
Verfahren zur Erarbeitung und Bearbeitung von Texten vor allem mit
Hilfe der automatisierten Datenverarbeitung (und für
unterschiedlicher Textverarbeitungsprogramme).
Theaterrecht ist die Gesamtheit der den Betrieb eines Theaters
betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Kurz, H., Praxishandbuch Theaterrecht, 1999
Theokratie (griech. [F.]) Gottesherrschaft
Thing →Ding
Thüringen ist (seit 3. 10. 1990) das von Bayern, Hessen,
Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen begrenzte Land der
Bundesrepublik Deutschland.
Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Gesetze des Landes Thüringen (Lbl.), hg. v. Knöll, H., 35. A.
2003; Landesrecht Thüringen, hg. v. Dette, H. u. a., 9. A. 2002; Thüringen-Handbuch, hg. v. Post,
B. u. a., 1999; Thüringer Staats- und Verwaltungsrecht, hg. v. Huber, P., 2000
Tier ist das Lebewesen, das sich vom Menschen durch das Fehlen
von Vernunft und Sprache sowie von der Pflanze durch
Bewegungsvermögen und Empfindungsvermögen unterscheidet (str.
für Mikroorganismen und Viren). Das T. wurde bis zum Gesetz zur
Verbesserung der Rechtsstellung des Tiers im bürgerlichen Recht
vom 20. 6. 1990 rechtlich als →Sache behandelt. Ab 1. 9. 1990
bestimmt § 90a BGB, dass Tiere keine Sachen sind. Allerdings ist auf
Tiere das für Sachen geltende Recht entsprechend anzuwenden,
soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Tiere, die im häuslichen
Bereich und nicht zu Erwerbszwecken gehalten werden, sind
grundsätzlich der Pfändung nicht unterworfen (§ 811c ZPO). Das
unnötige Quälen u. a. eines Tiers ist strafbar (vgl. §§ 17, 18
TierSchG). Die Transportzeit für Schlachttiere ist auf höchstens 8
Stunden begrenzt. Die Genehmigung von Legebatterien mit zu
geringem Raum für Käfighühner ist rechtwidrig. Das
rechtstatsächliche Verhältnis des modernen Menschen zum Tier zeigt
sich am anschaulichsten in der Rinderwahnsinnskrise und andern
Massentiervernichtungsvorfällen.
Lit.: Lorz, A./Metzger, E., Tierschutzgesetz, 5. A. 1999; Bernhardt, K., Das Tier im Recht, 1995;
Steding, R., § 90a BGB, JuS 1996, 962; Graul, E., Das Tier als Sache i. S. des StGB, JuS 2000, 215
Tierhalter (§ 833 BGB) ist die Person, die ein →Tier in ihrem
Hausstand oder Wirtschaftsbetrieb im eigenen Interesse nicht nur
vorübergehend verwendet. Der T. haftet grundsätzlich bei einem
durch das Tier verursachten →Schaden nach den Regeln über die
→Gefährdungshaftung. Bei einem Haustier, das dem →Beruf, der
→Erwerbstätigkeit oder dem →Unterhalt des Tierhalters zu dienen
bestimmt ist, tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn entweder der
Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tiers die im Verkehr
erforderliche →Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei
Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Lit.: Lorenz, W., Die Gefährdungshaftung des Tierhalters nach § 833 Satz 1 BGB, 1992 (Diss.);
Dallemand, C./Balsam, W., Rechtsfragen der Haustierhaltung, 1997; Greven, G., Die Tierhaltung
aus strafrechtlicher Sicht, Diss. jur. Köln 1998
Tierhüter (§ 834 BGB) ist der für den →Tierhalter die Führung der
→Aufsicht über ein Tier durch →Vertrag übernehmende Mensch, der
für den durch das Tier verursachten →Schaden verantwortlich ist,
sofern er nicht bei Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche
→Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung
dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Tierkörperbeseitigungsrecht ist die Gesamtheit der die Beseitigung
der Körper toter Tiere betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Grünewald, C., Das Tierkörperbeseitigungsrecht, 1993 (Diss.)
Tierschutz → Tier
Lit.: Caspar, C., Tierschutz, 1999; Lorz, A./Metzger, E.,
Tierschutzgesetz, 5. A. 1999; Ziekow, J., Tierschutz, 1999;
Hackbarth, H./Lückert, A., Tierschutzrecht, 2000; Tierschutzgestz,
hg. v. Kluge, H., 2002; Hirt, A./Maisack, C./Moritz, J.,
Tierschutzgesetz, 2003
Tierzuchtrecht ist die Gesamtheit der die Zucht von →Tieren
betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Pelhak, J., Tierzuchtrecht (Lbl.), 2. A. 1992
Tilgung ist die Beseitigung einer Gegebenheit, insbesondere einer
→Schuld. Die T. tritt vor allem ein, wenn die geschuldete Leistung an
den Gläubiger bewirkt wird (§ 362 I BGB, →Erfüllung), doch kann
die Schuld auch aus zahlreichen weiteren Gründen erlöschen
(→Hinterlegung, →Aufrechnung, →Erlass u. a.). Im
Strafverfahrensrecht erfolgt u. a. nach bestimmter Frist eine T. der
→Strafe im →Bundeszentralregister.
Lit.: Gernhuber, J., Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. A. 1994
time-sharing (engl. [N.]) →Teilzeitwohnrecht
Lit.: Tonner, K., Das Recht des Time-sharing, 1997
Titel (Aufschrift, Zeichen, Name) ist die Bezeichnung eines
Menschen mit einem Ehrennamen (u. a. Doktortitel) sowie die
Bezeichnung eine Schriftwerks (Titelschutz möglich [vgl.
http://www.titelschutzanzeiger.de] nach Titelschutzanzeige, sofern
der T. sich nicht in der Beschreibung des Inhalts erschöpft) oder eines
Teils eines solchen (z. B. Untergliederung eines Gesetzes). Die
unbefugte Führung von Titeln ist strafbar (§ 132a StGB). Im
Zwangsvollstreckungsrecht ist grundsätzlich ein vollstreckbarer T.
erforderlich. →Vollstreckungstitel
Lit.: Zimmerling, W., Akademische Grade und Titel, 2. A. 1995;
Kahle, F., Der Missbrauch von Titeln, 1995; Deutsch, V./Mittas, T.,
Titelschutz, 1999; Brögelmann, J., Titelumschreibung, Diss. jur.
Bonn 1994
Tod ist das Erlöschen der Lebensäußerungen, insbesondere der
Stillstand von Kreislauf und Atmung bzw. das irreversible Erlöschen
der Gehirntätigkeit ([Hirntod,] Einzelheiten wegen der Möglichkeiten
der Transplantation streitig) eines Lebewesens. Mit dem T. erlischt
die →Rechtsfähigkeit des Menschen. Seine Rechte und Pflichten
werden durch das →Erbrecht in weitem Umfang auf andere Personen
überführt. Im Übrigen enden sie. Die Totenfürsorge steht bei
Verheirateten in erster Linie dem überlebenden Ehegatten zu. Im
Prozess unterbricht der T. der Partei das Verfahren. Im Strafprozess
beendet der T. des Angeklagten das Verfahren, das förmlich durch
Einstellung beendet wird. In der Rechtsgeschichte ist der bürgerliche
T. das Enden der allgemeinen Rechtsfähigkeit infolge des Eintritts in
ein Kloster oder einer schweren Bestrafung.
Lit.: Schmidt-Jortzig, E., Wann ist der Mensch tot?, 1999; Hirntod und Organtransplantation, hg. v.
Höglinger, G. u. a., 1999; Zimmermann, R., Rechtsfragen bei einem Todesfall, 3. A. 2002
Todeserklärung (§§ 2ff. VerschG) ist die Feststellung des →Tods
eines →Verschollenen auf Grund eines →Aufgebotsverfahrens. Die T.
erfolgt durch →Beschluss des →Amtsgerichts (freiwillige
→Gerichtsbarkeit, Hoheitsakt). Sie ist vor allem zulässig, wenn ein
Mensch verschollen ist und seit dem Ende des Jahrs, in dem der
Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, 10
(evtl. 5) Jahre verstrichen sind. Die T. begründet die →Vermutung,
dass der Verschollene in dem im Beschluss festgestellten Zeitpunkt
gestorben ist (§ 9 VerschG, Todesvermutung). Erweist sich die T. als
falsch, so ist sie mit Rückwirkung aufzuheben.
Todesstrafe ist die Bestrafung eines Menschen durch Tötung. Sie ist
in der Rechtsgeschichte in vielfältigen Formen (Hängen, Enthaupten,
Vierteilen, Rädern, Pfählen, Erschlagen, Ertränken, Erdrosseln,
Begraben, Einmauern, Steinigen, Verbrennen, Vergiften, Vergasen,
Elektrifizieren, Aussetzen u. a. m.) sehr verbreitet. In der
→Bundesrepublik ist sie abgeschafft (Art. 102 GG). Rechtstatsächlich
wurden weltweit 1999 3857 Todesurteile mit 1813 Hinrichtungen in
31 Ländern bekannt, davon 1077 in China und verhältnismäßig viele
in den Vereinigten Staaten von Amerika. 2002 einigten sich 36
Mitgliedstaaten des Europarats auf die Abschaffung der T. auch im
Kriegsfall.
Lit.: Köbler, G., Bilder aus der deutschen Rechtsgeschichte, 1988
Topik ist die Lehre von den gängigen, allgemein anerkannten
Begriffen, Sätzen und Argumenten.
Lit.: Zippelius, Methodenlehre; Viehweg, Topik und Jurisprudenz, 5. A. 1974
tot (Adj.) →Tod
Totgeburt ist der Vorgang der Geburt der während der
Schwangerschaft oder der Geburt gestorbenen Leibesfrucht und diese
Leibesfrucht selbst (→Fehlgeburt). Geburtsanzeige und Bestattung
einer T. sind erforderlich.
Totschlag (§ 212 StGB) ist die →Tötung eines Menschen, die kein
→Mord ist. T. ist der Grundtatbestand der vorsätzlichen Tötung (str.).
T. wird mit →Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren, in besonders
schweren Fällen mit lebenslanger →Freiheitsstrafe bestraft.
Lit.: Glatzel, J., Mord und Totschlag, 1987
Tötung ist die Verursachung des Tods (eines Menschen). Die
rechtswidrige schuldhafte T. ist strafbar. Die T. kann fahrlässige T.
(§ 222 StGB) oder vorsätzliche T. (→Totschlag [§ 212 StGB], →Mord
[§ 211 StGB], T. auf Verlangen [§ 216 StGB], vgl. auch →Abtreibung
bzw. →Schwangerschaftsabbruch [§ 218 StGB]) sein.
Lit.: Mitsch, W., Grundfälle zu den Tötungsdelikten, JuS 1995, 787; Koslowski, R., Die
Kriminologie der Tötungsdelikte, 1999; Zwiehoff, G., Die provozierte Tötung, 2001
traditio (lat. [F.]) Übergabe
Transfer (M.) Übertragung
Transformation (F.) Umformung
Transformationsgesetz ist das staatliche →Gesetz, durch das
Völkerrecht bzw. Völkervertragsrecht in innerstaatliches Recht
überführt wird.
Transfusion (F.) ist die Übertragung von Flüssigkeiten (z. B. von
Blut).
Lit.: Deutsch, E., Transfusionsrecht, 2001
Transparenz- und Publizitätsgesetz ist das wesentliche Bereiche des Aktienrechts ändernde
Gesetz vom 19. 7. 2002.
Lit.: Hirte, H., Das Transparenz- und Publizitätsgesetz, 2003
Transplantation ([F.] Organverpflanzung) ist die Entnahme eines
Organs eines Menschen zur Verpflanzung in den Körper eines andern
Menschen. Für die T. gilt das Transplantationsgesetz vom
5. 11. 1997. Danach ist die Organentnahme zulässig, wenn der
Organspender in die Entnahme eingewilligt oder hilfsweise sein
nächster Angehöriger ihr zugestimmt hat, der →Tod des
Organspenders festgestellt ist und der Eingriff durch einen Arzt
vorgenommen wird.
Lit.: Organtransplantation, hg. v. Angstwurm, H., 1998; Nickel, L./Schmidt-Preisigke A./Sengler, H.,
Transplantationsgesetz, 2001; Transplantationsgesetz, hg. v. Höfling, W., 2003; Taupitz, J.,
Richtlinien in der Transplantationsmedizin, NJW 2003, 1145
Transport ist die Beförderung von Menschen oder Gegenständen.
→Fracht, Güterverkehr
Lit.: Transportgesetze, hg. v. Herber, R., 2. A. 2000; Koller, J., Transportrecht, 5. A. 2004; Herber,
R./Piper, H., CMR. Internationales Straßentransportrecht, 1996; Münchener Kommentar zum HGB,
Bd. 7 hg. v. Basedow, J., 1997; Beier, O., Grundsätze eines europäischen
transportmittelübergreifenden Schadensrechts für den Gütertransport, 1999; Knorre, J. u. a.,
Praxishandbuch Transportrecht (Lbl.), 3. A. 2003; Müglich, A., Transport- und Logistikrecht, 2002;
Thume, K./Motte, H. de la, Transportversicherungsrecht, 2003
Tratte (F.) ist der gezogene, d. h. den Bezogenen zur Zahlung
anweisende →Wechsel. (→Solawechsel)
Trauung (§ 1312 BGB) ist die (kirchliche und standesamtliche) Form
der →Eheschließung.
Travellerscheck ist die →Anweisung an eine Bank, dem Inhaber des
Travellerschecks (Reisendenschecks) eine bestimmte Geldsumme
auszuzahlen.
Trennung →Prozesstrennung, Gütertrennung
Lit.: Grziwotz, Trennung und Scheidung, 5. A. 2001
Treu →Treu und Glauben
Treubruchstatbestand (§ 266 StGB) ist die Verletzung der einem
Menschen kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts
oder eines Treueverhältnisses obliegenden Pflicht, fremde
Vermögensinteressen wahrzunehmen. Der T. ist ein Fall der
→Untreue, sofern der Treuebruch für den, dessen
Vermögensinteressen zu betreuen sind, einen Nachteil bewirkt. Der T.
setzt ein Treueverhältnis gehobener Art mit Pflichten von einigem
Gewicht voraus, zu deren Erfüllung dem Verpflichteten ein gewisser
Spielraum eingeräumt ist (z. B. Architektenvertrag).
Lit.: Sax, W., Überlegungen zum Treubruchtatbestand des § 266 StGB, JZ 1977, 663, 702, 742
Treue ist die innere, feste Bindung eines Menschen an einen
Menschen, einen Gegenstand oder eine Idee.
Treuepflicht →Treupflicht
treuga Dei (lat. [F.]) Waffenruhe Gottes, →Gottesfriede
Treugeber →Treuhand
Treuhand (lat. [F.] fiducia) ist das →Rechtsverhältnis, bei dem ein
Teil (Treuhänder) nach außen mindestens ein Vermögensrecht als
eigenes Recht hat, dieses aber auf Grund einer schuldrechtlichen
Abrede (Treuhandvertrag, Sicherungsvertrag) ganz oder teilweise im
Interesse des andern Teils (Treugebers) ausüben soll. Die T. ist in
Deutschland gesetzlich nicht geregelt. Dient sie vorwiegend den
Interessen des Treugebers, so ist sie fremdnützig. Dient sie
hauptsächlich den Interessen des Treuhänders, so ist sie eigennützig.
Aus der Treuhandabrede ist der Treuhänder verpflichtet, die ihm
übertragenen Vermögensrechte nur der Vereinbarung oder ihrem
Zweck entsprechend zu benutzen, der Treugeber, die erforderlichen
Übertragungshandlungen vorzunehmen. Durch sie wird der
Treuhänder gegenüber Dritten vollberechtigt. In der →Insolvenz und
in der →Zwangsvollstreckung kommt aber eine wirtschaftliche
Betrachtungsweise zum Zug.
Lit.: Treuhänderische Stiftungen, bearb. v. Berkel, U. u. a., 4. A. 1994; Grundmann, S., Der
Treuhandvertrag, 1997; Gratzel, D., Die Treuhandanstalt, 1999
Treuhänder →Treuhand
Treunehmer →Treuhand
Treupflicht (Treuepflicht) ist die in Rechtsverhältnissen bestehende
→Pflicht zu einem besonderen, die Interessen der andern Seite
berücksichtigenden Verhalten. Im Verwaltungsrecht trifft den
→Beamten eine aus der Natur des Dienstverhältnisses folgende T.
(§ 52 BBG) gegenüber seinem Dienstherrn. Sie verbietet, dass der
Beamte die Interessen einer bestimmten Partei oder Gruppe denen des
gesamten Volkes vorzieht. Sie gebietet, dass jeder Beamte bei seiner
Amtsführung für die freiheitliche demokratische →Grundordnung
eintritt und seine Handlungen am Wohl der →Allgemeinheit ausrichtet
und nicht zwecks persönlicher Selbstbedienung betreibt. Im
Schuldrecht trifft jede Partei des Schuldverhältnisses aus § 242 BGB
eine T., deren Inhalt sehr stark von der Art des jeweiligen
→Schuldverhältnisses (z. B. →Dienstvertrag, →Gesellschaftsvertrag)
abhängt.
Lit.: Bartsch, R., Die Entwicklung der personengesellschaftsrechtlichen Treuepflicht in der
Rechtsprechung, 1989 (Diss.); Nodoushani, A., Die Treuepflicht der Aktionäre, 1997; Schnorbus,
Y., Treupflichten im Aktienrecht, JuS 1998, 877
Treu und Glauben ist der das →Verhalten eines redlich und
anständig denkenden und handelnden Menschen zugrundelegende
Verhaltensmaßstab. Im Schuldrecht (§ 242 BGB) ist der Schuldner
verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie T. u. G. mit Rücksicht
auf die →Verkehrssitte es erfordern. Hieraus ist ein allgemeiner, jede
Ausübung von Rechten und jede Erfüllung von Pflichten betreffender
Grundsatz entwickelt worden, der für das gesamte Recht Bedeutung
hat. Besonderes Gewicht kommt ihm für die Art und Weise der
Leistung, die mögliche Änderung des Leistungsinhalts (Wegfall oder
Fehlen der →Geschäftsgrundlage), die Begründung zusätzlicher
→Pflichten (Nebenleistungspflichten, Verhaltenspflichten) und die
unzulässige Rechtsausübung (Widerspruch zu eigenem Tun,
Forderung eines gleich zurückgewährenden Gegenstandes,
→Verwirkung) zu.
Lit.: Wieacker, F., Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB, 1956; Pfister, B., Die
neuere Rechtsprechung zu Treu und Glauben im Zivilprozess, 1998
Tribunal (N.) Amtssitz, Gericht
Trichotomie ([F.] Dreiteilung) ist die frühere Gliederung der
→Straftaten in →Verbrechen, →Vergehen und die jetzt nicht mehr
strafbaren →Übertretungen. →Dichotomie, →Ordnungswidrigkeit
Tridentinisches Konzil ist das zwanzigste allgemeine, von 1545 bis
1563 in Trient tagende Konzil der katholischen Kirche, das die
verbindliche Wirkung der kirchlichen Dogmatik festlegte (7
Sakramente, Erbsünde, Fegefeuer usw.)
Lit.: Das Konzil von Trient und die Moderne, hg. v. Prodi, P. u. a., 2001
TRIPS ([engl.] Agreement [N.] on Trade-Related Aspects of
Intellectual Property Rights) ist das Übereinkommen über
handelsbezogene Aspekte des Rechts des geistigen Eigentums im
Rahmen der Welthandelsorganisation World Trade Organization
(WTO).
Lit.: From GATT to TRIPS, hg. v. Beier, F. u. a., 1996; Forkel, H., Das Erfinder- und Urheberrecht,
NJW 1997, 1672
Trödelvertrag ist der gesetzlich nicht geregelte →Vertrag, durch den
(gebrauchte) Sachen zum Verkauf überlassen werden mit der Abrede,
zu einem gewissen Zeitpunkt entweder einen vereinbarten Preis zu
zahlen oder die Sachen zurückzugeben.
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht
Truchsess ([M.] Leutesetzer) ist ein mittelalterliches Hofamt.
Trucksystem ist die Vergütung der →Arbeit durch vom →Arbeitgeber
vertriebene →Ware statt durch Geld. Das T. ist durch die §§ 115ff.
GewO grundsätzlich verboten (Truckverbot). →Naturallohn ist jedoch
in eingeschränktem Umfang zulässig.
Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 StGB) ist das Führen eines
Fahrzeugs im Verkehr durch einen Menschen, der infolge des
Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. T. ist ein
abstraktes →Gefährdungsdelikt, das mit Freiheitsstrafe bis zu einem
Jahr oder mit Geldstrafe bedroht ist. Bei konkreter Gefährdung von
Menschen oder bestimmten wertvollen Sachen in diesem Zustand
entsteht Strafbarkeit nach § 315c StGB (Gefährdung des
Straßenverkehrs).
Lit.: Hentschel, P., Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot, 9. A. 2003
Trunksucht (§ 6 BGB, aufgehoben) ist der Hang zum häufigen, übermäßigen Genuss geistiger
Getränke, dem zu widerstehen der Betroffene nicht mehr die Kraft hat.
Trust (M.) Konzern
Lit.: Kötz, H., Trust und Treuhand, 1993; Krantz, D., Trusts im schottischen Recht, 1997
Tschechien ist der 1992 aus der Tschechoslowakei entstandene
mitteleuropäische, von Deutschland, Polen, der Slowakei und
Österreich begrenzte Staat.
Lit.: Tschechisches Bürgerliches Gesetzbuch, übers. v. Weber, A., 1995; Tschechisches
Handelsgesetzbuch, übers. v. Weber, A., 6. A. 1996; Liska/Munková/Giese, Tschechisch-deutsches
Rechtswörterbuch, 1996; Tschechische Wirtschaftsgesetze, übers. v. Bohata, P. u. a., 1997; Ceské
Zákony – Tschechische Gesetze (Lbl.), hg. v. Bohata, P./Válková, H., 2000; Bohata, P.,
Gesellschaftrecht in der Tschechischen Republik und der Slowakei, 2. A. 1998;
Munková/Giese/Liska, Deutsch-tschechisches Rechtswörterbuch, 1998; Jäger, J., Neuordnung der
tschechischen Gesellschaft mit den Mitteln des Rechts, Diss. jur. Münster 1999; Die Neugestaltung
des Privatrechts in Mitteleuropa und Osteuropa, hg. v. Horn, N., 2002; Horalkova, M., Nemecko
cesky pravnicky slovnik Deutsch tschecdhisch Rechtswörterbuch, 2003
Tun ist das gestaltende →Verhalten. Es ist vielfacher
Anknüpfungspunkt für Rechtsfolgen. Aus vorangegangenem T. kann
sich eine Verpflichtung zu bestimmten Verhalten ergeben
(→Garantenpflicht, →venire contra factum proprium).
Türkei ist der im Südosten an Europa angrenzende, die Aufnahme in
die Europäische Union anstrebende, seit 1. 1. 1996 durch eine
Zollunion mit der Europäischen Union verbundene Staat, dessen
gegenwärtiges Recht in erheblichem Umfang europäisch geprägt ist
(z. B. 1926 Zivilgesetzbuch nach dem Vorbild der Schweiz).
Lit.: Kiygi, N., Wirtschaftswörterbuch Deutsch-türkisch, 1995; Varol, R./Baetge, D.,
Gesellschaftsrecht in der Türkei, 1996; Hahlen, R., Türkisches Ehegatten- und
Geschiedenenunterhaltsrecht, 1996; Introduction to Turkish law, hg. v. Ansay, T., 4. A. 1996; Kiygi,
N., Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache Türkisch-deutsch, 1997, Deutsch-türkisch,
1999; Das türkische Strafgesetzbuch, übers. v. Tellenbach, S., 2. A. 2001; Introduction into Turkish
business law, hg. v. Ansay, T./Schneider, E., 2001; Köbler, G., Rechtstürkisch, 2002; Rumpf, C.,
Einführung in das türkische Recht, 2004
tutela (lat. [F.]) Schutz, Vormundschaft
Tutor ([M.] Beschützer, Vormund, Betreuer) ist der im Rahmen der
→Studienordnungen Studenten und studentische Arbeitsgruppen in
ihrem →Studium meist unter Aufsicht eines Professors unterstützende
und dadurch beeinflussende Mensch.
TÜV →Überwachungsverein, Technischer
Typ (M.) Gestalt, Vorbild, Grundfigur, Muster
Typengenehmigung ist die öffentlich-rechtliche →Genehmigung
eines ganzen Typs von Vorhaben (z. B. Fertighausbau,
Autoproduktion).
Typenverschmelzungsvertrag ist der durch die untrennbare
Verschmelzung von Elementen verschiedener Vertragstypen in einer
von einer →Partei geschuldeten →Leistung gekennzeichnete →Vertrag
(z. B. Sanatoriumsaufenthaltsvertrag).
Typenzwang ist die Bindung an bestimmte abstrakte
Rechtsverhältnisse (Typen, Modelle, Institute) durch zwingende
gesetzliche Vorschrift (z. B. im Sachenrecht, Gesellschaftsrecht).
Lit.: Ott, C., Typenzwang und Typenfreiheit im Recht der Personengesellschaft, 1966
U
Überbau (§ 912 BGB) ist die Errichtung eines Gebäudes über die
→Grenze eines →Grundstücks. Der Ü. ist eine →Störung des
→Eigentums am überbauten Grundstück (des Nachbarn) (§ 1004
BGB). Er ist, wenn dem Überbauer weder →Vorsatz noch grobe
→Fahrlässigkeit zur Last fällt und der Nachbar nicht vor oder sofort
nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat, zu dulden
(entschuldigter Ü.). Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu
entschädigen. Er kann gegen Übertragung des Eigentums am
überbauten Teil des Grundstücks den Wert dieses Teils ersetzt
verlangen. Das Gebäude gehört beim entschuldigten Ü. dem
Überbauer, beim unentschuldigten Ü. entsprechend dem Eigentum an
den überbauten Grundstücksteilen teils dem Nachbarn, teils dem
Überbauer.
Übereignung ist die Übertragung des →Eigentums an einer →Sache.
Sie verschafft derivativ Eigentum. Sie erfolgt bei →Grundstücken
durch →Auflassung und →Eintragung (§§ 873ff. BGB, nach den §§ 13,
19, 20, 39 GBO sind Eintragungsantrag, Eintragungsbewilligung,
vorherige Einigung und Voreintragung des Betroffenen erforderlich).
Bei beweglichen →Sachen sind →Einigung und →Übergabe oder
→Übergabesurrogat (→Besitz des Erwerbers, Vereinbarung eines
→Besitzmittelungsverhältnisses, →Abtretung eines
→Herausgabeanspruchs) erforderlich (§§ 929ff. BGB). Erfolgt die
Einigung mit einem →Nichtberechtigten, kann der Eigentumserwerb
nur →gutgläubig geschehen.
Lit.: Wadle, E., Die Übertragung des Eigentums nach § 929 S. 2 BGB, JuS 2000, L 57
Überfall ist im Sachenrecht (§ 911 BGB) die von einem Baum oder
Strauch auf ein Nachbargrundstück hinüberfallende, als Frucht des
aufnehmenden Grundstücks geltende →Frucht. Im Strafrecht (§ 224
StGB) ist Ü. der →Angriff, der das Opfer unversehens trifft. Der
hinterlistige Ü. ist ein mögliches Tatbestandsmerkmal der
gefährlichen →Körperverletzung.
Übergabe (§ 929 BGB) ist im Sachenrecht die Verschaffung des
unmittelbaren →Besitzes an einer →Sache durch Übertragung der
tatsächlichen Herrschaftsgewalt. Vielfach ist die Ü. Teil einer
Übereignung. Nach § 433 I 1 BGB ist sie Inhalt der Verpflichtung des
Verkäufers bei einem Sachkauf.
Übergang ist das Fortschreiten oder Hinüberwechseln, insbesondere
von einem bisher betroffenen Rechtssubjekt auf ein anderes
Rechtssubjekt, der auf einer gewollten →Übergabe oder Übernahme
beruhen oder kraft →Gesetzes eintreten kann.
übergesetzlich (Adj.) auf über dem Gesetz stehendem Recht
beruhend
übergesetzlicher Notstand →Notstand
Überhang (§ 910 BGB) ist die vom Nachbargrundstück
eingedrungene Wurzel bzw. der herüberragende Zweig, der in der
Regel (nach Fristsetzung) abgeschnitten und behalten werden kann.
→Nachbarrecht
Überhangmandat ist in einem gemischten Wahlrechtssystem das
Abgeordnetenmandat, das entsteht, wenn die Zahl der nach
→Mehrheitswahlrecht vergebenen Direktmandate (Abgeordnetensitze)
die Zahl der einer Partei nach dem →Verhältniswahlrecht zustehenden
Mandate überschreitet. Nach § 6 III BWG bleibt das Ü. erhalten.
Scheidet ein direkt gewählter Bundestagsabgeordneter während einer
Legislaturperiode aus, so darf sein Sitz nicht aus der Landesliste
besetzt werden, solange seine Partei in dem betreffenden Land über
Überhangmandate verfügt.
Lit.: Jakob, H., Überhangmandat und Gleichheit der Wahl, 1998
überholend (Adj.) sich von hinten nach vorn vorbei bewegend
überholende Kausalität →Kausalität, überholende
Übermaßverbot ist das Verbot, eine Maßnahme (z. B. Strafe) im
Verhältnis zu einem Umstand (z. B. Schwere der Tat und
Verschulden des Täters) zu hoch anzusetzen. Das Ü. ist eine
Ausprägung des Grundsatzes der →Verhältnismäßigkeit und des
→Rechtsstaatsprinzips. Es wendet sich an →Gesetzgeber,
→Rechtsprechung und →Verwaltung.
Lit.: Lerche, P., Übermaß und Verfassungsrecht, 2. A. 1999; Krumm, C., Verfassungsrechtliches
Übermaßverbot, NJW 2004, 328
Übernahme ist das freiwillige Erwerben eines Rechts oder einer
Rechtslage (z. B. Ü. einer →Schuld [→Schuldübernahme], eines
→Vermögens [→Vermögensübernahme] oder eines →Handelsgeschäfts
(§ 25 HGB) oder Unternehmens.
Lit.: Krause, H., Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Pötzsch, T., Das neue
Übernahmerecht, 2002; Adolff, J./Meister, B./Randall, C./Stephan, K., Public company takeovers in
Germany, 2002; Beckmann, R. u. a. Das neue Übernahmerecht, 2003; Zschocke, C./Schuster, S.,
Bad Homburger Handbuch zum Übernahmerecht, 2003; Bröcker, N./Weisner, A.,
Übernahmeangebote, 2003; Thaeter, R./Brandi, T., Öffentliche Übernahmen, 2003
überschießend (Adj.) über das Ziel hinaus schießend
überschießende Innentendenz →Innentendenz, überschießende
Überschuldung ist das Überwiegen der bestehenden
Verbindlichkeiten (→Schulden) über die Werte des Vermögens eines
Schuldners. Insolvenzrechtliche Ü. ist die rechnerische Ü. und die
Unwahrscheinlichkeit der Änderung dieses Zustands (negative
Fortbestehensprognose), wofür die buchmäßige Überschuldung in der
Jahresbilanz nicht mehr als ein z. B. durch Aufdeckung stiller
Reserven widerlegbares Indiz ist. Die Ü. einer juristischen →Person
ist ein →Eröffnungsgrund für das →Insolvenzverfahren (§ 19 InsO).
Lit.: Zimmermann, G., Überschuldung privater Haushalte, 2000
Übersicherung ist die unangemessen hohe Sicherung einer
Forderung. Ü. ist gegeben, wenn der Wert der Sicherung den Wert der
Forderung um 50% übersteigt. Bei Ü. kann der Sicherungsgeber einen
Freigabeanspruch in angemessener Höhe haben.
Lit.: Weber, H., Kreditsicherheiten, 7. A. 2002
Überstunde ist die über die betriebliche regelmäßige →Arbeitszeit
hinaus geleistete Arbeitsstunde. Sie kann nach Gesetz oder nach
Tarifvertrag einen Anspruch auf (25%igen) Zuschlag zur Vergütung
begründen. Die Ü. ist wegen der Knappheit der durch
Lohnnebenkosten zu teuren Arbeit rechtspolitisch umstritten.
übertragen (Adj.) durch Willenshandlung übergeben, sinnbildlich
übertragener Wirkungskreis →Wirkungskreis, übertragener
Übertragung ist der gewillkürte Übergang einer Rechtsposition von
einer Person auf eine andere. Die Ü. ist meist Erfüllungsgeschäft zu
einem Verpflichtungsgeschäft. Die Ü. einer →Forderung oder eines
sonstigen →Rechts erfolgt durch →Abtretung (§§ 398, 413 BGB), die
Ü. des →Eigentums durch →Einigung und →Eintragung bzw.
→Übergabe (§§ 873ff., 929ff. BGB).
Übertretung war bis 1974 neben Verbrechen und Vergehen die
einfachste Form einer →Straftat(, die heute entweder Vergehen oder
→Ordnungswidrigkeit oder überhaupt entfallen ist).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Überwachungsverein, Technischer (TÜV) ist der mit der
technischen Kontrolle von überwachungspflichtigen Anlagen und
Kraftfahrzeugen (§ 29 StVZO) beauftragte →Verein des bürgerlichen
Rechts. Er nimmt als →Beliehener (beliehener Unternehmer)
→öffentliche Aufgaben wahr. In Hessen wird die technische
Überwachung von staatlichen Behörden, den Technischen
Überwachungsämtern (TÜA), durchgeführt.
Überweisung ist im Rahmen eines Überweisungsvertrags
(→Geschäftsbesorgungsvertrags) der →Auftrag (Vertrag bzw.
Vertragsantrag) zur Belastung des Kontos des Überweisenden und zur
Gutschrift auf dem Konto des Empfängers. Als Folge verringert sich
die – vorhandene – →Forderung des Überweisenden gegen das
Kreditinstitut und erhöht sich die Forderung des Empfängers gegen
ein Kreditinstitut entsprechend. Die Ü. bedeutet bargeldlose Zahlung,
wobei die Gutschrift am Tage des Eingangs der Ü. zu erfolgen hat.
Die Ü. ist grundsätzlich so bald wie möglich zu bewirken
(grenzüberschreitende Überweisungen im Euroraum binnen fünf
Bankgeschäftstagen, Inlandsüberweisungen binnen drei
Bankgeschäftstagen, kreditinstitutsinterne Überweisungen binnen
zwei Bankgeschäftstagen und hauptstelleninterne bzw.
zweigstelleninterne Überweisungen binnen einem Bankgeschäftstag).
Die Überweisungswirkung tritt ein, wenn die Empfängerbank mit
äußerlich erkennbarem Rechtsbindungswillen die Daten der
Gutschrift dem Empfänger zugänglich macht (z. B. vorbehaltloses
Absenden der Kontoauszüge, Bereitstellung der Kontoauszüge,
Einspeisen der Daten in den Bestand eines Kontoauszugsdruckers
usw.). Führt eine Bank einen gefälschten Auftrag auf Ü. aus, so hat
sie grundsätzlich den daraus entstehenden Schaden zu tragen. Im
Zivilverfahrensrecht ist die Ü. einer Forderung die Übertragung der
→Verfügungsbefugnis (Einziehungsbefugnis) (vgl. § 835 ZPO).
Lit.: Gross/Diepold/Hintzen, Musteranträge für Pfändung und Überweisung, 1995; Klamt, A./Koch,
C., Das neue Überweisungsgesetz, NJW 1999, 2776; Schmitt, B., Grenzüberschreitende
Überweisungen, 1999; Das Recht der grenzüberschreitenden Überweisung, hg. v. Blaurock, U.,
2000; Wölfle, A., Überweisungs- und Lastschriftverkehr, 2000
Überweisungsbeschluss (§ 835 ZPO) ist in der Zwangsvollstreckung
der gerichtliche →Beschluss, der dem Gläubiger das mit dem
Pfändungsbeschluss gepfändete Recht überweist.
Überweisungsvertrag (§ 676a BGB) ist der Vertrag
(Geschäftsbesorgungsvertrag), durch den das überweisende (die
Überweisung ausführende) Kreditinstitut gegenüber dem (die
Überweisung veranlassenden) Überweisenden verpflichtet wird, dem
Begünstigten einen bestimmten Geldbetrag zur Gutschrift auf dessen
Konto bei dem überweisenden (die Überweisung durchführenden)
Kreditinstitut zur Verfügung zu stellen. Soll die Gutschrift durch ein
anderes Kreditinstitut erfolgen, ist das überweisende Kreditinstitut
verpflichtet, den Überweisungsbetrag rechtzeitig und grundsätzlich
ungekürzt dem Kreditinstitut des Begünstigten unmittelbar oder unter
Beteiligung zwischengeschalteter Kreditinstitute zu diesem Zweck zu
übermitteln. Der Überweisende kann bei entsprechender
Vereinbarung dem Kreditinstitut den zu überweisenden Geldbetrag
auch in bar zur Verfügung stellen.
Lit.: Klamt, A./Koch, C., Das neue Überweisungsgesetz, NJW 1999,
2776
Überzeugung ist die durch Überlegung erlangte Gewissheit. Freie
richterliche Ü. ist die unabhängig von gesetzlichen Regeln erlangte
richterliche Gewissheit, die einen solchen Grad erreicht haben muss,
dass möglichen Zweifeln Schweigen geboten ist, ohne dass sie
allerdings vollständig ausgeschlossen sein müssen. Im →Zivilprozess
hat das →Gericht in freier Ü. die →Beweise zu würdigen (§ 286 I
ZPO), die Schadenshöhe zu ermitteln (§ 287 I ZPO) oder das
Vorliegen bestimmter →Tatbestandsmerkmale festzustellen (z. B.
§§ 296 I, II ZPO).
Überzeugungstäter ist der Täter, der sich auf Grund seiner sittlichen,
religiösen oder politischen →Überzeugung zum Verstoß gegen eine
gültige Strafbestimmung verpflichtet bzw. berechtigt glaubt und
deswegen allenfalls bei der Strafzumessung besser gestellt werden
kann.
Lit.: Ebert, U., Der Überzeugungstäter, 1975
Überziehungskredit (§ 493 BGB) ist der grundsätzlich nur auf
Grund einer Vereinbarung im Rahmen eines Girovertrags zulässige
Kredit (Darlehensvertrag), der dadurch entsteht, dass der Kunde bei
Bedarf ein →Darlehen in von ihm für nötig gehaltener Höhe
tatsächlich in Anspruch nimmt und damit sein Konto negativ belastet
(überzieht). Die Zinsen für Überziehungskredite sind regelmäßig
höher als andere Darlehenszinsen. Das Kreditinstitut hat den
Darlehensnehmer vor der Inanspruchnahme eines solchen Darlehens
über die Höchstgrenze des Darlehens, den zum Zeitpunkt der
Unterrichtung geltenden Jahreszins, die Bedingungen der
Abänderbarkeit des Jahreszinses und die Regelung der
Vertragsbeendigung zu unterrichten. § 492 BGB ist nicht anwendbar.
Der Anspruch auf Ü. ist pfändbar.
Lit.: Dorwarth, S., Der Schutz des Verbrauchers beim Überziehungskredit, 1999
übel (Adj.) böse, schlecht, unangemessen
üble Nachrede →Nachrede, üble
Übung ist das häufig durchgeführte Verhalten (→Brauch,
Gewohnheit, Sitte, Verkehrssitte). Im juristischen →Studium ist Ü. die
Lehrveranstaltung (Praktikum), in der die juristische Arbeitstechnik
der Rechtsanwendung an Hand von (vereinfachten tatsächlichen oder
erfundenen) Fällen durch Lehrer vorgezeigt und durch Studierende
nachgeahmt wird. Der erfolgreiche Besuch von Übungen kann
Voraussetzung der Zulassung zur Prüfung sein. Eine betriebliche Ü.
kann dadurch geändert werden, dass der Arbeitgeber sich anders als
zuvor verhält und die Arbeitnehmer der neuen Handhabung des
Arbeitgebers drei Jahre lang nicht widersprechen.
Lit.: Köbler, Anfängerübung; Klunzinger, E., Übungen im Privatrecht, 8. A. 2003
UdSSR (Union der sozialistischen Sowjetrepubliken) →Sowjetunion
Ultimatum ([N.] Zuendegegangenes) ist die (letztmalige) Erklärung
einer Anforderung unter Androhung von Folgen für den Fall der
Nichterfüllung.
Lit.: Johann, H., Begriff und Bedeutung des Ultimatums im Völkerrecht, 1967
ultra posse nemo obligatur (lat.) zu Unmöglichem ist niemand
verpflichtet
Ultra-vires-Lehre ist die im angloamerikanischen Rechtskreis
geltende Lehre, wonach die Rechte einer juristischen →Person auf
ihren Aufgabenkreis beschränkt sind. Sie hat in den deutschen
Rechtskreis nur insofern Eingang gefunden, als unterstaatliche
Körperschaften und Anstalten auf ihren Funktionsbereich beschränkt
sind und nicht in jedem Fall erwerbswirtschaftlich tätig werden
dürfen. Im Übrigen gilt sie nicht allgemein.
Lit.: Ehlers, D., Die Lehre von der Teilrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts
und die Ultra-vires-Doktrin des öffentlichen Rechts, 2000; Mayer, F., Kompetenzüberschreitung
und Letztentscheidung, 2000
Umdeutung (Konversion) (§ 140 BGB) ist die Ersetzung eines
gewollten, aber →nichtigen →Rechtsgeschäfts durch ein anderes nicht
gewolltes, aber in seinen Voraussetzungen gegebenes Rechtsgeschäft.
Dazu ist außer dem Vorliegen der Erfordernisse des andern Geschäfts
notwendig, dass die Geltung des andern Geschäfts bei Kenntnis der
Nichtigkeit gewollt sein würde (z. B. Nießbrauchbestellung bei
nichtiger Grundstücksveräußerung, vgl. auch § 2084 BGB). Im
→Verwaltungsrecht kann der fehlerhafte →Verwaltungsakt
grundsätzlich in einen andern Verwaltungsakt umgedeutet werden,
wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden
Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig
hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für
seinen Erlass erfüllt sind (§ 47 VwVfG).
Lit.: Samalee, S., Die Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, Diss. jur. Göttingen 1999
Umgangsrecht (§ 1684 BGB) ist das Recht eines Menschen auf
Umgang mit einem andern Menschen. Das Kind hat das Recht auf
Umgang mit jedem Elternteil. Jeder Elternteil ist zum Umgang mit
dem Kind berechtigt und verpflichtet. Das →Familiengericht kann
über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und dieses
einschränken oder ausschließen. Großeltern und Geschwister haben
ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des
Kinds dient (§ 1685 I BGB).
Lit.: Büte, D., Das Umgangsrecht, 2001; Schulze, N., Das Umgangsrecht, 2001
Umgehungsgeschäft ist das Geschäft, durch das die Beteiligten einen
Zweck erreichen wollen, den sie wegen des Verbots oder der Folgen
eines andern Geschäfts mit diesem nicht oder nicht in dieser Weise
erreichen können. Das U. kann, z. B. je nach dem Zweck eines
gesetzlichen Verbots, →nichtig sein (z. B. Vorschieben eines
Landwirts als Strohmann bei einem nur für Landwirte zulässigen
Geschäft). In andern Fällen ist das ernstlich gewollte U. wirksam.
Lit.: Sieker, S., Umgehungsgeschäfte, 2001
Umkehrschluss ([lat.] argumentum [N.] e contrario) ist in der
Rechtsmethodologie der Schluss von der Verschiedenheit der
Voraussetzungen auf die Verschiedenheit der Folgen. Der U. ist dann
anwendbar, wenn nach Sinn und Zweck der Regelung in den
Tatbestand des betreffenden Rechtssatzes das Wort nur eingefügt
werden kann. Dies muss vom Rechtsanwender rechtspolitisch
entschieden werden.
Umlage ist die durch Umlegen eines Gesamtbetrags auf die
Betroffenen ermittelte Form einer Einnahme (mit steuerähnlichem
Charakter).
Umlaufverfahren ist die die Beteiligten einzeln zeitlich nacheinander
erfassende Benachrichtigung oder Entscheidungsbildung (z. B. bei
Erlass einer →Rechtsordnung).
Umlaufvermögen ist im Handelsrecht das zu Veräußerung,
Verbrauch oder Abwicklung bestimmte Vermögen (z. B. Bargeld,
Forderung, Warenvorrat). →Anlagevermögen
Umlegung (z. B. §§ 45ff. BauGB) ist die Umordnung von
Grundstücken zur zweckmäßigen baulichen oder sonstigen Nutzung.
Das von den →Gemeinden durchgeführte Umlegungsverfahren wird
durch den Umlegungsbeschluss eingeleitet. Die betroffenen
Grundstücke werden zunächst vereinigt und nach Absonderung
bestimmter Flächen auf Grund eines durch Beschluss aufgestellten
Umlegungsplans neu verteilt.
Lit.: Dieterich, H., Baulandumlegung, 4. A. 2000
Umsatz ist der Wert oder die Menge der in einem bestimmten
Zeitraum veräußerten Waren. Im Steuerrecht ist U. (§ 1 I UStG) die
Lieferung und sonstige Leistung, die ein →Unternehmer im Inland
gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der
Eigenverbrauch im Inland und die Einfuhr von Gegenständen in das
inländische Zollgebiet. Dieser U. unterfällt grundsätzlich der
→Umsatzsteuer.
Umsatzsteuer (§§ 1ff. UStG) ist die →Steuer vom zu versteuernden
und steuerpflichtigen →Umsatz. Die U. ist eine Verkehrsteuer und im
Ergebnis eine →Verbrauchsteuer, die vom Steuersubjekt
(Unternehmer) über den Preis auf den Verbraucher überwälzt wird
(indirekte Steuer). Bemessungsgrundlage ist das jeweilige
Gesamtentgelt, das der Unternehmer erhält, doch darf er von der
Umsatzsteuerschuld die in der Vorphase auf ihn überwälzte U. im
Wege des Vorsteuerabzugs abziehen, so dass er selbst nur den
Unterschied zwischen Eingangsleistung (Einkaufspreis) und
Ausgangsleistung (Verkaufspreis) versteuern muss
(Allphasennettoumsatzsteuer, Mehrwertsteuer). Der Steuersatz beträgt
derzeit in der Regel 16% (§ 12 UStG, 1. 4. 1998), für Lieferung von
Grundnahrungsmitteln, Holz, Druckerzeugnissen und geistigen
Leistungen 7%. Eine Vereinheitlichung der in den Mitgliedstaaten der
Europäischen Union unterschiedlich hohen U. ist bislang nicht
gelungen.
Lit.: Umsatzsteuerrecht, 22. A. 2004; Bunjes, J./Geist, R., Umsatzsteuergesetz, 7. A. 2003;
Sölch/Ringleb, K., Umsatzsteuer (Lbl.), 50. A. 2003; Lippross, O., Umsatzsteuer, 20. A. 2000;
Völkel, D./Karg, H., Umsatzsteuer, 12. A. 2002; Umsatzsteuer (Lbl.), hg. v. Binder, F. u. a., 63. A.
2003; Hahn, V./Kortschak, P., Lehrbuch der Umsatzsteuer, 9. A. 2002; Jacobs, W., Umsatzsteuer,
2. A. 1998; Kraeusel, J., Das neue Umsatzsteuerrecht, 11. A. 2003; Rose, G., Umsatzsteuer, 15. A.
2002; Umsatzsteuer (Lbl.), hg. v. Binder, F./Wallis, G. v., 2000; Handbuch zur Umsatzsteuer 2003,
2004
Umwandlung ist die Veränderung eines →Unternehmens in ein
anderes Unternehmen (oder eine andere Rechtsform) unter
Ausschluss der Abwicklung (→Universalsukzession), die für
besondere Fälle (→Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung
und bloßer Formwechsel) im Einzelnen im besonderen
Umwandlungsgesetz geregelt ist.
Lit.: Widmann, S./Mayer, D., Umwandlungsrecht (Lbl.), 2002; Sagasser, B./Bula, T./Brünger, T.,
Umwandlungen, 3. A. 2002; Haritz, D./Benkert, M., Umwandlungssteuergesetz, 2. A. 2000;
Umwandlungsgesetz, hg. v. Lutter, M., 2. A. 2000; Umwandlungsgesetz hg. v. Kallmeyer, 2. A.
2001; Umwandlungen im Zivil- und Steuerrecht, hg. v. Wassermeyer, F. u. a., 2000; Schmitt,
J./Hörtnagl, R./Stratz, R., Umwandlungsgesetz Umwandlungsteuergesetz, 3. A. 2001;
Umwandlungsgesetz, hg. v. Semler, J./Stengel, A., 2003
Umwelt ist der ihn umgebende Lebensbereich des Menschen bzw. die
Gesamtheit der die natürlichen Lebensbedingungen der Menschen
bildenden Gegenstände.
Umweltaudit (N.) ist die Kennzeichnung eines Betriebs als geprüfter
Standort nach Prüfung auf die Einhaltung von
Umweltschutzbestimmungen durch unabhängige Gutachter.
Lit.: Kothe, P., Das neue Umweltauditrecht, 1997; Handbuch Umweltaudit, hg. v. Ewer, u. a., 1998;
Falk, H., Die EG-Umwelt-Audit-Verordnung und das deutsche Umwelthaftungsrecht, 1998
Umwelthaftungsgesetz ist das seit 1. 1. 1991 geltende Gesetz, das –
als →Gefährdungshaftung – Inhaber von bestimmten Anlagen zum
Ersatz für aus Umwelteinwirkungen entstehende Schäden
verpflichtet.
Lit.: Schimikowski, P., Umwelthaftungsrecht und Umwelthaftpflichtversicherung, 5. A. 1998;
Vogel, J./Stockmeier, H., Umwelthaftpflichtversicherung, 1997; Vogel, J., Erkennen und Tarifieren
von Umweltrisiken, 3. A. 2000
Umweltinformationsgesetz vom 16. 7. 1994 ist das Gesetz, das in
§ 4 I UIG jedermann grundsätzlich Anspruch auf freien Zugang zu
behördlichen Informationen über die →Umwelt gewährt.
Lit.: Schomerus, T. u. a., Umweltinformationsgesetz, 2. A. 2002
Umweltkriminalität (§§ 324ff. StGB) ist die →Kriminalität bzw. die
Gesamtheit der →Straftaten gegen die →Umwelt. Strafbar sind
insbesondere die Verunreinigung eines Gewässers, des Bodens,
bestimmte Verunreinigungen der Luft, bestimmte Arten der
Verursachung von Lärm sowie unerlaubtes Betreiben gewisser
Anlagen. Fahrlässiges Verhalten ist grundsätzlich, Versuch meist
strafbar.
Lit.: Tiedemann, K., Die Neuordnung des Umweltstrafrechts, 1980; Liebl, K., Umweltkriminalität,
1995; Kloepfer, M./Vierhaus, H., Umweltstrafrecht, 2. A. 2002; Steindorf, J., Umweltstrafrecht,
2. A. 1997; Bloy, R., Umweltstrafrecht, JuS 1997, 577; Umweltschutzstrafrecht (Lbl.), hg. v. Sack,
H., 5. A. 2003
Umweltrecht ist die Gesamtheit der die →Umwelt betreffenden
Rechtssätze. Geplant ist ein Umweltgesetzbuch. Einzelne wichtige
Umweltgesetze sind das Atomgesetz, das Baugesetzbuch, das
Bundesimmissionsschutzgesetz, das Chemikaliengesetz, die
Gefahrstoffverordnung, das Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz, das
Umwelthaftungsgesetz, das Wasserhaushaltsgesetz usw.
Lit.: Umweltrecht, hg. v. Storm, P., 15. A. 2002; Schmidt, R./Müller, H., Einführung in das
Umweltrecht, 6. A. 2001; Kloepfer, M., Umweltrecht, 2. A. 1998; Storm, P., Umweltrecht, 7. A.
2002; Himmelmann, S./Pohl, A./Tünnesen-Harmer, C., Handbuch des Umweltrechts (Lbl.), 2000;
Kloepfer, M./Mast, E., Das Umweltrecht des Auslandes, 1995; Bender, B./Sparwasser, R./Engel, R.,
Umweltrecht, 4. A. 2000; Landmann, R. v./Rohmer, G., Umweltrecht (Lbl.), 41. A. 2004; Hoppe,
W./Beckmann, M./Kauch, P., Umweltrecht, 2. A. 2000; Beyerlin, U., Umweltvölkerrecht, 2000;
Wolf, J., Umweltrecht, 2002; Storm, P., Umweltrecht 2002 (Prüfe dein Wissen); Umweltrecht, hg.
v. Koch, H., 2002; Epiney, A., Zur Einführung – Umweltvölkerrecht, JuS 2003, 1066
Umweltschaden ist der an der Umwelt entstehende Schaden. Seinem
Ersatz dient ein Teil des Umweltrechts. Vorteilhafter wäre
umweltfreundliches Gesamtverhalten.
Umweltschutz ist der Inbegriff der Maßnahmen zur Erhaltung und
zum Schutz der →Umwelt vor Verschmutzung, Vergiftung und
Zerstörung. →Umweltrecht
Lit.: Rechtsprechung zum Umweltschutz (Lbl.), hg. v. Umweltbundesamt, 1995; Umweltschutz
(Lbl.), hg. v. Kloepfer, M., 39. A. 2004; Sacksovsky, U., Umweltschutz durch nicht-steuerliche
Abgaben, 2000; Westphal, P., Art. 20a GG - Staatsziel Umweltschutz, JuS 2000, 339
Umweltverträglichkeitsprüfung ist die Prüfung der Auswirkungen
von Vorhaben (z. B. Bau von Fabriken, Deponien,
Verbrennungsanlagen) auf die gesamte →Umwelt.
Lit.: Peters, H., UVPG, 2. A. 2002
Umweltzeichen ist das von der Bundesregierung zu
umweltpolitischen Zwecken vergebene Zeichen.
Lit.: Janiszewski, J., Das Umweltzeichen, 1992; Kiefer, G., Das deutsche Umweltzeichen, 2000
Umzugskostenrecht ist die Gesamtheit der die Kosten eines Umzugs
eines öffentlich Bediensteten betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Osterhoff, M., Reisekosten, Umzugskosten, Trennungsgeld, 3. A. 2000
unabdingbar (Adj.) durch Vereinbarung nicht abänderbar
Unabdingbarkeit ist die vertragliche Unabänderlichkeit eines
Rechtssatzes. →Recht, abdingbares
Unabhängigkeit ist das Fehlen einer Bindung. Im Verfassungsrecht
(Art. 97 GG) ist die U. des Richters gewährleistet. Sie ist ein Element
des →Rechtsstaats. Dabei ist sachliche U. die Freiheit des Richters –
und →Rechtspflegers – von Weisungen, persönliche U. die
Unabsetzbarkeit, nach der Richter auf Planstellen wider ihren Willen
nur durch Richterspruch und nur aus gesetzlich bestimmten Gründen
vor Ablauf ihrer Amtszeit aus dem Amt entfernt oder versetzt werden
können.
Lit.: Baer, A., Die Unabhängigkeit der Richter, 1999; Papier, H., Die richterliche Unabhängigkeit
und ihre Schranken, NJW 2001, 1089
unabwendbar (Adj.) nicht abwendbar
unbefugt (Adj.) unerlaubt, rechtswidrig
unbestimmt (Adj.) nicht eindeutig bestimmt
unbestimmter Rechtsbegriff →Rechtsbegriff, unbestimmter
unbeweglich (Adj.) nicht beweglich
unbewegliche Sache →Sache, unbewegliche
unbewusst (Adj.) nicht bewusst
unbewusste Fahrlässigkeit →Fahrlässigkeit, unbewusste
UNCTAD (United Nations Commission for Trade and Development)
ist die Organisation der Vereinten Nationen für Handel und
Entwicklung.
UNCITRAL (United Nations Commission on International Trade
Law) ist die internationale Kommission der Vereinten Nationen, die
u. a. ein Übereinkommen über internationale Warenkaufverträge vom
11. 4. 1980 und ein internationales Modellgesetz über den
internationalen Überweisungsverkehr vom 15. 5. 1992
verabschiedete.
Lit.: Herber, R., Wiener UNCITRAL-Übereinkommen über internationale Warenkaufverträge, 2.
A. 1983; Gönner, J., Das Uncitral-Modellgesetz, 1995; Wulff, O., Das Uncitral-Modellgesetz über
den grenzüberschreitenden Warenverkehr, 1998; Heidbüchel, V., Das UNCITRAL-Übereinkommen
über unabhängige Garantien, 1999
unecht (Adj.) nicht echt, nicht wirklich
unechte Gesamtschuld →Gesamtschuld, unechte
unechte Rückwirkung →Rückwirkung, unechte
unechte Urkunde →Urkunde, unechte
unechtes Sonderdelikt →Sonderdelikt, unechtes
unechtes Unterlassungsdelikt →Unterlassungsdelikt, unechtes
Unehelich ist die ältere Bezeichnung für →nichtehelich.
uneigentlich (Adj.) nicht eigentlich
uneigentlicher Werklieferungsvertrag →Werklieferungsvertrag,
uneigentlicher
unentgeltlich (Adj.) nicht entgeltlich
Lit.: Grundmann, S., Zur Dogmatik der unentgeltlichen Rechtsgeschäfte, AcP 198 (1998), 457
Unentgeltlichkeit (z. B. § 516 BGB) ist das Fehlen einer
Gegenleistung als Entgelt für eine Leistung. Die U. ist Voraussetzung
einer →Schenkung, einer →Leihe und eines →Auftrags. Darüber hinaus
können auch andere →Rechtsgeschäfte unentgeltlich sein (z. B.
→Darlehen, →Verwahrung, →Bürgschaft).
unerlaubt (Adj.) nicht erlaubt
unerlaubte Handlung →Handlung, unerlaubte
unerlaubtes Entfernen vom Unfallort →Verkehrsunfall
UNESCO (F.) United Nations Educational, Scientific and Cultural
Organization (1945, Sitz in Paris)
Lit.: Unesco, hg. v. Hüfner, K. u. a., 1996
Unfall ist das plötzliche, zeitlich (auf höchstens etwa die Dauer einer
Arbeitsschicht) begrenzte (äußere) Ereignis, durch das die nicht ganz
unerhebliche Verletzung eines Menschen verursacht wird (z. B.
Explosion). Der U. geht meist ursächlich auf ein menschliches
→Verhalten zurück. Im Schuldrecht kann anlässlich eines Unfalls eine
→Schadensersatzpflicht entstehen. In der Sozialversicherung kann der
U. einen →Versicherungsfall darstellen. Besondere rechtliche
Bedeutung haben →Arbeitsunfall (Unfallversicherung) und
→Verkehrsunfall. →Unglücksfall
Lit.: Van Bühren, H., Unfallregulierung, 3. A. 2002
Unfallbeteiligter (§ 142 IV StGB) im →Straßenverkehr ist jeder
Mensch, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des
Unfalls beigetragen haben kann.
Lit.: Engelstädter, R., Der Begriff des Unfallbeteiligten, 1997
Unfallhaftpflichtrecht ist die Gesamtheit der die →Haftpflicht bei
einem →Unfall betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Wussow, W., Unfallhaftpflichtrecht, 15. A. 2002; Dressler, W., Unfallhaftpflichtrecht, 1996
Unfallverhütung ist die vorbeugende Vorsorge gegen →Unfälle. Die
U. ist Aufgabe der Versicherungsträger der →Unfallversicherung
(→Berufsgenossenschaften). Diese erlassen – als →Satzung –
besondere Unfallverhütungsvorschriften. Ihre Einhaltung wird durch
technische Aufsichtsbeamte der Berufsgenossenschaften überwacht.
Bei Verstößen kann →Geldbuße bis zu 10000 Euro verhängt werden.
Vgl. auch das Gesetz über Arbeitssicherheit v. 12. 12. 1973.
Lit.: Herzberg, R., Die Verantwortung für Arbeitsschutz und Unfallverhütung im Betrieb, 1985
Unfallversicherung ist die →Versicherung eines Menschen gegen die
(wirtschaftlichen) Folgen von →Unfällen. Der gesetzlichen U. des
Sozialversicherungsrechts unterliegen vor allem unselbständige
Beschäftigte (§§ 1ff. SGB VII). Versicherungsfälle sind der
→Arbeitsunfall und die Berufskrankheit (§§ 7ff. SGB VII).
Versicherungsleistungen nach Eintritt des Versicherungsfalls sind
Leistungen, Heilbehandlung, Rehabilitation, Pflege, Geldleistungen,
Renten, Beihilfen und Abfindungen. Beim Tod des Versicherten
können Sterbegeld und Rente an die →Hinterbliebenen zu leisten sein.
Getragen wird die gesetzliche U. hauptsächlich von den durch die
Arbeitgeber und damit über die Kosten und den Markt der
Verbraucher finanzierten →Berufsgenossenschaften. Von der
gesetzlichen U. ist die privatrechtliche U. durch
→Versicherungsvertrag zu unterscheiden. Sie ist eine
→Personenversicherung. Für sie gelten als Sonderregeln die §§ 179ff.
VVG. (Rechtstatsächlich waren in Deutschland 1995 mehr als 50
Millionen Menschen durch gesetzliche U. oder private U. geschützt.)
Lit.: Grimm, W., Allgemeine Unfallversicherung, 3. A. 2000; Lauterbach, H./Watermann, F.,
Unfallversicherung (Lbl.), 4. A. 1997; Gesetzliche Unfallversicherung, gel. v. Franke, E., 2000;
Schmitt, J., SGB VII Gesetzliche Unfallversicherung, 2. A. 2004
Unfug, grober war früher im Strafrecht eine →Übertretung (vgl. jetzt
§ 118 OWiG).
Ungarn ist der von einem aus dem Uralgebiet einströmenden Volk
geschaffene, von 1526 bis 1918 zu Österreich (1867 ÖsterreichUngarn) gehörende, von Österreich, der Slowakei, der Ukraine,
Rumänien, Jugoslawien, Kroatien und Slowenien begrenzte, bis 1989
sozialistisch ausgerichtete mitteleuropäische Staat.
Lit.: Erdäs, A. u. a., Aktuelles Wirtschaftsrecht in Ungarn, 3. A. 1995; Moecke, H., Ungarn.
Privatisierungsrecht, 1995; Spuller, G., Das Verfassungsgericht der Republik Ungarn, 1998;
Mindach, C., Ungarn – Rechtstipps für Exporteure, 2. A. 1998; Henne, T., Deutsches Recht und
Juristenausbildung in Ungarn, JuS 2000, 1037
ungerechtfertigt (Adj.) ohne Rechtsgrund geschehen
ungerechtfertigte Bereicherung →Bereicherung, ungerechtfertigte
ungleichartige (Adj.) nicht gleichartig
ungleichartige Idealkonkurrenz →Tateinheit, ungleichartige
ungleichartige Realkonkurrenz →Tatmehrheit, ungleichartige
Unglücksfall (§ 323c StGB, § 243 I Nr. 6 StGB) ist das plötzliche
äußere Ereignis, das eine erhebliche →Gefahr für Menschen oder
Sachen bringt oder zu bringen droht.
Unidroit (N.) Internationales Institut zur Vereinheitlichung des
Privatrechts (in Rom)
Universalerbe (M.) Alleinerbe
Universalität ist die Allseitigkeit einer Gegebenheit. Im
Verfassungsrecht (Art. 28 II GG) ist die U. der →Gemeinde die
Allzuständigkeit ihres Wirkungskreises und damit die umfassende
sachliche Zuständigkeit einer Gemeinde für alle Angelegenheiten der
örtlichen Gemeinschaft. Nach diesem Grundsatz darf die Gemeinde
alles in den Bereich ihrer Wirksamkeit ziehen, was die Wohlfahrt des
Ganzen sowie die materiellen Interessen und die geistige Entwicklung
der Einzelnen – im örtlich begrenzten Gebiet – zu fördern vermag.
Zwar ist die U. nur im Rahmen der →Gesetze gewährleistet, doch darf
durch diese der Wesensgehalt des →Selbstverwaltungsrechts nicht
angegriffen werden. Allerdings bestehen in neuerer Zeit zunehmend
Tendenzen, die Selbstverwaltungsgarantie in ein bloßes
Mitwirkungsrecht umzudeuten.
Universalrechtsgut ist das Rechtsgut der →Allgemeinheit (z. B.
Bestand des Staats, Sicherheit des Geldverkehrs, Gesundheit des
Volks u. a.).
Universalsukzession →Gesamtrechtsnachfolge
Lit.: Muscheler, K., Universalsukzession und Vonselbsterwerb, 2002
Universität ist zunächst nur die wissenschaftliche →Hochschule,
welche die gesamte Breite der Geisteswissenschaften und
Naturwissenschaften in Forschung und Lehre umfasst. U. im weiteren
Sinn ist auch jede andere Hochschule. Inzwischen wird wegen der
unübersehbaren Mängel mancher universitärer, erfolgsunabhängiger
Juristenausbildung auch an Fachhochschulen eine Ausbildung zum
Juristen (Wirtschaftsjuristen) betrieben. Außerdem wurde in Hamburg
2000 eine Privatuniversität (Bucerius Law School) für Juristen
gegründet.
Lit.: Köbler, Jurist; Westerwelle, A., Die besten Universitäten für Juristen, 1997 (mit schlechten
Noten und schlechten Plätzen für schlechte Fakultäten und schlechte, vor allem durch
Personalmisswirtschaft, Inzucht, Betrung und Korruption verursachte Verhältnisse)
UN-Kaufrecht →Kauf
UN-Konvention über die Rechte des Kinds ist das am 20. 11. 1989
von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete
und am 5. 4. 1992 für Deutschland in Kraft getretene, aber
innerstaatlich nicht unmittelbar anwendbare, 54 Artikel umfassende
Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kinds.
Lit.: Baer, I., Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, NJW 1993,
2209
unlauter (Adj.) unredlich, unsauber
unlauterer Wettbewerb →Wettbewerb, unlauterer
unmittelbar (Adj.) ohne Verwendung eines Mittels oder eines
Mittlers als Zwischenstufe
unmittelbare Stellvertretung →Stellvertretung, unmittelbare
unmittelbare Wahl →Wahl, unmittelbare
unmittelbarer Besitz →Besitz, unmittelbarer
unmittelbarer Schaden →Schaden, unmittelbarer
unmittelbarer Zwang →Zwang, unmittelbarer
Unmittelbarkeit ist die Verbindung zwischen zwei Gegebenheiten
ohne ein drittes vermittelndes Glied (z. B. Handlung – Erfolg). Im
Verfahrensrecht bedeutet der Grundsatz der U., dass →Verhandlung
und →Beweisaufnahme grundsätzlich vor dem erkennenden Gericht
stattfinden müssen. Insbesondere ist im →Strafprozessrecht dann,
wenn der →Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung eines
Menschen beruht, dieser in der →Hauptverhandlung zu vernehmen
(§ 250 StPO). Nur ausnahmsweise darf die Vernehmung durch die
Verlesung einer Niederschrift über eine frühere richterliche
Vernehmung ersetzt werden.
Lit.: Geppert, K., Der Grundsatz der Unmittelbarkeit im deutschen Strafverfahren, 1979
Unmöglichkeit (§ 275 BGB) ist die Unbewirkbarkeit der →Leistung.
Die U. ist ein Fall der →Leistungsstörung. Sie kann zurückgehen
sowohl auf tatsächliche Gründe (z. B. Untergang der Sache) wie auch
auf rechtliche Gründe (z. B. Beschlagnahme der Sache). Soweit die
Leistung für den Schuldner (subjektive U.) oder für jedermann
(objektive U.) (infolge mit zumutbarem Aufwand nicht behebbarer
Leistungshindernisse) unmöglich ist (anfängliche U. oder
nachträgliche U., vom Schuldner zu vertretende U. oder vom
Schuldner nicht zu vertretende U.), ist (trotz fortbestehender
Gültigkeit des Rechtsgeschäfts) der Anspruch des Gläubigers auf
Leistung (nicht auch der Anspruch auf Schadensersatz)
ausgeschlossen (§ 275 I BGB), während einige andere Sachlagen dem
Schuldner nur ein Leistungsverweigerungsrecht gewähren (§ 275 II
BGB Leistungserschwerung, § 275 III BGB). Die Rechte des
Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280ff. BGB (Schadensersatz
wegen zu vertretender Pflichtverletzung, Schadensersatz wegen
Verzögerung unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286
BGB, Schadensersatz statt der Leistung unter den zusätzlichen
Voraussetzungen des § 281, 282 oder 283 BGB), 283 bis 285, 311a
und 326 BGB. Danach steht es der Wirksamkeit eines Vertrags zwar
nicht entgegen, dass der Schuldner wegen (anfänglicher) U. nach §
275 I-III nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon
bei Vertragsschluss vorliegt (anfängliche U.), doch kann der
Gläubiger (ohne Pflichtverletzung des Schuldners) nach seiner Wahl
Schadensersatz statt der Leistung (Erfüllungsinteresse) oder Ersatz
seiner Aufwendungen in dem in § 284 BGB bestimmten Umfang
verlangen, sofern nicht der Schuldner das Leistungshindernis bei
Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu
vertreten hat (§ 311a BGB I, II, beachte § 311a II 3 BGB, wegen
Verletzung einer vorvertraglichen Mitteilungspflicht über anfängliche
U.). Das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu
verlangen, wird durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen (§ 325
BGB). Braucht der Schuldner nach § 275 I-III nicht zu leisten, entfällt
der Anspruch auf die Gegenleistung (§ 326 I 1 BGB), sofern nicht der
Schuldner im Fall der nicht vertragsgemäßen Leistung die
Nacherfüllung nach § 275 I-III BGB nicht zu erbringen braucht. Der
Gläubiger kann nach § 326 V BGB zurücktreten. Bei einer
Teilleistung findet § 441 III BGB entsprechende Anwendung. Ist der
Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach §
275 I-III BGB nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend
verantwortlich, so behält der Schuldner den Anspruch auf die
Gegenleistung, muss sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge der
Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige
Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig
unterlässt (§ 326 II BGB). Verlangt der Gläubiger Herausgabe des für
den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des
Ersatzanspruchs, so bleibt er zur (eventuell geminderten)
Gegenleistung verpflichtet (§ 326 III BGB). Soweit die nach diesen
Vorschriften nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das
Geleistete nach den §§ 346ff. BGB zurückgefordert werden (§ 326 IV
BGB).
Lit.: Cekovic-Vuletic, S., Haftung wegen Unmöglichkeit, 2003
Unpfändbarkeit (§ 811 ZPO) ist der gesetzliche Ausschluss der
→Pfändung bestimmter →Gegenstände (→Pfändungsschutz).
UNO (United Nations Organization) →Vereinte Nationen
Lit.: Unser, G., Die UNO, 7. A. 2004
Unrecht ist das der →Rechtsordnung widersprechende Verhalten
einschließlich der hieraus erwachsenden Folgen. Geschieht durch ein
→Verhalten U., so treten grundsätzlich bestimmte →Rechtsfolgen ein.
Insbesondere hat die →Straftat eine →Strafe und die unerlaubte
→Handlung eine →Schadensersatzverpflichtung zur Folge.
Ausnahmsweise kann eine Verletzung der Rechtsordnung durch einen
→Rechtfertigungsgrund besonders gerechtfertigt sein, so dass das
betreffende Verhalten nicht U. ist.
Unrechtsbewusstsein (Rechtswidrigkeitsbewusstsein) ist die Einsicht
des Handelnden, dass sein →Verhalten rechtlich verboten ist. Das U.
ist ein Teil der →Schuld. Der Irrtum über das U. ist →Verbotsirrtum
(§ 17 StGB). Das U. ist aktuelles U., wenn dem Täter das Unrecht
seines vorsätzlichen Verhaltens klar vor Augen steht und potentielles
U., wenn er bei dem ihm zumutbaren Einsatz seiner Erkenntniskräfte
und Wertvorstellungen die Einsicht in das Unrecht der Tat gewinnen
konnte. Nach h. M. genügt für die Strafbarkeit das potentielle U.
Lit.: Rudolphi, H., Unrechtsbewusstsein, Verbotsirrtum und Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums,
1969
Unrechtselement, subjektives →Tatbestand, subjektiver
unregelmäßig (Adj.) nicht regelmäßig, von der Regel abweichend
unregelmäßige Verwahrung →Verwahrung, unregelmäßige
Unrichtigkeit ist die fehlende Richtigkeit eines Umstands. U. des
Grundbuchs ist das Abweichen der im →Grundbuch verzeichneten
Rechtslage von der wirklichen Rechtslage (z. B. statt A ist B als
Eigentümer eingetragen). U. des Grundbuchs kann einen Anspruch
auf →Berichtigung des Grundbuchs für den Beeinträchtigten
begründen (§ 894 BGB).
Lit.: Köbler, G., Der Grundbuchberichtigungsanspruch, JuS 1982, 181
Unschuldsvermutung ist die bis zum Nachweis der Schuld
bestehende Vermutung der Unschuld eines einer Straftat
Verdächtigten. Die U. ist eine besondere Ausprägung des
Rechtsstaatsprinzips. Kraft Art. 6 II MRK (und des zugehörigen
Zustimmungsgesetzes) ist sie Bestandteil des geltenden Rechts im
Range eines Bundesgesetzes.
Lit.: Kühl, K., Unschuldsvermutung, Freispruch und Einstellung, 1983; Stuckenberg, C.,
Untersuchungen zur Unschuldsvermutung, 1997; Peglau, Unschuldsvermutung und Widerruf der
Strafaussetzung, JA 2001, 244ff.
Untätigkeitsklage (§ 42 I VwGO) ist die gegen die Untätigkeit einer
→Behörde gerichtete →Klage. Die U. ist ein Unterfall der
→Verpflichtungsklage und damit der →Leistungsklage. Sie kann
erhoben werden, wenn die Behörde auf einen →Antrag auf Erlass
eines →Verwaltungsakts hin nicht tätig geworden ist.
untauglich (Adj.) nicht geeignet
untauglicher Versuch →Versuch, untauglicher
Unterbrechung ist das mindestens zeitweilige oder räumliche Ruhen
oder Abbrechen eines Geschehensablaufs oder sonstigen Umstands.
Insbesondere kann ein →Verfahren unterbrochen werden (z. B. § 265
IV StPO Aussetzung zur Vorbereitung der Anklage oder der
Verteidigung, § 239 ZPO U. beim Tod einer Partei). Diese U. ist ein
Fall des →Stillstands des Verfahrens. Nach der U. wird das Verfahren
dort fortgeführt, wo es abgebrochen worden war. Im Strafprozess
muss die unterbrochene Hauptverhandlung grundsätzlich spätestens
am 11. Tag (evtl. am 31. Tag) nach der U. fortgesetzt werden (§ 229
StPO). Im materiellen Recht bewirkt die U. des Laufs einer →Frist,
dass diese nach der U. neu zu laufen beginnt (z. B. →Ersitzung § 943
BGB, →Verjährung § 78c StGB). Die U. eines Kausalverlaufs durch
ein Eingreifen eines Dritten beseitigt die →Kausalität grundsätzlich
nicht.
Lit.: Wölfl, B., Der Schiebetermin, JuS 2000, 277
Unterbringung ist die Beschaffung einer Unterkunft für einen
Menschen. Im Verwaltungsrecht kommt die zwangsweise U. eines
Menschen in einer Anstalt zur →Beseitigung einer →Störung in
Betracht, wobei nach Art. 104 GG die Freiheit des Menschen nur auf
Grund eines förmlichen →Gesetzes (Freiheitsentziehungsgesetz) und
nur unter Beobachtung der darin beschriebenen Formen beschränkt
werden kann und über die Zulässigkeit und Fortdauer der
Freiheitsentziehung nur der →Richter zu entscheiden hat. Im
Strafrecht ist die U. in einem psychiatrischen Krankenhaus, in einer
Entziehungsanstalt sowie in der →Sicherungsverwahrung eine
→Maßnahme der Besserung und Sicherung (§ 61 StGB). Eine
einstweilige U. in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer
Entziehungsanstalt kann vom Gericht nach § 126a StPO angeordnet
werden, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind,
dass jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der
→Schuldunfähigkeit oder verminderten →Schuldfähigkeit begangen
hat.
Lit.: Westhoff, Verfahren, Voraussetzungen und Zuständigkeiten einer Unterbringung, JA 1997,
50ff.; Konrad, K., Die zivilrechtliche Unterbringung Volljähriger, Diss. jur. Münster 1999;
Coeppicus, R., Sachfragen des Betreuungs- und Unterbringungsrechts, 2000; Bohnert, C.,
Unterbringungsrecht, 2000; Pardey, K., Betreuungs- und Unterbringungsrecht, 2000; Marschner,
R./Volckart, B., Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. A. 2001
Unterdrücken einer Urkunde (§ 274 StGB) ist jede Verhinderung der
Benutzung der Urkunde als →Beweismittel durch den Berechtigten.
Die Tat ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
bedroht. Der Versuch ist strafbar.
Untereigentum ist im gemeinen Recht die Rechtsstellung des
Untereigentümers (z. B. Lehnsmanns) eines im geteilten →Eigentum
stehenden Gegenstands im Gegensatz zum →Obereigentum.
Unterhalt ist die Gesamtheit der für den Lebensbedarf eines
Menschen erforderlichen Aufwendungen. Angemessener U. ist dabei
der nach der jeweiligen Lebensstellung des Bedürftigen bestimmte U.
(§ 1610 BGB). Der U. ist grundsätzlich durch Entrichtung einer
Geldrente (im Voraus) zu gewähren (§ 1612 BGB). Haben Eltern
einem unverheirateten Kind U. zu gewähren, so können sie
bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit der U. gewährt
werden soll. Auf die Belange des Kinds ist die gebotene Rücksicht zu
nehmen. Auf Antrag des Kinds kann das Familiengericht aus
besonderen Gründen die Bestimmung der Eltern ändern. Ist das Kind
minderjährig, so kann ein Elternteil, dem die →Personensorge für das
Kind zusteht, eine Bestimmung über die Art des Unterhalts für die
Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.
→Regelunterhalt
Lit.: Kalthoener, E./Büttner, H./Niepmann, P., Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. A.
2002; Der Unterhaltsprozess, hg. v. Eschenbruch, K., 3. A. 2002; Heiß, B./Heiß, H., Die Höhe des
Unterhalts, 8. A. 2001; Soyka, J., Die Berechnung des Ehegattenunterhalts, 2. A. 2002; Soyka, J.,
Die Berechnung des Volljährigenunterhalts, 2. A. 2002; Graba, H., Unterhalt im Alter, 2001;
Müller/Hoffmann, Unterhalt (CD-ROM) 2001; Zieroth, D./Gutdeutsch, W., FamRZ
Dynamisierungstabelle 2001, 2001; Heiß, B./Heiß, H., ABC der unterhaltspflichtigen Einkünfte,
2002; Strohal, F., Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 2. A. 2003; Müller,
G., Unterhalt für ein Kind als Schaden, NJW 2003, 697; Büttner, H. u. a., Die Entwicklung des
Unterhaltsrechts, NJW 2003, 2492; Brudermüller, G., Elternunterhalt, NJW 2004, 633
Unterhaltsanspruch ist der einem Menschen gegenüber einem
andern zustehende →Anspruch auf →Unterhalt. →Unterhaltspflicht,
→Unterhaltsrecht
Lit.: Meyer, H., Sozialrechtliche Rechtsnachfolge in Unterhaltsansprüche, 2000
Unterhaltspflicht ist die auf →Gesetz oder →Vertrag beruhende
Verpflichtung eines Menschen, einem andern Menschen →Unterhalt
zu leisten. Nach § 1601 BGB sind →Verwandte in gerader Linie
verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren, wobei
unterhaltsberechtigt nur ist, wer außerstande ist, sich selbst zu
unterhalten (§ 1602 BGB) und die U. grundsätzlich entfällt, wenn der
Betroffene bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtung nicht
in der Lage ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den
Unterhalt zu gewähren (§ 1603 BGB). Mehrere Unterhaltspflichtige
sind in einer bestimmten, gesetzlich festgelegten Reihenfolge
unterhaltspflichtig (z. B. Abkömmlinge vor Verwandten aufsteigender
Linie, § 1606 BGB). Der Elternteil, der ein minderjähriges
unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung zum
Unterhalt des Kinds beizutragen, in der Regel durch die Pflege und
die Erziehung des Kinds (§ 1606 III 2 BGB). Nach § 1360 BGB sind
daneben die Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und
mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist
einem Ehegatten die Haushaltsführung übertragen, so erfüllt er seine
Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen,
in der Regel durch die Führung des Haushalts (§ 1360 S. 2 BGB).
Nach der Ehescheidung hat der Ehegatte, der nicht selbst für seinen
Unterhalt sorgen kann, unter bestimmten Voraussetzungen einen
Anspruch auf Unterhalt (§ 1569 BGB, z. B. wegen Betreuung eines
gemeinschaftlichen Kinds, § 1570 BGB). Die Verletzung der
Unterhaltspflicht ist bei Gefährdung des Lebensbedarfs des
Unterhaltsberechtigten strafbar (§ 170 StGB, Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder Geldstrafe). Hat ein Arzt bei einer Sterilisation eines
Manns nicht ausreichend über die Notwendigkeit eines
Spermiogramms aufgeklärt und kommt es trotz des Eingriffs zur
Geburt eines Kinds, so kann dessen Unterhaltsbedarf als Schaden
vom Arzt verlangt werden. →Unterhalt, →Unterhaltsrecht
Unterhaltsrecht ist die Gesamtheit der den →Unterhalt betreffenden
→Rechtssätze.
Lit.: Luthin, H., Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. A. 2002; Wendl, P./Staudigl, S., Das
Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 6. A. 2004; Göppinger, H./Wax, P.,
Unterhaltsrecht, 8. A. 2003; Heiß, B./Born, W., Unterhaltsrecht (Lbl.), 26. A. 2003; Oelkers,
Aktuelles Unterhaltsrecht (Lbl.), 2000; Stollenwerk, K., Unterhaltsrecht alphabetisch, 3. A. 2002
Unterhaltsvorschuss ist der Vorschuss, den der Staat in bestimmten
Fällen an Kinder alleinerziehender Elternteile längstens für insgesamt
72 Monate für den Fall leistet, dass der zu →Unterhalt verpflichtete
Elternteil seine Verpflichtung nicht oder nicht regelmäßig erfüllt.
Lit.: Scholz, R., Unterhaltsvorschussgesetz, 4. A. 1999
Unterlassen (Unterlassung) ist das Nichtvornehmen einer bestimmten
→Handlung (etwas [Gebotenes] nicht tun). Das U. ist ein Fall des
menschlichen →Verhaltens. Es steht im Gegensatz zum Handeln. Die
Abgrenzung zum Handeln ist vielfach schwierig. Am ehesten ist im
Zweifel auf den Schwerpunkt des Geschehens abzustellen. Das U. ist
Anknüpfungspunkt zahlreicher Rechtsfolgen. So kann z. B. die
→Leistung des Schuldners in einem U. bestehen (§ 241 I 2 BGB) oder
ein Mensch durch U. strafbar werden (§ 13 StGB). Vielfach wird das
U. dabei aber rechtlich nur dann relevant, wenn es gegen eine
→Handlungspflicht verstößt. Die Zwangsvollstreckung wegen einer U.
erfolgt im Zivilprozess durch Verurteilung zu einer →Geldstrafe oder
→Haft im Fall des Zuwiderhandelns (§ 890 ZPO).
Lit.: Kahlo, M., Die Handlungsform der Unterlassung als Kriminaldelikt, 2001; Damm, R./Rehbock,
K., Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 2. A. 2001
unterlassen (Adj.) nicht vorgenommen
unterlassene Hilfeleistung →Hilfeleistung, unterlassene
Unterlassung →Unterlassen
Unterlassungsanspruch ist der →Anspruch auf eine →Unterlassung.
Im Sachenrecht kann nach § 1004 I 2 BGB der →Eigentümer, der
weitere rechtswidrige Beeinträchtigungen seines Eigentums zu
besorgen hat, Unterlassung verlangen (negatorischer Anspruch).
Unter entsprechender Anwendung der §§ 1004 I 2, 12 BGB u. a.
besteht ein U. gegenüber entsprechender Beeinträchtigung aller
absoluten Rechte und Rechtsgüter (quasinegatorischer Anspruch,
z. B. U. auf Unterlassung der Zuwendung unerwünschter
Wurfwerbung [auf Grund des allgemeinen Persönlichkeitsrechts]).
Der U. kann vorbeugender U. – gegenüber künftigen
→Beeinträchtigungen – oder beseitigender U. sein.
Lit.: Fritzsche, J., Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, 2000
Unterlassungsdelikt ist das auf eine →Unterlassung gegründete mit
→Strafe bedrohte →Verhalten. Das U. ist damit ein Unterfall des
→Delikts überhaupt. Es ist echtes U. wenn es im bloßen Unterlassen
einer vom Gesetz geforderten Tätigkeit besteht (z. B. §§ 138 StGB
Unterlassung einer erforderlichen Anzeige, 323c StGB Unterlassung
einer erforderlichen Hilfeleistung) und unechtes U., wenn der Täter
trotz einer Erfolgsabwendungspflicht (auf Grund einer
→Garantenstellung) durch seine Unterlassung einen – von dieser
verschiedenen – →Erfolg verursacht (§ 13 StGB, Totschlag durch
Unterlassung einer erforderlichen Abwendungshandlung). Das
unechte U. ist eine spiegelbildliche Erscheinung zum jeweiligen
→Begehungsdelikt (z. B. Totschlag durch Handlung oder durch
Unterlassung).
Lit.: Wilhelm, E., Die Konkurrenz zwischen Begehungs- und Unterlassungsdelikten, 1991 (Diss.);
Schwab, H., Täterschaft und Teilnahme bei Unterlassungen, 1996
Unterlassungsklage ist die auf eine →Unterlassung gerichtete →Klage
(z. B. § 1004 I 2 BGB). Die U. ist ein Fall der →Leistungsklage. Sie
ist ausnahmsweise auch als vorbeugende U. zulässig, wenn
andernfalls ein Rechtsschutz nicht oder nur unzureichend möglich
wäre.
Lit.: Ritter, S., Zur Unterlassungsklage, 1994 (Diss.); Fritzsche, J., Unterlassungsanspruch und
Unterlassungsklage, 2000
Untermiete (§ 540 BGB) ist der →Mietvertrag zwischen dem →Mieter
und einem Dritten über den selbständigen, alleinigen Gebrauch der
gemieteten →Sache oder eines ihrer Teile gegen Entgelt. Der Mieter
ist zur Untervermietung oder zur Gebrauchsüberlassung an einen
Dritten grundsätzlich ohne Erlaubnis des →Vermieters nicht
berechtigt. Bei →Wohnraum kann der Mieter u. U. einen Anspruch
auf die Erlaubnis haben. Der Vermieter hat keinen Anspruch auf
Herausgabe eines vom Mieter durch Untervermietung erzielten
Mietzinses. Beachte auch § 565 BGB bei gewerblicher
Weitervermietung.
Lit.: Heintzmann, W., Die gewerbliche Untermiete, NJW 1994, 1177; Ahrens, S., Der Untermieter
im sozialen Mietrecht, 1994 (Diss. jur. Kiel)
Unternehmen ist das gestaltende Tun. Im Privatrecht ist U. die
organisatorische Einheit – aus Sachen, Rechten und sonstigen Werten
–, innerhalb der ein Unternehmer (→Kaufmann, →Gesellschaft)
entferntere wirtschaftliche oder ideelle Ziele verfolgt. Dem U. können
ein oder mehrere →Betriebe dienen. Das U. ist Anknüpfungspunkt
verschiedener Rechtsfolgen. Wird ein U. (Handelsgeschäft) veräußert,
so darf mit Einwilligung des bisherigen Inhabers die bisherige →Firma
fortgeführt werden (§ 22 I HGB). Wer das unter Lebenden erworbene
Handelsgeschäft (U.) unter der bisherigen Firma fortführt, haftet
grundsätzlich für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten
→Verbindlichkeiten des früheren Inhabers (§ 25 HGB, der frühere
Geschäftsinhaber haftet für diese Verbindlichkeiten nur, wenn sie vor
Ablauf von fünf Jahren fällig und daraus Ansprüche gegen ihn
gerichtlich geltend gemacht sind). Nichtwirtschaftliches U. (einer
Gemeinde) ist das nicht auf Gewinn ausgerichtete U. Im Strafrecht ist
das U. einer Tat deren →Versuch und deren →Vollendung (§ 11 I Nr. 6
StGB).
Lit.: Holzapfel, H./Pöllath, R., Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 11. A. 2003; Wollny, P.,
Unternehmens- und Praxisübertragungen, 5. A. 2001; Unternehmensbesteuerung und Rechtsform,
hg. v. Jacobs, O., 3. A. 2002; Jacobs, O., Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. A. 2002;
Buyer, C., Änderung der Unternehmensformen, 8. A. 2002; Scheffler, W., Besteuerung von
Unternehmen, Bd. 1 5. A. 2002; Sudhoff, H., Unternehmensnachfolge, 4. A. 2000; Schlüter, J., Die
Strafbarkeit von Unternehmen, 2000; Schaumburg, H./Rödder, T., Unternehmenssteuerreform
2000, 2000; Europäisches Unternehmensrecht, hg. v. Scheuing, D. u. a., 2001; Eidam, G.,
Unternehmen und Strafe, 2. A. 2001; Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, hg. v.
Semler, J./Volhard, R., 2001; Merkt, H., Unternehmenspublizität, 2001; Großfeld, B.,
Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. A. 2002; Huber, U., Die Praxis des
Unternehmenskaufs, AcP 202 (2002), 179; Lorz, R./Kirchdörfer, R., Unternehmensnachfolge, 2002;
Beck’sches Mandatshandbuch Erbrechtliche Unternehmensnachfolge, hg. v. Burandt, W., 2002;
Kessler, W./Schiffers, J./Teufel, T., Rechtsformwahl Rechtsformoptimierung, 2002; Beisel,
D./Klumpp, H., Der Unternehmenskauf, 4. A. 2003; Handbuch Unternehmen der öffentlichen Hand,
hg. v. Fabry, B. u. a., 2002; Rödder, T./Hötzel, O./Mueller-Thuns, T., Unternehmenskauf,
Unternehmensverkauf, 2003; Liebs, R., Der Unternehmenskauf, 2. A. 2003; Willemsen,
H./Hohenstatt, K./Schweibert, U./Seibt, C., Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen,
2. A. 2003; Veil, R., Unternehmensverträge, 2003; Praxishandbuch Unternehmensbeteiligung, hg. v.
Ottersbach, J., 2003; Burandt, W. u. a., Unternehmertestament, 2003; Münchener Anwaltshandbuch
Unternehmenssteuerrecht, hg. v. Lüdicke, J./Rieger, N., 2004; Becksches Mandatshandbuch
Unternehmenskauf, hg. v. Hettler, S. u. a., 2004; Picot, Unternehmenskauf und Restrukturierung, 3.
A. 2004
Unternehmenstarifvertrag ist der für ein bestimmtes →Unternehmen
(von einem Einzelnen Arbeitgeber) mit einer →Gewerkschaft
vereinbarte →Tarifvertrag.
Unternehmer (§ 14 I BGB) ist eine natürliche oder juristische Person
oder eine rechtsfähige Personengesellschaft (d. h. eine mit der
Fähigkeit, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen,
ausgestattete Personengesellschaft), die bei Abschluss eines
Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen
beruflichen Tätigkeit handelt.
Lit.: Galle, T., Die Einschaltung privater Unternehmer in die kommunale Abfallentsorgung, 1996
Untersagung ist das ausdrückliche →Verbot eines →Verhaltens, das
sowohl von einem Nichthoheitsträger (z. B. U. des Betretens eines
Grundstücks) wie auch von einem Träger von Hoheitsgewalt (z. B. U.
der Ausübung eines Gewerbes) ausgesprochen werden kann.
Unterschieben eines Kindes (§ 169 StGB) ist der →Straftatbestand,
der erfordert, dass jemand mittels →Täuschung anderer ein →Kind in
eine tatsächliche, namentlich räumliche Beziehung zu einer Frau zu
dem Zweck bringt, es nach der äußeren Sachlage als deren leibliches
Kind erscheinen zu lassen, und dass dadurch die behördliche
Feststellung des Personenstands gefährdet wird. Das U. e. K. ist ein
Fall der →Personenstandsfälschung, die mit Freiheitsstrafe bis zu zwei
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird. Der Versuch ist strafbar.
Unterschlagung (§ 246 StGB) ist die rechtswidrige →Zueignung
einer fremden beweglichen →Sache an sich oder an einen Dritten
(z. B. Veräußern einer entliehenen Sache, Ableugnen des Besitzes
einer gefundenen Sache). Jede Zueignung mittels Wegnahme in
Zueignungsabsicht ist →Diebstahl und U. zugleich. Geschützt ist das
→Eigentum. Die U. ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit
Geldstrafe bedroht. Der Versuch ist strafbar. Ein qualifizierter Fall
der U. ist die →Veruntreuung.
Lit.: Jäger, C., Unterschlagung, JuS 2000, 1167; Kudlich, H., Zueignungsbegriff und Restriktion
des Unterschlagungstatbestands, JuS 2001, 767
Unterschrift ist der zum Zeichen der Anerkennung des Inhalts unter
den Text einer →Urkunde gesetzte, →eigenhändig geschriebene
→Name des Menschen. Es genügt, dass ein die Identität des
Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender, individuell
gestalteter Namenszug vorliegt, der die Absicht erkennen lässt, eine
volle U. zu leisten. Der Namenszug braucht weder die einzelnen
Buchstaben klar erkennen zu lassen noch im Ganzen lesbar zu sein.
Eine bloße →Paraphe ist keine U., doch verletzt es das Recht auf ein
faires Verfahren, wenn ein Gericht eine lange Zeit unbeanstandete
Paraphe plötzlich nicht mehr als U. anerkennt. Der groß geschriebene
Anfangsbuchstabe des Namens ist keine U. Die Angabe des
Vornamens und des Anfangsbuchstabens des Nachnamens genügen
nicht in einem notariell beurkundeten Kaufvertrag. Ein Namenszug
oberhalb des Texts (Oberschrift) auf einem Überweisungsformular
bewirkt zwar nicht die Nichtigkeit der Überweisung, aber doch den
Verlust der Echtheitsvermutung der §§ 440 II, 416 ZPO. Auch ein
links neben dem Text stehender Namenszug (Nebenschrift) ist keine
U. Allerdings darf bei erkennbarer Raumknappheit unterhalb des
Texts eine U. auch auf freiem Raum oberhalb des Texts angebracht
werden. Die digitale →Signatur steht der händischen U. gleich.
→Elektronische Form, →Textform
Lit.: Häsemeyer, L., Die gesetzliche Form der Rechtsgeschäfte, 1971; Holzhauer, H., Die
eigenhändige Unterschrift, 1973; Bieser, W., Die digitale Unterschrift, 1998
Untersuchung ist die prüfende Betrachtung eines Umstands zum
Zweck der Feststellung eines Ergebnisses. Die U. ist in verschiedenen
Rechtsbereichen bedeutsam. Im Handelsrecht (§ 377 HGB) hat der
Käufer eines beiderseitigen →Handelskaufs die →Ware – zur
Erhaltung seiner Mängelrechte – zu untersuchen, wobei allerdings das
bloße Unterlassen der U. keinen Rechtsnachteil nach sich zieht.
→Rügepflicht
Untersuchungsausschuss ist der →Ausschuss des →Parlaments zur
Untersuchung und Feststellung einzelner politischer Sachverhalte.
Nach Art. 44 GG kann ein Viertel der Mitglieder des →Bundestags die
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verlangen. Der U. erhebt
die erforderlichen →Beweise. Er kann keine →Urteile fällen. Seine
Beschlüsse sind der richterlichen Erörterung entzogen. Gerichte und
Verwaltungsbehörden sind ihm gegenüber zur →Rechtshilfe und
→Amtshilfe verpflichtet. Rechtstatsächlich ist der U. ein nur selten
wirklich bedeutsames politisches Instrument der Opposition gegen die
Regierung.
Lit.: Engels, D., Parlamentarische Untersuchungsausschüsse, 2. A. 1991; Masing, J.,
Parlamentarische Untersuchungen privater Sachverhalte, 1998; Schneider, H., Die hilflosen
Aufklärer, NJW 2000, 3332; Weisgerber, A., Das Beweiserhebungsverfahren, 2003
Untersuchungsgrundsatz (Inquisitionsmaxime) ist das Prinzip, dass
das →Gericht von Amts wegen Tatsachen erforscht, sie in die
Verhandlung einführt und ihre Wahrheit feststellt. Der U. gilt
insbesondere im →Strafverfahrensrecht sowie im
→Verwaltungsprozessrecht. Dagegen wird das →Zivilprozessrecht
stärker vom →Verhandlungsgrundsatz beherrscht (anders z. B. die
§§ 293, 616, 640 ZPO).
Lit.: Roxin, Strafverfahrensrecht; Köhler-Rott, R., Der Untersuchungsgrundsatz im
Verwaltungsprozess, 1997
Untersuchungshaft (§ 112 StPO) ist die →Entziehung der →Freiheit
des Beschuldigten zum Zweck der Sicherung des
→Erkenntnisverfahrens oder der →Vollstreckung. Die U. ist von der
einstweiligen →Unterbringung (§ 126a StPO) und der vorläufigen
→Festnahme (§ 127 StPO) sowie der Vollstreckung der
→Freiheitsstrafe (→Strafhaft) zu trennen. Sie erfordert grundsätzlich
einen dringenden →Tatverdacht, einen →Haftgrund (Flucht,
→Fluchtgefahr, →Verdunklungsgefahr, evtl. Wiederholungsgefahr),
→Verhältnismäßigkeit sowie einen schriftlichen →Haftbefehl des
→Richters. Ihre Gestaltung ist in der
Untersuchungshaftvollzugsordnung näher geregelt. Sie darf die Dauer
von 6 Monaten nur ausnahmsweise überschreiten (§ 121 StPO). Sie
geht bei →Rechtskraft des →Strafurteils nicht von selbst in Strafhaft
über, ist aber auf diese insbesondere zugunsten jugendlicher und
heranwachsender Straftäter grundsätzlich anzurechnen (§ 51 StGB).
(Rechtstatsächlich waren in Deutschland 1998 etwa 45000 Menschen
gleichzeitig in Untersuchungshaft.)
Lit.: Schlothauer, R./Weider, H., Untersuchungshaft, 3. A. 2001; Münchhalffen, G./Gatzweiler, N.,
Das Recht der Untersuchungshaft, 2. A. 2002
Untersuchungsrichter war bis 1974 der im Strafverfahrensrecht mit
der Voruntersuchung betraute →Richter.
Untervermächtnis (§ 2147 BGB) ist das →Vermächtnis, bei dem
Beschwerter (nicht der Erbe, sondern) ein Vermächtnisnehmer ist.
Unterversicherung ist die (unzulässige) Versicherung unterhalb des
wirklichen Werts des Versicherungsgegenstands.
Lit.: Risthaus, B., Die Unterversicherung, 1999
Untervollmacht ist die →Vollmacht, bei der Bevollmächtigender
(nicht der ursprünglich Bevollmächtigende, sondern) ein
Bevollmächtigter ist, der seine Vertretungsmacht (teilweise)
weitergibt.
Lit.: Gerlach, W., Die Untervollmacht, 1967
Untreue (§ 266 StGB) ist das im Verletzen einer Treuepflicht
bestehende Vermögensdelikt. Die U. gliedert sich in einen
→Missbrauchstatbestand und einen →Treubruchstatbestand. Der
Missbrauchstatbestand ist gegeben, wenn jemand die ihm durch
Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte
Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen andern zu
verpflichten, missbraucht und dadurch dem, dessen
Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt (z. B.
Verjährenlassen einer Forderung durch Prokuristen). Der
Treubruchstatbestand liegt vor, wenn jemand die ihm kraft Gesetzes,
behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses
– gehobener Art mit Pflichten von einigem Gewicht – obliegende
Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und
dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat,
Nachteil zufügt (z. B. unredliches Kassieren in
Selbstbedienungsläden). U. wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft.
Lit.: Wolf, G., Die Strafbarkeit der rechtswidrigen Verwendung öffentlicher Mittel, 1998;
Kaufmann, J., Organuntreue, 1999; Martin, S., Bankuntreue, 2000; Seier, J./Martin, S., Die
Untreue, JuS 2001, 874
Unvermögen ist die subjektive, (nur) für den Schuldner bestehende
→Unmöglichkeit (vgl. § 275 BGB, z. B. Verkauf eines entwendeten
Kraftfahrzeugs). →Unmöglichkeit
Unverstand ist der unzureichende Verstand. Grober U. (§ 23 III
StGB) ist die völlig abwegige Vorstellung von bekannten
Ursachenzusammenhängen (z. B. E behauptet, der Vater kriegt das
Kind). Hat der Täter eines untauglichen →Versuchs aus grobem U.
verkannt, dass der Versuch nach der Art des betroffenen Gegenstands
oder des betreffenden Mittels überhaupt nicht zur Vollendung führen
konnte, so kann von Strafe abgesehen oder diese gemildert werden
(z. B. Tötungsversuch durch Verbrennen einer das Opfer
verkörpernden Puppe).
unvertretbar (Adj.) nicht vertretbar
unvertretbare Sache →Sache, unvertretbare
Unverzüglich (§ 121 I 1 BGB) ist die Befristung des →Verhaltens, die
zum Ausdruck bringt, dass dieses ohne →schuldhaftes Zögern zu
erfolgen hat (z. B. Anfechtung). U. ist, da es eine angemessene
Überlegungsfrist ermöglicht, weniger knapp als sofort. Eine
Verlustmeldung einer Kreditkarte eineinhalb Stunden nach dem
Bemerken des Verlusts erfolgt nicht mehr u.
unvollkommen (Adj.) nicht vollkommen, nicht vollständig
unvollkommene Verbindlichkeit →Verbindlichkeit, unvollkommene
unvordenklich (Adj.) nicht erinnerlich
unvordenkliche Verjährung →Verjährung, unvordenkliche
Unwirksamkeit ist das Fehlen der Wirksamkeit. Die U. eines
Verhaltens bedeutet, dass es nicht die angestrebten →Rechtsfolgen
nach sich zieht. Im Privatrecht ist die absolute U. →Nichtigkeit.
Dagegen treten bei relativer U. grundsätzlich die gewollten
→Rechtsfolgen ein, doch bleibt eine besonders geschützte Person von
ihnen ausgenommen (z. B. §§ 136, 135 I 1 BGB, z. B. Verfügung
entgegen der →Beschlagnahme in der →Zwangsvollstreckung, bei der
ein Erwerber →Eigentum im Verhältnis zu jedem Dritten, aber –
abgesehen vom Fall eines gutgläubigen →Erwerbs – nicht im
Verhältnis zu dem Geschützten erlangt). Schwebende U. ist die
vorläufige, bis zu einer weiteren Klärung durch Entschließung des
Berechtigten bestehende U. (z. B. § 108 BGB, →U. des
Vertragsschlusses eines Minderjährigen ohne Einwilligung des
gesetzlichen Vertreters, vgl. auch die §§ 177, 185 BGB). Die
schwebende U. wird mit der Entschließung je nach deren Inhalt
entweder zur Wirksamkeit oder zur endgültigen Unwirksamkeit.
Unwürdigkeit ist das Fehlen der erwarteten Angemessenheit eines
Verhaltens.
Lit.: Kullik, J., Der Entziehungsgrund Unwürdigkeit, 1996
Unzucht war bis 1973 die Bezeichnung für die strafbare sexuelle
→Handlung, welche die geschlechtliche Sittlichkeit verletzt.
Unzulässigkeit ist die fehlende Zulässigkeit eines →Verhaltens.
Insbesondere kann die Ausübung eines →Rechts wegen Missbrauchs
unzulässig sein. Daneben sind im Verfahrensrecht →Anträge oder
sonstige Handlungen dann unzulässig, wenn ihnen die formell
erforderlichen Voraussetzungen fehlen (→Abweisung oder
→Verwerfung ohne Entscheidung in der Sache selbst).
Unzumutbarkeit ist die fehlende Zumutbarkeit eines Verlangens.
Welche Anforderungen regelmäßig als zumutbar angesehen werden,
ergibt sich aus den einzelnen Rechtssätzen der Rechtsordnung.
Daneben kommt eine Berufung auf die allgemeine U. nur
ausnahmsweise in Betracht (und zwar im Strafrecht als
→Entschuldigungsgrund z. B. bei →Unterlassungsdelikten). Im
Schuldrecht ist die U. der Fortsetzung eines Vertragsverhältnisses bis
zum Ablauf einer ordnungsgemäßen Kündigungsfrist Voraussetzung
für eine außerordentliche →Kündigung (§ 314 BGB).
Unzurechnungsfähigkeit (Schuldunfähigkeit, Deliktsunfähigkeit) ist
das Fehlen der Voraussetzungen der Verantwortlichkeit.
→Schuldfähigkeit
Urabstimmung ist die Abstimmung von Gewerkschaftsmitgliedern
über einen →Streik. Grundsätzlich beschließt der
Gewerkschaftsvorstand einen Streik nur, wenn sich drei Viertel der
abstimmungsberechtigten Mitglieder für ihn ausgesprochen haben.
Das Ergebnis der U. hängt in hohem Maß von seiner psychologischen
Vorbereitung ab.
Lit.: Michlik, F., Die gewerkschaftliche Urabstimmung, 1995
Urfehde ist im mittelalterlichen deutschen Recht das Versprechen
(der Beendigung der Feindschaft), mit dem die →Fehde endet.
Lit.: Ebel, W., Die Rostocker Urfehden, 1938; Köbler, G., Lexikon der europäischen
Rechtsgeschichte, 1997
Urheber (§ 7 UrhG) ist der etwas bewirkende oder veranlassende
Mensch wie z. B. der Schöpfer eines Werks.
Lit.: Seith, S., Wie kommt der Urheber zu seinem Recht?, 2003
Urheberbenennung (§§ 76f. ZPO) ist im Zivilprozessrecht die –
praktisch seltene – Benennung des nach Ansicht des →Beklagten
richtigerweise zu Beklagenden (z. B. mittelbarer Besitzer), die im
Ergebnis dazu führen kann, dass der Beklagte aus dem →Prozess
ausscheidet und der Dritte seine Stellung einnimmt.
Urheberpersönlichkeitsrecht ist das Persönlichkeitsrecht des
Urhebers. →Urheberrecht
Lit.: Müsse, H., Das Urheberpersönlichkeitsrecht, Diss. jur. Freiburg
im Breisgau 1999
Urheberrecht ist objektiv die Gesamtheit der ein individuelles
geistiges →Werk (geistiges Eigentum) schützenden Rechtssätze. Das
U. ist insbesondere im Urhebergesetz und in internationalen
Vereinbarungen (z. B. →Berner Übereinkunft,
Welturheberrechtsabkommen 1952, Agreement on Trade-Related
Aspects of Intellectual Property Rights →TRIPS) geregelt. Der
→Urheber eines Werks hat das ausschließliche subjektive U. der
Verfügung über das Werk in Form und Inhalt. Dieses umfasst
Urheberpersönlichkeitsrechte (z. B. Recht auf Anerkennung der
Urheberschaft, Recht auf Unterlassung einer Entstellung) und
Verwertungsrechte (z. B. Vervielfältigungsrecht, Aufführungsrecht).
Das subjektive U. erlischt grundsätzlich 70 Jahre nach dem Tod des
Urhebers (§ 64 UrhG). Seine Verletzung (z. B. durch Einscannen und
Speichern eines Pressespiegels und Verbreiten durch e-mail) hat
strafrechtliche und schadensersatzrechtliche Folgen. Zulässig ist
zwecks Fortentwicklung von Kunst und Wissenschaft die freie
Benutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ohne
Zustimmung des Urhebers, um ein neues, selbständiges Werk
hervorzubringen (§ 24 UrhG), wobei die beim Fotokopieren von
Werken entstehenden Rechtsverletzungen summarisch durch die
→Fotokopierabgabe ausgeglichen werden. Neben dem U. steht das
→Leistungsschutzrecht.
Lit.: Urheber- und Verlagsrecht, 10. A. 2003; Rehbinder, M, Urheberrecht, 13. A. 2004;
Urheberrecht, hg. v. Schricker, G., 2. A. 1999; Fromm/Nordemann, W., Urheberrecht, 9. A. 1998;
Wenzel, E./Burkhardt, E., Urheberrecht für die Praxis, 4. A. 1999; Delp, L., Kleines Praktikum für
Urheber- und Verlagsrecht, 4. A. 2000; Haberstumpf, H., Handbuch des Urheberrechts, 2. A. 2000;
Schack, H., Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2. A. 2001; Schulze, E./Schulze, M.,
Rechtsprechung zum Urheberrecht (Lbl.), 48. A. 2003; Ilzhöfer, V., Patent-, Marken- und
Urheberrecht, 5. A. 2002; Eggert, R., Der Urheberrechtsschutz bei Landkarten, 1999; Europäisches
Urheberrecht, hg. v. Walter, M., 2001; Bechtold, S., Vom Urheber- zum Informationsrecht, 2002;
Nordemann, W., Das neue Urhebervertragsrecht, 2002; Jacobs, R., Das neue Urhebervertragsrecht,
NJW 2002, 1905; Chrocziel, P., Einführung in den gewerblichen Rechtsschutz und das
Urheberrecht, 2. A. 2002; Siebert, S., Die Auslegung der Wahrnehmungsverträge unter
Berücksichtigung der digitalen Technik, 2002; Praxiskommentar zum Urheberrecht, hg. v.
Wandtke, A./Bullinger, W., 2002; Binder, A./Kosterhon, F., Urheberrecht für Architekten und
Ingenieure, 2003; Delp, L., Das Recht des geistigen Schaffens, 2. A. 2003; Handbuch des
Urheberrechts, hg. v. Loewenheim, U., 2003; Dreier, T./Schulze, G., Urheberrechtsgesetz, 2004
Urkunde (§ 267 StGB) ist die verkörperte (d. h. in eine körperliche
Form gebrachte) Gedankenerklärung, die allgemein oder für
Eingeweihte verständlich ist, den →Aussteller erkennen lässt und zum
→Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache geeignet und bestimmt
ist (z. B. Geburtsurkunde, Prüfungszeugnis, Parkschein, amtliches
Kraftfahrzeugkennzeichen). Meist ist die U. ein Schriftstück. Bei
diesem ist eine feste Verbindung mehrerer Blätter eines Vertrags
nicht erforderlich, wenn sich die Einheit aus sonstigen Merkmalen
zweifelsfrei ergibt. Unechte U. ist die U., die den Anschein erweckt,
von einer andern Person als dem wirklichen Hersteller herzurühren (z.
B. gibt ein Hersteller einer Urkunde durch die Gestaltung des Texts
und eine nachgemachte Unterschrift vor, sie stamme von Kaiser
Nero). Echte U. ist die U., die von dem herrührt, von dem sie
herzurühren scheint. Verfälschte Urkunde ist die inhaltlich
abgeänderte (echte) U. Die Herstellung einer unechten U. zur
Täuschung im Rechtsverkehr, die Verfälschung einer echten U. und
der Gebrach einer unechten U. oder einer verfälschten U. sind
→Urkundenfälschung. Im Verfahrensrecht ist U. (§§ 415ff. ZPO) nur
die in Schriftzeichen verkörperte Gedankenerklärung, so dass die
bloße Ablichtung einer U. als solche keine U. darstellt. Die U. kann
öffentliche oder private U. sein. Öffentliche U. ist die von einer
öffentlichen →Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse
oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person (z. B.
Gerichtsvollzieher) innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises
in der vorgeschriebenen Form aufgenommene U. Sie begründet
vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson
beurkundeten Vorgangs (§ 415 I ZPO). Privaturkunde ist die U., die
nicht ö. U. ist. Sie begründet, sofern sie vom →Aussteller
unterschrieben ist, vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltene
Erklärung vom Aussteller abgegeben ist. Vollstreckbare U. (§ 794 I
Nr. 5 ZPO) ist die – notarielle d. h. von einem →Notar aufgenommene
oder gerichtliche – U. über bestimmte →Ansprüche, wegen derer sich
der →Schuldner der sofortigen →Zwangsvollstreckung unterworfen
hat.
Lit.: Gustafsson, B., Die scheinbare Urkunde, 1993 (Diss.); Kopp, K., Die vollstreckbare Urkunde,
1994 (Diss.); Britz, Urkundenbeweisrecht und Elektroniktechnologie, 1996; Leutner, G., Die
vollstreckbare Urkunde im europäischen Rechtsverkehr, 1997
Urkundenbeweis (z. B. §§ 415ff. ZPO) ist der →Beweis durch (echte)
→Urkunden. In der Regel genügt die Vorlage der Urkunde. Im
→Strafprozess ist ihre Verlesung erforderlich.
Lit.: Britz, Urkundenbeweisrecht und Elektroniktechnologie, 1996; Meyer, J., Der Urkundenbeweis
in der Hauptverhandlung, 1999
Urkundendelikt ist die eine →Urkunde betreffende →Straftat.
→Urkundenfälschung
Lit.: Freund, G., Urkundenstraftaten, 1996; Ryu, C., Die Urkundendelikte, 1997
Urkundenfälschung (§ 267 StGB) ist die Herstellung einer unechten
→Urkunde (z. B. →Privilegium maius in Österreich um 1358), die
→Verfälschung einer echten Urkunde oder der Gebrauch einer
unechten oder verfälschten Urkunde →zur Täuschung im
Rechtsverkehr oder zur fälschlichen Beeinflussung einer
Datenverarbeitungsanlage im Rechtsverkehr (z. B. Abänderung eines
Parkscheins im ausgedruckten Parkzeitende, Überkleben eines
Kraftfahrzeugkennzeichens mit spiegelnden Folien, nicht dagegen
Überkleben eines Verkehrszeichens mit Klebefolie oder Aufbringen
reflektierender Mittel). Die U. wird mit →Freiheitsstrafe bis zu 5
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Lit.: Jakobs, G., Urkundenfälschung, 2000; Dörfler, C., Urkundenfälschung, 2000
Urkundenprozess (§§ 592ff. ZPO) ist der die Zahlung einer
bestimmten Geldsumme (z. B. auch aus Miete) oder die →Leistung
einer bestimmten Menge anderer vertretbarer →Sachen oder
→Wertpapiere betreffende, auf den Beweis durch Urkunden
beschränkte Prozess. Im U. muss die Klage die Erklärung enthalten,
dass in ihm geklagt werde. Der U. ist eine besondere Verfahrensart
mit beschränkter →Verhandlung, bei der dem Beklagten die
Ausführung seiner Rechte vorbehalten bleiben kann
(→Vorbehaltsurteil). Ein Sonderfall des Urkundenprozesses ist der
Wechsel- und Scheckprozess (§§ 602ff. ZPO).
Lit.: Hertel, C., Der Urkundenprozess, 1992; Schröer, Besonderheiten des Urkunden- und
Wechselprozesses, JA 1993, Übungsblätter für Referendare 230; Hövelberndt, A., Grundzüge des
Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozesses, JuS 2003, 1105
Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB) ist das Vernichten,
Beschädigen oder Unterdrücken einer →Urkunde oder technischen
→Aufzeichnung, die dem Täter nicht ausschließlich gehört, in der
→Absicht, einem andern einen mit der Verwendbarkeit der Urkunde
zusammenhängenden Nachteil zuzufügen. Die U. wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der
Versuch ist strafbar.
Urkundsbeamter (§ 153 GVG) ist der →Beamte des mittleren oder
gehobenen →Diensts, der nach gesetzlich besonders geregelter
Ausbildung an der →Geschäftsstelle eines →Gerichts tätig wird (z. B.
→Beurkundung, Protokollführung, Aktenführung).
Urlaub ist die bezahlte arbeitsfreie →Arbeitszeit. Nach den §§ 1, 3
BUrlG hat jeder →Arbeitnehmer in jedem Jahr Anspruch auf
mindestens 18 Werktage Erholungsurlaub. Der tatsächliche Umfang
des konkreten Urlaubs bestimmt sich nach →Gesetz, →Verordnung,
→Tarifvertrag, →Betriebsvereinbarung und →Einzelvertrag. Die
zeitliche Festlegung des Urlaubs im Einzelnen bedarf der vorherigen
Zustimmung des Arbeitgebers. Der U. ist grundsätzlich
zusammenhängend im laufenden Kalenderjahr zu gewähren. Während
des Urlaubs darf keine, dem Urlaubszweck zuwiderlaufende
entgeltliche Tätigkeit ausgeübt werden. Bei Erkrankung im U. werden
die nachgewiesenen Krankheitstage nicht angerechnet. Neben das
Urlaubsentgelt (Arbeitsentgelt) kann ein besonderes Urlaubsgeld
treten. Ein Anspruch auf unbezahlten Sonderurlaub besteht
grundsätzlich nur in engerem Rahmen. Für →Beamte und →Soldaten
gelten Sonderregeln.
Lit.: Leinemann, W./Linck, R., Urlaubsrecht, 2. A. 2001; Neumann, D., Urlaubsrecht, 12. A. 2001;
Besuchen, E., Der Urlaubsabgeltungsanspruch, 1997; Heilmann, J., Urlaubsrecht, 1999; Friese, B.,
Urlaubsrecht, 2003
Urproduktion ist die Gewinnung von Naturerzeugnissen oder
Rohstoffen (z. B. Bergbau, Landwirtschaft, Jagd). Die U. stellt kraft
→Gewohnheitsrechts kein →Gewerbe dar, kann aber Gegenstand eines
Handelsgewerbes sein. Für →Betriebe der Landwirtschaft und
Forstwirtschaft gilt die Sondervorschrift des § 3 HGB
(→Kannkaufmann).
Ursache ist der Grund oder Anlass für einen →Erfolg oder eine
Wirkung, insbesondere eine →Verletzung oder einen →Schaden. Im
Strafrecht und im Schuldrecht kann einem Verhalten vielfach ein
Erfolg nur zugerechnet werden, wenn jenes die U. für diesen ist. Die
Überprüfung der Ursächlichkeit (Kausalität) erfolgt mit Hilfe der
→Äquivalenztheorie (bzw. →Adäquanztheorie).
ursächlich (Adj.) die →Ursache bildend
Ursächlichkeit →Ursache, Kausalität
Urteil (z. B. § 313 ZPO) ist die gerichtliche, einer besonderen →Form
bedürftige →Entscheidung. Das U. besteht aus dem →Rubrum
(Urteilskopf), dem →Tenor (Urteilsformel), dem →Tatbestand, den
→Entscheidungsgründen – im Strafprozess statt Tatbestand und
Entscheidungsgründe nur →Urteilsgründe (§ 267 StPO) – sowie u. U.
der →Rechtsmittelbelehrung. Es befindet meist über eine →Klage,
entsteht auf Grund der Beratung, ist mündlich im Namen des Volks
zu verkünden und →schriftlich abzufassen. Das U. kann durch
→Rechtsmittel angefochten werden. Es erwächst in →Rechtskraft. Es
bildet einen →Vollstreckungstitel. Unterschieden werden vor allem
→Endurteil, →Zwischenurteil und →Vorbehaltsurteil, streitiges U. und
→Versäumnisurteil, →Prozessurteil und →Sachurteil, →Leistungsurteil,
→Feststellungsurteil und →Gestaltungsurteil. Die Veröffentlichung
von Gerichtsentscheidungen ist eine öffentliche Aufgabe, bei der alle
Betreffenden gleich zu behandeln sind.
Lit.: Sattelmacher, P./Sirp, W./Schuschke, W., Bericht, Gutachten und Urteil, 33. A. 2003; Furtner,
Urteil; Meyer-Goßner, L./Appl, E., Die Urteile in Strafsachen, 27. A. 2002; Berg, H./Zimmermann,
W., Gutachten und Urteil, 17. A. 1997; Huber, M., Das Zivilurteil, 2. A. 2003; Balzer, C., Das
Urteil im Zivilprozess, 2003; Siegburg, P., Einführung in die Urteilstechnik, 5. A. 2003; Schneider,
E./Hövel, M. van den, Die Tenorierung im Zivilurteil, 3. A. 2004
Urteilsformel →Urteil
Lit.: Michel, Die Urteilsformel bei Einspruch und Einstellung, MDR
1993, 110ff.; Schröer, Urteilsformel bei Teil-, Schluss- und
Grundurteil, JA 1997, 318
Urteilsgebühr (vgl. Anlage 1 zum GKG) ist die mit Erlass eines
→Urteils grundsätzlich entstehende Gebühr (anders im
Sozialgerichtsprozess sowie im Arbeitsgerichtsprozess erster Instanz).
Urteilsgrund (§ 267 StPO) ist im Strafprozessrecht der Grund für das
→Urteil. Die Urteilsgründe fassen im Stafurteil →Urteilstatbestand und
→Entscheidungsgründe zusammen. Sie müssen die für erwiesen
erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale
der →Straftat gefunden werden.
Urteilsmethode ist die für ein Urteil (im Gegensatz zu einem
Gutachten) erforderliche Methode, welche die Entscheidung
voranstellt und danach ihre Gründe darlegt (denn, weil).
Lit.: Köbler, Anfängerübung
Urteilstenor →Tenor, Urteil
Usance (F.) Brauch, Handelsbrauch
usus (lat. [M.]) Brauch, Gebrauch
Usus (M.) modernus pandectarum ([lat.] moderner Gebrauch der
Pandekten) ist die Bezeichnung für die ältere Zeit des gemeinen
Rechts (16.–18. Jh.).
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997
Utilitarismus ist die von Bentham (1748–1832) und Mill
systematisierte sozialphilosophische Lehre, die eine Handlung nach
ihrer Nützlichkeit (Utilität) für den Menschen bewertet.
V
Valuta (F.) Wert, Gegenwert
Valutaverhältnis →Zuwendungsverhältnis
Vater (§ 1592 BGB) eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt
der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die
Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB
gerichtlich festgestellt ist. V. ist der Mann auch, wenn die Ehe durch
Tod aufgelöst wurde und innerhalb von 300 Tagen nach der
Auflösung das Kind geboren wurde (§ 1593 S. 1 BGB). V. ist der
Mann nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig
festgestellt ist, dass der Mann nicht der V. des Kindes ist (§ 1599 I
BGB). Der V. ist zusammen mit der Mutter grundsätzlich Träger der
elterlichen →Sorge. Ihn treffen verschiedene Pflichten, insbesondere
die →Unterhaltspflicht.
Vaterschaft (§§ 1592ff. BGB) ist die Stellung als →Vater. Sie wird
für den Ehemann angenommen, wenn das Kind nach der
→Eheschließung geboren wird und der Ehemann der Frau innerhalb
der →Empfängniszeit beigewohnt hat und die V. nicht rechtskräftig
angefochten ist. Im Übrigen wird die V. durch Anerkennung oder
durch gerichtliche Entscheidung festgestellt. Sie wird gemäß den
§§ 1592ff. BGB bestimmt. Auf die Klage des Manns gegen das Kind
oder auf Klage der Mutter oder des Kindes gegen den Mann
entscheidet das Familiengericht über die Feststellung einer nicht
entsprechend dem § 1592 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BGB gegebenen V. oder
über die Anfechtung einer entsprechend dem § 1592 Nr. 1 bzw. Nr. 2
BGB gegebenen V. Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der V.
wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der
→Empfängniszeit beigewohnt hat, sofern nicht schwerwiegende
Zweifel an der V. bestehen (§ 1600d II BGB). Die gerichtliche
Anfechtung der V. ist binnen zwei Jahren möglich. Die Frist beginnt
mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen
erfährt, die gegen die V. sprechen, jedoch nicht vor der Geburt des
Kindes und nicht, bevor die Vaterschaftsanerkennung wirksam
geworden ist. Die Feststellung der V. und die Feststellung der
Nichtvaterschaft sind durch die DNA-Analyse sehr viel zuverlässiger
geworden als dies jemals früher der Fall war. Sie wären praktisch
problemlos, wenn in einer globalen Gendatenbank die Daten jedes
Menschen enthalten wären.
Lit.: Roth/Stielow, Der Abstammungsprozess, 2. A. 1978;
Hildebrandt, D., Der positive Vaterschaftsnachweis, Diss. jur.
Göttingen 1997; Roth, W., Vaterschaftsanfechtung durch den
biologischen Vater, NJW 2003, 3153
Vaterschaftsanerkennung (§ 1594 BGB) ist die Erklärung, dass der
Anerkennende ein →Kind als von ihm erzeugt ansieht. Die V. ist eine
einseitige, formbedürftige, nicht empfangsbedürftige,
bedingungsfeindliche und zeitbestimmungsfeindliche, nur beschränkt
widerrufliche →Willenserklärung, der die Mutter und dann, wenn der
Mutter insoweit die elterliche Sorge nicht zusteht, auch das Kind
zustimmen muss. Sie bewirkt, dass der Anerkennende als Vater des
Kindes feststeht. Sie kann u. U. unwirksam sein oder durch Mann,
Mutter und Kind (§ 1600 BGB) binnen zwei Jahren (§ 1600a BGB)
gerichtlich angefochten werden. Eine V. ist nicht wirksam, solange
die Vaterschaft eines andern Manns besteht.
Vaterschaftsgutachten ist das wissenschaftliche →Gutachten über die
→Vaterschaft eines Manns an einem →Kind. Das V. ist im
→Rechtsstreit um die Vaterschaft das wichtigste →Beweismittel. Es
kann vor allem →DNA-Analyse, Blutgruppenuntersuchung,
erbkundliches Gutachten oder Tragezeitgutachten sein.
Vaterschaftsvermutung (§ 1600c BGB) ist die →Vermutung, dass
ein bestimmter Mann →Vater eines bestimmten →Kindes ist. In dem
Verfahren auf Anfechtung einer →Vaterschaft wird vermutet, dass das
Kind von dem Mann abstammt, dessen Vaterschaft nach den §§ 1592
Nr. 1, 1592 Nr. 2 und 1593 besteht, es sei denn, dass eine
→Vaterschaftsanerkennung angefochten wird und an einem
Willensmangel nach den §§ 119 I, 123 BGB leidet. Die V. kann durch
einfachen Gegenbeweis entkräftet werden.
Lit.: Rath, M. Die Bedeutung der Vaterschaftsvermutung nach § 1600d Abs. 2 BGB, Diss. jur.
Münster 1998
Vatikan ist der durch die zwischen Italien und dem Heiligen Stuhl
geschlossenen Lateranverträge am 11. 2. 1929 entstandene,
unabhängige Kirchenstaat mit dem →Papst als (weltlichem) Souverän,
demgegenüber der Heilige Stuhl das Papstamt ist, das ein vom V.
verschiedenes souveränes Völkerrechtssubjekt darstellt.
Vatikanisches Konzil ist das nach dem →Vatikan benannte, in Rom
abgehaltene Konzil (1869/70, 1962-1965).
Lit.: Aubert, R., Vaticanum I (deutsche Übersetzung), 1965; Seeber, D., Das Zweite Vaticanum,
1966
VDE (M.) Verband deutscher Elektriker
VDI (M.) Verein deutscher Ingenieure
VELKD (F.) Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche
Deutschlands
Lit.: Metz, C., Die Rechtsprechung der Gerichte und Schlichtungsstellen der VELKD, Diss. jur.
Marburg 1980
Venia (F.) legendi ([lat.] Erlaubnis des Lesens) ist die Lehrbefugnis
(in einem bestimmten Wissenschaftsfach) an einer →Universität. Sie
wird regelmäßig durch die →Habilitation erlangt. Im Übrigen sind
Professoren kraft Amts allgemein und Lehrbeauftragte kraft
besonderer Beauftragung im Einzelfall zum Abhalten von
Lehrveranstaltungen an ihrer Universität befugt.
Lit.: Köbler, Jurist
Venire (N.) contra factum proprium ([lat.] Zuwiderhandeln gegen
eigenes Tun) ist der widersprüchliches Verhalten ausschließende
Rechtssatz. Das v. c. f. p. ist ein Fall der aus § 242 BGB folgenden
Einschränkung oder Aufhebung eines bestehenden Rechts. Eine Partei
kann danach ein Recht dann nicht geltend machen, wenn seine
Ausübung im Gegensatz zum eigenen vorangegangenen →Tun steht
(z. B. Vertragsstrafeanspruch des Gläubigers und eigene
verzögerliche Mitwirkung bei der Erfüllung, Verlangen der Teilung
einer Einrichtung und Nichtanerkennung der Selbständigkeit eines
Teils nach erfolgter Teilung).
Lit.: Dette, H., Venire contra factum proprium nulli conceditur, 1985; Singer, R., Das Verbot
widersprüchlichen Verhaltens, 1993
venture capital (engl. [N.]) Wagniskapital
Lit.: Weitnauer, W., Handbuch Venture Capital, 2. A. 2001
Verabredung ist die gemeinsame Absprache eines Verhaltens. Im
Strafrecht ist die V. eines Verbrechens strafbar (§ 30 II StGB). Sie
liegt vor, wenn sich jemand bereit erklärt, das Erbieten eines andern
annimmt oder sich mit einem andern verabredet, ein Verbrechen zu
begehen oder zu ihm anzustiften. Die V. eines Verbrechens wird
milder bestraft als die Begehung desselben Verbrechens.
Lit.: Fieber, U. Die Verbrechensverabredung, 2001
Verächtlichmachen (§ 90a StGB) ist das den Angriffsgegenstand als
der Achtung der Bürger unwert und unwürdig hinstellende Verhalten.
Veränderung ist die Verschaffung oder Erlangung eines andern
Aussehens oder Wesens. Im Strafprozessrecht (§ 265 StPO) ist die V.
des rechtlichen Gesichtspunkts das Hervortreten neuer rechtlicher
Gesichtspunkte (vor allem das Auswechseln des Anklagetatbestands).
Der →Angeklagte darf in einem Rechtsstaat nicht auf Grund eines
andern als des in der gerichtlich zugelassenen →Anklage angeführten
→Strafgesetzes verurteilt werden, ohne dass er zuvor auf die V. des
rechtlichen Gesichtspunkts besonders hingewiesen und ihm
Gelegenheit zur →Verteidigung gegeben worden ist (z. B. Anklage
wegen des Missbrauchstatbestands der Untreue, drohende
Verurteilung wegen des Treubruchstatbestands).
Veränderungssperre (§ 14 BauGB) ist das →Verbot,
genehmigungsbedürftige oder sonstige wertsteigernde bauliche
→Anlagen zu errichten oder andere wertsteigernde Veränderungen des
→Grundstücks vorzunehmen. Die V. kann von der →Gemeinde als
genehmigungsbedürftige →Satzung beschlossen werden. Sie dient der
Sicherung der →Bebauungsplanung und ist u. U. schon vor ihrem
Erlass beachtlich.
Lit.: Schenke, W., Veränderungssperre und Zurückstellung des Baugesuchs, 1995; Jäde, H.,
Gemeinde und Baugesuch, 2. A. 2000
Veranlagung (§ 37 AO) ist im →Steuerrecht die Feststellung und
Festsetzung des Steueranspruchs im Einzelfall. Die V. ist ein als
Einzelveranlagung oder Zusammenveranlagung von Ehegatten
mögliches steuerliches Verwaltungsverfahren. Dieses endet mit dem
→Steuerbescheid (→Verwaltungsakt).
Lit.: Waterkamp, A., Ehegattenveranlagung und Freizügigkeit in der Europäischen Gemeinschaft,
1993
Veranlagungsteuer ist die durch →Veranlagung erhobene →Steuer
(im Gegensatz zur →Quellensteuer).
Verantwortlichkeit ist menschliches Einstehenmüssen für einen
Umstand. Im Strafrecht besteht eine V. für bestimmte
Gefahrenquellen, die sich aus einem vorausgegangenen gefährlichen
→Tun ergibt. Sie begründet eine →Garantenstellung. Im Schuldrecht
bewirkt die V. für bestimmte Gefahrenquellen eine
→Verkehrssicherungspflicht. Ihre Verletzung kann eine
→Schadensersatzverpflichtung nach sich ziehen.
Lit.: The Limits of Liability, hg. v. Spier, J., 1996; Honoré, T., Responsibility and Fault, 1999
Verarbeitung (Spezifikation) (§ 950 BGB) ist die Herstellung einer
neuen – nicht nur erneuerten – beweglichen →Sache durch
Verarbeitung oder Umbilden eines oder mehrerer Stoffe (z. B. Backen
von Brot, Drucken einer Zeitung, Stricken eines Pullovers,
Verwertung eines Motorblocks zu einem Komplettmotor,
Zusammensetzen eines Motorrads aus gestohlenen Einzelteilen),
wobei als V. auch das Schreiben oder eine ähnliche Bearbeitung einer
Oberfläche gilt. Der für die V. Verantwortliche (Hersteller, z. B.
Betriebsinhaber) erwirbt das →Eigentum an der neuen Sache – unter
Untergang des Eigentums der bisherigen Eigentümer an den Stoffen –
, sofern nicht der Wert der V. oder der Umbildung erheblich geringer
ist als der Wert des Stoffs. Wer infolge der V. einen Rechtsverlust
erleidet, kann von dem Begünstigten Vergütung in Geld nach den
Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
→Bereicherung fordern. Vielfach ist die V. in →allgemeinen
Geschäftsbedingungen abweichend geregelt.
Lit.: Reitz, M., Der Tatbestand der Verarbeitung, 1996
Veräußerung ist die Weggabe eines →Gegenstands an einen andern.
Die V. umfasst in der Regel sowohl das (schuldrechtliche)
→Verpflichtungsgeschäft (z. B. Kauf) wie auch das (sachenrechtliche)
→Verfügungsgeschäft (z. B. Übereignung) (str.). Beide sind aber
rechtlich streng zu trennen.
Lit.: Merle, W., Die Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes, JA 1983, 626
Veräußerungsverbot ist das →Verbot, über einen Gegenstand durch
Veräußerung zu →verfügen. Das V. kann auf →Gesetz oder Hoheitsakt
(z. B. einstweilige Verfügung) – nicht auf Rechtsgeschäft (§ 137
BGB, möglich aber Verpflichtung, nicht zu verfügen) – beruhen. Bei
einem Verstoß gegen ein V. ist die betreffende Verfügung je nach
dem Ziel des Verbots (allgemein) →unwirksam (vgl. § 134 BGB) oder
nur relativ (d. h. lediglich gegenüber bestimmten geschützten
Personen) unwirksam. Gutgläubiger →Erwerb ist möglich.
Lit.: Mehrtens, G., Das gesetzliche Veräußerungsverbot, 1974; Fahland, M., Das Verfügungsverbot
nach §§ 135, 136 BGB, 1976
Verbalinjurie (F.) Beleidigung durch Worte (z. B. [aus dem
Wortschatz einer entsprechend beleumundeten
rechtswissenschaftlichen Fakultät] Lügner [zu jemandem, der die
Wahrheit sagt], Scharlatan, Kulturbanause, Nestbeschmutzer,
Verrückter, Querulant, Demagoge, Giftzwerg, Esel, Idiot, Blödmann,
Arschloch)
Verband ist die Vereinigung von Gegenständen oder Personen. Im
Verfassungsrecht und im Wirtschaftsrecht ist V. insbesondere eine
Vereinigung von (rechtsfähigen) Unternehmen mit dem Ziel,
Gesetzgebung und Verwaltung im Interesse eines Wirtschaftszweigs
zu beeinflussen (z. B. Arbeitgeberverband). Der V. wirkt bei der
politischen Willensbildung auf einer Vorstufe mit. Seine Existenz ist
durch Art. 9 GG gewährleistet. Seine rechtliche Gestaltung kann
verschieden sein.
Lit.: Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, hg. v. Reichert, B. u. a., 9. A. 2003; Schäfer, C.,
Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002
Verbandsklage ist im →Verwaltungsprozessrecht die →Klage eines
→Verbands unter eigenem Namen. Sie ist wegen der erforderlichen
→Klagebefugnis (§ 42 II VwGO) nur zulässig, wenn der Verband die
Verletzung eines eigenen →Rechts geltend macht. Dagegen ist sie
grundsätzlich unzulässig, wenn nur die Verletzung von Rechten der
Verbandsmitglieder oder der Allgemeinheit behauptet wird. Jedoch
kann einem Verband die Befugnis für solche Klagen durch Gesetz
zuerkannt werden (z. B. die Klagebefugnis der →Industrie- und
Handelskammer gem. § 12 HandwO, § 42 II VwGO). Möglich ist
eine V. bei dem Bundesverwaltungsamt oder bei der Europäischen
Kommission registrierter Einrichtungen gegen Verstöße gegen
Verbraucherschutzgesetze. Nach dem Unterlassungsklagengesetz
(BGBl. 2001 I, 3138) besteht ein Verbandsunterlassungsklagerecht
bei Verstößen gegen verbraucherrechtliche Bestimmungen,
ausgenommen das Arbeitsrecht.
Lit.: Die Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess; hg. v. Basedow, J. u. a., 1999; Greger,
R., Neue Regeln für die Verbandsklage, NJW 2000, 2457; Schmidt, E., Verbraucherschützende
Verbandsklagen, NJW 2002, 25; Calliess, C., Die umweltrechtliche Verbandsklage, NJW 2002, 97
Verbandskompetenz ist die Zuständigkeit eines Organs eines
Verbands. Fehlende V. ist gegeben, wenn ein Organ eines fremden
Rechtsträgers anstelle eines Organs des allein zuständigen
Rechtsträgers einen →Verwaltungsakt erlässt (z. B. Bundesbehörde
statt Landesbehörde). Eine solche fehlende V. begründet die
Nichtigkeit des Verwaltungsakts.
Verbandskörperschaft ist die →Körperschaft, deren Mitglieder
→juristische Personen sind (z. B. →Zweckverband).
Verbandsstrafe ist die von einem Verband festgelegte Maßnahme
strafenden Charakters.
Lit.: Freier, F. v., Kritik der Verbandsstrafe, 1998
Verbandstarifvertrag ist der →Tarifvertrag, bei dem auf der
Arbeitgeberseite ein →Verband als Vertragspartei auftritt.
Verbannung ist in der →Rechtsgeschichte die Bestrafung mit dem
Ausschluss aus der →Gemeinschaft durch Vertreibung aus dem von
dieser Gemeinschaft beanspruchten →Gebiet.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
verbindlich (Adj.) verpflichtend
Verbindlichkeit (Obligation) ist die →Verpflichtung (→Schuld) des
→Schuldners. Sie kann auf →Gesetz (z. B. § 823 I BGB) oder
→Rechtsgeschäft (z. B. Kaufvertrag) beruhen. Sie wird als
unvollkommene V. bezeichnet, wenn sie nicht eingeklagt, das einmal
Geleistete aber vom Schuldner auch nicht deshalb zurückgefordert
werden kann, weil eine V. nicht bestanden habe (vgl. z. B. § 762 I
BGB).
Verbindung ist die Vereinigung mehrerer Umstände zu einer Einheit.
Im Sachenrecht ist V. die Vereinigung einer beweglichen →Sache mit
einem →Grundstück oder andern beweglichen Sachen dergestalt, dass
sie wesentlicher →Bestandteil des Grundstücks oder einer
einheitlichen Sache wird (§§ 946f. BGB). Die V. hat zur Folge, dass
sich das →Eigentum am Grundstück auch auf die bewegliche Sache
erstreckt oder dass die bisherigen Eigentümer mehrerer beweglicher
Sachen entweder →Miteigentümer werden oder, wenn eine der
mehreren beweglichen Sachen als die Hauptsache anzusehen ist, ihr
Eigentümer das Alleineigentum erwirbt. Umgekehrt erlöschen die
entsprechenden Rechte bisheriger Eigentümer und evtl. weiterer
Berechtigter (§ 949 BGB). Wer infolge der V. einen Rechtsverlust
erleidet, kann von dem Begünstigten Vergütung in Geld nach den
Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
→Bereicherung verlangen (§ 951 BGB →Rechtsgrundverweisung,
str.). Im Verfahrensrecht ist eine V. mehrerer Verfahren möglich
(z. B. § 147 ZPO).
Verbot ist die ausdrückliche →Anordnung, ein →Verhalten zu
→unterlassen. Das V. kann grundsätzlich gesetzlich, behördlich oder
rechtsgeschäftlich festgelegt sein. Der Verstoß gegen ein gesetzliches
V. hat im →Strafrecht in der Regel →Strafe zur Folge. Im
→Verwaltungsrecht stellt er vielfach eine Störung der öffentlichen
→Sicherheit und Ordnung dar. Im Privatrecht ist ein →Rechtsgeschäft,
das gegen ein gesetzliches V. verstößt, →nichtig, wenn sich nicht aus
dem Gesetz ein anderes ergibt (§ 135 BGB). Im Verwaltungsrecht
wird dabei zwischen verschiedenen Arten des Verbots unterschieden.
Das V. ist präventives V. mit →Erlaubnisvorbehalt, wenn es nicht
wirklich das Verfahren allgemein verhindern, sondern nur in Fällen
tatsächlicher Gefahr oder Störung verbieten will (z. B. Bauen,
Bauerlaubnis). Es ist dagegen repressives V. mit
→Befreiungsvorbehalt, wenn das Verhalten wegen seiner schädlichen
Auswirkungen grundsätzlich verhindert und nur ausnahmsweise
erlaubt werden soll (z. B. Waffenbesitz, Waffenschein).
verboten (Adj.) nicht erlaubt, untersagt
verbotene Eigenmacht →Eigenmacht, verbotene
Verbotsirrtum (§ 17 StGB) ist im Strafrecht der – im Rahmen der
→Schuld zu prüfende – →Irrtum über die →Rechtswidrigkeit (das
Verbotensein) der Tat. Dem Täter fehlt die Einsicht, →Unrecht zu tun.
Er weiß zwar, was er tatbestandlich tut, nimmt aber irrig an, die
verbotene Handlung sei erlaubt. Der unvermeidbare V. ist
→Schuldausschließungsgrund, so dass der Täter nicht bestraft werden
kann. Der vermeidbare V. schließt die Strafbarkeit nicht aus, kann
aber zur (Schuldmilderung und damit zur) Strafmilderung (§§ 17, 49
StGB) führen. Direkter V. ist gegeben, wenn der Täter die seine Tat
unmittelbar betreffende Verbotsnorm (z. B. § 212 StGB) nicht kennt,
sie für ungültig hält oder infolge unrichtiger Auslegung zu
Fehlvorstellungen über ihren Geltungsbereich gelangt und aus diesem
Grund sein Verhalten als rechtlich zulässig ansieht. Indirekter V.
(→Erlaubnisirrtum, z. T. auch →Erlaubnistatbestandsirrtum) ist der
Irrtum über das Verbotensein der Tat trotz Vorhandensein des
Tatbestandsvorsatzes. (Der Täter weiß z. B., dass Töten verboten ist,
glaubt aber irrtümlich an das Eingreifen eines
→Rechtfertigungsgrunds.)
Lit.: Tischler, W., Verbotsirrtum und Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale, 1984; Herzberg,
R./Hardtung, B., Grundfälle zur Abgrenzung, JuS 1999, 1073; Ries, G., Die Vermeidbarkeit des
Verbotsirrtums, 2000
verbrauchbar (Adj.) aufbrauchbar
verbrauchbare Sache →Sache, verbrauchbare
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu
einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer
selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (§ 13
BGB). Der Europäische Gerichtshof legt für den Verbraucherschutz
als Leitbild den durchschnittlich unterrichteten, aufmerksamen und
verständigen Durchschnittsverbraucher zugrunde. Der V. muss vor
einer unangemessenen Benachteiligung durch allgemeine →
Geschäftsbedingungen besonders geschützt werden (§§ 305ff. BGB,
z. B. Schutz dagegen, dass Telefonwertkarten nur mit zeitlich
beschränkter Gültigkeitsdauer verkauft werden).
Lit.: Reich, N./Micklitz, H., Europäisches Verbraucherrecht, 4. A. 2003; Kilian, B., Der
Verbraucherbegriff in der Europäischen Union, Diss. jur. Augsburg 1998; Niemöller, S., Das
Verbraucherleitbild, 1999
Verbraucherdarlehen (§§ 491ff. BGB) ist das entgeltliche Darlehen
(Gelddarlehen) zwischen einem →Unternehmer als Darlehensgeber
und einem →Verbraucher als Darlehensnehmer mit Ausnahme
besonders genannter Verträge (§ 491 II BGB, beachte auch § 491 III
BGB). Das V. bedarf der →Schriftform und muss bestimmte Inhalte
aufweisen (§ 492 BGB). Andernfalls ist es nach § 494 BGB nichtig.
Der Darlehensnehmer hat ein →Widerrufsrecht (§ 495 BGB). Die
Gesamtfälligstellung bei →Teilzahlungsdarlehen ist nur gemäß § 498
BGB möglich.
Verbraucherinsolvenz (§§ 304ff. InsO) ist die →Insolvenz des
→Verbrauchers. Im Verbraucherinsolvenzverfahren muss der
→Schuldner mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über sein Vermögen eine Bescheinigung einer geeigneten Person oder
Stelle vorlegen, aus der sich ergibt, dass eine außergerichtliche
Einigung mit seinen Gläubigern über eine Schuldenbereinigung auf
der Grundlage eines Insolvenzplans innerhalb der letzten sechs
Monate gescheitert ist. Erforderlich sind weiter ein
Vermögensverzeichnis, ein Schuldenverzeichnis und ein
Schuldenbereinigungsplan. Ist ein Verfahren über den
Schuldenbereinigungsplan gescheitert, kann das
Verbraucherinsolvenzverfahren weitergeführt werden. Sein
vorrangiges Ziel ist die →Restschuldbefreiung des redlichen
Schuldners.
Lit.: Hoffmann, H., Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung, 2. A. 2002;
Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung, hg. v. Neuner, M./Raab, G., 2001; Hess,
H./Obermüller, M., Insolvenzplan, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz, 3. A. 2003;
Pape, G., Die Entwicklung des Verbraucherinsolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens im
Jahre 2002, NJW 2003, 2951
Verbraucherkredit ist die entgeltliche Kreditgewährung eines
gewerblich oder beruflich tätigen Kreditgebers an einen Verbraucher.
→ Verbraucherdarlehensvertrag, →Kreditvertrag,
Kreditvermittlungsvertrag
Lit.: Bülow, P., Sittenwidriger Konsumentenkredit, 3. A. 1997; Bülow, P., Verbraucherkreditrecht
im BGB, NJW 2002, 1145
Verbraucherkreditgesetz ist das am 1. 1. 1991 in Kraft getretene,
u. a. das Abzahlungsgesetz von 1894 ablösende zum 1. 1. 2002 in das
Bürgerliche Gesetzbuch (§§ 488ff. BGB) eingefügte Gesetz.
Lit.: Bülow, P., Verbraucherkreditrecht (Heidelberger Kommentar zum Verbraucherkreditgesetz),
5. A. 2002
Verbraucherschutz ist der Schutz des Verbrauchers vor rechtlicher
Benachteiligung durch Hersteller oder Kreditgeber (u. a. §§ 474ff.
BGB).
Lit.: Pützhoven, A., Europäischer Verbraucherschutz, 2001; Dilger, P., Verbraucherschutz bei
Vertragsabschlüssen im Internet, 2002; Borchert, G., Verbraucherschutzrecht, 2. A. 2003
Verbraucherschutzgesetz ist das dem Verbraucherschutz dienende
Gesetz (z. B. Haustürgeschäftswiderrufsgesetz,
Verbraucherkreditgesetz, Teilzeitwohnrechtsgesetz, Fernabsatzgesetz,
Fernunterrichtsgesetz usw., vgl. §§ 474ff. BGB).
Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) ist der Kauf eines beweglichen
Guts von einem Unternehmer durch den Verbraucher. Ausgenommen
ist der Kauf gebrauchter Sachen in einer öffentlichen Versteigerung,
an der der Verbraucher persönlich teilnehmen kann. Der Verbraucher
wird durch das Verbot verschiedener abweichender Vereinbarungen,
durch Beweislastumkehr für binnen sechs Monate nach
Gefahrübergang auftretende Sachmängel, Sonderbestimmungen für
Garantien und einiges Andere besonders geschützt (§§ 475ff. BGB).
Lit.: Staudenmeyer, D., Die EG-Richtlinie über den
Verbrauchsgüterkauf, NJW 1999, 2393
Verbrauchsteuer ist die →Steuer auf den →Verbrauch von Gütern
(z. B. Tabaksteuer, i. w. S. auch Umsatzsteuer).
Lit.: Müller, D., Struktur, Entwicklung und Begriff der Verbrauchsteuern, 1997; Peters,
M./Bongartz, M./Schröer-Stallenberg, S., Verbrauchsteuerrecht, 2. A. 2000
Verbrechen ist im weiteren Sinn das vom →Tatbestand des
→Strafgesetzes in seinen Merkmalen festgelegte, mit Strafe bedrohte
Unrecht, für das der Täter einen Schuldvorwurf verdient. Im engeren
Sinn (§ 12 I StGB) ist V. die rechtswidrige Tat, die im Mindestmaß
mit →Freiheitsstrafe von einem Jahr und darüber bedroht ist (z. B.
§ 146 StGB, Geldfälschung, § 154 I StGB, Meineid, § 177 I StGB,
sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, § 211 StGB, Mord, § 212 StGB,
Totschlag usw.), wobei qualifizierte Tatbestände, privilegierte
Tatbestände und Sondertatbestände eigenständig zu betrachten sind.
Insofern steht das V. in Gegensatz zum →Vergehen. Der →Versuch
eines Verbrechens ist stets strafbar (§ 23 I StGB). Die versuchte
Anstiftung zu einem V. ist strafbar (§ 30 I StGB). Bei einem V. kann
nicht von der Verfolgung abgesehen werden und kann kein
→Strafbefehl ergehen. Bei einem V. ist stets Verteidigung durch einen
Rechtsanwalt notwendig.
Lit.: Schmidhäuser, E., Verbrechen und Strafe, 2. A. 1996; Lesch, H., Der Verbrechensbegriff, 1999
Verdacht →Tatverdacht
Lit.: Schulz, L., Normiertes Misstrauen, 2001
Verdächtigter ist, wer unter dem Verdacht steht, eine mit →Strafe
bedrohte →Handlung begangen zu haben. Der Verdächtigte wird zum
→Beschuldigten, sobald gegen ihn ein Ermittlungsverfahren
eingeleitet wird. Bis dahin kann der Verdächtigte als →Zeuge
vernommen werden.
Verdächtigung ist die Äußerung oder Begründung eines →Verdachts.
Falsche V. begeht (§ 164 BGB), wer einen andern bei einer →Behörde
oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder
einer Dienstpflichtverletzung in der Absicht verdächtigt, behördliche
Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. Die
falsche V. kann auch durch Verschweigung einer Tatsache bei einer
sonst wahrheitsgemäßen Anzeige erfolgen (vgl. OLG Brandenburg,
NJW 1997, 141). Die falsche V. wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wegen politischer V. (§ 241a
StGB) ist strafbar, wer einen andern durch eine Anzeige oder V. der
Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und
hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch
Gewaltmaßnahmen oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder
Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seiner beruflichen oder
wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden. Die
politische V. wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.
Lit.: Langer, W., Die falsche Verdächtigung, 1973
Verdienst (M.) Lohn
Lit.: Jahnke, J., Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, 2000
Verdikt (N.) Wahrspruch, Urteil
Verdingung ist die Vergabe von Arbeiten oder Lieferungen durch
Ausschreibung.
Verdingungsordnung → Vergabe- und Vertragsordnung
Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) (ausgenommen Bauleistungen) ist die
Verwaltungsvorschrift über die bei der Vergabe von öffentlichen Leistungsaufträgen geltenden
Grundsätze.
Lit.: Daub, W./Meierrose, R., Kommentar zur VOL-B, hg. v. Eberstein, H., 5. A. 2002; Daub,
W./Eberstein, H., Kommentar zur VOL/A, 5. A. 2000; Schaller, H., Verdingungsordnung für
Leistungen, 3. A. 2004
Verdunklungsgefahr (§ 112 II Nr. 3 StPO) ist der dringende
→Verdacht, dass der Verdächtige im Fall der Nichtverhaftung auf die
Integrität der →Beweismittel unlauter einwirken wird und dass
deshalb die →Gefahr droht, dass die →Ermittlung der Wahrheit
erschwert werde(, weshalb die V. ein →Haftgrund ist).
Vereidigung (z. B. § 478ff. ZPO) ist die Ablegung bzw. Abnahme
eines Eides zur Bekräftigung einer Aussage durch einen →Eid. Die V.
kann jeden Menschen betreffen, der einen Beitrag leistet, der für die
Wahrheitsfindung bedeutsam ist. Die V. erfolgt durch das →Gericht.
Bei ihr schwört der Vereidigte, die Wahrheit zu sagen. Die vorsätzlich
falsche Aussage entgegen dem Eid ist als →Meineid strafbar (§ 154
StGB).
Lit.: Park, T., Die Vereidigung von Zeugen im Strafprozess, JuS 1998, 1039
Verein ist im Verfassungsrecht (Art. 9 GG) der Zusammenschluss
mehrerer →Personen. Die Freiheit, einen V. zu bilden, ist durch die
Verfassung ebenso gewährleistet wie die Freiheit, einem V. nach
Belieben fernzubleiben (→Vereinigungsfreiheit). Im Verwaltungsrecht
(§ 2 VereinsG) ist V. die Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit von
Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig
und mit dem Ziel organisierter Willensbildung zusammengeschlossen
hat. Im Privatrecht ist V. eine auf eine gewisse Dauer berechnete
Personenvereinigung mit körperschaftlicher Verfassung, die als
einheitliches Ganzes gedacht wird, daher einen Gesamtnamen führt
und im Bestand vom Wechsel der →Mitglieder unabhängig ist (in
Deutschland 1980 rund 180000 eingetragene Vereine, 2001 rund
544700 eingetragene Vereine in rund 600 Vereinsregistern, davon
215439 Sportvereine, 95044 Freizeitvereine, 72350 sozial-karitative
Vereine und 61983 kulturelle Vereine). Der V. kann entweder
→rechtsfähig (eingetragen, juristische →Person) sein oder
nichtrechtsfähig (nicht eingetragen). Der (rechtsfähige,)
nichtwirtschaftliche V. (Idealverein) erlangt Rechtsfähigkeit durch
→Eintragung in das →Vereinsregister des zuständigen →Amtsgerichts
(§ 21 BGB), der (rechtsfähige,) wirtschaftliche V. entweder nach den
besonderen Vorschriften (z. B. AktG, System der
Normativbestimmungen) oder durch staatliche Verleihung (§ 22
BGB, Konzessionssystem). Für die Annahme eines wirtschaftlichen
Geschäftsbetriebs reichen dabei von den Mitgliedern des Vereins
angestrebte wirtschaftliche Vorteile allein nicht aus. Voraussetzungen
der Eintragung des Vereins sind eine schriftliche →Satzung mit
bestimmten unerlässlichen und weiteren angestrebten Bestimmungen
(§§ 57f. BGB), Mindestmitgliederzahl von 7 Personen (§ 56 BGB)
und Anmeldung durch alle Vorstandsmitglieder in öffentlich
beglaubigter Form (§ 59 BGB). Vor der Eintragung erfolgt eine
Überprüfung durch das Amtsgericht und die untere
→Verwaltungsbehörde. →Organe des Vereins sind (dann)
→Mitgliederversammlung und →Vorstand (§§ 32, 26 BGB). Nach § 31
BGB ist der V. für einen →Schaden verantwortlich, den der Vorstand,
ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig
berufener →Vertreter einem Dritten durch eine in Ausführung der ihm
zustehenden Verrichtung begangene, zum Schadensersatz
verpflichtende →Handlung zugefügt hat. Der nichtrechtsfähige V.
unterscheidet sich vom rechtsfähigen V. durch das Fehlen der
→Rechtsfähigkeit. Nach § 54 S. 1 BGB sollen auf ihn die Vorschriften
über die →Gesellschaft Anwendung finden, doch wird diese
→Verweisung allgemein als verfehlt angesehen und weitestgehend das
Recht des rechtsfähigen V. auch auf den nichtrechtsfähigen V.
angewandt. Die Haftung der Mitglieder aus Rechtsgeschäften ist
regelmäßig stillschweigend auf den Anteil am Vereinsvermögen
beschränkt. Der Vorstand ist nur zur Vertretung des Vereins
ermächtigt, nicht auch zur Vertretung der Vereinsmitglieder.
Lit.: Stöber, K., Handbuch zum Vereinsrecht, 8. A. 2000; Der eingetragene Verein, hg. v. Sauter,
E./Schweyer, G./Waldner, W., 17. A. 2001; Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, hg. v.
Reichert, B. u. a., 9. A. 2003; Märkle, R., Der Verein im Zivil- und Steuerrecht, 10. A. 2000;
Burhoff, D., Vereinsrecht, 5.
A. 2002; Schleder, H., Steuerrecht der Vereine, 5. A. 2000; Ott, S.,
Vereine gründen, 9. A. 2002; Grundmann, C., Das fast vergessene
öffentliche Vereinsrecht, 1999; Wagner, J., Der europäische Verein,
2000; Troll/Wallenhorst, R./Halaczinsky, R., Die Besteuerung
gemeinnütziger Vereine und Stiftungen, 4. A. 2000
Vereinbarung (F.) Vertrag
Vereinbarungsdarlehen ist das →Darlehen oder Sachdarlehen, das
dadurch entsteht, dass der →Schuldner, der dem →Gläubiger →Geld
oder andere vertretbare →Sachen schon aus einem andern Grund
schuldet, mit diesem nachträglich vereinbart, dass das Geld oder die
Sachen als Darlehen oder Sachdarlehen geschuldet werden sollen.
Vereinigte Staaten von Amerika (USA) sind ein aus ehemaligen
Kolonien vor allem Englands und Frankreichs 1776/83 erwachsener
Bundesstaat. Dessen Recht ist als Folge der Herkunft aus englischen
Kolonien und des bedeutenden Anteils britischer Siedler seit dem 19.
Jh. weitgehend →Fallrecht, doch finden sich auch Teilkodifikationen.
Die Verfassung stammt vom 17. 9. 1787 und wurde zum 21. 6. 1788
in Kraft gesetzt.
Lit.: Blumenwitz, D., Einführung in das angloamerikanische Recht, 7. A. 2003; Brugger, W.,
Einführung in das öffentliche Recht der USA, 2. A. 2001; Linneweber, A., Einführung in das USamerikanische Verwaltungrecht, 1994; Köbler, G., Rechtsenglisch, 5. A. 2001; Hay, P., USAmerikanisches Recht, 2. A. 2002; Assmann, H./Bungert, H., Handbuch des US-amerikanischen
Handels-, Gesellschafts- und Wirtschaftsrechts, 2001; Byrd, B., Einführung in die angloamerikanische Rechtssprache, 2. A. 2001; Dietl, C./Lorenz, E., CD-Wörterbuch für Recht,
Wirtschaft und Politik, 2002; Hay, P., Law of the United States, 2002; Schack, H., Einführung in
das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 3. A. 2003
Vereinigung (Art. 9 I GG) ist im Verfassungsrecht der →Verein und
die →Gesellschaft, ausgenommen die öffentlich-rechtliche
→Körperschaft. Es besteht →Vereinigungsfreiheit. Vereinigungen,
deren Zweck oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen
oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den
Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten. Kriminelle
V. (§ 129 StGB) ist die auf die Begehung von Straftaten gerichtete V.
Wer eine kriminelle V. gründet oder unterstützt, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Auch
die Gründung einer terroristischen V. oder die Beteiligung an ihr als
Mitglied ist strafbar (§ 129a StGB).
Lit.: Piepenstock, W., Politische Vereinigungen unter dem Grundgesetz, 1971; Scheiff, B., Wann
beginnt der Strafrechtsschutz gegen kriminelle Vereinigungen?, 1997
Vereinigungsfreiheit (Art. 9 I GG) ist im Verfassungsrecht die
→Freiheit aller Deutschen, →Vereinigungen zu bilden (positive V.).
Über die Gründungsfreiheit hinaus ist dadurch auch die
Betätigungsfreiheit geschützt. Umgekehrt enthält Art. 9 I GG negativ
die Freiheit, Vereinigungen fern zu bleiben (negative V.).
Lit.: Scholz, R., Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971; Murswiek, D., Grundfälle zur
Vereinigungsfreiheit – Art. 9 I, II GG, JuS 1992, 116
Vereinsfreiheit →Vereinigungsfreiheit
Vereinshaftung →Verein
Vereinsregister (z. B. §§ 21, 55 BGB) ist das öffentliche, von den
→Amtsgerichten geführte →Register, in das die rechtsfähigen,
nichtwirtschaftlichen →Vereine eingetragen werden. →Vereinssache
Lit.: Keidel/Schmatz/Stöber, Registerrecht; Baldus, L., Registerrecht, 2. A. 1982
Vereinssache ist die den →Verein betreffende Angelegenheit.
→Vereinsregister
Vereinte Nationen (UNO) ist der Zusammenschluss der →Staaten der
Welt (1999 188 Mitglieder) zum Zweck der Wahrung des
Weltfriedens und der internationalen Sicherheit durch
Kollektivmaßnahmen (UN-Charta vom 26. 6. 1945, Inkrafttreten am
24. 10. 1945 für 51 Mitgliedstaaten). Grundlage der Vereinten
Nationen ist ihre Satzung. Organe der Vereinten Nationen sind
Vollversammlung, →Sicherheitsrat und →Generalsekretär. Für
zahlreiche Teilaufgabenbereiche bestehen Sonderorganisationen
(z. B. →UNESCO). Bis zum Jahr 2000 haben die Vereinten Nationen
rund 500 internationale Vereinbarungen begründet.
Lit.: Handbuch der Vereinten Nationen, hg. v. Wolfrum, R., 2. A. 1991; Charta der Vereinten
Nationen. Kommentar, hg. v. Simma, B. u. a., 1991; Rosenwick, N., Die Organisation der Vereinten
Nationen, JuS 1994, 1000; The Charter of the United Nations, hg. v. Simma, B. u. a., 2. A. 2002;
Lexikon der Vereinten Nationen, hg. v. Volger, H., 2000; Unser, G., Die UNO, 7. A. 2004
Verfahren ist die Art und Weise der Bewältigung einer Aufgabe oder
eines Vorhabens. Insbesondere erfolgt das Vorgehen der
→Verwaltung im besonderen Verwaltungsverfahren. Im engeren Sinn
ist V. das Entscheidungsverfahren der →Gerichte über eine
→Rechtsstreitigkeit. Dabei werden verschiedene Arten des Verfahrens
unterschieden. Eine Art der Unterscheidung gründet sich auf die
verschiedenen Rechtswege, in denen Rechtsstreitigkeiten ausgetragen
werden (z. B. →Zivilverfahren, →Strafverfahren,
→Verwaltungsstreitverfahren u. a.). Weiter wird oft zwischen
→Vorverfahren (z. B. Ermittlungsverfahren), →Erkenntnisverfahren
und →Vollstreckungsverfahren getrennt. Schriftliches V. ist das
ausschließlich schriftlich, mündliches V. das grundsätzlich mündlich
durchgeführte V. Objektives V. ist das nicht auf die Verurteilung
eines Menschen gerichtete V. (z. B. §§ 440ff. StPO). Beschleunigtes
V. ist das besonders rasch durchgeführte, auf einzelne Förmlichkeiten
verzichtende V. in einfacheren Angelegenheiten (z. B. §§ 417ff.
StPO).
Lit.: Roßnagel, A., Verfahrensfehler ohne Sanktion?, JuS 1994, 927; Leipold, D., Vereinfachung
und Beschleunigung des Rechtsschutzes durch summarische Verfahren, 1998; Schlüchter, E.,
Herausforderung Beschleunigtes Verfahren, 1999
Verfahrensgebühr
Verfahrensgrundsatz ist das allgemeine Prinzip der Durchführung
eines →Verfahrens (z. B. →Öffentlichkeit, →Mündlichkeit,
→Unmittelbarkeit, →Verhandlungsgrundsatz, →Verfügungsgrundsatz,
→Untersuchungsgrundsatz und rechtliches →Gehör).
Verfahrenspflegschaft ist die (nach den §§ 50, 56f, 67, 70b FGG
vorgesehene) →Pflegschaft für einzelne →Verfahren.
Lit.: Bienwald, W., Verfahrenspflegschaft, 2002
Verfahrensrecht ist die Gesamtheit der das →Verfahren betreffenden
Rechtssätze. Das V. ist grundsätzlich öffentliches →Recht. Es ist
formelles Recht. Das gerichtliche V. ist vor allem im
Gerichtsverfassungsgesetz, der →Zivilprozessordnung, der
→Strafprozessordnung, der →Verwaltungsgerichtsordnung und
weiteren Prozessordnungen geregelt. Für das (außergerichtliche)
Verwaltungsverfahrensrecht gelten die
→Verwaltungsverfahrensgesetze des →Bundes und der →Länder.
Lit.: Grunsky, W., Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. A. 1974; Internationales Privat- und
Verfahrensrecht, hg. v. Jayme, E./Hausmann, R., 11. A. 2002
Verfahrensverschleppung →Prozessverschleppung
Verfall ist der Verlust eines Rechts ohne Willen des Berechtigten. Im
Strafrecht (§§ 73ff. StGB) kann der V. eines aus einer →Straftat
erwachsenen Vermögensvorteils angeordnet werden, wobei ein
Dritter den Vorteil dann nicht durch die Tat erlangt hat, wenn er mit
dem Täter ein makelloses entgeltliches Rechtsgeschäft geschlossen
hat. Dieser V. ist keine Strafe, sondern eine Prävention bezweckende
Maßnahme eigener Art. Im Privatrecht wird verschiedentlich der V.
für den Fall der →Nichterfüllung einer →Verpflichtung vereinbart (vgl.
→Verfallsklausel, →Verfallspfand). Im Wechselrecht ist V. des
Wechsels die Fälligkeit.
Lit.: Husberg, W., Verfall bei Bestechungsdelikten, 1999
Verfallspfand (Verfallpfand) (§ 1229 BGB) ist das →Pfand, bei dem
vereinbart ist, dass dem →Pfandgläubiger, falls er nicht oder nicht
rechtzeitig befriedigt worden ist, das →Eigentum an der Sache
zufallen oder übertragen werden soll. Die Vereinbarung einer
derartigen Rechtsfolge vor dem Eintritt der Verkaufsberechtigung ist
zum Schutz des Pfandschuldners nach geltendem Recht Deutschlands
nichtig. Grundsätzlich ist das Pfand Verkaufspfand.
Verfallsklausel ist die Vereinbarung zwischen →Schuldner und →Gläubiger, dass der Schuldner bei
→Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung einer Verpflichtung seine Rechte verliert.
Verfassung ist der Zustand oder die Grundordnung einer
Gegebenheit oder einer →Körperschaft, insbesondere des →Staats,
wobei soziologisch jede Körperschaft eine tatsächliche V. hat. Im
Verfassungsrecht ist formelle V. ein in besonderer Form zustande
gekommenes →Gesetz (Verfassungsurkunde), das nur auf
bestimmtem, vorgeschriebenem Weg und mit bestimmten
vorgegebenen Kräften (z. B. Mehrheiten) geändert werden darf und
daher eine erhöhte Bestandsgewähr in sich trägt. Materielle V. ist
dagegen die Gesamtheit der Regeln über die Leitung des Staats, die
Bildung und den Aufgabenkreis der obersten →Staatsorgane, die
grundlegenden Staatseinrichtungen und die Stellung des →Bürgers im
Staat. Formelle V. und materielle V. entsprechen sich weitgehend,
aber nicht vollständig (z. B. ungeschriebene Zuständigkeit z. B. aus
der Natur der Sache). Formelle Verfassungen gibt es nach allgemeiner
Ansicht seit 1776 (Virginia Bill of Rights). Obwohl in den meisten
Staaten der Gegenwart formelle Verfassungen geschaffen worden
sind, ist die formelle V. nicht Voraussetzung eines Staats (vgl. z. B.
Großbritannien). →Grundgesetz
Lit.: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG; Verfassungen der deutschen Bundesländer, 7. A. 2001; Die
Verfassungen der EG-Mitgliedstaaten, hg. v. Kimmel, A., 5. A. 2000; Thieme, W., Die Verfassungen
Europas, 1997; Die Verfassungen der neuen Bundesländer, hg. v. Vitzthum, W. Graf, 2. A. 1997;
Die Verfassungen Mittel- und Osteuropas, hg. v. Roggemann, H., 1999; Die Entstehung einer
europäischen Verfassungsordnung, hg. v. Schwarze, J., 2000; Häberle, P., Europäische
Verfassungslehre, 2002
verfassunggebend (Adj.) eine formelle Verfassung schaffend
verfassunggebende Gewalt →Gewalt, verfassunggebende
Verfassungsänderung ist im Verfassungsrecht die Abänderung der
→Verfassung, insbesondere der Verfassung im formellen Sinn. Nach
Art. 79 I GG kann das →Grundgesetz nur durch ein →Gesetz geändert
werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder
ergänzt. Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln
der Mitglieder sowohl des →Bundestags wie auch des →Bundesrats
(Art. 79 II GG). Unzulässig ist nach Art. 79 III GG eine Änderung,
durch welche die Gliederung des →Bunds in →Länder, die
grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der →Gesetzgebung oder
die in den Artikeln 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt
werden.
Verfassungsauslegung ist die →Auslegung der →Verfassung.
Lit.: Starck, C., Praxis der Verfassungsauslegung, 1994
Verfassungsbeschwerde ist die verfassungsrechtliche Möglichkeit,
das →Verfassungsgericht zum Schutz eines dem Beschwerdeführer
nach seiner Ansicht zustehenden →Rechts anzurufen. Nach Art. 93 I
Nr. 4a GG kann jedermann eine V. bei dem
→Bundesverfassungsgericht mit der Behauptung erheben, er sei durch
die öffentliche →Gewalt (→Gesetzgebung, →Rechtsprechung,
→Verwaltung) in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in
Artikel 20 IV, 33, 38, 101, 103 und 104 GG enthaltenen Rechte
verletzt worden. Diese V. ist ein in den §§ 13 Nr. 8a, 90ff. BVerfGG
näher geregelter →Rechtsbehelf. Sie ist innerhalb eines Monats zu
erheben und zu begründen (§ 93 I 1 BVerfGG). Sie kann sich vor
allem gegen →Gesetze, →Urteile und →Verwaltungsakte richten, setzt
aber grundsätzlich die Erschöpfung des →Rechtswegs voraus (§ 90 II
BVerfGG, bis 31. 12. 1999 wurden 75140 V. eingelegt, davon 1986
2935, 1992 4214, 1999 knapp 5000, davon 2,6% erfolgreich), wobei
im Zivilprozessrecht der Rechtsweg nicht erschöpft ist, wenn das
Revisionsgericht den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverweist.
Seit 1993 ist eine V. nur noch dann zur Entscheidung anzunehmen,
wenn ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt
oder die Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte angezeigt ist
(§ 93a II BVerfGG). Eine aus drei Richtern bestehende Kammer
entscheidet die offensichtlich unbegründete und die offensichtliche
begründete V. endgültig und legt die übrigen
Verfassungsbeschwerden dem Senat vor. 1998 entschied das
Bundesverfassungsgericht über eine V., die der Beschwerdeführer
bereits zurückgenommen hatte. Außerdem schloss es eine V. wegen
Verletzung der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl in den
Ländern wegen Vorrangs der Artt. 28 I 2, 38 I 1 GG aus.
Lit.: Dörr, D., Die Verfassungsbeschwerde in der Prozesspraxis, 2. A. 1997; Düwel, M.,
Kontrollbefugnisse des Bundesverfassungsgerichts bei Verfassungsbeschwerden gegen gerichtliche
Entscheidungen, 2000; Clausen, H., Landesverfassungsbeschwerde und Bundesstaatsgewalt, 2000;
Kreuder, T., Praxisfragen zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde, NJW 2001, 1243; KleineCosack, M., Verfassungsbeschwerden und Menschenrechtsbeschwerde, 2001
Verfassungsfeind ist der (aktive) Gegner der jeweils geltenden
→Verfassung. Gegen verfassungsfeindliche Tätigkeiten können
staatliche Abwehrmaßnahmen zulässig und erforderlich sein. Im
Strafrecht sind einzelne verfassungsfeindliche Verhaltensweisen, die
als verfassungswidrig angesehen werden, mit →Strafe bedroht worden
(z. B. §§ 84ff. StGB).
Verfassungsgericht (z. B. Art. 93 GG) ist das für
Verfassungsstreitigkeiten (z. B. →Verfassungsbeschwerde,
→Normenkontrolle) zuständige →Gericht des →Bundes
(→Bundesverfassungsgericht) oder eines Landes (z. T. als
Staatsgerichtshof, Verfassungsgerichtshof, V. bezeichnet). Das V. ist
Teil der rechtsprechenden →Gewalt. Seine Organisation und sein
Verfahren sind in der Verfassung und in besonderen Gesetzen (z. B.
Bundesverfassungsgerichtsgesetz) geregelt. Ist die Verletzung eines
Grundrechts durch eine Landesbehörde (z. B. Landesgericht) unter
Berufung auf gleichlautende Grundrechte der Bundesverfassung und
der Landesverfassung (z. B. Hessen) vor dem
Bundesverfassungsgericht und dem Landesverfassungsgericht
behauptet, ist zur Vermeidung abweichender Entscheidungen das
Bundesverfassungsgericht in erster Linie zur Entscheidung berufen.
Lit.: Schlaich, K./Korioth, S., Das Bundesverfassungsgericht, 6. A. 2004; Richter, I./Schuppert,
F./Bumke, C., Casebook Verfassungsrecht, 4. A. 2001; Fleury, R., Verfassungsprozessrecht, 4. A.
2001
Verfassungsgeschichte ist die Beschäftigung mit den vergangenen
→Verfassungen. Sie ist, soweit die Verfassung Teil des jeweils
geltenden Rechts ist, ein Bestandteil der →Rechtsgeschichte. Sie
umfasst im Grundsatz und deshalb auch in der tatsächlichen
Ausführung der Darstellung meistens nicht nur die Geschichte der
formellen Verfassungen, sondern auch der materiellen Verfassungen.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Menger, Verfassungsgeschichte; Waitz, G., Deutsche
Verfassungsgeschichte Bd. 1ff. Neudruck 1953ff.; Huber, E., Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd.
1ff. versch. A. 1967ff.; Hartung, F., Deutsche Verfassungsgeschichte vom 15. Jahrhundert bis zur
Gegenwart, 9. A. 1969; Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 4. A. 2001; Zippelius, R.,
Kleine deutsche Verfassungsgeschichte, 6. A. 2002; Frotscher, W./Pieroth, W.,
Verfassungsgeschichte, 4. A. 2003
Verfassungsgrundsatz ist der für die →Verfassung wesentliche
Grundsatz (z. B. die →Gewaltenteilung, die Durchführung von
→Wahlen, die →Bindung von (Gesetzgebung,) Verwaltung und
Rechtsprechung an →Gesetz und →Recht (Art. 20 GG), die Gliederung
des Staats in →Länder, die Garantie von →Grundrechten u. a. m).
verfassungskonform (Adj.) der Verfassung entsprechend
verfassungskonforme Auslegung →Auslegung,
verfassungskonforme
verfassungmäßig (Adj.) der Verfassung entsprechend
verfassungsmäßige Ordnung →Ordnung, verfassungmäßige
verfassungsmäßiger Vertreter →Vertreter, verfassungsmäßiger
Verfassungsorgan ist das in der →Verfassung zum Handeln für den
Staat bestimmte →Organ. In der Verfassung des →Bundes sind V. vor
allem der →Bundestag, der →Bundesrat, der →Bundespräsident, die
→Bundesregierung, die →Bundesgerichte und der
→Bundesrechnungshof. Daneben üben die →Parteien bei der
Beteiligung an den Parlamentswahlen Funktionen eines
Verfassungsorgans aus (str.).
Lit.: Maunz/Zippelius, Staatsrecht
Verfassungsprinzip →Verfassungsgrundsatz
Verfassungsprozess →Verfassungsgericht
Verfassungsrecht ist die Gesamtheit der die →Verfassung
betreffenden →Rechtssätze. Das V. ist ein Teil des öffentlichen
Rechts. Formelles V. sind alle in die Verfassungsurkunde
aufgenommenen Rechtssätze, materielles V. alle die Grundordnung
der Gemeinschaft betreffenden Rechtssätze. →Staatsrecht
Lit.: Hesse, Verfassungsrecht; Sartorius, C., Verfassungs- und Verwaltungsgesetze, 73. A. 2003;
Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, 2. A. 1994; Richter, I./Schuppert, F.,
Casebook Verfassungsrecht, 3. A. 1996; Häberle, P., Gemeineuropäisches Verfassungsrecht, 1997;
Wolff, H., Ungeschriebenes Verfassungsrecht, 1999; Ende, M., Entwicklungslinien des
europäischen Verfassungsrechts, 1999; Verfassungsrechtsprechung, hg. v. Menzel, J., 2000; Bethge,
H., Verfassungsrecht, 2001
Verfassungsschutz (Art. 73 Nr. 10b GG) ist der Schutz der
freiheitlichen demokratischen →Grundordnung, des Bestands und der
Sicherheit des →Bundes oder eines →Landes. Dazu kommt der Schutz
vor ungesetzlichen Beeinträchtigungen der Amtsführung von
Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines
Landes sowie gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche
Tätigkeit für eine fremde Macht und gegen Bestrebungen, die durch
Gewalt auswärtige Belange der →Bundesrepublik gefährden (§ 3
BVfSchutzG). Der V. erfolgt auf verwaltungsrechtlicher,
verfahrensrechtlicher und strafrechtlicher Ebene.
Verwaltungsrechtlich werden das →Bundesamt für V., die
Landesämter für V. – zur Sammlung und Auswertung von
Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen – sowie die
→Polizei tätig. Verfassungsverfahrensrechtlich ist das
Bundesverfassungsgericht für die Entscheidung über eine
→Verwirkung von →Grundrechten (Art. 18 GG) und über die
Verfassungswidrigkeit einer →Partei (Art. 21 GG) zuständig.
Strafrechtlich wird die Verfassung vor allem durch die §§ 81ff.,
105ff. StGB geschützt.
Lit.: Nordbruch, C., Der Verfassungsschutz, 1999; Bundesamt für Verfassungsschutz, 2000
Verfassungsstreitigkeit →Streitigkeit, verfassungsrechtliche
Verfassungsvorbehalt →Grundrechtsschranke
Verfassungswidrigkeit ist der Widerspruch zur →Verfassung. Im
Verfassungsrecht kann insbesondere ein →Rechtssatz wegen
Verletzung einer Verfassungsvorschrift verfassungswidrig sein. Die
V. kann formeller Art (z. B. fehlende Gesetzgebungszuständigkeit)
oder materieller Art (z. B. Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz) sein.
Die V. einer →Norm ist im Wege der →Normenkontrolle zu
überprüfen.
Verfolgung →Ermittlung, Legalitätsprinzip
Verfrachter (§ 556 HGB) ist der durch Seefrachtvertrag
Güterbeförderung Übernehmende.
Verfügung ist die anordnende Bestimmung. Im Verwaltungsrecht
(§ 35 VwVfG) ist V. der Verwaltungsakt, der ein →Gebot oder
→Verbot ausspricht (z. B. Polizeiverfügung, →Allgemeinverfügung).
Dabei ist die bloß wiederholte V. kein eigener Verwaltungsakt. Im
Verfahrensrecht ist V. die vom →Vorsitzenden, beauftragten Richter
oder ersuchten →Richter erlassene, meist prozessleitende gerichtliche
→Entscheidung. Gegen sie ist regelmäßig Beschwerde möglich.
Einstweilige V. (§§ 935ff. ZPO) ist die zwecks Sicherung eines
Rechts zur vorläufigen Regelung eines Zustands getroffene V. Sie ist
zulässig, wenn zu befürchten ist, dass durch eine Veränderung des
bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts
(Verfügungsanspruch) einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert
werden könnte (§ 935 ZPO) oder wenn die einstweilige Regelung in
Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung
wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder
aus andern Gründen nötig erscheint (Regelungsverfügung, § 940
ZPO) (Verfügungsgrund). Das Gericht bestimmt nach freiem
→Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks
erforderlich sind. Im Übrigen sind grundsätzlich die Vorschriften über
das →Arrestverfahren entsprechend anzuwenden. Im Privatrecht ist V.
das – meist zweiseitige – →Rechtsgeschäft, durch das ein →Recht
unmittelbar geändert, aufgehoben, übertragen oder belastet wird (z. B.
→Übereignung, →Abtretung). Diese V. ist streng zu trennen von der
ihr möglicherweise zugrundeliegenden →Verpflichtung (z. B. →Kauf,
→Forderungskauf). Sie ist ihr gegenüber →abstrakt. Sie ist
grundsätzlich nur wirksam, wenn der Verfügende
→Verfügungsbefugnis hat oder einwilligt oder genehmigt (§ 185
BGB). Andernfalls kommt nur ein gutgläubiger →Erwerb in Betracht.
Letztwillige V. ist im Erbrecht das →Testament. Im Strafrecht (§ 263
StGB) genügt zur V. über →Vermögen jedes unmittelbar
vermögenswirksame Handeln, Dulden oder Unterlassen.
Lit.: Ganslmayer, A., Die einstweilige Verfügung im Zivilverfahren, 1991; Berneke, W., Die
einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 1995; Haedicke, M., Der bürgerlich-rechtliche
Verfügungsbegriff, JuS 2001, 966
Verfügung von Todes wegen ist die für den Fall des →Todes
getroffene →Verfügung. Sie kann →Testament (letztwillige
Verfügung) oder →Erbvertrag sein. Sie ändert das gesetzliche
→Erbrecht ab.
Lit.: Smid, S., Probleme bei der Auslegung letztwilliger Verfügungen, JuS 1987, 283
Verfügungsbefugnis ist die Befugnis (Berechtigung), über ein
→Recht zu verfügen. Die V. steht grundsätzlich dem Inhaber des
Rechts zu. Dessen V. kann aber beschränkt oder beseitigt sein (z. B.
Insolvenz, § 80 InsO, gesetzliches oder gerichtliches
→Veräußerungsverbot, §§ 135f. BGB). Verfügt ein
→Nichtberechtigter, so bedarf seine Verfügung der Zustimmung des
Berechtigten. Ein →gutgläubiger Dritter wird aber vielfach geschützt
(vgl. z. B. §§ 135 II BGB, 366 HGB).
Verfügungsermächtigung ist die →Ermächtigung, im eigenen
Namen über ein Recht des Ermächtigenden zu verfügen. Sie entsteht
durch Einwilligung des Ermächtigenden (vgl. § 185 I BGB).
Verfügungsgegenstand ist der Gegenstand, über den eine
→Verfügung stattfindet oder stattfinden soll.
Verfügungsgeschäft ist das →Rechtsgeschäft, durch das eine
→Verfügung getroffen wird (z. B. →Übereignung, →Abtretung). Auf
Grund des →Abstraktionsprinzips ist das V. streng zu trennen von
dem ihm möglicherweise zugrundeliegenden
→Verpflichtungsgeschäft. Von einem Mangel des
Verpflichtungsgeschäfts wird das V. deshalb grundsätzlich
unmittelbar nicht berührt, doch erfolgt in der Regel ein Ausgleich
über die ungerechtfertigte →Bereicherung.
Verfügungsgrundsatz (Dispositionsmaxime) ist der Grundsatz, dass
die →Parteien über den Gang und den Inhalt des Verfahrens
(→Streitgegenstand) frei verfügen können. Der V. gilt in zahlreichen
Verfahrensarten mit mehr oder minder starken Einschränkungen
(z. B. →Zivilprozess). Den Gegensatz zum V. bildet der
→Amtsbetrieb.
Verfügungsverbot ist das →Verbot, eine →Verfügung vorzunehmen.
Es kann auf →Gesetz (z. B. § 81 InsO) oder hoheitlicher
Einzelanordnung beruhen. Die entgegen einem V. vorgenommene
Verfügung ist in der Regel (relativ) unwirksam. Nach § 135 II BGB
finden aber die Vorschriften zugunsten derer, die Rechte von einem
→Nichtberechtigten herleiten, entsprechende Anwendung.
Lit.: Bülow, P., Grundfragen der Verfügungsverbote, JuS 1994, 1; Berger, C., Rechtsgeschäftliche
Verfügungsbeschränkungen, 1998
Verführung (§ 182 StGB) war früher im Strafrecht die Verleitung
eines Mädchens unter 16 Jahren, mit dem Täter den →Beischlaf zu
vollziehen. Jetzt wird allgemein der sexuelle Missbrauch von
Jugendlichen (unter 16 Jahren) bestraft (§ 182 StGB, Freiheitsstrafe
bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe, Absehen von Strafe möglich). Der
Täter muss das Alter des Opfers (bedingt) kennen.
Vergabe (F.) Ausgabe, Hingabe
Lit.: Leinemann, R., Die Vergabe öffentlicher Aufträge, 1999;
Hertwig, S., Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe, 2. A. 2001; Die
Vergabe, hg. v. Schwarze, J., 2000
Vergaberecht (§§ 97ff. GWB) ist die Gesamtheit der die Vergabe
von Bauaufträgen, Lieferungsaufträgen und Dienstleistungsaufträgen
öffentlicher Auftraggeber betreffenden Rechtssätze, die dem Staat,
seinen Untergliederungen und Institutionen (z. B.
Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen) eine bestimmte
Vorgangsweise (z. B. offenes Verfahren, nichtoffenes Verfahren,
Verhandlungsverfahren) bei der Inanspruchnahme von Leistungen
oder beim Kauf von Gütern am Markt durch einen gegenseitigen
entgeltlichen Vertrag vorschreiben.
Lit.: Vergaberecht, hg. v. Jasper, U./Marx, F., 7. A. 2004;
Kommentar zum Vergaberecht, hg. v. Byok, J. u. a., 2000; Horn, J.,
Public procurement in Germany, 2001; Prieß, J., Handbuch des
europäischen Vergaberechts, 2. A. 2001; Ax, T./Schneider, W./Nette,
A., Handbuch Vergaberecht, 2002; Praxishandbuch Bauvergaberecht,
hg. v. Höfler, H./Bayer, W., 2. A. 2002; Reidt, O./Stickler, T./Glahs,
H., Vergaberecht, 2. A. 2003; Koenig, C./Haratsch, A., Grundzüge
des deutschen und europäischen Vergaberechts, NJW 2003, 2637;
Byok, A., Die Entwicklung des Vergaberechts, NJW 2004, 198
Vergabe- und Vertragsordnung (Verdingungsordnung) für
Bauleistungen (VOB) ist die →Verwaltungsvorschrift über die bei der
Vergabe von öffentlichen Leistungsaufträgen geltenden Grundsätze,
deren innerdienstliche Verbindlichkeit eine unmittelbare
Rechtswirkung nach außen nicht begründet (seit 26. 11. 1993
teilweise Gesetz, 2. 5. 2002 vom Deutschen Vergabe- und
Vertragsausschuss in neuer Fassung beschlossen). Die V. enthält u. a.
(Teil A allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von
Bauleistungen, Teil B) →Geschäftsbedingungen, die ähnlich wie
allgemeine Geschäftsbedingungen behandelt werden, für die
Abwicklung der Leistung. Obwohl sie nur für Bund und Länder
unmittelbar gilt, wirkt die V. vielfach wie eine →Verkehrssitte und
begründet mittelbar Rechtswirkungen (z. B. Ansprüche aus
Verschulden bei Vertragsschluss).
Lit.: VOB/HOAI, hg. v. Werner, U./Pastor, W., 22. A. 2003; Nicklisch, F./Weick, G., Kommentar
zur VOB, Teil B, 3. A. 2001; Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 15. A. 2003; Handkommentar
zur VOB, hg. v. Heiermann, W./Riedl, R./Rusam, M. u. a., 10. A. 2003; Kuß, H., Vergabe- und
Vertragsordnung für Bauleistungen, 4. A. 2003; Winkler, W./Fröhlich, P., Verdingungsverordnung
für Bauleistungen, 12. A. 2001; Dähne, H./Schelle, H., VOB von A-Z, 3. A. 2001; Kapellmann,
K./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 7. A. 1998; Hertwig, S., Praxis der öffentlichen
Auftragsvergabe, 2. A. 2001; Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil A, hg. v. Motzke, G. u.
a., 2001; Franke/Kemper/Zanner u. a. VOB-Kommentar, 2001; Verdingungsordnung für
Bauleistungen Teil C, hg. v. Englert, K. u. a., 2003; Vergabe- und Vertragsordnung für
Bauleistungen Teile A und B, hg. v. Kapellmann, K./Messerschmidt, B., 2003
Vergeltung →Repressalie, Retorsion
Vergesellschaftung →Sozialisierung
Vergewaltigung (Notzucht) (§ 177 II Nr. 1 StGB) ist die durch
Vollziehung des Beischlafs oder die Vornahme ähnlicher sexueller,
besonders erniedrigender, insbesondere mit einem Eindringen in den
Körper verbundener Handlungen erfolgende sexuelle →Nötigung. Die
V. ist ein besonders schwerer Fall von sexueller Nötigung, der mit
Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft wird. Strafbar sind
daneben auch die sexuelle Nötigung und der sexuelle Missbrauch
Widerstandsunfähiger (§§ 178, 179 StGB).
Lit.: Arntzen, F., Die Vergewaltigung aus kriminologischer Sicht, 2. A. 1994
Vergiftung →Körperverletzung.
Lit.: Schiebel, B., Zur Problematik und Reformbedürftigkeit des Tatbestandes der Vergiftung, Diss.
jur. Köln 1995
Vergleich (§ 779 BGB) ist der gegenseitige →Vertrag, durch den der
Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein →Rechtsverhältnis
im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Erforderlich ist
dabei ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis im weitesten Sinn.
Gegenseitiges Nachgeben sind Zugeständnisse irgendeiner Art von
Seiten beider Parteien mit der Begründung, dass auch der Gegner
nachgibt. Der V. kann das Schuldverhältnis modifizieren oder durch
ein anderes ersetzen. Er wird vielfach im Rahmen eines streitigen
Verfahrens abgeschlossen (→Prozessvergleich, protokolliert oder
festgestellt).
Lit.: Duve, C., Mediation und Vergleich, 1998
Vergleichsmiete (§ 558 BGB) ist die Miete für vergleichbare Sachen.
Die ortsübliche V. für Wohnraum wird gebildet aus den üblichen
Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde
für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung,
Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder
geändert worden ist. Der Vermieter von Wohnraum kann
grundsätzlich die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur
ortsüblichen V. verlangen, wenn die Miete seit 15 Monaten
unverändert ist, wobei sich die Miete grundsätzlich innerhalb von drei
Jahren um nicht mehr als 20 vom Hundert erhöhen darf.
Lit.: Hinkelmann, B., Die ortsübliche Miete, 1999
Vergleichsverfahren →Vergleich
Vergütung ist das Entgelt für eine Leistung.
Vergütungsgefahr →Preisgefahr
Verhaftung →Festnahme, vorläufige, Untersuchungshaft
Verhalten ist die willensgesteuerte Lebensäußerung eines Menschen.
Das V. kann in einem →Tun (→Handeln) oder →Unterlassen bestehen.
Es ist Anknüpfungspunkt sehr verschiedener Rechtsfolgen,
insbesondere einer →Strafe oder einer →Schadensersatzpflicht. In der
Rechtssoziologie ist abweichendes V. das den allgemeinen
Erwartungen nicht entsprechende V. Eine besondere Form dieses
abweichenden Verhaltens ist die →Kriminalität als das den in
Strafvorschriften aufgestellten Erwartungen nicht entsprechende V.
Lit.: Münzberg, W., Verhalten und Erfolg, 1966; Bönitz, D., Strafgesetze und Verhaltenssteuerung,
1991
Verhaltenshaftung →Handlungshaftung
Verhältnis ist die Beziehung zwischen mindestens zwei
Gegebenheiten. Partiarisches V. ist die Beziehung zwischen zwei
Personen, auf Grund deren in Verfolgung unterschiedlicher eigener
Interessen die eine Person einen Teil des Erwerbs der andern erhalten
soll (z. B. partiarisches →Darlehen als Hingabe vertretbarer Sachen
gegen einen Anteil an dem mit Hilfe des Darlehens erzielten
Gewinn). →Schuldverhältnis
Verhältnismäßigkeit ist die Angemessenheit eines Verhältnisses. Im
öffentlichen →Recht besagt der Grundsatz der V., dass die
→Verwaltung unter mehreren möglichen und zur Erreichung eines
rechtmäßigen Ziels geeigneten Maßnahmen nur die Maßnahme
wählen darf, die den Betroffenen und die Allgemeinheit am wenigsten
beeinträchtigt (Grundsatz der Erforderlichkeit, Grundsatz der
Anwendung des mildesten Mittels), und dass der von einer
rechtmäßigen Maßnahme zu erwartende Schaden nicht außer
Verhältnis bzw. nicht in grobem Missverhältnis zu dem erstrebten,
rechtmäßigen Erfolg stehen darf (vgl. z. B. §§ 112, 120 StPO). Das
der V. widersprechende hoheitliche Verhalten ist fehlerhaft (z. B.
Sicherstellung eines stark beschädigten gestohlenen Kraftfahrzeugs,
dessen Restwert nur so gering ist wie das Doppelte der
Abschleppkosten, Verbot des Erwerbs einer 50 Euro kostenden
Armbanduhr durch einen Strafgefangenen). Das Prinzip der V. ist
eine Ausprägung des →Rechtsstaatsprinzips. Es ist auf alle
hoheitlichen Maßnahmen anzuwenden, die nicht ausschließlich
begünstigende Wirkung haben und bei denen der Behörde das
Handeln nicht zwingend vorgeschrieben ist.
Lit.: Bleckmann, A., Begründung und Anwendungsbereich des Verhältnismäßigkeitsprinzips, JuS
1994, 177; Yi, Z., Das Gebot der Verhältnismäßigkeit, 1998; Hanau, H., Der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit, 2004
Verhältniswahlrecht ist das auf das Verhältnis der im Wahlgebiet
auf die Parteien abgegebenen Stimmen abstellende →Wahlrecht. Bei
dem V. wird die Gesamtzahl der Parlamentssitze auf die einzelnen
Parteien im Verhältnis der Gesamtstimmenzahl zu der auf die
einzelne Partei im ganzen Wahlgebiet abgegebenen Zahl der Stimmen
verteilt (z. B. erhält eine Partei, auf die insgesamt 60% aller Stimmen
abgegeben wurden, 60% der Sitze). Bei dem personalisierten V. kann
der Wähler innerhalb eines Wahlvorschlags einer Partei durch die
Stimmabgabe für bestimmte Kandidaten auf deren Reihenfolge
Einfluss nehmen. →Mehrheitswahlrecht
Lit.: Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Verhandeln ist das Erörtern einer Angelegenheit unter mehreren Beteiligten mit offenem Ausgang.
Lit.: Däubler, W., Verhandeln und Gestalten, 2003
Verhandlung ist die Erörterung einer Angelegenheit mit offenem
Ausgang. Im Verfahrensrecht ist V. auch der Zeitraum, in dem eine
rechtliche Angelegenheit vor dem →Gericht erörtert wird. Nach § 128
ZPO verhandeln die →Parteien über den →Rechtsstreit vor dem
erkennenden Gericht grundsätzlich →mündlich. Die V. kann
prozessuale Fragen oder die Hauptsache betreffen, streitig oder
unstreitig sein (z. B. bei Säumnis). Im →Strafverfahrensrecht ist die
→Hauptverhandlung von größter Bedeutung.
Lit.: Fezer, G., Die Funktion der mündlichen Verhandlung, 1970; Haft, F., Verhandlung und
Mediation, 2. A. 2000
Verhandlungsfähigkeit →Postulationsfähigkeit
Verhandlungsgebühr ist die für die mündliche Verhandlung vor
einem Gericht oder einer Behörde anfallende Rechtsanwaltsgebühr
(§ 33 Nr. 2 BRAGO). →Terminsgebühr
Verhandlungsgrundsatz ist der auf die Verhandlung abstellende
Grundsatz. Der V. überlässt es den →Parteien, zu bestimmen, welche
Tatsachen sie dem Gericht zur Entscheidung unterbreiten. Der V. gilt
grundsätzlich im →Zivilprozessrecht. Das Gericht darf Tatsachen, die
nicht von einer Partei vorgetragen sind, bei einer Entscheidung nicht
berücksichtigen. Der V. steht im Gegensatz zum
→Untersuchungsgrundsatz.
Lit.: Rinck, K., Die Auswirkungen von Verhandlungs- und Untersuchungsmaxime auf die
Stoffsammlung, 1987
Verharmlosen von Gewalttätigkeiten (§ 131 StGB) ist das der wirklichen Bedeutung
widersprechende Verkleinern der Wertwidrigkeit, der Gefährlichkeit oder der schwerwiegenden
Folgen bestimmter Gewalttätigkeiten.
Verherrlichen von Gewalttätigkeiten (§ 131 StGB) ist das Bewerten von Gewalttätigkeiten, das
bewirkt, dass diese als Ausfluss einer anerkennenswerten Grundhaltung erscheinen.
Verjährung ist der durch Zeitablauf eintretende Verlust (der
Durchsetzbarkeit) von →Rechten. Nach § 194 BGB unterliegt das
Recht, von einem andern ein →Tun oder ein →Unterlassen zu
verlangen, der V. (ausgenommen Ansprüche aus einem
familienrechtlichen Verhältnis auf Herstellung des dem Verhältnis
entsprechenden Zustands für die Zukunft) Die regelmäßige
Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB). Ansprüche auf
Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf
Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem
Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts
sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren,
ohne dass es auf Kenntnis oder Kennenmüssen ankommt (§ 196
BGB). In 30 Jahren verjähren grundsätzlich Herausgabeansprüche aus
Eigentum und andern dinglichen Rechten, familienrechtliche und
erbrechtliche Ansprüche, rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen und vollstreckbaren
Urkunden und Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren
erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind (§ 197 BGB), ohne
dass es auf Kenntnis oder Kennenmüssen ankommt. Die V. begründet
ein dauerndes →Leistungsverweigerungsrecht (§ 214 BGB, Einrede).
Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann
nicht zurückgefordert werden. Die regelmäßige V. beginnt mit dem
Schluss des Jahrs, in dem der Anspruch entstanden ist und der
Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der
Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe
Fahrlässigkeit erlangen müsste. Zehn Jahre nach Entstehung des
Anspruchs verjährt der Anspruch auch bei Unkenntnis und
Nichtkennenmüssen (§ 199 IV BGB). Andere Ansprüche verjähren
nach weiteren Regeln des § 199 BGB. Die V. kann gehemmt werden
(§§ 203ff. BGB, z. B. bei Schweben von Verhandlungen zwischen
Schuldner und Gläubiger über den Anspruch oder die den Anspruch
begründenden Umstände bis zur Verweigerung der Fortsetzung der
Verhandlungen, bei Rechtsverfolgung nach § 204 BGB, bei Vorliegen
eines Leistungsverweigerungsrechts des Schuldners, bei höherer
Gewalt oder bei Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen
Selbstbestimmung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des
Gläubigers). Ein die bereits angelaufene Verjährungszeit außer
Betracht lassender Neubeginn (des Laufs) der V. tritt nach § 212 I
BGB nur ein, wenn der Schuldner den Anspruch des Gläubigers
anerkennt oder wenn eine gerichtliche oder behördliche
Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. Für die
V. der Mängelansprüche im Kaufrecht gilt § 438 BGB, für die
Verjährung der Mängelansprüche im Werkvertragsrecht § 634a BGB.
Im Strafrecht verjährt die Befugnis zur Strafverfolgung (§§ 78ff.
StGB, ausgenommen sind seit 1979 Mord und Völkermord)
(→Prozessvoraussetzung), im Strafverfahrensrecht die Befugnis zur
Strafvollstreckung (§ 79 StGB, vgl. a. § 31 OWiG). Unvordenkliche
V. ist im älteren Recht die Bezeichnung für einen Zustand, der als
solcher besteht, solange die Erinnerung der Betroffenen zurückreicht,
so dass er eine widerlegbare →Vermutung für das Bestehen eines
Rechts begründet.
Lit.: Mansel, H., Die Neuregelung des Verjährungsrechts, NJW 2002, 89; Witt, C.,
Schuldrechtsmodernisierung 2001/2002 – Das neue Verjährungsrecht, JuS 2002, 105; Birr, C.,
Verjährung und Verwirkung, 2003
Verkauf bzw. →Kauf (§ 433 BGB) ist der gegenseitige →Vertrag,
durch den sich ein Teil zur Übertragung eines Gegenstands gegen die
Verpflichtung des andern Teils zur Bezahlung des →Kaufpreises
verpflichtet. Freihändiger V. (§ 385 BGB) ist der V. einer Sache, die
einen Börsenpreis oder Marktpreis hat, durch eine zu einer
öffentlichen →Versteigerung befugte Person zum laufenden Preis. Der
freihändige V. ist bei der Versteigerung hinterlegungsfähiger Sachen
zulässig.
Lit.: Westphalen, F. Graf v., Allgemeine Verkaufsbedingungen, 5. A. 2003
Verkäufer (§ 433 BGB) ist die einen Gegenstand verkaufende
Person.
Verkaufskommission ist die zum Zweck des Verkaufs eines
Gegenstands vereinbarte Kommission zwischen Kommittenden und
Kommissionär.
Verkehr ist die soziale Bewegung, insbesondere die Bewegung oder
Beförderung von Menschen oder Gegenständen auf dafür
vorgesehenen Wegen.
Lit.: Fischer, G., Verkehrsschutz im internationalen Vertragsrecht, 1990
Verkehrsgeschäft ist das übliche Geschäft des allgemeinen
Handelsverkehrs (z. B. Kauf). Im engeren Sinn ist V. das Geschäft,
bei dem Veräußerer und Erwerber einer Sache verschiedene Personen
sind, wobei die Personenverschiedenheit nicht nur rechtlicher,
sondern auch wirtschaftlicher Art sein muss. Nur bei einem V. ist
gutgläubiger →Erwerb möglich (§§ 892, 932 BGB).
Lit.: Wittkowski, L., Die Lehre vom Verkehrsgeschäft, 1990
Verkehrshypothek ist die zum Umlauf im rechtsgeschäftlichen
Verkehr bestimmte →Hypothek. Die V. kann →Briefhypothek oder
→Buchhypothek sein. Sie steht im Gegensatz zur
→Sicherungshypothek (§ 1184 BGB).
Verkehrspflicht ist die im rechtlichen →Verkehr der Menschen
entstehende →Pflicht (z. B. Sorgfaltspflicht).
→Verkehrssicherungspflicht
Lit.: Bar, C. v., Verkehrspflichten, 1980; Raab, T., Die Bedeutung der Verkehrspflichten, JuS 2002,
1042
Verkehrsrecht ist hauptsächlich das den →Straßenverkehr
betreffende Recht. Es ist vor allem im Straßenverkehrsgesetz, in der
Straßenverkehrsordnung und in der
Straßenverkehrszulassungsordnung geregelt. Daneben gehört zum V.
das Recht des Eisenbahnverkehrs, Luftfahrzeugverkehrs und
Schifffahrtsverkehrs. →Transportrecht
Lit.: Blankenstein, A., Verkehrsrecht, 1998; EG-Verkehrsrecht (Lbl.), hg. v. Frohnmeyer,
A./Mückenhausen, P., 3. A. 2003; Jahrbuch Verkehrsrecht 2000, hg. v. Himmelreich, K., 2000;
Leipold, K./Kuhn, T., Das Mandat in Verkehrssachen, 2002
Verkehrssicherungspflicht ist die Pflicht, den Verkehr gegenüber
Gefahrenquellen abzusichern. Die V. ist eine →Handlungspflicht
(§ 823 I BGB), deren Verletzung →Schadensersatzansprüche nach
sich ziehen kann. Sie verpflichtet jeden, der eine Gefahrenquelle
schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter vor
Schäden zu schaffen (z. B. Reinigen eines Geschäftseingangs,
Beseitigen von Höhenunterschieden zwischen Terrasse und
Innenraum einer Gaststätte, Verweigerung des Verkaufs erkennbar
gefährlicher Feuerwerkskörper an Kinder im Grundschulalter). Bei
öffentlich-rechtlichen →Körperschaften kann diese V. sich – durch
ausdrücklichen Organisationsakt, str. – in eine →Amtspflicht
umwandeln, für deren Verletzung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34
GG einzustehen ist. Als Amtspflicht sehen die
Straßenverkehrssicherungspflicht die meisten Straßengesetze.
Lit.: Breloer, H., Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen, 5. A. 1996; Patzelt, G.,
Verkehrssicherungspflicht, 3. A. 2000
Verkehrssitte (§§ 157, 242 BGB) ist die in betroffenen Kreisen
gepflogene →Übung. Die V. ist nur →Gewohnheit oder →Brauch, nicht
jedoch →Gewohnheitsrecht. Sie ist bei der →Auslegung von
→Verträgen und der Bewirkung von Leistungen zu berücksichtigen.
→Handelsbrauch
Lit.: Lanzi, M., Die Verkehrssitte und ihre zivilprozessuale Behandlung, 1982
Verkehrsteuer ist die an Vorgänge des Rechtsverkehrs anknüpfende
→Steuer (z. B. Grunderwerbsteuer, Mehrwertsteuer,
Kraftfahrzeugsteuer).
Lit.: Rose, G., Umsatzsteuer mit Grunderwerbsteuer und kleineren Verkehrsteuern, 14. A. 2001
Verkehrsstrafrecht →Verkehrsunfall
Lit.: Janiszewski, H., Verkehrsstrafrecht, 5. A. 2004
Verkehrsunfall (§ 142 StGB) ist das plötzliche Ereignis im
öffentlichen Verkehr, das zur Tötung oder Verletzung eines
Menschen oder zu einer nicht völlig belanglosen Sachbeschädigung
führt. § 34 StVO verpflichtet nach einem V. jeden Beteiligten, vor
allem unverzüglich zu halten, den Verkehr zu sichern und andern am
Unfallort anwesenden Beteiligten und Geschädigten anzugeben, dass
er am Unfall beteiligt ist, und mindestens eine nach den Umständen
angemessene Zeit zu warten und am Unfallort Namen und Anschrift
zu hinterlassen. Wenn ein Unfallbeteiligter sich nach dem Unfall im
Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten der andern
Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person,
seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine
Anwesenheit und durch die Angabe, dass und wie er an dem Unfall
beteiligt ist, ermöglicht oder eine nach den Umständen angemessene
Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, diese Feststellungen
zu treffen, kann er nach § 142 StGB wegen unerlaubten Entfernens
vom Unfallort strafbar werden. Der Straftatbestand schützt das private
Interesse der Unfallbeteiligten und Geschädigten an der Aufklärung
des Sachverhalts zwecks Verfolgung oder Abwehr von
Schadensersatzansprüchen. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort
ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht.
Lit.: Grüneberg, C., Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 8. A. 2003; Hartmann, P., Der
Verkehrsunfall, 5. A. 1991; Engelstädter, R., Der Begriff des Unfallbeteiligten, 1997; Jung,
K./Albrecht, A., Die Verteidigung in Verkehrsstrafsachen, 2001; Pamer, J., Neues Recht der
Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen im Ausland, 2003
Verkehrsunfallflucht →Verkehrsunfall
Lit.: Peter, J., Verkehrsunfallrecht, 2. A. 1988; Himmelreich, K./Büchen, M., Verkehrsunfallflucht,
2. A. 1995
Verkehrswert ist der im rechtsgeschäftlichen →Verkehr
angenommene Wert eines Gegenstands.
Lit.: Zimmermann, P./Heller, R., Der Verkehrswert von Grundstücken, 2. A. 1999
Verkehrswesentlichkeit (§ 119 II BGB) ist die Bedeutsamkeit oder
Wesentlichkeit für den allgemeinen Geschäftsverkehr.
Verkehrswirtschaft →Marktwirtschaft
Verkehrszeichen (§ 39 StVO) ist das Zeichen zur Regelung des
→Straßenverkehrs. Die V. sind Gefahrzeichen, Vorschriftzeichen (d.
h. Gebotszeichen oder Verbotszeichen) oder Richtzeichen. Die
Vorschriftzeichen verkörpern →Allgemeinverfügungen. Ein Verstoß
gegen sie ist →Ordnungswidrigkeit. Für die Anordnung zum
Anbringen von V. ist die →Straßenverkehrsbehörde, evtl. die
Straßenbaubehörde, für das Anbringen und Unterhalten der
→Straßenbaulastträger zuständig.
Lit.: Bitter, G./Konow, C., Bekanntgabe und Widerspruchsfrist bei Verkehrszeichen, NJW 2001,
1386
Verkehrszentralregister →Bundesverkehrszentralregister
Verklammerungsprinzip ist der Grundsatz zur Begründung einer
→Tateinheit, der besagt, dass zwei an sich selbständige Handlungen
durch eine dritte Handlung zu einer Tateinheit verklammert werden,
wenn sie jeweils zu dieser dritten Handlung in Tateinheit stehen und
die verklammernde Tat mindestens ebenso schwer ist wie die beiden
andern Taten (z. B. Körperverletzung, Sachbeschädigung, Raub).
Verklarung (§§ 522ff. HGB) ist die Einreichung eines Berichts des
Kapitäns eines Schiffs über den Hergang eines Unfalls beim
zuständigen →Amtsgericht zwecks Beweissicherung.
Lit.: Beckert/Breuer, Öffentliches Seerecht, 1991; Rabe, D., Seehandelsrecht, 4. A. 2000; Liedtke,
C., Die Verklarung, 2002
Verkündung ist die öffentliche Bekanntmachung. Im
Verfassungsrecht sind →Gesetze und →Verordnungen durch
Veröffentlichung im →Gesetzblatt zu verkünden (z. B. Art. 82 GG).
Im Verfahrensrecht bedürfen gerichtliche →Entscheidungen vielfach
der V. z. B. in Form der Vorlesung der →Urteilsformel (§ 311 ZPO),
wobei die Vorlesung der Urteilsformel durch eine Bezugnahme auf
die Urteilsformel ersetzt werden kann, wenn bei der V. von den
Parteien niemand erschienen ist.
Verkündungsblatt ist das Druckerzeugnis, in dem amtliche
Verlautbarungen veröffentlicht werden (müssen). →Gesetzblatt
Verlag ist der gewerbsmäßige Vertrieb von Erzeugnissen. Im
→Immaterialgüterrecht (§§ 1ff. VerlG) ist V. die Vervielfältigung und
Verbreitung eines →Werks der Literatur oder Tonkunst. Durch den
Verlagsvertrag verpflichtet sich der Verfasser, dem Verleger das
Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu
überlassen. Der Verleger verpflichtet sich, das Werk zu
vervielfältigen und zu verbreiten sowie eine vereinbarte Vergütung zu
entrichten. Besondere Formen des Verlags sind Kommissionsverlag
sowie Selbstverlag. In Deutschland gab es 1999 etwa 400 Verlage zu
rechtlich bedeutsamen Sachgebieten. Marktführer ist der Verlag C. H.
Beck mit dem Franz Vahlen Verlag.
Lit.: Delp, L., Der Verlagsvertrag, 7. A. 2001; Mundhenke, R./Teubner, M., Der Verlagskaufmann,
8. A. 1998; Haupt, S., Electronic Publishing, 2002
Verlagsrecht ist objektiv die Gesamtheit der den →Verlag
betreffenden Rechtssätze, subjektiv das ausschließliche, vom
Verfasser dem Verleger eingeräumte Recht, ein →Werk der Literatur
oder Tonkunst zu vervielfältigen und zu verbreiten (§ 8 VerlG).
Lit.: Urheber- und Verlagsrecht, 10. A. 2003; Delp, L., Kleines Praktikum für Urheber- und
Verlagsrecht, 4. A. 2000; Schricker, G., Verlagsrecht, 3. A. 2001
verlängerter Eigentumsvorbehalt →Eigentumsvorbehalt,
verlängerter
Verleger →Verlag
Verleihung ist die – gebührenpflichtige – Vergabe eines →Rechts
oder einer Rechtsstellung, insbesondere durch den →Staat. Im
→Privatrecht erlangt der wirtschaftliche →Verein in Ermangelung
besonderer gesetzlicher Vorschriften die →Rechtsfähigkeit durch
staatliche V. (§ 22 BGB). Im →Verwaltungsrecht erfolgt z. B. die
Begründung eines – subjektiv öffentlichen – Rechts auf
Sondergebrauch einer öffentlichen →Sache durch staatliche V.
(→Erlaubnis z. B. →Bewilligung §§ 8ff. WHG).
Verleiten zur Ableistung eines falschen →Eids, einer falschen
→Versicherung an Eides statt oder einer falschen uneidlichen
→Aussage (§ 160 StGB) ist das Bestimmen eines andern – der
wenigstens nach Meinung des Täters gutgläubig ist – zur
unvorsätzlichen Tat. Das V. wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs
Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft. Der
Versuch ist strafbar.
Lit.: Hruschka, J., Anstiftung zum Meineid und Verleitung zum Falscheid, JZ 1967, 210
Verlesung ist das Vorlesen eines Schriftstücks. Es genügt das laute
Ablesen des Texts vom Bildschirm (z. B. durch den Notar).
Lit.: Mihm, K., Pflicht zur Verlesung notarieller Urkunden, NJW 1997, 3121
Verletzter ist, wer eine →Verletzung erlitten hat.
Lit.: Schröter, T., Der Begriff des Verletzten, 1998
Verletzung ist die Beschädigung des Körpers eines Menschen oder
eines sonstigen Rechtsguts sowie im übertragenen Sinn die
Nichtbeachtung einer gesetzlichen Vorschrift.
Verletzungsdelikt ist im Strafrecht das →Delikt, das eine (mindestens
versuchte) Schädigung des in Betracht kommenden Handlungsobjekts
erfordert (z. B. Körperverletzung). Das V. ist →Erfolgsdelikt. Sein
Gegensatz ist das →Gefährdungsdelikt.
Verleumdung (§ 187 StGB) ist die wider besseres Wissen erfolgende
Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Tatsache in Beziehung
auf einen andern, die geeignet ist, denselben verächtlich zu machen
oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen
Kredit zu gefährden. Die V. wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Mit wahren Tatsachen (z. B. dass
E lügt und betrügt) kann nicht verleumdet werden.
Verlöbnis (§ 1297 BGB) ist der →Vertrag, durch den sich zwei
(geschäftsfähige) Menschen verschiedenen Geschlechts gegenseitig
versprechen, die →Ehe miteinander einzugehen sowie das dadurch
begründete Gemeinschaftsverhältnis. Aus einem V. kann nicht auf
Eingehung der Ehe geklagt werden, doch können beim →Rücktritt
einzelne Ersatzansprüche entstehen. Das V. kann weitere Rechte
(z. B. Zeugnisverweigerungsrecht) oder Pflichten (z. B.
Hilfeleistungspflichten) begründen.
Lit.: Montanari, Verlobung und Verlöbnisbruch, 1974; Köksal, M., Das Verlöbnis und seine
Auflösung, 1995
Verlust ist die unfreiwillige Einbuße an Werten. Der V. kann darauf
beruhen, dass aufgewandte Kosten einer Gütererzeugung deren Ertrag
übersteigen. Im →Handelsrecht und im →Steuerrecht ist V.
grundsätzlich die durch Vergleich der Jahresbilanz mit der
vorangehenden Jahresbilanz festzustellende Verringerung des
Vermögens bzw. der Überschuss der Betriebsausgaben über die
Betriebseinnahmen.
Lit.: Wiesbrock, M., Die Verlustrückstellung, 1999
Vermächtnis (§ 1939 BGB) ist die →Verfügung von Todes wegen,
durch die der →Erblasser einem andern einen einzelnen
Vermögensvorteil zuwendet, ohne ihn als →Erben einzusetzen. Der
Vermächtnisnehmer erlangt (nur) einen schuldrechtlichen →Anspruch
(§ 2174 BGB) auf Übertragung des Zugewandten gegen den
beschwerten Erben oder Vermächntnisnehmer (Damnationslegat im
Gegensatz zum älteren Vindikationslegat). →Untervermächtnis
Vermächtnisnehmer →Vermächtnis
vermeidbar (Adj.) verhinderbar
vermeidbarer Verbotsirrtum →Verbotsirrtum, vermeidbarer
Lit.: Roos, C., Die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums, 2000
Vermieter →Miete
vermindert (Adj.) verkleinert, herabgesetzt
verminderte Schuldfähigkeit →Schuldfähigkeit, verminderte
Vermischung (§ 948 BGB) ist die – praktisch – untrennbare
Vermengung mehrerer beweglicher →Sachen (z. B. Milch mehrerer
Eigentümer im Tankwagen, Münzen in der Kasse, Wertpapiere im
Sammeldepot). Bei ihr werden die bisherigen Eigentümer
grundsätzlich →Miteigentümer der einheitlichen Sache,
ausnahmsweise der Eigentümer einer Hauptsache Alleineigentümer.
Der gegebenenfalls eintretende Rechtsverlust ist durch Vergütung in
Geld zu entschädigen (§ 951 BGB).
Vermittlung ist die Herstellung einer Verbindung oder Einigung.
Vermittlungsausschuss (Art. 77 II GG) ist der aus – je gleich vielen
– Mitgliedern des →Bundestags und des →Bundesrats bestehende, im
→Gesetzgebungsverfahren zwischen diesen Bundesorganen zur
Vermittlung berufene Ausschuss. Seine Einberufung kann binnen drei
Wochen nach Eingang eines Gesetzesbeschlusses des Bundestags
vom Bundesrat, bei →Zustimmungsgesetzen auch von Bundestag und
→Bundesregierung verlangt werden. Der V. darf eine Änderung,
Ergänzung oder Streichung nur vorschlagen, wenn und soweit der
Vorschlag im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des ihm
zugrundeliegenden Gesetzgebungsverfahrens bleibt. Schlägt der V.
eine Änderung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat der Bundestag
erneut Beschluss zu fassen. Im Übrigen kann der Bundesrat bei
Einspruchsgesetzen nach Abschluss des Vermittlungsverfahrens
→Einspruch erheben.
Lit.: Dästner, C., Die Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses, 1995; Bauer, T., Der
Vermittlungsausschuss (Mikrofiche) 1999
Vermittlungsvertreter →Vertreter
Vermögen ist die Gesamtheit der einer Person zustehenden Güter und
Rechte von wirtschaftlichem Wert einschließlich der
Erwerbschancen. Das V. kann zwar als solches verkauft (§ 311b II, III
BGB), aber grundsätzlich nicht als solches, sondern nur in
Einzelrechtsgeschäften übertragen werden. Was im Einzelnen zum V.
gehört, ist streitig und durch sachgerechte Auslegung zu bestimmen
(z. B. Gebrauchsvorteil, nicht dagegen Einbuße an Freizeit). (Die
Deutschen hatten 2000 rechtstatsächlich ein V. von rund 14 Billionen
DM.)
Lit.: Möhring, O./Beisswingert, R./Klingelhöffer, H., Vermögensverwaltung in Vormundschaftsund Nachlasssachen, 7. A. 1992; Troll, M., Vermögensübertragungen, 1995; Rönnau, T.,
Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2003
Vermögensbildungsgesetz
Lit.: Thüsing, R., Fünftes Vermögensbildungsgesetz, 1992; Schmidt, G., Vermögensbildung, 7. A.
1999; Gérard, W./Göbel, H., Staatliche Förderung der Altersvorsorge und Vermögensbildung (Lb.),
10. A. 2001
Vermögensdelikt ist die gegen das →Vermögen gerichtete Straftat.
Lit.: Krey, V., Vermögensdelikte, 13. A. 2002; Hohmann, O., Eigentums- und Vermögensdelikte, 2.
A. 2000
Vermögensgesetz
Lit.: Fieberg, G. u. a., VermG (Vermögensgesetz) (Lbl.), 18. A. 2003; Rechtshandbuch Vermögen
und Investitionen in der ehemaligen DDR (Lbl.), hg. v. Clemm, H., 42. A. 2004
Vermögensnachfolge ist die Rechtsnachfolge in ein →Vermögen.
Lit.: Esch, G./Baumann, W./Schulze zur Wiesche, D., Handbuch der Vermögensnachfolge, 6. A.
2001; Gebel, D., Betriebsvermögensnachfolge, 2. A. 2002
Vermögenspflegschaft →Pflegschaft
Vermögensrecht ist subjektiv das in →Geld bewertbare →Recht sowie
objektiv die Gesamtheit der das Vermögen betreffenden Rechtssätze
(z. B. Schuldrecht, Sachenrecht).
Lit.: Säcker, F., Vermögensrecht, 1995; Baum, A., Vermögensrechtliche und
nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten, Diss. jur. Bonn 2000; Messerschmidt, B., Die Entwicklung
des Vermögens- und Investititonsrechts 2002/2003, NJW 2003, 2945
Vermögensschaden ist der in Geld bewertbare →Schaden einer
Person an ihrem →Vermögen. Der V. ist eine Art des Schadens, die im
Gegensatz zum →Nichtvermögensschaden steht. Die Abgrenzung im
Einzelnen ist schwierig und umstritten, aber wegen der beschränkten
Ersatzpflicht bei Nichtvermögensschäden bedeutsam.
Lit.: Lange, H., Schadensersatz, 2. A. 1990; Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz,
1982
Vermögenssorge (§ 1626 I BGB) ist das →Recht und die →Pflicht der
Eltern eines minderjährigen →Kindes, für das →Vermögen des Kinds
zu sorgen. Die V. ist ein Teil der elterlichen →Sorge. Die
Vermögensverwaltung ist in den §§ 1638ff. BGB näher geregelt.
Danach sind Schenkungen verboten und ist Geld wirtschaftlich
anzulegen. Außerdem bedürfen bestimmte Rechtsgeschäfte der
→Genehmigung des →Familiengerichts (§ 1643 BGB).
Lit.: Möhring, O./Beisswingert, R./Klingelhöffer, H., Vermögensverwaltung in Vormundschaftsund Nachlasssachen, 7. A. 1992; Malik, D., Die Grenzen der elterlichen Vermögenssorge, 2000
Vermögensstrafe (§ 43a StGB) ist die durch den Wert des
→Vermögens des Täters in ihrer Höhe begrenzte (, wegen Verletzung
des Bestimmtheitsgebots verfassungswidrige) →Geldstrafe.
Lit.: Ries, G., Die Vermögensstrafe, 1999
Vermögensteuer (§§ 1ff. VStG) ist die vom →Vermögen einer Person (in Deutschland bis 31. 12.
1996) erhobene →Steuer.
Vermögensübernahme (§ 419 BGB a. F.) war bis 2002 die
gesetzlich besonders geregelte Übernahme des →Vermögens einer
Person seitens einer andern durch einen →Verpflichtungsvertrag.
Vermögensverfügung (§ 263 StGB) ist im Strafrecht das Handeln, Dulden oder Unterlassen, das
sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt (z. B. Unterlassen der Geltendmachung eines
Anspruchs). Die V. ist ein Tatbestandsmerkmal des →Betrugs. Sie muss auf dem →Irrtum des
Getäuschten beruhen. Im Vermögensteuer (§§ 1ff. VStG) ist die vom →Vermögen einer Person (in
Deutschland bis 31. 12. 1996) erhobene →Steuer.
Privatrecht (§ 1365 BGB) ist V. eine Verfügung eines Menschen über
sein Vermögen im Ganzen. Dazu kann sich ein Ehegatte nur mit
Einwilligung des andern Ehegatten verpflichten.
Vermögensverwaltung →Vermögenssorge
Lit.: Balzer, P., Vermögensverwaltung durch Kreditinstitute, 1999
Vermögensverzeichnis ist die genaue Aufstellung des →Vermögens
einer →Person (z. B. § 1683 BGB). Im
Zwangsvollstreckungsverfahren hat →der Schuldner auf Antrag des
→Gläubigers ein V. vorzulegen, wenn die →Pfändung nicht zur
vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat. Die
Richtigkeit der Angaben hat der Schuldner →eidesstattlich zu
versichern (§ 807 ZPO).
Vermögensvorteil (§ 263 StGB) ist die günstigere Gestaltung der
Vermögenslage. Die →Vorteilsverschaffungsabsicht beim →Betrug
muss auf einen V. gerichtet sein. Der V. ist rechtswidrig, wenn der
Täter auf ihn keinen →Anspruch hat.
Vermutung ist die Annahme eines Umstands als wahrscheinlich
gegeben. Im Verfahrensrecht ist V. eine gesetzliche Bestimmung,
nach der von dem Vorliegen eines bestimmten Umstands auf einen
bestimmten andern Umstand geschlossen werden soll. Die V. ist
Tatsachenvermutung, wenn der Schluss auf eine Tatsache gerichtet ist
(z. B. § 9 VerschG, Todeszeitpunkt) und Rechtsvermutung, wenn er
auf ein Recht gerichtet ist (z. B. § 1006 BGB, Eigentum). Die V. dient
im Verfahrensrecht der Beweiserleichterung. In der Regel ist der
Gegenbeweis zulässig (widerlegliche V.). Im Gegensatz zur →Fiktion
kann bei der V. der vermutete Umstand gegeben sein.
Lit.: Ittner, D., Die Vermutungen des GWB, 1998
Vernehmung ist die meist mündliche Befragung eines Menschen
über verfahrensrechtlich bedeutsame Umstände. Vernommen werden
können vor allem →Zeugen, →Sachverständige, →Beschuldigte,
→Parteien und →Beteiligte (§§ 376ff. ZPO, 68ff., 133ff. StPO). Die
Betroffenen können ein →Aussageverweigerungsrecht haben.
Bestimmte Vernehmungsmethoden sind verboten (vgl. § 136a StPO).
Im Strafprozess ist, wenn der →Beweis einer Tatsache auf der
Wahrnehmung eines Menschen beruht, dieser in der
→Hauptverhandlung persönlich zu vernehmen (§ 250 StPO).
Lit.: Bender, R./Nack, A., Tatsachenfeststellung vor Gericht, Bd. 2 Vernehmungslehre, 2. A. 1995;
Arntzen, F., Vernehmungspsychologie, 2. A. 1989
Vernunftrecht ist das allein durch die Vernunft gerechtfertigte und
begründete →Recht. In der Rechtsgeschichte ist das V. das
säkularisierte Naturrecht der frühen Neuzeit (Hugo Grotius, Christian
Wolff). Es findet seinen praktischen Niederschlag in den
Kodifikationen der →Aufklärung (Allgemeines Landrecht [Preußen
1794], Code civil [Frankreich 1804], Allgemeines Bürgerliches
Gesetzbuch [Österreich 1811 bzw. 1812]).
Lit.: Wieacker, Privatrechtsgeschichte
Verordnung ist die behördliche Anordnung an eine unbestimmte
Zahl von Personen und für eine unbestimmte Zeit von Fällen. Die V.
ist im Verhältnis zum formellen →Gesetz eine abgeleitete
Rechtsquelle (materielles Gesetz). Sie kann auf Grund einer
gesetzlichen →Ermächtigungsgrundlage von der →Regierung,
einzelnen →Ministern oder nachgeordneten →Behörden erlassen
werden (→Rechtsverordnung). Dadurch kann sie leichter und schneller
entstehen als das formelle Gesetz.
Verpackungsverordnung ist die die Verpackung von Waren und ihre umweltschutzrechtliche
Fragen regelnde Vermögensteuer (§§ 1ff. VStG) ist die vom →Vermögen einer Person (in
Deutschland bis 31. 12. 1996) erhobene →Steuer.
Verordnung.
Lit.: Rockholz, A., Die novellierte Verpackungsverordnung, 1998;
Flanderka, F., Verpackungsverordnung, 1999; Maukisch, M., Die
Verpackungssteuer, 2000
Verpächter →Pacht
Verpfändung (§§ 1204ff. BGB) ist die rechtsgeschäftliche
Begründung eines →Pfandrechts. Sie erfordert die →Einigung des
→Eigentümers einer →Sache und des →Gläubigers einer Schuld
darüber, dass dem Gläubiger das →Pfandrecht an der beweglichen
Sache des Eigentümers zustehen soll, die →Übergabe der Sache oder
einen →Übergabeersatz (sowie das Bestehen der →Forderung). Die V.
einer Sache kann evtl. auch durch einen →Nichtberechtigten
(Nichteigentümer) erfolgen.
Verpflichteter ist grundsätzlich, wen eine →Pflicht zu einer
→Handlung, →Duldung oder →Unterlassung trifft. Im →Strafrecht (§ 11
Nr. 4 StGB) ist ein für den öffentlichen Dienst besonders V., wer,
ohne Amtsträger zu sein, bei einer →Behörde oder einer sonstigen
Stelle die Aufgaben der öffentlichen →Verwaltung wahrnimmt oder
bei einem Verband oder einem sonstigen Zusammenschluss, Betrieb
oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle
Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen, beschäftigt oder für
sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten
auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist.
Verpflichtung ist die →Pflicht, →Schuld oder →Verbindlichkeit. Die
V. entsteht durch →Gesetz oder →Rechtsgeschäft. Sie erlischt
insbesondere durch →Erfüllung.
Lit.: Lobinger, T., Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, 1999
Verpflichtungsgeschäft ist das auf Begründung einer →Verpflichtung
gerichtete →Rechtsgeschäft (z. B. Kaufvertrag). Es ist streng zu
trennen von dem aus ihm möglicherweise folgenden
→Erfüllungsgeschäft (→Verfügungsgeschäft, z. B. Übereignung der
Kaufsache, Übereignung des Kaufpreises, Abtretung der gekauften
Forderung), so dass seine Mangelhaftigkeit grundsätzlich nicht auch
Mangelhaftigkeit des Erfüllungsgeschäfts bedeutet. Das V. kann
entweder für einen oder für mehrere Beteiligte Verpflichtungen
begründen (z. B. Kaufvertrag für Verkäufer und Käufer).
Verpflichtungsklage (§ 42 I VwGO) ist die Klage auf Verurteilung
zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen →Verwaltungsakts.
Die V. ist eine Unterart der →Leistungsklage. Sie kann
→Vornahmeklage (bzw. Weigerungsklage) oder →Untätigkeitsklage
sein. Ist die Sache vor →Gericht nicht spruchreif, kann der Ausspruch
auf die Verpflichtung gehen, den Kläger unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (Bescheidungsklage,
§ 113 IV 2 VwGO).
Verrat ist die unbefugte treuwidrige Offenbarung eines
→Geheimnisses (vgl. §§ 80ff. StGB, →Hochverrat, →Landesverrat).
Verrechnung ist die rechnerische Berücksichtigung eines Umstands.
Sie dient der rechtlichen Vereinfachung. Besonders geregelte Fälle
der V. sind →Aufrechnung und →Kontokorrent.
Lit.: Vögele, A. u. a., Handbuch der Verrechnungspreise, 1997
Verrechnungsscheck (Art. 39 ScheckG) ist der →Scheck, bei dem
der →Aussteller oder →Inhaber durch den quer über die Vorderseite
gesetzten Vermerk nur zur Verrechnung dem Bezogenen die
Barauszahlung verbietet. Die einlösende Bank darf die Schecksumme
dem Einlieferer nur auf einem Konto gutschreiben. Den Gegensatz
zum V. bildet der Barscheck.
Verrichtung ist die auf verbessernde Ausführung angelegte
menschliche Handlung.
Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB) ist der Mensch, dem von einer
andern Person (z. B. Arbeitgeber), von deren Weisungen er mehr oder
weniger abhängig ist (z. B. Arbeiter, angestellter Arzt, Werkstudent,
nicht dagegen handwerklicher Unternehmer), eine Tätigkeit
übertragen worden ist, wobei es genügt, dass der Übertragende die
Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken oder entziehen oder
nach Art und Umfang bestimmen kann. Der V. ist eine Hilfsperson.
Für sein rechtswidriges schädigendes Verhalten hat der Geschäftsherr
einzustehen, wenn er sich nicht von dem Vorwurf entlasten kann, eine
Auswahlpflicht oder Überwachungspflicht verletzt zu haben
(→Geschäftsherrnpflichtverletzung). Der V. ist streng zu trennen vom
→Erfüllungsgehilfen, obgleich der V. oft zugleich Erfüllungsgehilfe
ist.
Lit.: Kupisch, B., Die Haftung für Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB), JuS 1984, 250; Schmitz, F.,
Die deliktische Haftung für Arbeitnehmer, 1994
Versailler Vertrag ist der am 28. 6. 1919 zwischen 27 alliierten und
assoziierten Mächten einerseits und dem (zweiten) Deutschen Reich
andererseits nach Zustimmung der deutschen Nationalversammlung
(23. 6. 1919 237 Ja-Stimmen, 6 Enthaltungen, 138 Nein-Stimmen) in
Versailles abgeschlossene, den ersten Weltkrieg gegenüber
Deutschland formell beendende Friedensvertrag, der am 10. 1. 1920
in Kraft trat. Von vielen Deutschen wurde er wegen seines
diktathaften Charakters innerlich nicht angenommen. Sie versuchten
(erfolglos), durch den zweiten Weltkrieg seine Folgen zu Gunsten
Deutschlands abzuändern.
Lit.: Haffner, S. u. a., Der Vertrag von Versailles, 1978
Versammlung (Art. 8 GG) ist die örtliche Zusammenkunft einer (im
Gegensatz zur bloßen Ansammlung in innerer Verbindung stehenden)
Vielheit von Menschen (bzw. mehrerer Menschen) zum Zweck
gemeinsamer, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung
gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Unterschieden wird dabei
die V. unter freiem Himmel von der sonstigen V. Die öffentliche V.
unter freiem Himmel ist spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe
der zuständigen Behörde anzumelden (§ 14 VersammlG). Eine V.
kann nur unter bestimmten Voraussetzungen verboten werden (§§ 5,
15 VersammlG), doch ist stets auch der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besonders zu beachten. Im →Strafrecht
wird unter V. teilweise jedes Beisammensein einer größeren Zahl von
Menschen zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks verstanden (z. B.
§ 80a StGB).
Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) ist das für alle →Deutschen
bestehende Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und
ohne Waffen zu →versammeln. Die V. ist ein →Grundrecht, das die
gemeinsame Willensbildung und Meinungsbildung schützt. Sie ist
durch das Versammlungsgesetz beschränkt.
Lit.: Dietel, A./Gintzel, K./Kniesel, M., Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 12. A. 2000
Versammlungsgesetz ist das das Recht der →Versammlung
betreffende Gesetz.
Lit.: Ott, S./Waechtler, H., Gesetz über Versammlungen, 6. A. 1996
Versammlungsrecht ist objektiv die Gesamtheit der
→Versammlungen betreffenden Rechtssätze und subjektiv das Recht,
eine Versammlung zu bilden.
Lit.: Zeitler, S., Versammlungsrecht, 1994; Krüger, Versammlungsrecht, 1994;
Versammlungsrecht, hg. v. Ridder, H. u. a., 1994; Kniesel, M. u. a., Die Entwicklung des
Versammlungsrechts 2000 bis 2003, NJW 2004, 422
Versäumnis →Säumnis
Versäumnisurteil (§§ 330ff. ZPO) ist das bei →Säumnis einer →Partei
auf →Antrag des Gegners zu erlassende →Urteil. Das V. gegen den
→Kläger setzt Säumnis, Antrag des →Beklagten, das Vorliegen der
allgemeinen Prozessvoraussetzungen sowie Fehlen eines
Versäumnisausschlusses voraus, das V. gegen den Beklagten
außerdem →Schlüssigkeit der Klage. Das V. muss als solches
bezeichnet sein. Gegen das V. ist der →Einspruch binnen 2 Wochen
ab →Zustellung zulässig (§§ 338f. ZPO). Er versetzt den Prozess in
die Lage zurück, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.
Der Säumige trägt die durch die Versäumnis veranlassten →Kosten.
Gegen ein zweites V. ist kein Einspruch mehr möglich (§ 345 ZPO).
Ausnahmsweise ist gegen ein V., gegen das der Einspruch an sich
nicht statthaft ist, die →Berufung oder Anschlussberufung zulässig,
wenn sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften
Versäumung (z. B. wegen Straßenverkehrsstaus) nicht vorgelegen
habe (§ 514 II ZPO). Das in der Berufsordnung der →Rechtsanwälte
Deutschlands enthaltene Verbot, ohne Vorankündigung ein V. gegen
einen nicht (rechtzeitig) erschienenen Kollegen zu beantragen,
verstößt gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit.
Lit.: Steinhauer, T., Versäumnisurteile in Europa, 1996
Versäumisverfahren ist das bei Säumnis einer Partei im Prozess
mögliche Verfahren.
Lit.: Ebner, Ausgewählte Probleme des Versäumnisverfahrens, JA
1996, 583
Versäumung (§ 230 ZPO) ist die Nichtvornahme (oder unwirksame
Vornahme) einer →Prozesshandlung innerhalb des für die Vornahme
vorgeschriebenen Zeitraums. Die V. einer Prozesshandlung hat zur
Folge, dass die Partei mit der vorzunehmenden Prozesshandlung
ausgeschlossen wird. War die Partei ohne ihr →Verschulden
verhindert, eine bestimmte →Frist (u. a. Notfrist,
Berufungsbegründungsfrist und Revisionsbegründungsfrist)
einzuhalten (z. B. Erkrankung, Postverzögerung, Büroversehen), ist
ihr auf Antrag →Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Lit.: Scherer, W., Die Wiedereinsetzung bei Versäumung der Widerspruchsfrist, 1967 (Diss.);
Hornick, A., Der Fall der Versäumung (§ 513 II 1 ZPO), 1995
Verschaffen ist das durch Handlung Erlangen. Zum Sichverschaffen
eines →Staatsgeheimnisses (§ 96 StGB) genügt jede →Handlung,
durch die der Täter bei körperlichen Sachen Gewahrsam, in den
übrigen Fällen Kenntnis erlangt. Bei →Hehlerei (§ 259 StGB) setzt V.
einverständliches Zusammenwirken mit dem Vortäter (derivativen
Erwerb) voraus, durch das der Täter eigene tatsächliche
Verfügungsgewalt bzw. Mitverfügungsgewalt erlangt (Annahme mit
dem Willen zu eigenständiger Verfügung) oder für einen Dritten
vermittelt.
Verschaffungsvermächtnis (§§ 2169f. BGB) ist das →Vermächtnis,
bei dem sich der vermachte Gegenstand nicht im →Nachlass befindet,
sondern vom Beschwerten erst beschafft werden muss.
Verschleppung (§ 234a StGB) ist das →Gefährdungsdelikt, das
voraussetzt, dass der Täter einen andern durch →List, →Drohung oder
→Gewalt in ein Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs
des Strafgesetzbuchs verbringt oder veranlasst, sich dorthin zu
begeben, oder davon abhält, von dort zurückzukehren, und dadurch
der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und
hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch
Gewaltmaßnahmen oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder
Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seiner beruflichen oder
wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden.
Verschmelzung (§ 2 UmwG) ist die Auflösung von Rechtsträgern
(offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Gesellschaft mit
beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf
Aktien, eingetragene Gesellschaft, eingetragener Verein,
genossenschaftlicher Prüfungsverband, Versicherungsverein auf
Gegenseitigkeit sowie wirtschaftlicher Verein oder übernehmend als
Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft natürliche Person) ohne
Abwicklung. Die V. kann erfolgen im Wege der Aufnahme durch
Übertragung des Vermögens eines oder mehrerer Rechtsträger als
Ganzes auf einen andern bestehenden Rechtsträger oder durch
Übertragung der Vermögen zweier oder mehrerer Rechtsträger
jeweils als Ganzes auf einen neuen, von ihnen gegründeten
Rechtsträger. Die V. ist ein Fall der →Umwandlung, so dass das
→Umwandlungsgesetz gilt.
Lit.: Katschinski, R., Die Verschmelzung von Vereinen, 1999; Naraschewski, A., Stichtage und
Bilanzen bei der Verschmelzung, 2001
Verschollenheit (§§ 1ff. VerschG) ist das Fehlen von Nachrichten
über das Leben oder Versterben eines Menschen, dessen Aufenthalt
während längerer Zeit unbekannt ist und an dessen Fortleben nach
den Umständen ernstliche Zweifel bestehen. Ein Verschollener kann
durch Aufgebotsverfahren für tot erklärt werden. Die
→Todeserklärung begründet eine →Todesvermutung.
Lit.: Nolte, I., Die Regelung der internationalrechtlichen Fragen im Verschollenheitsrecht, 1971
Verschulden ist das objektiv pflichtwidrige und subjektiv
vorwerfbare Verhalten (str.) der schuldfähigen Person. V. ist im
Schuldrecht vielfach die Voraussetzung für einen
→Schadensersatzanspruch (z. B. §§ 823 I, 276 I 1 BGB) und im
Strafrecht die Voraussetzung für eine →Strafe. Im Schuldrecht muss
der →Schuldner teilweise auch für fremdes V. einstehen
(→Erfüllungsgehilfe, gesetzlicher →Vertreter § 278 BGB). Weiter ist
im Schuldrecht V. bei Vertragsschluss ein eigenes, zu
→Schadensersatz als Rechtsfolge verpflichtendes Institut (→culpa in
contrahendo, § 311 II BGB). →Mitverschulden
Lit.: Kötz, H./Wagner, G., Deliktsrecht, 9. A. 2001
Verschuldenshaftung ist die ein schuldhaftes Verhalten
voraussetzende →Haftung. Sie steht im Gegensatz zur
→Gefährdungshaftung. Sie wird noch als Grundsatz des
→Schadensersatzrechts angesehen.
Lit. Hehl, S., Das Verhältnis von Verschuldens- und
Gefährdungshaftung, 1999
Verschuldensvermutung (z. B. § 831 BGB) ist die →Vermutung,
dass ein →Verhalten schuldhaft ist. Der mit der V. Belastete kann
diese im Einzelfall aber durch einen →Gegenbeweis entkräften. Dann
gelten die allgemeinen →Bestimmungen über die Beweislast.
Lit.: Witte, V., Die Verschuldensvermutung, 1998
Verschweigen ist das Unterlassen einer Erklärung trotz Wissens oder
Wissenmüssens. Besteht eine →Aufklärungspflicht, so stellt das V.
eine Pflichtverletzung dar, die zugleich eine arglistige →Täuschung
sein kann. Daneben kann das V. eines Rechts unter bestimmten
Voraussetzungen zu dessen Verlust führen, →Verwirkung,
→Versitzung
Verschweigung ist im mittelalterlichen deutschen Recht die fehlende
Geltendmachung eines Rechts, die meist nach Jahr und Tag zum
Rechtsverlust führt (z. B. Stadtluft macht frei). Im Erbrecht (§ 1974
BGB) ist V. die gesetzliche Gleichstellung eines →Gläubigers, der
seine Forderung später als fünf Jahre nach dem →Erbfall geltend
macht, mit einem ausgeschlossenen Gläubiger.
Verschwiegenheitspflicht ist die →Pflicht, ein →Geheimnis nicht zu
offenbaren. Die V. ist insbesondere im Arbeitsrecht und
Verwaltungsrecht bedeutsam. Ihre Verletzung kann strafrechtliche,
dienstrechtliche und schuldrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Lit.: Henssler, M., Das anwaltliche Berufsgeheimnis, NJW 1994, 1817; Gödde, K., Die
nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht, Diss. jur. Bonn 1999
Versendungskauf (§ 447 BGB) ist der →Kauf, bei dem der Verkäufer
auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach einem andern
Ort als dem →Erfüllungsort versendet. V. kann immer nur dann in
Betracht kommen, wenn der Verkäufer nicht schon überhaupt zur
Beförderung der Sache verpflichtet war (wie z. B. bei →Bringschuld
[etwa des Versandhauses]). Beim V. geht nach § 447 I BGB die
→Gegenleistungsgefahr – außer vor der Erfüllung – schon vor der
→Übergabe auf den Käufer über, und zwar mit Auslieferung an die
zur Ausführung der Versendung bestimmte Person oder →Anstalt, so
dass der Käufer den Kaufpreis auch bei Verlust der Sache während
der Versendung bezahlen muss.
Lit.: Oetker, H., Versendungskauf, Frachtrecht und Drittschadensliquidation, JuS 2001, 833;
Wertenbruch, J., Gefahrtragung beim Versendungskauf, JuS 2003, 625
Versetzung (§ 26 BBG) ist die dauernde Zuweisung einer andern
Amtsstelle unter Verlust der bisherigen Amtsstelle. Die V. erfolgt auf
Antrag des →Beamten oder auf Grund eines dienstlichen
Bedürfnisses. Ohne Zustimmung des Beamten ist sie nur unter
besonderen Voraussetzungen möglich (u. a. Besitzstandswahrung).
Für die V. eines →Richters gelten Sonderregeln. Im privatrechtlichen
Bereich ist die V. die Übertragung einer andern dienstlichen
Tätigkeit.
Lit.: Hoyningen-Huene, G. v./Boemke, B., Die Versetzung, 1991
Versicherer ist der Unternehmer der Versicherung.
Lit.: Goretzky, K., Die Leistungspflicht des Versicherers, 1998
Versicherung ist die Schaffung von Sicherheit durch ein Verhalten.
Im Besonderen ist V. die Deckung eines durch bestimmte Ereignisse
(z. B. Krankheit) hervorgerufenen zufälligen schätzbaren Bedarfs
(z. B. voraussichtliche Kosten aller Krankheiten) unter Verteilung auf
eine möglichst große Zahl gleichartig bedrohter Personen. Die V.
beruht auf der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Sie kann
→Sozialversicherung oder →Privatversicherung sein,
Zwangsversicherung oder freiwillige Versicherung. Die
Privatversicherung ist im Versicherungsvertragsgesetz geregelt. Sie
ist entweder →Schadensversicherung oder →Personenversicherung.
Lit.: Nickel, F./Fortmann, M., Wörterbuch der Versicherung, 1993; Müller, H.,
Versicherungsbinnenmarkt, 1995; Fürstenwerth, F. v., Versicherungsalphabet, 9. A. 1997; Koch,
P., Versicherungswirtschaft, 5. A. 1998; Geiken, M., Die Versicherung der Arbeitnehmer, 9. A.
1999; Weichmann/Block, J., Versicherungsgesetze (Lbl.), 6. A. 2003
Versicherung an Eides Statt (eidesstattliche Versicherung) ist die
Möglichkeit, eine tatsächliche Behauptung durch Erklärung in
besonderer Form glaubhaft zu machen (§ 294 ZPO). Wer vor einer
zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde
(vor allem Gerichte [§899 ZPO], seit 1999 für eidesstattliche
Offenbarungsversicherung Gerichtsvollzieher [§807 ZPO], nicht
dagegen Polizei und Staatsanwaltschaft) eine solche Versicherung
falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch
aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft (§ 156 StGB).
Lit.: Keller, U., Die eidesstattliche Versicherung, 2. A. 2000
Versicherungsaufsicht ist die staatliche →Aufsicht über die
Versicherungsunternehmen. Die V. umfasst die Zulassung und die
Überwachung des laufenden Geschäftsbetriebs. Für die im
Versicherungsaufsichtsgesetz geregelte V. ist vor allem das
Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen zuständig.
Lit.: Versicherungsaufsichtsgesetz, 17. A. 2002; Prölss, E., Versicherungsaufsichtsgesetz, 11. A.
1997; Fahr, U./Kaulbach, D., Versicherungsaufsichtsgesetz, 3. A. 2004; Fischer, M.,
Versicherungsaufsichtsrecht und öffentliches Übernahmeangebot, 1999
Versicherungsbedingung ist die für jeweils für bestimmte Arten von
→Versicherungen von den Versicherungsunternehmen den
→Versicherungsverträgen zugrundegelegte allgemeine
→Geschäftsbedingung. Die Versicherungsbedingungen werden
grundsätzlich nur durch Bezugnahme Bestandteil des
Einzelversicherungsvertrags. Sie bedürfen der Genehmigung durch
das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen. Bekannte
allgemeine Versicherungsbedingungen sind z. B. die Allgemeinen
Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB)
oder die Satzung der Versorgungsanstalt des Bunds und der Länder.
Lit.: Allgemeine Versicherungsbedingungen, hg. v. Dörner, H., 4. A. 2003; Littbarski, S.,
Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung, 2000
Versicherungsberater →Rechtsberatung
Versicherungsbilanz (§ 341 HGB) ist die von einem Versicherer
bzw. einem Versicherungsunternehmen vorzulegende Bilanz.
Lit.: Beck’scher Versicherungsbilanzkommentar, hg. v. Budde, W. u.
a., 1998
Versicherungsfall (z. B. § 1 VVG) ist das Ereignis, das die
Leistungspflicht des →Versicherers (Versicherungsunternehmers)
auslöst (z. B. Tod des durch Lebensversicherung versicherten
Versicherungsnehmers).
Lit.: Höpfner, A., Der Nachweis des Versicherungsfalls, 1996
Versicherungsmakler ist der →Makler von →Versicherungsverträgen.
Lit.: Griess, H., Der Versicherungsmakler, 3. A. 1997
Versicherungsmissbrauch (§ 265 StGB) ist der Straftatbestand, bei
dem der Täter eine gegen Untergang, Beschädigung,
Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder Diebstahl
versicherte →Sache beschädigt, zerstört, in ihrer Brauchbarkeit
beeinträchtigt, beiseite schafft oder einem andern überlässt, um sich
oder einem andern Leistungen aus der →Versicherung zu verschaffen.
Der V. wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft. Der Versuch ist strafbar.
Lit.: Bröckers, K., Versicherungsmissbrauch, 1999; Schröder, R., Versicherungsmissbrauch, 2000
Versicherungsnehmer (z. B. § 1 VVG) ist die Person, die auf Grund
eines →Versicherungsvertrags ein Risiko bei einem
Versicherungsunternehmer versichert.
Versicherungspflicht ist die Pflicht, ein Risiko zu versichern bzw.
kraft Gesetzes zwangsweise gegen ein Risiko versichert zu sein (z. B.
im →Sozialversicherungsrecht, →Haftpflichtversicherung,
→Feuerversicherung).
Lit.: Benner, W., Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit, 20. A. 1996
Versicherungspolice →Versicherungsschein
Versicherungsprämie (§§ 35ff. VVG) ist im
Privatversicherungsrecht die Geldleistung, die der
→Versicherungsnehmer als Gegenleistung für die Tragung des Risikos
durch den Versicherer an diesen zu erbringen hat.
Versicherungsrecht ist die Gesamtheit der die →Versicherung
betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Hofmann, E., Privatversicherungsrecht, 4. A. 1998; Versicherungsrecht (CD-ROM), 9. A.
1999; Lexikon des Rechts Versicherungsrecht, hg. v. Bunte, H., 1998; Versicherungsgesetze (Lbl.),
hg. v. Wiechmann, J. u. a., 5. A. 2003; Handbuch Versicherungsrecht, hg. v. Van Bühren, H., 2001;
Versicherungsrecht, hg. v. Lorenz, E./Wandt, M., 2. A. 2001; Münchener Anwaltshandbuch
Versicherungsrecht, hg. v. Terbille, M., 2004; Petersen, J., Versicherungsunternehmensrecht, 2003;
Versicherungsschein (Versicherungspolice) (§ 3 VVG) ist die vom
→Versicherer unterzeichnete, an den →Versicherungsnehmer
auszuhändigende →Urkunde über den →Versicherungsvertrag.
Versicherungsverein (§§ 15ff. VAG) ist im Privatversicherungsrecht
der zum Zweck der Versicherung eines Risikos gegründete
rechtsfähige →Verein. Rechtstatsächlich sind bei ihm grundsätzlich
→Versicherer und →Versicherungsnehmer identisch (Versicherung auf
Gegenseitigkeit). Die Versicherungsprämie richtet sich nach dem
Bedarf. Fehlbeträge und Überschüsse werden ausgeglichen. Der V.
(auf Gegenseitigkeit) ist entweder großer V. oder (einfacher
strukturiert) kleiner V. Der große V. kann auch Nichtmitglieder
versichern.
Lit.: Heidelbach, A., Der kleinere Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 1993 (Diss.); Merdausl,
C., Der europäische Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 2000; Benkel, G., Der
Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 2002
Versicherungsvertrag (§ 3 VVG) ist im Privatversicherungsrecht der
zwischen →Versicherer und →Versicherungsnehmer über die
entgeltliche Tragung eines Risikos (formlos) abgeschlossene Vertrag.
Der V. ist gegenseitiger →Vertrag. Seine Hauptpflichten bestehen in
der Tragung des Risikos (str.) und der Entrichtung der →Prämie. Für
ihn gelten insbesondere das Versicherungsvertragsgesetz und die
Allgemeinen Versicherungsbedingungen.
Lit.: Versicherungsvertragsgesetz, hg. v. Renger, R., 43. A. 2002; Prölss, E./Prölss, J./Martin, A.,
Versicherungsvertragsgesetz, 26. A. 1998; Deutsch, E., Versicherungsvertragsrecht, 4. A. 2000;
Weyers, H./Wandt, M., Versicherungsvertragsrecht, 3. A. 2003; Römer, W./Langheid, T.,
Versicherungsvertragsgesetz, 2. A. 2003; Römer, W., Versicherungsvertragsrecht, 7. A. 1997;
Schimikowski, P., Versicherungsvertragsrecht, 2. A. 2001; Holzhauser, G.,
Versicherungsvertragsrecht, 1999; Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, hg. v.
Honsell, H., 1999; Liauh, H., Internationales Versicherungsvertragsrecht, 2000; Europäisches
Versicherungsvertragsrecht, hg. v. Basedow, J. u. a., 2002; Langheid, T./Müller-Frank, C.,
Rechtsprechungsübersicht zum Versicherungsvertragsrecht 2003, NJW 2004, 337
Versicherungszwang ist im Versicherungsrecht der gesetzliche
Zwang zur →Versicherung, der entweder ein Versicherungsverhältnis
ohne Abschluss eines Versicherungsvertrags oder die Verpflichtung
zum Abschluss eines solchen begründen kann.
Versitzung ist der Verlust eines →Rechts durch dessen →Ersitzung
seitens einer andern Person. Buchversitzung ist dabei der Verlust
eines zu Unrecht gelöschten oder nicht eingetragenen Rechts an
einem fremden →Grundstück, der mit der →Verjährung des Anspruchs
gegen den Eigentümer eintritt (§ 901 BGB). Die V. ist
rechtstatsächlich nicht häufig.
Versorgung ist im Verwaltungsrecht die Sicherung des
Lebensunterhalts außerhalb eines aktiven Dienstverhältnisses. Die V.
ist für Beamte im Beamtenversorgungsgesetz geregelt. Sie umfasst
vor allem →Ruhegehalt, Unterhaltsbeitrag,
→Hinterbliebenenversorgung, Unfallfürsorge und Übergangsgeld. V.
können auch Kriegsopfer und →Soldaten erhalten.
Lit.: Gilbert, H./Hesse, G., Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes
(Lbl.), 37. A. 2002; Kilger, H./Prossliner, M., Die Rechtsprechung zum Recht der
berufsständischen Versorgung seit dem Jahre 2001, NJW 2004, 821
Versorgungsausgleich (§§ 1587ff. BGB) ist der Ausgleich der
Ansprüche auf Versorgung zwischen zwei Ehegatten im Fall der
→Ehescheidung. Ausgleichspflichtig ist der Ehegatte mit werthöheren
Anwartschaften oder Aussichten auf eine auszugleichende
Versorgung. Der V. könnte ein Grund für die rückläufige Zahl von
Eheschließungen sein.
Lit.: Borth, H., Versorgungsausgleich, 3. A. 1998; Wagner, R., Versorgungsausgleich mit
Auslandsberührung, 1996; Maier, K., Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung, 6. A. 1999;
Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung bei Ehescheidung, hg. v. d.
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, 29. A. 2000; Bergner, L., Die neue BarwertVerordnung und ihre Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich, NJW 2003, 1625
Versprechen ist die Zusage eines Verhaltens. Das V. bewirkt dort
eine Verpflichtung, wo es Inhalt eines Rechtsgeschäfts ist. Darüber
hinaus gibt es keinen allgemeinen Tatbestand des Versprechens. In
einem andern Sinn ist V. das fehlerhafte Sprechen eines Worts
(→Irrtum). →Schuldversprechen, →Auslobung
Verstaatlichung →Sozialisierung
Versteigerer ist die eine →Versteigerung durchführende Person.
Lit.: Marx, H./Arnes, H., Der Auktionator, 1992
Versteigerung ist der öffentliche →Verkauf eines Gegenstands an
einen Meistbietenden. Im Schuldrecht ist öffentliche V. (§ 383 III
BGB) die öffentlich erfolgende V. durch einen für den
Versteigerungsort bestellten →Gerichtsvollzieher oder zu
Versteigerungen befugten andern →Beamten oder öffentlich
angestellten Versteigerer. Sie ist zulässig bei hinterlegungsunfähigen
Sachen. Bei ihr gelten das →Gebot des Bieters als →Antrag –, der
durch das nächste Gebot erlischt, – und der →Zuschlag als →Annahme
(§ 156 BGB). Im Verfahrensrecht (§ 814 ZPO) sind die gepfändeten
→Sachen von dem Gerichtsvollzieher öffentlich zu versteigern. Diese
öffentliche V. ist ein Hoheitsakt. Sie muss zulässig sein. Sie bewirkt
die Veräußerung der Sache durch den Zuschlag und die Ablieferung,
die beide öffentlich-rechtliche Akte sind und nur in ihrer Wirkung
dem Kaufvertrag und der Übereignung entsprechen. Die
Empfangnahme des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher gilt als
Zahlung von Seiten des Schuldners (§ 819 ZPO). Die öffentlichrechtliche V. von →Grundstücken heißt →Zwangsversteigerung.
Lit.: Fackler, H./Konermann, P., Praxis des Versteigerungsrechts, 2. A. 2004; Schneider, A.,
Auktionsrecht, 1999
Verstoß gegen eine Regel ist das der Regel widersprechende
Verhalten.
Verstrickung ist die Begründung und das Bestehen einer staatlichen
Verfügungsmacht an einem Gegenstand unter Ausschluss der frühern
privatrechtlichen Verfügungsmacht des Berechtigten (vgl. §§ 135f.
BGB). Die V. im Rahmen der →Pfändung von Sachen beginnt mit der
Pfändung und endet vor allem mit der Beendigung der Verwertung
oder der Aufhebung der Pfändung (Entstrickung). Die V. wird durch
§ 136 StGB geschützt.
Lit.: Jauernig, Zwangsvollstreckungsrecht; Baumann, J., Pfandentstrickung beim Verkauf
gepfändeter Gegenstände, NJW 1956, 1866; Schönfeld, A. v., Die Verstrickung, 1964; Gerlach, N.,
Die Pfändung dem Schuldner derzeit nicht zustehender Forderungen, 1998
Verstrickungsbruch (§ 136 StGB) ist das Zerstören, Beschädigen, Unbrauchbarmachen oder der
Verstrickung Entziehen einer gepfändeten oder sonst dienstlich in Beschlag genommenen →Sache.
Verstümmelung (§ 109 StGB) ist das (strafbare) Entfernen oder
Unbrauchbarmachen eines Teils des menschlichen Körpers durch eine
unmittelbare mechanische Einwirkung auf den Körper (z. B.
Entfernen eines Organs). →Wehrpflichtentziehung
Versuch ist die Betätigung des Entschlusses zur Begehung einer
→Straftat durch →Handlungen, die zur Verwirklichung des
gesetzlichen Tatbestands unmittelbar ansetzen, aber nicht zur
Vollendung führen. Bei dem V. fehlt also ein – mehr oder weniger
umfangreicher – Teil des objektiven →Tatbestands, während der
subjektive Tatbestand (Entschluss, →Vorsatz) vollständig vorliegt (z.
B. der Täter schießt auf das Opfer, trifft es aber nicht oder der Täter
will stehlen, findet aber nichts oder der Täter will rauben, wird aber
vom Opfer überwältigt). Tatbestandsmerkmale des Versuchs sind
folglich →Tatentschluss, Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung
bzw. teilweise Tatbestandsverwirklichung und Fehlen der
Tatvollendung. Der V. eines Verbrechens ist stets strafbar (§ 23
StGB), der Versuch eines Vergehens nur, wenn dies besonders
gesetzlich bestimmt ist. Ein unbeendeter V. liegt vor, wenn der Täter
glaubt, noch nicht alles getan zu haben, was nach seiner Vorstellung
zur Vollendung der Tat erforderlich ist. Gibt der Täter dann freiwillig
die weitere Ausführung der Tat auf, indem er den Entschluss fasst,
auf die konkrete Tat endgültig zu verzichten und die
tatbestandsverwirklichende Handlung abbricht, wird er nicht wegen
Versuchs bestraft (§ 24 I 1 StGB). Beendeter V. ist gegeben, wenn
der Täter nach seiner Vorstellung alle zur Verwirklichung des
Tatbestands erforderlichen Handlungen vorgenommen hat (z. B.
Verbergen eines Kleidungsstücks unter dem Mantel und Zustreben
zum Ladenausgang [str.]). Verhindert hier der Täter die
Tatvollendung durch eigene, hierauf gerichtete Tätigkeit, so wird er
nicht wegen Versuchs bestraft. Wird die Tat ohne Zutun des
Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich
freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern (§ 24 I
StGB). Dabei bleibt beim qualifizierten V., bei dem im V. bereits eine
andere vollendete Straftat enthalten ist (z. B. Körperverletzung beim
Tötungsversuch), der Handelnde trotz des Rücktritts (von der nicht
vollendeten Straftat z. B. Tötung) wegen der vollendeten Straftat
(z. B. Körperverletzung) strafbar. Untauglicher V. ist der besondere
Fall des Versuchs, der vorliegt, wenn die Ausführung des
Tatentschlusses entgegen der Vorstellung des Täters aus tatsächlichen
oder rechtlichen Gründen nicht zur vollständigen Verwirklichung des
objektiven Unrechtstatbestands führen kann. Der Täter hält hier ein
tatsächlich fehlendes →Tatbestandsmerkmal (Tatsubjekt, Tatobjekt,
Tatmittel) irrtümlich für gegeben (umgekehrter →Tatbestandsirrtum
z. B. Schwangerschaftsabbruch mit Zuckerwasser). Der untaugliche
V. ist strafbar (§§ 22, 23 III StGB). Der V. kann milder bestraft
werden als die vollendete Tat (§ 23 II StGB). Der V. eines
erfolgsqualifizierten Delikts ist in der Form eines erfolgsqualifizierten
Versuchs möglich.
Lit.: Rath, J., Grundfälle zum Unrecht des Versuchs, JuS 1998, 1006; Seier, J. u. a., Untaugliche,
grob unverständige und abergläubische Versuche, JuS 1999, 456; Bacher, A., Versuch und Rücktritt
vom Versuch beim erfolgsqualifizierten Delikt, 1999; Meinecke, D., Die Gesetzgebungssystematik
der Versuchsstrafbarkeit, Diss. jur. Heidelberg 2000; Kühl, K., Vollendung und Beendigung bei den
Eigentums- und Vermögensdelikten, JuS 2002, 729
Vertagung (z. B. § 227 I ZPO) ist die Bestimmung eines neuen
→Termins zur Verhandlung in einem noch nicht beendeten Termin.
Sie erfordert erhebliche Gründe. Sie ist zu unterscheiden von der
Aufhebung oder Verlegung eines Termins.
Verteidiger (§ 137 StPO) ist das unabhängige Organ der
Rechtspflege, dessen Aufgabe es ist, dem →Beschuldigten Beistand zu
leisten. Dieser Beistand besteht darin, alle zugunsten des
Beschuldigten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen
Gesichtspunkte geltend zu machen. Der V. hat das Recht zur
Akteneinsicht, zum grundsätzlich unbeschränkten Verkehr mit dem
Beschuldigten (vgl. aber Kontaktsperregesetz) sowie ein Fragerecht,
Erklärungsrecht und Antragsrecht. Zu Verteidigern können die bei
einem deutschen Gericht zugelassenen →Rechtsanwälte sowie die
Rechtslehrer an deutschen Hochschulen gewählt werden (§ 138 StPO,
→Wahlverteidiger). In bestimmten gewichtigen Fällen ist ein u. U.
vom Gericht zu bestellender V. notwendig (§ 140 StPO,
→Pflichtverteidiger).
Lit.: Beck’sches Formularbuch für den Strafverteidiger, hg. v. Hamm, R./Lohberger, I., 3. A. 1998;
Dahs, H., Handbuch des Strafverteidigers, 6. A. 1999
Verteidigung (§§ 137ff. StGB) ist die Beistandleistung, vor allem
zugunsten eines Beschuldigten, im Strafprozess. →Verteidiger
Lit.: Volckart, B., Verteidigung in der Strafvollstreckung und im Vollzug, 3. A. 2001; Müller, E.,
Verteidigung in Straßenverkehrssachen, 7. A. 2000; Weihrauch, M., Verteidigung im
Ermittlungsverfahren, 6. A. 2002; Zieger, M., Verteidigung in Jugendstrafsachen, 4. A. 2002; Stern,
S., Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren, 1999; Dietenmaier, P., Das Verbot der
gemeinschaftlichen Verteidigung, 1999; Jung, K./Albrecht, M., Die Verteidigung in
Verkehrsstrafsachen, 2001; Neuhaus, R., Notwendige Verteidigung im Ermittlungsverfahren, JuS
2002, 18
Verteidigungsfall (Art. 115a GG) ist der vom →Bundestag
festzustellende Fall, dass das Bundesgebiet mit Waffen angegriffen
wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht. Der V. bewirkt
Änderungen in der →Zuständigkeit für →Gesetzgebung und
→Verwaltung, die eine den Umständen entsprechende, sinnvolle
Weiterführung der Staatsgeschäfte ermöglichen sollen.
Rechtstatsächlich ist der V. noch nicht eingetreten.
Verteidigungsnotstand →Notstand
Verteilung ist die Aufteilung eines Gegenstands auf mehrere
Berechtigte (z. B. V. des Steueraufkommens, V. des Erlöses der
Zwangsversteigerung §§ 105ff. ZVG, V. bei Aufhebung einer
Gemeinschaft § 752 BGB).
Vertiefung eines →Grundstücks (§ 909 BGB) ist die Senkung der
Höhe der Oberfläche eines Grundstücks. Die V. ist unzulässig, wenn
dadurch der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze
verliert. Bei unzulässiger V. entsteht ein Anspruch auf →Beseitigung
sowie evtl. →Schadensersatz.
vertikal (Adj.) verschiedene Ebenen berührend, senkrecht
vertikaler Finanzausgleich →Finanzausgleich, vertikaler
Vertrag ist das zweiseitige →Rechtsgeschäft, das grundsätzlich durch
zwei sich deckende bzw. einander wechselseitig entsprechende
→Willenserklärungen (→Antrag, →Annahme) zustande kommt (vgl.
§ 151 S. 1 BGB). Deshalb ist der sog. faktische V., bei dem lediglich
tatsächliches Handeln vorliegt, kein V. Der V. kann entweder
einseitig verpflichtender V. (nur eine der beiden Seiten
verpflichtender V. wie z. B. Schenkung), unvollkommen zweiseitig
verpflichtender V. (z. B. Auftrag) oder vollkommenzweiseitig
verpflichtender d. h. gegenseitiger V. (z. B. Kauf) sein. Dabei ist
unvollkommen zweiseitig verpflichtender V. ein V., bei dem zwar
beide Parteien einander zu Leistungen verpflichtet sein können, diese
aber nicht gleichgewichtig (gegenseitig, synallagmatisch) sind (z. B.
muss Auftragnehmer den Auftrag ausführen, doch muss der
Auftraggeber kein Entgelt leisten, sondern nur für den Fall von
Aufwendungen diese gegebenenfalls erstatten). Gegenseitiger
(vollkommen zweiseitig verpflichtender) V. ist der V., bei dem sich
die beiderseits notwendigerweise erwachsenden Verpflichtungen in
der Weise gegenüberstehen, dass jede Leistung gerade um der
Gegenleistung willen versprochen ist (z. B. Eigentumsverschaffung
und Kaufpreiszahlung). Für den gegenseitigen V., bei dem der
Gläubiger der einen Leistung Schuldner der Gegenleistung und der
Schuldner der einen Leistung Gläubiger der Gegenleistung ist, gelten
Sonderregeln (§§ 320ff. BGB, Einrede des nichterfüllten Vertrags,
Verurteilung zur Leistung Zug um Zug, Rücktritt wegen nicht oder
nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung, Befreiung von der
Gegenleistung). Der V. kann einem gesetzlich geregelten Vertragstyp
entsprechen (z. B. Kauf) oder gemischter (oder gekoppelter oder
zusammengesetzter) V. sein, wobei sich das auf ihn anwendbare
Recht nur nach der Hauptleistung (Absorptionstheorie) oder nach dem
jeweils betroffenen Vertragsteil (Kombinationstheorie) oder nach dem
Schwerpunkt des einzelnen Geschäfts (Schwerpunkttheorie)
bestimmt. Der V. kann sich auf die beteiligten Parteien beschränken
oder auch auf Dritte erstrecken. Dabei ist ein V. zu Lasten Dritter auf
Grund der →Privatautonomie nicht möglich, wohl aber ein V.
zugunsten Dritter. Dieser kann schützender, ermächtigender oder
berechtigender V. zugunsten Dritter sein. Berechtigender V.
zugunsten Dritter (echter V. zugunsten Dritter, § 328 I BGB) ist der
V., durch den eine →Leistung an einen Dritten mit der Wirkung
bedungen wird, dass der Dritte unmittelbar das →Recht erwirbt, die
Leistung zu fordern (z. B. Bezugsberechtigter in der
Lebensversicherung, § 330 BGB). Ermächtigender V. zugunsten
Dritter (unechter V. zugunsten Dritter) ist der V., bei dem der
Schuldner zwar an einen Dritten zu leisten ermächtigt ist, dieser aber
keinen →Anspruch auf die Leistung hat (z. B. Erfüllungsübernahme
§ 329 BGB). Schützender V. zugunsten Dritter (V. mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter, § 311 III BGB ) ist der Vertrag, bei dem zwar die
Leistung allein an den Gläubiger zu erbringen ist, der Schuldner aber
gegenüber bestimmten Dritten, die in besonderem Maße Vertrauen
für sich in Anspruch nehmen und dadurch die Vertragsverhandlungen
oder den Vertragsschluss erheblich beeinflussen bzw. die
typischerweise mit der Leistung in Berührung kommen
(Leistungsnähe) und denen der Gläubiger zu Fürsorge verpflichtet ist
(Fürsorgepflicht), Verhaltenspflichten hat, bei deren Verletzung er,
wenn er diese Umstände erkennen konnte, dem Verletzten zu
Schadensersatz verpflichtet ist (z. B. Mietvertrag oder Werkvertrag
mit Schutzwirkung zugunsten der Ehefrau des Mieters oder
Bestellers). Öffentlich-rechtlicher (verwaltungsrechtlicher) V. (§ 54
VwVfG) ist der V., in dem mindestens eine zu regelnde
Rechtsbeziehung dem öffentlichen →Recht zuzuordnen ist (z. B.
Verpflichtung zur Vorauszahlung von Erschließungsbeiträgen).
Entscheidend ist dabei der Vertragsgegenstand. Demnach ist der
Vertrag öffentlich-rechtlich, wenn er notwendigerweise
Rechtsbeziehungen zu einem Träger öffentlicher Gewalt begründet,
ändert oder aufhebt. Er kann auch zwischen Rechtssubjekten des
Privatrechts geschlossen werden (z. B. Enteignungsvertrag nach dem
BauGB). Der öffentlich-rechtliche V. ist koordinationsrechtlicher
öffentlich-rechtlicher V., wenn die Beteiligten grundsätzlich
gleichgeordnet sind (z. B. zwei →Gemeinden) und
subordinationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher V., wenn die
Beteiligten in einem Überordnungsverhältnis und
Unterordnungsverhältnis zueinander stehen (z. B. →Staat, →Bürger)
und die Behörde – statt einen Vertrag zu schließen – auch einen
→Verwaltungsakt erlassen könnte. Völkerrechtlicher V. ist der
zwischen Subjekten des Völkerrechts abgeschlossene V., der meist
durch Verhandlung, →Paraphierung, Zustimmung, →Ratifizierung und
Austausch oder Hinterlegung von Ratifizierungsurkunden zustande
kommt.
Lit.: Münchener Vertragshandbuch, Bd. 1ff. 5. A. 2000f.; Vertrags- und Formularbuch zum
Handels-, Gesellschafts-, Bank- und Transportrecht, hg. v. Hopt, K., 2. A. 2000; Reithmann,
C./Albrecht, A., Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, 8. A. 2001; Bernstorff, C. Graf v.,
Vertragsgestaltung im Auslandsgeschäft, 5. A. 2002; Grziwotz, H., Vertragsgestaltung im
öffentlichen Recht, 2002; Papst, R., Die Fortentwicklung des Vertrages mit Schutzwirkung, 1999;
Schmittat, K., Einführung in die Vertragsgestaltung, 2000; Langenfeld, G., Einführung in die
Vertragsgestaltung, 2001; Niedobitek, M., Das Recht der grenzüberschreitenden Verträge, 2001;
Sontheimer, J., Vertragsgestaltung und Steuerrecht, 2001; Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke
(Lbl.), hg. v. Westphalen, F. Graf v., 13. A. 2003; Döser, W., Vertragsgestaltung im internationalen
Wirtschaftsrecht, 2001; Stummel, D., Standardvertragsmuster, 2. A. 2003; Junker, A./Kamanabrou,
S., Vertragsgestaltung, 2002; Amann, H./Brambring, G./Hertel, C., Vertragspraxis nach neuem
Schuldrecht, 2. A. 2003; Rittershaus, G./Teichmann, C., Anwaltliche Vertragsgestaltung, 2. A.
2003; Hau, W., Vertragsanpassung und Anpassungsvertrag, 2003; Ernst, S., Vertragsgestaltung im
Internet, 2003
vertraglich (Adj.) einen →Vertrag betreffend
Vertrag mit Schutzwirkung →Vertrag
Lit.: Rohe, M./Winter, M., Der praktische Fall, JuS 2003, 872
Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf
Deutschland ist der am 12. 9. 1990 nach den
→Zweiplusvierverhandlungen abgeschlossene Vertrag zwischen der
bisherigen Bundesrepublik Deutschland, der bisherigen Deutschen
Demokratischen Republik und den vier alliierten Siegermächten des
zweiten Weltkrieges.
Lit.: Blumenwitz, D., Der Vertrag vom 12. 9. 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf
Deutschland, NJW 1990, 3041
Vertrag zugunsten Dritter →Vertrag
Vertrag zu Lasten Dritter →Vertrag
Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) ist die Freiheit, →Verträge zu
schließen. Die V. ist eine Auswirkung der durch Art. 2 I GG
geschützten allgemeinen →Handlungsfreiheit. Sie zerfällt in
→Abschlussfreiheit, →Formfreiheit und →Inhaltsfreiheit.
Lit.: Heinrich, C., Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, 2000
Vertragshändler ist, wer erstens auf Grund eines auf gewisse Dauer
geschlossenen Rahmenvertrags verpflichtet ist, Waren eines andern
(Hersteller) in eigenem Namen und auf eigene Rechnung zu
verkaufen und zweitens dadurch in dessen Verkaufsorganisation
eingegliedert ist.
Lit.: Habersack, M., Rechtsfragen des Kraftfahrzeugvertriebs durch Vertragshändler, 1998; Kirsch,
A., Ist der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers analog § 89b HGB am Ende?, NJW 1999,
2278; Niebling, J., Vertragshändlerrecht, 1999; Westphal, B., Vertriebsrecht, Bd. 2 2000;
Wauschkuhn, U., Der Vertragshändlervertrag, 2. A. 2003
Vertragskarte ist das besondere Gestaltungsmittel internationaler
Rechtssetzung
Lit.: Khan, D., Die Vertragskarte, 1996
Vertragspflichtverletzung →Vertragsverletzung
Vertragsrecht ist die Gesamtheit der Verträge betreffenden
Rechtssätze. Ihre allgemeinen Regeln gehören zum allgemeinen Teil
des Rechts. Die wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen
Deutschlands hierzu enthalten die §§ 145ff. BGB, die ihrerseits die
§§ 116ff. BGB (→Willenserklärung) voraussetzen. →Vertrag
Lit.: Schröder, J./Wenner, C., Internationales Vertragsrecht, 2. A. 1998; Europäische
Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht, hg. v. Basedow, J., 1999; Canaris, C.,
Wandlungen des Schuldvertragsrechts, AcP 200 (2000), 276; Oechsler, J., Schuldrecht Besonderer
Teil Vertragsrecht, 2002; Grundregeln des europäischen Vertragsrechts, hg. v. d. Kommission für
europäisches Vertragsrecht, 2002; Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke (Lbl.), hg. v. Westphalen,
F. Graf v., 13. A. 2003; Riesenhuber, K., Europäisches Vertragsrecht, 2003
Vertragsschluss (§§ 145ff. BGB) ist der Abschluss eines →Vertrags.
Der V. erfordert einen wirksamen →Antrag und eine sich mit diesem
deckende →Annahme. Beides sind empfangsbedürftige
→Willenserklärungen. Die verspätete oder abändernde Annahme gilt
als neuer Antrag. Die Annahme ist grundsätzlich dem Antragenden
gegenüber zu erklären (zu äußern), es sei denn, dass eine solche
→Erklärung nach der →Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der
Antragende auf sie →verzichtet hat (§ 151 S. 1 BGB). Im
Selbstbedienungsladen wird der V. dadurch sichtbar, dass der
Verkäufer die Annahme des Antrags des an die Kasse kommenden
Kunden dadurch konkludent erklärt, dass er die den Ausdruck einer
Gesamtsumme auslösende Bontaste der Kasse drückt. Ähnliches gilt
für den V. mit elektronischen Hilfsmitteln.
Lit.: Honsell, H./Holz-Dahrenstaedt, Grundprobleme des Vertragsschlusses, JuS 1986, 959; Thot,
N., Elektronischer Vertragsschluss, 1999; Wildemann, D., Vertragsschluss im Netz, 2000; Bischoff,
K., Der Vertragsschluss beim verhandelten Vertrag, 2001
Vertragsstatut ist im internationalen Privatrecht das auf Verträge
anwendbare Recht (Art. 27ff. EGBGB), für das der Grundsatz der
Vertragsfreiheit gilt.
Vertragsstrafe (§ 339 BGB) ist die meist in Geld bestehende
→Leistung, die der →Schuldner für den Fall der →Nichterfüllung (§
340 BGB) oder der nicht gehörigen →Erfüllung (§ 341 BGB) einer
Verbindlichkeit verspricht. Die V. ist unselbständiges
→Strafversprechen. Sie ist verwirkt mit dem →Verzug und ist
entweder statt oder neben der Erfüllung zu erbringen. Ist sie
unverhältnismäßig hoch, kann sie durch Urteil herabgesetzt werden
(§ 343 BGB, anders die §§ 348 [, 351] HGB).
Lit.: Kaiser, B., Die Vertragsstrafe, 1999; Bschorr, Michael/Zanner, Christian, Die Vertragsstrafe
im Bauwesen, 2003; Gehlen, H. v., Angemessene Vertragsstrafe, NJW 2003, 2961; Oberhauser, I.,
Vertragsstrafe, 2003
Vertragsübernahme ist die Übertragung (bzw. Übernahme) der
Stellung als →Partei eines →Schuldverhältnisses auf (bzw. durch) eine
dritte Person. Die V. ist gesetzlich nicht allgemein geregelt und wird
entweder als dreiseitiger Vertrag oder als →Vertrag zweier Beteiligter
mit Zustimmung des Dritten oder als Verbindung von
→Forderungsabtretung und →Schuldübernahme konstruiert. Von
Gesetzes wegen geht die Stellung als Vertragspartei über z. B. nach
den §§ 563, 564, 566, 613a, 1251 BGB.
Lit.: Nörr, K. u. a., Sukzessionen, 2. A. 1999; Emmerich, V., Die Anfechtung der
Vertragsübernahme, JuS 1998, 495
Vertragsverletzung ist die Verletzung einer Vertragspflicht. Die V.
ist Rechtsbruch, weil Verträge grundsätzlich einzuhalten sind. Die V.
ist in den allgemeinen Figuren der →Leistungsstörung
(→Unmöglichkeit, →Verzug, →Pflichtverletzung und
→Gläubigerverzug) geregelt. Verletzt eine Partei eine Vertragspflicht,
so entstehen regelmäßig sekundäre Pflichten auf eine Leistung oder
sonstige Rechte. →Forderungsverletzung, Schadensersatz, Rücktritt
Vertrauen ist die sichere Erwartung des Eintretens eines bestimmten
Umstands. →Vertrauenshaftung
Vertrauensarzt ist der bei einem Sozialversicherungsträger tätige
Arzt, der auf Ersuchen der Krankenkasse die Arbeitsfähigkeit eines
Versicherten und die Verordnung von Versicherungsleistungen
gutachtlich überprüft.
Vertrauensfrage (Art. 68 GG) ist der →Antrag des →Bundeskanzlers
an den →Bundestag, ihm das Vertrauen auszusprechen. Erhält der
Antrag keine Mehrheit, so kann der →Bundespräsident auf Vorschlag
des Bundeskanzlers den Bundestag binnen 21 Tagen auflösen. Wann
der Bundeskanzler die V. stellt, steht bei ihm.
Vertrauensgrundsatz ist der vom →Vertrauen ausgehende
Grundsatz, der darin besteht, dass jeder grundsätzlich darauf
vertrauen darf, dass sich jeder Rechtsgenosse rechtsfreundlich und
nicht rechtsfeindlich verhält, also das →Recht hält und nicht bricht.
Vertrauensgrundsatz im Straßenverkehr ist der von der
Rechtsprechung entwickelte straßenverkehrsrechtliche Grundsatz,
wonach ein Kraftfahrer regelmäßig darauf vertrauen darf, dass sich
andere Verkehrsteilnehmer verkehrsgerecht verhalten. Ist allerdings
nach der Verkehrslage mit Verkehrswidrigkeiten anderer
Verkehrsteilnehmer (z. B. Kinder, erkennbar Kranker, erkennbarer
Rechtsbrecher) zu rechnen, so muss der Kraftfahrer sein →Verhalten
hierauf einstellen und beispielsweise auf sein Vorfahrtsrecht
verzichten (§ 1 StVO).
Lit.: Brinkmann, B., Der Vertrauensgrundsatz, 1996
Vertrauenshaftung ist die Haftung für die Verletzung eines
Vertrauens.
Lit.: Canaris, C., Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 2. A. 1981
Vertrauensinteresse (negatives Interesse) ist das →Interesse des
durch einen →Vertrauensschaden Geschädigten. Er kann verlangen, so
gestellt zu werden wie er stünde, wenn er von dem betreffenden
Geschäft nie etwas gehört hätte. Dann hätte er beispielsweise
Aufwendungen für Verpackung oder Versendung nicht getätigt.
→Erfüllungsinteresse
Vertrauensschaden ist der im →Vertrauen auf die Gültigkeit eines in
Wirklichkeit nicht bestehenden →Rechtsgeschäfts entstandene
→Schaden (z. B. Verpackungskosten im Rahmen eines nachträglich
angefochtenen Rechtsgeschäfts). Der V. ist z. B. nach § 122 I BGB zu
ersetzen. Er steht im Gegensatz zum →Nichterfüllungsschaden.
Vertrauensschutz ist die rechtliche Berücksichtigung eines
entgegengebrachten →Vertrauens. Diese erfolgt in verschiedener Art
und Weise. Im Privatrecht werden vielfach Tatbestände des
→Rechtsscheins zugunsten →Gutgläubiger wie tatsächliche
Tatbestände behandelt. Im Verwaltungsrecht können
→Verwaltungsakte nur in begrenztem Umfang zu Lasten Vertrauender
aufgehoben werden.
Lit.: Geurts, P., Der Grundsatz des Vertrauensschutzes, Diss. jur. Bonn 1997; Berninghausen, B.,
Die Europäisierung des Vertrauensschutzes, 1998; Blanke, H., Vertrauensschutz und europäisches
Verwaltungsrecht, 1999; Blanke, H., Vertrauensschutz im deutschen und europäischen
Verwaltungsrecht, 2000
vertretbar (Adj.) ersetzbar, annehmbar
vertretbare Handlung →Handlung, vertretbare
vertretbare Sache →Sache, vertretbare
Vertretenmüssen (§ 276 I 1 BGB) ist die gesetzliche Verpflichtung,
für ein bestimmtes (schuldhaftes) →Verhalten einzustehen.
Grundsätzlich hat der →Schuldner, wenn eine strengere oder mildere
Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des
Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie
oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist, (eigenen) →Vorsatz
und (eigene) →Fahrlässigkeit zu vertreten. Außerdem hat er ein
Verschulden seines gesetzlichen →Vertreters und der Personen, deren
er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient
(→Erfüllungsgehilfen), (ohne eigenes Verschulden) in gleichem
Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden (§ 278 I 1 BGB).
Lit.: Lorenz, S., Rücktritt, Minderung und Schadensersatz wegen Sachmängeln im neuen Kaufrecht:
Was hat der Verkäufer zu vertreten? NJW 2002, 2497
Vertreter ist die für einen andern auftretende →Person
(→Stellvertretung, Handelsvertreter). Der V. handelt in fremdem
Namen für fremde Rechnung. Seine mit Vertretungswillen und
Vertretungsmacht abgegebene →Willenserklärung wirkt unmittelbar
für und gegen den →Vertretenen. Der V. kann gesetzlicher V. (z. B.
§ 1629 BGB Eltern für Kind) oder gewillkürter V., Empfangsvertreter
oder Erklärungsvertreter sein. Er unterscheidet sich von →Boten durch
die eigene, selbständige Willensbildung. Für den gesetzlichen V. gilt
§ 278 BGB. Verfassungsmäßig berufener V. nach § 31 BGB ist, wer
durch die Satzung eines →Vereins oder die Verwaltungsorganisation
einer öffentlich-rechtlichen →Körperschaft zur Tätigkeit innerhalb
eines bestimmten Geschäftsbereichs berufen ist. Das sind alle
Personen, denen durch allgemeine Betriebsregelung wesensgemäße
Funktionen der juristischen →Person zur selbständigen Erfüllung
zugewiesen sind (z. B. Filialleiter einer Bank). Fügen sie durch eine
in Ausführung der ihnen zustehenden Verrichtungen begangene
Handlung einem Dritten einen →Schaden zu, so ist die juristische
Person für diesen verantwortlich. Der verfassungsmäßig berufene V.
ist →Organ, nicht →Stellvertreter. Er handelt für die juristische Person,
nicht als deren V. Im Verwaltungsstreitverfahren wird zur Vertretung
eines Lands oder einer Landesbehörde ein V. des öffentlichen
→Interesses bestellt (§§ 35ff. VwGO).
Lit.: Schmidt, K., Die gesetzliche Vertretung durch die Eltern, NJW 1989, 1712
Vertretergeschäft ist das vom →Vertreter vorzunehmende
→Rechtsgeschäft.
Vertretung →Stellvertretung
Vertretungsmacht ist die Rechtsmacht, in fremdem Namen für
fremde Rechnung zu handeln. Die V. ist Voraussetzung für die
wirksame →Stellvertretung. Fehlt sie – ganz oder in Bezug auf die
vorgenommene Handlung –, so liegt Vertretung ohne V. (§§ 177ff.
BGB) vor. Die V. kann auf →Gesetz, Hoheitsakt oder
→Rechtsgeschäft (→Bevollmächtigung) beruhen.
Lit.: Müller, K., Gesetzliche Vertretung ohne Vertretungsmacht, 1970; Welser, Vertretung ohne
Vertretungsmacht, 1970
Vertretungswille ist der Wille, in fremdem Namen für fremde
Rechnung zu handeln. Der V. ist eine Voraussetzung für die
wirksame →Stellvertretung. Tritt der Wille, in fremdem Namen zu
handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens,
im eigenen Namen zu handeln, grundsätzlich nicht in Betracht (§ 164
II BGB). Vielmehr wird dann der Handelnde selbst verpflichtet und
berechtigt.
Vertrieb (M.) Verteilung, Vermittlung, Verkauf
Lit.: Schaefer, R., Das rotierende Vertriebssystem, NJW 2000, 320;
Bechtold, R., Zulassungsanprüche zu selektiven Vertriebssystemen,
NJW 2003, 3729
Vertriebener ist der deutsche Staatsangehörige oder
Volkszugehörige, der seinen Wohnsitz in den frühern deutschen
Ostgebieten oder außerhalb des Deutschen Reichs im Zusammenhang
mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung
verloren hat (sowie der ihm gleichgestellte Mensch).
Lit.: Schenckendorff, M. v. u. a., Vertriebenenrecht und Flüchtlingsrecht (Lbl.), 1998; Sandvoß, T.,
Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler (Lbl.), 1998; Nawratil, H., Schwarzbuch der Vertreibung,
1999
Vertriebsrecht ist objektiv die Gesamtheit der den Vertrieb von
Waren betreffenden Rechtssätze und subjektiv das Recht zum
Vertrieb von Waren.
Lit.: Roniger, R., Das neue Vertriebskartellrecht, 2000; Ende, L./Klein, A., Grundzüge des
Vertriebsrechts im Internet, 2001; Micklitz, H./Tonner, K., Vertriebsrecht, 2002; Ensthaler, J./Funk,
M./Stopper, M., Handbuch des Automobilvertriebsrechts, 2003; Roniger, R./Hemetsberger, W.,
KFZ-Vertrieb neu, 2003; Handbuch des Vertriebsrechts, hg. v. Martinek, M. u. a., 2. A. 2003
Veruntreuung (§ 246 II StGB) ist die →Unterschlagung einer dem
Täter besonders anvertrauten Sache (z. B. bei
Eigentumsvorbehaltskauf). Die V. ist mit Freiheitsstrafe bis zu 5
Jahren oder Geldstrafe bedroht. Der Versuch ist strafbar.
Verursacher ist der die Ursache einer Wirkung oder eines Erfolgs
setzende Mensch (oder Umstand).
Lit.: Flachsbarth, L., Die Verwirklichung des Verursacherprinzips,
1998
Verursachung ist die Setzung einer Ursache für einen Erfolg.
→Kausalität
Lit.: Köbler, G., Zehn Gebote Schadensrecht, FS A. Söllner, 2000
Verurteilung ist das Anordnen einer →Rechtsfolge in einem
Einzelfall durch ein →Urteil. Die V. betrifft außer der Hauptsache
grundsätzlich auch die →Kosten. Die strafverfahrensrechtliche V. ist
in das →Bundeszentralregister einzutragen (§ 3 BZRG).
(Rechtstatsächlich erfolgten in Deutschland 1998 rund 700000
strafrechtliche Verurteilungen.)
Vervielfältigung ist die Vermehrung um ein Vielfaches. Im
Immaterialgüterrecht steht das Recht der V. eines Werks dem
→Urheber zu (§ 16 UrhG). Es ist ein Teil des Verwertungsrechts des
Urhebers.
Verwahrung (§ 688 BGB) ist entweder der entgeltliche und damit
gegenseitige oder der unentgeltliche und damit unvollkommen
zweiseitig verpflichtende →Vertrag, durch den sich der eine Teil
(Verwahrer) verpflichtet, eine ihm von dem andern Teil (Hinterleger)
übergebene bewegliche Sache aufzubewahren. Wichtige Fälle der V.
sind →Lagergeschäft und →Depotgeschäft. Unregelmäßige V. (§ 700
BGB) liegt vor, wenn vertretbare →Sachen in der Art hinterlegt
werden, dass das →Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser
verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge
zurückzugewähren. Öffentlich-rechtliche V. ist im Verwaltungsrecht
eine öffentlich-rechtliche Sonderverbindung, auf welche die
Vorschriften über V. (§§ 688ff. BGB, ausgenommen die §§ 695, 690
BGB) und Leistungsstörungen entsprechend anwendbar sind.
Öffentlich-rechtliche V. besteht, wenn die Verwaltung bewegliche
Sachen kraft öffentlichen →Rechts (z. B. Beschlagnahme,
Sicherstellung) zur Aufbewahrung in Besitz hat. Ansprüche aus
öffentlich-rechtlicher V. sind nach § 40 II VwGO von den
→Zivilgerichten geltend zu machen. →Verwahrungsbruch
Lit.: Büllesbach, R., Die öffentlich-rechtliche Verwahrung, 1994 (Diss.); Weingärtner, H., Das
notarielle Verwahrungsgeschäft, 1998
Verwahrungsbruch (§ 133 StGB) ist das Zerstören, Beschädigen,
Unbrauchbarmachen oder der dienstlichen Verfügung Entziehen von
Schriftstücken oder andern beweglichen →Sachen, die in dienstlicher
Verwahrung – oder amtlicher Verwahrung einer Religionsgesellschaft
des öffentlichen Rechts – sind. Der V. ist eine Straftat gegen die
öffentliche Ordnung. Der V. ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
oder mit Geldstrafe bedroht.
Lit.: Brüggemann, V., Der Verwahrungsbruch, 1981
Verwaltung ist die auf längere Dauer angelegte Besorgung einer
Angelegenheit. Im öffentlichen Recht ist V. die – öffentlich-rechtliche
oder privatrechtliche – Staatstätigkeit, die nicht →Gesetzgebung,
→Rechtsprechung oder →Regierung ist. Die V. betrifft jede nicht
grundlegende Gestaltung der Angelegenheiten der Gemeinschaft und
der einzelnen Personen durch konkrete Maßnahmen. Sie besteht vor
allem in der Ausführung der →Gesetze. Sie kann die auswärtigen
Angelegenheiten (auswärtige V.) oder die inneren Angelegenheiten
(innere V.) betreffen sowie →Eingriffsverwaltung oder
→Leistungsverwaltung, (sowie in Bezug auf das Ob und das Wie der
Vornahme) entweder freie V. (gesetzesfreie, nicht auch rechtsfreie V.,
z. B. im Bereich der Leistungsverwaltung, im Bereich der
Sportverwaltung im Bereich der Kulturverwaltung) oder (an die
Rechtsordnung bzw. Gesetz fest) gebundene V. (z. B. § 57 GewO,
Versagung einer Reisegewerbekarte) sein. Nach Art. 30 GG ist die V.
in Deutschland aus geschichtlichen Gründen grundsätzlich Sache der
→Länder und nur ausnahmsweise des Bundes. Von daher ist zu
unterscheiden zwischen →Bundesverwaltung und →Landesverwaltung.
Beide sind aber unmittelbare →Staatsverwaltung und stehen als solche
im Gegensatz zur →Auftragsverwaltung und zur →Selbstverwaltung
Lit.: Verwaltungslexikon, hg. v. Eichhorn, P., 3. A. 2003; Happ, M. u. a., Die Station in der
öffentlichen Verwaltung, 5. A. 2003; Bullerdiek, T./Greve, M./Puschmann, W., Öffentliche
Verwaltung im Internet, 2. A. 2002
Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG) ist die – formlos mögliche –
→Verfügung (→Allgemeinverfügung), →Entscheidung oder andere
hoheitliche →Maßnahme, die eine →Behörde zur →Regelung eines
Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen →Rechts trifft und die auf
unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (z. B.
→Baugenehmigung, Beamtenernennung, Steuerbescheid, Ausschluss
eines Schülers von einer Klassenfahrt, Staatsprüfung,
wasserrechtliche Bewilligung, Anordnung gegen einen Störer,
Verwarnung, Widmung). Der V. ist ein Fall des
→Verwaltungshandelns. Der V. kann begünstigend (z. B.
Gewerbeerlaubnis) oder – evtl. auch – belastend (z. B.
Steuerbescheid) sein, Personen (personaler V.) oder Sachen
(dinglicher V.) betreffen sowie entweder nur den Adressaten oder
auch Dritte erfassen. Ein mitwirkungsbedürftiger V. liegt vor, wenn
der V. der Mitwirkung des Betroffenen (in der Form eines Antrags)
bedarf (z. B. Beamtenernennung), ein mehrstufiger V., wenn die
Mitwirkung weiterer Behörden erforderlich ist (z. B.
Baugenehmigung für Bauvorhaben im Außenbereich). Weiter
unterscheidet man vorschreibende, gebietende, verbietende (z. B.
Verbot der Benutzung eines verkehrsunsicheren Fahrzeugs),
gestaltende (z. B. Enteignung), feststellende (z. B. Eichung),
streitentscheidende (z. B. §§ 112ff. BBauG) und beurkundende
Verwaltungsakte (z. B. Beurkundung im Personenstandsbuch). Der V.
hat – sofern er nicht nichtig ist – von der Bekanntgabe an
grundsätzlich Wirksamkeit und nach ungestörtem Ablauf der
Widerspruchsfristen und Klagefristen Bestandskraft. Der fehlerhafte
V. kann im Verwaltungsverfahren (→Widerspruch) und im
Verwaltungsrechtsweg angegriffen werden (→Anfechtungsklage,
→Feststellungsklage). Wird nach Feststellungsklage die
Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts festgestellt, so ist nicht mehr
dessen Regelungsgehalt maßgeblich, sondern die ohne Geltung des
Verwaltungsakts bestehende Rechtslage. Der V. ist zu trennen vom
→Gesetz (→Verordnung, →Satzung), vom öffentlich-rechtlichen
→Vertrag, von der internen →Verwaltungsvorschrift und von der
bloßen →Auskunft.
Lit.: Polomski, R., Der automatisierte Verwaltungsakt, 1993 (Diss.); Ennuschat, J., Der
Verwaltungsakt, JuS 1998, 905; Schnapp, F./Henkenötter, S., Wann ist ein Verwaltungsakt
fehlerhaft?, JuS 1998, 524; Druschel, C., Die Verwaltungsaktbefugnis, 1999; Fischer, C., Der
Verwaltungsakt, Diss. jur. Bonn 2000
Verwaltungsbehörde (§ 1 IV VwVfG) ist die Aufgaben der
öffentlichen →Verwaltung wahrnehmende Stelle (bzw. die durch
Organisationsrecht geschaffene, vom Wechsel der sie jeweils
innehabenden Menschen unabhängige, in gewisser Weise
verselbständigte Organisationseinheit). Die V. kann
Bundesoberbehörde (z. B. Bundeskanzleramt [oberste
Bundesbehörde], Bundesministerium [oberste Bundesbehörde],
Bundesarchiv, Umweltbundesamt, Kraftfahrtbundesamt),
Bundesmittelbehörde (z. B. Oberfinanzdirektion) und
Bundesunterbehörde, Landesoberbehörde (z. B. Landesministerium
[oberste Landesbehörde], Landeskriminalamt, Landesamt für
Verfassungsschutz), Landesmittelbehörde (Bezirksregierung) und
Landesunterbehörde (z. B. Landratsamt, Kreisausschuss, Finanzamt)
sein. In der Regel führt die obere V. über die untere V. die →Aufsicht.
→Verwaltungslehre
Verwaltungsgebühr ist die →Gebühr für die Vornahme einer
Amtshandlung (z. B. Erteilung einer Baugenehmigung).
Verwaltungsgemeinschaft war bis 1953 ein Güterstand des
→Ehegüterrechts.
Verwaltungsgericht (VG) (z. B. §§ 2, 5 VwGO) ist das →Gericht der
ersten →Instanz der →Verwaltungsgerichtsbarkeit. Bei dem V. sind
→Kammern gebildet, doch soll zwecks Verfahrensbeschleunigung die
Kammer in der Regel die Entscheidung einem ihrer Mitglieder als
Einzelrichter übertragen. Das V. ist grundsätzlich für alle
Verwaltungsrechtsstreitigkeiten in erster Instanz zuständig.
Verwaltungsgerichtsbarkeit ist die für verwaltungsrechtliche
Streitigkeiten (allgemeine, öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
nichtverfassungsrechtlicher Art, § 40 I VwGO) zuständige
→Gerichtsbarkeit. Sie dient der gerichtlichen Kontrolle des
→Verwaltungshandelns. Sie wird durch →Verwaltungsgerichte,
→Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe und das
→Bundesverwaltungsgericht ausgeübt. Voraussetzung eines
verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist regelmäßig die Durchführung
eines Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens, §§ 68ff. VwGO). In
der V. gilt grundsätzlich der Untersuchungsgrundsatz
(Offizialmaxime). Rechtsgeschichtlich hat sich die V. in der Mitte des
19. Jh.s (→Rechtsstaat) entwickelt (Baden 1863).
Lit.: Classen, C., Die Europäisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1996; Stern, K., Die
Einwirkung des europäischen Gemeinschaftsrechts auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit, JuS 1998,
769; Olechowski, T., Europäische Modelle der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: Recht ohne Grenzen,
1998, 137; Schoch, F., Die Europäisierung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2000
Verwaltungsgerichtsgesetz der amerikanischen Besatzungszone ist
das der →Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. 1. 1960
vorausgehende Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der
amerikanischen Besatzungszone.
Verwaltungsgerichtshof (VGH) (§ 184 VwGO) ist in einigen
Ländern (z. B. Bayern) die Bezeichnung für das
→Oberverwaltungsgericht.
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist das die Verfassung und
das Verfahren der →Verwaltungsgerichtsbarkeit regelnde
Bundesgesetz vom 21. 1. 1960. Die V. gliedert sich vor allem in die
Teile →Gerichtsverfassung, →Verfahren, →Rechtsmittel und
→Wiederaufnahme des Verfahrens, →Kosten und →Vollstreckung. Sie
hat darüber hinaus auch das →Verwaltungsverfahren durch
Einführung des Widerspruchsverfahrens (§§ 68ff. VwGO)
vereinheitlicht. Nach §§ 173 VwGO gelten subsidiär das
Gerichtsverfassungsgesetz und die →Zivilprozessordnung.
Lit.: VerwaltungsgerichtsO, 29. A. 2002; Kopp, F./Schenke, W., Verwaltungsgerichtsordnung, 13.
A. 2003; Redeker, K./Oertzen, H. v., Verwaltungsgerichtsordnung, 13. A. 2001; Schoch,
F./Schmidt-Aßmann, E./Pietzner, R., Verwaltungsgerichtsordnung (Lbl.), 9. A. 2003; NomosKommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung (Lbl.), hg. v. Sodan, H. u. a., 1998; Bader, J. u. a.,
Verwaltungsgerichtsordnung, 2. A. 2002
Verwaltungshandeln ist im öffentlichen Recht das →Handeln der →Verwaltungsbehörden. Das V.
kann in der Rechtssetzung (→Rechtsverordnung, →Satzung, →Verwaltungsvorschrift), im Abschluss
eines öffentlich-rechtlichen →Vertrags oder im Erlass eines →Verwaltungsakts bestehen. Das V.
kann mehr oder weniger eng an →Gesetze gebunden oder frei sein. Die Kontrolle des
Verwaltungshandelns erfolgt durch die Aufsicht des Staats und die →Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Schlichtes V. ist das rein tatsächliche Handeln der öffentlichen →Verwaltung durch Tathandlungen,
die nicht →Verwaltungsakt sind.
Lit.: Ossenbühl, F., Die Handlungsformen der Verwaltung, JuS 1979, 681; Schulte, M., Schlichtes
Verwaltungshandeln, 1995; Körner, P., Informelles Verwaltungshandeln, 2000
Verwaltungslehre ist die Lehre über das Wesen und die Organisation
der öffentlichen →Verwaltung. Die V. ist Hilfswissenschaft des
→Verwaltungsrechts. Ihre Gegenstände sind vor allem Aufgaben,
Kontrolle, Organisation und Handlungen der öffentlichen
→Verwaltung sowie die Grundsätze der Verwaltungsführung und
Verwaltungseffizienz.
Lit.: Thieme, Verwaltungslehre; Püttner, G., Verwaltungslehre, 3. A. 2000; Thieme, W., Einführung
in die Verwaltungslehre, 1995
Verwaltungsprivatrecht ist das die Verwaltung betreffende
Privatrecht. Dies ist das Recht, das Anwendung findet, wenn ein
Träger öffentlicher →Verwaltung in privatrechtlichen Rechtsformen
handelt (z. B. Stromversorgung, Abwasserbeseitigung, Subvention
[Darlehen]). Das V. ist grundsätzlich →Privatrecht, wird aber durch
gewisse Ausstrahlungen des öffentlichen →Rechts modifiziert. Die
→Behörde ist nämlich auch beim Handeln in privatrechtlichen Formen
an die →Grundrechte (z. B. Art. 3 GG) und die verwaltungsrechtlichen
Grundsätze des →Verwaltungshandelns gebunden.
Lit.: Becker, J., Verwaltungsprivatrecht und Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1994
Verwaltungsprozess (Verwaltungsstreitverfahren) ist das
gerichtliche →Verfahren, in dem über eine allgemeine öffentlichrechtliche →Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art entschieden
wird. Der V. ist in der Verwaltungsgerichtsordnung geregelt. Er kennt
insbesondere die →Anfechtungsklage, →Verpflichtungsklage,
→Feststellungsklage und allgemeine →Leistungsklage. Nach § 87 I 2
VwGO ist eine Heilung behördlicher Verfahrensfehler und
Formfehler noch im V. möglich.
Lit.: Kuhla, W./Hüttenbrink, J., Der Verwaltungsprozess, 3. A. 2002; Klein, K./Czajka, D.,
Gutachten und Urteil im Verwaltungsprozess, 4. A. 1995; Stern, K., Verwaltungsprozessuale
Probleme in der öffentlich-rechtlichen Arbeit, 8. A. 2000
Verwaltungsprozessrecht ist die Gesamtheit der den
→Verwaltungsprozess betreffenden Rechtssätze.
Lit.: Ule, Verwaltungsprozessrecht; Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozessrecht; Schwabe, J.,
Examensrelevantes Verwaltungsprozessrecht, 5. A. 2000; Schenke, W., Verwaltungsprozessrecht,
8. A. 2002; Hufen, F., Verwaltungsprozessrecht, 5. A. 2003; Münchener Prozessformularbuch Bd. 6
Verwaltungsrecht, hg. v. Johlen, H., 1999; Tettinger, P./Wahrendorf, V., Verwaltungsprozessrecht,
2. A. 2001; Ehlers, D., Die Europäisierung des Verwaltungsprozessrechts, 1999; Lorenz, D.,
Verwaltungsprozessrecht, 2000; Büchner, H./Schlotterbeck, K., Verwaltungsprozessrecht, 6. A.
2001
Verwaltungsrecht ist die Gesamtheit der die öffentliche
→Verwaltung betreffenden Rechtssätze. Das V. im weiteren Sinn ist
→Verwaltungsprivatrecht und V. im engeren Sinn. Das V. (im engeren
Sinn) ist ein Teil des öffentlichen →Rechts. Es gliedert sich in einen
allgemeinen Teil und einen besonderen Teil. Der allgemeine, von der
Wissenschaft erarbeitete und im →Verwaltungsverfahrensgesetz
teilweise gesetzlich festgelegte Teil behandelt die allgemeinen Fragen
des Verwaltungsrechts wie z. B. das Subjekt des Verwaltungsrechts,
das Objekt des Verwaltungsrechts (öffentliche →Sache), das
→Verwaltungshandeln (u. a. Verwaltungsakt) und die Ansprüche
gegenüber der →Verwaltung (z. B. auf Handeln, Unterlassen,
Folgenbeseitigung oder Ausgleich). Der besondere Teil umfasst
zahlreiche einzelne Bereiche, von denen die wichtigsten das
→Beamtenrecht, →Polizeirecht, →Baurecht und →Gemeinderecht sowie
in einem weiteren Sinn auch das →Steuerrecht und →Sozialrecht sind.
Das V. ist überwiegend →Landesrecht (anders z. B. VwGO, BauGB).
Lit.: Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. A. 2003; Allgemeines Verwaltungsrecht, hg.
v. Erichsen, H. u. a.; Besonderes Verwaltungsrecht, hg. v. Schmidt-Aßmann, Eberhard, 12. A.
2003; Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht; Wolff, H./Bachof, O./Stober, R., Verwaltungsrecht,
Bd. 1 11. A. 1999, Bd. 2 6. A. 2000, Bd. 3 5. A. 2004; Sartorius, C., Verfassungs- und
Verwaltungsgesetze, 73. A. 2003; Staats- und Verwaltungsrecht Bundesrepublik Deutschland, hg.
v. Kirchhof, P., 33. A. 2002; Bull, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A. 2000; Giemulla, E.
u. a., Verwaltungsrecht, 6. A. 1998; Hofmann, H./Gerke, J., Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. A.
2002; Suckow, H./Weidemann, H., Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungsrechtsschutz,
14. A. 2004; Peine, F., Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A. 2002; Battis, U., Allgemeines
Verwaltungsrecht, 3. A. 2002; Tettinger, P., Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 1 6. A. 2001;
Formatiert: Schriftart: Kursiv
Papenheim, G., Verwaltungsrecht für die soziale Praxis, 14. A. 1998; Schmidt, W., Staats- und
Verwaltungsrecht, 3. A. 1999; Schmidt-Jortzig, E., Vierzig Klausuren aus dem Verwaltungsrecht, 6.
A. 1999; Ipsen, J., Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. A. 2001; Wallerath, M., Allgemeines
Verwaltungsrecht, 5. A. 2000; Richter, I./Schuppert, G./Bumke, C., Casebook Verwaltungsrecht, 3.
A. 2000; Busse, B./Füssgen, P./Tillmann-Gehrken, B., Die Methodik der Fallbearbeitung im
Verwaltungsrecht, 3. A. 2001; Detterbeck, S., Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. A. 2004;
Münchener Anwaltshandbuch Verwaltungsrecht, hg. v. Johlen, H./Oerder, M., 2. A. 2003; Brühl,
R., Verwaltungsrecht für die Fallbearbeitung, 6. A. 2003; Schweickhardt/Vondung, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 8. A. 2004
Verwaltungsträger ist der Träger einer Zuständigkeit zur Ausübung
öffentlicher →Verwaltung.
Verwaltungstreuhand →Treuhand
Verwaltungsunrecht ist das im Widerspruch zu einem
Ordnungsgesetz stehende →Verhalten (→Ordnungswidrigkeit). Es ist
Unrecht, hat aber nicht denselben Unwert wie eine →Straftat. Es wird
durch →Geldbuße geahndet (§§ 1ff. OWiG).
Verwaltungsverfahren (§ 9 VwVfG) ist die nach außen wirkende
Tätigkeit der →Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen,
die Vorbereitung und den Erlass eines →Verwaltungsakts oder auf
den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen →Vertrags gerichtet ist
(einschließlich des Erlasses des Verwaltungsakts und Abschlusses des
öffentlichrechtlichen Vertrags). Nicht hierzu gehört das Verfahren
zum Erlass von →Verordnungen und →Satzungen sowie das rein
verwaltungsinterne Verfahren. Das V. ist grundsätzlich nicht an
bestimmte Formen gebunden und einfach; zweckmäßig und zügig
durchzuführen (§ 10 VwVfG). Das V. der →Bundesbehörden und der
Bundesauftragsverwaltung ist im Verwaltungsverfahrensgesetz des
Bundes (1976) geregelt (§ 1 I VwVfG), das Verfahren der
Landesbehörden in den Landesverwaltungsverfahrensgesetzen.
Lit.: Weides, P., Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren, 3. A. 1993; Hufen, F., Fehler
im Verwaltungsverfahren, 4. A. 2002; Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess,
hg. v. Brandt, J. u. a., 1999; Püttner, G./Guckelberger, A., Beschleunigung von
Verwaltungsverfahren, JuS 2001, 218; Roßnagel, A., Das elektronische Verwaltungsverfahren,
NJW 2003, 469; Remmert, B., Private Dienstleistungen im staatlichen Verwaltungsverfahren, 2003
Verwaltungsverfahrensgesetz ist das das →Verwaltungsverfahren
regelnde Gesetz.
Lit.: Kopp, F./Ramsauer, U., Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. A. 2003; Stelkens, P./Bonk, H./Sachs,
M., Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. A. 2001; Knack, H., Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. A. 2000;
Obermayer, K., Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. A. 1999; Eichler,
F./Oesterreicher, E., Verwaltungsverfahrensgesetz (Lbl.), 1999
Verwaltungsvermögen ist die Gesamtheit der Gegenstände, die
unmittelbar hoheitlichen Zwecken dienen (z. B. Verwaltungsgebäude,
Krankenhaus). öffentliche →Sache
Lit.: Papier, H., Das Recht der öffentlichen Sachen, 3. A. 1998
Verwaltungsverordnung →Verwaltungsvorschrift
Verwaltungsvertrag ist der von der →Verwaltung abgeschlossene
öffentlich-rechtliche →Vertrag.
Lit.: Maurer, H., Die Praxis des Verwaltungsvertrags im Spiegel der Rechtsprechung, 2. A. 1997;
Bartscher, B., Der Verwaltungsvertrag, 1997; Staudenmayer, C., Der Verwaltungsvertrag mit
Drittwirkung, 1997; Macedo Weiß, P., Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag, 1999; Schlette,
V., Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000; Preuß, M., Zu den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
Gelöscht: 2
subordinationsrechtlicher Verwaltungsverträge, 2000; Gurlit, E., Verwaltungsvertrag und Gesetz,
2001
Verwaltungsvollstreckung ist die zwangsweise Verwirklichung der
Anordnungen der →Verwaltung. Es gilt der Grundsatz der
Selbstvollstreckung durch die →Verwaltungsbehörde. Als
→Vollstreckungstitel dient der →Verwaltungsakt. Unterschieden
werden Vollstreckung wegen →Geldforderungen (§§ 1ff. VwVG) und
Erzwingung von →Handlungen, →Duldungen oder →Unterlassungen,
wobei →Zwangsmittel die →Ersatzvornahme, das →Zwangsgeld und
der unmittelbare →Zwang sind (§§ 9ff. VwVG). Die V. des Bundes
erfordert grundsätzlich die Unanfechtbarkeit des →Verwaltungsakts
oder seine sofortige →Vollstreckbarkeit. Für die Anwendung der
Zwangsmittel ist der Grundsatz der →Verhältnismäßigkeit zu
beachten. Für bestimmte Sonderbereiche der Verwaltung gelten
Sondergesetze (→Abgabenordnung, →Justizbeitreibungsordnung,
→Reichsversicherungsordnung bzw. Sozialgesetzbuch).
Lit.: Selmer, P./Gersdorf, H., Verwaltungsvollstreckungsverfahren, 1996; App, M.,
Verwaltungsvollstreckungsrecht, 3. A. 1997; Lemke, H., Verwaltungsvollstreckungsrecht, 1997
Verwaltungsvollstreckungsgesetz (des Bundes) ist das die
→Verwaltungsvollstreckung betreffende →Gesetz (des →Bundes).
Lit.: Engelhardt, H./App, M., Verwaltungsvollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, 5.
A. 2001; Sadler, G., Verwaltungsvollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, 4. A. 2001
Verwaltungsvorschrift (früher Verwaltungsverordnung) ist die Regelung, die innerhalb der
Verwaltungsorganisation von übergeordneten Verwaltungsträgern an nachgeordnete
Verwaltungsträger ergeht und dazu dient, Organisation und Handeln der Verwaltung näher zu
bestimmen (Erlass, →Verfügung, Dienstanweisung, →Richtlinie). Rechtstheoretisch ist die V.
→Rechtsnorm (str.), hat aber nur bedingt Außenwirkung. Grundlage für ihren Erlass ist die
Organisationsgewalt der →Verwaltung (str.). Der gegenständliche Inhalt ist sehr verschieden.
Allgemeine Verwaltungsvorschriften für den Vollzug der Bundesgesetze durch die Länder im
Auftrag des Bunds können ausschließlich von der Bundesregierung mit Zustimmung des
Bundesrats erlassen werden.
Lit.: Rogmann, A., Die Bindungswirkung, 1998; Jarass, H., Bindungswirkung von
Verwaltungsvorschriften, JuS 1999, 105
Verwaltungswissenschaft ist die Wissenschaft vom Wesen und der
Organisation der Verwaltung. →Verwaltungslehre
Lit.: Schuppert, G., Verwaltungswissenschaft, 2000
Verwaltungszustellung ist die →Zustellung von Schriftstücken der
→Verwaltung, die für Bundesbehörden im
Verwaltungszustellungsgesetz (1962) geregelt ist. Danach besteht die
Zustellung in der Übergabe eines Schriftstücks in Urschrift,
Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift oder in dem Vorlegen der
Urschrift. Zugestellt wird grundsätzlich durch die Post – mit
Zustellungsurkunde oder mittels eingeschriebenen Briefs – oder durch
die →Behörde (§§ 2ff. VwZG).
Lit.: Engelhardt, H./App, M., Verwaltungsvollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, 5.
A. 2001; Sadler, G., Verwaltungsvollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, 4. A. 2001;
Verwaltungszwang ist die Erzwingung der von der Verwaltung
gegebenen Anordnung – des belastenden →Verwaltungsakts – durch
die →Verwaltung selbst. Anders als eine Privatperson kann die
Verwaltung kraft ihrer Stellung als Hoheitsträger ihre auf gesetzlicher
Grundlage bestehenden Ansprüche ohne gerichtliche oder sonstige
staatliche Hilfe selbst vollstrecken. Mittel des Verwaltungszwangs
sind →Ersatzvornahme, →Zwangsgeld und unmittelbarer →Zwang (§ 9
VwVG).
Verwandter (§ 1589 BGB) eines Menschen ist ein Mensch, der zu
diesem Menschen oder zu einem gemeinsamen dritten Menschen in
einem Abstammungsverhältnis steht (z. B. Sohn, Nichte).
Verwandtschaft (§ 1589 BGB) ist das personenrechtliche Verhältnis
zwischen Menschen, die voneinander (V. in gerader Linie) oder
gemeinsam von demselben dritten Menschen (V. in Seitenlinien)
abstammen. Die V. ist bedeutsam vor allem für familienrechtliche
und erbrechtliche Rechte und Pflichten. Die nächste V. (Verwandte in
gerader Linie, Geschwister) begründet ein →Eheverbot (§ 1307 BGB).
Der Grad der V. bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden
Geburten (z. B. Geschwister sind Verwandte zweiten Grads in der
Seitenlinie).
Verwarngeld →Verwarnung
Verwarnung (§ 14 JGG) ist die eindringliche Zurechtweisung eines
jugendlichen Täters unter Vorhaltung des Unrechts der begangenen
→Straftat. Die V. ist ein →Zuchtmittel. Im Allgemeinen Strafrecht ist
eine besondere V. mit Strafvorbehalt zulässig (§ 59 StGB). Im
→Verwaltungsrecht kann die dazu ermächtigte Verwaltungsbehörde
bei geringfügigen →Ordnungswidrigkeiten eine – vielfach
gebührenpflichtige – V. (Verwarngeld, Verwarnungsgeld, 5 bis 35
Euro) erteilen (§§ 56ff. OWiG).
Lit.: Janiszewski, H./Buddendiek, H., Verwarnungs- und Bußgeldkatalog mit Punktesystem, 2000;
Scheel, J., Die Rechtswirklichkeit der Verwarnung, 1997; Neumayer-Wagner, E., Die Verwarnung
mit Strafvorbehalt, 1998
Verweisung ist die Bezugnahme, Weiterleitung oder Abweisung. Bei
der V. von einer Vorschrift auf eine andere Vorschrift bewirkt die V.,
dass die in Bezug genommene Bestimmung Teil der bezugnehmenden
Bestimmung wird. Im Prozessrecht kann ein unzuständiges Gericht –
teilweise auf Antrag, teilweise von Amts wegen – in der Regel
bindend eine V. an ein zuständiges Gericht beschließen (§§ 17aff.
GVG).
Lit.: Wolf, Gerichtsverfassungsrecht; Thomas/Putzo, ZPO
Verweisungsrecht →Privatrecht, internationales
Verwendung (§ 994 BGB) ist die gewollte Vermögensaufwendung,
die einer Sache zugute kommen soll, indem sie diese wiederherstellt,
erhält oder verbessert (z. B. Reparatur eines Autos). Streitig ist, ob
noch eine V. vorliegt, wenn die Sache grundlegend verändert wird
(z. B. Hausbau auf bislang unbebautem Grundstück). Die V. ist ein
Sonderfall der →Aufwendung. Im →Eigentümer–nichtberechtigter
Besitzer-Verhältnis kann der Besitzer für die notwendige V. – d. h.
die V., die zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der
Sache objektiv erforderlich ist (z. B. Hebungskosten eines Wracks,
Füttern eines Tiers) – vom Eigentümer grundsätzlich Ersatz
verlangen, wobei sich für die bösgläubig oder nach Eintritt der
Rechtshängigkeit durchgeführte notwendige V. die Ersatzpflicht nach
den Vorschriften über die →Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt,
so dass dann, wenn sie nicht auch dem Willen des Eigentümers
entspricht, nur ein Anspruch auf Herausgabe der ungerechtfertigten
Bereicherung in Betracht kommt. Für die nützliche V. – d. h. die V.,
die nicht notwendige V. ist (z. B. Färben von Fellen, Ordnen von
Büchern einer Bibliothek) – kann der Besitzer Ersatz nur verlangen,
wenn sie gutgläubig und vor Eintritt der Rechtshängigkeit gemacht
wird.
Lit.: Knackstedt, U., Der Verwendungsbegriff, 1993 (Diss.); Wolf, G., Die Strafbarkeit der
rechtswidrigen Verwendung öffentlicher Mittel, 1998; Verse, D., Verwendungen im Eigentümer–
Besitzer-Verhältnis, 1999
Verwertung ist die Wert schöpfende Nutzung eines Gegenstands.
Verwertungsgesellschaft ist die Gesellschaft, deren Zweck in der
vermögensrechtlichen Verwertung von (nichtvermögensrechtlichen)
Rechten liegt (z. B. V. →WORT, →GEMA).
Lit.: Lessmann, T., Verwertungsgesellschaften, Diss. jur. Münster 2000
Verwertungsverbot (§ 33 III StPO) ist das von der Rechtsordnung an
ein →Gericht oder eine →Behörde gerichtete Verbot, bestimmte
Tatsachen bei der Entscheidungsbildung zu berücksichtigen (str.).
Beispielsweise darf eine Aussage eines Zeugen gegenüber dem
Verteidiger des Angeklagten nicht verwertet werden, wenn der Zeuge
sich vor Gericht auf sein Aussageverweigerungsrecht beruft. Ist ein
Beweismittel unter Verletzung eines Persönlichkeitsrechts erlangt, ist
es ebenso unverwertbar wie der in ein Zivilverfahren rechtswidrig
eingeführte Tatsachenvortrag.
Lit.: Fink, A., Die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozess, Diss. jur.
Köln 1994; Nagel, M., Verwertung und Verwertungsverbote im Strafverfahren, 1998
Verwirkung ist der aus →Treu und Glauben folgende Verlust eines
Rechts infolge verspäteter Geltendmachung. Die V. ist ein Fall
unzulässiger Rechtsausübung. Sie erfordert, dass ein →Anspruch oder
ein →Gestaltungsrecht längere Zeit nicht geltend gemacht wurde und
die jetzige Ausübung auf Grund besonderer Umstände gegen Treu
und Glauben verstößt. Sie ist eine →Einwendung und deshalb von
Amts wegen zu beachten. Die V. tariflicher Rechte ist ausgeschlossen
(§ 4 IV TVG). Im Verfassungsrecht kann ein →Grundrecht durch
Missbrauch verwirkt werden (Art. 18 GG). Diese V. ist vom
→Bundesverfassungsgericht auszusprechen (§§ 36ff. BVerfGG).
Lit.: Siebert, W., Verwirkung und Unzulässigkeit der Rechtsausübung, 1934; Kegel, G.,
Verwirkung, Vertrag und Vertrauen, FS K. Pleyer, 1986; Wolfslast, G., Staatlicher Strafanspruch
und Verwirkung, 1995; Kochendörfer, M., Die Verwirkung des Unterlassungsanspruchs im
Markenrecht, 2000; Birr, C., Verjährung und Verwirkung, 2003
Verwirkungsklausel (F.) kassatorische Klausel, →Verfallsklausel
Verzicht ist die rechtsgeschäftliche Aufgabe eines →Rechts oder eines
rechtlichen Vorteils. Der V. ist nicht allgemein geregelt. Im
Schuldrecht ist der V. auf eine →Forderung als →Erlass nur durch
→Vertrag möglich (§ 397 BGB, ähnlich §§ 2346ff. BGB,
Erbverzicht). Auf andere Rechtsstellungen sowie in andern
Rechtsgebieten kann dagegen meist durch einseitiges
→Rechtsgeschäft verzichtet werden (z. B. §§ 875, 928, 959 BGB, 515,
566 ZPO).
Lit.: Kornexl, T., Der Zuwendungsverzicht, 1998
Verzichtsurteil (§ 306 ZPO) ist das auf Grund eines →Verzichts des
→Klägers und eines Antrags des Beklagten ergehende →Urteil.
Verzug (§§ 286ff. BGB) ist die rechtswidrige Verzögerung der
→Leistung durch den →Schuldner. Der V. ist ein Fall der
→Leistungsstörung im Schuldverhältnis. Er erfordert eine
→Verpflichtung, die noch nicht erfüllt ist, aber noch erfüllt werden
kann, die →Fälligkeit, eine →Mahnung (§ 286 I BGB bzw. Erhebung
der Leistungsklage oder Zustellung eines Mahnbescheids im
Mahnverfahren) oder deren Entbehrlichkeit (§ 286 II BGB) sowie
→Vertretenmüssen (§ 286 IV BGB). Der Schuldner einer
Geldforderung (Entgeltforderung) kommt spätestens in V., wenn er
nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer
Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet, wobei ein
Verbraucher als Schuldner auf diese Folgen in der Rechnung oder
Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden sein muss (§ 284
III BGB). V. ist ausgeschlossen, soweit ein
Leistungsverweigerungsrecht wegen Leistungsmängeln besteht. Der
V. begründet vor allem einen Anspruch auf Ersatz des
Verzögerungsschadens (§§ 280 II, 286 BGB) und u. U. (im
gegenseitigen Vertrag immer) ein Leistungsablehnungsrecht bzw.
→Rücktrittsrecht sowie einen Anspruch auf →Schadensersatz (§ 288
IV BGB). Eine Geldschuld ist während des Verzugs für das Jahr mit
fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des
Diskontüberleitungsgesetzes zu verzinsen (§ 288 I BGB, bei
Nichtverbrauchern acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz). Der
Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten
und haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der
Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde (§ 287
BGB). Der V. ist zu trennen vom →Gläubigerverzug oder
Annahmeverzug. Er endet mit →Erfüllung, →Unmöglichkeit oder
→Verjährung. Eine Klage auf Feststellung von V. ist unzulässig. Kein
unmittelbarer Zusammenhang besteht mit der →Gefahr im V.
Lit.: Wahl, F., Schuldnerverzug, 1998; Huber, U., Leistungsstörungen, 1999; Kiesel, H., Das Gesetz
zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, NJW 2000, 1673; Schmidt-Kessel, M., Die
Zahlungsverzugsrichtlinie und ihre Umsetzung, NJW 2001, 97; Schulte-Braucks, R.,
Zahlungsverzug in der Europäischen Union, NJW 2001, 103; Anders, H., Der Schuldnerverzug, JuS
2001 L 25; Lammich, K., Gläubiger- und Schuldnerverzug, 2003
Veto (lat.) ich verbiete, Einspruchsrecht
Videokonferenz (§ 128a ZPO) ist die seit 2001 im Zivilprozess
zulässige Konferenz unter Verwendung von Videogeräten.
Lit.: Schultzky, H., Viedeokonferenzen im Zivilprozess, NJW 2002,
313
Viehkauf (§§ 481ff. BGB a. F.) war der →Kauf bestimmter →Tiere
(Pferd, Esel, Maulesel, Maultier, Rind, Schaf, Schwein), bei dem der
Verkäufer nur Hauptmängel und diese nur innerhalb bestimmter
Gewährfristen und nur in der Form der →Wandlung, evtl. der
→Nachlieferung zu vertreten hatte.
Lit.: Lerche, Viehgewährschaftsrecht, 1955; Sommer, M., Der Pferdekauf, Diss. jur. Münster 2000
Vikar (M.) Stellvertreter, Theologe zwischen erster und zweiter
Prüfung
Viktimologie (Opferkunde) ist das Teilgebiet der →Kriminologie, das
die Beziehungen zwischen Täter und Verletztem (Opfer) einer
→Straftat betrifft.
vindicatio (lat. [F.]) Gewaltsagung, Herausgabeverlangen
Vindikation ist der aus dem römischen Recht stammende
→Herausgabeanspruch des →Eigentümers gegen den nichtberechtigten
→Besitzer (§§ 985ff. BGB).
Lit.: Kaser, Römisches Privatrecht; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Vindikationslegat (Herausgabevermächtnis) ist das dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremde
→Vermächtnis, bei dem der Vermächtnisnehmer das Recht (z. B. Eigentum) am
Vermächtnisgegenstand mit dem →Erbfall erlangt. →Damnationslegat (§ 2174 BGB)
Vindikationszession (F.) Abtretung des Herausgabeanspruchs, vgl.
§ 931 BGB
vinkuliert (Adj.) gebunden
vinkulierte Namensaktie →Namensaktie, vinkulierte
Virginia Bill of Rights (12. 6. 1776) ist das Gesetz des amerikanischen Staats Virginia, das als
erstes grundlegende Rechte des Einzelnen (→Grundrechte) verkündete (erste formelle →Verfassung).
vis (lat. [F.]) Gewalt
vis (F.) absoluta (lat.) absolute Gewalt, →Gewalt
vis (F.) compulsiva (lat.) zwingende Gewalt, →Gewalt
vis (F.) maior (lat.) höhere Gewalt, →Gewalt
Visum ([N.] Sichtvermerk) ist im Verwaltungsrecht der in den →Pass
eines →Ausländers eingetragene Vermerk der – staatlichen –
→Erlaubnis der Einreise (evtl. auch der Ausreise).
Vivisektion (F.) Versuch am lebenden Lebewesen
V-Mann (M.) Vertrauensmann, amtsfremder Informant
Lit.: Krauß, K., V-Leute im Strafprozess, 1999
VOB (F.) → Vergabe- und Vertragsordnung (Verdingungsordnung)
für Bauleistungen
Lit.: VOB/HOAI, 22. A. 2003
VOF (F.) Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen bei
öffentlichen Aufträgen mit einem Mindestauftragsvolumen von
200000 ECU
Lit.: Voppel, R./Osenbrück, W./Bubert, C., VOF, 2001
Vogt (zu lat. advocatus) ist im mittelalterlichen deutschen Recht der
schützende (weltliche) Sachwalter einer Person oder Kirche.
Lit.: Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 5. A. 1972
VOL (F.) →Verdingungsordnung für Leistungen
Lit.: Schaller, H., Verdingungsordnung für Leistungen, 3. A. 2004
Volenti non fit iniuria ([lat.] dem Einwilligenden geschieht kein
Unrecht) ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dessen deutlichste
Ausprägung die Einordnung der →Einwilligung als
→Rechtfertigungsgrund ist.
Lit.: Ohly, A., Volenti non fit iniuria, 2002
Volk ist die anfangs vor allem durch die gemeinsame Sprache (z. B.
Indogermanen, Germanen, Römer, Griechen, Goten, Franken,
Bayern, Alemannen, Sachsen, Angeln, Deutsche, Franzosen, Italiener,
Engländer), in der Gegenwart durch gemeinschaftliche geistige,
kulturelle oder politische Entwicklung verbundene größere
Menschenmehrheit (z. B. Amerikaner, Schweizer, Belgier, Inder).
Lit.: Elsner, B., Die Bedeutung des Volkes im Völkerrecht, 2000
Völkerbund ist die vertragliche Vereinigung von →Staaten zur
Sicherung des Weltfriedens zwischen 1920 und 1946. →Vereinten
Nationen.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Völkermord (§ 220a StGB, Genozid) ist die vorgenommene
volksschädigende Handlung in der Absicht, eine nationale, rassische,
religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe (z. B. Armenier,
Zigeuner, Kroaten, Albaner, Hutus, Juden) als solche ganz oder
teilweise zu zerstören (z. B. Tötung von Mitgliedern der Gruppe). Der
V. wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. Für ein Verfahren
wegen Völkermords im Ausland ist ein Gericht in Deutschland
zuständig, wenn ein genügender Anknüpfungspunkt zu Deutschland
besteht (z. B. langjähriger Aufenthalt des Täters mit fortbestehender
Meldung in Deutschland).
Lit.: Safferling, C., Wider die Feinde der Humanität, JuS 2001, 735; Schabas, W., Genozid im
Völkerrecht, 2003
Völkerrecht ist die Gesamtheit der Rechtssätze, welche die
Verhaltensweisen regeln, die zu einem geordneten Zusammenleben
der Menschen notwendig sind und nicht im innerstaatlichen Recht der
einzelnen souveränen →Staaten (→Souveränität) enthalten sind.
Obwohl dem V. ein Zwangscharakter fehlt, ist es Recht (str.). Es
beruht auf Rechtsüberzeugungen, die über alle kulturellen und
ideologischen Verschiedenheiten hinweg von allen Völker anerkannt
werden. Es ist (in Ermangelung eines Subjekts mit
Gesetzgebungsrecht) überwiegend →Gewohnheitsrecht, teilweise auch
Vertragsrecht. Es gilt grundsätzlich für die Staaten
(Völkerrechtssubjekte) und nicht für deren Staatsangehörige. Es muss
daher, um gegen Staatsangehörige wirken zu können, grundsätzlich
vom Einzelstaat in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.
Lit.: Ipsen, K., Völkerrecht, 5. A. 2003; Seidl-Hohenveldern/Stein, Völkerrecht; Völkerrechtliche
Verträge, 9. A. 2002; Verdross, A./Simma, B., Universelles Völkerrecht, 3. A. 1985; Dahm,
G./Delbrück, J./Wolfrum, R., Völkerrecht, Bd. 1 Teil 1 2. A. 1989; Kimminich, O./Hobe, S.,
Einführung in das Völkerrecht, 7. A. 2000; Fontes historiae iuris gentium, hg. v. Grewe, W.,
Bd. 1ff. 1995ff.; Neues europäisches Völkerrecht, hg. v. Neuhold, H. u. a., 1996; Völkerrecht, hg. v.
Vitzthum, W. Graf, 2. A. 2001; Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, hg. v. Neuhold, H.
u. a., 3. A. 1997; Völkerrechtliche Verträge, hg. v. Randelzhofer, A., 9. A. 2002; Doehring, K.,
Völkerrecht, 1999; Epiney, A., Strukturprinzipien des Umweltvölkerrechts, 1998; Kokott,
J./Doehring, K/Buergenthal, T. u. a. Grundzüge des Völkerrechts, 3. A. 2003; Herdegen, M.,
Völkerrecht, 2. A. 2002; Schweitzer, M., Staatsrecht, Völkerrecht, Europarecht, 7. A. 2000;
Beyerlin, U., Umweltvölkerrecht, 2000; Bleckmann, A., Völkerrecht, 2001; Blumenwitz, D., Fälle
und Lösungen zum Völkerrecht, 2001; Fischer, P./Köck, H., Allgemeines Völkerrecht, 5. A. 2000;
Werle, G., Völkerstrafrecht, 2003
Völkerrechtssubjekt ist der Träger der sich unmittelbar aus dem
→Völkerrecht ergebenden Rechte und Pflichten (→Staaten,
innerstaatliche Organisationen, in bestimmten Beziehungen auch
Einzelpersonen).
Volksabstimmung ist die →Abstimmung der stimmberechtigten
Staatsbürger über eine einzelne Sachfrage. Die V. kann
Volksbegehren oder Volksentscheid sein. Sie ist im →Grundgesetz –
abgesehen von Art. 29 GG – aus Misstrauen gegenüber dem Volk
nicht vorgesehen.
Volksbank ist das in der Rechtsform einer eingetragenen
→Genossenschaft geführte und einem Prüfungsverband angehörende
Kreditinstitut unter der Firma V. →Bank
Volksbegehren ist das einer →Volksabstimmung zuzuführende
politische Begehren eines Teils eines Staatsvolks.
Volksdemokratie ist im – sozialistischen – Verfassungsrecht die –
der bürgerlichen Demokratie sprachlich bewusst entgegengesetzte –
Regierungsform, in der die politische Macht in den Händen der
kommunistischen Arbeiterpartei als Vertreterin des Volks liegt. Aus
der V. soll eine sozialistische D. entwickelt werden. Seit 1989
nehmen die bisherigen Volksdemokratien von diesen Vorstellungen
Abstand.
Volksdeutscher war (zwischen 1918 und 1945) der Deutsche fremder
Staatsangehörigkeit.
Volksentscheid →Volksabstimmung
Volksgeist ist in der Rechtsgeschichte des 19. Jh.s die (behauptete)
Gesamtheit der einem →Volk innewohnenden, teilweise unbewusst
wirkenden schöpferischen Kräfte. Nach der historischen
→Rechtsschule (Savigny) ist die Fortbildung des Rechts dem V. zu
überlassen. Eine →Kodifikation ist überflüssig oder schädlich.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Volksgemeinschaft ist im →Nationalsozialismus die Gesamtheit der
von ihrer →Rasse her zu einem →Volk gehörenden Menschen.
Volksgerichtshof war seit 24. 4. 1934 das Sondergericht des Dritten
Reiches für politische Straftaten.
Lit.: Marxen, K., Das Volk und sein Gerichtshof, 1994
Volksgesetzbuch ist das volkstümliche, das gesamte Recht eines
Volks verständlich zusammenfassende Gesetzbuch(, dessen
Unternehmen im →Nationalsozialismus angesichts des zweiten
Weltkriegs über einen Entwurf zu einem ersten Buch (1941) und
verschiedene Vorarbeiten kaum hinausgelangte).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Volkshochschule ist die bekannteste Einrichtung zur Fortbildung von
Erwachsenen (verschiedener Träger ohne einheitliche rechtliche
Regelung).
Volksschädling war im →Nationalsozialismus der den Interessen des
deutschen Volks schadende und deshalb strafbare Mensch.
Lit.: Kroeschell, K., Rechtsgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, 1992
Volksschule (Grundschule) ist die allgemeinbildende öffentliche
→Schule (Pflichtschule) für Kinder ab dem 6. Lebensjahr.
Volkssouveränität (Art. 20 II GG) ist die Innehabung der
→Staatsgewalt durch das →Volk.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Volksverhetzung (§ 130 StGB) ist der Angriff gegen die
Menschenwürde anderer durch Aufstacheln zum Hass gegen Teile der
Bevölkerung, durch Auffordern zu Gewaltmaßnahmen und
Willkürmaßnahmen gegen sie oder durch ihr Beschimpfen,
böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden, wenn dies in einer
Weise geschieht, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Die V. wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu 5 Jahren
bestraft. In Deutschland ist dabei wegen V. auch strafbar, wer in
Australien die Behauptung in das Internet stellt, dass es den
Völkermord an den Juden durch den Nationalsozialismus nicht
gegeben habe.
Lit.: Wehinger, M., Kollektivbeleidigung – Volksverhetzung, 1994
Volksversammlung ist im altrömischen und germanischen Recht die
Versammlung der freien Angehörigen eines →Volks. Sie wird
periodisch sowie aus besonderem Anlass abgehalten. Sie entscheidet
vor allem über Krieg und Frieden und vermutlich auch über einzelne
rechtliche Angelegenheiten und Streitigkeiten.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Volkswirtschaft ist die Gesamtheit der Wirtschaftsvorgänge in einem
Volk oder Staat.
Lit.: Arnim, H. v., Volkswirtschaftspolitik, 6. A. 1998; Hohlstein, M., Lexikon der Volkswirtschaft,
2000; Siebert, H., Einführung in die Volkswirtschaftslehre, 13. A. 2000; Hohlstein u. a., Lexikon
der Volkswirtschaft, 2. A. 2003
Vollendung →Versuch
volljährig →Volljährigkeit
Volljährigkeit ist das →Lebensalter, mit dem der Mensch die
unbeschränkte →Geschäftsfähigkeit erlangt. Die V. tritt mit der
Vollendung des 18. Lebensjahrs ein (§ 2 BGB, am Geburtstag um 0
Uhr, § 187 II 2 BGB). Die Haftung für Verbindlichkeiten, die Eltern
oder sonstige vertretungsberechtigte Personen mit Wirkung für das
Kind begründet haben, beschränkt sich auf den Bestand des bei
Eintritt der V. vorhandenen Vermögens des Kinds (§ 1629a BGB).
Volljurist ist der durch erfolgreiche Ablegung der ersten juristischen
Staatsprüfung und der zweiten juristischen Staatsprüfung die
→Richteramtsbefähigung erworben habende Mensch.
Lit.: Köbler, Jurist
Vollmacht (§ 166 II BGB) ist die durch →Rechtsgeschäft erteilte
→Vertretungsmacht. Die V. ist von der gesetzlichen
Vertretungsmacht durch die Art ihrer Begründung und von dem meist
zugrundeliegenden Innenverhältnis (→Auftrag) durch ihre
Zielrichtung unterschieden. Sie entsteht durch das einseitige,
grundsätzlich nicht formbedürftige aber durch eine
Vollmachtsurkunde absicherbare Rechtsgeschäft der
→Bevollmächtigung (§ 167 BGB, für die V. eines Darlehensnehmers
zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags sind Schriftform
und Mindestinhalt erforderlich § 492 IV BGB, ausgenommen
Prozessvollmacht, notariell beurkundete Vollmacht). Wird die
Bevollmächtigung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden
vorgenommenen, liegt Innenvollmacht, bei Vornahme gegenüber
Dritten Außenvollmacht vor. Vom Umfang her kann die V.
Generalvollmacht oder Spezialvollmacht sein. Sonderfälle im
Handelsrecht sind die →Handlungsvollmacht und die →Prokura
sowie im Verfahrensrecht die →Prozessvollmacht.
→Scheinvollmacht sind die →Duldungsvollmacht und die
→Anscheinsvollmacht (str.). Die V. ist grundsätzlich jederzeit
→widerruflich (§ 168 S. 2 BGB). Sie kann über ihr Erlöschen hinaus
wirken (§§ 171ff. BGB).
Lit.: Hofmann, K., Vollmachten, 8. A. 2002; Lekaus, U., Vollmacht von Todes wegen, 2000;
Spitzbarth, R., Vollmachten im Unternehmen, 4. A. 2000; Tschauner, H., Die postmortale
Vollmacht, 2001
Vollrausch (§ 323a StGB) ist das abstrakte →Gefährdungsdelikt, bei
dem sich der Täter vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische
Getränke oder andere berauschende Mittel in einen →Rausch versetzt
und (objektive →Bedingung der Strafbarkeit, str.) in diesem Zustand
eine rechtswidrige →Tat begeht, deretwegen er (nur deswegen) nicht
bestraft werden kann, weil er infolge des Rauschs →schuldunfähig war
oder weil dies nicht auszuschließen ist. § 323a StGB, bei dem sich das
→Verschulden nur darauf bezieht, dass der Täter sich in einen Rausch
versetzt hat, wird verdrängt, wenn die Rauschtat unter dem
Gesichtspunkt der →actio libera in causa strafbar ist, bei der sich das
Verschulden auch auf die rechtswidrige Tat erstreckt.
Lit.: Cramer, P., Der Vollrauschtatbestand als abstraktes Gefährdungsdelikt, 1962; Hwang, C., Die
Rechtsnatur des Vollrauschtatbestandes (§ 323a StGB), 1988
vollstreckbar (Adj.) durch Vollstreckung ausführbar
vollstreckbare Urkunde →Urkunde, vollstreckbare
Vollstreckbarkeit (§ 704 ZPO) ist die Eignung eines Rechts oder
Schriftstücks zur Durchführung der →Vollstreckung. Die V. ist die
Voraussetzung für die Erteilung der →Vollstreckungsklausel sowie die
→Zwangsvollstreckung überhaupt. Die V. kann eine vorläufige sein
(§§ 708ff. ZPO).
Lit.: Kopp, K., Die vollstreckbare Urkunde, 1994 (Diss.); Gottwald, Der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit, JA 1997, 486; König, G., Die vorläufige Vollstreckbarkeit, NJW 2003, 1372
Vollstreckung ist die zwangsweise Durchsetzung eines →Anspruchs
oder einer →Anordnung. Die V. erfordert eine hoheitliche Entstehung
oder Anerkennung und eine hoheitliche Durchführung (z. B. →Urteil
durch Gericht, →Zwangsvollstreckung durch Vollstreckungsorgane,
→Strafvollstreckung, →Verwaltungsvollstreckung). Die Rechtspraxis
der Vereinigten Staaten von Amerika bedient sich zur Erreichung der
Ziele der V. auch der außergerichtlichen Bedrängung des
→Schuldners (z. B. Telefon, Schattenmann [in Deutschland wegen
Wettbewerbswidrigkeit rechtswidrig]).
Lit.: Lippross, O., Vollstreckungsrecht, 9. A. 2003; Nies, I., Praxis der Mobiliarvollstreckung, 1998;
Schuschke, W./Walker, W., Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 2. A. 1999
Vollstreckungsanordnung (§ 3 VwVG) ist die Anordnung der
zwangsweisen Verwirklichung eines Anspruchs durch die
Verwaltungsbehörde, die den Anspruch geltend machen kann. Sie ist
ein öffentlicher →Auftrag an die Vollstreckungsbehörde, die
Vollstreckung durchzuführen, und ersetzt den im
Verwaltungsvollstreckungsverfahren nicht notwendigen
Vollstreckungstitel. Sie erfordert einen Leistungsbescheid, Fälligkeit
der Leistung und Ablauf der Frist von einer Woche seit Bekanntgabe
des Leistungsbescheids bzw. Eintritt der Fälligkeit.
Vollstreckungsbefehl (seit 1977) →Vollstreckungsbescheid
Vollstreckungsbescheid (§ 699 ZPO) ist der im →Mahnverfahren auf
der Grundlage des →Mahnbescheids bei Fehlen eines →Widerspruchs
auf →Antrag erlassene →Vollstreckungstitel. Der V. steht einem für
vorläufig vollstreckbar erklärten →Versäumnisurteil gleich. Gegen ihn
ist →Einspruch möglich.
Lit.: Braun, J., Die materielle Rechtskraft des Vollstreckungsbescheids, JuS 1992, 177
Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) ist der →Rechtsbehelf gegen
die Art und Weise des Vorgehens eines →Vollstreckungsorgans (z. B.
Pfändung unpfändbarer Gegenstände), der beim
→Vollstreckungsgericht einzulegen ist.
Lit.: Neumüller, B., Vollstreckungserinnerung, Vollstreckungsbeschwerde und
Rechtspflegererinnerung, 1981; Schmidt, K., Die Vollstreckungserinnerung im Rechtssystem, JuS
1992, 90; Wittschier, J., Die Vollstreckungserinnerung, JuS 1999, 585
Vollstreckungsgegenklage oder Vollstreckungsabwehrklage (§ 767
ZPO) ist die Klage, durch die der →Schuldner – vor dem
→Prozessgericht – Einwendungen gegen den im →Urteil festgestellten
→Anspruch geltend machen kann. Die V. kann nur wegen solcher
Einwendungen erhoben werden, die im Verfahren, auf dem der
→Vollstreckungstitel beruht, nicht berücksichtigt werden konnten
(z. B. spätere Zahlung). Sie ist darauf gerichtet, die
→Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären.
Lit.: Kainz, M., Funktion und dogmatische Einordnung der Vollstreckungsabwehrklage, 1984;
Thran, N., Die Vollstreckungsgegenklage, JuS 1995, 1111; Rottmann, J., Die
Vollstreckungsgegenklage, 1995
Vollstreckungsgericht (§ 764 ZPO) ist die für die
→Zwangsvollstreckung zuständige Abteilung des →Amtsgerichts. Das
V. ist ein für bestimmte Maßnahmen zuständiges
→Vollstreckungsorgan. Es kann ohne mündliche →Verhandlung
entscheiden.
Vollstreckungsgläubiger ist die Person, welche die
→Zwangsvollstreckung aus dem im →Vollstreckungstitel enthaltenen
→Anspruch zu Lasten des →Vollstreckungsschuldners betreibt.
Vollstreckungsklausel (§ 725 ZPO) ist der Vermerk (des
→Urkundsbeamten) auf der vollstreckbaren Ausfertigung eines
→Vollstreckungstitels, der die →Vollstreckbarkeit bescheinigt. Sie
lautet Vorstehende Ausfertigung wird dem (Bezeichnung der Partei)
zum Zweck der Zwangsvollstreckung erteilt. Sie ist notwendiger
Bestandteil der vollstreckbaren Ausfertigung und damit
Voraussetzung der →Zwangsvollstreckung.
Vollstreckungsorgan ist das staatliche →Organ, das die
→Zwangsvollstreckung durchführt. V. sind →Gerichtsvollzieher,
→Vollstreckungsgericht, →Prozessgericht und →Grundbuchamt. Ihre
jeweilige Zuständigkeit ergibt sich aus den besonderen Vorschriften.
Vollstreckungsrecht →Zwangsvollstreckungsrecht
Vollstreckungsschuldner ist die Person, gegen die der im
→Vollstreckungstitel enthaltene →Anspruch zugunsten des
→Vollstreckungsgläubigers vollstreckt wird.
Vollstreckungsschutz ist die Gesamtheit der gesetzlichen
Bestimmungen, die zum Schutz des →Vollstreckungsschuldners gegen
Maßnahmen der →Zwangsvollstreckung erlassen worden sind (z. B.
die §§ 765a, 811, 850a ZPO). Insbesondere kann das
→Vollstreckungsgericht auf Antrag des →Vollstreckungsschuldners
eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise
aufheben, untersagen oder einstellen, wenn sie wegen ganz
besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten
nicht vereinbar ist.
Vollstreckungstitel (z. B. §§ 704, 794 ZPO) ist die →Entscheidung
oder beurkundete Erklärung, aus der durch →Gesetz die
→Zwangsvollstreckung zugelassen ist. Der V. ist Voraussetzung der
→Zwangsvollstreckung. Die wichtigsten V. sind rechtskräftige oder
für vorläufig vollstreckbar erklärte →Endurteile, →Prozessvergleiche,
→Kostenfestsetzungsbeschlüsse, →Vollstreckungsbescheide und
vollstreckbare →Urkunden.
Vollstreckungsvereitelung (§ 258 II StGB) →Strafvereitelung
Lit.: Hofmann, D., Die Entwicklung und Bedeutung der Vereitelung
der Zwangsvollstreckung, Diss. jur. Mainz 1997
Vollstreckungsverfahren ist das der →Vollstreckung eines →Urteils
mit →Zwangsmitteln dienende →Verfahren (→Zwangsvollstreckung).
Vollstreik ist der einen gesamten Wirtschaftszweig oder einen
gesamten →Betrieb vollständig erfassende →Streik.
Vollurteil ist das über die Klage in ihrem vollen Umfang
entscheidende →Urteil (im Gegensatz zum →Teilurteil).
Vollziehung ist die Verwirklichung (Vollzug) einer →Anordnung
oder Vorstellung. Im →Verwaltungsrecht kann unter bestimmten
Voraussetzungen die sofortige V. eines →Verwaltungsakts angeordnet
werden. Dadurch entfällt der →Suspensiveffekt von →Widerspruch
und →Anfechtungsklage (§ 80 II VwGO). Das →Gericht der
Hauptsache kann aber die aufschiebende Wirkung auf Antrag
anordnen oder wiederherstellen.
Vollzug ist die Verwirklichung (Vollziehung) einer Anordnung oder
Vorstellung. →Strafvollzug
Lit.: Rossen, H., Vollzug und Verhandlung, 1999
Vollzugsbehörde ist in der →Strafvollstreckung die →Behörde, die
Anordnungen der →Strafvollstreckungsbehörde durch Vollzug der
→Freiheitsstrafe, der →Maßnahme der Besserung und Sicherung und
des →Jugendarrests auszuführen hat.
Vollzugsanstalt ist die dem Vollzug der Strafe dienende bauliche
Einrichtung.
Lit.: Verzeichnis der Vollzugsanstalten, 1997
Vollzugsdienst ist die Tätigkeit der →Vollzugsbehörden,
insbesondere der →Vollzugspolizei.
Vollzugsnorm (engl. self-executing-norm) ist die →Norm, die den
→Bürger selbst unmittelbar in seinen →Rechten betrifft. Die V. bedarf
keines Vollzugs durch eine →Verwaltungsbehörde. Gegen sie ist eine
→Verfassungsbeschwerde unmittelbar – ohne Erschöpfung eines
vorgeschalteten →Rechtswegs – möglich (vgl. § 93 II BVerfGG).
Vollzugspolizei ist die →Polizei i. e. S. Die V. besteht aus Beamten,
die für den laufenden Einsatz in Einzelakten zur Verfügung stehen.
Sie hat außer besonders benannten Einzelzuständigkeiten das Recht
des ersten Zugriffs, die Aufgabe der allgemeinen Überwachung und
die Pflicht zur Hilfe bei einem →Vollzug von →Verwaltungshandeln.
Die V. gliedert sich in Schutzpolizei, Kriminalpolizei,
Wasserschutzpolizei und Bereitschaftspolizei.
Volontär (M.) Freiwilliger, unentgeltlich auszubildender
Arbeitnehmer
Von Amts wegen ist die Bezeichnung für den →Amtsbetrieb. Sie
bedeutet, dass eine →Behörde oder ein →Gericht von sich aus tätig
wird. Ein Antrag einer Privatperson ist nicht erforderlich.
Vorabentscheidungsverfahren (Art. 234 EGV) ist das das
Auslegungsmonopol des Europäischen Gerichtshofs in allen Fragen
des Gemeinschaftsrechts der Europäischen Union verwirklichende
Verfahren. Wird eine Frage betreffend die Auslegung des Vertrags
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, betreffend die
Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der
Gemeinschaft und der Europäischen Zentralbank oder betreffend die
Auslegung der Satzung der durch den Rat geschaffenen Einrichtungen
in einem auf eine Entscheidung mit Rechtsprechungscharakter
abzielenden Verfahren (nicht z. B. in einem
Handelsregisterverfahren) einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt,
so kann es diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur
Entscheidung vorlegen bzw. muss es, wenn seine Entscheidung nicht
mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten
werden kann, diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur
Entscheidung vorlegen. Nicht völlig verhindern lässt sich dadurch
allerdings, dass das innerstaatliche Letztgericht europarechtsfeindlich
die Vorlagepflicht trotz einer ausdrücklichen gegenteiligen
Stellungnahme der Europäischen Kommission nicht (mehr) für
gegeben hält und unter Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen
Richters selbst in der Sache europarechtswidrig entscheidet (vgl.
VwGH der Republik Österreich Zl. 98/12/0167).
Lit.: Dauses, M., Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177
EG-Vertrag, 2. A. 1995; Schima, B., Das
Vorabentscheidungsverfahren, 1997
vorangegangen (Adj.) vorher gegangen, vorher geschehen
vorangegangenes Tun →Tun, vorangegangenes
Voraus (§ 1932 BGB) ist im →Erbrecht der (neben einem
gesetzlichen Erbrecht stehende) →Anspruch des überlebenden
Ehegatten auf die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände,
soweit sie nicht Zubehör eines Grundstücks (§§ 97, 98 BGB) sind,
und die Hochzeitsgeschenke.
Lit.: Lichtinger, F., Der Voraus, Diss. jur. Regensburg 2000
Vorausabtretung ist die (zulässige) →Abtretung einer →Forderung vor dem Zeitpunkt ihre
Entstehung.
Vorausklage ist die zeitlich einem andern Verhalten vorausgehende
→Klage. Im Schuldrecht (§ 771 BGB) ist die →Einrede der V. das
Recht des →Bürgen, die Befriedigung des →Gläubigers zu verweigern,
solange nicht der Gläubiger eine →Zwangsvollstreckung gegen den
Schuldner ohne Erfolg versucht hat. Diese Einrede kann
ausgeschlossen sein.
Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) ist die von der →Gesamtnachfolge
als Erbe unabhängige, besondere Zuwendung einzelner Gegenstände
an einen →Erben.
Vorbehalt ist die vorherige Einschränkung. V. des Gesetzes ist der
Grundsatz, dass Eingriffe des Staats in →Freiheit und →Eigentum des
Einzelnen nur auf Grund einer gesetzlichen →Ermächtigung zulässig
sind. Der V. des Gesetzes ist eine Ausprägung der →Gesetzmäßigkeit
der →Verwaltung. Nach überwiegender Ansicht gilt er nur für die
→Eingriffsverwaltung, nicht auch für die →Leistungsverwaltung. Im
→Privatrecht kann insbesondere bei der →Übereignung ein
→Eigentumsvorbehalt vereinbart oder gemacht werden (beachte aber
§ 925 II BGB), der den Eigentumsübergang – vorübergehend –
verhindert. Geheimer V. ist im Privatrecht die innerliche, gedankliche
Einschränkung, etwas tatsächlich nach außen Erklärtes in
Wirklichkeit nicht zu wollen. Der geheime V. führt nicht zur
→Nichtigkeit der →Willenserklärung, sondern ist wirkungslos (§ 116
BGB). Geistlicher V. ist in der Rechtsgeschichte der V., dass der
Wechsel der Religionszugehörigkeit eines geistlichen Landesherrn
nicht den Verlust der weltlichen Herrschaftsrechte zur Folge hat
(1555).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Lehner, D., Der Vorbehalt des Gesetzes, 1996; Wehr, M.,
Grundfälle zu Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, JuS 1997, 231
Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB) ist bei der →Gütergemeinschaft der
Ehegatten das besondere, aus dem →Gesamtgut ausgeschlossene, der
alleinigen Zuständigkeit und selbständigen Verwaltung durch den
einzelnen Ehegatten vorbehaltene Gut. Das V. entsteht durch
→Rechtsgeschäft (→Ehevertrag, Bestimmung eines Erblassers oder
Schenkers). Es erfasst auch die Gegenstände, die ein Ehegatte auf
Grund eines zu seinem Vorbehaltsgut gehörenden Rechts oder als
Ersatz für die Zerstörung usw. eines Gegenstands des V. erwirbt
(→Surrogation).
Vorbehaltsurteil (§§ 302, 599 ZPO) ist das →Urteil, das den Streit
unter Vorbehalt der Entscheidung derselben Instanz über bestimmte
Einwendungen des Beklagten erledigt. Es ist ein auflösend bedingtes
Endurteil. Es steht im Gegensatz zum unbedingten →Endurteil und
zum →Zwischenurteil.
Vorbereitungsdienst (§§ 11, 14 BRRG) ist die praktische
Ausbildung des Anwärters auf eine beamtete Tätigkeit des mittleren,
gehobenen und höheren Dienstes. Der V. beginnt nach dem Bestehen
einer Aufnahmeprüfung (z. B. erste juristische Staatsprüfung). Er
endet mit dem Bestehen oder endgültigen Nichtbestehen einer
Abschlussprüfung (z. B. zweite juristische Staatsprüfung).
Vorbereitungshandlung ist die →Handlung, die für die
Durchführung der geplanten Tat geeignete Vorbedingungen schaffen
soll, aber noch nicht zur Verwirklichung des →Tatbestands
unmittelbar ansetzt (z. B. Kauf eines Messers zum Mord). Die V. ist
ein als solcher noch strafloser vorbereitender Zeitabschnitt einer ab
dem Beginn des Versuchs mit Strafe bedrohten Handlung. Vereinzelt
ist sie aber als solche zu einem selbständigen →Straftatbestand
erhoben worden (z. B. § 149 StGB).
Vorbescheid ist in verschiedenen Verwaltungsverfahren und
Gerichtsverfahren der meist zunächst nur vorläufig wirksame
→Bescheid.
Lit.: Reichelt, T., Der Vorbescheid im Verwaltungsverfahren, 1989; Drescher, R., Rechtsprobleme
des baurechtlichen Vorbescheids, 1993 (Diss.)
Vorbeugehaft ist die →Haft zur Verhinderung einer →Straftat. Sie ist
grundsätzlich unzulässig. Nach § 112a StPO kann aber in bestimmten
Fällen, in denen die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr
erforderlich ist, die →Wiederholungsgefahr →Haftgrund sein.
Vorbringen ist das Darlegen eines Umstands vor andern.
Lit.: Hinsen, Das verspätete Vorbringen, JA 1989, Übungsblätter für
Referendare 129
Vorbürge ist die Person (→Bürge), für deren
Bürgschaftsverpflichtung sich bei der →Nachbürgschaft der
Nachbürge verbürgt (§§ 765ff. BGB).
Voreid ist der vor Abgabe einer Erklärung geleistete →Eid.
Vorerbe (§§ 2100ff. BGB) ist der →Erbe, der in der Weise zunächst
zur →Erbschaft berufen ist, dass nach ihm – zu einem bestimmten
späteren Zeitpunkt (Nacherbfall) – ein anderer Erbe (→Nacherbe)
wird. Der V. wird mit dem Erbfall Erbe und kann grundsätzlich über
die zur Erbschaft gehörigen Gegenstände – mit gewissen
Einschränkungen – verfügen (§§ 2112ff. BGB). Nach dem
Nacherbfall hat der V. die Erbschaft herauszugeben.
Lit.: Ludwig, I., Vor- und Nacherbschaft im Grundstücksrecht, 1996; Friedrich, W.,
Rechtsgeschäfte zwischen Vorerben und Nacherben, Diss. jur. Erlangen-Nürnberg 1998; Wingerter,
A., Die Erweiterung der Befugnisse des befreiten Vorerben, 2000
Vorermittlung ist die gesetzlich nicht geregelte Ermittlung der
Staatsanwaltschaft zwecks Entscheidung, ob ein ihr zur Kenntnis
gelangter, unterhalb der Schwelle des Anfangsverdachts liegender
Sachverhalt die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens begründet.
Grundrechtsberührende Maßnahmen sind unzulässig. Eine Pflicht zur
V. besteht grundsätzlich nicht.
Lit.: Lange, N., Vorermittlungen, 1999; Wölfl, B., Vorermittlungen
der Staatsanwaltschaft, JuS 2001, 479
Vorfahrt (§ 8 StVO) ist beim Zusammentreffen mehrerer Fahrzeuge
im Straßenverkehr die Fortsetzung der Fahrt eines Fahrzeugs unter
Zurückbleiben der andern Fahrzeuge. Das Recht zur V. ergibt sich aus
den Regeln des →Straßenverkehrsrechts. Danach hat das Recht zur V.
grundsätzlich (der Lenker des von rechts kommenden Fahrzeugs
bzw.) das von rechts kommende Fahrzeug.
Vorführung ist die Erzwingung des Erscheinens eines Menschen vor
einer →Behörde oder einem Gericht. Die V. ist möglich gegenüber
einem →Beschuldigten (§ 134 StPO), einem →Zeugen (§§ 51 StPO,
380 ZPO) oder einem Wehrpflichtigen (§ 44 WPflG). Sie erfolgt auf
Grund eines →Vorführungsbefehls durch die →Polizei.
Vorführungsbefehl (z. B. § 134 StPO) ist die hoheitliche Anordnung
der Erzwingung des Erscheinens eines Menschen vor einer →Behörde
oder einem →Gericht. Der V. wird meist vom Gericht nach vorheriger
Androhung für den Fall des Ausbleibens ausgestellt. Im Gegensatz
zum →Haftbefehl bewirkt der V. eine Ingewahrsamnahme erst zum
spätest notwendigen Zeitpunkt.
Vorgesellschaft ist die der zustande gekommenen →Gesellschaft im
Gründungsstadium vorhergehende Gesellschaft. Die V. ist mit der
spätern Gesellschaft wesensgleich. Deren Recht ist auf sie
entsprechend anzuwenden (str.).
Lit.: Kunz, J., Die Vorgesellschaft im Prozess, 1994 (Diss.); Kießling, E., Vorgründung und
Vorgesellschaften, 1999; Ehses, S., Die Gründerhaftung in der Vorgesellschaft, 2000; Kersting, C.,
Die Vorgesellschaft im europäischen Gesellschaftsrecht, 2000; Schwarz, G., Der praktische Fall –
Gesellschaftsrecht - , JuS 2001, 55
Vorgesetzter ist der →Beamte, der einem andern Beamten in seiner
dienstlichen Tätigkeit →Weisungen erteilen kann. Demgegenüber ist
→Dienstvorgesetzter, wer für die dienstrechtliche Entscheidung über
die persönlichen Angelegenheiten eines Beamten (z. B. Urlaub)
dienstlich zuständig ist. Sonderregeln gelten für militärische
Vorgesetzte.
vorhersehbar →Vorhersehbarkeit
Vorhersehbarkeit ist die Möglichkeit des vorherigen Erkennens
eines Erfolgs. Ein Mensch, der trotz V. eines rechtlich negativ zu
wertenden Erfolgs tätig wird, verwirklicht den Erfolg zumindest
→fahrlässig. Er kann sich strafbar oder schadensersatzpflichtig
machen.
Vorkaufsrecht (§ 463 BGB) ist das einer Person zustehende,
unübertragbare, durch Erklärung geltend zu machende →Recht, einen
Gegenstand von dem Verpflichteten zu erwerben, sobald dieser den
betreffenden Gegenstand an einen Käufer verkauft. Das V. ist ein
→Gestaltungsrecht (str., oder der Vorkaufsvertrag ein doppelt
aufschiebend bedingter Kaufvertrag). Es kann durch →Gesetz (z. B.
§§ 577, 2034 BGB) oder →Rechtsgeschäft entstehen, schuldrechtlich
(auf eine bestimmte Person bezogen) oder sachenrechtlich (§§ 1094ff.
BGB) (auf den jeweiligen Eigentümer bezogen) sein. Die Ausübung
des Vorkaufsrechts führt zu einem zweiten →Kaufvertrag mit
parallelem Inhalt.
Lit.: Schurig, Das Vorkaufsrecht im Privatrecht, 1975; Heintz, I., Das Vorkaufsrecht des Mieters,
1998
vorkonstitutionell (Adj.) (zeitlich) vor der Verfassung entstanden
vorkonstitutionelles Recht →Recht, vorkonstitutionelles
Vorlageverfahren (Art. 100 GG) ist das besondere Verfahren der
Vorlage einer Streitsache durch ein →Gericht an das
→Verfassungsgericht. Es ist zulässig, wenn ein Gericht ein →Gesetz,
auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für
verfassungswidrig hält (konkrete →Normenkontrolle), wenn in einem
Rechtsstreit zweifelhaft ist, ob eine Regel des →Völkerrechts
Bestandteil des →Bundesrechts ist und ob sie unmittelbar Rechte und
Pflichten für den Einzelnen erzeugt, und wenn ein
Landesverfassungsgericht bei der Auslegung des →Grundgesetzes von
einer →Entscheidung des →Bundesverfassungsgerichts oder eines
Landesverfassungsgerichts abweichen will. Im →Europarecht hat das
V. an den →Europäischen Gerichtshof
(→Vorabentscheidungsverfahren) besondere Bedeutung.
Lit.: Dauses, M., Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EG-Vertrag, 2. A. 1995; Schima,
B., Das Vorabentscheidungsverfahren, 1997
vorläufig (Adj.) vorübergehend
vorläufige Einstellung →Einstellung, vorläufige
vorläufige Festnahme →Festnahme, vorläufige
vorläufiger Rechtsschutz →Anordnung, einstweilige, →Arrest,
→Selbsthilfe, →Verfügung, einstweilige
Lit.: Handbuch des vorläufigen Rechtsschutzes, hg. v. Deutschen Anwaltverein, 1988
vorläufige Vollstreckbarkeit →Vollstreckbarkeit, vorläufige
Vorlegungspflicht (Vorlagepflicht) ist die Pflicht eines →Gerichts, in
bestimmten Fällen eine Streitsache einem höheren Gericht vorzulegen
(§ 121 GVG).
Vorleistungspflicht (§ 320 I 1 BGB) ist die →Pflicht, eine →Leistung
zeitlich vor der →Gegenleistung zu erbringen. Besteht eine V., so
kann die Bewirkung der Leistung nicht von der Erbringung der
Gegenleistung abhängig gemacht werden (Ausschluss eines
→Leistungsverweigerungsrechts). Vorleistungspflichtig sind z. B.
Werkunternehmer, Dienstverpflichteter, Vermieter, doch kann eine
gesetzliche V. vertraglich abbedungen werden.
Vormerkung (§ 883 BGB) ist die vorläufige Grundbucheintragung
zur Sicherung eines →Anspruchs auf →Eintragung einer
Rechtsänderung. Die V. ist ein dingliches, in das Grundbuch
einzutragendes Sicherungsmittel eigener Art für die Zeit zwischen
dem Abschluss des Rechtsgeschäfts und der Eintragung der damit
angestrebten Rechtslage in das Grundbuch. Sie bewirkt, dass eine
→Verfügung, die nach der Eintragung der V. über das →Grundstück
oder das →Recht getroffen wird, insoweit unwirksam ist, als sie den
Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde (relative
→Verfügungsbeschränkung). Soweit der Erwerb eines eingetragenen
Rechts oder eines Rechts an einem solchen Recht gegenüber dem, zu
dessen Gunsten die V. besteht, unwirksam ist, kann dieser von dem
Erwerber die →Zustimmung zu der →Eintragung oder der →Löschung
verlangen, die zur Verwirklichung des durch die V. gesicherten
Anspruchs erforderlich ist (§ 888 BGB). Daneben besteht gegen den
Vertragspartner der Anspruch auf →Erfüllung (z. B. des Kaufvertrags)
fort. In Betracht kommt auch ein Anspruch auf Herausgabe von
Nutzungen entsprechend § 987 BGB. Die V. verliert ihre Bedeutung
und erlischt mit Erlöschen des Anspruchs und mit endgültiger
Eintragung. Eine erloschene V. kann durch erneute Bewilligung ohne
Grundbuchberichtigung und inhaltsgleiche Neueintragung wieder zur
Sicherung eines neuen deckungsgleichen Anspruchs verwendet
werden, wobei der Rang durch den Zeitpunkt der neuen Bewilligung
bestimmt wird. Besonders wichtige Fälle der V. sind die
→Auflassungsvormerkung und die →Löschungsvormerkung. Die
rechtstatsächliche Bedeutung der V. hängt wesentlich von der Länge
der Zeit zwischen Rechtsgeschäft und Eintragung ab.
Lit.: Prinz, W., Der gutgläubige Vormerkungserwerb und seine rechtlichen Wirkungen, 1989
(Diss.); Hager, J., Die Vormerkung, JuS 1990, 429ff.; Assmann, D., Die Vormerkung, 1998;
Stamm, J., Die examensrelevatnen Probleme der Vormerkung, JuS 2003, 48
Vormiete →Vormietrecht
Vormietrecht ist das dem →Vorkauf entsprechende Recht eines
Vermieters gegenüber dem Verpflichteten, einen parallelen
→Mietvertrag zustande zu bringen, sobald der Verpflichtete mit einem
Dritten einen Mietvertrag abschließt.
Vormund ist die als solche durch Anordnung des
→Vormundschaftsgerichts zur Führung einer →Vormundschaft
bestellte Person (§ 1789 BGB). Die Tätigkeit als V. ist grundsätzlich
öffentlich-rechtliche Pflicht (§ 1785 BGB). Für die Auswahl eines
Vormunds gelten bestimmte gesetzliche Regeln. V. kann ein
rechtsfähiger Verein (§ 1791a BGB) oder das Jugendamt (§ 1791b
BGB) sein. Der Berufsvormund kann eine Vergütung erhalten.
Vormundschaft (§§ 1773ff. BGB) ist die amtlich verordnete,
grundsätzlich unentgeltlich geführte, verwaltende Fürsorgetätigkeit
für →Minderjährige, die nicht unter elterlicher →Sorge stehen oder
deren Eltern weder in den die Person noch in den das Vermögen
betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung des Minderjährigen
berechtigt sind (sowie bis 31. 12. 1991 →Volljährige, die →entmündigt
sind). Die V. ist ein gesetzliches Dauerschuldverhältnis eigener Art
mit geschäftsbesorgungsrechtlicher Ausrichtung. Sie wird vom
→Vormund geführt. Dieser hat das Recht und die Pflicht, für die
Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere den
→Mündel zu vertreten (§ 1793 BGB gesetzlicher →Vertreter).
Bestimmte Geschäfte bedürfen der →Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts (z. B. Verfügung über ein Grundstück,
§ 1821 BGB). Die Führung der V. unterliegt der →Aufsicht des
Vormundschaftsgerichts. Sie ist befreite V. (§§ 1852ff. BGB), wenn
der Vormund von bestimmten Beschränkungen oder Pflichten (z. B.
→Gegenvormund) befreit ist. Die V. endet vor allem bei Eintritt der
Volljährigkeit, der elterlichen Gewalt, Tod oder Entlassung
(§§ 1882ff. BGB). Nach der Beendigung seines Amts hat der
Vormund dem Mündel das verwaltete →Vermögen →herauszugeben
und über die Verwaltung →Rechenschaft zu legen.
Lit.: Pardey, Vormundschaft und Pflegschaft, 1988; Vormundschaft, Pflegschaft und
Beistandschaft bei Minderjährigen, hg. v. Oberloskamp, H., 2. A. 1998
Vormundschaftsgericht (§ 35 FGG) ist die vor allem für die
Vormundschaftssachen (Vormundschaft, Betreuung, Pflegschaft)
zuständige Abteilung des →Amtsgerichts.
Lit.: Habscheid, Freiwillige Gerichtsbarkeit; Labuhn, G. u. a., Vormundschaftsgerichtliche
Genehmigung, 1995; Labuhn, G./Veldtrup, D./Labuhn, A., Familiengericht und
Vormundschaftsgericht, 1999
Vormundschaftsrecht →Vormundschaft
Lit.: Firsching, K./Dodegge, G., Vormundschafts- und Betreuungsrecht, 6. A. 1999
Vornahmeklage (§ 42 I VwGO) ist die Klage auf Erlass eines
abgelehnten →Verwaltungsakts. →Verpflichtungsklage.
Vorname (§ 12 BGB) ist der individuelle →Name eines Menschen
innerhalb einer Familie im Gegensatz zum Namen seiner Familie. Der
V. ist Bestandteil des Namens des Menschen. Er wird durch
Beilegung seitens des Personensorgeberechtigten oder einer Behörde
erworben. Der V. muss zulässig (d. h. grundsätzlich geschichtlich
anerkannt) sein. Die zulässige Zahl der Vornamen wird teils auf vier
bis fünf, teils auf höchstens sieben begrenzt. Der V. kann auf Antrag
durch die untere →Verwaltungsbehörde geändert werden.
Lit.: Walz, G., Der Vorname, Diss. jur. Tübingen 1998; Hitschmann, S., Der zivilrechtliche Schutz
des Vornamens, 2000
Vorpfändung (§ 845 ZPO) ist die (grundsätzlich wie ein Arrest wirkende) Benachrichtigung des
→Gläubigers an den →Schuldner und Drittschuldner, dass die →Pfändung bevorstehe.
Vorprüfungsverfahren ist das dem eigentlichen
Entscheidungsverfahren vorgeschaltete Verfahren zur Herbeiführung
einer Vorentscheidung. Seit 1993 bedarf die Verfassungsbeschwerde
in einem V. der Annahme zur Entscheidung. Eine aus drei
Bundesverfassungsrichtern bestehende Kammer kann in dem V. die
Annahme der Verfassungsbeschwerde ohne Begründung ablehnen
oder die Verfassungsbeschwerde annehmen (§§ 93aff. BVerfGG).
Vorrang des Gesetzes ist der Grundsatz, dass der in Form eines
(formellen) →Gesetzes geäußerte Staatswille Vorrang vor jeder andern
staatlichen Willensäußerung hat. Der V. d. G. ist eine Ausprägung des
Grundsatzes der →Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der Verstoß
einer rangniederen →Norm gegen eine ranghöhere Norm führt zur
Nichtigkeit der rangniederen Norm.
Lit.: Wehr, M., Grundfälle zu Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, JuS 1997, 231
Vorratsschuld ist die Schuld (beschränkte →Gattungsschuld), bei
welcher der nach allgemeinen gattungsmäßigen Merkmalen
bestimmte Gegenstand der →Leistung nur aus einer bestimmten
Menge zu nehmen ist (10 Flaschen Wein aus dem Lager des A).
Vorrecht ist das im Verhältnis zu andern →Rechten vorgehende oder
besondere Recht (z. B. Privileg).
Vorruhestand ist die aus arbeitsmarktpolitischen Gründen
ausgesonderte Zeit zwischen dem tatsächlichen Ausscheiden aus dem
Erwerbsleben (58. Lebensjahr) und der Zeit, in welcher der
Betreffende nach den allgemeinen Regeln in den →Ruhestand getreten
wäre (65. Lebensjahr).
Lit.: Schüren, P., Vorruhestandsgesetz, 1985; Andresen, B./Barton, D./Kuhn, A. u. a., Vorruhestand
1989
Vorsatz ist die bewusste willentliche Ausrichtung. Im Schuldrecht ist
V. das →Wissen und →Wollen des rechtswidrigen →Erfolgs im
Bewusstsein der →Rechtswidrigkeit, im Strafrecht (§ 15 StGB) der
Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestands (Wollen [str.]) in
Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände (Wissen). Der V.
bezieht sich stets auf menschliches →Verhalten. Er ist im Schuldrecht
eine →Schuldform (§ 276 I 1 BGB, str.) und gehört im Strafrecht zum
subjektiven →Tatbestand (str.). Der V. muss im Zeitpunkt der
Handlung vorliegen ([lat.] dolus [M.] antecedens), kann aber bei
→Mittätern in Form der nachträglichen Billigung einzelner
Handlungsteile ([lat.] dolus [M.] subsequens) nachfolgen. Der V.
kann unbedingter oder bedingter V. sein. Unbedingter (direkter) V.
([lat.] dolus [M.] directus) liegt vor, wenn der Täter weiß oder als
sicher voraussieht, dass sein Handeln zur Verwirklichung des
gesetzlichen Tatbestands (Erfolgs) führt (z. B. A zündet eine Scheune
an, obwohl er weiß, dass der betrunkene B in ihr schläft. Hier will
zwar A nur, dass die Scheune abbrennt, sieht aber den Tod des B als
sicher voraus und muss ihn deshalb, wenn er handelt,
notwendigerweise auch wollen). Bedingter (indirekter) V. ([lat.] dolus
[M.] indirectus, dolus [M.] eventualis, Eventualvorsatz) ist gegeben,
wenn der Täter es als möglich voraussieht und billigend in Kauf
nimmt bzw. ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet, dass
sein Handeln zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands
(Erfolgs) führt (z. B. der Täter weiß nicht, ob das Kind, an dem er
sexuelle Handlungen vornimmt, unter 14 Jahren ist, § 176 StGB, hält
dies aber nach seiner äußeren Erscheinung ernstlich für möglich und
findet sich damit ab). Grundsätzlich genügt als V. der bedingte V., es
sei denn, das Gesetz setzt ein Handeln wider besseres Wissen oder ein
wissentliches Handeln (oder Absicht) voraus. Beim alternativen V.
weiß der Täter nicht, welchen von zwei sich gegenseitig
ausschließenden Tatbeständen er verwirklicht, nimmt aber beide
Möglichkeiten zumindest billigend in Kauf bzw. hält sie ernstlich für
möglich (z. B. Täter findet eine fremde Brieftasche, von der er nicht
weiß, ob sie der Eigentümer nur verlegt [Diebstahl, § 242 StGB] oder
verloren [Unterschlagung, § 246 StGB] hat).
Lit.: Schroth, U., Die Differenz von dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit, JuS 1992, 1;
Schlehofer, H., Vorsatz und Tatabweichung, 1996; Schroth, U., Vorsatz und Irrtum, 1998
vorsätzlich (Adj.) bewusst und gewollt, →Vorsatz
Vorsatzschuld ist im Strafrecht die Vorwerfbarkeit des vorsätzlichen
→Handelns gegen ein rechtliches Verbot. Die V. besteht in der
vorsätzlich-fehlerhaften Einstellung des Täters zur Rechtsordnung.
Sie ist durch den Vorsatz (Tatbestandsvorsatz) indiziert, entfällt aber
bei Vorliegen eines →Erlaubnistatbestandsirrtums.
Vorsatztheorie ist die Theorie, die im →Vorsatz ein →Schuldmerkmal
sieht, das neben dem Wissen und Wollen der
Tatbestandsverwirklichung auch das →Unrechtsbewusstsein erfasst.
Nach der V. kann der ohne Unrechtsbewusstsein Handelnde nicht
vorsätzlich handeln (teilweise anders im Fall der Rechtsblindheit oder
Rechtsfeindschaft). Die V. ist im Bereich des →Strafrechts, in dem die
Unterscheidung zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Handeln
sehr bedeutsam ist, durch § 17 StGB nunmehr ausgeschlossen, gilt
aber im →Schuldrecht.
Vorschrift (F.) Regel, Gebot, Verbot
Vorschussleistung ist die besondere Art der →Erfüllung, bei der auf
eine noch nicht entstandene oder noch nicht fällige →Forderung (z. B.
Lohnforderung) im Voraus geleistet wird, ohne dass eine
Rückerstattung gewollt ist.
Vorsitzender ist der Leiter eines Kollegialorgans (z. B. Aufsichtsrat,
Kammer) oder einer sonstigen Personenmehrheit.
Vorsorgevollmacht (§ 1896 II 2 BGB) ist die für den Fall künftiger
eigener Hilflosigkeit vorsorgende, →Betreuung vermeidende
→Vollmacht.
Lit.: Walter, U., Die Vorsorgevollmacht, 1997; Milzer, L., Die adressatengerechte
Vorsorgevollmacht, NJW 2003, 1836; Winkler, M., Vorsorgeverfügungen, 2003
Vorspiegeln einer Tatsache (§ 263 StGB) ist das Aufstellen einer
unwahren Behauptung. Dies kann ausdrücklich geschehen (z. B.
Lügen eines Präses, Krankspielen eines Gesunden, Umtauschen von
Preisschildern im Warenhaus) oder schlüssig (Bestellung von Speisen
als V. der Zahlungsfähigkeit). Das V. ist ein Tatbestandsmerkmal des
→Betrugs.
Vorspruch →Präambel
Vorstand ist das geschäftsführende Organ einer Personenmehrheit
oder einer juristischen Person (z. B. bei →Verein,
→Aktiengesellschaft).
Lit.: Wellkamp, L., Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionär, 1998; Roth, M., Unternehmerisches
Ermessen und Haftung des Vorstands, 2001
Vorsteuer ist im Umsatzsteuerrecht die einem Unternehmer von
seinem Lieferanten in Rechnung gestellte →Umsatzsteuer. Der
Unternehmer kann sie von seiner eigenen Steuerschuld abziehen.
Dadurch verringert sich seine Steuerschuld auf den Umsatz des von
ihm geschaffenen Mehrwerts.
Lit.: Stadie, H., Das Recht des Vorsteuerabzuges, 1989
Vorstrafe ist die zeitlich vor einer Verurteilung liegende →Strafe. Sie
kann sich in verschiedener Hinsicht negativ auswirken
(→Strafzumessung, →Sicherungsverwahrung). Nach der →Straftilgung
im Bundeszentralregister darf die V. grundsätzlich nicht mehr
berücksichtigt werden.
Vortat ist die zeitlich vor einem Verhalten liegende mit →Strafe
bedrohte →Handlung. Eine mitbestrafte V. ist ein Fall der
→Konkurrenz, bei der die V. straflos bleibt, weil das Unrecht durch
die Bestrafung der Haupttat mitabgegolten wird (z. B.
→Gefährdungsdelikte bei anschließendem →Verletzungsdelikt,
→Versuch bei anschließender →Vollendung). Eine andere V. kann bei
der Strafzumessung berücksichtigt werden.
Lit.: Höper, I., Die mitbestrafte Vor- und Nachtat, Diss. jur. Kiel 1997
Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB) ist die entgegen besserem
Wissen vor einer →Behörde vorgebrachte Behauptung, dass eine
rechtswidrige Tat begangen worden sei oder eine bestimmte
rechtswidrige Tat bevorstehe, um dadurch ein Einschreiten
auszulösen. Die Vorschrift schützt die Rechtspflege gegen
ungerechtfertigte Inanspruchnahme des staatlichen
Verfolgungsapparats (z. B. Polizei, Staatsanwaltschaft). Bestraft wird
das V. e. S. mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe.
Vorteil ist der Nutzen oder die günstige Lage. Nach § 107 BGB
bedarf der Minderjährige zu einer Willenserklärung, durch die er
nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung
seines gesetzlichen Vertreters. Ein lediglich rechtlicher V. (§ 107
BGB) liegt z. B. vor, wenn ein →Grundstück, das mit einem
→Nießbrauch belastet ist, durch →Schenkung einem Minderjährigen
übertragen wird.
Lit.: Gribl, K., Der Vorteilsbegriff, 1993; Schwieger, D., Der Vorteilsbegriff, 1996
Vorteilsannahme (§ 331 StGB) ist das Fordern,
Sichversprechenlassen oder Annehmen eines Vorteils durch einen
Amtsträger oder einen für den öffentlichen Dienst besonders
Verpflichteten für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür,
dass er eine Dienstleistung vorgenommen hat oder künftig vornehmen
wird. Die V. ist Amtsdelikt. Sie wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Lit.: Fuhrmann, H., Die Annahme von sogenannten Aufmerksamkeiten durch Beamte, GA 1959,
97; Hardtung, B., Erlaubte Vorteilsannahme, 1993 (Diss.)
Vorteilsausgleichung (Vorteilsanrechnung) ist die Anrechnung eines
durch die schädigende Handlung gleichzeitig verursachten Vorteils
bei der Berechnung der Höhe des →Schadensersatzes (z. B. Ersparung
der Verpflegungskosten während der Heilbehandlung). Sie entlastet
den Schädiger. Sie hat dann stattzufinden, wenn der Vorteil auf dem
gleichen Ereignis wie der Schaden beruht und sie dem Sinn und
Zweck der Schadensersatzregelung (nicht z. B. Anrechnung der
Entgeltfortzahlung) entspricht. Vgl. auch § 255 BGB.
Lit.: Thesling, H., Die Vorteilsausgleichung, Diss. jur. Bonn 1994; Büdenbender, U.,
Vorteilsausgleichung und Drittschadensliquidation, 1996
Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) ist ein →Straftatbestand, der
voraussetzt, dass jemand einem →Amtsträger, einem für den
öffentlichen Dienst besonders →Verpflichteten, einem →Soldaten der
Bundeswehr (oder einem →Richter oder →Schiedsrichter als
Gegenleistung für die künftige Vornahme einer [in dessen Ermessen
stehenden] Diensthandlung) einen Vorteil für diesen oder einen
Dritten verspricht, anbietet oder gewährt. Die V. unterscheidet sich
von der →Bestechung (§ 334 StGB) durch den grundsätzlich nicht
notwendigen Gegenleistungscharakter des Vorteils. Die V. wird mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Lit.: Gribl, K., Der Vorteilsbegriff, 1993
Vorteilsverschaffungsabsicht (§ 263 StGB) ist bei Betrug die →Absicht, sich oder einem andern
einen →Vermögensvorteil zu verschaffen.
Vortrag ist die mündliche Darlegung einer Angelegenheit vor
mehreren Zuhörern in geordneter Form.
Lit.: Solbach, Dreizehn Regeln für den strafrechtlichen Vortrag im
Assessorexamen, JA 1995, 226ff.; Müller-Christmann, B., Der
Kurzvortrag in der Assessorprüfung, 3. A. 2000; Leist, W., Der
erfolgreiche juristische Vortrag, JuS 2003, 441; Kaiser,
W./Schöneberg, B., Der Kurzvortrag im Assessorexamen – Strafrecht,
4. A. 2003
Vorverein ist der zwischen der Gründung eines auf Erlangung der
Rechtsfähigkeit ausgerichteten →Vereins und der tatsächlichen
Erlangung der Rechtsfähigkeit bestehende nichtrechtsfähige Verein.
Der V. ist mit dem späteren rechtsfähigen Verein – abgesehen von der
Rechtsfähigkeit – identisch. Auf ihn ist grundsätzlich das Recht des
Vereins anzuwenden.
Vorverfahren ist das zeitlich vor dem Verfahren (Hauptverfahren)
liegende Verfahren (z. B. →Ermittlungsverfahren im Strafverfahren,
→Widerspruchsverfahren im Verhältnis zum
Verwaltungsstreitverfahren).
Lit.: Schnabl, R., Der O. J. Simpson-Prozess, 1999
Vorverständnis ist die Gesamtheit der im Laufe seiner Entwicklung
entstandenen Grundeinstellungen eines Menschen. Da ein V. sich auf
rechtliche Entscheidungen auswirken kann, ist seine Ermittlung,
Offenlegung und evtl. Beeinflussung erstrebenswert. Wirklich sichern
lässt sich dies ebenso wenig wie das Beseitigen eines
Vorverständnisses.
Lit.: Esser, J., Vorverständnis und Methodenwahl, 2. A. 1972
Vorvertrag ist der →Vertrag, der die →Verpflichtung zum Abschluss
eines schuldrechtlichen Vertrags begründet. Der V. ist zu
unterscheiden von der →Option und dem (eine Verpflichtung zur
Vornahme eines →Erfüllungsgeschäfts begründenden) Vertrag
(Verpflichtungsvertrag). Er ist auf Grund der →Vertragsfreiheit
zulässig und bedarf zweier entsprechender Willenserklärungen und
grundsätzlich der →Form des angestrebten Vertrags (Hauptvertrags).
Lit.: Henrich, D., Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, 1965; Herzog, N., Der Vorvertrag,
1999
Vorzugsaktie (§§ 11 f. AktG) ist die bestimmte Vorrechte
gewährende →Aktie (z. B. erhöhter Anteil am Liquidationserlös).
Votum (lat. [N.]) Gelöbnis, Stimme, Stellungnahme
Vulgarrecht ist in der Rechtsgeschichte das gegenüber dem
klassischen römischen Juristenrecht verfallene, durch Rhetorik und
moralisierende Emotionalität gekennzeichnete Recht des →Dominats
(3.–5. Jh. n. Chr.), insbesondere im westlichen Teil des römischen
Reichs (z. B. vulgare Interpretationen zu klassischen Rechtstexten,
Einzelheiten str.).
Lit.: Stühff, G., Vulgarrecht im Kaiserrecht, 1966; Köbler, G., Lexikon der europäischen
Rechtsgeschichte, 1997
W
Waffe (z. B. § 244 StGB) ist im Strafrecht der →Gegenstand, der
seiner Art nach dazu geeignet ist, Widerstand durch Gewalt oder
durch Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden. W.
oder anderes gefährliches Werkzeug (§ 250 StGB) ist das objektiv
gefährliche Tatmittel, das nach seiner Beschaffenheit und nach
seinem Zustand zur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer
Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen. Die
Benutzung einer W. oder einer Schusswaffe kann (auch bei
Verwendung einer Scheinwaffe) Merkmal eines Straftatbestands bzw.
einer Qualifikation sein. Verwaltungsrechtlich bedürfen die
Herstellung von Waffen und der Handel mit Waffen sowie der
Erwerb und das Führen von Schusswaffen der Erlaubnis (§§ 7ff.
WaffG). Der Gebrauch von Waffen durch die →Polizei ist ein Fall des
unmittelbaren →Zwangs (Verwaltungszwangs), dessen Anwendung
dem Grundsatz der →Verhältnismäßigkeit – sowie gesetzlicher
Regelung – unterliegt. Für den Export von Waffen (Rüstungswaffen)
bestehen besondere Richtlinien, die seit 2000 auch die Einhaltung von
Menschenrechten in Ausfuhrländern berücksichtigen.
Lit.: Steindorf, J., Waffenrecht, 7. A. 1999; Waffenrecht, hg. v. Steindorf, J., 12. A. 2003; Heller,
R./Soschinka, H., Das neue Waffenrecht, 2003; Becker, J., Waffe und Werkzeug als Tatmittel,
2003; Apel, E./Bushart, C., Waffenrecht, 3. A. 2004; Apel, E./Bushart, C., Waffengesetz, 3. A. 2004
Waffenstillstand ist die (zeitweilige) Einstellung von
Feindseligkeiten (Kampfhandlungen) zwischen kriegführenden
Parteien
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Wahl ist die Berufung eines Menschen zu einer Aufgabe durch
→Abstimmung. Die W. ist ein Grundprinzip demokratischer
→Volkssouveränität. Anforderungen an eine W. sind dabei vor allem
ihre Allgemeinheit, Gleichheit (, wobei im Anwendungsbereich der
besonderen wahlrechtlichen Gleichheitssätze der allgemeine
Gleichheitssatz ausscheidet), Unmittelbarkeit, Freiheit und
Geheimheit. Die W. ist allgemein, wenn alle Glieder der betreffenden
Gemeinschaft an ihr teilnehmen können. Sie ist gleich, wenn
hinsichtlich des Wahlvorschlagsrechts, der Stimmabgabe und der
Stimmenwertung keine Unterschiede unter den Gliedern der
Gemeinschaft bestehen. Sie ist unmittelbar, wenn zwischen Wähler
und Wahlbewerber keine Instanz (z. B. Wahlmänner) vorhanden ist,
die nach ihrem Ermessen unter den Wahlbewerbern auswählt. Die W.
ist meist entweder nach dem →Mehrheitswahlrecht oder nach dem
→Verhältniswahlrecht organisiert. Darüber hinaus kann auch sonst,
etwa zur Besetzung einer Stelle, eine W. stattfinden (z. B. W. des
→Bundeskanzlers).
Wahlbeamter ist der →Beamte, der sein →Amt durch →Wahl erlangt.
Der W. wird grundsätzlich nur auf Zeit gewählt (Beamter auf Zeit).
Wahlbeamte finden sich insbesondere im Kommunalrecht (z. B.
Landrat).
Wahlbehinderung (§ 107 StGB) ist die Verhinderung oder Störung
einer →Wahl oder der Feststellung ihres Ergebnisses mit →Gewalt
oder durch →Drohung mit Gewalt.
Wahldelikt (§§ 107ff. StGB) ist die in Zusammenhang mit einer
→Wahl begangene, mit Strafe bedrohte →Handlung (z. B.
Wahlbehinderung, Wahlfälschung, Wählerbestechung,
Wählernötigung, Wählertäuschung).
Lit.: Wolf, G., Straftaten bei Wahlen und Abstimmungen, 1961
Wählerbestechung (§ 108b StGB) ist die im Zusammenhang mit
einer →Wahl stehende Vorteilsgewährung. Dabei ist aktive W. das
Anbieten, Versprechen oder Gewähren von Geschenken oder andern
Vorteilen dafür, dass ein anderer nicht oder in einem bestimmten Sinn
wähle. Passive W. liegt vor, wenn der Täter dafür, dass er nicht oder
in einem bestimmten Sinn wähle, Geschenke oder andere Vorteile
fordert, sich versprechen lässt oder annimmt.
Wählernötigung (§ 108 StGB) ist die →Nötigung oder Hinderung
eines andern, zu wählen oder sein →Wahlrecht in einem bestimmten
Sinn auszuüben.
Wählertäuschung (§ 108a StGB) ist der →Straftatbestand, bei dem
der Täter bewirkt, dass jemand bei der Stimmabgabe über den Inhalt
seiner Erklärung irrt oder gegen seinen Willen nicht oder ungültig
wählt.
Wahlfälschung (§ 107a StGB) ist das unbefugte Teilnehmen an einer
→Wahl, das sonstige Herbeiführen eines unrichtigen Wahlergebnisses
oder das Verfälschen des Ergebnisses.
Wahlfeststellung ist die wahldeutige Verurteilung eines →Täters aus
zwei (oder mehr) →Straftatbeständen, von denen zwar nur einer
vorliegen kann, aber ungewiss ist, welcher von ihnen gegeben ist. Die
W. ist zulässig, wenn nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten eine
eindeutige Verurteilung nicht möglich ist und jede der mehreren in
Frage kommenden tatsächlichen Gestaltungen ein Strafgesetz verletzt
hat und das verletzte Strafgesetz entweder dasselbe (z. B. eine von
mehreren Aussagen ist falsch) ist oder die verletzten Strafgesetze
bzw. die aus ihnen folgenden Schuldvorwürfe psychologisch und
rechtsethisch gleichwertig sind (str.) (z. B. →Betrug und
→Unterschlagung oder z. B. →Diebstahl und →Erpressung). Auch bei
der Feststellung des zuständigen →Rechtswegs kommt eine W. (z. B.
entweder Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person) in
Betracht.
Lit.: Wolter, J. Wahlfeststellung und in dubio pro reo, 1987; Dreyer, U., Wahlfeststellung und
prozessualer Tatbegriff, 1999
Wahlgeheimnis (Art. 38 GG) ist der Grundsatz, dass der Inhalt der Stimmabgabe geheim bleiben
soll. Das W. gehört zu den Grundvoraussetzungen einer demokratischen →Wahl. Die Verletzung
des Wahlgeheimnisses ist u. U. strafbar (§ 107c StGB).
Lit.: Buchstein, H., Öffentliche und geheime Stimmabgabe, 2000
Wahlgerichtsstand (§ 35 ZPO) ist der →Gerichtsstand, den der →Kläger unter mehreren, unter
denen er die Wahl hat, auswählt. Die Wahl ist ausgeschlossen, wenn ein ausschließlicher
Gerichtsstand besteht. Problematisch ist das sog. forumshopping.
Wahlkapitulation ist im frühneuzeitlichen deutschen Recht die
Zusage eines Bewerbers für den Fall der →Wahl in ein →Amt.
Lit.: Kleinheyer, G., Die kaiserlichen Wahlkapitulationen, 1968
Wahlkonsul ist der ehrenamtliche →Konsul, der meist Angehöriger
des Empfangsstaats ist.
Lit.: Seidl-Hohenveldern/Stein, Völkerrecht
Wahlperiode ist der Zeitraum, für den gewählt wird (z. B. Art. 39
GG 4 Jahre).
Wahlprüfung (Art. 41 GG) ist die Überprüfung einer →Wahl auf ihre
Rechtmäßigkeit. Bei der Wahl zum →Bundestag ist die W. Sache des
Bundestags. Gegen seine Entscheidung ist die →Beschwerde an das
→Bundesverfassungsgericht zulässig.
Wahlrecht ist objektiv die Gesamtheit der die →Wahl betreffenden
Rechtssätze (vgl. Art. 38 GG, Bundeswahlgesetz,
Bundeswahlordnung) sowie subjektiv das →Recht zu wählen und
gewählt zu werden. Das subjektive W. ist ein grundsätzliches Recht
aller Angehörigen einer →Demokratie. Es hat eine aktive und eine
passive Seite. Das aktive W. ist das Recht, durch Stimmabgabe an der
Wahl teilzunehmen. Nach § 12 BWG steht es grundsätzlich allen
→volljährigen →Deutschen zu, die seit mindestens drei Monaten im
Wahlgebiet eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich
aufhalten (vgl. § 12 II BWG) und nicht vom W. ausgeschlossen sind
(§ 13 BWG). In verschiedenen Bundesländern (z. B. Niedersachsen
seit 1995) ist das aktive W. für Gemeindeparlamentswahlen und
Kreisparlamentswahlen an die Vollendung des 16. Lebensjahrs
gebunden. Das passive W. ist das Recht gewählt zu werden. Nach
§ 15 BWG steht es grundsätzlich allen volljährigen Deutschen zu.
Lit.: Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, hg. v. Schreiber, W., 6. A. 1998
Wahlschuld (§ 262 BGB) ist die (rechtstatsächlich seltene) Art der →Schuld, bei der mehrere
Leistungen in der Weise geschuldet werden, dass nur die eine oder andere zu bewirken ist.
Wahlvermächtnis (§ 2154 BGB) ist das durch den →Erblasser als
→Wahlschuld gestaltete →Vermächtnis.
Wahlverteidiger (§§ 137ff. StPO) ist der →Verteidiger, den der
→Beschuldigte – oder sein gesetzlicher Vertreter – gewählt hat. Die
Zahl der gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen. Zu
Wahlverteidigern können grundsätzlich die bei einem deutschen
Gericht zugelassenen →Rechtsanwälte sowie die Rechtslehrer an
deutschen Hochschulen gewählt werden.
Wahndelikt ist das →Verhalten, von dem der Täter irrig annimmt, es
falle unter eine Verbotsnorm (z. B. einfache Homosexualität). Der
Täter irrt also nicht über sein Verhalten als solches, sondern dessen
rechtliche Bedeutung (als straflos). Das W. ist im Gegensatz zum
untauglichen →Versuch straflos. umgekehrter →Verbotsirrtum,
→Subsumtionsirrtum, umgekehrter oder sonstiger
→Strafbarkeitsirrtum
Lit.: Foth, F., Neuere Kontroversen um den Begriff des Wahnverbrechens, JR 1965, 366; Endrulat,
B., Der „umgekehrte Rechtsirrtum“ - untauglicher Versuch oder Wahndelikt?, 1994
Wahrheit ist der mit Gründen einlösbare und insofern haltbare
Geltungsausspruch über einen Sachverhalt. Die W. ist die Grundlage
der →Freiheit. Sie wird verletzt vor allem vom →Lügner, Fälscher,
Hochstapler und Betrüger. →Beweis, →Verfahren
Lit.: Sendler, H., Skeptisches zur Wahrheit im Verfassungsstaat, NJW 1998, 2260; Stamp, F., Die
Wahrheit im Strafverfahren, 1998
Wahrheitspflicht (z. B. § 138 ZPO) ist die Verpflichtung eines
Beteiligten, seine Erklärung über tatsächliche Umstände vollständig
und der (subjektiven) Wahrheit gemäß abzugeben. Die W. besteht in
fast allen Verfahrensarten, ausgenommen für den (Angeklagten im)
→Strafprozess. Die Verletzung der Wahrheitspflicht kann strafbar sein
(→Betrug) und zu →Schadensersatzpflichten führen (§ 826 BGB).
Wahrnehmung berechtigter Interessen →Beleidigung
Währung ist das gesetzlich geordnete Geldwesen eines Staats.
Lit.: Hahn, H., Währungsrecht, 1990; Grothe, H., Fremdwährungsverbindlichkeiten, 1999
Währungsunion ist die (vertraglich geschaffene) Einheit der
Währung in den Gebieten verschiedener Staaten. →Staatsvertrag
Lit.: Nicolaysen, G., Rechtsfragen der Währungsunion, 1993; Handbuch zur europäischen
Währungsunion, hg. v. d. Friedrich-Ebert-Stiftung, 2. A. 1997
Waise ist das →Kind ohne lebende Eltern (Vollwaise) oder ohne einen
lebenden Elternteil (Halbwaise). Ein W. kann einen →Vormund
erhalten. Im →Verwaltungsrecht kann ihm ein Anspruch aus der
→Sozialversicherung (Waisenrente) oder dem →Beamtenrecht
(Waisengeld) zustehen.
Wald (§ 2 Bundeswaldgesetz) ist die mit Forstpflanzen bestockte
Grundfläche einschließlich der Lichtungen und Waldwiesen. Für den
W. gelten das Bundeswaldgesetz und die Waldgesetze der Länder.
Der Eigentümer von W. ist durch Art. 14 I GG nicht vor
Luftverschmutzung auf Grund der Handlungsfreiheit aller (auch der
Schlotbarone und Autofahrer) geschützt (zw.).
Lit.: Klose, F., Forstrecht, 2. A. 1998
Wandelschuldverschreibung (§ 221 AktG) ist die
→Schuldverschreibung, die von einer →Aktiengesellschaft ausgegeben
wird, aber außer einem verzinslichen →Forderungsrecht auch das
→Recht verbrieft, einen Umtausch oder Bezug von →Aktien zu
bestimmten, vorher festgelegten Bedingungen vorzunehmen.
Lit.: Hofmeister, H., Der erleichterte Bezugsrechtsausschluss bei Wandelschuldverschreibungen,
Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten, 2000
Wandlung war bis 2002 die Rückgängigmachung des →Kaufs
(Rücktritt vom Kaufvertrag).
Ware (§ 373 I HGB) ist die bewegliche →Sache. Die mit einer
Zahlungsaufforderung versehene unbestellte Zusendung einer W.
begründet keinen Anspruch (z. B. Herausgabeanspruch gegen den
Empfänger (§ 241a BGB). Sie ist wettbewerbsrechtswidrig.
Warenverkehrsfreiheit (Art. 23ff. EGV) ist die auf den Verkehr von
→Waren bezogene Freiheit der →Europäischen Union. Die W. gilt für
Waren, die aus den Mitgliedstaaten stammen oder sich in den
Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden. Grundlage der
Gemeinschaft ist eine Zollunion, die sich auf den gesamten
Warenaustausch erstreckt, das Verbot umfasst, zwischen den
Mitgliedstaaten Einfuhrzölle, Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher
Wirkung zu erheben, und einen gemeinsamen Zolltarif gegenüber
dritten Ländern einführt.
Lit.: Keßler, J., Das System der Warenverkehrsfreiheit, 1997; Lang, J., Die Freiheit des
Warenverkehrs, 1997; Kenntner, M., Grundfälle zur Warenverkehrsfreiheit, JuS 2004, 22; Lenz, C.,
Warenverkehrsfreiheit, NJW 2004, 332
Warenzeichen (§§ 1ff. WZG) war bis 1994 ein Kennzeichen
(→Marke), das dazu diente, die →Waren eines Gewerbetreibenden von
den Waren anderer Gewerbetreibender zu unterscheiden.
Wasserhaushaltsgesetz →Wasserrecht
Lit.: Czychowski, M.Reinhardt, M., Wasserhaushaltsgesetz, 8. A.
2003; Sieder, F./Zeitler, H./Dahme, H./Knopp, G.,
Wasserhaushaltsgesetz und Abwasserabgabengesetz (Lbl.), 26. A.
2003
Wasserrecht ist die Gesamtheit der die Verhältnisse des Wassers
betreffenden Rechtssätze. Es umfasst das Wasserwegerecht (Recht
der Verkehrsfunktion und Transportfunktion des Oberflächenwassers)
und das Wasserwirtschaftsrecht (Recht der Inanspruchnahme des
Wassers durch Verringerung der Menge oder Güte). Das
Wasserwirtschaftsrecht ist für oberirdische →Gewässer,
Küstengewässer und Grundwasser vor allem im
Wasserhaushaltsgesetz geregelt. →Bundeswasserstraßengesetz
Lit.: Breuer, R., Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. A. 2004; Baisch, A., Bewirtschaftung im
Wasserrecht, 1996; Loger, A., Brandenburgisches Wasserrecht, 1998; Mühlhans, M., Internationales
Wassernutzungsrecht, 1998; Sander, E./Rosenzweig, K., Wasserrecht, Abwasserrecht, 1999;
Wasserrecht Schleswig-Holstein, bearb. v. Thiem, H., 5. A. 2000
Wassersicherstellungsgesetz ist das Gesetz über die Sicherstellung
von Leistungen auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft für Zwecke der
Verteidigung.
Lit.: Such, W./Keil, R., Wassersicherstellungsgesetz, 1994
Wasserverband ist der verbandsmäßige Zusammenschluss zur
gemeinsamen Wasserbewirtschaftung.
Lit.: Rapsch, A., Wasserverbandsrecht, 1993; Tettinger, P./Mann, T./Salzwedel, J., Wasserverbände
und demokratische Legitimation, 2000
Wechsel (Art. 1ff. WG) ist die →Urkunde, in der eine oder mehrere
gegenüber einem Grundgeschäft abstrakte Zahlungsverpflichtungen
verbrieft sind und die besonders strengen gesetzlichen
Formvorschriften unterliegt, insbesondere ausdrücklich als W.
bezeichnet sein muss. Der (gezogene) W. (→Tratte) ist eine
→Anweisung des →Ausstellers an den →Bezogenen, an den →Nehmer
bei Vorlage der Urkunde zu zahlen. Zur Zahlung selbst verpflichtet
wird der Bezogene aber nur durch →Annahme (Art. 28 WG). Nimmt
der Bezogene nicht an, so haften Aussteller und Übertrager (z. B.
Indossant). Der W. ist ein →Wertpapier, und zwar ein geborenes
→Orderpapier. Er wird meist durch das besonders geregelte
→Indossament übertragen (Art. 11ff. WG). Der eigene W.
(→Solawechsel) ist ein gesteigertes →Schuldversprechen. Ein
Sonderfall des Wechsels ist der bewusst unvollständig gegebene W.
(→Blankowechsel).
Lit.: Jung, K., Der Wechsel, 3. A. 1998
wechselbezüglich (Adj.) von jeweils einem auf einen andern bezogen
(, reziprok)
wechselbezügliches Testament →Testament, wechselbezügliches
Wechselgesetz ist das das Recht des →Wechsels regelnde Gesetz.
Dieses befasst sich in erster Linie mit dem gezogenen →Wechsel
(Tratte) und behandelt dessen Ausstellung (durch den Aussteller) und
Form, (seine Begebung an den Nehmer,) seine Übertragung (vom
Indossanten an den Indossatar) durch →Indossament, seine →Annahme
durch den →Bezogenen, seinen Verfall (Fälligkeit), seine Einlösung
(Zahlung) sowie den →Rückgriff mangels Annahme (seitens des
Bezogenen) und mangels Zahlung (des Bezogenen). Es beruht auf
internationalen Vereinbarungen.
Lit.: Bülow, P., Wechselgesetz, Scheckgesetz, Allgemeine Geschäftsbedingungen, 3. A. 2001
Wechselprozess (§§ 602ff. ZPO) ist der Unterfall des
→Urkundenprozesses, in dem ein Anspruch aus einem →Wechsel
geltend gemacht wird.
Wechselprotest →Protest, Wechsel
Wechselrecht ist die Gesamtheit der den →Wechsel betreffenden
Rechtssätze. →Wechselgesetz.
Lit.: Bülow, P., Wechselgesetz, Scheckgesetz, Allgemeine Geschäftsbedingungen, 3. A. 2001; Jahn,
U., Wechselrecht in Europa, 3. A. 1995; Kreysel, S., Die Wechselrechtsklausur, JuS 1998, 811
Wechselregress →Regress, Wechsel
Wegerecht ist die Gesamtheit der die dem allgemeinen Verkehr
gewidmeten →Straßen, Wege und Plätze betreffenden Rechtssätze.
→Straßenrecht
Lit.: Zimniok, K., Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, 8. A. 1988
Wegfall der →Bereicherung (§ 818 III BGB) ist der Wegfall des
rechtsgrundlos entstandenen Vermögenszuwachses eines
Bereicherten. Er hat nach § 818 III BGB zur Folge, dass die
Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes des
Erlangten ausgeschlossen ist(, soweit der Empfänger nicht mehr
bereichert ist). Er ist das besondere Kennzeichen und die besondere
Schwäche des Bereicherungsanspruchs.
Wegfall der Geschäftsgrundlage →Geschäftsgrundlage
Wegnahme ist allgemein die Entfernung eines Gegenstands durch
einen Menschen. Im →Strafrecht (§ 242 StGB) ist W. im Rahmen des
→Diebstahls der Bruch fremden und die Begründung neuen
→Gewahrsams. Dabei wird der Gewahrsam gebrochen, wenn er ohne
Willen seines Inhabers aufgehoben wird. Die W. ist in einem
Selbstbedienungsladen auch dann mit dem Versteck einer Ware unter
der Kleidung oder sonst in andern Sachen vollendet, wenn die Ware
mit einem elektromagnetischen Sicherungsetikett versehen ist. Eine
W. liegt auch vor, wenn jemand einen Geldspielautomaten mit
Falschmünzen bedient, um echte Münzen zu erlangen. Im Rahmen
der →Pfandkehr (§ 289 StGB) ist W. in einem weiteren, die
Vereitelung bloßer Zugriffsmöglichkeiten umfassenden Sinn zu
verstehen.
Lit.: Nöldeke, W., Die Begriffe des Gewahrsams und der Wegnahme beim Diebstahl, 1964
Wegnahmerecht (z. B. §§ 548, 552, 997, 2125 BGB) ist die
Berechtigung einer Person, eine →Einrichtung, mit der sie eine
→Sache versehen hat, wegzunehmen, sobald sie die Sache
herausgeben muss (z. B. Gardine in Wohnung, Radio in
Kraftfahrzeug, Programm in Computer). Dem W. entspricht
grundsätzlich keine Wegnahmepflicht. Wer ein W. ausübt, hat die
Sache auf seine Kosten in den vorigen Stand zu setzen (§ 258 BGB).
Wehrbeauftragter (Art. 45b GG) ist das Hilfsorgan des
→Bundestags, das zum Schutz der →Grundrechte der Soldaten und zur
Ausübung der parlamentarischen Kontrolle im Wehrbereich berufen
wird. Die Einzelheiten seiner Stellung sind im Gesetz über den
Wehrbeauftragten geregelt. Danach hat der Wehrbeauftragte keine
Eingriffsbefugnis, sondern nur das Recht Auskünfte zu verlangen,
über Missstände zu berichten und Vorschläge zu machen.
Lit.: Maurer, H., Wehrbeauftragter und Parlament, 1965; Busch, E., Der Wehrbeauftragte, 5. A.
1999
Wehrdienst ist der Dienst als →Soldat bei den Streitkräften. Der W.
kann freiwillig sein oder auf →Wehrpflicht beruhen. Er ist im
Wehrpflichtgesetz und im Soldatengesetz näher geregelt. Er
begründet ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis zwischen dem
Bund und dem Wehrdienstleistenden. Seit 2000 dürfen auch Frauen
ohne Einschränkung W. leisten.
Lit.: Böttcher, V./Dau, K., Wehrbeschwerdeordnung, 4. A. 1997; Dau, K., Wehrdisziplinarordnung,
4. A. 2002
Wehrdienstentziehung →Verstümmelung
wehrlos →Heimtücke
Wehrlosigkeit →Heimtücke
Wehrmittel (§ 109e StGB) ist der Gegenstand, der seiner Natur nach
oder auf Grund besonderer Zweckbestimmung für den bewaffneten
Einsatz der Truppe geeignet und bestimmt ist (z. B. Panzer,
Brieftaube).
Wehrpflicht (Art. 12a GG) ist die →Pflicht, dem →Staat als →Soldat
zu dienen. Die W. ist ein Unterfall der allgemeinen
Staatsbürgerpflicht. Ihr unterstehen grundsätzlich alle tauglichen
Männer, die im Bereich der Bundesländer ihren ständigen Aufenthalt
haben, zwischen 18 und 45 (evtl. 60) Jahren. Nicht herangezogen
wird, wer als anerkannter →Kriegsdienstverweigerer den Kriegsdienst
mit der Waffe verweigert (§ 25 WPflG) und deshalb zu einem zivilen
→Ersatzdienst verpflichtet ist. Frauen dürfen auf keinen Fall zum
Dienst mit der Waffe verpflichtet werden, dürfen aber seit 2000
freiwillig Wehrdienst leisten.
Lit.: Johlen, H., Wehrpflichtrecht in der Praxis, 4. A. 1996; Boehm-Tettelbach, W.,
Wehrpflichtgesetz (Lbl.), 20. A. 2003; Steinlechner, W./Walz, D., Wehrpflichtgesetz, 6. A. 2003;
Johanny, K. u. a., Mein Recht als Wehrpflichtiger, 8. A. 1997
Wehrpflichtentziehung ist die Entziehung aus der →Wehrpflicht. Sie
kann eine Straftat gegen die Landesverteidigung sein. Die W. ist
strafbar, wenn sie durch Verstümmelung oder Täuschung erfolgt
(§§ 109f. StGB)
Wehrpflichtiger →Wehrpflicht
Wehrrecht ist die Gesamtheit der die zur Verteidigung aufgestellten
Streitkräfte betreffenden Rechtssätze (Wehrorganisationsrecht,
Wehrdienstrecht).
Lit.: Wehrrecht (Lbl.), 46. A. 2002; Schwenk, H./Weidinger, R., Handbuch des Wehrrechts (Lbl.),
1985; Wipfelder, H., Wehrrecht, 1991; Stauf, W., Wehrrecht, 2002; Raap, C., Zur Einführung
Wehrrecht, JuS 2003, 9; Wilk/Stauf, Wehrrecht von A-Z, 4. A. 2003
Wehrstrafrecht ist das den →Wehrdienst betreffende, in erster Linie
im Wehrstrafgesetz geregelte →Strafrecht.
Lit.: Schölz, J./Lingens, E., Wehrstrafgesetz, 4. A. 2000; Dau, K., Wehrdisziplinarordnung, 4. A.
2002
Wehrüberwachung ist die verwaltungsmäßige Überwachung der
→Wehrpflichtigen von ihrer Musterung an (§ 24 WPflG), in deren
Rahmen insbesondere alle Veränderungen von →Wohnsitz und
→Aufenthalt zu melden sind.
Weichbild ist im hochmittelalterlichen deutschen Recht vermutlich
die Bezeichnung für die Art und das Recht einer geschlossenen
Siedlung. →Stadtrecht
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Kroeschell, K., Weichbild, 1960
Weigerungsklage →Vornahmeklage
Weimarer Reichsverfassung ist die (formelle) →Verfassung der
Weimarer Nationalversammlung vom 11. 8. 1919. Sie ordnet das
weiterhin als →Reich bezeichnete (zweite) Deutsche Reich als
→Republik, an deren Spitze statt des Kaisers der →Reichspräsident
steht und in derdie Reichsregierung vom →Vertrauen des →Reichstags
abhängig ist. Die W. R. wird seit 1933 rechtstatsächlich ausgehöhlt.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; 80 Jahre Weimarer Reichsverfassung, hg. v. Eichenhofer,
E., 1999
Weimarer Republik ist die informelle Bezeichnung für das (zweite)
→Deutsche →Reich in seiner durch die Verfassung der Weimarer
Nationalversammlung bestimmten republikanischen Form (1919–
1933).
Lit.: Rosenberg, A., Entstehung und Geschichte der Weimarer Republik, 12. A. 1971; Köbler, G.,
Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Weingesetz ist das die Rechtsverhältnisse am Wein regelnde
→Gesetz.
Lit.: Koch, H., Das neue Weingesetz, NJW 1994, 2880; Koch, H., Wein und Recht von A-Z, 1999
Weisung ist die Anordnung eines Verhaltens eines andern. Im
Verwaltungsrecht sind vorgesetzte →Behörden grundsätzlich
berechtigt, nachgeordneten Behörden allgemein oder im Einzelfall
Weisungen zu erteilen (→Weisungsrecht). Dieses Recht besteht auch
bei einem unbeschränkten Aufsichtsrecht (vgl. Art. 85 IV GG). Die
W. muss schriftlich und begründet sein. Ein formaler Vorgesetzter
macht sich lächerlich, wenn er eine rechtswidrige, willkürliche oder
sinnlose W. erteilt (z. B. W. eines unqualifizierten Institutsvorstands
zur Vorlage von Unterschriftslisten der Vorlesungsteilnehmer eines
ordentlichen Universitätsprofessors). Im →Strafrecht (§ 10 JGG) ist
W. ein →Gebot oder →Verbot, das die Lebensführung des
→Jugendlichen regeln und dadurch seine →Erziehung fördern und
sichern soll. Die Erteilung einer W. ist eine →Erziehungsmaßregel
(vgl. § 56c StGB). Im Arbeitsrecht hat der →Arbeitgeber gegenüber
dem →Arbeitnehmer ein →Weisungsrecht.
Lit.: Loschelder, F., Die Durchsetzbarkeit von Weisungen, 1998
Weisungsrecht ist das Recht eines Menschen, einem andern
Menschen eine →Weisung zu erteilen. Das W. unterliegt dem
Grundsatz der →Verhältnismäßigkeit. Es darf nicht aus persönlichen
Gründen zum persönlichen Vorteil missbraucht werden.
Lit.: Lange, K., Das Weisungsrecht, 1990
Weisungsverwaltung ist die →Verwaltung von (staatlichen)
Aufgaben durch einen andern Hoheitsträger
(→Selbstverwaltungskörperschaft) als Fremdverwaltung nach
→Auftrag und →Weisung (z. B. Erhaltung der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung, Aufsicht über Pflichtschule). Die W. ist
→Auftragsverwaltung. Sie ist zu unterscheiden von der
Auftragsverwaltung im engeren Sinn, bei der die weisungsberechtigte
staatliche Behörde keiner gesetzlichen Beschränkung ihres Umfangs
und ihrer Anordnungen unterliegt, so dass diese vom Träger
unselbständig wahrgenommen werden.
Lit.: Pauly, W., Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der
Bundesauftragsverwaltung, 1989
weitere (Adj.) zusätzlich
weitere Beschwerde →Beschwerde, weitere
Welthandelsorganisation (WTO) ist die internationale
Handelsorganisation mit 1996 110 (2001 143) Mitgliedern. Ihr Sitz ist
in Genf. Die W. hat eine mit 7 Welthandelsrichtern besetzte
Schlichtungsstelle, die Streitfälle mit Bezug zum internationalen
Handel entscheidet.
Lit.: Welthandelsorgaisation, 2. A. 2003; Beise, M. Die Welthandelsorganisation (WTO), 2001;
WTO-Handbuch, hg. v. Prieß, H. u. a., 2003; Siebold, D., Die Welthandelsorganisation und die
europäische Gemeinschaft, 2003
Weltkulturerbe ist die Gesamtheit der durch die Welterbekonvention
der UNESCO geschützten Stätten menschlicher Kultur. Das W.
umfasst (1999) rund 2000 Denkmäler (z. B. Wartburg, BerlinMuseumsinsel, Wachau). Die Konvention verpflichtet zur Pflege und
zum Schutz vor Veränderungen.
Weltpostverein ist der Zusammenschluss von Staaten zur Regelung
und Vereinheitlichung der zwischenstaatlichen Postbeziehungen
(Weltpostvertrag 1878, Sitz in Bern).
Lit.: Ipsen, Völkerrecht
Weltraum ist der die Erde umgebende Raum.
Weltraumrecht ist die Gesamtheit der den Weltraum betreffenden
Rechtssätze, die außer auf allgemeinen Regeln des →Völkerrechts auf
besonderen zwischenstaatlichen Verträgen (z. B. Vertrag über die
Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der
Erforschung des Weltraums usw. vom 27. 1. 1967) beruht.
Lit.: Handbuch des Weltraumrechts, hg. v. Böckstiegel, K., 1991; Wins, E., Weltraumhaftung im
Völkerrecht, 2000
Weltstrafgerichtshof →Internationaler Strafgerichtshof
Welturheberrechtsabkommen ist der mehrseitige völkerrechtliche
Vertrag über die notwendigen Bestimmungen zum Schutz der
Urheberrechte vom 6. 9. 1952.
Werbung ist die bewusste Anpreisung einer →Ware bzw. das
Verhalten, das darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die
Leistung dessen in Anspruch zu nehmen, für den geworben wird. Die
W. muss wahrheitsgetreu sein, darf nicht irreführen und eingetragene
Markenzeichen nicht schädigen. Nach einer Richtlinie der für
Verbraucherfragen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten der
Europäischen Union vom Oktober 1997 ist vergleichende W.
einschließlich des unmittelbaren Preisvergleichs zulässig, sofern sie
nicht irreführend oder verunglimpfend ist. Möglich ist es demnach,
bei der Werbung für eigene Erzeugnisse Angebote anderer Hersteller
als schlechter oder teuerer darzustellen. Nach § 2 II UWG verstößt
vergleichende W. unter näher genannten Voraussetzungen gegen die
guten Sitten. Zulässig ist W. auch mit schockierenden Bildern
(Benetton, Grenzen str.).
Lit.: Sowinski, B., Werbung, 1998; Kleine-Cosack, M., Das Werberecht der rechts- und
steuerberatenden Berufe, 2. A. 2004; Werbung und Werbeverbote im Lichte des europäischen
Gemeinschaftsrechts, hg. v. Schwarze, J., 1999; Dehlfing, T., Das Recht der irreführenden
Werbung, 1999; Krimphove, D., Europäisches Werberecht, 2002; Berlit, W., Vergleichende
Werbung, 2002; Kleine-Cosack, M., Vom Werbeverbot zum Werberecht des Arztes, NJW 2003,
868; Schmittmann, J., Grundzüge der Werbung im Internet, 2003; Steinbeck, A., Werbung von
Rechtsanwälten im Internet, NJW 2003, 1481
Werbungskosten (§ 9 EStG) sind Aufwendungen zur Erwerbung,
Sicherung und Erhaltung der →Einnahmen bei den bestimmten
→Einkünften (z. B. Aufwendungen für Fahrt zur Arbeitsstätte [1. 1.
2004 Pendlerpauschale 30 Cent je Kilometer Entfernung vom
Arbeitsplatz], Aufwendungen für den Bezug der Zeitung
Handelsblatt, 1. 1. 2004 Pauschbetrag 920 Euro). Eltern, die
Wohnraum an ein unterhaltsberechtigtes Kind vermieten, können
einen entstehenden Verlust als W. geltend machen, weil sie ein
Wahlrecht haben, ob sie →Unterhalt in bar oder durch Überlassung
von Wohnraum gewähren. W. sind von den Einnahmen bei der
jeweiligen Einkunftsart abzuziehen.
Lit.: Matussek, S., Zum Werbungskostenbegriff, 2000
Wergeld (Manngeld) ist im mittelalterlichen deutschen Recht die bei
Tötung eines Menschen ([ahd.] wer [M.] [lat.] vir Mann)
rechtstatsächlich in Gegenständen zu erbringende, in Geld
ausgedrückte Leistung (z. B. 200 Schillinge bei Tötung eines Freien).
Das W. löst die ältere Selbsthilfe ab. Es fällt teils an die Verwandten,
teils an den König. Es ist keine Strafe, sondern ein Sonderfall der
Buße (Besserung). Es verschwindet mit dem Aufkommen der
peinlichen →Strafe, endgültig in der frühen Neuzeit.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Werk ist das schaffende Verhalten sowie dessen Ergebnis (z. B.
Bauwerk, Kunstwerk, Druckwerk). Das W. ist Tatbestandsmerkmal
des →Werklieferungsvertrags und des →Werkvertrags (Herstellung
oder Veränderung einer Sache oder sonstiger durch Arbeit oder
Dienstleistung herbeizuführender Erfolg). Im Arbeitsrecht wird auch
der →Betrieb als W. bezeichnet. Im Urheberrecht ist W. das Ergebnis
der Tätigkeit des Urhebers. Ein neues W. liegt dabei nicht vor, wenn
nur ein älteres W. ohne Eigenständigkeit fortgeführt wird (z. B. Dr.
Shiwago – Laras Tochter). Kein W. im Sinn des Urheberrechts ist
auch das Telefonbuch.
Lit.: Bettinger, T, Der Werkbegriff im spanischen und deutschen Urheberrecht, 2001
Werklieferungsvertrag (§ 651 BGB) ist der →Vertrag, in dem sich
der eine Teil (Unternehmer) verpflichtet, ein Werk aus einem von ihm
zu beschaffenden Stoff herzustellen. Eigentlicher W. liegt dabei nur
vor, wenn eine unvertretbare Sache (z. B. Maßanzug) herzustellen ist
(sonst uneigentlicher W.). Auf einen Vertrag, der die Lieferung
herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum
Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung.
Bei nicht vertretbaren Sachen sind auch die §§ 642, 643, 645, 649 und
650 BGB anzuwenden.
Werklohn ist das →Entgelt des →Unternehmers bei dem
→Werkvertrag.
Lit.: Cuypers, M., Der Werklohn des Bauunternehmers, 2000
Werkstarifvertrag ist der auf das Werk (Betrieb) eines einzelnen
→Arbeitgebers bezogene →Tarifvertrag.
Werkvertrag (§ 631 BGB) ist der gegenseitige →Vertrag, in dem sich
der eine Teil (→Unternehmer, Hersteller) zur Herstellung eines Werks
(aus einem von der andern Seite zu liefernden Stoff), der andere Teil
(Besteller) zur Entrichtung einer Vergütung verpflichtet (z. B. Bau
eines Hauses). Wesentlich ist hierbei, dass der Unternehmer nicht nur
ein Tun schuldet, sondern einen →Erfolg und damit das Risiko des
Eintretens oder Ausbleibens des Erfolgs trägt (ohne Erfolg kein
Lohn). Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von
Sachmängeln und Rechtsmängeln zu verschaffen (§ 633 I BGB). Das
Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte, hilfsweise
die vorausgesetzte, hilfsweise die übliche, zu erwartende
Beschaffenheit hat, und frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in
Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen
Rechte gegen den Besteller geltend machen können (§ 633 II, III
BGB). Bei Mängeln hat der Besteller ein Recht auf →Nacherfüllung
(→Nachbesserung oder Neuherstellung), eigene Beseitigung des
Mangels und Aufwendungsersatz, →Rücktritt, →Minderung,
→Schadensersatz oder Aufwendungsersatz (§ 634 BGB). Die
Mängelansprüche verjähren in zwei Jahren (§ 634a I Nr. 1 BGB bei
Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache, Erbringung von
Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür), fünf Jahren (§ 634a
I Nr. 2 BGB Bauwerke und zugehörige Planungen) oder in der
regelmäßigen Verjährungsfrist (§ 634a I Nr. 3 BGB, § 195 BGB 3
Jahre). Der Besteller muss das mangelfreie Werk →abnehmen. Mit der
Abnahme (§ 640 BGB) ist die Vergütung fällig (§ 641 BGB). Der
Unternehmer hat ein besonderes →Pfandrecht (§ 647 BGB). In der
Rechtswirklichkeit wird vielfach auf die →Vergabe- und
Vertragsordnung (Verdingungsordnung) für Bauleistungen (VOB)
abgestellt. Sonderfälle des Werkvertrags sind z. B. →Reisevertrag,
Spedition, →Kommission, →Verwahrung. Das Recht des Werkvertrags
gilt auch für den eigentlichen →Werklieferungsvertrag.
Lit.: Büdenbender, U., Der Werkvertrag, JuS 2001, 625; Schudnagies, J., Das Werkvertragsrecht
nach der Schuldrechtsreform, NJW 2002, 396; Teichmann, C., Schuldrechtsmodernisierung
2001/2002, JuS 2002, 417
Werkzeug ist das Gerät oder Mittel für eine Tätigkeit oder die
Erreichung eines Erfolgs. Im →Strafrecht ist W. auch ein anderer
Mensch (§ 25 StGB), durch den ein Täter eine →Straftat (als
mittelbarer →Täter) begeht. Das W. darf den →Tatbestand nicht selbst
rechtswidrig und schuldhaft verwirklichen, sondern muss z. B. im
→Irrtum, unter →Zwang oder ohne →Schuldfähigkeit handeln. In
besonderen Straftatbeständen (z. B. §§ 224, 244, 250 StGB) ist W. ein
→Gegenstand, mit dem ein Mensch verletzt oder der Widerstand eines
Menschen ausgeschaltet werden soll (z. B. Gaspistole, Hund). Hier ist
W. ein Merkmal des Straftatbestands bzw. der Qualifikation.
Lit.: Becker, J., Waffe und Werkzeug als Tatmittel, 2003
Wert ist der Grad der Brauchbarkeit eines Gegenstands in Geld. Er
ergibt sich aus dem Preis, der als Entgelt gezahlt wird oder werden
würde. Im Zweifel muss er besonders ermittelt werden. Gemeiner W.
(objektiver) W. ist der W., den der Gegenstand mit Rücksicht auf Zeit
und Ort für jedermann hat. Subjektiver W. ist der W., den der
Gegenstand gerade für eine bestimmte einzelne Person hat.
→Einheitswert, →Streitwert
Lit.: Gottschalk, G., Immobilienwertermittlung, 2. A. 2003
Wertinteresse →Interesse
Wertpapier ist die →Urkunde, deren Innehabung Voraussetzung für
die Geltendmachung des in ihr verbrieften →Rechts ist (str.). Die
Wertpapiere betreffen entweder →Mitgliedschaftsrechte (z. B.
→Aktie), sachenrechtliche Rechte (z. B. →Hypothekenbrief) oder
forderungsrechtliche Rechte (z. B. →Inhaberschuldverschreibung) und
sind →Inhaberpapiere (z. B. Inhaberschuldverschreibung),
→Orderpapiere (z. B. Scheck) oder →Rektapapiere (Namenspapiere,
z. B. Sparbuch, Anweisung). Die bürgerlichrechtlichen Grundfiguren
des Wertpapiers sind →Anweisung und →Inhaberschuldverschreibung,
die praktisch wichtigsten Wertpapiere →Wechsel, →Scheck und
→Aktie. Im Strafrecht werden Wertpapiere teilweise dem →Geld
gleichgestellt (§ 151 StGB). Sachlich wird das W. zunehmend durch
die in elektronischen →Registern geführte Buchung ersetzt (Wertrecht,
Netzgeld). Nach § 2 I WpHG ist W. die Aktie, das →Zertifikat, die
→Schuldverschreibung, der →Genussschein, der →Optionsschein oder
ein vergleichbares W. (z. B. Mitgliedschaftsrecht, Forderungsrecht),
soweit es auf einem öffentlichen Markt gehandelt und durch eine
staatlich anerkannte Stelle geregelt und überwacht wird.
Lit.: Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere; Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, hg. v.
Geibel, S./Süßmann, R., 2002; Fleischer, H./Kalss, S., Das neue Wertpapiererwerbs- und
Übernahmegesetz, 2002; Lang, V., Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen, 2003;
Ehricke, U. u. a., Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2003
Wertpapierhandelsgesetz ist das den Handel mit →Wertpapieren
betreffende Gesetz (1. 8. 1994), das u. a. Bestimmungen über das für
→Insider geltende Recht enthält.
Lit.: Wertpapierhandelsgesetz, hg. v. Assmann, H./Schneider, U., 2. A. 1999;
Wertpapierhandelsgesetz, Börsengesetz Verkaufsprospektgesetz, hg. v. Schäfer, F., 1999; Zehntner,
A., Umsetzung des Wertpapierhandelsgesetzes, 2. A. 1998; Schlüter, U., Wertpapierhandelsrecht,
2000; Florian, U., Rechtsfragen des Wertpapierhandels im Internet, 2001
Wertpapierrecht ist das die →Wertpapiere betreffende Recht, das im
→Bürgerlichen Gesetzbuch, im →Handelsgesetzbuch, im
→Aktiengesetz sowie in einzelnen Sondergesetzen (Wechselgesetz,
Scheckgesetz) geregelt ist.
Lit.: Brox, H., Handels- und Wertpapierrecht, 16. A. 2003; Zöllner, Wertpapierrecht; Einsele, D.,
Wertpapierrecht als Schuldrecht, 1995; Meyer-Cording, U./Drygala, T., Wertpapierrecht, 3. A.
1995
Wertrecht ist die in elektronischen Registern geführte Buchung eines
Werts als Recht.
Wertschuld ist entweder die auf einen bestimmten feststehenden
Wertbetrag oder eine Summe lautende Schuld (Geldbetragsschuld
z. B. →Darlehensschuld) oder die auf einen in →Geld zu berechnenden
Wert eines Gegenstands lautende Schuld (W. i. e. S., Geldwertschuld
z. B. →Schadensersatzschuld). Die W. steht im Gegensatz zu der auf
die Leistung einer (sonstigen) →Sache gerichteten Schuld.
Wertsicherungsklausel ist die →Vereinbarung, dass der Betrag einer
Geldschuld in Euro durch den Kurs einer andern →Währung, den
Goldkurs oder den Preis für andere Güter und Leistungen bestimmt
wird. Die W. verhindert inflationsbedingte Wertverluste und bedarf
vielfach der →Genehmigung. Es gilt die Preisklauselverordnung vom
23. 9. 1998.
Lit.: Schmidt-Räntsch, J., Wertsicherungsklauseln nach dem Euro-Einführungsgesetz, NJW 1998,
3166; Dierdorf, J., Wertsicherungsklauseln nach neuem Euro-Recht, 1998; Steiner, U.,
Wertsicherungsklauseln, 2003
Wertsystem ist die zu einer zusammenhängenden Ordnung vereinigte
Mehrheit von anerkannten Werten. Jede Rechtsordnung enthält
notwendigerweise ein bestimmtes W., das sich insbesondere aus der
jeweiligen →Verfassung ermitteln lässt. Nach dem →Grundgesetz ist
der Schutz von →Freiheit und Menschenwürde der oberste Zweck
allen Rechts (Artt. 1, 2 GG). Weitere grundlegende Prinzipien sind
z. B. die Menschenrechte, die →Gewaltenteilung, die
→Gesetzmäßigkeit der Verwaltung oder die →Unabhängigkeit der
Gerichte.
Wertzeichen ist der Gegenstand, der unabhängig von seinem
Gegenstandswert einen bestimmten Wert repräsentiert. Amtliche W.
(§ 148 StGB) sind von einem Träger hoheitlicher Gewalt
befugtermaßen ausgestellte Zeichen, die als Quittung für die
Entrichtung von Gebühren, Steuern oder Abgaben dienen oder deren
Leistung erleichtern oder überwachen (z. B. Postwertzeichen [mit der
Privatisierung fragwürdig geworden], Versicherungsmarken). Das
Nachmachen amtlicher W. sowie das Verschaffen und Verwenden
falscher amtlicher W. ist strafbar.
Wertzeichenfälschung →Wertzeichen
Wesen (N.) Sein, Gesamtheit der kennzeichnenden Merkmale
Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 II GG) ist die durch die
→Verfassung gewährte Garantie, dass kein →Grundrecht in seinem
Wesen angetastet werden darf. Die W. bildet eine absolute Grenze für
die Einschränkung eines Grundrechts. Der Wesensgehalt ist dann
angetastet, wenn der Einzelne zum Objekt des staatlichen Handelns
gemacht wird, insbesondere wenn ihm der Gebrauch eines
Grundrechts durch Voraussetzungen erschwert wird, auf deren
Erfüllung er keinen Einfluss hat.
wesentlich (Adj.) zum Wesen gehörend
wesentlicher Bestandteil →Bestandteil, wesentlicher
Westeuropäische Union (WEU) Belgiens, Frankreichs, Luxemburgs,
der Niederlande und Großbritanniens vom 17. 3. 1948 ist der zum
gegenseitigen Beistand für den Fall der Wiederaufnahme einer
deutschen Angriffspolitik durch Vertrag begründete Staatenbund, der
1954 unter Änderung des Vertragszwecks auf die Förderung der
Einheit Europas um Italien und die Bundesrepublik Deutschland
erweitert wurde. Im Jahre 2000 umfasste die W. U. zehn der →NATO
und der →Europäischen Union angehörige, sechs nur der NATO und
fünf nur der Europäischen Union angehörige und sieben assoziierte
Mitglieder. Zum 13. 11. 2000 wurden ihre operativen Aufgaben auf
die Europäische Union übertragen.
Lit.: Birk, E., Der Funktionswandel der Westeuropäischen Union,
1999
Wettbewerb ist das Streben mehrerer nach einem Ziel, das nicht alle
(gleichzeitig) erreichen können. Im →Wirtschaftsrecht ist W. das
Streben jedes von mehreren →Unternehmern, auf einem gemeinsamen
Markt mit möglichst vielen Kunden abzuschließen. Der W. ist
kennzeichnender Bestandteil der →Marktwirtschaft. Seine schädlichen
Auswüchse sind durch staatliches Handeln zu beseitigen. Dies ist
insbesondere durch das Gesetz gegen den unlauteren W. (1909)
geschehen. Dieses verbietet allgemein alle Wettbewerbshandlungen
im geschäftlichen Verkehr, die gegen die guten →Sitten verstoßen (§ 1
UWG, z. B. Abwerben von Arbeitskräften, übermäßige Ausnützung
von Gefühlen des Mitleids für geschäftliche Zwecke, Ansprechen
Unfallbeteiligter am Unfallort zu geschäftlichen Zwecken, Scannen
eines Telefonbuchs zwecks Vermarktung). Neben § 1 UWG stehen
Sondertatbestände. Rechtsfolge können Unterlassungsanspruch,
Schadensersatzanspruch oder Strafe sein.
Lit.: Emmerich, V., Unlauterer Wettbewerb, 6. A. 2002; Köhler, H./Piper, H., Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb, 3. A. 2002; Wenzel, E., Recht und Unrecht in Wettbewerb und Werbung, 9.
A. 1998; Grenzen des Wettbewerbs auf deregulierten Märkten, hg. v. Blaurock, U., 1999; Reger,
G., Der internationale Schutz gegen unlauteren Wettbewerb, 1999; Beater, A., Unlauterer
Wettbewerb, 2002; Berneke, W., Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. A. 2003
Wettbewerbsbeschränkung ist die Einschränkung der grundsätzlich
bestehenden Wettbewerbsfreiheit. Die W. kann z. B. zur
Verhinderung von unlauterem →Wettbewerb geboten sein. Im
Übrigen ist (private) W. vielfach schädlich, weshalb sie durch das
Gesetz gegen W. nur eingeschränkt zugelassen ist (§§ 1ff. GWB).
→Preisbindung, →Kartell, →Kartellrecht
Lit.: Immenga, U./Mestmäcker, E., Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, 3. A. 2001
Wettbewerbsrecht ist die Gesamtheit der den →Wettbewerb
betreffenden Rechtssätze. Das W. ist gesetzlich insbesondere im
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und im Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschränkungen geregelt. Dazu kommt das W. der
→Europäischen Union.
Lit.: Baumbach, A./Hefermehl, W., Wettbewerbsrecht; 23.A. 2004; Teplitzky, O.,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. A. 2002; Rittner, F., Wettbewerbs- und Kartellrecht, 6. A.
1999; Berlit, W., Wettbewerbsrecht, 4. A. 2002; Ekey, F. u. a., Wettbewerbsrecht, 2000;
Haberstumpf, H., Wettbewerbs- und Kartellrecht, gewerblicher Rechtsschutz, 2. A. 2003;
Emmerich, V., Fälle zum Wettbewerbsrecht, 4. A. 2000; Heidelberger Kommentar zum
Wettbewerbsrecht, hg. v. Ekey, F. u. a., 2000; Dethloff, N., Europäisierung des Wettbewerbsrechts,
2000; Mellulis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. A. 2000; Speckmann, Wettbewerbsrecht,
3. A. 2000; Europäisches Wettbewerbsrecht im Wandel, hg. v. Schwarze, J., 2001; Dörr, D./Haus,
F., Das Wettbewerbsrecht des EGV, JuS 2001, 313; Hoene, V., Wettbewerbsrecht, 2. A. 2001;
Europäisches Wettbewerbsrecht im Zeichen der Globalisierung, hg. v. Schwarze, J., 2002;
Himmelsbach, G., Das Mandat im Wettbewerbsrecht, 2002; Kommentar zum europäischen
Wettbewerbsrecht, hg. v. Schröter, H. u. a., 2003; Kling, M./Thomas, S., Grundkurs Wettbewerbsund Kartellrecht, 2004; UWG, hg. v. Harte-Bavendamm, H./Henning-Bodewig, F., 2004
Wettbewerbsverbot ist die Verpflichtung einer Person, keinen
gewerblichen →Wettbewerb zu einem Unternehmer zu betreiben. Sie
ergibt sich während des Bestehens eines →Dienstverhältnisses aus der
→Treuepflicht (vgl. § 60 HGB), nach seiner Beendigung evtl. aus
einem vertraglich begründeten (entgeltlichen) W. (z. B. § 74 HGB).
Ein W. anlässlich des Ausscheidens aus einer freiberuflichen Sozietät
kann längstens eine Dauer von zwei Jahren haben.
Lit.: Bauer, J./Diller, M., Wettbewerbsverbote, 3. A. 2002; Bauer, J./Diller, M., Nachvertragliche
Wettbewerbsverbote, NJW 2002, 1609
Wette (§ 762 BGB) ist das (gegenseitige,) zur Bekräftigung
bestimmter widerstreitender Behauptungen mehrerer Vertragspartner
dienende →Versprechen, dass dem, dessen Behauptung sich als richtig
erweist, ein Gewinn zufallen soll. Im Gegensatz zum →Spiel liegt der
Zweck der W. nicht in der Unterhaltung oder im Gewinn (so aber
z. B. Pferdewette), sondern in der Bekräftigung eines ernsthaften
Meinungsstreits. Durch W. wird eine →Verbindlichkeit nicht
begründet, doch kann das Geleistete nicht wegen Fehlens einer
Verbindlichkeit zurückgefordert werden. Die staatlich genehmigte
Wette ist analog § 763 BGB verbindlich.
WEU (F.) →Westeuropäische Union
WHO (World Health Organization) Weltgesundheitsorganisation,
22. 7. 1946, Sitz in Genf
wichtiger Grund →Kündigung
Widerklage (z. B. § 33 ZPO) ist die →Klage, die vom →Beklagten im
gleichen Verfahren gegen den →Kläger erhoben wird. Eine W. setzt
voraus, dass ein rechtlicher Zusammenhang zur Klage besteht (z. B.
Zahlung des Kaufpreises und Schadensersatz wegen Nichterfüllung).
Die W. wird grundsätzlich wie eine selbständige Klage behandelt.
Lit.: Uhlmannsiek, Die Anwendbarkeit der Privlegien der Widerklage, JA 1996, 253; Schneider, E.,
Prozesstaktischer Einsatz der Widerklage, MDR 1998, 21; Ott, A., Die Parteiwiderklage, 1999
Widerrechtlichkeit →Rechtswidrigkeit
Widerruf ist im Privatrecht grundsätzlich die →Willenserklärung, die
eine noch nicht endgültig wirksame Willenserklärung von Anfang an
beseitigen soll (§ 130 I 2 BGB, vgl. aber z. B. § 671 BGB). Im
Verwaltungsrecht (§ 49 VwVfG) ist W. die Aufhebung eines
rechtmäßigen →Verwaltungsakts. Ein rechtmäßiger, nicht
begünstigender Verwaltungsakt kann auch nach seiner
Unanfechtbarkeit für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein
Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder
aus andern Gründen ein W. unzulässig ist. Ein rechtmäßiger
begünstigender Verwaltungsakt dagegen kann nur widerrufen werden,
wenn der W. durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im
Verwaltungsakt vorbehalten ist, wenn mit dem Verwaltungsakt eine
Auflage verbunden ist, die der Begünstigte nicht oder nicht rechtzeitig
erfüllt hat, wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener
Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen,
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift
berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen oder wenn
schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu
beseitigen sind. Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine
Geldleistung oder eine teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines
bestimmten Zweckes gewährt, kann auch mit Wirkung für die
Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht für den
bestimmten Zweck verwendet wird oder eine mit dem
Verwaltungsakt verbundene Auflage nicht erfüllt wird.
Lit.: Schröder, M., Rücknahme, Widerruf und die Erstattung von Leistungen, JuS 1998, L 49;
Damm, R./Rehbock, K., Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 2. A.
2001; Masuch, A., Musterhafte Widerrufsbelehrung des Bundesjustizministerums? NJW 2002, 2931
Widerrufsrecht ist das →Recht zum →Widerruf einer
→Willenserklärung. Nach § 355 BGB ist der gesetzlich
widerrufsberechtigte →Verbraucher (§ 312 BGB Haustürgeschäft, §
312d BGB Fernabsatzvertrag, § 485 BGB TeilzeitWohnrechtevertrag, § 495 BGB Verbraucherdarlehensvertrag) an
seine auf den →Abschluss eines →Vertrags mit einem →Unternehmer
gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie
fristgerecht (Absendung innerhalb zweier Wochen, spätestens sechs
Monate nach Vertragsschluss bzw. nach Eingang gelieferter Ware
beim Empfänger) widerrufen hat. Bis dahin besteht schwebende
Wirksamkeit.
Widerrufsvorbehalt ist der →Vorbehalt einer nachträglichen
Beseitigung einer Erklärung oder Anordnung. Der W. ermöglicht die
spätere Aufhebung ohne Weiteres. Im Verwaltungsrecht kann er
Nebenbestimmung des →Verwaltungsakts sein.
Widerspruch ist die einem Umstand widersprechende
Gegenäußerung. Im Sachenrecht (§ 899 BGB) kann bei Unrichtigkeit
des →Grundbuchs zum Schutz des wahren Berechtigten ein W. in das
Grundbuch eingetragen werden. Der W. sichert den →Anspruch auf
→Berichtigung des Grundbuchs und zerstört den öffentlichen
→Glauben des Grundbuchs. Im Verfahrensrecht ist W. eine
Bezeichnung für verschiedene →Rechtsbehelfe (z. B. §§ 694, 777
[Erinnerung], 924 ZPO). Im Verwaltungsrecht ist der W. (§§ 68ff.
VwGO) der allgemeine →Rechtsbehelf gegen einen →Verwaltungsakt.
Er leitet das →Verwaltungsverfahren ein, in dem vor Erhebung der
→Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des
Verwaltungsakts nachzuprüfen sind (→Widerspruchsverfahren). Er hat
im Rahmen der §§ 80, 80b VwGO aufschiebende Wirkung.
Widerspruchsbehörde (§ 73 VwGO) ist die →Behörde, die über den
→Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt entscheidet. Dies ist je
nach gesetzlicher Regelung die nächsthöhere Behörde oder
ausnahmsweise die Behörde, die den →Verwaltungsakt erlassen hat.
Ihre nicht abhelfende Entscheidung ist der →Widerspruchsbescheid.
Widerspruchsbescheid (§ 73 VwGO) ist der von der
→Widerspruchsbehörde auf einen →Widerspruch hin erlassene
→Verwaltungsakt. Der W. ergeht, wenn die Behörde dem
Widerspruch nicht abhilft. Er ist allerdings nur dann gesondert ohne
gleichzeitige →Anfechtung des Erstbescheids anfechtbar, wenn er eine
selbständige →Beschwer enthält (§ 79 II VwGO).
Widerspruchsklage →Drittwiderspruchsklage
Widerspruchsverfahren (§§ 68ff. VwGO) ist das
→Verwaltungsverfahren, das gegen einen →Verwaltungsakt gerichtet
ist. Im W. sollen Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des
Verwaltungsakts von der →Widerspruchsbehörde überprüft werden.
Seine Durchführung ist grundsätzlich zwingende Voraussetzung für
die Erhebung einer →Anfechtungsklage oder einer
→Verpflichtungsklage. Es ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe
des Verwaltungsakts einzuleiten und endet mit →Abhilfe oder mit
dem →Widerspruchsbescheid (§§ 70ff. VwGO).
Lit.: Weides, P., Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren, 3. A. 1993; Brühl, R.,
Sachbericht, Gutachten und Bescheid im Widerspruchsverfahren, JuS 1994, 56; Engelbrecht, K.,
Die Hauptsacheerledigung im Widerspruchsverfahren, JuS 1997, 550; Geis, M./Hinterseh, S.,
Grundfälle zum Widerspruchsverfahren, JuS 2001, 1074
Widerstand ist die entgegenstehende Haltung oder Kraft. W. gegen
die Staatsgewalt bzw. W. gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113f.
StGB) ist insbesondere die Leistung von W. mit →Gewalt oder durch
→Drohung mit Gewalt oder der tätliche Angriff gegenüber einem
→Amtsträger (Vollstreckungsbeamten) bei der Vornahme einer
rechtmäßigen Diensthandlung. Eine Strafbarkeit wegen Widerstands
gegen die Staatsgewalt entfällt, wenn der Täter in entschuldbarer
Weise irrig die Diensthandlung als rechtswidrig angesehen hat.
Lit.: Backes, O./Ransiek, A., Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, JuS 1989, 624
Widerstandsrecht (Art. 20 IV GG) ist das Recht jedes →Deutschen,
gegen jeden, der es unternimmt, die verfassungsmäßige
Grundordnung zu beseitigen, dann, wenn andere Abhilfe nicht
möglich ist, Widerstand zu üben. Es ist ein letztes Mittel zur
Aufrechterhaltung des →Rechts. Es birgt aber die Gefahr des
unrechtmäßigen Widerstands gegen die Staatsgewalt.
Lit.: Scheidle, G., Das Widerstandsrecht, 1969; Isensee, Das legalisierte Widerstandsrecht, 1969;
Kröger, K., Widerstandsrecht und demokratische Verfassung, 1971
Widmung ist die Erklärung einer staatlichen Stelle, dass eine →Sache
einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen soll (öffentliche Sache
z. B. Straße, § 2 FStrG). Die W. ist ein Hoheitsakt. Sie kann durch
→Gesetz, →Verordnung, →Satzung, →Gewohnheitsrecht oder
→Verwaltungsakt erfolgen. Ihre Rechtswirkung tritt erst mit der
zweckentsprechenden Nutzung ein. Sie endet mit der Entwidmung.
Lit.: Axer, P., Die Widmung, 1994 (Diss.)
Wiederaufgreifen (§ 51 VwVfG) ist die erneute Sachbehandlung
nach Abschluss des Verfahrens. Das W. ist ein außerordentlicher
→Rechtsbehelf, der darauf gerichtet ist, die bereits eingetretene
Unanfechtbarkeit eines →Verwaltungsakts zu beseitigen und den
(fehlerhaften) Verwaltungsakt aufzuheben oder abzuändern. Es
erfordert ganz bestimmte Voraussetzungen (nachträgliche Änderung
der Sachlage oder Rechtslage, neue →Beweismittel,
Wiederaufnahmegründe, Einhaltung einer Frist von drei Monaten).
Wiederaufnahme (z. B. §§ 578ff. ZPO) ist die erneute Durchführung
eines rechtskräftig abgeschlossenen →Prozesses. Die W. ist ein
außerordentlicher →Rechtsbehelf. Sie erfolgt durch
→Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) oder →Restitutionsklage (§ 580
ZPO). Die zulässige Klage beseitigt die →Rechtskraft der früheren
Entscheidung und führt zu neuer →Verhandlung der →Hauptsache. Im
Strafverfahren (§§ 359ff. StPO) wird zwischen W. zu Gunsten und
W. zu Ungunsten des Verurteilten unterschieden. Erweist sich der
Antrag auf W. als begründet, so ordnet das Gericht die W. des
Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an.
Lit.: Gilles, P., Systematik des Wiederaufnahmeverfahrens, ZZP 1980, 391; Marxen, K./Tiemann,
F., Die Wiederaufnahme in Strafsachen, 1993; Foerster, U., Wiederaufnahme des Zivilprozesses
bei naturwissenschaftlichem Erkenntnisfortschritt, NJW 1996, 345; Theobald, S., Barrieren im
strafrechtlichen Wiederaufnahmeverfahren, 1998
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (z. B. § 233 ZPO) ist die
gerichtliche →Entscheidung, durch die eine versäumte und
nachgeholte →Prozesshandlung als rechtzeitig fingiert wird. Die W.
setzt einen →Antrag voraus. Dieser ist begründet, wenn der
Betreffende unverschuldet verhindert war, eine besonders genannte
→Frist einzuhalten (z. B. durch Erkrankung, durch fehlerhafte
Adressierung eines fristgebundenen Schriftsatzes an das
Ausgangsgericht und dort verzögerte Weiterleitung an das
Rechtsmittelgericht, durch verzögerte Beförderung ordnungsgemäß
adressierter und frankierter Post, nicht bei Belegtsein eines
Telefaxempfangsgeräts eines Gerichts [zw.]). Die Anforderungen an
das von dem Betroffenen Veranlasste dürfen nicht überspannt
werden.
Lit.: Büttner, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, 2. A. 1999; Greger, S., Das Rechtsinstitut der
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, 1998; Müller, G., Die Rechtsprechung des BGH zur
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, NJW 2000, 322; Kummer, P., Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand, 2003; Pentz, V. v., Die Rechtsprechung des BGH zur Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand, NJW 2003, 858
Wiedergutmachung →Schadensersatz, Täter-Opfer-Ausgleich
Lit.: Merckle, T., Ein neues Paradigma im Strafrecht, 1999;
Wiedergutmachung für Kriminalitätsopfer, hg. v. Weißen Ring, 1999;
Brodesser, H./Fehn, B./Franosch, T. u. a., Wiedergutmachung und
Kriegsfolgenliquidation, 2000
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung →Suspensiveffekt
wiederholt (Adj.) nochmals ausgeführt
wiederholte Verfügung →Verfügung, wiederholte
Wiederholungsgefahr ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein
bestimmtes →Verhalten erneut geübt wird. Die W. von →Störungen
begründet im Privatrecht einen →Unterlassungsanspruch (§ 1004
BGB). Im →Strafverfahrensrecht bildet die W. in engen
Voraussetzungen einen →Haftgrund.
Lit.: Schloth, S., Die Haftgründe der Wiederholungsgefahr, 1999
Wiedervereinigung ist die Wiederherstellung der Einheit
Deutschlands. Die W. war bis 3. 10. 1990 ein politisches Ziel. Zu
seiner Erreichung forderte die →Präambel des →Grundgesetzes das
gesamte deutsche Volk auf. Am 3. 10. 1990 trat nach wirtschaftlichen
Schwierigkeiten und politischen Unruhen infolge der Förderung
dieses Vorhabens durch die Vereinigten Staaten von Amerika sowie
die Duldung durch die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich
die Deutsche Demokratische Republik auf Wunsch ihrer Bevölkerung
der Bundesrepublik Deutschland bei.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte; Kroeschell, K., Rechtsgeschichte Deutschlands im
20. Jahrhundert, 1992; Handbuch zur deutschen Einheit, hg. v. Weidenfeld, W. 1999
Wiederverheiratungsklausel ist die Klausel eines
gemeinschaftlichen →Testaments, dass der überlebende Ehegatte bei
Wiederverheiratung verpflichtet sein soll, sich mit den
gemeinschaftlichen →Abkömmlingen entsprechend der gesetzlichen
→Erbfolge auseinanderzusetzen.
Wiedervorlage ist in der Verwaltungspraxis die erneute Vorlage
einer →Akte nach Ablauf eines gewissen Zeitraums, innerhalb dessen
vermutlich eine sachliche Veränderung eingetreten ist.
Wiener Kongress ist der 1815 in Wien tagende, die territorialen
Verhältnisse Europas nach Beendigung der napoleonischen
Vorherrschaft neu ordnende, im Wesentlichen auf die
Wiederherstellung der früheren Zustände unter Schonung Frankreichs
gerichtete Kongress. →Deutscher Bund
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
wild (Adj.) ungezähmt
Wild ist die Gesamtheit der wildlebenden jagdbaren Säugetiere und
Vögel bzw. im Verwaltungsrecht die wildlebenden →Tiere, die dem
→Jagdrecht unterliegen (§ 1 BJagdG).
wilder Streik →Streik, wilder
Wilderei (§§ 292, 293 StGB) ist die Verletzung des Jagdrechts oder
Fischereirechts. →Jagdwilderei, Fischwilderei
Wildschaden (§§ 26ff. BJagdG) ist der von →Wild (an
→Grundstücken) verursachte →Schaden. Zur Verhütung von W. sind
Jagdausübungsberechtigter und Eigentümer oder
Nutzungsberechtigter eines Grundstücks berechtigt, das Wild von den
Grundstücken abzuhalten oder zu verscheuchen und ist der
Jagdausübungsberechtigte evtl. zur Verringerung des Wildbestands
verpflichtet. Darüber hinaus ist der an einem Grundstück, das zu
einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört, durch Schalenwild,
Wildkaninchen oder Fasane verursachte →Schaden von der
→Jagdgenossenschaft dem Geschädigten zu ersetzen (§ 29 BJagdG).
Wille ist das das menschliche Verhalten leitende Streben bzw. die
Fähigkeit des Menschen, sich für ein bestimmtes Verhalten zu
entscheiden.
Willenserklärung ist die auf einen rechtlichen →Erfolg gerichtete,
private →Willensäußerung (z. B. Kaufvertragsantrag,
Mietvertragsannahme, Erbeinsetzung). Die W. ist eine aus Wille und
Erklärung bestehende →Rechtshandlung i. w. S. Sie bildet den
wichtigsten Bestandteil eines →Rechtsgeschäfts. Sie ist der in einer
(äußeren) →Erklärung verwirklichte (innere) →Wille, nach anderer
Ansicht die aus Wille (→Handlungswille, →Erklärungswille bzw.
Erklärungsbewusstsein, →Rechtsfolgewille) und Erklärung
zusammengesetzte Einheit. Dabei kann die Erklärung auch in
digitaler Form erfolgen, sofern nicht eine andere Form kraft Vertrags
oder Gesetzes erforderlich ist. Für das Verständnis der W. stellt die
Willenstheorie hauptsächlich auf den inneren Willen, die
Erklärungstheorie in erster Linie auf die äußere Erklärung ab. Die W.
ist vollendet mit der Abgabe, wird aber vielfach erst mit →Zugang
wirksam (§ 130 BGB). Die W. kann ausdrücklich oder konkludent
erklärte W. sein. Sie kann weiter empfangsbedürftige W. (z. B.
→Kündigung) oder nicht empfangsbedürftige (, unabhängig von einem
Empfang mit der Abgabe wirksam werdende) W. (z. B. →Enterbung)
sein. Sie ist zu unterscheiden von der bloßen (unverbindlichen)
→Einladung zu einem Angebot oder der rechtsgeschäftsähnlichen
→Handlung (Rechtshandlung). Die W. unterliegt der →Auslegung
(§ 133 BGB). Bei bestimmten →Mängeln ist sie →anfechtbar (z. B.
→Irrtum) oder →nichtig (z. B. →Sittenwidrigkeit).
Lit.: Singer, R., Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärungen, 1995;
Ernst, S., Der Mausklick als Rechtsproblem, NJW CoR 1997, 165; Scheuerer, D., Die
Willenserklärung im elektronischen Rechtsverkehr, Diss. jur. Greifswald 1999; Cordes, A., Form
und Zugang von Willenserklärungen im Internet, 2001; Wiebe, A., Die elektronische
Willenserklärung, 2002
Willensfreiheit ist die (vermutete) Unabhängigkeit des →Willens von
äußeren, die Willenshandlung zwangsweise bestimmenden
Umständen (z. B. Vorherbestimmung, Schicksal, Erbgut). Die
Annahme der W. ist eine wesentliche Grundlage der geltenden
Rechtsordnung, auf der z. B. die Begründung des →Strafrechts beruht.
Im →Schuldrecht ist die W. konkretisiert in der Form der
→Vertragsfreiheit.
Willensmangel ist der →Mangel einer →Willenserklärung. Zu den
Willensmängeln zählen etwa (Fehlen einer Willenshandlung
überhaupt,) geheimer →Vorbehalt, →Scheingeschäft,
→Scherzerklärung, →Irrtum, →Drohung, →Täuschung, →Formmangel,
→Gesetzesverstoß, →Sittenwidrigkeit, beschränkte Geschäftsfähigkeit
oder fehlende →Geschäftsfähigkeit. Die Rechtsfolge eines
Willensmangels ist →Nichtigkeit oder →Anfechtbarkeit.
Lit.: Arens, P., Willensmängel bei Parteihandlungen, 1968; Wiegand, D., Vertragliche
Beschränkungen der Berufung auf Willensmängel, 2000
Willenstheorie →Willenserklärung, →Willensmangel
Willkür (F.) willentlicher Rechtsbruch
Willkürverbot (Art. 3 I GG) ist das →Verbot, ohne angemessenen
Grund Gleiches ungleich und Ungleiches gleich zu behandeln. Das
W. ist verletzt, wenn das staatliche Handeln bei verständiger
Würdigung der das →Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht
mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass es
auf sachfremden Erwägungen beruht (z. B. Verneinung eines
aufrechenbaren Gegenanspruchs aus positiver Forderungsverletzung
gegen einen seinen arbeitslosen Mandanten nicht auf die
Beratungshilfe hinweisenden Rechtsanwalt gegenüber dessen
Gebührenforderung, Entzug aller Sachmittel eines der Wahrheit
verpflichteten Leistungsträgers durch einen leistungslosen Tagedieb,
Diskriminierung des Bestevaluierten zu Gunsten von
Rechtsbrechern). Im Strafrecht folgt aus dem W. die Verpflichtung
des →Gesetzgebers, bei der Bemessung des →Strafrahmens von der
Typik des in ihm missbilligten Verhaltens auszugehen.
→Rechtsmissbrauch
Lit.: Kallina, H., Willkürverbot und Neue Formel, 2001
Winterausfallgeld ist das für die 30. bis zur 100. Ausfallstunde durch
eine Umlage der Arbeitgeber (d. h. über den Markt), danach durch die
Bundesanstalt für Arbeit (d. h. über die Steuern) aufgebrachte Entgelt
in der Bauwirtschaft bei Arbeitsausfall infolge Winterwetters.
Wirkung ist die Folge eines Umstands, insbesondere eines
Verhaltens. Sie kann in der Rechtsordnung sehr verschieden sein.
Konstitutive (rechtsbegründende) W. liegt vor, wenn ein Verhalten
einen Rechtserfolg begründet (z. B. Eintragung in ein Register
begründet Rechtsfähigkeit oder Kaufmannseigenschaft).
Deklaratorische (rechtsbekundende) W. ist gegeben, wenn ein
Verhalten einen Rechtserfolg nur sichtbar macht (z. B. Eintragung der
Erteilung der Prokura). Konfirmatorische W. besteht, wenn ein
Verhalten gewisse sekundäre Rechtsfolgen auslöst (z. B. § 15 I HGB,
negative Publizitätswirkung der Eintragung). Aufschiebende W. ist
die Folge, dass eine Rechtsfolge erst später eintritt (z. B. Rechtskraft,
→Suspensiveffekt). Abwälzende W. ist die Folge, dass eine
Rechtsfolge an einer andern Stelle eintritt (z. B. Devolutiveffekt).
Lit.: Wirkungsforschung zum Recht, hg. v. Hof, H., Bd. 1f. 1999f.
Wirkungskreis ist der jeweilige Aufgabenbereich. Eigener W. einer
→Gemeinde ist der Bereich der ihr als örtlicher Gemeinschaft nach
Art. 28 GG zustehenden Aufgaben der →Selbstverwaltung. Diese
Aufgaben können Pflichtaufgaben (z. B. Straßenbau), bei denen die
Gemeinde nur über die Art und Weise der Durchführung einer
gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahme entscheiden kann, oder
freiwillige Aufgaben, bei denen die Gemeinde auch über die
Verwirklichung als solche entscheidet (z. B. Sportplatz, Bücherei),
sein. Übertragener W. ist der Aufgabenbereich, der im Auftrag eines
andern Hoheitsträgers wahrgenommen wird (z. B.
Ordnungsverwaltung). Im übertragenen W. wird der
Verwaltungsträger im Rahmen der →Auftragsverwaltung tätig und
unterliegt dabei der →Fachaufsicht.
Wirtschaft ist die Gesamtheit der Einrichtungen und Maßnahmen zur
planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs an Gütern.
Lit.: Gabler-Wirtschafts-Lexikon, red. v. Arentzen, U., 15. A. 2001; Rittershofer, W.,
Wirtschaftslexikon, 2000
wirtschaftlich (Adj.) die Wirtschaft betreffend
wirtschaftliche Betrachtungsweise →Betrachtungsweise,
wirtschaftliche
wirtschaftliche Unmöglichkeit →Unmöglichkeit, wirtschaftliche
wirtschaftlicher Verein →Verein
Wirtschaftsanwalt ist der im Bereich der →Wirtschaft tätige
→Rechtsanwalt.
Lit.: Endrös, A./Waltl, P., Der Wirtschaftsanwalt, 1995
Wirtschaftsjurist ist der in der →Wirtschaft als Angestellter tätige
→Jurist.
Lit.: Kreizberg, K., Die Juristen in den Organisationen der Wirtschaft, 1994; Wirtschaftskanzleien,
hg. v. JuVe Verlag, 4. A. 2002
Wirtschaftskriminalität ist die Gesamtheit der im Bereich des
wirtschaftlichen Handelns vorgenommenen →Straftaten (z. B.
§§ 283ff., 263 StGB, →Insolvenzstraftaten, →Betrug,
→Wirtschaftsstrafrecht).
Lit.: Müller, R./Wabnitz, H./Janovsky, T., Wirtschaftskriminalität, 4. A. 1997; Maier, K.,
Wirtschaftskriminalität und interne Revision, 2001
Wirtschaftslenkung ist die Gesamtheit der wirtschaftlichen
Maßnahmen, durch die zum Zweck der Erreichung eines
wirtschaftspolitisch oder gesellschaftspolitisch erwünschten Zustands
oder Ablaufs des Wirtschaftslebens auf das wirtschaftliche Geschehen
eingewirkt werden soll (z. B. Preisfestsetzung, Steuerfestsetzung,
→Subvention). Die W. ist ein Teil der Politik. Die W. kann
unmittelbar (z. B. Verbot) oder mittelbar sein (z. B. Kredit).
Wirtschaftsprivatrecht ist das die Wirtschaft betreffende
→Privatrecht.
Lit.: Pottschmidt, G./Rohr, U., Wirtschaftsprivatrecht für Unternehmer, 12. A. 2003; Führich, E.,
Wirtschaftsprivatrecht, 6. A. 2002; Meyer, J., Wirtschaftsprivatrecht, 5. A. 2003; Müssig, P.,
Wirtschaftsprivatrecht, 6. A. 2003; Hoffmann, U., Technik der Fallbearbeitung im
Wirtschaftsprivatrecht, 2000; Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, hg. v.
Koppensteiner, H., 2000
Wirtschaftsprüfer ist der Mensch, dem kraft öffentlicher Bestellung
die ausschließliche Befugnis zusteht, die Jahresabschlüsse der
→Aktiengesellschaften zu prüfen. Der W. übt einen freien →Beruf aus,
kein →Gewerbe. Seine Ausbildung ist in der
Wirtschaftsprüferordnung geregelt (abgeschlossene
Hochschulausbildung oder bestimmte zehnjährige oder fünfjährige
praktische Berufstätigkeit , mindestens 3jährige praktische Tätigkeit,
Bestehen einer Prüfung).
Lit.: Markus, H., Der Wirtschaftsprüfer, 1996
Wirtschaftsrecht i. w. S. ist die Gesamtheit der die Wirtschaft
betreffenden Rechtssätze. Das W. befasst sich mit der Einrichtung
und Gestaltung, Ordnung, Förderung, Lenkung oder Begrenzung der
selbständigen Erwerbstätigkeit. Es ist teils öffentliches, teils privates
→Recht (→Wirtschaftsprivatrecht). Das öffentlich-rechtliche W.
zerfällt in Wirtschaftsverfassungsrecht und
Wirtschaftsverwaltungsrecht. Das private W. (W. i. e. S.) umfasst
u. a. →Handelsrecht, →Arbeitsrecht, Mitbestimmungsrecht,
→Wettbewerbsrecht, →Urheberrecht, Haftungsrecht, →Insolvenzrecht.
Lit.: Aktuelle Wirtschaftsgesetze, 4. A. 2003; Wirtschaftsgesetze (Lbl.), 50. A. 2003;
Rinck/Schwark, Wirtschaftsrecht; Europäisches Wirtschaftsrecht (Lbl.) hg. v. Winkel, K., 13. A.
2003; Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts (Lbl.), hg. v. Dauses, M., 12. A. 2003; Herdegen, M.,
Internationales Wirtschaftsrecht, 4. A. 2003; Hakenberg, W., Grundzüge des Europäischen
Wirtschaftsrechts, 2. A. 2000; Beck’sches Wirtschaftsrechtshandbuch 2001/2002, hg. v. Pelka, J.,
2. A. 2001; Europäisches Wirtschaftsrecht Textsammlung (Lbl.), hg. v. Borries, R. v. u. a., 12. A.
2003; Nagel, B., Wirtschaftsrecht der Europäischen Union, 3. A. 2001; Bernstorff, C. Graf v.,
Wirtschaftsrecht in Osteuropa, 1999; Cebulla, M./Rodenbeck, R., Deutsches Wirtschaftsrecht, 2001;
Vollmöller, T., Die Globalisierung des öffentlichen Wirtschaftsrechts, 2001; Sodan, H.,
Öffentliches, privates und europäisches Wirtschaftsrecht, 5. A. 2002; Münchener Vertragshandbuch
Bd. 2 Wirtschaftsrecht 1 5. A. 2004, Bd. 3 Wirtschaftsrecht 2 5. A. 2004, Bd. 4 Wirtschaftsrecht III,
hg. v. Schütze, R./Weipert, L., 5. A. 2002; Gehling, K./Gratzfeld, K., Wirtschaftsrecht, 3. A. 2002;
Kießling, E., Das Assessorexamen im Wirtschaftsrecht, 2003
Wirtschaftsstrafrecht →Wirtschaftsrecht
Lit.: Tiedemann, K., Wirtschaftsbetrug, 1999; Wirtschaftsstrafrecht,
hg. v. Müller-Gugenberger, C., 3. A. 2000; Handbuch des
Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, hg. v. Wabnitz, H. u. a., 2. A.
2004; Bottke, W., Täterschaft und Teilnahme im deutschen
Wirtschaftskriminalrecht, JuS 2002, 320; Hellmann, U./Beckemper,
K., Wirtschaftsstrafrecht, 2004
Wirtschaftsunion →Staatsvertrag
Wirtschaftsverfassungsrecht ist die Gesamtheit der Rechtssätze, die
Organisation und Ablauf der →Wirtschaft in ihren Grundlagen
bestimmen (z. B. Stabilitätsgesetz) bzw. in einem engeren Sinn die
Summe der diesbezüglichen Normen der Verfassungsurkunde (z. B.
Sozialstaatsprinzip).
Lit.: Frotscher, W., Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, 3. A. 1999
Wirtschaftsverwaltungsrecht ist die Gesamtheit der Rechtssätze,
durch die der →Staat auf die →Wirtschaft im Einzelnen ordnend,
fördernd oder lenkend eingreift. Das W. ist Teil des (öffentlichrechtlichen) →Wirtschaftsrechts. Es lässt sich gliedern in das
Wirtschaftsorganisationsrecht (z. B. Bundesbankgesetz), das
Unternehmensrecht und Berufsrecht, das Wirtschaftsvertragsrecht und
das Wirtschaftslenkungsrecht.
Lit.: Frotscher, W., Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, 3. A. 1999; Stober,
R., Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. 1f. 12. A. 2000f.; Stober, R., Allgemeines
Wirtschaftsverwaltungsrecht, 13. A. 2002; Wirtschaftsverwaltungsrecht in Europa, hg. v. Stober,
W., 1993; Jarass, H., Wirtschaftsverwaltungsrecht, 3. A. 1997
Wissen ist das Kennen eines Umstands. Es kann rechlich bedeutsam
sein (z. B. →Vorsatz). Das W. eines Bediensteten einer
Personenvereinigung darf nur dieser, nicht ihren Organen oder
Mitgliedern zugerechnet werden.
Lit.: Beuthien, V., Zur Wissenszurechnung nach § 166 BGB, NJW 1999, 3585; Baum, M., Die
Wissenszurechnung, 1999; Rohde, A., Die Wissenszurechnung, Diss. jur. Bielefeld 1999; Schüler,
W., Die Wissenszurechnung im Konzern, 2000; Bott, K., Wissenszurechnung bei Organisationen,
2000; Buck, P., Wissen und juristische Person, 2001; Wissenszurechnung bei Kreditinstituten, 2003
Wissenmüssen →Kennenmüssen
Wissenschaft ist die methodisch geordnete Gesamtheit der
Erkenntnisse, insbesondere auf einem Einzelnen Sachgebiet. Die
Wissenschaften werden herkömmlicherweise in
Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften gegliedert. Zu den
Geisteswissenschaften zählt die Sozialwissenschaft, zu der in einem
weiteren Sinn die Rechtswissenschaft gerechnet wird.
Lit.: Köbler, Jurist; Theisen, M., Wissenschaftliches Arbeiten, 11. A. 2002
Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 III GG) ist die →Freiheit der
wissenschaftlichen Tätigkeit. Dieses →Grundrecht verbietet es, die
Tätigkeit des einzelnen Wissenschaftlers zu verhindern (z. B. durch
willkürliches Verbot mit der Beschäftigung von Fremdsprachen) oder
zu erschweren (z. B. durch Entzug zustehender Geldmittel und
Sachmittel, durch Entzug zugesagter und vorhandener Planstellen
zugunsten von Betrügern und Hochstaplern, Mobbing
bestqualifizierter Mitarbeiter). Daneben gewährt es den
wissenschaftlichen Hochschulen ein Recht auf →Selbstverwaltung und
einen Anspruch auf Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit durch den
Staat.
Lit.: Heldrich, A., Freiheit der Wissenschaft, 1987; Classen, C., Wissenschaftsfreiheit, 1994
Wissenschaftsrat ist in Deutschland das Beratungsgremium des
Staats in Fragen der →Wissenschaft.
Lit.: Röhl, H., Der Wissenschaftsrat, 1994
Witwe ist der weibliche Ehegatte nach Beendigung der →Ehe durch
→Tod des männlichen Ehegatten. Die W. ist erbberechtigt. Im
→Verwaltungsrecht bestehen für W. und Witwer
Versorgungsansprüche (z. B. §§ 19f. BeamtVG [Witwengeld], in der
Sozialversicherung Witwenrente).
Witwer ist der männliche Ehegatte nach Beendigung der →Ehe durch
→Tod des weiblichen Ehegatten. →Witwe
Wohl ist der gedeihliche Zustand. Öffentliches W. (W. der
Allgemeinheit) ist das aus vielen besonderen privaten und
öffentlichen Einzelinteressen und Teilinteressen abgeleitete,
möglicherweise aber auch im Widerstreit zu ihnen bestehende wahre
Gemeininteresse. Seine Erreichung ist ein Zweck öffentlicher
→Verwaltung. Ihm widersprechen z. B. Inzucht, Betrug, Korruption,
Rechtsbruch und Selbstbedienung durch leistungsarme Amtsträger.
→Enteignung
Wohlfahrtspflege ist die Förderung des Wohlergehens (der
Allgemeinheit). Freie W. ist die nicht vom Staat, sondern von
privaten Trägern wahrgenommene W. Nach den §§ 10, 93, 95 BSHG
sind die Träger der →Sozialhilfe verpflichtet, bei der Durchführung
ihrer Aufgaben mit den Verbänden der freien W. zur gegenseitigen
Ergänzung der Hilfsmaßnahmen zusammenarbeiten und diese
Verbände angemessen zu unterstützen.
Lit.: Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht
Wohlfahrtsstaat ist der →Staat, der sich umfassend um das →Wohl
seiner Angehörigen kümmert. In der Rechtsgeschichte ist W. der
absolutistische →Polizeistaat. In der Gegenwart zeigen sich
wohlfahrtsstaatliche Tendenzen besonders in dem Ziel der
umfassenden sozialen Angleichung der Gesellschaft (zwecks
Gewinnung von Wählerstimmen).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Wohngeld ist der zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und
familiengerechten Wohnens bestimmte öffentliche Zuschuss zu den
Aufwendungen für den Wohnraum. Das W. ist im Wohngeldgesetz
und in der Wohngeldverordnung geregelt. Es wird entweder als
Zuschuss zur →Miete (Mietzuschuss) oder als Zuschuss zu
Belastungen (Lastenzuschuss) für Wohnraum gewährt.
Lit.: Schwerz, G., Wohngeldgesetz, 3. A. 2001; Jürgensen, Der Anspruch auf Wohngeld, 2003
Wohnraum (z. B. §§ 549ff. BGB) ist der zum Wohngebrauch
bestimmte, vom sozialen Mietrecht besonders geschützte Raum.
Lit.: Kossmann, R., Handbuch der Wohnraummiete, 6. A. 2003; Lammel, S., Wohnraummietrecht,
2. A. 2002; Wohnraummietrecht, hg. v. Hannemann T./Wiegner, M., 2001; Lützenkirchen, K.,
Wohnraummiete, 2002; Münchener Anwaltshandbuch Wohnraummietrecht, hg. v. Hannemann,
T./Wiegner, M., 2002; Herpers, H., Praxis Wohnraummietrecht, 3. A. 2003; Söfker, W.,
Wohnraumförderungsrecht, 2002; Jürgensen, A., Der Anspruch auf Wohngeld, 2003
Wohnsitz (§ 7 BGB) ist der örtliche Schwerpunkt der
Lebensbeziehungen eines Menschen. Der W. wird durch ständige
Niederlassung an einem Ort begründet und durch Aufhebung der
Niederlassung mit dem Willen, sie aufzugeben, aufgehoben. Er kann
gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. Er ist für zahlreiche
rechtliche Angelegenheiten von Bedeutung (z. B. § 269 BGB,
→Leistungsort). Er ist vom →Aufenthaltsort zu unterscheiden. Ein
minderjähriges →Kind teilt den W. der Eltern bzw. des
Personensorgeberechtigten (§ 11 BGB). Für Soldaten gelten
Sonderregeln. Im Steuerrecht (§ 8 AO) hat jemand einen W. dort, wo
er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen
lassen, dass er die Wohnung behalten und benutzen wird.
Lit.: Filippi, S., Der bürgerliche Wohnsitz, Diss. jur. Gießen 1997
Wohnung (Art. 13 GG) ist das befriedete Besitztum, das dem
Menschen zum auf längere Zeit angelegten Aufenthalt dient. Dazu
gehören auch Geschäftszimmer, Nebenräume, Vorgärten,
Wohnwagen und Zelte, nicht dagegen Kraftfahrzeuge und
Bankschließfächer. Der →Inhaber der W. (z. B. Eigentümer, Mieter)
hat ein →Grundrecht auf Unverletzlichkeit der W., das allerdings für
bestimmte Fälle (Art. 13 II–VI GG) eingeschränkt ist. Im Strafrecht
ist W. (§ 123 StGB) beim →Hausfriedensbruch der Inbegriff der
Räume, die einer oder mehreren Menschen, namentlich einer Familie,
zur Unterkunft dienen oder zur Benutzung freistehen. Im Privatrecht
ist die W. ein wichtiger Gegenstand der →Miete und des →Eigentums
(→Wohnungseigentum).
Lit.: Rhein, E., Die Unverletzlichkeit der Wohnung, 2001
Wohnungsbau ist die Errichtung von Wohnraum oder Wohnungen.
Der W. ist teils privater, teils öffentlicher W. Er wird durch
verschiedene staatliche Maßnahmen (Förderungsmittel) beeinflusst,
wobei besondere Vorschriften und Vergünstigungen für den sozialen
W. bestehen, der den Wohnungssuchenden unterer
Einkommensschichten dienen soll (vgl. Wohnungsbaugesetze).
Lit.: Miet-, Wohn- und Wohnungsbaurecht, 50. A. 2003; Stäuber, H./Walter, K., Kommentar zum
Wohnungsbauprämiengesetz, 12. A. 1996
Wohnungsbindungsrecht ist das der Vertragsfreiheit grundsätzlich
entzogene Wohnungsmietrecht.
Lit.: Mückenberger, W./Hanke, A., Wohnungsbindungsrecht, 1991
Wohnungseigentum (§ 1 WEG) ist das Sondereigentum an einer
→Wohnung in Verbindung mit dem →Miteigentumsanteil an dem
betreffenden →Grundstück. Das (seit der zweiten Hälfte des 20. Jh.s
verbreitete) W. ist im Gegensatz zum →Spezialitätsprinzip des
→Sachenrechts (vgl. §§ 93, 94, 946 BGB) besonderes →Eigentum an
einem Teil (Bestandteil) einer →Sache. Es wird wie ein Grundstück
behandelt. Seine Einzelheiten sind im besonderen
Wohnungseigentumsgesetz geregelt. Die Vereinigung zweier
Wohnungseigentumsrechte zu einem neuen W. ist möglich, auch
wenn das neue W. in sich nicht abgeschlossen ist.
Lit.: Bärmann, J./Pick, E./Merle, W., Wohnungseigentumsgesetz, 9. A. 2003; Bärmann, J./Pick, E.,
Wohnungseigentumsgesetz, 15. A. 2001; Sauren, M., Wohnungseigentumsgesetz, 4. A. 2002;
Niedenführ, W./Schulze, H., Wohnungseigentumsgesetz, 6. A. 2002; Klassen, K./Eiermann, U., Das
Mandat in WEG-Sachen, 2. A. 2002; Seuß, H., Die Eigentumswohnung, 11. A. 2000;
Wangemann/Drasdo, M., Die Eigentümerversammlung nach WEG, 2. A. 2001; Gottschalg, W., Die
Haftung von Verwalter und Beirat, 2002; Armbrüster, C., Grundfälle zum
Wohnungseigentumsrecht, JuS 2002, 141; Röll, L./Sauren, M., Handbuch für
Wohnungseigentümer, 8. A. 2002; Weitnauer, H., Wohnungseigentumsgesetz, 9. A. 2004
Wohnungsvermittlung (§ 34c GewO) ist die gewerbsmäßige
Vermittlung von Wohnraum.
Lit.: Baader, P./Gehle, P., Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 1993
Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) ist das dingliche →Recht, ein
Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des
→Eigentümers als Wohnung zu benutzen. Das W. ist eine beschränkte
persönliche →Dienstbarkeit. Es muss in das →Grundbuch eingetragen
werden. Es gilt teilweise das Recht des →Nießbrauchs. Das W. ist von
der schuldrechtlichen →Miete streng zu trennen.
Lit.: Albert, R., Das dingliche Wohnungsrecht, 1996
Wollen ist das Anstreben eines Ereignisses als Ergebnis der
Willensbildung. →Vorsatz, →Wille
Wort ist der einfachste selbständig bedeutsame Teil der Sprache. Im
→Strafprozessrecht hat im Rahmen der →Hauptverhandlung der
→Angeklagte das letzte W. (§ 258 II StPO).
WORT ist die →Verwertungsgesellschaft für die Urheberrechte an
Schriftwerken.
WTO (World Trade Organization) Welthandelsorganisation (1994)
mit Sitz in Genf und (1999) 135 Mitgliedstaaten (2001 143)
Lit.: WTO-Handbuch, hg. v. Prieß, H./Berrisch, G., 2003
Wucher (§ 138 II BGB) ist das unter Ausbeutung der Zwangslage,
der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der
erheblichen Willensschwäche eines andern erfolgende
Versprechenlassen oder Gewährenlassen von solchen
Vermögensvorteilen für eine Leistung, die in einem auffälligen
Missverhältnis zu der Leistung stehen. Der W. ist ein Sonderfall der
→Sittenwidrigkeit. Das wucherische →Rechtsgeschäft ist →nichtig
(§ 138 II BGB). Im →Strafrecht (§ 291 StGB) ist W. das Ausbeuten
der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an
Urteilsvermögens oder der erheblichen Willensschwäche eines
Menschen durch Versprechenlassen oder Gewährenlassen von
auffällig missverhältnismäßigen Leistungen für die Vermietung von
Wohnräumen, die Gewährung von Kredit, eine sonstige Leistung oder
deren Vermittlung. Der W. wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft.
Wunde ist die durch Verletzung entstandene Beeinträchtigung der
Hautoberfläche (des Menschen).
Würde →Menschenwürde
Z
Zahlung ist die →Übereignung von →Geld (Barzahlung,
rechtstatsächlich in Deutschland 1995 90% aller Zahlungsfälle). Ihr
Ziel kann auch durch unbare, vor allem bei Z. hoher Beträge
tatsächlich bedeutsame Z. erreicht werden (z. B. Hingabe eines
→Wechsels, →Schecks, →Überweisung). Z. gegen Dokumente ist im
Handelsverkehr die Klausel, nach der die Forderung des Lieferanten
(erst) mit Zurverfügungstellung der Dokumente fällig wird. Dadurch
wird die →Leistungszeit bestimmt.
Lit.: Vollrath, H., Die Endgültigkeit bargeldloser Zahlungen, 1997; Streit, G., Kartenzahlung, 1997;
Niemöller, C., Die Beschleunigung fälliger Zahlungen, 2000; Zahn, J./Ehrlich, D./Neumann, K.,
Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel, 7. A. 2001; Neumann, D./Bock, C.,
Zahlungsverkehr im Internet, 2004; Weber, C., Recht des Zahlungsverkehrs, 4. A. 2004;
Langenbucher/Gößmann/Werner, Zahlungsverkehr, 2004
Zahlungsbefehl (seit 1977) →Mahnbescheid
Zahlungseinstellung ist die Beendigung von Zahlungen infolge eines
Mangels an Geldmitteln trotz Bestehens von
Zahlungsverpflichtungen. Die Z. deutet auf →Zahlungsunfähigkeit
(§ 17 II InsO).
Zahlungsklage ist die auf →Zahlung von →Geld gerichtete
→Leistungsklage.
Lit.: Wurm, Der unbezifferte Zahlungsantrag, JA 1989, 65; Schröer,
Grundlagen zum Klageantrag und zur Urteilsformel bei
Zahlungsklagen, JA 1996, 407; Schröer, Urteilsformeln bei
besonderen Zahlungsklagen, JA 1997, 873
Zahlungsmittel ist das →Geld und das geldgleiche →Recht, das zur
Zahlung verwandt wird. Gesetzliche Z. sind die Z., denen der Staat
durch →Gesetz (§§ 1ff. WährungsG) unbeschränkte Zahlungskraft
beigelegt hat (ab 1. 1. 2002 auf Euro lautende Banknoten und Münzen
der Europäischen Zentralbank). Sie müssen von dem →Gläubiger
einer →Geldschuld als →Erfüllung angenommen werden.
Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) (Insolvenz) ist die auf den Mangel
an →Zahlungsmitteln gegründete Unfähigkeit des →Schuldners, seine
fälligen →Geldverbindlichkeiten zu erfüllen. →Insolvenzverfahren
Zahlungsverkehr ist die Gesamtheit der (gewerbsmäßigen)
→Zahlungen. Für die →Europäische Union sichern die Artt. 56ff. des
Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) den
freien Z. innerhalb der Mitgliedstaaten.
Lit.: Gößmann, W., Recht des Zahlungsverkehrs, 3. A. 1997; Schön, W., Prinzipien des bargeldlosen
Zahlungsverkehrs, AcP 198 (1998); Holznagel, B./Hoeren, T., Rechtliche Rahmenbedingungen des
elektronischen Zahlungsverkehrs, 1999; Langenbucher, K., Die Risikozuordnung im bargeldlosen
Zahlungsverkehr, 2001
Zahlungsvertrag (§ 676d BGB) ist der Geschäftsbesorgungsvertrag, durch den sich ein
zwischengeschaltetes Kreditinstitut gegenüber einem andern Kreditinstitut verpflichtet, im Rahmen
des Überweisungsverkehrs einen Überweisungsbetrag an ein Kreditinstitut weiterzuleiten.
Lit.: Klamt, A./Koch, C., Das neue Überweisungsgesetz, NJW 1999, 2776
Zahn →Zahnarzt
Zahnarzt ist der zur Behandlung von Zahnerkrankungen zugelassene
→Arzt.
Lit.: Fibelkorn, W., Zahnärztliches Haftungsrecht, 2000
Zedent (M.) Abtretender, Altgläubiger bei der Abtretung
Zehnt ist im mittelalterlichen und neuzeitlichen deutschen Recht der
von der Kirche geforderte und durchgesetzte, im 19. Jh. der Sache
nach durch die Kirchensteuer ersetzte zehnte Teil eines Ertrags.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Zeit ist die dem Menschen erkennbar die Dauer kosmischer
Gegebenheiten bestimmende Dimension.
Zeitablauf ist der Ablauf eines bestimmten Zeitabschnitts. An ihn
können sich sehr verschiedene Rechtsfolgen knüpfen (z. B.
→Verjährung, →Beendigung eines Schuldverhältnisses u. a.).
Zeitbestimmung →Befristung, →Betagung
Zeitgesetz ist das für einen bestimmten Zeitabschnitt geltende
→Gesetz. Es ist im →Strafrecht grundsätzlich auf alle während seiner
Geltung begangenen →Straftaten anzuwenden (§ 2 IV StGB).
Verschiedentlich wird erwogen, alles Recht zeitlich zu begrenzen.
Zeitlohn ist der allein nach Zeitabschnitten bemessene →Lohn (z. B.
Stundenlohn). Dabei werden regelmäßig an der Art der ausgeübten
Tätigkeit orientierte Lohngruppen gebildet. Vielfach wird die
Vergütung einer mittleren Lohngruppe dann als →Ecklohn bezeichnet.
Zeitschrift ist die meist periodisch erscheinende, oft auf bestimmte
Interessentenkreise zugeschnittene Druckschrift. Die
rechtswissenschaftliche Z. enthält meist Aufsätze, Besprechungen,
Entscheidungen und sonstige Mitteilungen. Die am meisten
verbreitete juristische Z. ist die Neue Juristische Wochenschrift, die
am meisten verbreitete juristische Ausbildungszeitschrift die
Juristische Schulung. Elektronische Kurznachrichten bietet möglichst
zeitnah http://www.jusnews.com.
Lit.: Verzeichnis rechtswissenschaftlicher Zeitschriften und Serien in
Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1ff., hg. v. d.
Staatsbibliothek zu Berlin, 4. A. 2000 (64380 Haupteintragungen)
Zensur ist die (staatliche) →Aufsicht über Veröffentlichungen. Nach
Art. 5 I 3 GG findet eine Z. (Vorzensur) nicht statt. Eine Pflicht zur
Vorlage vor Verbreitung kann auch durch allgemeine Gesetze nicht
eingeführt werden.
Lit.: Rieder, B., Die Zensurbegriffe, 1970; Rohde, F., Die Nachzensur, Diss. jur. Kiel 1996
Zentrales Staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister ist das in Berlin geführte →Register für
alle →Strafverfahren einschließlich der Verfahrenseinstellungen, laufenden →Ermittlungsverfahren,
→Freisprüche und anderer Entscheidungen zur Beendigung staatsanwaltschaftlicher Verfahren. Es
ergänzt das →Bundeszentralregister. Gerechnet wird mit täglich 76000 Mitteilungen und 30000
Anfragen.
Zentralisation ist die Vereinigung aller Aufgaben des →Staats in der
staatlichen →Verwaltung. Die Z. ist von der →Konzentration zu
Feldfunktion geändert
trennen. Sie steht im Gegensatz zur →Dezentralisation.
Zentralismus ist die Tendenz zum Mittelpunkt hin, insbesondere zur
Stärkung des Gesamtstaats auf Kosten der Gliedstaaten. Der Z. bildet
den Gegensatz zum →Föderalismus. Z. ist kennzeichnend für
Frankreich und England.
Zentralregister →Bundeszentralregister
Zentrissimum ist das Zentrum des Zentrums.
Zerrüttung (§ 1565 BGB) ist das Scheitern einer →Ehe. Die Z. ist
→Ehescheidungsgrund. Die Ehe ist gescheitert, wenn die
Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht
erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Die Z.
wird →vermutet, wenn die Ehegatten seit einem Jahr →getrennt leben
und die Scheidung anstreben oder billigen sowie wenn die Ehegatten
seit drei Jahren getrennt leben.
Zerstörung →Sachbeschädigung
Zertifikat (N.) Bescheinigung, Schuldschein, Anteilschein,
elektronische Bescheinigung, mit der Signaturprüfschlüssel einer
Person zugeordnet werden und die Identität dieser Person bestätigt
wird
Zertifizierung (F.) Sichermachung, Sicherung
Zertifizierungsstelle ist die für die →Zertifizierung der elektronischen →Signatur zuständige
→Stelle, deren Betrieb im Rahmen der Gesetze genehmigungsfrei ist.
Lit.: Harnier, A. v., Organisationsmöglichkeiten für Zertifizierungsstellen, 2000
Zession (F.) →Abtretung
Zessionar (M.) Abtretungsempfänger, Neugläubiger bei der
Abtretung
Zeuge (z. B. §§ 373ff. ZPO) ist der Mensch, der über Tatsachen, die
er wahrgenommen hat (z. B. Verkehrsunfall, mitgehörtes
Telefongespräch, Druckwelle, Geruch), aussagen soll (und der zum
Zweck der späteren Aussage vielfach zu einem Geschäft besonders
hingezogen wird). Der Z. ist ein →Beweismittel. Er ist grundsätzlich
zum Erscheinen, zur →Aussage und zur →Beeidigung der Aussage vor
→Gericht verpflichtet. Notfalls möglich ist auch eine →Einvernahme
mit Hilfe eines Videogeräts (§ 247a StPO). Der Z. hat für seine
Aussage das Recht auf Unterstützung durch einen →Rechtsanwalt.
Eine falsche Aussage eines Zeugen bedrohen die §§ 153ff. StGB mit
Strafe.
Lit.: Meyer, P./Höver, A., Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 21. A.
2001; Rose, F., Der Auslandszeuge, 1999; Müller, H., Falsche Zeugenaussage und
Beteiligungslehre, 2000; Foerste, U., Parteiische Zeugen im Zivilprozess, NJW 2001, 321;
Eisenberg, U. u. a., Der Zeugenbeweis im Strafverfahren, NJW 2003, 3676; Foerste, U.,
Lauschzeugen im Zivilprozess, NJW 2004, 262
Zeugnis ist die →Aussage des →Zeugen, darüber hinaus jede Aussage,
insbesondere über die Bewertung einer Leistung. Im Schuldrecht und
Arbeitsrecht kann der Dienstverpflichtete bei der Beendigung eines
dauernden →Dienstverhältnisses ein schriftliches Z. über das
Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern (§ 630 BGB, ähnlich § 92
BBG), das er im Zweifel abholen muss. Das Z. muss der Wahrheit
entsprechen, darf aber den Arbeitnehmer in seinem beruflichen
Fortkommen nicht unangemessen beeinträchtigen. Es darf gefaltet
ausgehändigt werden. Schließt es mit dem maschinengeschriebenen
Namen des Ausstellers ab, ist es handschriftlich zu unterzeichnen.
Scheidet ein langjähriger Vorgesetzter aus, kann der Arbeitnehmer
ein Zwischenzeugnis verlangen.
Lit.: Schleßmann, K., Das Arbeitszeugnis, 16. A. 2002; Haas, H., Dienstzeugnisse in öffentlichen
Verwaltungen und Betrieben, 3. A. 1997
Zeugnisverweigerungsrecht (z. B. §§ 383 ZPO, 53 StPO) ist das
→Recht eines zu einem Rechtsstreit geladenen →Zeugen, sich der
grundsätzlich bestehenden Pflicht, als Zeuge eine →Aussage zu
machen, zu entziehen. Das Z. kann auf persönlichen Gründen (z. B.
Verwandtschaft, nicht bloße enge freundschaftliche Beziehung
außerhalb einer noch bestehenden Ehe) oder auf sachlichen Gründen
(z. B. berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt, Arzt oder Journalist,
Gefahr, sich durch die Aussage einer strafrechtlichen Verfolgung
auszusetzen,) beruhen.
Lit.: Baier, H., Strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrechte, 1996; Spelthahn, I., Das
Zeugnisverweigerungsrecht, 1997; Bialek, A., Das strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrecht,
2000; Ranft, O., Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts, NJW 2001, 1305
Zins ist die Vergütung für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen,
in Geld oder andern vertretbaren Sachen bestehenden →Kapitals, die –
in einem Bruchteil des Kapitals ausgedrückt – mit dem Kapital
gleichartig und fortlaufend zu entrichten ist. Z. ist eine Nebenschuld
zu einer Hauptschuld, die auf →Gesetz (z. B. § 288 BGB) oder
→Rechtsgeschäft beruhen kann. Im Zweifel beträgt der Zinssatz 4%
(§ 246 BGB, 5% § 352 HGB).
Lit.: Zimmermann, Der Zins im Zivilprozess, JuS 1991, 229; Kindler, P., Gesetzliche
Zinsansprüche, 1996; Bruchner, H./Metz, R., Variable Zinsklauseln, 2001
Zinsabschlaggesetz ist das den Abschlag (Besteuerung) von →Zinsen
betreffende →Gesetz.
Lit.: Lindberg, K., Das Zinsabschlaggesetz, 1992; Bullinger, M./Radke, J., Handkommentar zum
Zinsabschlaggesetz, 1994; Austrup, J., Zinsbesteuerung, 1994
Zinseszins ist der →Zins von Zinsen. Nach § 248 I BGB ist eine im
Voraus getroffene Vereinbarung, dass fällige Zinsen wieder Zinsen
tragen sollen, nichtig, doch bestehen Ausnahmen für Sparkassen,
Kreditanstalten und Inhaber von Banken (§ 248 II BGB). Zinsen von
Verzugszinsen können als Schadensersatz verlangt werden.
Zinsschuld →Zins
Zinsverbot (kanonisches Zinsverbot) ist im mittelalterlichen Recht
das von der →Kirche für Christen geforderte und zeitweise
weitgehend durchgesetzte, durch den Liberalismus im 19. Jh. aber
beseitigte Verbot, für →Darlehen →Zinsen zu nehmen.
Zitiergebot ist das Gebot, einen bestimmten Text zu zitieren. Nach
Art. 80 I 3 GG muss eine Rechtsverordnung ihre gesetzliche
Grundlage bzw. alle ihre Grundlagen vollständig ausdrücklich
angeben. Eine Verletzung des Zitiergebots bewirkt die Nichtigkeit der
Rechtsverordnung. (Unabhängig von diesem gestzlichen Z. ist in
wissenschaftlichen Arbeiten verwendete Literatur nach bestimmten
Gepflogenheiten so anzugeben, dass sie von jedem erfahrenen Leser
aufgefunden werden kann.)
Lit.: Möllers, M., Richtiges Zitieren, JuS 2002, 828
zivil (Adj.) bürgerlich, nichtstrafrechtlich
Zivildienst →Ersatzdienst, ziviler
Zivilehe ist die vom Staat geordnete →Ehe im Gegensatz zu der von
der Kirche geordneten Ehe.
Lit.: Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Zivilkammer (§ 60 GVG) ist der in der Regel mit drei Richtern
besetzte Spruchkörper des →Landgerichts in bürgerlichen
→Rechtsstreitigkeiten.
Lit.: Kissel, O., Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A. 2001
Zivilprozess ist das staatlich angeordnete und geregelte Verfahren
vor staatlichen Gerichten zur Feststellung, Durchsetzung und
vorläufigen Sicherung privater →Rechte eines Rechtssubjekts. Der Z.
ist eine besondere Art des streitigen →Verfahrens. Er gliedert sich vor
allem in →Erkenntnisverfahren und →Vollstreckungsverfahren
(→Zwangsvollstreckung). Er ist geregelt in der Zivilprozessordnung.
Er ist grundsätzlich vom Beibringungsgrundsatz und der
Parteiherrschaft geprägt. Übersteigt der Streitwert 600 Euro nicht, so
kann dabei nach § 495a ZPO das Gericht sein Verfahren nach
billigem Ermessen bestimmen. Mit Zustimmung der Parteien kann
das Gericht Schriftlichkeit der Verhandlung anordnen (§ 128 II, III
ZPO). Kostenentscheidungen und Entscheidungen, die nicht Urteile
sind, können grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung ergehen (§
128 III, IV ZPO). →Zivilverfahrensrecht, →Gütestelle
Lit.: Becht, E., Einführung in die Praxis des Zivilprozesses, 2. A. 2002; Tempel, O./Theimer, A.,
Mustertexte zum Zivilprozess, Bd. 1f. 5. A. 2003; Knöringer, D., Die Assessorklausur im
Zivilprozess, 10. A. 2003; Schellhammer, K., Zivilprozess, 10. A. 2003; Anders, M./Gehle, B.,
Antrag und Entscheidung im Zivilprozess, 3. A. 2000; Zivilprozessreform 2002, zusammengestellt
v. Rimmelspacher, B., 2002; Weber, D., Der Zivilprozess, 2002; Prechtel, G., Erfolgreiche Taktik
im Zivilprozess, 2002; Pantle, N./Kreissl, S., Die Praxis des Zivilprozesses, 3. A. 2002; Förschler,
P., Der Zivilprozess, 6. A. 2004; Steinert/Theede, Zivilprozess, 8. A. 2004
Zivilprozessordnung ist das den →Zivilprozess ordnende Gesetz.
Lit.: Zivilprozessordnung, 36. A. 2003; Zivilprozessordnung, 49. A. 2003; Baumbach,
A./Lauterbach, W./Albers, J./Hartmann, P., Zivilprozessordnung, 62. A. 2004; Thomas, H./Putzo,
H, Zivilprozessordnung, 25. A. 2003; ZPO, hg. v. Gottwald, P., 34. A. 2002; Stein, F./Jonas, M.,
Kommentar zur Zivilprozessordnung, 21. A. Bd. 1ff. 1993ff., 22. A. 2002ff.; Wieczorek,
B./Schütze, R., Zivilprozessordnung, 3. A. 1994ff.; Musielak, H., Grundkurs ZPO, 7. A. 2004;
Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, hg. v. Lüke, G./Wax, P., Bd. 1ff. 2. A. 2000ff.;
Zöller, R., Zivilprozessordnung, 22. A. 2001; Zimmermann, W., Zivilprozessordnung, 6. A. 2002;
Musielak, H., Zivilprozessordnung, 3. A. 2002; Schumann, E., Die ZPO-Klausur, 2. A. 2002;
Greger, R., Zweifelsfragen und erste Entscheidungen zur neuen ZPO, NJW 2002, 3049; Schneider,
E., Praxis der neuen ZPO, 2. A. 2003
Zivilprozessrecht ist die Gesamtheit der den →Zivilprozess
betreffenden Rechtssätze. →Zivilverfahrensrecht
Lit.: Jauernig, O., Zivilprozessrecht, 28. A. 2003; Zeiss, Walter/Schreiber, K., Zivilprozessrecht,
10. A. 2003; Lüke, W., Zivilprozessrecht, 8. A. 2003; Rosenberg/Schwab/Gottwald,
Zivilprozessrecht, 16. A. 2004; Grunsky, W., Zivilprozessrecht, 11. A. 2003; Geimer, R.,
Internationales Zivilprozessrecht, 3. A. 1997; Kropholler, J., Europäisches Zivilprozessrecht, 7. A.
2002; Oberheim, R., Zivilprozessrecht für Referendare, 6. A. 2002; Prütting, H., Einführung in das
Zivilprozessrecht, 9. A. 2001; Schilken, E., Zivilprozessrecht, 4. A. 2002; Schlosser, P., EUZivilprozessrecht, 2. A. 2003; Linke, H., Internationales Zivilprozessrecht, 3. A. 2002; Paulus, C.,
Zivilprozessrecht, 3. A. 2002; Hannich/Meyer-Seitz/Engers, Das neue Zivilprozessrecht, 2001;
Gehrlein, M., Zivilprozessrecht, 2. A. 2003; Koch, H., Einführung in das europäische
Zivilprozessrecht, JuS 2003, 105; Anwaltformulare Zivilprozessrecht, hg. v. Goebel, F., 2003
Zivilrecht →Privatrecht
Lit.: Schellhammer, K., Zivilrecht nach Anspruchsgrundlagen, 3. A. 1999; Schwab, D., Einführung
in das Zivilrecht, 15. A. 2002; Schmidt, E./Brüggemeier, G., Zivilrechtlicher Grundkurs, 5. A. 1998;
Das deutsche Zivilrecht 100 Jahre nach Verkündung des BGB, 1997; Braun, J., Der Zivilrechtsfall,
2. A. 2003
Zivilsache ist das Verfahren in einer privatrechtlichen Angelegenheit
im Wege des →Zivilprozesses (in Deutschland 1995 mehr als 1,6 Mill.
Gerichtsverfahren in Zivilsachen).
Lit.: Schellhammer, K., Die Arbeitsmethode des Zivilrichters, 14. A. 2002; Schmitz, G./Ernemann,
A./Frisch, A., Die Station in Zivilsachen, 6. A. 2002; Soltész, U., Der Begriff der Zivilsache im
europäischen Zivilprozessrecht, 1998
Zivilschutz ist der Schutz der Bevölkerung, Wohnungen,
Arbeitsstätten usw. vor Kriegseinwirkungen. Der Z. ist
Auftragsverwaltung des Bunds. Er wurde durch das
Zivilschutzneuordnungsgesetz vom 25. 3. 1997 neu geordnet.
Zivilsenat (§§ 116, 130 GVG) ist der Spruchkörper des
→Oberlandesgerichts und des →Bundesgerichtshofs in bürgerlichen
→Rechtsstreitigkeiten. Er ist mit drei bzw. fünf →Richtern besetzt.
Zivilverfahrensrecht ist das Verfahrensrecht in Zivilsachen.
→Zivilprozess
Lit.: Nagel, H., Internationales Zivilverfahrensrecht, 2. A. 1996; Geimer, R./Schütze, R.,
Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. A. 2004; Rauscher, T., Internationales und europäisches
Zivilverfahrensrecht, 1999; Schack, H., Internationales Zivilverfahrensrecht, 3. A. 2002
Zivilverhandlung ist die Verhandlung in einer zivilrechtlichen
Streitigkeit.
Lit.: Emde, Die Leitung der Zivilverhandlung, JURA 1995, 205
Zölibat (M.) ist im katholischen →Kirchenrecht die Ehelosigkeit des
Geistlichen. Davon abgeleitet ist die Zölibatsklausel im
→Arbeitsrecht, die das Ende des Zölibats als auflösende Bedingung
eines Arbeitsvertrags ansieht, so dass das Arbeitsverhältnis mit der
→Eheschließung des →Arbeitnehmers endet. Sie ist unzulässig wegen
Art. 6 I GG.
Zölibatsklausel →Zölibat
Zoll (§ 3 I 2 AO) ist die meist an der Staatsgrenze erhobene →Steuer
auf die Einfuhr oder Ausfuhr von Waren. Der Z. dient entweder der
Erzielung von Einnahmen (Finanzzoll) oder dem Schutz
einheimischer Erzeugnisse (Schutzzoll). Seine Erhebung erfolgt durch
die Zollbehörden (Zollamt, Hauptzollamt, Oberfinanzdirektion,
Bundesfinanzministerium). Seit 1. 1. 1994 kommt in allen Ländern
der →Europäischen Union der 253 Artikel umfassende Zollkodex zur
Anwendung.
Lit.: Lehrbuch des Zollrechts, hg. v. Witte, P. u. a., 3. A. 1998; Witte, P., Zollkodex, 3. A. 2002;
Zölle und Verbrauchsteuern (Lbl.), hg. v. Witte, P., 2000
Zubehör (§ 97 BGB) ist die bewegliche →Sache, die, ohne
Bestandteil der →Hauptsache zu sein, nach der Verkehrsanschauung
dem wirtschaftlichen Zweck einer Hauptsache zu dienen bestimmt ist
und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen
Verhältnis steht (z. B. Baumaterial auf Baugrundstück, Warndreieck
im Personenkraftwagen). Das Z. ist zwar rechtlich an sich selbständig,
folgt in der Regel aber der Hauptsache (§§ 311c, 926 BGB).
Besonders geregelt ist die Frage der →Haftung des Zubehörs für die
→Hypothek (§§ 1120ff. BGB).
Lit.: Bramertz, D., Die Merkmale des Zubehörbegriffs, 1993 (Diss.)
Zuchthaus war bis 1. 4. 1969 eine besondere, der →Aufklärung
entstammende Form der →Freiheitsstrafe (mit Erziehungszweck).
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Züchtigung ist die als Erziehungsmittel geübte schmerzerregende
→Strafe (z. B. Schläge). Die Z. ist, sofern sie nicht auf einem
→Züchtigungsrecht beruht, →Körperverletzung. Sie wird zunehmend
abgelehnt.
Züchtigungsrecht ist das Recht eines Menschen zur →Züchtigung
eines andern Menschen. Sofern ein Z. besteht (z. B. für die Eltern
kraft der Personensorge), ist es ein →Rechtfertigungsgrund für die
tatbestandsmäßige →Körperverletzung, sofern diese objektiv zur
Erreichung des Züchtigungszwecks geboten und subjektiv vom
Erziehungswillen getragen ist. Das Z. der Lehrherrn ist in der
Gegenwart ausgeschlossen, das der Lehrer (durch Ministerialerlass)
weitgehend beseitigt, das der Eltern erheblich eingeschränkt bzw.
durch die Neufassung des § 1631 II BGB ab 1. 8. 1998 abgeschafft.
Danach sind körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und
andere entwürdigende Maßnahmen unzulässig.
Lit.: Jung, H., Das Züchtigungsrecht des Lehrers, 1977; Priester, J., Das Ende des
Züchtigungsrechts, 2000
Zuchtmittel (§§ 13ff. JGG) ist die Maßnahme zur →Erziehung von
straffälligen →Jugendlichen. Z. werden verhängt, wenn
→Erziehungsmaßregeln nicht mehr ausreichen und →Jugendstrafe
noch nicht geboten ist. Sie sollen dem Jugendlichen eindringlich zu
Bewusstsein bringen, dass er für sein Tun einzustehen hat. Z. sind
→Verwarnung, Erteilung von →Auflagen und →Jugendarrest.
Zueignung (§ 242 StGB) ist die Einverleibung der →Sache selbst oder
ihres Werts in das eigene →Vermögen des Täters oder eines Dritten
unter dauerndem Ausschluss der Berechtigten (z. B. Rückgabe des
Sparbuchs nach Abheben des Geld, nicht bloßes Entkleiden von der
tatsächlichen Verfügungsmacht über eine Sache). Rechtswidrig ist die
Z., wenn sie der materiellen Eigentumsordnung widerspricht (nicht
z. B. bei Einwilligung oder fälligem Anspruch auf Übereignung der
weggenommenen Sache). Die Absicht rechtswidriger Zueignung ist
Tatbestandsmerkmal des Diebstahls.
Lit.: Behrendt, H., Der Begriff der Zueignung, 1996; Schmid-Hopmeier, S., Das Problem der
Drittzueignung, 2000; Kudlich, H., Zueignungsbegriff und Restriktion des
Unterschlagungstatbestands, JuS 2001, 767
Zueignungsabsicht (§ 242 StGB) ist die auf (rechtswidrige)
→Zueignung gerichtete →Absicht des Täters. Die Z. ist
Tatbestandsmerkmal des →Diebstahls. Der beabsichtigte Erfolg
braucht nicht erreicht zu werden (überschießende Innentendenz).
Zufall ist das Ereignis, für das keine Gesetzmäßigkeit zu erkennen ist.
Im →Schuldrecht ist Z. ein weder vom Gläubiger noch vom Schuldner
zu vertretendes Ereignis (z. B. Blitz). Bei Unmöglichkeit wird der
Schuldner grundsätzlich von der Leistungspflicht frei (§ 275 I BGB).
Umgekehrt trägt jeder, der durch Z. einen →Schaden erleidet, diesen
selbst. Der Z. steht im Gegensatz zur (schuldhaften) Verursachung.
Zugabe ist die unentgeltliche Zuwendung an einen Kunden neben der
→Ware oder →Leistung.
Lit.: Lange, K./Spätgens, K., Rabatte und Zugaben im Wettbewerb, 2001
Zugang ist der richtige Eingang. Im Privatrecht (§ 130 BGB) ist Z.
einer →Willenserklärung deren objektiver Empfang. Zugegangen ist
eine Willenserklärung, wenn sie so in den Machtbereich des
Empfängers gelangt ist, dass nach der →Verkehrssitte bei Annahme
gewöhnlicher Verhältnisse damit zu rechnen war, dass er von ihr
Kenntnis nehmen konnte (z. B. Einwurf in Briefkasten, nicht auch das
Lesen der Erklärung, Abholung des mangels persönlicher
Erreichbarkeit bei der Post niedergelegten Briefs, bei E-Mail
grundsätzlich am Tage des Eintreffens in den elektronischen
Briefkasten, bei Eintreffen nach der üblichen Arbeitszeit am nächsten
Tag, bei Telefonanrufweiterleitung im Zweifel Entgegennahme durch
den den weiteren Apparat bedienenden Arbeitnehmer). Der Z. bewirkt
grundsätzlich das Wirksamwerden einer empfangsbedürftigen
Willenserklärung unter Abwesenden. Noch kein Z. einer schriftlichen
Erklärung soll bloße Übermittlung einer Telekopie (Telefax einer
unterschriebenen Bürgschaftsurkunde) sein. Bei der notariellen
Beurkundung bedürftigen Willenserklärungen ist der Z. einer
Ausfertigung der notariellen Urkunde erforderlich. Die
Voraussetzungen des wirksamen Zugangs empfangsbedürftiger, in
Abwesenheit des Empfängers abgegebener Willenserklärungen sind
einer Vereinbarung zugänglich. Umstritten ist der Z. einer Erklärung
über die Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung nach dem
Tod des Versicherungsnehmers.
Lit.: Brexel, R., Zugang verkörperter Willenserklärungen, 1998; Franzen, M., Zugang, JuS 1999,
429; Reichert, W., Der Zugangsnachweis beim Einwurf-Einschreiben, NJW 2001, 2523
Zugangsvereitelung →Zugang
Zugangsverzögerung →Zugang
zugesichert →Zusicherung
Zugewinn (§ 1373 BGB) ist der rechnerische Geldbetrag, um den das
→Vermögen eines Ehegatten bei Ende der →Ehe sein Vermögen am
Anfang der Ehe übersteigt, wobei das Anfangsvermögen trotz
Überschuldung nicht kleiner als Null sein kann.
Zugewinnausgleich ist bei →Zugewinngemeinschaft (Gütertrennung
mit Zugewinnausgleich) der Ehegatten der Ausgleich der
→Zugewinne der Ehegatten bei Beendigung der →Ehe. Endet die Ehe
durch den →Tod eines Ehegatten, so wird nach § 1371 I BGB der
Zugewinn pauschal dadurch ausgeglichen, dass sich der gesetzliche
→Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft
erhöht (erbrechtliche Lösung), oder, falls der überlebende Ehegatte
nicht →Erbe und nicht →Vermächtnisnehmer ist, dadurch, dass
Ausgleich nach den allgemeinen Regeln (§§ 1373ff. BGB) erfolgt
(güterrechtliche Lösung), die für alle andern Fälle der Auflösung der
Zugewinngemeinschaft gelten. Danach hat, wenn der Zugewinn des
einen Ehegatten den Zugewinn des andern Ehegatten übersteigt, der
andere Ehegatte einen →Anspruch auf die Hälfte des Überschusses
des größeren Zugewinns über den kleineren Zugewinn (§ 1378 BGB).
Lit.: Schröder, R., Bewertungen im Zugewinnausgleich, 3. A. 2002; Voit, C., Der
Zugewinnausgleich, 1999; Duderstadt, J., Zugewinnausgleich, 1999; Büte, D., Zugewinnausgleich
bei Ehescheidung, 2000
Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) ist der gesetzliche
→Güterstand, bei dem das →Vermögen der Ehegatten ständig getrennt
bleibt und erst nach Beendigung der Ehe der →Zugewinn, den die
Ehegatten jeweils in der Ehe erzielt haben, ausgeglichen wird
(Gütertrennung mit Zugewinnausgleich). Die Z. gilt für alle
Eheschließungen, bei denen sie nicht durch vor der Eheschließung
oder während der Ehe vereinbarten →Ehevertrag abbedungen wird. In
der Z. kann sich ein Ehegatte nur mit Einwilligung des andern
Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen
(§ 1365 I 1 BGB).
Lit.: Gernhuber, J., Probleme der Zugewinngemeinschaft, JuS 1991, 2328; Kögler, H., Das
defizitäre Anfangsvermögen, 2000
Zuhälter (§ 181a StGB) ist der einen andern der →Prostitution
nachgehenden Menschen ausbeutende oder seines Vorteils wegen bei
der Ausübung der Prostitution überwachende oder diese
Prostitutionsausübung bestimmende und im Hinblick darauf über den
Einzelfall hinausgehende Beziehungen zu dem andern Menschen
unterhaltende Mensch.
Zuhälterei (§ 181a StGB) ist das Verhalten des →Zuhälters. Die Z. ist
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Sie wird mit
Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren bestraft.
Lit.: Androulakis, N., Zur Frage der Zuhälterei, ZStW 78, 432
zulässig (Adj.) rechtlich erlaubt, →Zulässigkeit
Zulässigkeit ist die rechtliche Erlaubtheit eines Verhaltens. Im
Verfahrensrecht ist die Z. der →Klage bzw. des →Rechtsmittels deren
formelle Erlaubtheit. Die Z. ist die Voraussetzung für die Prüfung des
sachlichen Begehrens. Z. ist gegeben, wenn z. B. sämtliche
Prozessvoraussetzungen vorliegen. Ist dies nicht der Fall, so ist die
Klage ohne Prüfung des sachlichen Begehrens als →unzulässig
abzuweisen (→Prozessurteil). Sind Zweifel an der Z. des Rechtswegs
aufgetreten, so kann das Gericht erster Instanz durch Beschluss die Z.
des Rechtswegs vor der Entscheidung zur Hauptsache aussprechen
(§ 17a III GVG). Kommt es dabei zu der Überzeugung, dass der
eingeschlagene Rechtsweg nicht zulässig sei, verweist es von Amts
wegen den Rechtsstreit an das zuständige Gericht des zulässigen
Rechtswegs.
Zulassung ist die Eröffnung des Zugangs durch eine öffentlichrechtliche →Erlaubnis. Die Z. hängt regelmäßig von bestimmten
Voraussetzungen ab (Zulassungsvoraussetzungen). Bedeutsam ist die
Z. zu →Gewerben und →Berufen (Art. 12 GG, §§ 1ff. GewO,
→Stufentheorie), zum →Straßenverkehr (§§ 1ff., 4, 16ff. StVZO) und
zur Benutzung öffentlicher →Einrichtungen. Im Verfahrensrecht
hängen →Rechtsmittel teilweise von einer besonderen Z. ab (z. B.
§§ 511, II, 543 ZPO).
Zulassungsberufung (§ 124 I VwGO) ist die nur bei →Zulassung
durch das entscheidende →Gericht zulässige →Berufung.
Lit.: Bader, J., Zulassungsberufung und Zulassungsbeschwerde nach der 6. VwGO-Novelle, NJW
1998, 409; Nassall, W., Irrwege, NJW 2003, 1345
Zulassungsvoraussetzung →Zulassung, Stufentheorie
Zulieferer ist der Teile eines aus Teilen zusammenzusetzenden
Gegenstands an einen Unternehmer liefernde Unternehmer.
Lit.: Wellenhofer-Klein, M., Zulieferverträge, 1999
zumutbar (Adj.) angemessen, verlangbar, aushaltbar
Zumutbarkeit (z. B. § 314 I BGB) ist die Angemessenheit einer
Anforderung an ein Verhalten. Im Straßenverkehrsrecht wird jeder,
der bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe
leistet, obwohl dies erforderlich und ihm nach den Umständen auch
zuzumuten ist, wegen unterlassener Hilfeleistung bestraft (§ 323c
StGB). Der Inhalt des Tatbestandsmerkmals Z. hängt hierbei von den
Einzelumständen des jeweiligen Falls ab.
Lit.: Scholz, K., Der Begriff der Zumutbarkeit im Deliktsrecht, 1996;
Bornhagen, V., Die Zumutbarkeit, 1999
Zumutbarkeitstheorie (Aufopferungstheorie) ist die für die
Enteignung auf die Zumutbarkeit abstellende Theorie. Nach der Z. ist
eine Enteignung gegeben, wenn der Eingriff von unzumutbarer
Schwere und Tragweite ist. Ihr steht die →Einzelaktstheorie
gegenüber.
Zurechenbarkeit ist die (rechtliche) Möglichkeit, einen
(rechtswidrigen) →Erfolg auf ein →Verhalten eines bestimmten
Menschen zurückzuführen. Im Rahmen der objektiven Zurechnung
wird die →Kausalität des Verhaltens für den Erfolg geprüft. Die
subjektive (personale) Z. betrifft den →Vorsatz bzw. die
→Fahrlässigkeit, die →Rechtswidrigkeit und die →Schuldhaftigkeit.
Zurechnung ist die gedankliche Verknüpfung eines Erfolgs mit
einem Verhalten.
Lit.: Koriath, Grundlagen strafrechtlicher Zurechnung, 1994; Internationale Dogmatik der
objektiven Zurechnung, hg. v. Gimbernat, E. u. a., 1995
Zurechnungsfähigkeit →Schuldfähigkeit
Zurückbehaltungsrecht ist das →Recht des →Schuldners, seine
→Leistung zu verweigern, bis die ihm gebührende Leistung
(Gegenleistung) bewirkt wird. Das Z. ist ein
→Leistungsverweigerungsrecht. Das Z. nach § 273 I BGB setzt
→Gegenseitigkeit der beiden Leistungen, →Fälligkeit des
schuldnerischen Anspruchs und →Konnexität voraus. Seine
Sonderfälle sind die Rechte der §§ 320 I 3, 1000 BGB, 369ff. HGB.
Das geltend gemachte Z. schließt →Verzug und Entstehung von
Prozesszinsen aus. Im Prozess führt es zur Verurteilung zur Leistung
nur Zug um Zug (§ 274 BGB).
Lit.: Ahrens, C., Zivilrechtliche Zurückbehaltungsrechte, 2003
Zurückverweisung (z. B. §§ 538ff. ZPO) ist die Rückübertragung
eines Rechtsstreits durch das Rechtsmittelgericht an die Vorinstanz
zur erneuten Entscheidung nach Aufhebung eines angefochtenen
→Urteils. Die Z. ist bei der →Revision die Regel und bei der
→Berufung (§ 538 II ZPO) die Ausnahme. In Strafsachen erfolgt sie
an eine andere →Kammer oder an ein anderes →Gericht.
Zusage ist im Verwaltungsrecht die Selbstverpflichtung der
→Verwaltung zu einem Tun oder Unterlassen. Sie ist kein
→Verwaltungsakt (str.). Besonders geregelt ist die →Zusicherung.
Zusammenarbeit in der Innenpolitik und Rechtspolitik →Europäische
Union
Zusammenrotten (§ 121 StGB) ist das räumliche Zusammentreten
oder Zusammenhalten von mindestens zwei →Gefangenen, von denen
einer schuldunfähig sein kann, zu einem gemeinschaftlichen, in
bestimmter Weise bedrohlichen Zweck, wobei der die Rotte
beherrschende friedensstörende Wille äußerlich erkennbar in
Erscheinung treten muss. Das Z. ist ein Tatbestandsmerkmal der
→Gefangenenmeuterei sowie als öffentliches Z. mehrerer Menschen
Tatbestandsmerkmal des schweren →Hausfriedensbruchs (§ 124
StGB).
Lit.: Mayer, H., Teilnahme und Gefangenenmeuterei, JZ 1956, 454
Zuschlag (z. B. §§ 156 BGB, 817 ZPO, 79ff. ZVG) ist in der
→Versteigerung die Annahme des →Meistgebots durch den
→Versteigerer (z. B. →Gerichtsvollzieher, →Versteigerungsgericht).
Der Z. begründet einen privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen
→Vertrag zwischen dem Erwerber und dem Versteigerer bzw. dem
durch diesen Vertretenen (z. B. Staat). Auf Grund des Vertrags ist
dann zu übereignen bzw. abzuliefern (anders § 90 ZVG, nach dem
bereits mit dem Z. das Eigentum am Grundstück auf den Ersteigerer
übergeht).
Zuschreibung (§ 890 BGB) ist die Zuordnung eines →Grundstücks
zu einem andern Grundstück im →Grundbuch, wodurch das
zugeschriebene Grundstück wesentlicher →Bestandteil des (andern
bzw. einheitlichen) Grundstücks wird.
Zusicherung (§ 38 VwVfG) ist im Verwaltungsrecht die von der
zuständigen →Behörde erteilte →Zusage, einen bestimmten
→Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Die Z. bedarf
zu ihrer Wirksamkeit der →Schriftform. Sie ist ein →Verwaltungsakt,
für den allerdings wegen seiner Wirkung in die Zukunft z. T.
Besonderheiten gelten. Sie ist im Gegensatz zu →Auskunft und
Hinweis verbindlich. Ihre Erteilung steht im →Ermessen der Behörde.
Im →Schuldrecht ist das Fehlen einer nach den öffentlichen
Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen
insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über
bestimmte Eigenschaften der Sache zu erwartenden Eigenschaft ein
Sachmangel (§ 434 II BGB) (Angaben im Katalog eines Versteigerers
genügen, Verkauf eines Neuwagens enthält in der Regel die Z. der
Fabrikneuheit). Die erwartbare Eigenschaft muss sich dabei auf die
Kaufsache beziehen, ohne dass sie ihr unmittelbar innewohnen und
von ihr ausgehen muss (z. B. Ruf eines Gastbetriebs auf einem
Grundstück).
Lit.: Westermann, H., Das neue Kaufrecht, NJW 2002, 247
Zustand (M.) Befindlichkeit (Verfassung) eines Menschen oder
Gegenstands
Zuständigkeit (Kompetenz) ist die Berechtigung und Verpflichtung
der Wahrnehmung einer Aufgabe. Die allgemeine Regelung der
staatlichen Z. ist in der →Verfassung enthalten, die (entsprechend des
späten Entstehens Deutschlands aus souveränen Einzelstaaten) in
Art. 30 GG die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die
Erfüllung der staatlichen Aufgaben den →Ländern zuweist, soweit das
→Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Dabei ist im
Einzelnen die Z. zur →Gesetzgebung in den Artt. 70ff. GG
(ausschließliche Gesetzgebung, konkurrierende Gesetzgebung und
Rahmengesetzgebung des Bundes), die Z. zur →Verwaltung in den
Artt. 83ff. GG (Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als
eigene Angelegenheiten) und die Z. zur →Rechtsprechung in den
Artt. 92ff. GG festgelegt. Zu dieser ausdrücklichen
Zuständigkeitszuweisung kommen noch die Z. aus der →Natur der
Sache und die Z. kraft →Sachzusammenhangs. Z. des Bundes aus der
Natur der Sache besteht bei Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach
den Bund betreffen (z. B. Bundeswappen, Bundessiegel). Z. kraft
Sachzusammenhangs bedeutet Z. für Angelegenheiten, die mit einer
zugewiesenen Aufgabe in notwendigem Zusammenhang stehen. Im
→Verwaltungsrecht ist die Z. darüber hinaus genauer hinsichtlich der
Verwaltungsträger, Verwaltungsstellen und einzelnen Amtswalter
festzulegen. Dies muss in örtlicher und sachlicher – vielfach auch
funktioneller (z. B. Instanzenzug) – Hinsicht geschehen. Dabei
bedeutet sachliche Z. die Berechtigung und Verpflichtung, bestimmte
Aufgaben dem Gegenstand nach wahrzunehmen (z. B.
Baugenehmigung). Örtliche Z. ist die Bestimmung des Bezirks, in
dem die sachliche Z. ausgeübt werden darf. Die →Behörde ist
grundsätzlich an ihre rechtmäßig festgelegte Z. gebunden, so dass ein
Zuständigkeitsmangel ihr →Handeln →fehlerhaft macht. Im
Verfahrensrecht bestimmt sich die Z. der einzelnen →Gerichtsbarkeit
nach der Zulässigkeit des →Rechtswegs (z. B. § 13 GVG). Innerhalb
der einzelnen Gerichtsbarkeit werden funktionelle Z., sachliche Z.
und örtliche Z. unterschieden. Die funktionelle Z. bezieht sich darauf,
welches Rechtspflegeorgan in ein und derselben Sache tätig zu
werden hat (z. B. im Rechtsmittelzug). Die sachliche Z. betrifft die
Frage, welches Gericht in erster Instanz die Sache wegen deren Art zu
erledigen hat (z. B. § 23 GVG, Amtsgericht vor allem bei Streitwerten
bis 5000 Euro). Die örtliche Z. bestimmt, welches Gericht erster
Instanz wegen seines örtlichen Sitzes die Sache zu behandeln hat
(§§ 12ff. ZPO, Gerichtsstand, grundsätzlich am Wohnsitz des
Beklagten). Die Z. ist für die →Klage →Prozessvoraussetzung und für
die →Zwangsvollstreckung Zulässigkeitsvoraussetzung.
Lit.: Schumann, E., Examensprobleme der örtlichen Zuständigkeit, JuS 1984, 865; Steinkampf, F.,
Die Gerichte und ihre Zuständigkeiten, 1989; Pfeiffer, T., Internationale Zuständigkeit und
prozessuale Gerechtigkeit, 1995; Buchner, B., Kläger- und Beklagtenschutz im Recht der
internationalen Zuständigkeit, 1998
Zustandsdelikt ist das →Delikt, bei dem der durch die Tat
geschaffene Zustand andauert, die bloße Aufrechterhaltung des
Zustands aber keine selbständige strafrechtliche Bedeutung hat (z. B.
Personenstandsfälschung). →Dauerdelikt.
Zustandshaftung ist die polizeiliche Verantwortlichkeit einer Person
für einen eine →Störung verursachenden Zustand einer →Sache (z. B.
Tier, Grundstück). Die Z. richtet sich gegen den →Eigentümer der
Sache oder den Inhaber der tatsächlichen →Gewalt, soweit dessen
Verfügungsmacht reicht. Im Zweifel geht die Z. der
→Handlungshaftung nach.
Zustandsstörung →Störung
Zustellung (z. B. §§ 166ff. ZPO) ist die Bekanntgabe eines
Schriftstücks an eine Person in der gesetzlich bestimmten Form bzw.
der in bestimmter, gesetzlich vorgeschriebener Form geschehende
und – in einer Zustellungsurkunde – zu beurkundende Vorgang, durch
den einer Person Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks
verschafft wird. Die Z. soll die Gelegenheit der Kenntnisnahme wie
ihren Nachweis sichern. Sie kann →von Amts wegen (Amtszustellung)
oder auf Betreiben einer →Partei (Parteizustellung) erfolgen und
durch Übergabe, Aufgabe zur Post [trotz deren Privatisierung] u. a.
geschehen. Die Urkunde über die Z. erbringt den Beweis über die in
ihr bezeugten Tatsachen, der durch den Beweis der Unrichtigkeit der
bezeugten Tatsachen entkräftet werden kann. Öffentliche Z. ist die vor
allem bei unbekanntem Aufenthalt einer Partei zulässige Z. durch
öffentliche Bekanntmachung (§ 185 ZPO).
Lit.: Kondring, J., Die Heilung von Zustellungsfehlern, 1995; Kintz, R., Zustellung und Frist in der
öffentlichen Arbeit, JuS 1997, 1115; Heß, B., Neues deutsches und europäisches Zustellungsrecht,
NJW 2002, 2417; Jastrow, S., Auslandszustellung im Zivilverfahren, NJW 2002, 3382; Wunsch, T.,
Zustellungsreformgesetz, JuS 2003, 276; Kuntze-Kaufhold, G. u. a., Verjährungsrechtliche
Auswirkungen durch das europäische Zustellungsrecht, NJW 2003, 1998
Zustimmung (§ 182 BGB) ist die grundsätzlich – formlose –
Erklärung des Einverständnisses mit einem →Rechtsgeschäft eines
andern (z. B. eines beschränkt Geschäftsfähigen). Die Z. ist eine
einseitige, empfangsbedürftige, abstrakte →Willenserklärung. Sie
führt zur Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts, wenn diese von ihr
abhängt. Die Z. kann dem einen wie dem andern Teil eines
zweiseitigen Rechtsgeschäfts erteilt werden. Die vorherige Z. ist die
→Einwilligung, die nachträgliche Z. die →Genehmigung.
Zustimmungsgesetz (Art. 77 II GG) ist das →Bundesgesetz, das zu
seiner Entstehung der Zustimmung des →Bundesrats bedarf. Es steht
im Gegensatz zum →Einspruchsgesetz. Welches Gesetz Z. ist, ergibt
sich grundsätzlich aus der →Verfassung (z. B. Artt. 84 I, 85 I GG), ist
aber im Einzelnen nicht immer leicht festzustellen und deshalb
streitig (z. B. →Staatshaftung).
Lit.: Schmidt, R., Die Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesgesetzen, JuS 1999, 869
zuverlässig (Adj.) verlässlich, → Zuverlässigkeit
Zuverlässigkeit ist die begründete Erwartung (Gewähr)
zufriedenstellender Tätigkeit. Zuverlässig ist, von wem zu erwarten
ist, dass er sich an die jeweiligen rechtlichen Vorschriften halten und
Rechtsgüter nicht gefährden oder verletzen wird. Die Z. ist im
Verwaltungsrecht verschiedentlich eine subjektive
Zulassungsvoraussetzung für eine →gewerbliche Tätigkeit (z. B. §§ 30
I, 34 I GewO, unbestimmter →Rechtsbegriff).
Zuwendung ist die Hingabe eines Vermögensgegenstands von einer
Person an eine andere. Die unentgeltliche Z. ist Tatbestandsmerkmal
der →Schenkung (§ 516 BGB). Darüber hinaus ist die Z. in
zahlreichen andern Privatrechtsverhältnissen von Bedeutung.
Lit.: Conradt, O., Unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten, 1998; Wolf, L., Zuwendungsrisiko
und Restitutionsinteresse, 1998
Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis) ist beim berechtigenden
→Vertrag zugunsten Dritter das Verhältnis zwischen
Versprechensempfänger (Gläubiger) und Begünstigtem (Dritten). Das
Z. gibt den Grund an, weshalb der →Gläubiger nicht die →Leistung an
sich selbst, sondern an einen Dritten erbringen lässt (z. B. Erfüllung,
Schenkung). Es steht im Gegensatz zum →Deckungsverhältnis oder
Grundverhältnis zwischen Versprechensempfänger und
Versprechendem. Von einem Z. geht man auch bei der →Anweisung
und einem Dreiecksverhältnis der ungerechtfertigten →Bereicherung
aus.
Lit.: Köbler, Schuldrecht
Zwang ist die Einwirkung auf einen Menschen oder eine Sache mit
→Gewalt. Der Z. kann mittelbar (→Zwangsgeld, Einwirkung auf
Sache als mittelbare Einwirkung auf eine Person) oder unmittelbar
sein. Unmittelbarer Z. ist im →Verwaltungsrecht ein →Zwangsmittel
der →Verwaltungsvollstreckung (§ 12 VwVG). Der unmittelbare Z. ist
als schärfstes Zwangsmittel im Verhältnis zur →Ersatzvornahme und
zum →Zwangsgeld subsidiär. Er kann in gewaltsamer Erzwingung der
erforderlichen Handlung oder in kostenpflichtiger eigener
(gewaltsamer) Vornahme bestehen. Im Privatrecht ist eine
erzwungene Handlung keine zurechenbare →Handlung und ist das
unter Ausbeutung der Zwangslage vorgenommene →Rechtsgeschäft
→nichtig. Allerdings kann in einzelnen Fällen ein Z. zum Abschluss
(→Abschlusszwang) eines Rechtsgeschäfts bestehen. Im
Strafvollzugsrecht ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs in den
§§ 94ff. StVollzG geregelt.
Lit.: Benfer, J., Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung strafprozessualer
Rechtseingriffe, NJW 2002, 2688
Zwangsarbeit (Art. 12 III GG) ist die durch →Zwang herbeigeführte
→Arbeit, die nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsstrafe
zulässig ist.
Lit.: Hönicke, F., Arbeitszwang als Kriminalrechtsreaktion, 1999
Zwangsgeld (z. B. §§ 11 VwVG, 888 ZPO) ist die für den Fall der
Nichterfüllung einer geschuldeten Pflicht von der →Behörde oder dem
→Gericht festgesetzte Geldleistung. Das Z. ist ein →Zwangsmittel des
Vollstreckungsrechts. Es ist zulässig bei unvertretbaren →Handlungen
und Untunlichkeit oder Unmöglichkeit der →Ersatzvornahme. Es
beträgt im Verwaltungsrecht zwischen 2 und 1000 Euro und im
→Zivilverfahrensrecht bis zu 25000 Euro.
Lit.: Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, 1992
Zwangshypothek (§§ 866ff. ZPO) ist die auf →Antrag eines
→Gläubigers im Wege der →Zwangsvollstreckung in das →Grundbuch
eingetragene →Hypothek. Die Z. ist eine →Sicherungshypothek. Sie ist
eine der Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung wegen
Geldforderungen in das unbewegliche Vermögen neben der
→Zwangsversteigerung und der →Zwangsverwaltung.
Lit.: Habermeier, S., Die Zwangshypotheken der Zivilprozessordnung, 1989 (Diss.)
Zwangslizenz →Lizenz
Lit.: Pohl, C., Die Voraussetzungen der patentrechtlichen
Zwangslizenz, 2000
Zwangsmittel ist das der →Verwaltung zur Durchsetzung der
vollstreckbaren (anfechtbaren, sofort vollstreckbaren oder
nichtsuspensiv wirkenden) →Verwaltungsakte im
→Verwaltungsvollstreckungsverfahren zur Verfügung stehende
Mittel. Z. sind →Ersatzvornahme, →Zwangsgeld und (unmittelbarer)
→Zwang (§§ 9ff. VwVG). Damit können Handlungen, Duldungen und
Unterlassungen erzwungen werden.
Zwangsversteigerung (§§ 1ff. ZVG) ist die Versteigerung eines
→Grundstücks (Schiffs, Luftfahrzeugs) im Wege der
→Zwangsvollstreckung. Die Z. ist eine Möglichkeit der
Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das unbewegliche
Vermögen. Sie ist im Gesetz über die Z. und die Zwangsverwaltung
geregelt. Zuständig für die Z. ist das →Versteigerungsgericht
(→Amtsgericht). Das Verfahren beginnt mit der Anordnung der Z.
(→Beschlagnahme) und der Bestimmung eines
Zwangsversteigerungstermins. Bei der Versteigerung wird ein
→Gebot in Höhe des geringsten Gebots zugelassen (§ 44 ZVG). Dem
Meistbietenden ist, falls er 70% des Werts bietet, der →Zuschlag zu
erteilen. Durch den Zuschlag wird der Ersteher →Eigentümer. Die
nicht in das geringste Gebot aufgenommenen Grundstücksrechte
erlöschen. Das Gericht verteilt den Erlös.
Lit.: Storz, K., Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 8. A. 2000; Stöber, K.,
Zwangsversteigerungsgesetz, 17. A. 2002; Eickmann, G., Die Teilungsversteigerung, 5. A. 2001;
Böttcher, R., Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 3. A. 2000; Hintzen, U.,
Zwangsversteigerung, 3. A. 1999; Eickmann, D., Zwangsversteigerungs- und
Zwangsverwaltungsrecht, 2. A. 2004
Zwangsverwaltung (Sequestration) (§§ 145ff. ZVG) ist die
Verwaltung eines →Grundstücks im Wege der →Zwangsvollstreckung.
Die Z. ist im Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Z.
geregelt. Die Anordnung der Z. bewirkt eine →Beschlagnahme. Das
→Grundstück wird durch einen Zwangsverwalter (z. B. den
→Schuldner selbst) bewirtschaftet. Der Erlös der Z. wird verteilt.
Lit.: Teufel, H., Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 3. A. 1997; Böttcher, R., Gesetz über
die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 3. A. 2000; Haarmeyer, H./Wutzke, W., Förster,
K. u. a., Zwangsverwaltung, 3. A. 2004; Haarmeyer, H./Wutzke, W./Förster, K./Hintzen, U.,
Handbuch zur Zwangsverwaltung, 2002
Zwangsvollstreckung (Exekution) ist im weiteren Sinn die
Durchsetzung einer hoheitlichen →Anordnung mit Hilfe staatlicher
Zwangsmaßnahmen. Im engeren Sinn betrifft die Z. den
→Zivilprozess. Sie ist die Durchsetzung des vollstreckbaren
Anspruchs des Gläubigers mit Hilfe staatlicher Zwangsmaßnahmen in
das Vermögen des Schuldners bzw. die Durchsetzung eines dem
→Gläubiger gegen den →Schuldner im →Vollstreckungstitel
verbrieften →Anspruchs. Sie erfordert einen Vollstreckungstitel
(§§ 704ff. ZPO), eine →Vollstreckungsklausel (§ 725 ZPO) und die
→Zustellung des Vollstreckungstitels (§ 750 ZPO). Sie erfolgt
grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung – durch
→Vollstreckungsorgane. Die Art der Z. ist verschieden nach der Art
des verfolgten →Anspruchs und der Art des zu verwertenden Objekts.
Die Z. wegen Geldforderungen in das bewegliche →Vermögen des
Schuldners erfolgt durch →Pfändung beweglicher Sachen durch den
→Gerichtsvollzieher (§§ 808ff. ZPO) und die Pfändung von
→Forderungen und andern Vermögensrechten durch das
→Vollstreckungsgericht (§§ 828ff. ZPO). Die entsprechende Z. in das
unbewegliche Vermögen geschieht durch Eintragung einer
→Zwangshypothek, durch →Zwangsverwaltung und
→Zwangsversteigerung (§ 866 ZPO). Daneben gelten jeweils
besondere Regeln für die Z. zur Erwirkung der Herausgabe
bestimmter beweglicher →Sachen (§ 883 ZPO, Wegnahme durch den
Gerichtsvollzieher), Leistung einer bestimmten Menge vertretbarer
Sachen (§ 884 ZPO), der Herausgabe von →Grundstücken (§ 885
ZPO), der Herausgabe von im Gewahrsam eines Dritten befindlichen
Sachen (§ 886 ZPO, Überweisung des Herausgabeanspruchs), der
Vornahme vertretbarer →Handlungen (§ 887 ZPO, Ermächtigung zur
→Ersatzvornahme) bzw. unvertretbarer Handlungen (§ 888 ZPO,
→Zwangsgeld, →Zwangshaft) und schließlich der Erzwingung von
→Unterlassungen und →Duldungen (§ 890 ZPO →Ordnungshaft,
→Ordnungsgeld). Ist der Schuldner zur Abgabe einer
→Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben,
sobald das Urteil die →Rechtskraft erlangt hat (§ 894 ZPO). Die Z.
endet mit der vollständigen Befriedigung des vollstreckbaren
Anspruchs des Gläubigers. Die Beitreibung von Schulden durch dem
Schuldner in der Öffentlichkeit folgende Menschen (schwarze
Schatten, Schattenmänner) ist auf Grund der Verletzung des
Persönlichkeitrechts wettbewerbswidrig.
Lit.: Jauernig, Zwangsvollstreckungsrecht; Brox, H./Walker, W., Zwangsvollstreckungsrecht, 7. A.
2003; Rosenberg, L./Gaul, H./Schilken, E., Zwangsvollstreckungsrecht, 11. A. 1997; Heussen,
B./Fraulob, U./Bachmann, M., Zwangsvollstreckung für Anfänger, 7. A. 2002; Lackmann, R.,
Zwangsvollstreckungsrecht, 6. A. 2003; Müller, H./Hök, G., Deutsche Vollstreckungstitel im
Ausland (Lbl.); Stöber, K., Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 7. A. 1999;
Hintzen, U., Handbuch der Immobiliarvollstreckung, 3. A. 1999; Gottwald, U.,
Zwangsvollstreckung, 4. A. 2002; Weßling, M., Zwangsvollstreckung in GmbH-Anteile, 2000;
Philipp, H./Felser, M., Zwangsvollstreckung, 2001; Möbius, W./Kroiß, L., Zwangsvollstreckung, 4.
A. 2002; Lackmann, Rolf/Wittschier, Johannes, Die Klausur im Zwangsvollstreckungsrecht, 2003;
Berger, C., Zwangsvollstreckung in urheberrechtliche Vergütungsansprüche, NJW 2003, 853
Zweckerreichung ist das Eintreten des geschuldeten Leistungserfolgs
ohne Zutun des →Schuldners (z. B. das gestrandete Schiff wird vor
der Bergung von selbst wieder frei). Die Z. ist nach umstrittener
Ansicht ein Fall der von keiner Partei zu vertretenden
→Unmöglichkeit. Analog § 645 I BGB behält der Schuldner aber
gleichwohl einen (anteiligen) Vergütungsanspruch.
Lit.: Beuthien, V., Zweckerreichung und Zweckstörung, 1969
Zweckfortfall ist der Wegfall des Leistungssubstrats (z. B. das zu
heilende Kind stirbt). Der Z. ist ein Fall der →Unmöglichkeit (str.).
Der Schuldner behält aber einen (anteiligen) →Anspruch auf die
→Gegenleistung, sofern er bereits tätig gewesen ist.
Zweckmäßigkeit ist die Bewertung eines Verhaltens nach seiner
Geeignetheit zur Erreichung eines Ziels. Bei der →Fachaufsicht wird
auch die Z. des Verwaltungshandelns überprüft.
→Opportunitätsprinzip
Lit.: Löer, L., Körperschafts- und anstaltsinterne Rechts- und Zweckmäßigkeitskontrolle, 1999
Zweckstörung ist der Wegfall des →Interesses des →Gläubigers an
der →Leistung trotz äußerlicher Möglichkeit der Leistung (z. B.
Fußballspiel, zu dem Sonderfahrt stattfinden soll, fällt aus). Hier liegt
keine Unmöglichkeit vor (str.). Eventuell kommt aber ein Wegfall der
→Geschäftsgrundlage in Betracht.
Lit.: Beuthien, V., Zweckerreichung und Zweckstörung, 1969; Köhler, H., Unmöglichkeit und
Geschäftsgrundlage bei Zweckstörungen im Schuldverhältnis, 1971
Zweckverband ist der – durch öffentlich-rechtlichen →Vertrag
erfolgende – Zusammenschluss mehrerer →Gemeinden,
→Gemeindeverbände oder sonstiger öffentlich-rechtlicher
→Körperschaften zur gemeinsamen Bewältigung einer
(gewichtigeren) Aufgabe (z. B. Unterhaltung eines Krankenhauses).
Der Z. ist meist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, jedoch
keine →Gebietskörperschaft. Er hat eine
Zweckverbandsversammlung, einen Zweckverbandsausschuss sowie
einen geschäftsführenden Zweckverbandsvorstand als →Organe. Ein
in der Gründung befindlicher, nichtrechtsfähiger kommunaler Z. kann
als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder als nichtrechtsfähiger
Verein Partei eines Vertrags sein, so dass seine Gründungsmitglieder
unbeschränkt und gesamtschuldnerisch für seine Schulden haften.
Lit.: Luppert, J., Der kommunale Zweckverband, Diss. jur. Heidelberg, 2000; Saugier, C., Der
fehlerhafte Zweckverband, 2001
Zweigniederlassung (§ 13 HGB) ist die Niederlassung eines
→Kaufmanns, an der er oder seine Leute teils abhängig (sachlich
dieselben Geschäfte, abhängige Firma) von der Hauptniederlassung,
teils unabhängig (räumliche Selbständigkeit, selbständiger Leiter) von
ihr wirken. Die Errichtung einer Z. ist beim →Gericht der
Hauptniederlassung bzw. des →Sitzes zur →Eintragung in das
→Handelsregister des Gerichts der Z. anzumelden.
Lit.: Köbler, G., Rechtsfragen der Zweigniederlassung, BB 1969, 845; Rinne, B.,
Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen, 1998
Zweikammersystem ist die Aufteilung des →Parlaments in zwei
→Kammern (z. B. Oberhaus–Unterhaus, Repräsentantenhaus-Senat,
Bundestag–Bundesrat). Ein echtes Z. liegt nur dann vor, wenn die
zweite Kammer gleichberechtigt an der →Gesetzgebung mitwirkt
(also nicht bei Bundestag–Bundesrat).
Zweikampf (Duell) ist der verabredete Kampf zweier Menschen mit
(tödlichen) Waffen. Der Z. dient im mittelalterlichen Recht als
Entscheidungsmittel. Im Strafrecht war der Z. bis 1969 privilegiertes
Tötungsdelikt bzw. Körperverletzungsdelikt.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Zweikondiktionentheorie ist bei der ungerechtfertigten
→Bereicherung die Lehre, die annimmt, dass, wenn der Empfänger
einer ungerechtfertigten Bereicherung bei einem (nichtigen)
gegenseitigen Vertrag seine Gegenleistung bereits bewirkt hat, jeder
Vertragsteil einen selbständigen →Anspruch auf →Herausgabe des
jeweils vom Gegner Empfangenen bzw. des entsprechenden
Wertersatzes unabhängig vom Schicksal des Bereicherungsanspruchs
der Gegenseite hat. Der Z. steht die →Saldotheorie gegenüber. Diese
wird im Bereicherungsrecht regelmäßig angewandt, so dass die Z. nur
ausnahmsweise zum Zug kommt (z. B. bei Beteiligung
→Minderjähriger).
Zweiplusvierverhandlungen sind die Verhandlungen der
Vereinigten Staaten von Amerika, der Sowjetunion, Frankreichs,
Großbritanniens, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen
Demokratischen Republik über die deutsche Einheit im Jahre 1990.
→Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland
Lit.: Kroeschell, K., Rechtsgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, 1992; Köbler, G., Lexikon
der europäischen Rechtsgeschichte, 1997
Zweischwerterlehre ist im hochmittelalterlichen Recht die vom
Symbol zweier Schwerter ausgehende Theorie zur Begründung des
Verhältnisses von →Kaiser und →Papst. Nach kurialistischer Ansicht
überträgt der Papst eines der beiden im Neuen Testament beiläufig
genannten, von Gott erlangten zwei Schwerter an den jeweiligen
Kaiser. Nach imperialistischer Lehre stehen geistliches Schwert des
Papstes und weltliches Schwert des Kaisers gleichberechtigt
nebeneinander.
Lit.: Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte
Zweispurigkeit des →Strafrechts ist die Parallelität von →Strafen
(§§ 38ff. StGB) und →Maßregeln der Besserung und Sicherung
(§§ 61ff. StGB).
Zweistufentheorie ist die von zwei Stufen ausgehende Theorie zur
Bestimmung des Vorgehens der →Leistungsverwaltung (z. B.
→Subvention). Über die Frage, ob eine Leistung erbracht werden soll,
ergeht eine Entscheidung auf Grund öffentlich-rechtlicher
Vorschriften (erste Stufe, z. B. →Verwaltungsakt über Subvention). Ist
über das Ob der Leistung positiv entschieden, wird die Leistung selbst
(das Wie der Leistung) in einem privatrechtlichen Verhältnis
abgewickelt (zweite Stufe, z. B. →Darlehen). Anderer Ansicht ist die
Lehre vom privatrechtsgestaltenden →Verwaltungsakt.
Zweitbescheid ist der →Bescheid, in dem die →Behörde nach
unanfechtbar gewordenem →Verwaltungsakt auf →Gegenvorstellung
oder →Antrag des Betroffenen ein zweites Mal über dieselbe Sache
entscheidet. Der Z. eröffnet den Verwaltungsrechtsweg neu. Er steht
in Gegensatz zur bloß wiederholenden →Verfügung, die diese
Wirkung nicht hat. Ob die Verwaltung einen Z. oder eine
wiederholende Verfügung erlässt, liegt in ihrem →Ermessen.
zwingend (Adj.) nicht abänderbar
zwingendes Recht →Recht, zwingendes
Zwischenbescheid ist der vorläufige, nicht endgültig regelnde
→Bescheid.
Zwischenprüfung ist die im Laufe einer Ausbildung abgehaltene
Prüfung.
Lit.: Diederichsen, U., Die Zwischenprüfung im bürgerlichen Recht, 1985
zwischenstaatlich (Adj.) zwischen Staaten bestehend, →international
Zwischenurteil (z. B. § 303 ZPO) ist das →Urteil über einen zur
Entscheidung reifen Zwischenstreit (z. B. über eine
Prozessvoraussetzung oder über den Grund eines Anspruchs). Das Z.
ist →Feststellungsurteil. Es kann grundsätzlich nur zusammen mit dem
→Endurteil angefochten werden (anders das →Grundurteil).
Lit.: Tiedtke, K., Das unzulässige Zwischenurteil, ZZP 89, 64
Zwischenverfahren →Eröffnungsverfahren
Zwischenverfügung (§ 18 GBO) ist die Verfügung des
→Grundbuchamts, in der – weder eine beantragte Eintragung
angeordnet noch der →Antrag zurückgewiesen, sondern – dem
Antragsteller eine angemessene →Frist zur Behebung eines einer
→Eintragung entgegenstehenden – behebbaren – Hindernisses (z. B.
fehlende behördliche Genehmigung) bestimmt wird. Die Z. hat den
Vorteil der Rangsicherung, da bei Eingang eines weiteren Antrags
zugunsten des früher gestellten Antrags →von Amts wegen eine
→Vormerkung oder ein →Widerspruch einzutragen ist.
Zwischenzeugnis →Zeugnis
Zwölftafelgesetz ist in der römischen Rechtsgeschichte die in 12
Tafeln gefasste Aufzeichnung des geltenden Rechts (451/450 v. Chr.),
die niemals förmlich aufgehoben wurde.
Lit.: Söllner, Römische Rechtsgeschichte; Köbler, G., Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte,
1997; Das Zwölftafelgesetz. Texte, Übersetzungen und Erläuterungen v. Düll, R., 7. A. 1995
Zypern ist die im Süden der Türkei liegende, zwischen Griechen und Türken (Nordzypern)
tatsächlich geteilte drittgrößte Insel des Mittelmeers.
Lit.: Chrysotomides, K., The Republic of Cyprus, 2000; Anstötz, S., Perspektiven zur staatlichen
Neuordnung Zyperns, 2003
Literaturhinweise
Allgemeines Verwaltungsrecht, hg. v. Erichsen, H./Ehlers, D., 12. A.
2002
Baumbach, A./Hefermehl, W., Wechsel- und Scheckgesetz, 22. A.
2000
Baumbach, A./Hefermehl, W., Wettbewerbsrecht, 22. A. 2001
Baumbach, A./Hopt, K., Handelsgesetzbuch, 30. A. 2000
Baumbach, A./Hueck, G., GmbH-Gesetz, 17. A. 2001
Baumbach, A./Lauterbach, W./Albers, J., Zivilprozessordnung, 62. A.
2004
Baur, F./Walter, G., Einführung in das Recht der Bundesrepublik
Deutschland, 6. A. 1992
Baur, F./Stürner, R., Lehrbuch des Sachenrechts, 17. A. 1999
Bleckmann, A., Europarecht, 6. A. 1997
Bley, H./Kreikebohm, R./Marschner, Sozialrecht, 8. A. 2001
Blümich, W., Einkommensteuergesetz, 79. A. 2003
Brox, H., Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 26. A.
2002
Brox, H./Rüthers, B., Arbeitsrecht, 15. A. 2002
Brox, H./Walker, W., Allgemeines Schuldrecht, 28. A. 2002
Brox, H./Walker, W., Besonderes Schuldrecht, 27. A. 2002
Brox, H., Erbrecht, 20. A. 2003
Brox, H., Handels- und Wertpapierrecht, 15. A. 2001
Brox, H./Walker, N., Zwangsvollstreckungsrecht, 6. A. 1999
Campenhausen, A. Frhr. v., Staatskirchenrecht, 3. A. 1996
Canaris, C., Handelsrecht, 23. A. 2000
Conrad, H., Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1 2. A. 1962, Bd. 2 1966
Creifelds, C., Rechtswörterbuch, 17. A. 2002
Deutsches Rechtslexikon, hg. v. Tilch, H./Arloth, F., 3. A. 2001
Demharter, J., Grundbuchordnung, 24. A. 2002
Drews, B./Wacke, G./Vogel, K., Gefahrenabwehr, 9. A. 1986
Dulckeit, G./Schwarz, F./Waldstein, W., Römische Rechtsgeschichte,
9. A. 1995
Eisenhardt, U., Gesellschaftsrecht, 10. A. 2002
Enders, H., Die BRAGO für Anfänger, 11. A. 2002
Emmerich, V., Kartellrecht, 9. A. 2001
Enneccerus, L./Nipperdey, H., Allgemeiner Teil des bürgerlichen
Rechts, 15. A. 1959
Erler, A., Kirchenrecht, 5. A. 1983
Erman, W., Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 11. A.
2003
Eyermann, E., Verwaltungsgerichtsordnung, 11. A. 2000
Fikentscher, W., Schuldrecht, 9. A. 1997
Firsching, K./Graf, H., Nachlassrecht, 8. A. 2000
Furtner, G., Das Urteil im Zivilprozess, 5. A. 1985
Göhler, E., Ordnungswidrigkeitengesetz, 13. A. 2002
Göppinger, H., Kriminologie, 5. A. 1997
Götz, V., Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. A. 2001
Grunsky, W., Arbeitsgerichtsgesetz, 7. A. 1995
Haft, F., Strafrecht Allgemeiner Teil, 8. A. 1998
Haft, F., Strafrecht Besonderer Teil, 7. A. 1998
Hartmann, P., Kostengesetze, 33. A. 2004
Henkel, H., Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. A. 1977
Hentschel, P., Straßenverkehrsrecht, 37. A. 2003
Heussen, B./Fraulob, U./Bachmann, M., Zwangsvollstreckung für
Anfänger, 7. A. 2002
Hoffmann, B. v., Internationales Privatrecht, 7. A. 2002
Hofmann, P., Handelsrecht, 11. A. 2002
Huber, E. R., Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1ff. versch. A.
1967ff.
Hubmann, H./Götting, H., Gewerblicher Rechtsschutz, 7. A. 2002
Hübner, R., Grundzüge des deutschen Privatrechtes, 5. A. 1930
Hueck, A./Canaris, C., Recht der Wertpapiere, 12. A. 1986
Ingenstau, H./Korbion, H., VOB – Teile A+B – Kommentar, 14. A.
2001
Ipsen, K., Völkerrecht, 4. A. 1999
Jarass, H./Pieroth, B., Grundgesetz, 6. A. 2002
Jauernig, O., Bürgerliches Gesetzbuch, 10. A. 2002
Jauernig, O., Zivilprozessrecht, 27. A. 2002
Jauernig, O., Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, 21. A. 1999
Jescheck, H./Weigend, T., Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner
Teil, 5. A. 1996
Kaser, M., Römisches Privatrecht, 16. A. 1992
Kegel, G./Schurig, K., Internationales Privatrecht, 8. A. 2000
Keidel, T./Schmatz, H./Stöber, K., Registerrecht, 5. A. 1991
Kirchner, H./Butz, C., Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache,
5. A. 2003
Klein, F., Abgabenordnung, 8. A. 2003
Köbler, G., Die Anfängerübung im bürgerlichen Recht, Strafrecht und
öffentlichen Recht, 7. A. 1996
Köbler, G., Bilder aus der deutschen Rechtsgeschichte, 1988
Köbler, G., Deutsche Rechtsgeschichte, 5. A. 1996
Köbler, G., Historisches Lexikon der deutschen Länder, 6. A. 1999
Köbler, G., Schuldrecht, 2. A. 1995
Köbler, G., Wie werde ich Jurist?, 4. A. 1988
Köhler, H., BGB Allgemeiner Teil, 26. A. 2002
Kopp, F./Schenke, W., Verwaltungsgerichtsordnung, 13. A. 2003
Kopp, F./Ramsauer, F., Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. A. 2000
Kraft, A./Kreutz, P., Gesellschaftsrecht, 11. A. 2000
Kroeschell, K., Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1ff. 1972ff.
(unveränd. Neudrucke), Bd. 1 11. A. 1999
Lackner, K./Kühl, K, Strafgesetzbuch, 24. A. 2001
Landmann, R. v./Rohmer, G., Gewerbeordnung (Lbl.), 44. A. 2003
Lange, H./Kuchinke, K., Lehrbuch des Erbrechts, 5. A. 2001
Larenz, K./Wolf, M., Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen
Rechts, 8. A. 1997
Larenz, K., Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. A. 1991
Leipold, D., Erbrecht, 14. A. 2002
Liebs, D., Lateinische Rechtsregeln, 6. A. 1998
Liebs, D., Römisches Recht, 5. A. 1999
Lieberwirth, R., Latein im Recht, 4. A. 1996
Lüke, W., Zivilprozessrecht, 8. A. 2003
Maunz, T./Dürig, G., Grundgesetz (Lbl.), 8. A. 2003
Maunz, T./Zippelius, R., Deutsches Staatsrecht, 30. A. 1998
Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. A. 2002
Medicus, D., Allgemeiner Teil des BGB, 8. A. 2002
Medicus, D., Bürgerliches Recht, 19. A. 2002
Medicus, D., Grundwissen zum Bürgerlichen Recht, 5. A. 2002
Medicus, D., Schuldrecht, Bd. 1 13. A. 2002
Medicus, D., Schuldrecht, Bd. 2 11. A. 2003
Menger, C., Deutsche Verfassungsgeschichte der Neuzeit, 9. A. 2002
Meyer-Goßner, L., Strafprozessordnung, 46. A. 2002
Mitteis, H./Lieberich, H./Luig, K., Deutsches Privatrecht, 9. A. 1981
Mitteis, H./Lieberich, H., Deutsche Rechtsgeschichte, 19. A. 1992
Model, O./Creifelds, C. u. a., Staatsbürger-Taschenbuch, 31. A. 2003
Model, O./Müller, K. Grundgesetz, 11. A. 1996
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hg. v.
Rebmann, K./Säcker, F. J., Bd. 1ff. 1977ff., 2. A. 1984ff., 3. A.
1993ff., 4. A. 2000ff.
Palandt, O., Bürgerliches Gesetzbuch, 62. A. 2003
Püttner, G., Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. A. 1995
Rehbinder, M., Urheberrecht, 12. A. 2002
Rinck, G./Schwark, E., Wirtschaftsrecht, 6. A. 1986
Rosenberg, L./Schwab, K./Gottwald, P., Zivilprozessrecht, 15. A.
1993
Roth, G./Altmeppen, H., GmbH-Gesetz, 4. A. 2003
Roth, G., Handels- und Gesellschaftsrecht, 6. A. 2001
Roxin, C., Strafrecht. Allgemeiner Teil, Bd. 1 3. A. 1997
Roxin, C., Strafverfahrensrecht, 25. A. 1998
Rüthers, B./Stadler, A., Allgemeiner Teil des BGB, 12. A. 2002
Sartorius, C., Verfassungs- und Verwaltungsgesetze der
Bundesrepublik Deutschland (Lbl.), 68. A. 2002
Sattelmacher, W./Sirp, W., Bericht, Gutachten und Urteil, 32. A. 1994
Schaffstein, F./Beulke, F., Jugendstrafrecht, 14. A. 2002
Schaub, G., Arbeitsrechts-Handbuch, 10. A. 2002
Schellhammer, K., Die Arbeitsmethode des Zivilrichters, 14. A. 2002
Schlaich, K./Korioth, S., Das Bundesverfassungsgericht, 5. A. 2001
Schlegelberger, F./Friedrich, W., Das Recht der Gegenwart, 29. A.
2002
Schlüter, Erbrecht, 14. A. 2000
Schmidt, L., Einkommensteuergesetz, 21. A. 2002
Schmidt-Aßmann, E., Besonderes Verwaltungsrecht, 12. A. 2003
Schmidt-Bleibtreu, B./Klein, F., Kommentar zum Grundgesetz, 9. A.
1999
Schmitt Glaeser, W./Horn, H., Verwaltungsprozessrecht, 15. A. 2000
Schönfelder, H., Deutsche Gesetze (Lbl.), 117. A. 2003
Schönke, A./Schröder, H., Strafgesetzbuch, 26. A. 2001
Schwab, D., Einführung in das Zivilrecht, 15. A. 2002
Schwab, D., Familienrecht, 12. A. 2003
Schwab, K./Prütting, H., Sachenrecht, 30. A. 2002
Schweitzer, M./Hummer, W., Europarecht, 5. A. 1996
Schwind, H., Kriminologie, 12. A. 2002
Seidl-Hohenveldern, I./Stein, T., Völkerrecht, 10. A. 2000
Söllner, A., Einführung in die römische Rechtsgeschichte, 5. A. 1996
Söllner, A./Waltermann, Grundriss des Arbeitsrechts, 13. A. 2003
Soergel, T., Bürgerliches Gesetzbuch, 13. A. 1999ff.
Staudinger, J. v., Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. A.
1994ff.
Steiner, U., Besonderes Verwaltungsrecht, 7. A. 2003
Stern, K., Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1ff. z.
T. 2. A. 1980ff.
Thieme, W., Einführung in die Verwaltungslehre, 1995
Thomas, H./Putzo, H., Zivilprozessordnung, 24. A. 2002
Tipke, K./Kruse, H., Abgabenordnung. Finanzgerichtsordnung (Lbl.),
16. A. 1997
Tipke, K./Lang, J., Steuerrecht, 17. A. 2002
Tröndle, H./Fischer, T., Strafgesetzbuch, 51. A. 2003
Ule, H., Verwaltungsprozessrecht, 9. A. 1987
Wessels, J./Beulke, W., Strafrecht, Allgemeiner Teil, 32. A. 2002
Wessels, J./Hettinger, M., Strafrecht, Besonderer Teil, Teil 1
Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte, 26. A.
2002
Wessels, J./Hillenkamp, T., Strafrecht, Besonderer Teil, Teil 2
Straftaten gegen Vermögenswerte, 25. A. 2002
Westermann, H., Sachenrecht, 7. A. 1998
Wolf, M., Gerichtsverfassungsrecht, 6. A. 1987
Wolf, M., Sachenrecht, 18. A. 2002
Wolff, H. J./Bachof, O./Stober, R., Verwaltungsrecht, Bd. 1 11. A.
1999, Bd. 2 6. A. 2000
Zeiß, W., Zivilprozessrecht, 9. A. 1997
Zippelius, R., Allgemeine Staatslehre, 14. A. 2003
Zippelius, R., Juristische Methodenlehre, 7. A. 1999
Zippelius, R., Rechtsphilosophie, 3. A. 1994
Zöller, R., Zivilprozessordnung, 23. A. 2002
Zöllner, W., Wertpapierrecht, 15. A. 1999
Zöllner, W./Loritz, K., Arbeitsrecht, 5. A. 1998