You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.
 
 

251 lines
16 KiB

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 6/04
Verkündet am:
16. Februar 2005
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, 569 Abs. 3 Nr. 1,
573 Abs. 2 Nr. 1
Kündigt der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis nach §§ 543 Abs. 1, Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB wegen Zahlungsverzugs des Mieters
fristlos und hilfsweise auch fristgemäß, läßt der nachträgliche Ausgleich der Rückstände innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zwar die fristlose Kündigung
unwirksam werden, nicht dagegen auch ohne weiteres die fristgemäße Kündigung.
Die nachträgliche Zahlung ist jedoch bei der Prüfung, ob der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB),
zu berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04 - LG Berlin
AG Schöneberg
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die
Richter Ball, Dr. Leimert, Dr. Wolst und Dr. Frellesen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 65
des Landgerichts Berlin vom 28. November 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte mietete von der Klägerin ab dem 1. Januar 1991 eine ZweiZimmer-Wohnung in B.
, K.
straße
. Die monatliche
Miete betrug zuletzt einschließlich eines Heizkostenvorschusses 580,88 €.
Die Beklagte blieb die Mieten für die Monate Juli 2002 in Höhe von
580,29 €, für Oktober 2002 in Höhe von 580,88 € und für November 2002 in
Höhe von 0,88 € schuldig. Daraufhin kündigte die Klägerin das Mietverhältnis
mit Schreiben vom 13. November 2002 unter Berufung auf die Zahlungsrückstände in Höhe von 1.162,05 € fristlos, vorsorglich fristgemäß.
-3-
Nach Zugang des Kündigungsschreibens zahlte die Beklagte ohne
Zweckbestimmung am 19. November 2002 Beträge von 580,88 € und von 50 €.
Die Miete für Dezember 2002 zahlte die Beklagte nicht.
Mit der Klage hat die Klägerin zunächst Zahlung eines Betrages in Höhe
von 1.112,05 € sowie Räumung und Herausgabe der Mietwohnung verlangt
und die fristlose, hilfsweise die fristgemäße Kündigung wiederholt. Nach Begleichung der Mietrückstände durch das für die Beklagte zuständige Sozialamt haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Zahlungsantrags übereinstimmend für erledigt erklärt. Im übrigen hat die Klägerin ihren Antrag dahingehend abgeändert, daß Räumung und Herausgabe der Mietwohnung zum
31. Dezember 2003 verlangt werde.
Das Amtsgericht und das Landgericht haben die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin
zunächst ihr auf Räumung und Herausgabe gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Nachdem die Beklagte aus der Wohnung ausgezogen ist, hat die Klägerin
den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Dem hat die Beklagte widersprochen.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in GE 2004, 237 veröffentlicht ist,
hat zur Begründung ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der
Wohnung nicht zu. Zwar seien die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 3 Buchst. a BGB im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom
13. November 2002 erfüllt gewesen. Die fristlose Kündigung sei jedoch durch
die Zahlung des Sozialamtes innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2
-4-
BGB unwirksam geworden. Auch im Rahmen der ordentlichen Kündigung könne sich die Beklagte auf diese Zahlung berufen. Es wäre rechtsmißbräuchlich,
wenn die Klägerin trotz der Schonfristzahlung aus der hilfsweise fristgemäß erklärten Kündigung vorgehen könnte. Nicht nachzuvollziehen sei, warum der
Mieter in derartigen Fällen gegenüber einer ordentlichen Kündigung weniger
geschützt werden sollte als gegenüber einer fristlosen Kündigung. Die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB diene nicht nur dazu, dem Mieter im Rahmen
einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung eine längere Kündigungsfrist
zu geben, sondern beseitige die Wirksamkeit der Kündigung selbst. Insofern
bedeute es einen Wertungswiderspruch, wenn eine nachträgliche vollständige
Zahlung der Mietzinsrückstände eine Kündigung nicht insgesamt unwirksam
machen würde.
II.
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die von der Klägerin abgegebene Erledigungserklärung ist, auch wenn
die Beklagte dieser nicht zugestimmt hat, in der Revisionsinstanz jedenfalls
dann zu berücksichtigen, wenn das erledigende Ereignis - wie hier - außer
Streit steht (BGH, Urteil vom 28. Juni 1993 - II ZR 119/92, NJW-RR 1993, 1123
unter I; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 a Rdnr. 7; Zöller/Vollkommer, ZPO,
25. Aufl., § 91a Rdnr. 39).
2. Da die Beklagte der Erledigungserklärung der Klägerin widersprochen
hat, ist nunmehr darüber zu entscheiden, ob der Rechtsstreit in der Hauptsache
erledigt ist. Dies setzt voraus, daß der Räumungsantrag, den die Klägerin in der
Revisionsinstanz weiterverfolgt hat, vor dem Auszug der Beklagten zulässig
und begründet war (BGHZ 106, 359, 366 f.). Entgegen der Ansicht des Beru-
-5-
fungsgerichts war der Räumungsantrag unter Zugrundelegung der bisherigen
Feststellungen nicht unbegründet.
Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß die
von der Klägerin erklärte fristlose Kündigung vom 13. November 2002 mit der
Zahlung der Mietrückstände durch das Sozialamt nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB
unwirksam geworden ist. Dies führt jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ohne weiteres dazu, daß die Beklagte die Zahlungen innerhalb der Schonfrist auch der wegen der Zahlungsrückstände hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegenhalten kann.
Hat der Vermieter dem Mieter wegen Zahlungsverzugs sowohl fristlos
nach §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB als auch hilfsweise ordentlich nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gekündigt, ist streitig, ob eine
Zahlung der Rückstände innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ohne
weiteres auch der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung entgegensteht
(dafür: Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 573 Rdnr. 32; Sternel, Mietrecht Aktuell, 3. Aufl., Rdnr. 1130; Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 2. Aufl.,
§ 573 Rdnr. 19; Franke, ZMR 1992, 81; Scholl, WuM 1993, 99; Asper, WuM
1996, 315; dagegen: OLG Stuttgart, WuM 1991, 526; OLG Karlsruhe, WuM
1992, 517; Staudinger/Rolfs, BGB (2003), § 573 Rdnr. 38; Soergel/Heintzmann,
BGB, 12. Aufl., § 564 b a.F. Rdnr. 32; Reick in Bamberger/Roth, BGB, § 573
Rdnr. 29; Grapentin in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV Rdnr. 64; Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 573
Rdnr. 52; Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 6. Aufl., § 78 Rdnr. 6).
Diese Frage ist zu verneinen. Dies folgt aus dem Wortlaut (a), der historischen Auslegung (b), der systematischen Stellung (c) und dem Sinn und
Zweck der gesetzlichen Regelung (d).
-6-
a) Nach § 543 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird, beziehungsweise wird unwirksam, wenn der Mieter unverzüglich die Aufrechnung erklärt. Die Vorschrift des
§ 543 BGB bezieht sich lediglich auf die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund. § 569 BGB konkretisiert dies für Mietverhältnisse über Wohnraum
und schützt den Mieter auch dann, wenn der Vermieter innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs befriedigt
wird (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Dem Wortlaut nach bezieht sich diese Privilegierung nur auf eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Eine entsprechende Regelung oder Verweisung fehlt dagegen bei den Bestimmungen über
die ordentliche Kündigung in §§ 573 f. BGB. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf die ordentliche Kündigung, soweit diese auf eine schuldhafte nicht unerhebliche vertragliche Pflichtverletzung
des Mieters in Gestalt von Zahlungsrückständen gestützt wird, ist aus dem Gesetzeswortlaut deshalb nicht herzuleiten.
b) Die historische Auslegung spricht gegen eine erweiternde Anwendung
des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Ein Nachholrecht des Mieters bei einer fristlosen
Kündigung wegen Zahlungsverzugs wurde bereits in § 3 Abs. 3 des Mieterschutzgesetzes vom 1. Juni 1923 (RGBl. S. 353) verankert und durch das Erste
Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 1963 (BGBl. I,
505) in § 554 BGB a.F. wieder aufgegriffen. Demgegenüber war die ordentliche
Kündigung des Vermieters mit Aufhebung des Mieterschutzgesetzes zum
31. Dezember 1965 an keine Kündigungsgründe mehr gebunden, der Mieter
konnte sich lediglich auf die sogenannte Sozialklausel des § 556 BGB a.F. berufen. Erst mit dem 1. Wohnraumkündigungsschutzgesetz vom 25. November
1971 (BGBl. I 1839) wurde die ordentliche Kündigung des Vermieters an bestimmte Voraussetzungen - unter anderem die nicht unerhebliche schuldhafte
Verletzung der vertraglichen Pflichten durch den Mieter - geknüpft. Zielsetzung
-7-
dieser Regelung war es, den Mieter auch gegen eine ordentliche fristgemäße
Kündigung durch den Vermieter in gewissem Rahmen zu schützen, nicht dagegen, eine Angleichung an die Vorschriften über die fristlose Kündigung zu erreichen. Eine Bezugnahme auf § 554 BGB a.F. fehlt; dies gilt auch für das
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz vom 18. Dezember 1974 (BGBl. I, 3603).
Selbst wenn dem Gesetzgeber dabei unterstellt werden könnte, er habe es
übersehen, die Schonfristzahlung auch für die ordentliche Kündigung zu regeln
(so Scholl, WuM 1993, 99, 100; Franke, ZMR 1992, 81, 82), trägt dieser Gedanke heute nicht mehr. Auch im Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001
(BGBl. I, 1149) hat der Gesetzgeber keine anderweitige Regelung getroffen. Da
zwischenzeitlich die Rechtsentscheide des OLG Stuttgart (WuM 1991, 526) und
des OLG Karlsruhe (WuM 1992, 517) ergangen waren, die eine Heilungswirkung einer nachträglichen Zahlung gegenüber einer fristgemäßen Kündigung
verneint haben, kann nicht mehr von einem erneuten gesetzgeberischen Versehen ausgegangen werden. Vielmehr spricht die insofern unveränderte Neufassung dafür, daß der Gesetzgeber angesichts der eindeutigen Rechtsentscheide keinen davon abweichenden Regelungsbedarf gesehen hat.
c) Die systematische Stellung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB spricht ebenfalls gegen eine erweiternde Auslegung. Die Vorschrift enthält eine Ausnahme
von dem in §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB geregelten
Grundsatz, daß eine auf einen Zahlungsrückstand des Mieters in bestimmter
Höhe gestützte fristlose Kündigung des Vermieters wirksam ist. Die Stellung der
Norm als Ausnahme von dem gesetzlichen Grundsatz spricht für eine restriktive
Handhabung der Vorschrift und damit gegen eine Erweiterung auch auf die
fristgemäße Kündigung. Zudem enthält § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB keinen etwa
den §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB nachgebildeten Tatbestand, nach dem eine Kündigung mit Zahlungsrückständen des Mieters begründet werden kann. Vielmehr knüpft § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB abweichend da-
-8-
von an eine schuldhafte und nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters
an, die nach allgemeiner Ansicht auch bei ausbleibenden Mietzahlungen bejaht
werden kann.
d) Auch der Zweck der gesetzlichen Regelung legt nahe, die Wirkungen
der Schonfristzahlung auf die fristlose Kündigung zu beschränken.
aa) Die Schonfristzahlung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB dient der im allgemeinen Interesse liegenden Vermeidung von Obdachlosigkeit (vgl. die Gesetzesbegründung
im Entwurf
zum
Mietrechtsreformgesetz,
BT-Drucks.
14/4553, S. 64). Diese Gefahr besteht bei einer ordentlichen Kündigung, die an
die Fristen des § 573 c Abs. 1 BGB von drei bis neun Monaten gebunden ist, in
geringerem Maße. Der Mieter hat je nach Dauer des Mietverhältnisses einen
wesentlich längeren Zeitraum zur Verfügung, um sich angemessenen Ersatzwohnraum zu beschaffen.
bb) § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB knüpft zudem schon rein begrifflich an andere Kriterien an als die Vorschriften der §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 569 Abs. 3
Nr. 1 bis 3 BGB. Eine fristgemäße Kündigung wegen schuldhaft begründeter
Zahlungsrückstände ist zulässig, weil der Mieter damit in nicht unerheblicher
Weise vertragliche Pflichten, hier sogar seine Hauptleistungspflicht nach § 535
Abs. 2 BGB, verletzt hat. Die einmal eingetretene Pflichtverletzung kann nicht
durch die bloße nachträgliche Zahlung wieder geheilt werden (Senat, Urteil vom
23. September 1987 - VIII ZR 265/86, WuM 1988, 125 unter II 2 a).
cc) Ferner setzt § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Gegensatz zur fristlosen
Kündigung wegen Zahlungsverzuges ein Verschulden des Mieters voraus, worauf die Revision zu Recht hinweist. Während der Mieter beim Zahlungsverzug
für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat und sich nicht deswegen
auf § 286 Abs. 4 BGB bzw. § 285 BGB a.F. berufen kann (Staudinger/
-9-
Emmerich (2003), § 543 Rdnr. 56; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 286
Rdnr. 39; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 543 Rdnr. 90), entlastet ihn im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit
(Soergel/Heintzmann, aaO, § 564 b a.F. Rdnr. 32; Grapentin in Bub/Treier,
aaO, IV Rdnr. 64; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 573 Rdnr. 16; Reick in Bamberger/Roth, aaO, § 573 Rdnr. 28). Damit begünstigt § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB den
Mieter bei einer ordentlichen Kündigung und eröffnet ihm im Gegensatz zur
fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs die Möglichkeit, sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe zu berufen. Im Rahmen des Verschuldens
kann zudem eine nachträgliche Zahlung des Mieters zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, weil sie ein etwaiges Fehlverhalten in einem milderen Licht
erscheinen läßt (OLG Stuttgart, WuM 1991, 526; OLG Karlsruhe, WuM 1992,
517; Soergel/Heintzmann, aaO, § 564 b a.F. Rdnr. 32; Krenek in Müller/
Walther, Miet- und Pachtrecht (August 2004), § 573 Rdnr. 21; vgl. auch Sternel,
Mietrecht, 3. Aufl., IV Rdnr. 49; a.A. Scholl, WuM 1993, 99 m.Nachw.). Auch
wenn der Mieter wegen der Regelung des § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht die
Möglichkeit hat, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach §§ 574 Abs. 1
Satz 1, 574 a BGB zu verlangen, so sind seine Interessen aufgrund der obigen
Erwägungen hinreichend geschützt, ohne daß es eines Rückgriffs auf die
Schonfristklausel des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder des vom Berufungsgericht
für diese Fälle zusätzlich herangezogenen Gesichtspunktes von Treu und
Glauben bedarf.
e) Soweit schließlich angenommen wird, die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sei ohnehin unwirksam, da sie unter einer Bedingung - nämlich
der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung - erklärt worden sei (LG Wiesbaden, WuM 1998, 284; Buchmann, WuM 1996, 78; Beuermann, WuM 1997,
151), überzeugt dies nicht. Zwar ist eine Kündigung grundsätzlich bedingungsfeindlich, solange die Wirkung der Kündigung nicht an das bloße Verhalten der
- 10 -
Gegenpartei geknüpft wird (Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 542 BGB Rdnr. 16).
Wird dagegen der Zahlungsrückstand des Mieters zum Anlaß genommen, fristlos und hilfsweise fristgemäß zu kündigen, so ist auch die ordentliche Kündigung unbedingt erklärt mit der Einschränkung, daß die Wirksamkeit dieser Kündigung erst nachrangig zu prüfen ist (Schmidt-Futterer/Blank, aaO; offengelassen in: BVerfG, Beschluß vom 15. August 1996, NJW-RR 1996, 1479).
III.
Auf die Revision der Klägerin ist daher das Berufungsurteil aufzuheben.
Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht
zurückzuverweisen, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist
(§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat, von seinem
Standpunkt aus folgerichtig, bisher keine Feststellungen dazu getroffen, aus
welchen Gründen die Beklagte ein Verschulden an den eingetretenen Zahlungsrückständen trifft.
Dr. Deppert
Ball
Dr. Wolst
Dr. Leimert
Dr. Frellesen