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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 28/13
vom
17. Oktober 2013
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Oktober 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Czub, die Richterin Weinland und den Richter Dr. Kazele
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des
5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 26. Februar
2013 insoweit aufgehoben, als darin die Berufung gegen das Urteil
der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 10. Mai 2012 hinsichtlich des Beklagten zu 2 als unzulässig verworfen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
72.161,36 €.
Gründe:
I.
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Der Kläger erwarb im Jahr 2007 drei Schalen aus vorchristlicher Zeit und
zwei byzantinische Räucherkesselchen. Diese stellte das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst wegen Verdachts der Hehlerei sicher, lagerte
sie bei dem Beklagten zu 2, bei dem der frühere Beklagte zu 1 als Archäologe
beschäftigt ist, ein, hob die Sicherstellung aber nach einem von dem Kläger
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eingeleiteten erfolgreichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren wieder auf. Es
wies den Beklagten zu 2 an, die Gegenstände an den Kläger herauszugeben,
was aber nicht geschah. Auf eine weitere verwaltungsgerichtliche Klage des
Klägers gegen das Land Hessen wurde dieses unter dem 2. Juni 2010 zur Herausgabe der Gegenstände verurteilt. In einem von dem Beklagten zu 1 unterzeichneten Schreiben vom 10. Mai 2010 stellte der Beklagte zu 2 dem Kläger
17.004.500 € für den Fall in Rechnung, dass es zur Herausgabe der Gegenstände kommen sollte. Begründet wurde dieser Betrag mit den „Aufwendungen
für Untersuchungen im Zusammenhang mit der Erstellung eines archäologischen Fachgutachtens“ und „Ausgleich für die Folgen der Rufschädigung durch
Unterstützung von Antikenhehlerei“. Der Kläger beauftragte einen Rechtsanwalt, der sich an den Beklagten zu 2 wandte und erreichte, dass dieser sein
Schreiben vom 10. Mai 2010 für gegenstandslos erklärte. Im vorliegenden
Rechtsstreit verlangt er von den Beklagten Ersatz der ihm entstandenen
Rechtsanwaltskosten.
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Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des
Klägers hat das Oberlandesgericht, soweit hier von Interesse, durch Beschluss
als unzulässig verworfen. Mit der Rechtsbeschwerde wendet er sich gegen die
Verwerfung der Berufung hinsichtlich des Beklagten zu 2 als unzulässig und
möchte insoweit die Durchführung der Berufung erreichen.
II.
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Das Berufungsgericht meint, der Kläger habe das Urteil des Landgerichts
in der Berufungsbegründung nicht in der vorgeschriebenen Weise angegriffen.
Das Landgericht habe einen Anspruch wegen Pflichtverletzung im EigentümerBesitzer-Verhältnis nicht nur daran scheitern lassen, dass § 280 BGB im Eigen-
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tümer-Besitzer-Verhältnis erst ab Rechtshängigkeit gelte, sondern auch daran,
dass der Beklagte zu 2 nicht Eigenbesitzer, sondern nur Besitzdiener gewesen
sei. Mit diesem zweiten Aspekt setze sich die Berufungsbegründung nicht auseinander.
III.
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Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen die Verwerfung seiner Berufung hinsichtlich des Beklagten zu 2 hat Erfolg.
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1. Sie ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Zulässig ist sie zwar
nur, wenn einer der in § 574 Abs. 2 ZPO bezeichneten Zulassungsgründe vorliegt (BGH, Beschluss vom 7. Mai 2003 - XII ZB 191/02, BGHZ 155, 21, 22).
Das ist aber der Fall. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Berufungsbegründung überspannt, dadurch dem Kläger den Zugang zur Rechtsmittelinstanz in einer aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert und damit durch die Handhabung einer verfahrensrechtlichen Vorschrift
den Anspruch auf die Durchsetzung des materiellen Rechts in unzumutbarer
Weise verkürzt (vgl. BVerfGE 84, 366, 369 und NJOZ 2005, 3980, 3981). Eine
solche Handhabung des Verfahrensrechts verletzt den aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG abzuleitenden Justizgewährungsanspruch und erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
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2. Das Rechtsmittel ist auch begründet. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Die Berufung durfte deshalb nicht als unzulässig verworfen werden.
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a) Nach der genannten Vorschrift hat der Berufungskläger die Umstände
zu bezeichnen, aus denen sich der dem Erstgericht vorgeworfene Rechtsfehler
und dessen Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Noch
zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass der Berufungskläger das Urteil
des Erstgerichts in allen Punkten angreifen muss, wenn dieses auf mehrere
voneinander unabhängige, selbständig tragende Erwägungen gestützt hat. Er
hat dann für jede der mehreren Erwägungen darzulegen, warum sie die Entscheidung nicht trägt; andernfalls ist sein Rechtsmittel unzulässig (Senat, Beschluss vom 28. Februar 2007 - V ZB 154/06, NJW 2007, 1534 Rn. 11 mwN).
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b) § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO erfordert indes weder, dass der Berufungskläger in der Begründung des Rechtsmittels zu allen für ihn nachteilig beurteilten Streitpunkten im erstinstanzlichen Urteil Stellung nimmt (BGH, Urteile
vom 5. Oktober 1983 - VIII ZR 224/82, NJW 1984, 177, 178 und vom 8. April
1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187), noch gebietet die Vorschrift
eine inhaltliche Trennung der Angriffe nach den Gründen der erstinstanzlichen
Entscheidung (BGH, Urteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00, NJW 2002,
682, 683). Der gesetzlichen Anforderung an die Berufungsbegründung, den
Rechtsfehler und dessen Entscheidungserheblichkeit zu bezeichnen, ist auch
bei einer auf mehrere selbständige Gründe gestützten klageabweisenden erstinstanzlichen Entscheidung genügt, wenn der nur auf eine Begründung bezogene Angriff aus Rechtsgründen auch den anderen Abweisungsgrund im angefochtenen Urteil zu Fall bringt oder geeignet ist, das Urteil insgesamt in Frage
zu stellen (Senat, Beschluss vom 28. Februar 2007 - V ZB 154/06, NJW 2007,
1534 Rn. 12).
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c) So ist es hier. Das Landgericht hat sich mit mehreren selbständigen,
miteinander konkurrierenden Anspruchsgrundlagen für den vom Kläger geltend
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gemachten Ersatzanspruch befasst und sie sämtlich verneint. In der Berufungsbegründung hat der Kläger ausgeführt, sein Anspruch folge aus einer
Pflichtverletzung im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, aus § 823 Abs. 2 BGB in
Verbindung mit der Verletzung von § 253 StGB als Schutzgesetz und aus § 826
BGB wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Er hat sich dabei zwar nicht
mit allen Argumenten befasst, mit denen das Landgericht einen Anspruch wegen Pflichtverletzung im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis verneint hat. Seine Berufungsbegründung entspricht aber trotzdem den gesetzlichen Anforderungen.
Das Berufungsgericht hat übersehen, dass für den eingeklagten Anspruch mehrere selbständige konkurrierende Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen.
Berufung und Klage haben in einer solchen Lage Erfolg, wenn sich die Klageforderung auf eine der von dem Erstgericht verneinten Anspruchsgrundlagen
stützen lässt. Die Berufungsbegründung entspricht dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn sie die Verneinung auch nur einer der von dem Erstgericht
geprüften Anspruchsgrundlagen ordnungsgemäß angreift oder geltend macht,
das Erstgericht habe eine nach dem Sachvortrag in Betracht kommende Anspruchsgrundlage nicht geprüft. Hier hatte sich der Kläger auch gegen die Verneinung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung gewandt. Mehr musste er
nicht tun.
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d) Das Berufungsgericht wird sich deshalb mit der Klageforderung gegen
den Beklagten zu 2 unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats zur
Geltendmachung unbegründeter Ansprüche (Urteil vom 16. Januar 2009
- V ZR 133/08, BGHZ 179, 238) zu befassen haben, die nicht nur die Verletzung von Pflichten in einem bestehenden Vertragsverhältnis, sondern auch die
Verletzung von Schutzpflichten in einer Sonderrechtsbeziehung erfasst (Senat,
Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238, 244 f. Rn. 16 und
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458, 1459
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Rn. 9), die hier aus der Verwahrung der Gefäße durch den Beklagten zu 2 entstanden ist.
Stresemann
Schmidt-Räntsch
Weinland
Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 10.05.2012 - 1 O 266/10 OLG Koblenz, Entscheidung vom 26.02.2013 - 5 U 684/12 -
Czub
Kazele